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Mit der Strömung


 
 
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poetnick
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 62
Beiträge: 834
Wohnort: nach wie vor


Beitrag15.09.2019 19:00
Mit der Strömung
von poetnick
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.


Mit der Strömung

Die ersten Zeilen die ich damals in diesen Auen verfasste, standen wirklich unter dem Einfluss, ja Ein-fluss, frühherbstlicher Strömungsverhältnisse.

Kein Gedanke, kein Gefühl von Störungen, oder gar Eindringlingen in meine seicht abfallenden Uferverhältnisse.
Mal schaute jemand herüber vom entfernten, parallel verlaufenden Sandweg; doch Annäherungen blieben ausgeschlossen – zu abweisend mein Minenspiel, das genau betrachtet, kein Spiel zuliess, sondern eine von Gesicht umrandete Zornesfalte darstellte.

Die Körperhaltung verblieb in einem ausgemachten Spannungszustand, so dass jede weitere Krümmung das Ergebnis eines unter lautem Entlastungsknall vollzogen Reissens der Rückenstrecker zur Folge gehabt haben würde.
Nur der Fluss hielt dem Stand, brachte Geschmeide und bewegte in seinem Spiegelbild diese zu einem Bogen gekrümmte Gestalt, dieses steingewordene Antlitz; er mischte es neu und in den kostbarsten Momenten erkannte ich ein Staunen, ein Lachen und  - Anmut.

Menschen spüren zumeist, wenn der Bogen zu überspannen droht.
Und so bildete sich ein nicht bezeichnetes Sperrgebiet, ein Cordon Solitaire, mit ausreichend Freiraum für weitschweifende Gedankengänge, die das Zeug dazu haben die Ewigkeit zu vermessen.
Die sanfte Wellenhaut des Flusses, geschminkt mit ungezählten Reflektionen - und eine jede, die mein Auge erreichte, wurde mir wiederrum zu einem inneren Springquell der Inspiration, die ich ungefiltert zu Papier brachte.   

Nun jedes Refugium erfährt irgendwann den Moment des Sündenfalls, die Begegnung mit ersten Vorboten einer Aussenwelt, die sich anschickt einen Platz einzunehmen um zu bleiben.
 
So erscheint er, zwangsläufig,  der Eindringling, der die Segnungen einer Landschaft wohlmöglich noch wahrnimmt, ihren Frieden erspürt und ihn dennoch bricht, sei es aus Gier, sei es aus der Dumpfheit begrenzter Einsichten heraus. Man kennt sie doch: die Cortez‘, Livingstones, Hillarys, da Gamas, Marco Polos und natürlich: von Humboldte!

Entdecker, Forscher vermeintlich – im Eigentlichen aber Türöffner des Elends, der Masslosigkeit und Wegbereiter abscheulicher Kohorten, die sich den gebahnten Trampelpfaden anvertrauen.
So geschah es an einem der letzten Septembertage. Da die Zeit sich unter dem Eindruck der Ereignisse zu stauchen begann, kann ich nicht mehr erinnern, wann der zunächst unbemerkte Zutritt erfolgte.

„Wen haben wir denn hier?“   Wen-haben-wir-denn-hier-? Niemals zuvor ist mir eine Frage schneidender durch Leib und Herz gefahren, als dieser kopfstimmig, mit einem Nicken vorgetragene Auftakt zu einer Inquisition in den Dünen. Der Eroberer stand seitlich hinter mir. Der Fluss verharrte in seinem Bett, als könne jedes weitere Strömen das sich gerade abzeichnende Unheil weiter befördern.  

Der Blick über die Schulter offenbarte mir die phonetisch schon angedeutet Misere in Gestalt eines schmatzenden, geistigen Feistlings. Die Farbe seiner Zähne glich der Patina eines ältlichen Murmeltieres. Trübe fixierte mich ein Paar fischglasiger Augen.
An einem solchen Punkt angelangt geht es ums Ganze, dem Schutz heiliger Ordnung und ihrer Werte.

„ Wir haben hier einen Vertreter der seltenen Art, die es am auskömmlichsten damit hat, wenn sie völlig ungestört den Lauf der Zeiten kartographieren kann!“ Meine Entgegnung kam verzögert, doch mit jenem Nachdruck, der mir vergewisserte, dass ich mindestens ein Sprachrohr der genannten Ordnung bin und diese sich unzweifelhaft meiner Stimme bedient hatte.

Umso greller der Schein seiner aufgerissenen Augen, als habe er eine Entdeckung gemacht, die sein jämmerliches Dasein in ihr glückseliges Gegenteil verwandeln könnte.

Ein Sprühnebel von Speichel glitzert im Herbstgold auf, Aerosole benetzen meinen Handrücken: prustend mit wieherndem Ausklang stochert sein Gelächter, wie ein vergiftetes Florett in der Luft herum.

Ob ich denn beim Kartographieren der Zeiten meinen eigenen Schaltplan verlegt habe?
Sein Florett nahm wieder Schwung auf. Aerosole drangen mir in die Atemwege. Nun war es spürbar: Lange würde ich seinen Attacken nicht mehr standhalten, schon begannen die Gifte des Fremden mich zu schwächen.

„Also Kartenmeister, wie wär es damit hier mal den Platz in Ordnung zu bringen?“

In Ordnung…zu bringen.

„Ich werde dem Platz seine ursprüngliche Ordnung zurückgeben“
Florettstichelnd versuchte er mich anzutreiben.

Das Fischmesser mit goldenem Stahl im sich neigenden Licht ging in den Kampf mit dem Florett. Die Aerosole verdickten sich in einem gesprühten Rot, prustend aus seinem aufgesperrten Rachen. Das Gurgeln des Flusses schien er zu imitieren;
dann: Ruhe, wieder alte Strömungsverhältnisse.



 

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MoL
Geschlecht:weiblichQuelle


Beiträge: 1838
Wohnort: NRW
Das bronzene Stundenglas


Beitrag16.09.2019 09:49

von MoL
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Ei, was fies! Aber herrlich umgesetzt - das gibt Punkte von mir! Smile

_________________
NEU - NEU - NEU
gemeinsam mit Leveret Pale:
"Menschen und andere seltsame Wesen"
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Hexenherz-Trilogie: "Eisiger Zorn", "Glühender Hass" & "Goldener Tod", Acabus Verlag 2017, 2019, 2020.
"Die Tote in der Tränenburg", Alea Libris 2019.
"Der Zorn des Schattenkönigs", Legionarion Verlag 2021.
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Selanna
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1146
Wohnort: Süddeutschland


Beitrag18.09.2019 02:21

von Selanna
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Hallo 😊,

der Anfang ist mir ein wenig zu langatmig und auch zu kryptisch, aber das ist nur meine Meinung. Der Störenfried bringt dann Abwechslung, aber Du beschreibst ihn mit teils schrägen und vor allem vielen, vielen Vergleichen, das war mir etwas zu dick aufgetragen; und es geht auch ganz schön überspitzt (und ein bisschen eklig) weiter. Der Mord am Schluss hat mich dann ganz schön überrascht! Insgesamt schreibst Du aber gut und mit gewählter Sprache, Hut ab.

Liebe Grüße
Selanna


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Nur ein mittelmäßiger Mensch ist immer in Hochform. - William Somerset Maugham
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Michel
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Beitrag18.09.2019 10:41

von Michel
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Hier strande ich. Wer spricht da? Zuerst dachte ich: der Fluss, und: Gut, dass ich niemals mit einem Fluss reden muss. War aber falsch. Ich kann das Bild nicht entschlüsseln, das Fischmesser weist auf eine menschenähnliche Gestalt hin, der Störenfried versprüht sein Blut, dann ist wieder Ruhe. Und ich kapier's nicht, lese lediglich die abwertende Haltung des unbekannen Ich-Erzählers, der auf ungewöhnlich gestelzte Weise Einfaches beschreibt. Tut mir leid, aber hier bin ich verloren.
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Amarenakirsche
Geschlecht:weiblichEselsohr

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Beitrag18.09.2019 11:22

von Amarenakirsche
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Hallo Unbekannte(r),

leider hat es dein Text nicht in die Reihe derer geschafft, denen ich Federn gegeben habe.

Liebe Grüße
die Kirsche
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hobbes
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Beitrag19.09.2019 19:52

von hobbes
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Ach du liebe Zeit. Bisher der Text, bei dem es mir am schwersten fällt, überhaupt bis zum Ende durchzuhalten. Grund: da hört sich einer selbst gern reden.
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V.K.B.
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Beitrag20.09.2019 06:29

von V.K.B.
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Hallo Inko,

hmmm, der Text erscheint mir sprachlich sehr bemüht. Zu bemüht, muss ich zugegeben. Hier zielt jemand eindeutig auf ein hohes literarisches Niveau mit poetischer Sprache, aber trifft es leider nur manchmal. Einige Sätze finde ich super gelungen, andere wiederum extrem hölzern und sperrig. Beim ersten Satz dachte ich gleich: Nee, das will ich eigentlich gar nicht lesen. Dann wurde es besser, dann wieder nicht. Da Gefühl des Aufgesetzten bleibt.

Beste Grüße,
Veith


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Oh changelings, thou art so very wrong. T’is not banality that brings us downe. It's fantasy that kills …
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Soraja
Geschlecht:weiblichEselsohr


Beiträge: 227

DSFx


Beitrag20.09.2019 15:37
Mit der Strömung
von Soraja
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Jeder Satz eine Wohltat fast schon einzigartig in der Wahl der Worte, was mir imponiert. Und hätten diese Sätze sich für mich auch noch zu einem Text vereint, den ich mir hätte erschließen können, wäre ich begeistert gewesen.

_________________
Soraja wünscht Dir einen wundervollen Tag!
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Constantine
Geschlecht:männlichBücherwurm


Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag23.09.2019 20:11

von Constantine
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Bonjour



Ich vermute als Vorgaben: 1A / 2A / 3C

Ein Kartograph als Eremit, der die Einsamkeit zelebriert und nichts übrig hat für die Gesellschaft und die sogenannte Zivilisation, fühlt sich von einem "Eroberer" gestört, in seiner Lebensweise unterjocht und eingeengt, dass er ihn bekämpft und tötet, um sein Leben in Freiheit und Ruhe weiterzuführen.
Sprachlich sehr bildreich erzählt, finde ich einige schöne Formulierungen, die für die Kürze der Zeit und den Vorgaben folgend, mir gut gefallen haben.
Leider erzählt der Protagonist oder eher, leider (be-)schreibt der Autor die Ich-Perspektive des Protas mMn etwas zu distanziert, zu künstlich, wodurch der Text oder jetzt hier, der Prota an Glaubwürdigkeit einbüßt.
dennoch, im Vergleich mit den anderen Beiträgen hast du es in meine Top 10 geschafft: deux points.

Merci beaucoup
Constantine
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poetnick
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 62
Beiträge: 834
Wohnort: nach wie vor


Beitrag25.09.2019 21:26

von poetnick
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Hallo Inco,

das geht übern Jordan.
LogikGoofys, Formulierungsstaketen und Sätze die
sich ihre eigene Polonaise bilden können. Zeit war knapp, dann lag da dieses Fischmesser noch rum...

Man sieht sich.


_________________
Wortlos ging er hinein,
schweigend lauschte er der Stille
und kam sprachlos heraus
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Catalina
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 51
Beiträge: 427
Wohnort: Kehdingen


Beitrag26.09.2019 09:56

von Catalina
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Flussufer
eine Person, die sich extreme Mühe gibt, mit anderen in Kontakt zu treten
Ekel vor dem Eindringling

Ein Literat wird überraschend an seinem ruhigen Plätzchen gestört, an dem er seit jeher immer seine Ruhe hatte. Das bringt ihn so aus dem Gleichgewicht, dass er den Störenfried tötet.

Bei Deinem Text bin ich hin und her gerissen. Deinen Stil finde ich sehr störrisch, was ihn auf der anderen Seite interessant macht. Auf jeden Fall hebt er sich angenehm von den flüssigen, glatten Geschichten ab. Für mich persönlich benutzt Du zu viele Wortbilder, das Ganze ist mir etwas überladen.

Es sind aber auch wirklich großartige Bilder dabei, allen voran die phonetisch angedeutete Misere. Die von Humboldte fand ich auch großartig.

Die Gefühle des Erzählers kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich bin auch jemand, der Ruhe bzw. das "in Ruhe gelassen werden" nicht nur sucht, sondern für den es ein Grundbedürfnisse ist. Wird es mir verwehrt, schmerzen meine Nerven und es entsteht eine riesengroße Wut.

Dein grandioser Schluss ist für mich der beste von allen, der macht es wett. Und so gibt es immerhin noch sechs Punkte.
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firstoffertio
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Beitrag26.09.2019 22:03

von firstoffertio
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Hier mag ich den sachlich-ruhigen Schreibstil, in dem dieser Vorgang, dieses Zusammentreffen, bevor wieder Ruhe einkehrt,  geschildert wird.
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Eliane
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Beiträge: 824



Beitrag26.09.2019 22:54

von Eliane
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Vorgaben:
1) Flussufer/Spa/Tankstelle -> Fluss. Check.
2) kontaktfreudige/glückliche/Ruhm kassierende Person -> der Eindringling. Check.
3) Verliebtheit/Enttäuschung/Ekel -> Ekel? Vor dem Gift des Fremden? Hm. Passt nicht ganz, oder?

Bewertung:

Fängt fantastisch an:
Zitat:
eine von Gesicht umrandete Zornesfalte

verfängt sich dann aber ein wenig in den eigenen Worten
Zitat:
so dass jede weitere Krümmung das Ergebnis eines unter lautem Entlastungsknall vollzogen Reissens der Rückenstrecker zur Folge gehabt haben würde.

Zwischen diesen beiden Polen pendelt der Text und erzählt sehr unterschwellig und poetisch seine Geschichte. Könnte ganz groß werden, wenn man ihm ein bisschen mehr Zeit gibt. Im Moment ist er m.E. noch zu roh.

Punkte: ja, nämlich drei.
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Terhoven
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Beiträge: 401



Beitrag27.09.2019 00:39

von Terhoven
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Was ich verstanden habe:
Hier wird jemand beim Angeln von jemandem gestört, vielleicht einem Konkurrenz-Angler und der 1. jemand tötet den 2.?
Oder wird einfach nur ein Fisch aus dem Wasser gezogen? Florett = Fischschwanz?

Vorgaben
V1 A Ufer -- check
V2 A Aufmerksamkeit -- check
V3 X leider nicht erkannt. Hm. Ekel?
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Bananenfischin
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Beitrag27.09.2019 11:45

von Bananenfischin
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Wieder einmal war ich begeistert, was für Texte in zweieinhalb Stunden entstehen können: Geschichten mit schlüssiger Handlung, rotem Faden, guten Dialogen, aber auch stilistisch ausgefeilte Texte, innere Monologe und Betrachtungen (oder beides). Die Punktevergabe in den oberen Rängen fiel mir leichter als die in den unteren. Aus Zeitmangel kann ich keine ausführliche Begründung dalassen, will aber kurz sagen, was mir an jedem bepunkteten Text gefallen hat.
Mir gefällt, dass dieser Text diese Sprache wagt, die ihm gleichzeitig auch zum Nachteil wird an Stellen, an denen der Inhalt verkünstelt und aufgeplustert wirkt.
2 Punkte von mir.


_________________
Schriftstellerin, Lektorin, Hundebespaßerin – gern auch in umgekehrter Reihenfolge

Aktuelles Buch: Geliebte Orlando. Virginia Woolf und Vita Sackville-West: Eine Leidenschaft

I assure you, all my novels were first rate before they were written. (Virginia Woolf)
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nebenfluss
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Beiträge: 5987
Wohnort: mittendrin, ganz weit draußen
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Beitrag27.09.2019 17:26

von nebenfluss
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Ein Schreiberling hat für sich ein Refugium an einem Flussufer gefunden. Er möchte von nichts beeinflusst werden, außer von der Landschaft/dem Fluss selbst, seine Aufzeichnungen sind möglicherweise philosophischer oder naturwissenschaftlicher Natur. Er selbst wird sich später als Kartograph der Zeiten beschreiben. Jedes Interesse von Vorbeiflanierenden wehrt er mit einem bösen Blick ab, einer „von Gesicht umrandeten Zornesfalte“, wie es im Text heißt. Sein Anspruch, sich alleinig hier aufzuhalten, scheint ihm gottgegeben, er ist entweder in höchster Mission unterwegs oder irdisches Recht interessiert ihn schlicht nicht. In einem günstigen Moment dringt jemand hinter seinem Rücken in sein Territorium ein, aus Sicht des Protagonisten nicht weniger als Sünde. Es entsteht ein kurzes Gespräch über die „Ordnung“ des Platzes (wobei mit den möglichen Interpretationen des Begriffs gespielt wird). Mindestens einmal spuckt der Eindringling den Schreiber an. Sein Gelächter wird mit einem Florett verglichen, während der Prota offenbar ein reales Fischmesser mit goldenem Stahl bei sich führt und es dem Störenfried in den lachenden Mund rammt.

Liebe Autorin, lieber Autor,
wie sehr der Blick auf einen Text doch von meiner Stimmung abhängt. Als ich diesen Beitrag zum ersten Mal las, verstand ich kaum, worum es ging, sah nur ein Haufen verschwurbeltes Geschreibsel wie aus meiner selbstverliebten Pseudo-Hesse-Periode, lang ist‘s her. Vielleicht war ich zu sehr von meiner Erwartung eingenommen, wie ein FFF-Text unter den diesmaligen Vorgaben zu sein hätte, insbesondere in Hinblick auf Unterhaltsamkeit.
Die 0 Punkte schienen sicher, als ich gestern dann doch einen plötzlich sehr viel konzentrierten und interessierten Blick auf das Vorliegende warf. Liegt womöglich auch daran, dass ich von allen mir bekannten Autoren, die standardmäßig diese justify-Formatierung benutzen, eine hohe Meinung habe.
Die Schiffsladung an (immerhin nicht kitschigem) Pathos ist immer noch da, erscheint mir mittlerweile aber eher humoresken Zwecken zu dienen, und aus dieser Lesart heraus gewinnt der Text genau das Vermisste: Unterhaltsamkeit.
Unterscheidet man zwischen Autor und Erzähler, so scheint sich der eine nun über den anderen durchaus lustig zu machen, während es dem Ich-Prota selbst todernst ist mit der Verteidigung seines Refugiums.
Dass der Text trotzdem nur drei Punkte bekommt, hat dreierlei Gründe: Erstens fehlt mir das improvisatorische Element, entweder im Ablauf des Textes oder in der Interaktion der Figuren. Zweitens bin ich mir nicht sicher, ob meine jetzige Lesart „wahrer“ ist als meine erste. Drittens gab es auch für mein erstes, negatives Urteil, Gründe, die fortbestehen: Der FFF-Beitrag ist im Gesamtvergleich ziemlich kurz, weil, klar, nicht auf Quantität sondern auf eloquente Sprachgestaltung bedacht. Dafür sind mir dann aber zu viele Schlampigkeiten darin: die durchgängige Schreibung von ß als ss, fehlende Kommata, doppelte Leerzeichen, solche Sachen.


_________________
"You can't use reason to convince anyone out of an argument that they didn't use reason to get into" (Neil deGrasse Tyson)
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fabian
Geschlecht:männlichKlammeraffe


Beiträge: 606



Beitrag27.09.2019 19:38
Re: Mit der Strömung
von fabian
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Hei Gei Elv

Beim ersten Lesen fand ich die Sprache noch zu bombastisch, zu gespreizt, die Bilder zu weit hergeholt, speziell im Eingangsteil der Erzählung. Da schien mir, der Text hätte sich für mich eigentlich schon erledigt.

Jetzt, wo ich die Kritik schreibe in Kenntnis des gesamten Textes sehe ich da so was wie einen durchgeknallten Penner vor mir mit einer ganz eigenen phantastischen Weltsicht und Sprache, einen abgestürzten Bildungsbürger, einen Alberich, Hüter des Hortes – aus welcher gedanklichen oder realen Müllsammlung auch immer der wohl bestehen mag.
Und Einen, der sich fühlt, als sei er Angestellter beim Ordnungsamt – im Dienst oder nicht. Einen, der mit Worten schubst wo andere dir mit dem Zeigefinger auf die Brust tippen. RÄUM! DAS! WEG! SPRICH! NORMAL! SPRICH! WIE! ICH!

Sprache und Metaphorik „verkleiden” hier gewissermaßen eine im Prinzip doch sehr dramatische Realhandlung – das finde ich eine interessante Idee.

Doch, ja – so will ich den Text verstehen. Da passt dann zwar das Florett nicht mehr so ganz, wollte man dabei bleiben, dann sollten die beiden Figuren wahrscheinlich ähnlicher und nicht so antagonistisch angelegt sein, wie in meiner Lesart, aber ist ja FFF hier, da gehts mehr ums Potential einer Geschichte als um das Ausbügeln jeglicher Ungereimtheiten.

Mit anderen Worten: es gibt Punkte (hätten vielleicht sogar mehr sein können, aber dieses verdammte ESC-System..., du weißt schon).
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poetnick
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Beitrag28.09.2019 11:31

von poetnick
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Hallo Mol,

Zitat:
Ei, was fies! Aber herrlich umgesetzt - das gibt Punkte von mir! Smile


Das sei Dir gedankt, es freut mich.

VG - Poetnick


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poetnick
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Beitrag28.09.2019 11:33

von poetnick
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Hall Selanna,

danke für Dein erklärendes Feedback - das mir wertvolle Hinweis gibt und - ein Kompliment.

VG - Poetnick


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poetnick
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Beitrag28.09.2019 11:38

von poetnick
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Hallo Michel,

Zitat:
Ich kann das Bild nicht entschlüsseln, das Fischmesser weist auf eine menschenähnliche Gestalt hin, der Störenfried versprüht sein Blut, dann ist wieder Ruhe. Und ich kapier's nicht, lese lediglich die abwertende Haltung des unbekannen Ich-Erzählers, der auf ungewöhnlich gestelzte Weise Einfaches beschreibt. Tut mir leid, aber hier bin ich verloren.


Ja, dann macht das Ganze wirklich keinen Sinn.
Ich danke Dir für die wertvollen Hinweise zum Text und er Art, wie der verfasst ist.

VG - Poetnick


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poetnick
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Beitrag28.09.2019 11:40

von poetnick
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Hallo Amarenakirsche,

Zitat:
leider hat es dein Text nicht in die Reihe derer geschafft, denen ich Federn gegeben habe.


Danke für die Rückmeldung.

VG - Poetnick


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poetnick
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Beitrag28.09.2019 11:49

von poetnick
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Hallo Hobbes,

Zitat:
Ach du liebe Zeit. Bisher der Text, bei dem es mir am schwersten fällt, überhaupt bis zum Ende durchzuhalten. Grund: da hört sich einer selbst gern reden.


Ich sags mal so: Dem Ich-Erzähler der Geschichte höre ich gerne zu, in seiner verschrobenen Weise. Und wohlmöglich hört er sich selbst gern reden; lässt sich vermuten.
Danke für Deinen Kommentar.

VG - Poetnick


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