Kinderreime bis zum Abwinken

[Tula]

Hallo David

Oh! ist das wieder schön! - die letzte Zeile bringt es wieder einmal auf den Punkt.

Wenn der Beziehungseifer nachlässt und die eigene (Haut) unter dem Nachthemd nur noch verlassen vor sich hin gammelt, kommen einem mitunter seltsame Träume:


Freudscher Sommernachtstraum

Ich fraß mich als Made
durch einen Palast
ambrosischer Gnade
als ewiger Gast.

Bald drang durch die Wände
ein Lied an mein Ohr.
So kroch ich behände
ans offene Tor

(genauer genommen
ein fauliges Loch).
Da packte mich Frommen
der grässliche Roch -

ganz ohne Debatten,
verschlang mich im Nu ...
Ich sah' noch, im Schatten
des Baums, das warst DU!

Doch tapfer sind Maden!
So fraß ich ein Jahr
und klackste als Fladen
genau in dein Haar!

Ich glaube, es fielen
noch Schlangen vom Baum.
Da lachten zwei Dielen
und aus war der Traum.



LG   
Tula

[Fridolin]

Hi! Eigentlich wollte ich ja nicht weitermachen und mit wirklich neu verfasstem Geschüttel kann ich auch nicht aufwarten. Ich lese hier aber schon aus Interesse mit, bewundere die wunderbaren Schüttelreime von David und die Freudsche Geschichte von Tula. So habe ich in meinem Archiv gekramt und einige Bausätze gefunden, die sich in das Schema der neuen Aufgabe einfügen ließen:

Samendieb und Damensieb

Der Samendieb
macht Damen sauer.
Das Damensieb
misst Samendauer.

Vorsicht beim Scherzen

Im Scherzen Hohn
für Spass gehalten,
hat Herzen schon
mit Hass gespalten.

Der Bayer und das Bier

Für Fassbierfeiern
band er Fässer,
als Bass vier Bayern
fand er besser.
Im Bade vier
nach besten Würsten
das fade Bier
von Westen bürsten.

Schotten und Motten

Was Schotten reiben
in Schottenmützen:
Karottenscheiben
vor Motten schützen.

Auf dem Eiland

Die Eilandfrau’n,
sie hassen Nummern
in Freilandau’n
mit nassen Hummern.

An eine Trauernde

Lass walten still,
dir weben Lieder:
Gestalten will
das Leben wieder.

[poetnick]

Hallo hier sind einige Spuren im weichen Asphalt...

Schön, hat es Dich, Fridolin, wieder an Deck geschüttelt

Und Tulas Traumsequenz zuvor kann einem die Sommernacht schon madig machen.

[menetekel]

Mit schlechtem Gewissen melde ich mich aus der kochenden Rhein-Main-Zone zurück.
Anderen macht die Glut offenbar auch zu schaffen, wie David eindrucksvoll belegt:

[poetnick]

Hallo Mentetekel,

die Hitze stattet auch meinen Schaltkreisen sehr aufdringliche Besuch ab.

Erotischen Träumereien halte ich mich kühlend fern. Die genannten Lorberries gebühren Fridolin. Mir zu heiss...

 

[menetekel]

O je, schon wieder versagt!  

[menetekel]

Wenn Ventilatoren
den Hausstaub verteilen
und Tinnitus-Ohren
ins Stöpselreich eilen,

wenn Eiscreme als Nahrung
den Braten ersetzt,
wenn Wasser zur Klarung
des Pegels dich hetzt,

wenn Hirn und dein Body
im Sessel zerfließen,
wenn abends mit Paddy
die Biere verdrießen,

dann holst du die Puschen -
es ist hohe Zeit!
gleich gehst du kalt duschen
und machst dich bereit.

[Tula]

Hallo menetekel

Aus dem windig-frischen Süden sende ich dir und allen Mitstreitern einen Gruß des Beistands, bei dieser Hitze überhaupt etwas zu schreiben, ist eine Herausforderung. Nur gut, dass da ein echter Dichter dem Bier nicht abgeneigt ist, wobei dieses dann mit Eiscreme vermengt ... denken wir diesen Gedanken lieber nicht zu Ende

Ich bereite mich gerade für eine weitere Schandtat vor, d.h. meine Beiträge für den Wachtberger Kugel Wettbewerb (https://www.wachtberger-kugel.de). Es wäre ja super, wenn wir uns da in der Anthologie wiedertreffen oder gar im Finale (träumen ist schön!) - verdient hätten wir's ja, und mancher Beitrag hier scheint mir sogar recht preisverdächtig zu sein.

In diesem Sinne, fröhliches Schwitzen

Tula

[Fridolin]

Hitzestau

Mir ist, als würd ich Läuse haben,
die sich am Hirngehäuse laben,
worin die grauen Zellen wanken
und sich mit Hirnstromwellen zanken.

Aus meines Kopfs Geflimmer ziehen
sich Fliegen, die zum Zimmer fliehen,
doch auch sich in die Augen setzen
und dort mit ihrem Saugen ätzen.

Die Hitze noch das Hirn verstaucht,
es ist, als wär die Stirn verhaucht.
Die Schüttelei, nur flotter Stuss,
ein Leben wie im Stotterfluss.

Und so versinkt der Büttelscherge
mit seinem Werk im Schüttelberge.

[menetekel]

Lieber Tula,
vielen Dank für deinen Tipp.
Ich hätte von diesem Wettbewerb ohne dich gar nix mitbekommen ...

Und dir, Fridolin, scheint es wieder ewas besser zu gehen, was hoffentlich auch auf deine Frau zutrifft.

---

Wir gehen jetzt mal zur nächsten "Sorte" über und zwar dem Vierzeiler als Dreiheber im Wechsel mit einem Zweiheber (Oder umgekehrt). Hier kommt es darauf an, eine Bewegung, einen Schwung zu wiederholen / darzustellen.

Als Beispiel möchte ich euch Clemens Brentano vorführen ("Wenn ich ein Bettelmann wär"):

[davidmuc]

Hallo menetekel,


das herzallerliebste Beispiel hat - bis auf den unregelmäßigen Bettelmann -
doch durchgehend 2
(in Worten: Zerwei) Hebungen
Xxx Xxx / Xxx X.

Frei nach "wenn ich ein Vöglein wär..." eben.
Sollen wir nun nach letzterem Beispiel zierfeilen, oder schwebte Dir doch etwas anderes vor?

[firstoffertio]

Huch. Ich las in den ungeraden Zeilen immer noch eine Hebung am Ende:

XxxXxX

[davidmuc]

Nun ja, der Bettelmann hat auf jeden Fall Überlänge im Vergleich zu den anderen Zeilen - er ist eben etwas unmäßig.

die mittlere Strophe mag man unterschiedlich deuten, dann wäre allerdings der Takt unregelmäßig...

Zumindest die letzte Strophe liest sich doch ganz im 3/4 Takt des Lieds, nicht?

[firstoffertio]

Wie dem auch sei: Ich hab mal was probiert.

Wenn ich 'ne Hummel wär,
wär ich empört.
Kommt da ein Dachs daher,
der's Nest zerstört.

Wenn ich ein Vogel wär,
schimpfte ich viel.
Kommt diese Katze her,
tötet mein Kind.

Wenn ich ein Menschlein wär,
heulte ich drüber.
Doch als Erwachsener
hab ich gelernt,

dass alle nicht Englein sind.
Nehme viel hin.
Selbst dieses himmlische Kind,
das Bäume fällt.

Wenn ich ein Ast davon wär,
fiele ich auf
Dachse und Katzen und
sie wären nicht mehr.

[menetekel]

O je, David,
das ist mir gar nicht aufgefallen. *hüstel
Ganz teile ich deinen Einwand aber nicht:

Der Pfennig hilft mir nicht
Nimm ihn zurück,
Goldner als golden glänzt
Allen Dein Blick;


Nee? Kann aber sein dass mir allmählich die Dauerbestrahlung aufs Hirn schlägt ...
Aber First hat uns auf den richtigen oder einen machbaren Weg geführt.

Horst Joachim Frank bringt folgendes Beispiel:

[davidmuc]

Gut, das neue Beispiel ist metrisch klar: x Xx Xx X / x Xx X

Der Teichfrosch springt durchgehend im 4/4 Takt, genauer: ein jambischer Fünfheber der auf 2 Zeilen aufgeteilt wurde und stets männlich endet.

Während der Bettelmann letztlich im 3/4 hinkt, (wie ja auch das Lied "Wenn ich ein Vöglein wär") und mal diesen, mal jenen Fuß etwas höher hebt - liest man das Gedicht bis zum Ende - spätestens das Kämmerlein kann kaum einer anders betonen als "Läufst auf dein Kämmerlein".  (statt: "läufst auf...dein Kämmerlein")
Ich könnte hier jetzt einen kleinen Prosodie Vortrag halten, aber das erspare ich uns...  Das lustvollste Buch zum Thema ist übrigens "Feigen, die fusseln" von Stephen Fry.

Weshalb das alles? - nun, der Schüttelreimer vertauscht die Konsonanten betonter Silben, kann also ohne klare Prosodie nicht arbeiten.

[davidmuc]

kaum atem weht der stille
text zuweilen,
bis sich die sätze schichten:
zählen, feilen,
und tiefe schätze sichten,
fehlen zeilen?
bis endlich steter wille
wächst, zu teilen:

der sorte wegen
in so-nette form:
lass jetzt nicht deinen richter
weiter streichen!
der worte segen
in so fette norm,
nie soll den reinen dichter
streit erweichen.

wer’s wahre jagt,
lässt wenig silben gelten
sein hort: gewalt
und zartheit, wie latent
ers jahre wagt,
denn silben gilben selten,
zeigt wortgehalt,  
vernarrtheit wie talent.

nun endlich gib! zu tränen
rühren - feiern!
sonst mag der trieb zum gähnen
führen, reihern

[Tula]

Hallo

ich verfiel bei den ersten Versuchen auch sofort in einen daktylischen Rhythmus, aber nun stimmt es wohl:


Fazit

Die Kakerlake flitzt
ich hinterher
zu dumm, sie läuft gewitzt
mir stets konträr

Das große Glück ist oft
zum Greifen nah
dann flieht es unverhofft
nach Golgota

Ich träume immer noch
von deinem Mund
im Grunde bin ich doch
ein blöder Hund


und wieder  
LG
Tula

[davidmuc]

Ganz wunderbar, Tula,

so fließt das (im Gegensatz zu meinem Erstversuch) doch recht geschmeidig.
In memoriam zu meinen 2 frühsten Beziehungen - mit Hundebesitzern (Du klingelt, und wirst erstmal angesprungen & abgeschleckt, ihr geht ins Bett und er kratzt an der Tür und jault eifersüchtig... ) Folgendes zum Thema blöder Hund

Mich fand im Februar · dein Herz, dein Mund
und, als ich glücklich war · im März dein Hund.
Mich törnte deine Brust an und der Hauch -
Du küsstest mich mit Lust. Dein Hund, der auch.

Ich fragte gar nicht lang · hält auch der Bund?
Im jungen Überschwang · bellt auch der Hund!
Er schleckt den Po mir und· der Beine Land
Bis mir dein alter Hund · die Leine band:

Grad suchte ich beschwingt · gesund, mein Heil,
ists schon genug, da bringt · dein Hund mein Seil,
zeigt mir mein stilles Grab · dein Hund, er drängt
Ihr ahnt es schon, ich hab · mich drunt erhängt

Und wem dein Herz auch jetzt · zur Stund gehört
den hat zu guter Letzt · dein Hund gestört.

[poetnick]

Hallo Tula und David; der tierische Erfahrungsreigen wird noch etwas gedehnt. So fahre ich, anders als 'Lyich', etwas Trittbrett mit. Prima Vorlagen!

 

Belegbett

Ein Hund im Bett: komplex!
Der legt sich quer,
dabei nicht erst zur Sechs -
nein, gewiss vorher.

Beklagen sollt ich‘s oft,
sie rief ihn ‚Boy‘,
wir haben nachts gezofft;
er blickte treu

herab. Sie schalt mich Schwein
und dumpf, gar Dieb;
dem nur die Hand allein
am Stöckchen blieb.


...es gab noch ein metrisches Edit

[menetekel]

[menetekel]

Wenn die Pflicht ruft

Die daunenleichte Zeit
von Welpenspielen
weicht nun der Fronarbeit,
der grässlich-vielen.

Muss häufig Frauchens Müll
in Obhut nehmen,
die Abfuhr zeigt Kalkül –
so nah vor Bremen …

Und jenen blöden Freak
mitsamt der Tasche,
wenn ich den einmal krieg,
wird er zu Asche;

was schmeißt der dauernd ein
in ihre Hütte?
Das darf und soll nicht sein –
weil ich’s verhüte!

Die daunenleichte Zeit
von Welpenspielen
weicht nun der Fronarbeit,
der grässlich-vielen.