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Ribanna Klammeraffe
Alter: 61 Beiträge: 772 Wohnort: am schönen Rhein...
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28.05.2019 18:10 Todesfall - aber das ist schwer... von Ribanna
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Hallo,
einige erinnern sich vielleicht noch, dass ich (unter anderem) über einen behinderten Jungen schreibe. Er muss, so will es meine Geschichte (und nur so macht sie Sinn!), sterben. Er ist sehr krank. Er erholt sich wieder, wird erneut krank, stirbt. Klingt ganz einfach.
Aber ich bringe es irgendwie nicht fertig. Hab mich zu sehr an ihn gewöhnt. Ich kann ihn nicht sterben lassen.
Ich schreibe drei, vier Seiten - am nächsten Tag lösche ich es wieder, weil es mir nicht gefällt oder ich es irgendwie "doof" finde. das geht jetzt schon eine Weile.
Was kann ich tun, um diese Hemmschwelle loszuwerden?
Gibt es irgendeinen Trick? Ich kann auch diese Szene nicht einfach überspringen, denn der Rest baut sich darauf auf.
Hat jemand eine Idee oder wenigstens ein bisschen Zuspruch für mich?
_________________ Wenn Du einen Garten hast und eine Bibliothek wird es Dir an nichts fehlen. |
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Kiara Reißwolf
Alter: 44 Beiträge: 1404 Wohnort: bayerisch-Schwaben
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28.05.2019 18:22
von Kiara
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Ich kann dich verstehen.
Mein Tipp wäre, auf eine pädiatrische onkologische Station zu gehen und Kontakt zu einer der Assistenzärzten oder Pfleger aufzubauen. Die haben tagtäglich damit zu tun.
Sie geben den Kindern bspw. bei Leukämie Chemotherapie, die daraufhin, wenn alles nach Plan läuft, als geheilt erscheinen. Doch wenn es blöd läuft, bekommen sie nach Wochen/Monaten/Jahren ein Rezidiv (eine Art Rückfall).
Die Ärzte und Schwestern gewöhnen sich während dieser gesamten Zeit sehr an ihre Patienten, da diese teilweise über Jahre immer wieder in der Klinik erscheinen oder während Therapien oder Wartezeiten über Wochen und Monate dableiben müssen.
Wenn dann so ein Kind stirbt, an dem man bereits so viel probiert, durchgemacht, gehofft hat, tut das "weh".
Ein Gespräch mit einem des "betreuenden Personals" könnte dir helfen, deine Hemmschwelle zu überwinden. Es ist alltäglich. Trotz, das bspw. Leukämie eine extrem hohe Heilungschance hat. Leider gibt es unzählige Variationen davon. Du schreibst "nur" darüber. Also lass es geschehen, es ist die Wirklichkeit. Es kann passieren und es passiert.
Hoffe, ich konnte dir etwas helfen!
Vielleicht hast du es schon gemerkt, ich bin mit dem Thema etwas stärker verbunden
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Care Leseratte
C
Beiträge: 124 Wohnort: Österreich
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C 28.05.2019 18:29
von Care
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Liebe Ribanna!
Ich kann dich sehr gut verstehen. So ist es mir vor einiger Zeit ergangen, als ich an einem mittelalterlichen Roman geschrieben habe. Laut Plan wäre meine Protagonistin gegen Ende vom Antagonisten vergewaltigt worden. Obwohl sie zu diesem Zeitpunkt bereits die Ehefrau seines Sohnes war.
Als der Tag kam, wo ich die Szene schreiben wollte, habe ich es einfach nicht übers Herz gebracht. Zunächst hab ich es eine ganze Woche vor mir hergeschoben, und dann den Plot umgeschrieben. Du hast geschrieben, dass eine solche Änderung bei dir nicht möglich ist. Trotzdem finde ich, du solltest darüber nachdenken. Wenn sich etwas so sehr in dir gegen den Tod des Jungen sträubt, hat das eine 'höhere' Bewandtnis.
Manchmal ist man zu sehr auf die eigenen Vorgaben fixiert. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass es so etwas wie eine innere Stimme gibt. Du solltest auf sie hören.
Mit lieben Grüßen
Care
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Bea H2O Leseratte
Beiträge: 180
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28.05.2019 20:09
von Bea H2O
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Hallo Ribanna,
vielleicht könnte es dir helfen, dir ganz ernst und realistisch zu überlegen, was passieren würde, würde er doch überleben und was das für dein Werk bedeuten würde/was du umschreiben müsstest (am besten konkret das Szenario durchspielen, wie er gerettet werden würde und was das für alle beteiligten und die Geschichte bedeuten würde). Wenn du dann siehst, dass das Überleben deinen Roman wirklich kaputt machen würde, bist du vielleicht doch eher bereit, ihn zu opfern. Wenn es deinem Roman nicht schadet, kannst du ihn dann ohne schlechtes Gewissen leben lassen
Viele Grüße
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Ribanna Klammeraffe
Alter: 61 Beiträge: 772 Wohnort: am schönen Rhein...
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29.05.2019 06:54
von Ribanna
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Guten Morgen, danke für Eure Antworten.
Ich habe jetzt wenig Zeit, werde aber im Laufe des Tages darauf antworten
Schön, dass es Euch und das Forum gibt.
_________________ Wenn Du einen Garten hast und eine Bibliothek wird es Dir an nichts fehlen. |
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Nordica Leseratte
Beiträge: 137
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29.05.2019 08:11
von Nordica
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Hallo,
ich kann dich sehr gut verstehen. Ich kann so etwas kaum lesen, ohne dass mir die Tränen kommen, wenn man es dann noch selbst schreiben soll ...
Wenn es für die Geschichte nicht anders geht, könntest du versuchen, dich vom eigenen Text etwas zu distanzieren, mehr in eine Rolle reinzugehen. Es also nicht als du selbst, sondern "nur" als Autorin zu schreiben.
Oder vorher "Die Brüder Löwenherz" von Astrid Lindgren lesen. Danach schafft man vieles.
LG
Nordica
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Ribanna Klammeraffe
Alter: 61 Beiträge: 772 Wohnort: am schönen Rhein...
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29.05.2019 17:16
von Ribanna
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Nochmals Danke!
Kiara, ich finde deine Idee großartig. Leider weiß ich, dass (auch) schon Kinder sterben müssen, dass das Alltag ist. In diesem Fall handelt es sich um ein Kind mit Downsyndrom, das Ende des 19. Jhd. immerhin stolze 13 Jahre alt wird, bevor es stirbt. "Eigentlich" war die Lebenserwartung dieser Kinder damals nicht so hoch...
Care, ja, es hat eine "höhere Bewandtnis", dass ich nicht möchte, dass der Junge stirbt, aber er muss. Ein Weiterleben wäre aus verschiedenen Gründen nicht möglich. Vielleicht schaffe ich es, in meinem Roman 'rüber zu bringen, warum er stirbt, aber auch, warum ich das eigentlich nicht möchte? Ist das nicht die Kunst?
BeaH2O, du siehst, ich bin deinem Vorschlag gefolgt und habe nochmal gründlich über alles nachgedacht. Ja, Pauli muss viel zu früh sterben. Weil der Leser merken soll, dass das heute nicht mehr zwingend notwendig ist.
Nordica, auch Dir sage ich danke. Ich denke, jetzt, wo ich sicher weiß, dass und warum ich über Paulis Tod schreiben muss, wird es auch gehen. Wenn ich ihn so lieb gewonnen habe - vielleicht wird der Leser ihn auch mögen, und tatsächlich um ihn weinen?
Ihr seht, der Austausch und Euer Verständnis haben mich weiter gebracht. Ich werde die entsprechende Szene hier eventuell besprechen lassen, mal sehen.
Einen schönen Abend Euch allen!
_________________ Wenn Du einen Garten hast und eine Bibliothek wird es Dir an nichts fehlen. |
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Care Leseratte
C
Beiträge: 124 Wohnort: Österreich
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C 29.05.2019 19:07
von Care
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Liebe Ribanna!
Ich wünsche dir dabei alles Gute und vor allem die innere Stärke, dass du diese schwere Aufgabe gut bewältigen kannst.
Herzliche Grüße
Care
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Snow1 Erklärbär
S Alter: 54 Beiträge: 2 Wohnort: Buchholz
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S 20.06.2019 17:44
von Snow1
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Liebe Ribanna,
ich bin ganz neu hier und weiß nicht, ob ich nicht inzwischen viel zu spät bin mit meiner Antwort...
Als ich Deinen Eingangstext las, kam mir jedoch sofort die Frage: Was, wenn sich Dein Protagonist wünschen würde, dass Du ihn in Würde sterben lässt? Was, wenn er sich wünschen würde, dass Du ihn loslässt?
Was, wenn Du aufgerufen wärst, Dich mit Deinem eigenen Konzept von Sterben und Tod auseinanderzusetzen? Und wenn Du genau dadurch, dass Du in Dir eine neue Haltung dazu finden kannst, Deinen Lesern etwas
Unterstützendes, Tröstliches, Perspektiv-Erweiterndes schenken könntest?
Auch wenn Abschied, gerade von Kindern, immer schmerzhaft ist und traurig bleibt, so kann der offene Umgang mit dem Sterben und dem Tod zu Begegnungen führen, aus denen etwas Neues erwächst.
All das schreibe ich auf dem Hintergrund, dass ich vor langer Zeit als Lehrerin für Kinder mit schwersten Mehrfachbehinderung gearbeitet habe, die dann einfach gegangen sind. Ich hatte den Tod stets vor Augen. So habe ich gelernt, ihn irgendwann auch in mein Herz zu lassen. Und dort darf er sein.
Alles Liebe und viel Erfolg für Deine Geschichte,
Snow
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Anoa Leseratte
A Alter: 67 Beiträge: 143 Wohnort: Berlin
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A 21.06.2019 08:07
von Anoa
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Ich möchte Klara für ihren guten Rat danken, den ich auch gebrauchen kann.
_________________ Mona Ullrich, Berlin |
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Kiara Reißwolf
Alter: 44 Beiträge: 1404 Wohnort: bayerisch-Schwaben
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21.06.2019 11:47
von Kiara
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Sehr gerne! PS: Klara Kiara
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