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Papiertiger Leseratte
Alter: 57 Beiträge: 125 Wohnort: Paderborn
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18.06.2019 17:51 Verfremdung bzw. "Neuerfindung" Lewis & Clark Expedition (1804) von Papiertiger
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Hallöchen,
in meinem historischen Roman (Anfang 19. Jahrhundert, Amerika) geht es u.a. um eine Expedition den Missouri flussaufwärts. Davon hat es im frühen 19. Jahrhundert einige gegeben, die bekannteste war die von Lewis und Clark.
Mein Roman soll 1. ein Roman sein, also Fiktion, und 2. historische Bezüge haben und dadurch eine möglichst große Authentizität. Der erste Aspekt ist mir jedoch wichtiger.
Die Lewis & Clark Expedition bietet sich hinsichtlich des Settings für meinen Roman perfekt an - nur verlief sie für meinen Geschmack viel zu "zahm". Es starb nur Einer - und das an einer Blinddarmentzündung.
Ich brauche eine blutrünstigere Handlung.
Jetzt die konkrete Frage:
Sollte man die Lewis & Clark Expedition mit allen Fakten (die ist perfekt geschildert mit Tagebüchern usw.) als Ausgangsbasis nehmen und verfremden? Also Zwischenfälle unterjubeln, die so nie stattgefunden haben. Das aber unter dem Namen "Lewis & Clark".
Oder sollte man in ganz loser Anlehnung an die Erlebnisse von Lewis & Clark eine eigene Expedition "erfinden", wo dann alle möglichen Schlechtigkeiten passieren? Diese quasi an Stelle der tatsächlichen Expedition der Genannten.
Falls die zweite Variante, zu der ich tendiere: Ersetzt diese fiktive Expedition dann quasi die tatsächlich stattgefundene? Letztere wird also quasi gar nicht erwähnt?
Ich hoffe, ich konnte halbwegs verständlich machen, worum es mir geht.
Vielen Dank für eure Hilfe.
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Kiara Reißwolf
Alter: 44 Beiträge: 1404 Wohnort: bayerisch-Schwaben
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18.06.2019 18:04
von Kiara
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Hi und willkommen.
Ich tendiere ebenfalls zu Variante 2, denn als Leserin des Genres bevorzuge ich, dass die reale Geschichte nicht zu sehr verändert wird. Sonst sage ich mir in Gedanken: So ein Quatsch, was der da schreibt, stimmt ja hinten und vorne nicht.
Das klappt nur, wenn du von Anfang an eine alternative Geschichte schreibst und das auch im Klappentext erwähnst.
Es kann durchaus interessant sein, eine alternative Geschichtsschreibung zu erfinden, bspw. waren die Finnen die ersten auf dem Mond ....ok, nein.
Wenn ich an den Film "Die Karawane der Frauen" denke, wird dort fast alles aufgegriffen, was so auf einem Treck von Osten nach Westen passieren kann. Wenn du so etwas am Missouri spielen lässt, solltest du einfach etwas Neues erfinden. Du kannst im Epilog ja immer noch erwähnen, was dich inspiriert hat, oder in Lesungen später aus dem Nähkästchen plaudern - doch die Freiheit, alles erfinden zu können, würde ich bevorzugen, anstatt der Angst, zu vielen Kennern der Epoche entgegentreten zu müssen.
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Papiertiger Leseratte
Alter: 57 Beiträge: 125 Wohnort: Paderborn
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18.06.2019 18:10
von Papiertiger
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Kiara hat Folgendes geschrieben: | Wenn du so etwas am Missouri spielen lässt, solltest du einfach etwas Neues erfinden. Du kannst im Epilog ja immer noch erwähnen, was dich inspiriert hat, oder in Lesungen später aus dem Nähkästchen plaudern - doch die Freiheit, alles erfinden zu können, würde ich bevorzugen, anstatt der Angst, zu vielen Kennern der Epoche entgegentreten zu müssen. |
Ich sehe das auch so - auch mit dem Verweis im Epilog oder bei Präsentationen.
Konkret tendiere ich dazu, eine "eigene" Expedition zu erfinden, die vor der von Lewis & Clark spielt. Dann muss man die Original-Expedition gar nicht erwähnen und kann sich trotzdem inspirieren lassen und sich lose anlehnen an das Original. Das sollte dann natürlich wirklich im Epilog oder so erwähnt werden.
Meine eigene Expedition wäre dann viel kleiner als die von Lewis & Clark und würde - da alles Mögliche zwischendurch passiert - auch nicht viele Ergebnisse bringen, so dass sie in der Geschichtsschreibung gar nicht auftaucht - falls sich ein kritischer Leser fragt, warum er bei Wikipedia nichts darüber findet.
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nicolailevin Eselsohr
Beiträge: 259 Wohnort: Süddeutschland
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18.06.2019 19:23
von nicolailevin
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Lass deine Expedition doch räumlich und zeitlich ganz in der Nähe spielen, ohne dass sie was davon weiß, dass ein paar Wochen hinter ihnen und ein paar Meilen südlich weitere Leute unterwegs sind. Könnte eine humorige Note geben, wenn die Überlebenden nach allen Mühsalen am Schluss ankommen - und kein Schwein interessiert sich für ihre Ergebnisse und Erlebnisse, weil Lewis & Clark schon kurz vorher zurück sind und jetzt alle Aufmerksamkeit haben ...
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Papiertiger Leseratte
Alter: 57 Beiträge: 125 Wohnort: Paderborn
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18.06.2019 19:32
von Papiertiger
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nicolailevin hat Folgendes geschrieben: | Lass deine Expedition doch räumlich und zeitlich ganz in der Nähe spielen, ohne dass sie was davon weiß, dass ein paar Wochen hinter ihnen und ein paar Meilen südlich weitere Leute unterwegs sind. |
Die Idee ist nicht schlecht, aber damals war der Missouri River quasi der einzige Reiseweg nach Westen. Zu Lande ging da nichts.
Ich glaube, dass ich meine fiktive Expedition - die ja ein grandioser Fehlschlag wird - einfach ein Jahr vorher stattfinden lasse.
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MaxV Schneckenpost
M Alter: 41 Beiträge: 10 Wohnort: Norddeutschland
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Papiertiger Leseratte
Alter: 57 Beiträge: 125 Wohnort: Paderborn
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19.06.2019 11:22
von Papiertiger
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MaxV hat Folgendes geschrieben: |
Ich würde die Variante 1 nehmen und die tatsächlich stattgefundene Expedition als Grundgerüst |
Hmm, du bringst mich wieder ins Schwanken.
Das würde also bedeuten, dass Lewis & Clark tatsächlich mitspielen, nur eben in alle möglichen Kalamitäten geraten, in denen sie nie steckten.
Vielleicht noch als Zusatzinfo: Es handelt sich bei dem Projekt um den zweiten Band einer (geplanten) Trilogie. Der erste Band ist gerade fertiggeworden und wird jetzt von meinen hoffentlich kritischen Problesern auseinandergepflückt.
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MaxV Schneckenpost
M Alter: 41 Beiträge: 10 Wohnort: Norddeutschland
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M 19.06.2019 19:27
von MaxV
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Okay... und wie hast du den ersten Band geschrieben oder hängt der nicht so sehr mit dem zweiten zusammen? Es würde doch merkwürdig wirken, wenn du im ersten Band alles fiktiv geschrieben hättest und beim zweiten dann anfängst, Historisches einzufügen oder umgekehrt.
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Papiertiger Leseratte
Alter: 57 Beiträge: 125 Wohnort: Paderborn
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21.06.2019 17:02
von Papiertiger
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MaxV hat Folgendes geschrieben: | Okay... und wie hast du den ersten Band geschrieben oder hängt der nicht so sehr mit dem zweiten zusammen? |
Der erste Band hat mit dem ersten nur insoweit zu tun, als dass der Protagonist der Gleiche ist.
Im ersten Band sind die Settings authentisch und genau recherchiert, also die Städte, in denen die Handlung spielt, der politische Rahmen usw. Die Handlung selbst ist frei erfunden, auch meine Protagonisten hat es nie gegeben.
Insofern bietet das aus meiner Sicht für den zweiten Band alle Optionen. Ich könnte die tatsächliche Expedition verfremden oder eine neue erfinden, die früher stattfindet.
Sicher bin ich mir keineswegs, was besser ist, aber tendenziell werde ich wohl eine erfundene Expedition stattfinden lassen und mich dabei an die Motive und Erlebnisse der wirklichen Expedition anlehnen. Das muss dann natürlich als Hinweis in den Epilog.
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Jadea Gänsefüßchen
Alter: 42 Beiträge: 38 Wohnort: NRW
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22.06.2019 11:03
von Jadea
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Papiertiger hat Folgendes geschrieben: |
Sicher bin ich mir keineswegs, was besser ist, aber tendenziell werde ich wohl eine erfundene Expedition stattfinden lassen und mich dabei an die Motive und Erlebnisse der wirklichen Expedition anlehnen. Das muss dann natürlich als Hinweis in den Epilog. |
Das wäre auch die Variante, die ich wählen würde
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Epiker Eselsohr
Alter: 29 Beiträge: 301 Wohnort: Österreich
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02.07.2019 13:19
von Epiker
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Halte dich am besten an den erfolgreichsten deutschen Westernschriftsteller, Karl May und erfinde deine eigene Expedition!
Dann würze das noch mit einer Prise Stephen King (Gewalt + Zusammenhänge (und wenn es nur derselbe blaue Stift ist, der irgendwo herumliegt) mit früheren Büchern von dir) und voila! deine eigene Geschichte.
Karl May hat sich auch nie groß darum geschert, wie man sein Werk im realen historischen Rahmen am besten einordnen könnte und ich empfehle dir dasselbe zu tun. Sie ist fiktiv, also kannst du tun und lassen, was du willst. Sie kann ein einziger Horrortrip sein und trotzdem hinterher die bedeutendste Reise nach Westen sein, die jemals getätigt wurde, weil das Buch in der von dir geschaffenen Realität spielt und dort ist das nun einmal so und Lewis und Clark hat es nie gegeben. Oder doch und deine Reise scheitert jämmerlich und deswegen verliert nie wieder jemand ein Wort darüber, egal, es ist deine Welt in dem alles spielt, ergo bestimmst auch DU den Ausgang und den Wert dieser Reise, ungeachtet von der Realität! Lass dich von der bloß nicht zu sehr einengen, immerhin ist das Werk fiktiv.
_________________ Aber der Mensch entwirft, und Zeus vollendet es anders!
-Homer-
(Dieses Zitat dürfte so manchem Schriftsteller mehr als einmal passiert sein ) |
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Rainer Prem Reißwolf
R Alter: 66 Beiträge: 1271 Wohnort: Wiesbaden
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R 02.07.2019 20:41
von Rainer Prem
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Epiker hat Folgendes geschrieben: | Halte dich am besten an den erfolgreichsten deutschen Westernschriftsteller, Karl May und erfinde deine eigene Expedition!
Dann würze das noch mit einer Prise Stephen King (Gewalt + Zusammenhänge (und wenn es nur derselbe blaue Stift ist, der irgendwo herumliegt) mit früheren Büchern von dir) und voila! deine eigene Geschichte.
Karl May hat sich auch nie groß darum geschert, wie man sein Werk im realen historischen Rahmen am besten einordnen könnte und ich empfehle dir dasselbe zu tun. Sie ist fiktiv, also kannst du tun und lassen, was du willst. Sie kann ein einziger Horrortrip sein und trotzdem hinterher die bedeutendste Reise nach Westen sein, die jemals getätigt wurde, weil das Buch in der von dir geschaffenen Realität spielt und dort ist das nun einmal so und Lewis und Clark hat es nie gegeben. Oder doch und deine Reise scheitert jämmerlich und deswegen verliert nie wieder jemand ein Wort darüber, egal, es ist deine Welt in dem alles spielt, ergo bestimmst auch DU den Ausgang und den Wert dieser Reise, ungeachtet von der Realität! Lass dich von der bloß nicht zu sehr einengen, immerhin ist das Werk fiktiv. |
Prinzipiell hast du ja recht. Nur hat Karl May "Gegenwartsliteratur" geschrieben; über Länder, die die wenigsten seiner Leser damals kannten und in einer Zeit, als Wikipedia nicht mal schnell zur Hand war, um sich über die Orte in seinen Büchern zu informieren.
Ob man heute jedoch historische oder fantastische Abenteuerliteratur schreibt, sind zwei ganz unterschiedliche Paar Schuhe. Jeder Fehler in einem historischen Roman wird dir irgendwann unter die Nase gerieben; nur in einem Fanatasy-Setting hast du wirklich Freiheiten.
Grüße
Rainer
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Epiker Eselsohr
Alter: 29 Beiträge: 301 Wohnort: Österreich
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02.07.2019 21:37
von Epiker
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Und selbst dort muss sich der Autor an die von ihm aufgestellten Regeln und Gesetze halten. Wenn er einmal bestimmt hat, dass in seiner Welt Wasser regnet, kann er nicht mittendrin auf flüssiges Methan als Regensubstanz umsteigen.
Doch ich seh kein Problem dabei fiktive historische Romane zu schreiben, solange die Grundlagen stimmen, denn dann gibt es ja keinen Konflikt zwischen Historizität und Fiktionalität. Ein fiktiver Geschäftsmann aus St. Louis kann durchaus eine fiktive Expedition losschicken, die historisch akurat ausgestattet ist, auf real nachvollziehbaren Pfaden reist und historisch richtige Indianerstämme in ihren jeweiligen Gebieten antreffen, wenn es von der Route her passt.
Es ist ja nicht so, als wollte man plötzlich einen ganz neuen US-Präsidenten fürs 19. Jahrhundert, oder einen nicht existierenden Krieg erfinden, das wär dann schon eine ganz andere Dimension und eher „phantastisch“, als wenn von etwas erzählt wird, wie es theoretisch jeden Tag hätte passieren können (man denke z.B. nur an John Jacob Astor und der von ihm losgeschickten Expedition, um an der Westküste in Oregon das Fort Astoria zu gründen für den Pelzhandel).
_________________ Aber der Mensch entwirft, und Zeus vollendet es anders!
-Homer-
(Dieses Zitat dürfte so manchem Schriftsteller mehr als einmal passiert sein ) |
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