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Schluri Leseratte
Alter: 36 Beiträge: 159
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07.05.2019 10:15 Vergangenheitsform bei Roman im Präsens von Schluri
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Hallo ihr lieben Schreiberlinge,
ich stecke gerade im Lektorat und stolpere über die ein oder andere Änderung, die meine Lektorin (nicht Korrektorin wohlgemerkt )gemacht hat.
Der Roman ist im Präsens geschrieben, deswegen gehe ich davon aus, dass Handlungen in der Vergangenheit im Präteritum und Perfekt geschrieben werden (wenn sie nicht eine Handlung noch VOR der Vergangenheit darstellen, dann natürlich Plusquamperfekt). Manchmal hat sie mir aber ein Plusquamperfekt draus gemacht, vermutlich weils wohl besser klingt. Zum Beispiel:
Tief in Gedanken versunken schlendert Jonathan zu seinem Motorrad, das er ein paar Straßen weiter geparkt hatte, um beim Eintreffen an der Kirche keine allzu große Aufmerksamkeit zu erregen.
Ich hatte das vorher so:
Tief in Gedanken versunken schlendert Jonathan zu seinem Motorrad, das er ein paar Straßen weiter parkte, um beim Eintreffen an der Kirche keine allzu große Aufmerksamkeit zu erregen.
Ich könnte mich argumentativ noch auf das hier runterhandeln lassen:
Tief in Gedanken versunken schlendert Jonathan zu seinem Motorrad, das er ein paar Straßen weiter geparkt hat, um beim Eintreffen an der Kirche keine allzu große Aufmerksamkeit zu erregen.
Gibt es irgendeinen Grund, warum man an dieser Stelle das Plusquamperfekt nehmen sollte, den ich nur übersehe? Macht man das vielleicht nur, weil es besser klingt?
Oder hab ich irgendwas komplett übersehen?
_________________ Liebe Grüße
Ronja |
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schwarzistdiekatz Eselsohr
Beiträge: 288 Wohnort: Graz
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07.05.2019 10:31
von schwarzistdiekatz
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Ich bevorzuge die dritte Variante in so einem Fall, da du aus der ersten Person erzählst und in der realen, gesprochenen Sprache (und wir stellen uns ja vor, dass du es uns gerade erzählst) für Geschehenes das Perfekt benutzen. Mitvergangenheit wirkt für mich aufgesetzt und unnatürlich, wird aber auch gemacht. Die Vorvergangenheit-Variante deiner Lektorin ist falsch. Denke sie hat das aus Gewohnheit gemacht (wie bei klassischen Mitvergangenheitserzählungen), da du ja auch sagst, dass sie es nur an einigen Stellen so getan hat. Generell müsste sie eine konsequente Linie beibehalten, darum war das wohl ein Versehen.
Wobei das (meine bevorzugte Variante) jetzt nicht für längere Rückblenden gelten muss. Hier bietet sich dann durchaus auch die Mitvergangenheit an. Geschmackssache.
In Dialogen btw immer Perfekt bei Vergangenem.
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Schluri Leseratte
Alter: 36 Beiträge: 159
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07.05.2019 10:41
von Schluri
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Danke für das Feedback, das beruhigt mich schon mal.
Das Prinzip der Vor-Vergangenheit ist mir eben auch bekannt, allerdings hat es mich unheimlich verunsichert, dass eine Autorenkollegin meinte, dass man in dem Fall manchmal Plusquamperfekt verwenden kann, weil es geläufiger ist. Nur ist das irgendwie für mich kein Argument
Sie meinte, dass das das Gleiche ist wie wenn man grundsätzlich im Präteritum schreibt und dann einen längeren Absatz hat, in dem man ein Vorkommnis aus der Vergangenheit beschreibt (in dem Fall ja eigentlich durchgängig im Plusquamperfekt). Hier switcht man dann ja zwischendurch, aufgrund der Lesbarkeit, auch oft ins Präteritum, was grammatikalisch ja auch nicht 100 %ig richtig ist.
_________________ Liebe Grüße
Ronja |
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schwarzistdiekatz Eselsohr
Beiträge: 288 Wohnort: Graz
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07.05.2019 10:43
von schwarzistdiekatz
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Schluri hat Folgendes geschrieben: | Danke für das Feedback, das beruhigt mich schon mal.
Das Prinzip der Vor-Vergangenheit ist mir eben auch bekannt, allerdings hat es mich unheimlich verunsichert, dass eine Autorenkollegin meinte, dass man in dem Fall manchmal Plusquamperfekt verwenden kann, weil es geläufiger ist. Nur ist das irgendwie für mich kein Argument
Sie meinte, dass das das Gleiche ist wie wenn man grundsätzlich im Präteritum schreibt und dann einen längeren Absatz hat, in dem man ein Vorkommnis aus der Vergangenheit beschreibt (in dem Fall ja eigentlich durchgängig im Plusquamperfekt). Hier switcht man dann ja zwischendurch, aufgrund der Lesbarkeit, auch oft ins Präteritum, was grammatikalisch ja auch nicht 100 %ig richtig ist. |
Zweiteres ist absolut richtig. Beginn Vorvergangenheit - Switch - Mitvergangenheit.
Ersteres mag sein (man kann tun was man will generell), aber ich sehe das nicht als "geläufiger" in diesem Fall. Man spricht auch in der realen Sprache so nicht und es liest sich für mich auch falsch. Jetzt: Gegenwart - Geschehenes: Vorvergangenheit macht für mich keinen Sinn. Vor allem da es ein aktives Verb ist (parken), wenn man es passiv benutzt z.B. "Ich war eingeparkt worden) klingt es noch ein wenig besser, aber für mich auch falsch. Wer redet/erzählt denn so?
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schwarzistdiekatz Eselsohr
Beiträge: 288 Wohnort: Graz
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07.05.2019 10:54
von schwarzistdiekatz
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Wobei je länger ich darüber nachdenke und den Satz von deiner Lektorin geistig wiederhole ... ja, vielleicht ist das doch möglich ... Sorry, das hilft dir jetzt auch nicht weiter
Mein Problem ist, dass ich Gegenwartssprache nur in Sachbüchern und Autobiographie-Teilen verwendet habe.
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Care Leseratte
C
Beiträge: 124 Wohnort: Österreich
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C 07.05.2019 11:07
von Care
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Ich tendiere auch zur ersten Variante.
Meine Erklärung dafür wäre, dass in deinem Satz drei Zeitebenen vorliegen: Die Gegenwart, wo er schlendert, das Parken des Motorrads und das Eintreffen bei der Kirche, das anscheinend dazwischen liegt. Für mich als Leser ergibt das:
Parken >> Kirche >> Zurückkehren zum Motorrad.
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schwarzistdiekatz Eselsohr
Beiträge: 288 Wohnort: Graz
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07.05.2019 11:12
von schwarzistdiekatz
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Care hat Folgendes geschrieben: | Ich tendiere auch zur ersten Variante.
Meine Erklärung dafür wäre, dass in deinem Satz drei Zeitebenen vorliegen: Die Gegenwart, wo er schlendert, das Parken des Motorrads und das Eintreffen bei der Kirche, das anscheinend dazwischen liegt. Für mich als Leser ergibt das:
Parken >> Kirche >> Zurückkehren zum Motorrad. |
Ja, das macht natürlich Sinn - mit der 3. versteckten Ebene. Ein spezieller Fall. Darum hört es sich dann doch irgendwie richtig an. Und wurde nur hier so gesetzt. Wieder was gelernt. Danke!
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F.J.G. Bitte keinen Weichspüler verwenden
Alter: 33 Beiträge: 1947 Wohnort: Wurde erfragt
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07.05.2019 11:13 Re: Vergangenheitsform bei Roman im Präsens von F.J.G.
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Grüß dich, Schluri!
Deutsch war in der Schule schon immer mein Lieblingsfach und ich dementsprechend (ganz unbescheiden) Einserschüler. Deswegen lehne ich mich mal aus dem Fenster und wage es, dir einen Ratschlag zu geben.
Ich stimme für Variante 1.
Schluri hat Folgendes geschrieben: |
Tief in Gedanken versunken schlendert Jonathan zu seinem Motorrad, das er ein paar Straßen weiter geparkt hatte, um beim Eintreffen an der Kirche keine allzu große Aufmerksamkeit zu erregen.
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Der Knackpunkt? Die Kirche!
Ohne die Kirche hieße der Satz:
Tief in Gedanken versunken schlendert Jonathan zu seinem Motorrad, das er ein paar Straßen weiter parkte.
Das Eintreffen in der Kirche ist laut Satzbedeutung ein Punkt in der Vergangenheit. Und zwar nicht irgendein Punkt, sondern genau der Referenzpunkt, der maßgeblich ist für die Entscheidung, hier den Plusquamperfekt zu nutzen.
Fazit: Egal, ob der Narrator im Präsens, im Perfekt oder Präteritum erzählt -- der Plusquamperfekt ist unabdingbar, sobald eine Handlung in der Vorvergangenheit (also Gegenwart minus Zeit minus Zeit) stattfindet.
Liebe Grüße
Kojote
_________________ Ab sofort erhältlich: Achtung Ungarn! Ein humorvolles Benutzerhandbuch |
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Schluri Leseratte
Alter: 36 Beiträge: 159
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07.05.2019 11:21
von Schluri
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Die Kirche! Das ergibt so natürlich Sinn. Danke Kojote und Care!
Da hat mich die verdammte Kirche echt dumm dastehen lassen Zum Glück habe ich der Lektorin noch nicht vehement widersprochen gehabt ...
Irgendwie habe ich über den Nebensatz dann gar nicht mehr nachgedacht und mich nur auf den ersten Teil fokussiert. Wahnsinn wie lange man sich manchmal an so einem Satz aufhält.
_________________ Liebe Grüße
Ronja |
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schwarzistdiekatz Eselsohr
Beiträge: 288 Wohnort: Graz
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07.05.2019 11:24
von schwarzistdiekatz
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Schluri hat Folgendes geschrieben: | Die Kirche! Das ergibt so natürlich Sinn. Danke Kojote und Care!
Da hat mich die verdammte Kirche echt dumm dastehen lassen Zum Glück habe ich der Lektorin noch nicht vehement widersprochen gehabt ...
Irgendwie habe ich über den Nebensatz dann gar nicht mehr nachgedacht und mich nur auf den ersten Teil fokussiert. Wahnsinn wie lange man sich manchmal an so einem Satz aufhält. |
Ja, ich hab die depperte Kirche auch komplett ausgeblendet bzw. geistig nur bis zum Auto gelesen
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