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Grau in Grau


 
 
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Eisteufel
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

Alter: 36
Beiträge: 23
Wohnort: NRW


Beitrag03.03.2019 19:37
Grau in Grau
von Eisteufel
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo ihr Lieben, ich würde auch gerne meinen Einstand mit einer Kurzgeschichte von mir geben. Viel Spaß beim Lesen und über Rückmeldungen aller Art freue ich mich sehr smile

Grau in Grau

Rauschen.
Es ist das beständige, monotone und ihn allzeit begleitende Rauschen der Hauptstraße unter seinem Schlafzimmerfenster, welches ihn auch diesen Morgen, noch bevor der Wecker klingelt, abrupt aus den Träumen reißt. Entnervt schält er sich mühsam aus den Decken und schleppt sich, der Blick noch immer verschleiert, die Gelenke wie immer knackend und ächzend, an das Fenster Richtung Hauptstraße, stößt es auf und holt einmal tief Luft.
Gestank.
Der allmorgendliche Geruchsteppich aus Abgasen, Teer – heute vermengt mit Regen – und durchmischt mit einer Ahnung von Mohnschnecken, welche der Bäcker gegenüber wie jeden Morgen in der Auslage hat, schlägt ihm wie eine mannshohe Wand entgegen.
Rauschen.
Langsam wach werdend, stützt er sich mit den Ellenbogen auf die Fensterbank, zündet sich eine Zigarette an und starrt in das einheitliche Grau in Grau seiner Stadt.
Bochum.
Wie hatte Herbert Grönemeyer es noch so schön besungen?
„Du bist keine Schönheit, vor Arbeit ganz grau“?
Ja, nickt er stumm und zieht weiter an der Zigarette. Ja, das bist du. Alt und grau.
Überall Betongrau, durchmischt mit Zementgrau und regnerischem Himmelgrau.
Alles ist grau.
Es erscheint ihm, als sei er der einzige Farbklecks inmitten dieser Monotonie, während er eine halbe Stunde später in seinem dunkelblauen Anzug die Karl-Friedrich-Straße hinab läuft, welche zwar wie zu jeder Tageszeit viel befahren, aber ansonsten menschenleer ist.
Sich beim Bäcker gegenüber einen Kaffee kaufend – ihm strahlt das grelle Gelb der Arbeitskleidung penetrant entgegen – huscht er weiter zur Straßenbahnhaltestelle.
Grau-weiße Ungetüme. Wieso können sie nicht bunt sein? So wie in Dortmund? Oder Essen? Oder sonst wo.
„Wieso diese Nichtfarbe?“, fragt er sich, während er einsteigt und sich auf die durchgesessenen, graugrünen Polster fallen lässt, derweil noch immer seinen Kaffee trinkend.
Es ist dasselbe wie jeden Morgen. Wie jeden Morgen seit so vielen Jahren schon.
Routine, Monotonie, Alltag, Grau.
Es scheint an ihm zu haften, an ihm zu kleben und ihn nicht mehr loszulassen.
Dieses Grau.
Und dabei hatte er sich einst nach diesem Grau gesehnt. Als Junge vom Dorf wollte er für sein Studium unbedingt in die Stadt, mehr als alles andere.  Hier gab es nicht den Gestank von Jauche und Gülle, hier gab es den Smog und den so sehr gefürchteten Feinstaub. Hier gab es keinen schlechten Winterdienst, nein. Winterdienste waren hier nicht nötig. Das bisschen Schnee an mit Glück drei Tagen im Winter wurde von den Autos so schnell so klein zermahlen, dass einzig an den Straßenrändern schmutzige, schmierige Häufchen zurückblieben. Hier gab es Hektik und Unterhaltung, stets war etwas los.
Und dennoch ist ihm, als sei all das nur dazu da, um die eigentliche Hässlichkeit dieser Stadt zu verstecken.
Bochum.
Herz des Ruhrpotts, eine einzige große, stillgelegte Zeche.
Ein stetig gleichbleibendes, träge vor sich hin atmendes Einerlei.
Die Straßenbahn hält, die Türen schwingen auf, ein Fahrgast tapst schwerfällig ins Innere.
Eine Frau, die Arme voll mit Ordnern und Büchern, lässt sich schwer aufatmend auf den gegenüberliegenden Sitz fallen.
Auch sie ist grau. Ein sprichwörtliches graues Mäuschen, denkt er im Stillen, die Frau beinah mitleidig anschauend.
Das Kostüm hat die Farbe des Himmels, kurz bevor es zu regnen anfängt, ihre Haare sind aschblond, sogar ihr noch recht junges Gesicht scheint die Farbe der Wohnblöcke angenommen zu haben.
Als sie sein Mustern bemerkt, lächelt sie unsicher, wendet jedoch sofort wieder den Blick ab.
Weiter geht die Fahrt. Ruckelnd, zuckelnd, abrupt haltend.
Sie steht keine zwei Haltestellen später wieder auf, versucht sich erneut mit all ihrem Ballast zu beladen. Das Elend, welches sich dort vor ihm abspielt nach einer Weile nicht mehr mitansehen könnend, entschließt er sich, in Anbetracht dessen, dass die nächste Haltestelle gnadenlos immer näher rückt, ihr zu helfen. Er ergreift die letzten zwei Ordner und hält sie ihr lustlos entgegen.
Ein scheues Lächeln ist die Antwort, ein kaum hörbares „Danke“, als im selben Augenblick die Straßenbahn stoppt.
Der Kaffee perlt langsam, leise von ihrem Blazer, sucht sich einen Weg zum Rock hinab.
Unverständliches nuschelnd, sich schrecklich unwohl fühlend, sucht er verzweifelt in seinem Jackett nach einem Taschentuch, nur um festzustellen, keine eingesteckt zu haben.
„Ach, vergessen Sie es. Ist nicht so schlimm“, sagt sie nur und zwängt sich an ihm vorbei den Gang entlang, als auch schon wieder die Türen schließen und sich die Bahn schwerfällig in Bewegung setzt.
Sich schrecklich hilflos fühlend, starrt er sie nur tonlos an, das graue Mädchen mit all den Aktenordnern.
Sie bemerkt seine Blicke.
„Na ja, dann steige ich eben die nächste Haltestelle aus“, seufzt sie hilflos die Schultern ruckend ein so bemitleidenswertes Seufzen, dass es ihm die Schamesröte ins Gesicht treibt. Beinah reflexartig nimmt er ihr die Aktenordner wieder ab.
„Ich muss sowieso an dieser Haltestelle aussteigen“, lügt er, nicht wissend, warum er lügt.
„Ich begleite Sie eben zurück bis zu Ihrer Haltestelle.“
Erneut ein kurzes Nicken. Sie steigen aus.
Es ist nicht weit zu gehen, die Haltestellen kommen immer recht kurz hintereinander. Dennoch fühlt er sich besser der Frau zu helfen.
Mit etwas Glück könnte er auch noch rechtzeitig zur Arbeit kommen.
Vor einem vierstöckigen Betonblock, einer Versicherungsfirma, kommen sie schlussendlich zum Stehen. Sie dreht sich schlagartig zu ihm um, lächelt ein Dankeschön.
Sie ist wirklich jung, denkt er, während er ihr zum ersten Mal genauer ins Gesicht blickt. Die Farbe macht sie nur wesentlich älter.
„Dankeschön“, lächelt sie es nun nicht mehr, sondern sagt es, während sie ihm die Ordner aus den Händen nimmt.
„Wäre aber nicht nötig gewesen, doch-“
„Ich bezahle die Reinigung!“, platzt es unkontrolliert aus ihm heraus und er könnte sich im nächsten Augenblick für diese Bemerkung schlagen, als er ihren erschrockenen Gesichtsausdruck bemerkt. Das Perplexe verlässt jedoch alsbald ihr Gesicht, macht erneut einem Lächeln Platz.
„Nein, nein. Aber Sie können mich mal zum Kaffee einladen, ich fahr ja oft mit Ihnen in der Straßenbahn.“
Und schon wendet sie sich ab, schwer beladen huscht sie davon.
Er bleibt ungläubig stehen. Sie war ihm doch tatsächlich noch nie aufgefallen.
Und ja, vielleicht sollte er sich wirklich mit ihr treffen und sie auf einen Kaffee einladen, denkt er und blickt gen Himmel.
Was hatte er eigentlich je erwartet? In einer Stadt wie dieser, einer Stadt so grau in grau?
Noch einmal wendet er den Blick, sieht dem wippenden, grauen Rocksaum hinterher.
Ein Kostüm in den Farben Beton- und Zementgrau.
Er zündet sich eine Zigarette an.
„Du bist keine Schönheit, vor Arbeit ganz grau.“
Vielleicht ist Grau doch gar keine so schreckliche Farbe.
Er lächelt.

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muetzchen
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M
Beitrag04.03.2019 08:33

von muetzchen
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Hallo Eisteufel,

für eine Kurzgeschichte finde ich das sehr spannend geschrieben. Man muss sich sehr konzentrieren, wegen der langen Sätze in denen so vieles  gleichzeitig passiert. Ich finde, das macht die Geschichte zwischen all dem grau lebendig Smile

Leider lässt du aus meiner Sicht den wirklich kritischen, spannendsten Moment der Geschichte einfach aus. Die steigen aus der Bahn und gehen miteinander ein Stück. Da kriegte ich schon Beklemmungen als ich las, dass er mit aussteigt und sie begleitet. Und was passiert? Nix. Weiter geht's mit der unkritischen Verabschiedung.

Ich als Leserin möchte da gerne wissen, wie der Prota sich fühlt, während er da so neben der Maus herschlappt. Da muss doch was passieren in seinem Kopf/ Bauch/ Herz. Vorher werden diese Gleichzeitigkeitsmomente ja auch immer so liebevoll geschildert.

Im übrigen, wie gesagt, hab ich das gerne gelesen.
LG
Mützchen
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Eisteufel
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

Alter: 36
Beiträge: 23
Wohnort: NRW


Beitrag04.03.2019 09:26

von Eisteufel
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo muetzchen,

vielen Dank fürs Lesen und deine Worte Smile Erst einmal vielen Dank für das Lob, dass die Geschichte trotz des vielen Graus lebendig wirkt. Zu deinem Kritikpunkt, dem Wendepunkt der Geschichte... ja, er ist wirklich ein wenig kurz geraten. Für mich war es der Punkt, wo sie ihm sagt, dass sie schon so oft mit ihm zusammen Bahngefahren ist.
Da werd ich an den Gefühlen noch weiter feilen, du hast Recht, dass grade bei dem Weg von der Bushaltestelle zurück im Vergleich zur vorher recht wenig Emotionen beschrieben werden. Wink Vielen Dank dir für deine Rückmeldung.


Liebe Grüße, Eisteufel


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Valentin
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 39
Beiträge: 177



Beitrag04.03.2019 12:05
Re: Grau in Grau
von Valentin
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Hallo Eisteufel,

beim Lesen ist etwas Interessantes passiert. Dein Stil hat mich gefangen genommen, so dass ich mit der Zeit kaum noch für etwas anderes Augen hatte, als für die Partizip Konstruktionen.

Ich weiß jetzt natürlich nicht, ob es gewollt ist bei dieser einen Kurzgeschichte oder ob das generell dein Stil ist, aber ich habe dir mal alle Partizip I Konstuktionen,, die mir aufgefallen sind, grün markiert.
Die ersten drei habe mich auch gar nicht gestört. Später hingegen erweckt es den Eindruck, als würde der Prota vieles simultan machen. Das kann unnatürlich wirken und den Leser auch verwirren.
Es liegt an der Form der Schriftsprache und wie wir sie lesen, nämlich ein Wort/ ein Satz nach dem anderen. Das macht es unmöglich wirklich auf Papier festzuhalten, das ein Mensch gleichzeitig atmet und schwitz und jemandem einen finsteren Blick zu wirft und dabei das Mittagessen verdaut und etc.

Man kann es natürlich machen, doch ich finde - Achtung persönlicher Geschmack - es hilft deinem Text nicht.

Insgesamt hast du mit dem Zitat von Grönemeyer einen guten Bogen gespannt und die Geschichte damit zu einem guten, schlüssigen Ende gebracht, indem der Prota einen Wandel durchgemacht hat.


Eisteufel hat Folgendes geschrieben:

Grau in Grau

Rauschen.
Es ist das beständige, monotone und ihn allzeit begleitende Rauschen der Hauptstraße unter seinem Schlafzimmerfenster, welches ihn auch diesen Morgen, noch bevor der Wecker klingelt, abrupt aus den Träumen reißt. [Wieso reißt ihn ein monotones Rauschen, das ihn ständig begleitet aus dem Schlaf. Eine Freundin ist in einem Metzgerbetrieb aufgewachsen. Als sie ausgezogen ist, hatte sie Probleme einzuschlafen, weil ihr dieses Hintergrundrauschen fehlte. Die Lösung war ein Ventilator, den sie nun beim zu Bett gehen einschaltet. Smile ] Entnervt schält er sich mühsam aus den Decken und schleppt sich, der Blick noch immer verschleiert, die Gelenke wie immer knackend und ächzend, an das Fenster Richtung Hauptstraße, stößt es auf und holt einmal tief Luft.
Gestank.
Der allmorgendliche Geruchsteppich aus Abgasen, Teer – heute vermengt mit Regen – und durchmischt mit einer Ahnung von Mohnschnecken, welche der Bäcker gegenüber wie jeden Morgen in der Auslage hat, schlägt ihm wie eine mannshohe Wand entgegen.
Rauschen.
Langsam wach werdend, stützt er sich mit den Ellenbogen auf die Fensterbank, zündet sich eine Zigarette an und starrt in das einheitliche Grau in Grau seiner Stadt.
Bochum.
Wie hatte Herbert Grönemeyer es noch so schön besungen?
„Du bist keine Schönheit, vor Arbeit ganz grau“?
Ja, nickt er stumm und zieht weiter an der Zigarette. Ja, das bist du. Alt und grau.
Überall Betongrau, durchmischt mit Zementgrau und regnerischem Himmelgrau.
Alles ist grau.
Es erscheint ihm, als sei er der einzige Farbklecks inmitten dieser Monotonie, während er eine halbe Stunde später in seinem dunkelblauen Anzug die Karl-Friedrich-Straße hinab läuft, welche zwar wie zu jeder Tageszeit viel befahren, aber ansonsten menschenleer ist.
Sich beim Bäcker gegenüber einen Kaffee kaufend – ihm strahlt das grelle Gelb der Arbeitskleidung penetrant entgegen – huscht er weiter zur Straßenbahnhaltestelle.
Grau-weiße Ungetüme. Wieso können sie nicht bunt sein? So wie in Dortmund? Oder Essen? Oder sonst wo.
„Wieso diese Nichtfarbe?“, fragt er sich, während er einsteigt und sich auf die durchgesessenen, graugrünen Polster fallen lässt, derweil noch immer seinen Kaffee trinkend.
Es ist dasselbe wie jeden Morgen. Wie jeden Morgen seit so vielen Jahren schon.
Routine, Monotonie, Alltag, Grau.
Es scheint an ihm zu haften, an ihm zu kleben und ihn nicht mehr loszulassen.
Dieses Grau.
Und dabei hatte er sich einst nach diesem Grau gesehnt. Als Junge vom Dorf wollte er für sein Studium unbedingt in die Stadt, mehr als alles andere. [DZ] Hier gab es nicht den Gestank von Jauche und Gülle, hier gab es den Smog und den so sehr gefürchteten Feinstaub. Hier gab es keinen schlechten Winterdienst, nein. Winterdienste waren hier nicht nötig. [Eine kleine Umstellung vll? Hinzu: Nein, Winterdienste waren hier nicht nötig.] Das bisschen Schnee an mit Glück drei Tagen im Winter wurde von den Autos so schnell so klein zermahlen, dass einzig an den Straßenrändern schmutzige, schmierige Häufchen zurückblieben. Hier gab es Hektik und Unterhaltung, stets war etwas los.
Und dennoch ist ihm, als sei all das nur dazu da, um die eigentliche Hässlichkeit dieser Stadt zu verstecken.
Bochum.
Herz des Ruhrpotts, eine einzige große, stillgelegte Zeche.
Ein stetig gleichbleibendes, träge vor sich hin atmendes Einerlei.
Die Straßenbahn hält, die Türen schwingen auf, ein Fahrgast tapst schwerfällig ins Innere.
Eine Frau, die Arme voll mit Ordnern und Büchern, lässt sich schwer aufatmend auf den gegenüberliegenden Sitz fallen.
Auch sie ist grau. Ein sprichwörtliches graues Mäuschen, denkt er im Stillen, die Frau beinah mitleidig anschauend.
Das Kostüm hat die Farbe des Himmels, kurz bevor es zu regnen anfängt, ihre Haare sind aschblond, sogar ihr noch recht junges Gesicht scheint die Farbe der Wohnblöcke angenommen zu haben.
Als sie sein Mustern bemerkt, lächelt sie unsicher, wendet jedoch sofort wieder den Blick ab.
Weiter geht die Fahrt. Ruckelnd, zuckelnd, abrupt haltend.
Sie steht keine zwei Haltestellen später wieder auf, versucht sich erneut mit all ihrem Ballast zu beladen. Das Elend, welches sich dort vor ihm abspielt nach einer Weile nicht mehr mitansehen könnend, entschließt er sich, in Anbetracht dessen, dass die nächste Haltestelle gnadenlos immer näher rückt, ihr zu helfen. Er ergreift die letzten zwei Ordner und hält sie ihr lustlos entgegen.
Ein scheues Lächeln ist die Antwort, ein kaum hörbares „Danke“, als im selben Augenblick die Straßenbahn stoppt. [Die Straßenbahn stoppt und im nächsten Satz perlt der Kaffee schon von ihrem Blazer. Mir fehlt hier ein Verbindungsstück. z.B: Straßenbahn stoppt --> Kaffee schwappt über --> perlt am Blazer hinab.]
Der Kaffee perlt langsam, leise von ihrem Blazer, sucht sich einen Weg zum Rock hinab.
Unverständliches nuschelnd, sich schrecklich unwohl fühlend, sucht er verzweifelt in seinem Jackett nach einem Taschentuch, nur um festzustellen, keine eingesteckt zu haben.
„Ach, vergessen Sie es. Ist nicht so schlimm“, sagt sie nur und zwängt sich an ihm vorbei den Gang entlang, als auch schon wieder die Türen schließen und sich die Bahn schwerfällig in Bewegung setzt.
Sich schrecklich hilflos fühlend, starrt er sie nur tonlos an, das graue Mädchen mit all den Aktenordnern.
Sie bemerkt seine Blicke.
„Na ja, dann steige ich eben die nächste Haltestelle aus“, seufzt sie hilflos die Schultern ruckend [zuckend?] ein so bemitleidenswertes Seufzen, dass es ihm die Schamesröte ins Gesicht treibt. Beinah reflexartig nimmt er ihr die Aktenordner wieder ab.
„Ich muss sowieso an dieser Haltestelle aussteigen“, lügt er, nicht wissend, warum er lügt.
„Ich begleite Sie eben zurück bis zu Ihrer Haltestelle.“
Erneut ein kurzes Nicken. Sie steigen aus.
Es ist nicht weit zu gehen, die Haltestellen kommen immer recht kurz hintereinander. Dennoch fühlt er sich besser der Frau zu helfen.
Mit etwas Glück könnte er auch noch rechtzeitig zur Arbeit kommen.
Vor einem vierstöckigen Betonblock, einer Versicherungsfirma, kommen sie schlussendlich zum Stehen. Sie dreht sich schlagartig zu ihm um, lächelt ein Dankeschön.
Sie ist wirklich jung, denkt er, während er ihr zum ersten Mal genauer ins Gesicht blickt. Die Farbe macht sie nur wesentlich älter.
„Dankeschön“, lächelt sie es nun nicht mehr, sondern sagt es, während sie ihm die Ordner aus den Händen nimmt.
„Wäre aber nicht nötig gewesen, doch-“
„Ich bezahle die Reinigung!“, platzt es unkontrolliert aus ihm heraus und er könnte sich im nächsten Augenblick für diese Bemerkung schlagen, als er ihren erschrockenen Gesichtsausdruck bemerkt. Das Perplexe verlässt jedoch alsbald ihr Gesicht, macht erneut einem Lächeln Platz.
„Nein, nein. Aber Sie können mich mal zum Kaffee einladen, ich fahr ja oft mit Ihnen in der Straßenbahn.“
Und schon wendet sie sich ab, schwer beladen huscht sie davon.
Er bleibt ungläubig stehen. Sie war ihm doch tatsächlich noch nie aufgefallen.
Und ja, vielleicht sollte er sich wirklich mit ihr treffen und sie auf einen Kaffee einladen, denkt er und blickt gen Himmel.
Was hatte er eigentlich je erwartet? In einer Stadt wie dieser, einer Stadt so grau in grau?
Noch einmal wendet er den Blick, sieht dem wippenden, grauen Rocksaum hinterher.
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silke-k-weiler
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 49
Beiträge: 750

Das goldene Schiff Der goldene Eisbecher mit Sahne


Beitrag04.03.2019 12:16
Re: Grau in Grau
von silke-k-weiler
Antworten mit Zitat

Hallo Eisteufel,

ich finde, das ist eine schöne Momentaufnahme, auch wenn irgendwie aus der Zeit zu fallen scheint. Ich habe nicht das Gefühl, dass sich diese Geschichte im Heute ereignet, sondern schon vor zwei Jahrzehnten. Aber grundsätzlich macht das nichts.

Allerdings bekomme ich beim Lesen den "Adjektiv-Adverb"-Overkill. Das fängt schon beim ersten Satz an:

Eisteufel hat Folgendes geschrieben:
Es ist das beständige, monotone und ihn allzeit begleitende Rauschen der Hauptstraße unter seinem Schlafzimmerfenster, welches ihn auch diesen Morgen, noch bevor der Wecker klingelt, abrupt aus den Träumen reißt. Entnervt schält er sich mühsam aus den Decken und schleppt sich, der Blick noch immer verschleiert, die Gelenke wie immer knackend und ächzend, an das Fenster Richtung Hauptstraße, stößt es auf und holt einmal tief Luft.


Das ist mir des Guten zu viel, zumal du passende Verben benutzt, um das Aufstehen zu beschreiben. Wenn sie jemand aus einer Decke schält, ist mir als Leser bewusst, dass er nicht wie ein junger Gott aus dem Bett hüpft.

Eisteufel hat Folgendes geschrieben:
Der allmorgendliche Geruchsteppich aus Abgasen, Teer – heute vermengt mit Regen – und durchmischt mit einer Ahnung von Mohnschnecken, welche der Bäcker gegenüber wie jeden Morgen in der Auslage hat, schlägt ihm wie eine mannshohe Wand entgegen.


Da hatte ich den doofen Gedanken: Je nachdem, in welchem Stock er wohnt, reicht eine mannshohe Wand gar nicht bis zu ihm hoch. Ich würde mich für eine der beiden Metaphern entscheiden, aber nicht beide. Vielleicht ist auch ein Meer aus Gerüchen, dessen Wellen in sein Zimmer schwappen. Spätestens wenn er das Fenster öffnet, sollte aus dem Rauchen des Verkehrs doch deutlich mehr werden. Wo ist das Hupen? Wo sind aufheulende Motoren? Sirenen?

Eisteufel hat Folgendes geschrieben:
Langsam wach werdend, stützt er sich mit den Ellenbogen auf die Fensterbank, zündet sich eine Zigarette an und starrt in das einheitliche Grau in Grau seiner Stadt.
Bochum.
Wie hatte Herbert Grönemeyer es noch so schön besungen?
„Du bist keine Schönheit, vor Arbeit ganz grau“?
Ja, nickt er stumm und zieht weiter an der Zigarette. Ja, das bist du. Alt und grau.


Siehe oben. Aber das Grönemeyer-Zitat mag ich. Vielleicht ist auch das der Grund, warum ich ein wohliges Retro-Gefühl habe und nicht an eine von Smartphone-Zombies geflutete Innenstadt denke. Wink

Eisteufel hat Folgendes geschrieben:
Es erscheint ihm, als sei er der einzige Farbklecks inmitten dieser Monotonie, während er eine halbe Stunde später in seinem dunkelblauen Anzug die Karl-Friedrich-Straße hinab läuft, welche zwar wie zu jeder Tageszeit viel befahren, aber ansonsten menschenleer ist.


Diese Stelle finde ich gut! Allerdings würde ich den gestrichenen Teil weglassen. Du hast zuvor bereits mehrere Grautöne beschrieben und ich weiß jetzt Bescheid. Dem Teil "welche zwar wie zu jeder Tageszeit viel befahren, aber ansonsten menschenleer" würde ich einen zweiten Satz gönnen z.B. Obwohl die Straße viel befahren war, begegnete er nicht einem Menschen. Ob die Straße zu jeder Tageszeit viel befahren ist, interessiert mich an der Stelle nicht.

Eisteufel hat Folgendes geschrieben:
Sich beim Bäcker gegenüber einen Kaffee kaufend – ihm strahlt das grelle Gelb der Arbeitskleidung penetrant entgegen – huscht er weiter zur Straßenbahnhaltestelle.


Hmpf ... du weißt, was ich meine. Außerdem, wenn ihn das Grau so nevt, sollte ihm das Gelb doch willkommen sein, oder?

Eisteufel hat Folgendes geschrieben:
Grau-weiße Ungetüme. Wieso können sie nicht bunt sein? So wie in Dortmund? Oder Essen? Oder sonst wo.
„Wieso diese Nichtfarbe?“, fragt er sich, während er einsteigt und sich auf die durchgesessenen, graugrünen Polster fallen lässt, derweil noch immer seinen Kaffee trinkend.
Es ist dasselbe wie jeden Morgen. Wie jeden Morgen seit so vielen Jahren schon.
Routine, Monotonie, Alltag, Grau.
Es scheint an ihm zu haften, an ihm zu kleben und ihn nicht mehr loszulassen.
Dieses Grau.


Naaaaa .... so langsam reicht es mir mit "Grau" und "Monotonie". Ich weiß doch, wie trist ihm diese Stadt vorkommt. Ich würde hier ein wenig abspecken.

Eisteufel hat Folgendes geschrieben:
Und dabei hatte er sich einst nach diesem Grau gesehnt. Als Junge vom Dorf wollte er für sein Studium unbedingt in die Stadt, mehr als alles andere.  Hier gab es nicht den Gestank von Jauche und Gülle, hier gab es den Smog und den so sehr gefürchteten Feinstaub. Hier gab es keinen schlechten Winterdienst, nein. Winterdienste waren hier nicht nötig. Das bisschen Schnee an mit Glück drei Tagen im Winter wurde von den Autos so schnell so klein zermahlen, dass einzig an den Straßenrändern schmutzige, schmierige Häufchen zurückblieben. Hier gab es Hektik und Unterhaltung, stets war etwas los.
Und dennoch ist ihm, als sei all das nur dazu da, um die eigentliche Hässlichkeit dieser Stadt zu verstecken.

Den Teil finde ich gut. Da würde ich schauen, ob ich noch an dem ein oder anderen Satz feilen kann/sollte.

Eisteufel hat Folgendes geschrieben:
Die Straßenbahn hält, die Türen schwingen auf, ein Fahrgast tapst schwerfällig ins Innere.
Eine Frau, die Arme voll mit Ordnern und Büchern, lässt sich schwer aufatmend auf den gegenüberliegenden Sitz fallen.
Auch sie ist grau. Ein sprichwörtliches graues Mäuschen, denkt er im Stillen, die Frau beinah mitleidig anschauend.
Das Kostüm hat die Farbe des Himmels, kurz bevor es zu regnen anfängt, ihre Haare sind aschblond, sogar ihr noch recht junges Gesicht scheint die Farbe der Wohnblöcke angenommen zu haben.
Als sie sein Mustern bemerkt, lächelt sie unsicher, wendet jedoch sofort wieder den Blick ab.


Die Beschreibung des Kostüms find ich gut Daumen hoch  "Tapsen" gefällt mir nicht.

Eisteufel hat Folgendes geschrieben:
Weiter geht die Fahrt. Ruckelnd, zuckelnd, abrupt haltend.


Die Straßenbahn ruckelt weiter o.ä. aber nicht diese Häufend ruckelnd, zuckelnd usw. Oder ganz weglassen?

Eisteufel hat Folgendes geschrieben:
Sie steht keine zwei Haltestellen später wieder auf, versucht sich erneut mit all ihrem Ballast zu beladen. Das Elend, welches sich dort vor ihm abspielt nach einer Weile nicht mehr mitansehen könnend, entschließt er sich, in Anbetracht dessen, dass die nächste Haltestelle gnadenlos immer näher rückt, ihr zu helfen.


Keine zwei Haltestellen später steht die Frau wieder auf. Während sie um ihr Gleichgewicht ringt, versucht sie sich erneut mit dem Ballast zu beladen. Doch die Rekonstruktion des Ordnerturms, dessen Ausmaße ihn fast schon biblisch angemutet hatten, wollte nicht mehr gelingen. Da die nächste Haltestelle gnadenlos näher rückt, entschließt er sich, ihr zu helfen.

Ich habe die Szene einmal umgeschrieben, natürlich ist das jetzt auch nicht der Brüller, aber ich würde wirklich, wirklich, wirklich Wortdinger wie "nach einer Weile nicht mehr mitansehen könnend" vermeiden. Wink

Eisteufel hat Folgendes geschrieben:
Er ergreift die letzten zwei Ordner und hält sie ihr lustlos entgegen.
Ein scheues Lächeln ist die Antwort, ein kaum hörbares „Danke“, als im selben Augenblick die Straßenbahn stoppt.
Der Kaffee perlt langsam, leise von ihrem Blazer, sucht sich einen Weg zum Rock hinab.


Warum lustlos? Er hat sich doch entschieden, ihr zu helfen. Wenn die Straßenbahn so plötzlich stoppt, fallen dann nicht auch die Ordner durch die Gegend? Langsam und leise würde ich streichen, denn das Verb perlen liefert mir in Kombination mit dem anschliessenden Teilsatz eine gute Vorstellung vom Fließverhalten des Kaffees. Wink

Eisteufel hat Folgendes geschrieben:
Unverständliches nuschelnd, sich schrecklich unwohl fühlend,sucht er verzweifelt in seinem Jackett nach einem Taschentuch, nur um festzustellen, keine eingesteckt zu haben.
„Ach, vergessen Sie es. Ist nicht so schlimm“, sagt sie nur und zwängt sich an ihm vorbei den Gang entlang, als auch schon wieder die Türen schließen und sich die Bahn schwerfällig in Bewegung setzt.
Sich schrecklich hilflos fühlend, starrt er sie nur tonlos an, das graue Mädchen mit all den Aktenordnern.
Sie bemerkt seine Blicke.
„Na ja, dann steige ich eben die nächste Haltestelle aus“, seufzt sie hilflos die Schultern ruckend ein so bemitleidenswertes Seufzen, dass es ihm die Schamesröte ins Gesicht treibt. Beinah reflexartig nimmt er ihr die Aktenordner wieder ab.


Siehe oben. besonders der Teil "seufzt sie hilflos die Schultern ruckend ein so bemitleidenswertes Seufzen". Du könntest schreiben: Sie bemerkt seine Blicke und zuckt mit den Schultern. "Naja, dann steige ich eben die nächste Haltestelle aus." Ein tiefes Seufzen, das ihm die Schamesröte ins Gesicht treibt, straft die scheinbare Gleichgültigkeit Lügen.

Eisteufel hat Folgendes geschrieben:
„Ich muss sowieso an dieser Haltestelle aussteigen“, lügt er, nicht wissend, warum er lügt. „Ich begleite Sie eben zurück bis zu Ihrer Haltestelle.“
Erneut ein kurzes Nicken. Sie steigen aus.
Es ist nicht weit zu gehen, die Haltestellen kommen immer recht kurz hintereinander. Dennoch fühlt er sich besser der Frau zu helfen.
Mit etwas Glück könnte er auch noch rechtzeitig zur Arbeit kommen.
Vor einem vierstöckigen Betonblock, einer Versicherungsfirma, kommen sie schlussendlich zum Stehen. Sie dreht sich schlagartig zu ihm um, lächelt ein Dankeschön.


Erneut ein kurzes Nicken? Hat sie eben schon genickt?
Mit etwas Glück schafft er es auch noch rechtzeitig zur Arbeit. Würde auf den Konjunktiv verzichten.
Und lass sie lieber dankbar lächeln.

Eisteufel hat Folgendes geschrieben:
Sie ist wirklich jung, denkt er, während er ihr zum ersten Mal genauer ins Gesicht blickt. Die Farbe macht sie nur wesentlich älter.
„Dankeschön“, lächelt sie es nun nicht mehr, sondern sagt es, während sie ihm die Ordner aus den Händen nimmt.
„Wäre aber nicht nötig gewesen, doch-“
„Ich bezahle die Reinigung!“, platzt es unkontrolliert aus ihm heraus und er könnte sich im nächsten Augenblick für diese Bemerkung schlagen, als er ihren erschrockenen Gesichtsausdruck bemerkt. Das Perplexe verlässt jedoch alsbald ihr Gesicht, macht erneut einem Lächeln Platz.
„Nein, nein. Aber Sie können mich mal zum Kaffee einladen, ich fahr ja oft mit Ihnen in der Straßenbahn.“
Und schon wendet sie sich ab, schwer beladen huscht sie davon.
Er bleibt ungläubig stehen. Sie war ihm doch tatsächlich noch nie aufgefallen.
Und ja, vielleicht sollte er sich wirklich mit ihr treffen und sie auf einen Kaffee einladen, denkt er und blickt gen Himmel.
Was hatte er eigentlich je erwartet? In einer Stadt wie dieser, einer Stadt so grau in grau?
Noch einmal wendet er den Blick, sieht dem wippenden, grauen Rocksaum hinterher.
Ein Kostüm in den Farben Beton- und Zementgrau.
Er zündet sich eine Zigarette an.
„Du bist keine Schönheit, vor Arbeit ganz grau.“
Vielleicht ist Grau doch gar keine so schreckliche Farbe.
Er lächelt.


Das Grönemeyer-Zitat am Schluss noch einmal aufzugreifen, finde ich gut. Auch wenn es in dem Moment, wenn er dem Mädchen hinterguckt, nicht wirklich als Kompliment geeignet ist, trägt ja auch der Grönemeyer-Song so viel Zuneigung in sich, dass es mir an der Stelle dann doch wieder gut gefällt. Vom Gefühl her fehlt mir am Schluss aber eine neue Farbe, die zeigt, dass diese Begegnung möglicherweise etwas aufbricht. Sofern das von dir gewollt ist. Das kann ein Halstuch sein, das die Frau trägt. Der Verlauf der Begegnung und auch ihr Ende passt zu der Stimmung der Geschichte. Sie ist leise, aber dennoch schön. Die im letzten Abschnitt markierten Sätze würde ich auf jeden Fall noch einmal überarbeiten.

Verdammt, dieses Forum ist teuflisch! Jetzt wollte ich an meinem eigenen Kram schreiben und bin hängen geblieben.

Jedenfalls... das Obige spiegelt meine persönliche Meinung wieder. Hoffe, sie hilft dir weiter. Die Geschichte habe ich gerne gelesen. Stimmung und Substanz passen für mich.

Viele Grüße
Silke
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Beitrag04.03.2019 15:45

von muetzchen
Antworten mit Zitat

Woran man wieder sieht, wie unterschiedlich Geschmäcker sein können... also ich finde ja, die Partizip-Konstruktionen, vielen Adjektive und Wortdinger geben diesem Text sein besonderes Gepräge und seinen Charme. Silkes Vorschlag liest sich natürlich flüssiger,  dafür ist der Text an sich (also das inhaltslose sich an Formulierungen erfreuen wink ) dann nicht mehr so interessant. Du hast da so einen speziellen Stil, an dem würde ich nur vorsichtig basteln.
LG München
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Das goldene Schiff Der goldene Eisbecher mit Sahne


Beitrag04.03.2019 16:11

von silke-k-weiler
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muetzchen hat Folgendes geschrieben:
Silkes Vorschlag liest sich natürlich flüssiger,  dafür ist der Text an sich (also das inhaltslose sich an Formulierungen erfreuen wink ) dann nicht mehr so interessant. Du hast da so einen speziellen Stil, an dem würde ich nur vorsichtig basteln.
LG München


Da hast du auch recht. Beim ersten Lesen fand ich die Partizip-Konstruktionen interessant, beim zweiten und dritten Lesen fingen sie aber zunehmend an, mich zu stören. Aber wie du schreibst, die Geschmäcker sind verschieden. Wenn es ein gewollter Stil ist, kann ich mich sogar damit anfreunden. Wenn es nicht beabsichtigt war, was ich hier aber nicht glaube, eher nicht. Dennoch bleibt für mich die Frage, ob sie so inflationär eingesetzt werden müssen, denn ein individueller Stil wirkt meiner Ansicht nach dosiert auf den Punkt, um einen Akzent zu setzen.

Nichtsdestotrotz hat mich die Geschichte als Leser berührt. Und das ist das Wichtigste.

VG
Silke

PS: Jo ... "Wortdinger" klang vielleicht etwas despektierlich. Mir ist auf die Schnelle nix anders eingefallen. Und wenn dann noch meine flapsige Art mit mir durchgeht... Wie wäre es mit adverbialem Lindwurm? Laughing  (Nur Spaß!)
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Eisteufel
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Beitrag04.03.2019 17:05

von Eisteufel
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Hallo Calvin Tower, muetzchen und Silke,

grade an Calvin Tower und Silke erst einmal ganz großes Dankeschön, dass ihr euch die große Mühe gemacht und Zeit genommen habt, den Text so genau durchzugehen. Wie ich hier einhellig lese, sind die Partizipkonstruktionen bzw. meine adveribalen Lindwürmer (das find ich klasse lol2) ein Diskussionspunkt. Ich muss sagen, dass ich definitiv einen Hang zu diesen Konstruktionen habe und sie auch gerne und – wie man eben auch sieht – manchmal ein wenig zu häufig einsetze. Ich glaube, ich werde mich da auf einen Mittelweg einschießen müssen, grade wo Calvin Tower mir sämtliche Partizipkonstruktionen mal grün eingefärbt hat und man es so schön en masse sieht. Sie wurden aber allesamt bewusst gesetzt, also es ist kein Unfall, dass sie da sind… Embarassed immerhin das kann ich mit Fug und Recht behaupten. Ich würde die Lindwürmer schon als Teil meines persönlichen Stils bezeichnen, wobei es in dieser Geschichte wirklich gehäuft vorkommt, z.T. dem Umstand geschuldet, dass ich den Protagonisten in der Stadt vielen Dinge gleichzeitig „ausgesetzt“ oder damit konfrontiert sehen wollte. Ich werde die Tage mal einen zweiten Einstadtstext, ebenfalls eine Kurzgeschichte, einstellen, in der es ruhiger zugeht, und in der – m.E. nach die Würmchen auch wesentlich rarer gesäht, wenn auch nicht ganz verschwunden sind. Ich muss gestehen, dass der Text schon ein wenig älter ist und sogar ein Lektorat durchlaufen hat aber ich werde weiter an ihm basteln und viele Vorschläge versuchen umzusetzen. 😊
Meine Lindwürmer haben mir auch schon mal einen kompletten Textverriss eingefangen, daher versuche ich sie in neueren Texten generell ein wenig mehr im Zaum zu halten, aber so ganz mag ich mich nicht von ihnen trennen. So… ich gehe dann auch mal meine Lindwürmer wieder einfangen 😉 Ich danke euch nochmals vielmals fürs Lesen und die Rückmeldungen und es ist schön zu lesen, dass die Geschichte berührt hat. Oh und bevor ichs vergesse: @ Silke, ja das ist ein etwas älteres Bochum in der Geschichte. Das Bochum in meinem Kopf ist Mitte der 90er stehengeblieben. Mein Vater kommt aus Bochum und ich war als Kind viel bei meiner Oma und das ist so das Bochum, woran ich mich primär erinnere, auch wenn ich natürlich auch heute öfters dort bin.

Viele liebe Grüße, Eisteufel


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Kiara
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Beitrag04.03.2019 17:17

von Kiara
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Danke für den Text.
Die Vorschläge, die gemacht wurden, haben sicherlich ihre Berechtigung. Gleichzeitig finde ich es wichtig, dass nicht alle einen Einheitsbrei schreiben.

Klar, ein Mittelweg ist gut.
Besser für den Mainstream.

In deinem Fall wäre mMn durchaus auch der direkte Weg möglich.
Nämlich, deinen Stil durchzuziehen. Der sticht heraus.

Doch hau mich nicht, wenn's schiefgeht...als Lektor würde ich dir wohl raten, den Vorschlägen in manchen Fällen nachzugeben. Als Autor hingegen.... smile
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Eisteufel
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Beitrag04.03.2019 18:30

von Eisteufel
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@ Kiara: keine Sorge, ich hau dich nicht Smile Naja, zumindest sticht er Leuten ins Auge, das stimmt. Calvin Tower schrieb ja auch, er sei ganz gefangen gewesen von meinem Stil... wobei ich fürchte, dass das nicht positiv gemeint war angel

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firstoffertio
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Beitrag04.03.2019 22:18

von firstoffertio
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Ich mag den Text, inklusive der Partizipkonstruktionen.
Vielleicht, weil sie mir aus dem Englischen vertraut sind, vielleicht, weil sie Wörter einsparen.

Nur hier stolperte ich:

Zitat:
Sich beim Bäcker gegenüber einen Kaffee kaufend – ihm strahlt das grelle Gelb der Arbeitskleidung penetrant entgegen – huscht er weiter zur Straßenbahnhaltestelle.



Das passt zeit-log-isch nicht recht. Wie beides gleichzeitig passieren kann, weiß ich nicht, zumal er zur Straßenbahn huscht.
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Eisteufel
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

Alter: 36
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Beitrag04.03.2019 22:44

von Eisteufel
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo firstoffertio, danke dir für deinen Kommentar. Du hast Recht, an der Stelle passt es zeitlich wirklich nicht, außer er würde im Vorbeirennen der Verkäuferin den Kaffeebecher aus der Hand reißen, ihr das Geld entgegenwerfen und zeitgleich in die Bahn springen Shocked  wobei... sportliche Menschen können das vielleicht sogar Wink  
Ich bin ja auch Anglistin und lese und schreibe dementsprechend viel auf Englisch, vielleicht kommt mein Tschick wirklich daher... wobei ich das jetzt nicht mit Gewissheit sagen kann. Aber Englisch hat da definitiv einen stärkeren Hang zu, als das Deutsche.

Liebe Grüße, Eisteufel


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