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Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Zehntausend 01/2019
Tonwertkorrektur

 
 
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d.frank
Geschlecht:weiblichReißwolf
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D
Beitrag01.01.2019 20:00
Tonwertkorrektur
von d.frank
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Tonwertkorrektur

Konzentrat - Lösung mit höherem Sättigungsgrad.
Mehr Sättigung gleich mehr Kraft?
Irgendwo am Rande des Bildes entschwindet ein satt roter Ballon vor einem pastellblauen Horizont. Sättigungsgrade gelten als Indikator. Ein ganzes Leben im schnellen Vorlauf: pausieren, zurückspulen, Momente in Standaufnahmen. Die Farben werden dann fahl. Das hat mit der Entladung zu tun, sagt Ischnie und springt auf 12,21. Will man die Ausgangswerte festhalten, um sie später mit den Datenbanken abzugleichen, muss man sofort einen Shot ziehen. Bei Ischnie alles auf klug. Ich mag es nicht, wie sie sachlich bleibt, wenn vor unseren Augen die Essenzen des Lebens ablaufen. 340 erste Male: vollkommen überbewertet, Zimmerdecken in tristem Grau, 820 Sonnenuntergänge, orange, lila rot und mit grauen Ausläufern, kaum mehr als halbe Sekunden, die am Ende besser auf Fotos wirken. Was zählt sind Gesichter, in den meisten Fällen.
Gesichter, die sich am Zahn der Zeit abreiben und deren Sättigungsgrad manchmal braucht, bis er sich vollständig gesättigt hat. Ischnie macht Low Carb. Zwischen zwei Löffeln Zucchini Creme Suppe, deren helles Grün schon jetzt wieder verfliegt, geht sie auf Farbe. "Der zweite Tod", sagt Ischnie, hält inne und zieht einen Shot. Mehrere Ordner voll satt schwarzer Trauerkleidung, schneeweißer Zimmerwände und klar begrenzter Gesichtskonturen, in deren Mitte sich alles trennt. Posterisation, immer dann, wenn es zu schmerzhaft wird. Mit speziellen Korrekturen machen wir Details wieder sichtbar, wenn das Bild unter zu viel Sättigung an Tonwerten verliert.
"Ich wette auf drei und eine Geburt." Ob Ischnie mein Augenrollen jetzt ablegt? Irgendwann vergisst man die Namen. Die Kindheit ist lang, wenn man sie in Farben misst. Satt rote Ballons, ein Kleid mit Volant, ein Bruder, der schon erwachsen und dann rasend schnell immer weniger wird. Tod Nummer eins, noch vor dem Erwartbaren und so gesättigt, dass es wehtut. Nicht so lange dran aufhalten, weil die Werte, ein mal aus den Sinneszellen gelöst, sich abschwächen, je länger man sie bearbeitet. Bitte nur speichern, was brauchbar ist.
Tod Nummer zwei und keine Geburt, stattdessen ein Unfall. Körper, die gesichtslos bleiben und das grell zuckende Blaulicht einer Straßensperre, gefolgt von endlosem Grau, um Jahre vorgespult. Ischnie wirkt fast gelangweilt, wie sie auf zweiten Frühling zoomt - endlich Ressourcen, bevor noch ein dritter Tod seinen geschätzten Einzug halten wird.
Ich ginge gern auf Kindheit zurück. Es fühlt sich dann an, als müsste nie etwas aufbrechen, selbst, wenn sich das feurige Rot einer Ohrfeige auf einer erhitzten Wange im Spiegel zeigt. Ein Hund zwar nicht stirbt, aber nie wieder auftaucht, sich ein vertrautes Gesicht aus dem Auto beugt und ein dicker Zopf Weizen satten Haares im Wind gegen den metallic blauen Rahmen schlägt.
Seltsamerweise immer Verlust. Verlust in den schillerndsten Farben, ein sprichwörtliches Paradoxon, die Momente zwischen Freude und Leid, wenn etwas ist, nur damit es werden kann und am Ende davon fliegt wie ein Ballon, dessen Leine man nicht mehr zu fassen bekommt.
Yorinde hat keine Jugend gehabt. An Yorindes Unterseite bilden sich Purpurfarben. Alles, was hinter Scheiben ist, kommt einem nicht zu Nahe. Yorindes erster Kuss: den silbernen Putz einer Wand im Rücken. Ihr erstes Mal: auf staubigen Dielen im Dämmerlicht. Ihre erste  Erkenntnis, als ihr Bruder den Starken im Schwachen mimt. Yorinde bricht sich das Bein, als sie, in graue Schleier gehüllt, von einer mannshohen Mauer springt. Yorinde verschluckt sich an Rauch, als sie, von falschem Mut beseelt, eine Kanumapfeife an die Lippen setzt. Eine Reihe an gängigen Betäubungsmitteln, die die Sättigung gleichwohl herunter drehen und bis zu dem Punkt heranreichen, an dem das blaue Licht mit den Schwellwerten bricht. Referenzpunkte, Graustufen, schreiende Farben.
Menschen wie Yorinde leben auf der falschen Seite. Sie enden als blassblaue Körper, die man noch zu Lebzeiten in fremde Hände übergibt. Nichts weiter als eine Signatur, aus Verzweiflung oder Gleichgültigkeit auf einen Bildschirm gedrückt. Alle Rechte abgetreten. Wen soll es kümmern? Yorindes zweiter Frühling endet noch vor dem ersten Sonnenaufgang.
Ein Mensch, der vom Verlust erzogen wurde, kann einen Zuwachs manchmal nicht ertragen. Ich hätte mir eine Geburt gewünscht, selbst, wenn Ischnie damit gewonnen hätte. Die Identifizierung mit der Trägerfigur untergräbt die Objektivität der Arbeit. Alles gar keine Wissenschaft - wir leben und lieben und in unseren Hirnen speichert sich Erinnerung in Licht und Farbe. Wenn die Sauerstoffsättigung die Funktion unserer Körper aufrechterhält, sind die Farben, was uns symptomatisch macht. Ein ganzes Leben im Zeitraffer. Yorinde ist keine 50 geworden, vom Langlebigkeitsrisiko war sie nie betroffen. Ihre Schönheit steht irgendwann nur noch als Echo in ihren horizontblauen Augen, Spiegelblick, erkenntnisgesättigt und abgewandt, als hätte man sich endlich verstanden. Ein Leben lässt sich nicht nachträglich aufwickeln wie eine Rolle abgesprungenem Garnes. Stationen wie Sättigungsgrade, aus den Schatten einer Existenz gesehen, die nackt und gekühlt auf Karbon Faser liegt. Mensch und Material, ich wünsche mir manchmal, wir könnten mehr tun, als vorhandenen Tonwerten nachzuspüren und ihre Stufen zu korrigieren, damit man das Ausmaß erkennen kann.
Die Entdeckung der Sexualität. Mit 45 Jahren hat Yorinde, was man einen Orgasmus nennt. Vor ihren Augen zerplatzen Farben wie Feuerwerk. 45 Jahre gestundeter Zeit finden ihren Höhepunkt im Einklang mit dem, was man stets und zu oft vergeblich in seinem Gegenüber sucht, weil man es selbst schon verloren geglaubt hat. Mir kommen die Tränen. Emotionale Porosität ist kitschig und ein Grund zur vorzeitigen Kündigung. Ischnie tut unbeteiligt, aber ins Grün ihrer Lowcarbsuppe rühren sich Strudel einer Übersprunghandlung. Shot ziehen und Tonwertmessung. Ein nicht alltäglicher Fund. Ich weiß, was Ischnie jetzt denkt, wir beide fürchten den dritten Tod. Wenn du ein Leben vor dir siehst, wünschst du dir manchmal, es anzuhalten, den Moment im Ursprung bewahren zu können, ohne dass er an Farbe verliert, unhaltbare Gegenwart, 48 Jahre auf eine einzige Minute Glück reduziert. Es hat nicht sollen sein. Die abschließenden Tonwerte legen sich stets wie ein Schleier auf schon vorhandenes Material. Yorinde ist nur noch ein Körper, der seinen letzten Inhalt aushaucht. Künstlich konservierte Hirnaktivität, aus dem Hippocampus abgerufen und analog übersetzt, korrigiert und gespeichert in unzähligen Galerien. Von empirisch erbrachten Beweisen kann man erst sprechen, wenn die Ergebnisse reproduzierbar sind.
Konversation - nur um der Unterhaltung willen.
Unterhaltung - Synonym für Konservierung.
Ein Konzentrat ist zumeist eine Lösung mit vergleichbar höherem Sättigungsgrad. Ischnie erspart uns die Posterisation im Zuge des letzten Todes. Einen Klick für den Verbrennungsofen, einen für den Datensatz. Das Leben ist manchmal nicht mehr, als die Prämisse einer Erzählung. Yorinde Habersaat, tippt Ischnie in das Feld für die Klassifizierung. Die Software rechnet. Gesamtsättigungssgrad weit unter Durchschnitt, Tonwerte vergleichsweise unausgeglichen, 0,7 % ergänzende Korrekturen, diesen Moment des Feuerwerks, den lässt Ischnie mit traurigem Lächeln und für immer in den Äther fliegen.

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lebefroh
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Beitrag11.01.2019 22:58

von lebefroh
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Auch wenn ich nicht ganz begriffen habe, was die da machen: Das ist toll. Gefällt mir gut. Einfallsreich, ergreifend-melancholisch, farbengesättigt Smile

Was mir nicht so gut gefällt, ist dass die "unhaltebare Gegenwart" und die "gestundete Zeit" direkt vorkommt. Das wirkt auf mich konstruiert und wäre gar nicht nötig gewesen.

Trotzdem mein Favorit.
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firstoffertio
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Beitrag12.01.2019 01:16

von firstoffertio
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Das erscheint mir wie Science Fiction, aber ich mag mich irren.
Auf jeden Fall komme ich da nicht rein, in den Text.
Weiß nicht mal, ob ich ihn der Minuten, oder der Langzeitversion zurechnen soll.
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Eredor
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Traumtagebuch
Beitrag12.01.2019 20:37

von Eredor
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Ich mag die Idee des Textes, weil ich ursprünglich etwas ganz ähnliches schreiben wollte. Zum Glück habe ich es nicht getan, du kannst das besser als ich. Ich mag auch die Fragestellung, die der Text aufwirft: Die Objektivierung von Glück als Paradoxon.

Gleichwohl gibt es sehr viel, was ich nicht mag. So zum Beispiel das Wort Sättigung. Wenn ich das heute noch irgendwo lesen muss, werde ich etwas zerstören. Evil or Very Mad Du verwendest es viel zu oft, und naja - Man kann zwar mit einem Hammer wie wild auf eine Schraube draufkloppen, aber dadurch geht sie auch nicht rein. Besser hätte ich gefunden, wenn du die Sättigung nicht nur erwähnt, sondern auch verarbeitet hättest. Was du zum Teil hast:

Zitat:
Yorinde hat keine Jugend gehabt. An Yorindes Unterseite bilden sich Purpurfarben. Alles, was hinter Scheiben ist, kommt einem nicht zu Nahe. Yorindes erster Kuss: den silbernen Putz einer Wand im Rücken. Ihr erstes Mal: auf staubigen Dielen im Dämmerlicht. Ihre erste  Erkenntnis, als ihr Bruder den Starken im Schwachen mimt. Yorinde bricht sich das Bein, als sie, in graue Schleier gehüllt, von einer mannshohen Mauer springt. Yorinde verschluckt sich an Rauch, als sie, von falschem Mut beseelt, eine Kanumapfeife an die Lippen setzt.


Leider sind aber auch viele extrem ungelenke bzw. trying-too-hard-Passagen mit dabei. Beispiele:

Zitat:
Gesichter, die sich am Zahn der Zeit abreiben und deren Sättigungsgrad manchmal braucht, bis er sich vollständig gesättigt hat
[...]
45 Jahre gestundeter Zeit
[...]
unhaltbare Gegenwart, 48 Jahre auf eine einzige Minute Glück reduziert


Igittigitt, das Thema und das Motto in den Text hereinzuschreiben, das ist in etwa so, als würde Frodo aus "Herr der Ringe" irgendwann mal sagen: "Weiche, Nazgul! Ich bin der Herr der Ringe." Das braucht der Text gar nicht.

Das also und meine Einschätzung, dass der Text sich an der Metapher "Sättigung" totläuft, ohne mehr davon abzubilden, von dort aus weiterzudenken, wird einige Abstriche geben. Aber lass dich nicht beirren, ich finde den Text immer noch gelungen. Ich jammere auf höchstem Niveau.


_________________
"vielleicht ist der mensch das was man in den/ ersten sekunden in ihm sieht/ die umwege könnte man sich sparen/ auch bei sich selbst"
- Lütfiye Güzel
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UtherPendragon
Eselsohr
U


Beiträge: 402



U
Beitrag13.01.2019 02:09

von UtherPendragon
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Schlicht und ergreifend großartig.

Ich finde, die Nennung der 48 Jahre hätte es nicht gebraucht.

Egal.

Bin vollkommen beeindruckt.


_________________
Dies ist ein Text, der an jeden Deiner Beiträge angehangen werden kann. Es besteht ein Limit von 400 Buchstaben.
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Literättin
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Beitrag13.01.2019 09:33

von Literättin
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Zwei sitzen da, lesen Gedächtnisspeicher verstorbener Menschen aus und entscheiden, was, wo abgelegt, welches Leben wert ist, virtuell erhalten zu bleiben und welches endgültig gelöscht wird? So viel entschlüssle ich beim zweiten lesen. Farben spielen eine Rolle, bzw. deren Sättigungsgrad in der virtuell gespeicherten Erinnerung der Verstorbenen, die der endgültige Tod ereilt – der auch virtuelle Löschvorgang – wenn das Leben zu farblos war, wenn es kein „sattes“ Leben war. Eine SciFi-Szenerie in der das Leben zweier recht profan daherkommender Menschen (statt von einem Gott) gewogen und für wert oder unwert befunden wird, also nicht erst „im Himmel“, sondern bereits „auf Erden“ von „unsereinem“, den Gleichen, denen auf derselben Stufe wie die, die da beurteilt und sortiert und gelöscht werden. Ich kann mich irren, denn die Betonung der Sättigung, des Verblassens, der Posteridingsda strengt mich beim Lesen an, denn ich verstehe zwar grundsätzlich, wovon da die Rede ist, aber doch zu wenig von jenen „virtuellen Farbspaltereien“. Was spannend klingt, und cool, ist die Sache mit dem Shot ziehen: werden hier Schnappschüsse von laufenden Leben angelegt? Dann würden nicht Gedächtnisspeicher ausgelesen und bewertet, sondern auch aktuelle Leben? So ganz erschließt sich das nicht. Jedenfalls überlegt auch der namenlose Protagonist, ob sein Augenrollen von Ischnie abgelegt wird.

So ganz ist die Vorgabe: erzähle ein komplettes Leben nicht erfüllt, denn mir bleiben nur wenige Dinge von Yorinde haften, während es vornehmlich um die Zwei "Kontrolleure" bzw. "Verwalter" an der EDV geht: der Orgasmus mit 45 und der frühe Tod. Möglich, dass die Unterhaltung weiter oben sich auch auf Yorinde bezieht, aber ich sehe kein Leben vor meinem inneren Auge ablaufen. Eher Fragmente von diversen Leben (oder Toten). Was ich nach konzentriertem Drittlesen korrigieren muss: es geht hier doch recht viel um Yorinde, wenn auch nicht hauptsächlich.

Dennoch: hat was. Im Großen und Ganzen. Auch wenn ich Phrasen wie „vollkommen überbewertet“ und „es hat nicht sollen sein“ und andererseits Sätze wie diesen:
Zitat:
Das Leben ist manchmal nicht mehr, als die Prämisse einer Erzählung.
, die mir zu „aufgeblasen“ sind und mir wenig sagen, nicht mag. Zumal in dieser Geschichte. Und wenn ich nicht letztlich verstehe, was da wirklich geschieht, denn irgendetwas wird da immer mal wieder auch korrigiert, in dieser seltsamen „Überwachungsstation“. Und irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich irgendetwas übersehen habe, was mir bei den von mir so empfundenen schlauen aber leeren Sätzen zu einem Mehrwert im Verstehen hätte verhelfen können.

In diesem Sinne:
Zitat:
Wenn die Sauerstoffsättigung die Funktion unserer Körper aufrechterhält, sind die Farben, was uns symptomatisch macht.


Die Kriterien: E – schon. Die (un)haltbare Gegenwart – klingt an in dieser Art vor- und zurückspulen, anhalten, Standbild, der Beurteilung des Ganzen, dem längst vorbei sein und nur virtuell festgehalten sein. Die gestundete Zeit am Horizont - ich spüre sie auch zwischen den Zeilen nicht auf.


_________________
when I cannot sing my heart
I can only speak my mind
- John Lennon -

Christ wird nicht derjenige, der meint, dass "es Gott gibt", sondern derjenige, der begonnen hat zu glauben, dass Gott die Liebe ist.
- Tomás Halík -

Im günstigsten Fall führt literarisches Schreiben und lesen zu Erkenntnis.
- Marlene Streeruwitz - (Danke Rübenach für diesen Tipp.)
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d.frank
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Alter: 44
Beiträge: 1122
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Beitrag13.01.2019 15:32

von d.frank
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Hallo Text, bei dir klafft so einiges. Und SF ist keine ernste Literatur, ja! Schon mal gleich im Ansatz gescheitert. Ausgerechnet im Zehntausender versucht sich die, die immer Gegenwart schreibt an Science Fiction und bricht mit allem, was die Naturwissenschaften so aufgestellt haben an Regeln und theoretischen Verbindlichkeiten. Zu viel Black Mirror geguckt, oder was?
Spätestens wenn VKB hier auftaucht, wirst du endgültig nackt gemacht.
Ischnie - der Name ist dann wohl Programm, würd ich sagen Rolling Eyes


_________________
Die Wahrheit ist keine Hure, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst wer ihr alles opfert noch nicht ihrer Gunst gewiß sein darf.
*Arthur Schopenhauer
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V.K.B.
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Das goldene Rampenlicht Das silberne Boot
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Beitrag14.01.2019 05:28

von V.K.B.
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Hallo Inko,

Erstmal vorweg, für mich ist SciFi kein Genre, sondern schlichtweg eine Zeit, die noch nicht gewesen ist. Von daher sehe ich kein Problem, hier mit Zukünftigem zu tun zu haben. E bleibt auch in der fiktionalen Zukunft E, und das ist E, keine Frage. Ist ja nicht Star Wars.

Ich hab die Geschichte mehrfach gelesen und bei jedem Mal offenbart sie mehr, gefällt mir sehr gut. Ich denke an die Körperwelten, der Mensch als Ausstellungsstück, nur dass es hier die konservierten Lebenssituationen sind. Seelenwelten, bald auch in Ihrer Ausstellungshalle. Oder gar im Æther jederzeit und überall verfügbar. Das Leben der Anderen wird greifbarer denn je, und davon die Abgrenzung zum eigenen Selbst. Wie schön man sich doch fühlen kann, wenn man sieht, wie es anderen im Leben ergangen ist? Ich kann über gesellschaftliche Implikationen in der Text_Welt nur mutmaßen.

Brillant, gefällt mir sehr. Hoffentlich bei den Punkten dabei. Aber das ist erst die dritte gelesene Geschichte, kann ich von daher noch nicht sagen.

Aber auf jeden Fall sehr gerne gelesen. Vorgaben sehe ich alle umgesetzt, auch wenn du auf die explizite Nennung von ein paar Schlüsselbegriffen durchaus hättest verzichten können. Aber ich verstehe das, lieber auf Nummer sicher gehen. Ist ja sonst vielleicht nicht für jeden verständlich.

beste Grüße,
Veith


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Hang the cosmic muse!

Oh changelings, thou art so very wrong. T’is not banality that brings us downe. It's fantasy that kills …
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Municat
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 56
Beiträge: 353
Wohnort: Zwischen München und Ingolstadt


Beitrag14.01.2019 16:45

von Municat
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Moin Inko smile

Das Datenbank-Programm Ischnie (bestimmt kannst Du mir sagen, wofür dieser Name steht ... ich bin neugierig drauf) bewertet ein komplettes Leben und weist anhand des Sättigungsgrades der gewonnenen Essenz aus, wie wertvoll oder intensiv das Menschenleben war? Hölle, was für eine Vorstellung!
Zitat:
Künstlich konservierte Hirnaktivität, aus dem Hippocampus abgerufen und analog übersetzt, korrigiert und gespeichert in unzähligen Galerien.
Vor dem PC sitzt ein Mensch, der sich zu den Daten so seine eigenen, menschlich emotionalen Gedanken macht und gegen die Katalogisierung des Systems rebelliert. Schreitet er ein und korrigiert die kalten Daten, oder wünscht er sich nur, dies zu können?

Der Mensch und die Maschine scheinen zu wetten, wie sich die Essenz aus der Person, die gerade katalogisiert wird, entwickelt - reduziert auf Tode und Geburten. Der Mensch macht sich dabei durchaus emotionale Gedanken, die Maschine bleibt sachlich. Beide eint jedoch eine Eigenschaft, die ich persönlich sehr schade finde, die aber in der Gesellschaft sehr verbreitet ist: Negative Aspekte eines Lebens bleiben wesentlich deutlicher in Erinnerung als positive. Schade eigentlich.

An den beiden Stellen, wo es dann um die Low-Carb-Suppe geht, frage ich mich, ob ich mit meiner Interpretation daneben liege. Ischnie wirkt hier wie ein Mensch. Aber ich glaube, der Mensch vor der Maschine gibt dem Programm einfach ein Gesicht, weil er es nicht erträgt, mit einer Maschine auf dieser Weise zu kommunizieren. Aber hier könnte ich auch gewaltig auf dem Holzweg liegen.

Das Thema sehe ich eindeutig, die geraffte Umsetzung auch. Anspruch in der Darstellung auf jeden Fall.

Punkte vergebe ich erst, wenn ich alle Beiträge bewertet habe.

EdiTier
8 Punkte


_________________
Gräme dich nicht, weil der Rosenbusch Dornen hat, sondern freue dich, weil der Dornbusch Rosen trägt smile
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hobbes
Geschlecht:weiblichTretbootliteratin & Verkaufsgenie

Moderatorin

Beiträge: 4290

Das goldene Aufbruchstück Das goldene Gleis
Der silberne Scheinwerfer Ei 4
Podcast-Sonderpreis


Beitrag15.01.2019 11:20

von hobbes
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Oh weh, Text. Leicht machst du es mir nicht. Sperrig bist du. Ich mag deine Erzählsprache nicht so gern (ich hoffe, ich finde noch die Zeit, das genauer zu erklären). Dein Thema spricht mich nicht an. Genaugenommen verstehe ich das Thema, den Inhalt bisher noch nicht mal, aber das, was ich verstehe, ist, dass es hier unter anderem um Bildbearbeitung geht und nun, Bildbearbeitung. Da will ich schreiend davonlaufen. Aber so geht das hier ja nicht, daher google ich als einen Anfang Posterisation und hm, vielleicht ist das ja doch viel spannender als ich dachte, aber andererseits ist es nun mal eine ziemlich theoretische Sache und die theoretischen Sachen, die gehen leider auch nicht so an mich, von daher wirst du es weiterhin schwer haben, mich als Leserin zu gewinnen.
Aber ich probier das noch mal, doch, doch.

Erzählsprache, ein Beispiel:
Zitat:
Bei Ischnie alles auf klug.

Oh, das ist so ein Internetsprech. Wie: Gefällt mir. Nicht.
Vielleicht soll es auch cooler-Typ-Sprache oder Jugendsprache sein. Oder ganz was anderes. Gefällt mir dann aber auch nicht besser.

Oder hier:
Zitat:
Gesichter, die sich am Zahn der Zeit abreiben und deren Sättigungsgrad manchmal braucht, bis er sich vollständig gesättigt hat. Ischnie macht Low Carb.

Wie kommt es von einem zum anderen? Tatsächlich wegen gesättig hat - Sättigung - Essen - Low Carb? Na, ich weiß nicht. Oder hat das eine gar nichts mit dem anderen zu tun? Dann würde ich da aber einen Absatz machen.

Aber - ich bin selbst ein wenig erstaunt - du bekommst trotzdem vier Punkte von mir.
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Heidi
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 42
Beiträge: 1424
Wohnort: Hamburg
Der goldene Durchblick


Beitrag15.01.2019 22:14
Re: Tonwertkorrektur
von Heidi
Antworten mit Zitat

Hui, so viele Fachbegriffe, aber ich hab mich durchgeackert.
Was mich beeindruckt: Die Sache mit dem Orgasmus-Feuerwerk, finde ich im Zusammenhang mit all den Toden, die Yorinde in ihrem Leben erwarten doch recht passend als Bild.
Was mich weniger beeindruckt: Das Thema wurde im Text ausgeschrieben
Inwieweit das Motto mitschwingt, werde ich nach erneutem Lesen feststellen.

---

Und hier bin ich wieder.
Es handelt sich also um eine Zeitraffung, das ganze Leben einer Person. Erzählt wird von einem Ich-Erzähler, dann gibt es Ischnie und Yorinde. Und dazwischen ein beständiges Philosophieren um den Tod, um Menschen, die gestorben sind.
Die Raffung kommt mMn leider nicht raus, weil Ich (sollte dann ja sein Leben raffen) eher von sich ablenkt - hin zu Ischnie, hin zu Yorinde - anstatt mir sein Leben anschaulich darzustellen.
Das Thema betrachte ich als erfüllt, obwohl es bei anderen Geschichten deutlicher hervorsticht. Das Motto hingegen wird mMn nicht spürbar. Die Erwähnung des hellblauen Horizonts, dieses Bild mit dem Ballon davor, kann die Motivation der Figur nicht ersetzen. Dein Ich-Erzähler sollte davon motiviert sein. Das erlebe ich nicht.

Leider sind die Punkte alle alle.
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a.no-nym
Klammeraffe
A


Beiträge: 699



A
Beitrag16.01.2019 10:46

von a.no-nym
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Hallo Inko,
vielen Dank für diese Textkastanie! Das "erste Mal" war eine stachelige Begegnung  (farblich nahe an Zucchini-Suppe Wink ) - und ließ mich eher ratlos zurück, aber keineswegs gleichgültig. Meine erste Notiz war dann auch: "Nochmal lesen!"
Mit etwas Abstand und nach Bemühen der Suchmaschine (Tonwert, Posterisation,...) platzte das Stachelkleid auf - und gab einen ersten Blick auf das äußere Innere frei.
Bei jedem Lesen entdecke ich mehr, sehe Neues, Anderes - und komme sehr gern wieder.

Dass die unhaltbare Gegenwart und die gestundete Zeit im Text erwähnt werden, hat mich fast ein bisschen gestört. Möglicherweise wäre ich aber, ohne die Wettbewerbsvorgaben zu kennen, gar nicht daran hängengeblieben.

Für Text und Inko alles Gute!
Freundliche Grüße
a.

edit, nach dem xten Lesen: Wow - was für ein Text!

editedit, mal so nebenbei bemerkt... Ist Posterisation nicht eigentlich genau der Effekt, den man auf Michels Avatarbild sehen kann? Question

editeditedit: Möchte mich an dieser Stelle nochmals beschweren, dass es nicht möglich ist, die Höchstpunktzahl zweimal zu vergeben. Oder von mir aus zweimal 11 statt 10 und 12 Punkten. So ist es einfach immer nur unfair, egal wie ich es drehe und wende... Crying or Very sad Niemand sollte gezwungen werden, sich zwischen dem Herzen und dem Kopf entscheiden zu müssen... Menno.
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Tape Dispenser
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T


Beiträge: 272



T
Beitrag16.01.2019 23:57

von Tape Dispenser
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Ich bin lange um diesen Text herumgeschlichen, weil ich schon beim Überfliegen den Eindruck hatte: Hier kann jemand mit Sprache umgehen. Bei zweiten und dritten Lesen hat sich meine Vermutung bestätigt. Dieser Text sitzt sprachlich für mich fest im Sattel.

Unbefriedigt bin ich aber über das, was erzählt wird. Ein auktorialer Ich Erzähler. Es ist mir selbst mach mehrmaligem Lesen nicht ganz klar, was Ischnie und der Erzähler eigentlich machen. Zuerst dachte ich, es sind Fotolaboranten. Beim zweiten Mal, es sind Bestatter, die, bevor eine Feuerbestattung stattfindet, noch einmal aus irgendwelchen Gründen ein Foto von den Verblichenen machen. Dem entgegen stehen dann aber Bilder von irgendwelchen Hochzeiten und Sonnenuntergängen und "340 ersten Malen".
Also schied für mich die Netzhaut aus.

Das Thema allerdings find ich nur halb getroffen. Denn vom Leben von Yorinde erfahren wir zwar ein paar Eckdaten, der größte Teil aber nehmen die Gedanken des Ich Erzähler und die Überlegungen zur Tonwertkorrektur aus. Yorinde ist somit nur das Vehikel, dass diese anderen Überlegungen transportiert, aber eigentlich ist sie austauschbar. Dies führte zu einer Abwertung.


Am Schluss kommt der Verbrennungsofen und der Äther, was eigentlich eindeutig auf eine Feuerbestattung hinweist. Oder werden Fotos verbrannt? Ist es ein unzuverlässiger auktorialer Ich Erzähler? Ich habe keine Ahnung und bin gespannt auf die anderen Kommentare.
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MoL
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Beiträge: 1838
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Das bronzene Stundenglas


Beitrag21.01.2019 20:43

von MoL
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Ich tippe mal auf Veith, kann mich aber irren ...
Egal, lieber Inko, Deine Idee ist so perfide wie genial! Das gibt Punkte. Smile


_________________
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"Menschen und andere seltsame Wesen"
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Michel
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Das bronzene Bühnenlicht Das goldene Niemandsland
Der silberne Durchblick Der silberne Spiegel - Prosa
Silberne Neonzeit


Beitrag22.01.2019 16:59

von Michel
Antworten mit Zitat

Sehr E. Ein ganzes Leben aus der Sicht zweier Beobachter begleitet, mit Farb-Fachausdrücken, sehr distanziert, letzlich aufgelöst, als auch die erhobenen Daten gelöscht werden. Bleibt rätselhaft (also E), erschließt sich mir aber nur teilweise.
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Jenni
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Beiträge: 3310

Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag23.01.2019 01:04

von Jenni
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Ischnie und der Ich-Erzähler sind so eine Art Bestatter der Zukunft? Bevor sie den Leichnam verbrennen, sehen Sie sich die Erinnerungen des Verstorbenen im Schnelldurchlauf an, wetten darauf, was sie zu sehen bekommen, und klassifizieren die fremden Erfahrungen wissenschaftlich nach ihrer Farbigkeit und Sättigung. Alles Eindrücke und Gefühle reduziert zuletzt auf einen Datensatz, ein paar Zahlen, bevor das Leben gelöscht wird. Ziemlich surreale Idee und ambitionierte Erzählweise. Ich mag nicht, wie oft ich das lesen und wie sehr ich mich konzentrieren muss, um überhaupt einen Zusammenhang darin zu erkennen, und wo es jetzt letztlich in sich Sinn ergibt, da frage ich mich noch immer welchen. Das Leben ist kurz und alle Erfahrungen am Ende reduzierbar auf ein bunt (=glücklich?) oder unter Durchschnitt? Was will mir das sagen. Tonwertkorrektur: Ist es dafür nicht zu spät am Ende des Lebens?
Das Thema und die Vorgabe verstehe ich damit als auf recht originelle Weise umgesetzt, was das Motto anbelangt hatte ich nun zumindest die Erkenntnis, dass man es auch sehr anders verstehen kann, als ich es verstand. (Insofern: danke für die Erklärung deiner Deutung im Text.)
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Catalina
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Beiträge: 427
Wohnort: Kehdingen


Beitrag23.01.2019 06:51

von Catalina
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Ich denke lieber nicht drüber nach, wie man solche Werte aus den Sinneszellen löst... sehr, sehr gruselige Vorstellung. Aber genau deswegen wirkt der Text auch so stark auf mich.

Welche fremden Leute schauen sich da meine intimsten Momente an, während sie Zuccinisuppe essen? Ich fühle mich an Yorindes statt vergewaltigt.

Bei anderen Texten funktioniert das Raffen durch das Darstellen einzelner Szenen aus dem Leben für mich nicht - hier schon. Zwar beschränkst Du Dich auf wenige Momente, dafür aber auf alle die, die zählen, auf die Quintessenz - oder das Konzentrat.

Etwas stolpere ich über Yorindes Jugend. Sie hat keine gehabt? "An Yorindes Unterseite bilden sich Purpurfarben. Alles, was hinter Scheiben ist, kommt einem nicht zu Nahe." Das hatte ich so gelesen, als hätte sie ihre Jugend verdrängt, weil Schlimmes passiert ist. Das würde dann auch zum Rest des Textes passen. Aber dann kommen doch Eindrücke/Szenen, die eigentlich zur Jugend passen.

Jetzt aber hierzu: "Ein Mensch, der vom Verlust erzogen wurde, kann einen Zuwachs manchmal nicht ertragen." Das ist mein absoluter Lieblingssatz des gesamten Wettbewerbs. Und er wurde tatsächlich schon mehrmals von mir im Freundeskreis zitiert (die Freunde fanden ihn auch alle bewegend). Er passt auf so vieles, auch losgelöst vom Verlust geliebter Menschen, und ist so treffend. Wunderschön!

"Emotionale Porosität ist kitschig und ein Grund zur vorzeitigen Kündigung", gefällt mir auch gut.

Tolle Bilder/Metaphern. Routinierter Schreibstil, ganz wunderbare Sprache. Die Idee ist großartig, die Umsetzung der Vorgaben auch.

Hätte mich Yorindes tragisches Leben berühren können, hätte dieser Text eine Chance auf Platz eins gehabt. Konnte es leider nicht, dazu war es mir zu theoretisch (zu viel "tell"). Dafür berührte mich aber die kühle Zusammenfassung eines Lebens in sachliche Tonwerte, weshalb der Text dann doch zu meinen Favoriten zählt.

6 Punkte für Deinen Text
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nebenfluss
Geschlecht:männlichShow-don't-Tellefant


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Beitrag25.01.2019 17:02

von nebenfluss
Antworten mit Zitat

Hallo Inko,

unangenehm, so viel kann ich sagen.
Und sonst so?
Der Favorit bei einem Wettbewerb – den Effekt kenne ich jedenfalls bei mir – ist der, den man einfach sein lassen möchte, der nicht zerredet werden soll, selbst wenn man kleine Mängel entdeckt (die hier allerdings rein grammatischer Art sind).
Immer wieder seltsam, ausgerechnet dem 1. Platz so wenige Sätze zukommen zu lassen, aber in wortreichem Überschwang bin ich ungeübt. Vielleicht muss das so sein, in einem E-Wettbewerb, vielleicht stellt gerade das Unfassbare, Unbeschreibbare an der Faszination eines Textes die Auszeichnung dar.
Oder ich rede mich nur raus.
Bin gespannt, was andere dazu kommentiert haben.


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anderswolf
Geschlecht:männlichReißwolf


Beiträge: 1069



Beitrag25.01.2019 17:11

von anderswolf
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Hello, Suppe, my old friend, I've come to tonwertkorrigier to you again. Die Kraftbrühe eines gesamten Lebens, gemessen in Photoshop-Parametern. Leider keine Wundertüte textueller Sprachlichkeit, nur ein Grabbelsack, aus dem mal ein Juwel fällt, mal eine dieser superklebrigen Glibberhände aus dem Kaugummiautomaten, die am Anfang noch witzig sind, aber nach zwei Patschern gegen Wände und Boden schon so viele Fussel angenommen haben, dass man sich fragt: Himmel, wann habe ich hier denn das letzte Mal durchgewischt?
Das sollte auch dieser Text machen: Auswischen, editieren, rauswerfen, was überflüssig ist. Konzentrat eben. Denn da ist trotz aller Schönheit der sprachlichen Bilder leider auch so vieles, was ins Kitschige, ins Platte, teils auch einfach ins Unverständliche geht, dass es einem fast den Spaß an all dem Erfreulichen nimmt. Die Sprache verzaubert an ihren besten Stellen, leider haut sie den Lesenden auch gleich danach wieder ins Gesicht mit Unverständlichem, Abgenudeltem. Sätze, die im Zitat Weisheit vortäuschen könnten ("Ein Mensch, der vom Verlust erzogen wurde, kann einen Zuwachs manchmal nicht ertragen.") wechseln sich ab mit Sätzen, die selbst im Kontext nur mit Großzügigkeit verständlich sind ("ins Grün ihrer Lowcarbsuppe rühren sich Strudel einer Übersprungshandlung.").
Bonus/Malusrunde: wie ist das mit der Zusammen- und Auseinanderschreibung von Worten? Warum funktioniert das auffallend oft nicht? Außerdem: was motiviert die Namen? Ischnie? Yorinde?
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fabian
Geschlecht:männlichKlammeraffe


Beiträge: 606



Beitrag25.01.2019 17:41
Re: Tonwertkorrektur
von fabian
Antworten mit Zitat

Schöne Grundidee, muss man erstmal drauf kommen.
Einige "wissenschaftliche" Erklärungen, die ich trotzdem nicht verstanden habe.
Punkte.
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UtherPendragon
Eselsohr
U


Beiträge: 402



U
Beitrag25.01.2019 21:22

von UtherPendragon
Antworten mit Zitat

I knew it. (hehe)

_________________
Dies ist ein Text, der an jeden Deiner Beiträge angehangen werden kann. Es besteht ein Limit von 400 Buchstaben.
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d.frank
Geschlecht:weiblichReißwolf
D

Alter: 44
Beiträge: 1122
Wohnort: berlin


D
Beitrag26.01.2019 03:33

von d.frank
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Ein herzliches Danke allen hier, die dem Text so viele Punkte gegönnt haben.
Achtung, das klingt jetzt auch wieder pathetisch:
Aber für mich ist damit so ein kleiner Traum wahr geworden. smile
Ich bin kein hochtalentierter E Schreiber, das weiß ich und damit habe ich mich arrangiert. Mit dem Text hier so viele erreicht zu haben, ist der größtmögliche Gewinn für mich. Dass Einige schrieben, immer wieder etwas Neues darin entdecken zu können, ist das größte Kompliment. Am Ende habe ich sicher versucht, viel zu viel in die Zeichen zu bringen: Zukunft und Technik, soziale Ungerechtigkeit, die Pathologie der verkümmerten Seele, Ethik und Glücksdefinitionen, die Ambivalenz der Sachlichkeit, Überlegungen zum Schreiben und wie sich das alles aufs Leben übertragen lässt, meine eigene und verknappte Definition vom Feminismus...naja, das alles auf so wenige Sätze, das musste ja schief / bzw. untergehen. Rolling Eyes
Nichtsdestotrotz bin ich immer noch stolz und zufrieden auf und mit dem Text und ich freue mich wie ein kleines Kind, dass ich auf reiner Fühlebene einige Leser so oft zurückholen oder, auch ohne vollumfängliches Nachvollziehen der Hintergründe, berühren konnte, dass sie bereit waren, dem Text eine Chance und so viele Punkte zu geben. smile smile  Ich freue mich auch darüber, dass Veith meine dürftigen SF Kenntnisse nicht zerrissen hat und dass Eredor und anderswolf die Schwächen des Textes mit klaren, aber sehr amüsanten Worten aufgedeckt haben. Und ich geniere mich meiner eigenen Kommentare, die mitunter sehr lehrerhaft und nur halb gedacht ausgefallen sind.

Danke euch Allen für diese, wiedermal tolle Erfahrung!


_________________
Die Wahrheit ist keine Hure, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst wer ihr alles opfert noch nicht ihrer Gunst gewiß sein darf.
*Arthur Schopenhauer
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