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Lamento


 
 
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Tula
Geschlecht:männlichKlammeraffe


Beiträge: 904
Wohnort: die alte Stadt


Beitrag10.01.2019 02:11
Lamento
von Tula
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Neue Version »

Lamento


die preisgabe  der utopie:
der entwürfe des lichts das endlich alle trifft
die neue epoche

die kogni-tiefen provisorien
die an nichts mehr binden außer ans selbst
der horizont der sich in den brauen ver-fängt
das blaue vom himmel

die verhöhnung der hungrigen und
das schweigen der schlemmer

die unterdrückte angst vor
der angst vor der verantwortung für
das vergessen schlechthin oder
besser: das ertränken der erinnerung

das ungebrochene vertrauen in die massen
vernichtung als abschreckender beweis
kultureller immunschwäche

das herumschneiden an längst verkrüppelten bäumen
und menschen

die preisgabe  der utopie:
wer könnte DIE schon in worte fassen?



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gold
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Beiträge: 4936
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Beitrag11.01.2019 00:30
Re: Lamento
von gold
Antworten mit Zitat

Tula hat Folgendes geschrieben:
Lamento


die preisgabe  der utopie:
der entwürfe des lichts das endlich alle trifft
die neue epoche

die kogni-tiefen provisorien
die an nichts mehr binden außer ans selbst
der horizont der sich in den brauen ver-fängt
das blaue vom himmel

die verhöhnung der hungrigen und
das schweigen der schlemmer

die unterdrückte angst vor
der angst vor der verantwortung für
das vergessen schlechthin oder
besser: das ertränken der erinnerung

das ungebrochene vertrauen in die massen
vernichtung als abschreckender beweis
kultureller immunschwäche

das herumschneiden an längst verkrüppelten bäumen
und menschen

die preisgabe  der utopie:
wer könnte DIE schon in worte fassen?



hallo Tula,

wie wäre es, Strophe 3, sowie Strophe 6 zu streichen, da sie im Vergleich zu den übrigen Strophen konkret sind und damit den Stil durchbrechen. Im Prinzip gefallen sie mir, doch finde ich sie hier eher aus besagten Gründen unpassend.

S 7: Vielleicht besser: Die Preisgabe der Utopie. Ein Versuch, sie in Worte zu fassen.

Ansonsten spricht mich dein Text sehr an.

Liebe Grüße
gold


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Tula
Geschlecht:männlichKlammeraffe


Beiträge: 904
Wohnort: die alte Stadt


Beitrag11.01.2019 01:23

von Tula
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo gold

vielen Dank für deine Gedanken und Vorschläge. Inhaltlich sollten S3 und S6 passen, d.h. S3 leitet S2 in der Hinsicht weiter, dass es sich in S2 um "moderne" populistisch getrimmte Ansichten handelt, die die Opfer gewisser Umstände obendrein als Schuldige anprangern. Der bekannte und noch nicht betroffene Rest schweigt lieber.
S6 wiederum spricht die geistige Verkrüppelung an, mit negativ orientierten Denkweisen und Modellen (siehe das Herunter-machen von Merkels "wir schaffen das"), die einer freien Entfaltung optimistischer Visionen zuwiderlaufen. 'Yes we can' ist out!.

Insgesamt sollten beide Stellen durchaus offen genug und deutungsfrei bleiben. Ich werde dahingehend über deinen Eindruck, dass sie zu konkret wirken, gern nachdenken.

Zum Abschluss: der Grundgedanke war das "nicht in Worte fassen können", welches normalerweise benutzt wird, wenn es um Bilder des Krieges und ähnliche schreckliche Ereignisse geht. Da wollte ich im Abschluss darauf hinweisen, dass der allgemeine Verlust gesellschaftlicher Ideale und Modelle (auch wenn sie im Detail so nicht verwirklichbar sind) nicht weniger 'unfassbar' ist. Von der Real-Politik in eine nicht weniger reale Umnachtung.

Beim Schreiben meiner Antwort kommen mir nun noch einige Ideen, die man hier einarbeiten könnte, allerdings auf die Gefahr hin, dass mehr Länge dem Gedicht jetzt schaden würde.

Nochmals vielen Dank und liebe Grüße

Tula


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gold
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Beiträge: 4936
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Beitrag11.01.2019 08:30

von gold
Antworten mit Zitat

Tula hat Folgendes geschrieben:


d.h. S3 leitet S2 in der Hinsicht weiter, dass es sich in S2 um "moderne" populistisch getrimmte Ansichten handelt
hier kann ich mit dir mitgehen

Zitat:
die die Opfer gewisser Umstände obendrein als Schuldige anprangern.


Das kann ich nicht aus dem Text herauslesen.
Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, sei noch einmal gesagt, dass ich den Text inhaltlich sehr gut finde. Mir gefällt auch, dass es ein politischer Text ist, sind diese doch sehr rar in unserem Forum.

Liebe Grüße
gold


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Tula
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Beiträge: 904
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Beitrag11.01.2019 10:21

von Tula
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Moin gold

Hab's überschlafen und sehe nun, dass S3 in der Tat von der grundsätzlichen Absicht abweicht, es geht hier vor allem um die Ideen, nicht um konkrete Handlungen.

Was S6 angeht, bin ich noch am Denkeln.

LG
Tula


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Tula
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Beiträge: 904
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Beitrag12.01.2019 00:42

von Tula
pdf-Datei Antworten mit Zitat

hier also die korrigierte bzw. leicht gekürzte Version:


Lamento

die preisgabe  der utopie:
der entwürfe des lichts das endlich alle trifft
die neue epoche

der kogni-tiefen provisorien
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menetekel
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Alter: 104
Beiträge: 2451
Wohnort: Planet der Frühvergreisten


Beitrag12.01.2019 09:04

von menetekel
Antworten mit Zitat

Tula hat Folgendes geschrieben:
hier also die korrigierte bzw. leicht gekürzte Version:


Lamento

die preisgabe  der utopie:
der entwürfe des lichts das endlich alle trifft
die neue epoche

der kogni-tiefen provisorien
die an nichts mehr binden außer ans selbst
der horizont der sich in den brauen ver-fängt
das blaue vom himmel

die unterdrückte angst vor
der angst vor der verantwortung für
das vergessen schlechthin oder
besser: das ertränken der erinnerung

das ungebrochene vertrauen in die massen
vernichtung als abschreckender beweis
kultureller immunschwäche

das herumschneiden an längst verkrüppelten bäumen

die preisgabe  der utopie:
wer könnte DIE in worte fassen?


Lieber Tula,

die zweite Fassung zeigt sich im umgenähten Outfit spürbar passender.

Der Soziologe und Autor Harald Welzer spricht von einer "Gravitation der Gegenwart." Ein Leben im Moment, ohne Vorausschau auf eine bessere Zukunft, vielmehr im Rückgriff auf Vergangenes - was sehr "schön" in der Architektur deutlich wird: beispielsweise im Aufbau einer altneuen Altstadt in Frankfurt am Main, im Neubau alter Schlösser etc.
Aber auch in sog. politischen Grundsatzentscheidungen, die allenfalls von heute bis morgen reichen.

"Ohne Utopie keine Zukunft", sagt Welzer. Und er hat Recht.
Um es mit deinen lyrischen Worten zu sagen: Ohne  Licht am Ende des Tunnels überdauert nur Dunkelheit. Ein Sich-Begnügen, ein ewiges Provisorium. Ein "Herumschneiden an längst verkrüppelten Bäumen."

Für mich ist dein "Lamento" ein gutes und wichtiges Gedicht, das mir aus dem Herzen spricht.

Was uns bleibt ist die Kunst als Ausdruck und Ort der Utopie.

Applaudierende Grüße
m.




.


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Tula
Geschlecht:männlichKlammeraffe


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Wohnort: die alte Stadt


Beitrag13.01.2019 16:32

von Tula
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Liebe menetekel

Vielen Dank für deine interessante weiterführende Besprechung des Gedichts. Ja, genau so war's gemeint, das genannte Werk nehme ich als Leseempfehlung entgegen.  

In Erwartung wenigstens einiger Lichtblicke dieses Jahr. Da stehen übrigens für Europa nicht wenige Wahlen an.

Sonnige Grüße

Tula


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