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Galdaphrax Schneckenpost
Alter: 41 Beiträge: 10 Wohnort: Freiburg
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04.01.2019 08:49 Spätzlegedicht von Galdaphrax
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Neue Version »
Ich habe hin- und herüberlegt, was ich zum Einstand hier reinstelle und mich für was Heiteres entschieden.
Aus meinem Projekt Rezeptgedichte:
Spätzlegedicht
Zwar kann an Knöpfle man sehr sättigend sich laben,
Doch echte Spätzle muss man schon vom Brettchen schaben.
Nimm Mehl, 300 Gramm, 3 Eier und ein Dotter,
Ein Schlückchen Sprudel noch, dann schlage flott und flotter.
Gib 50 Milligramm vom Blubberwasser zu,
Solls fest sein; oder hundert – das entscheide du.
Für besseren Geschmack hab ich nur einen Rat:
Das Würzedreigespann Salz, Pfeffer und Muskat.
Denk auch darüber nach, die Spätzle gelb zu färben:
Kurkuma, 4, 5 Gramm – ich möchte dafür werben.
Stell Wasser auf den Herd mit Salz und koch es heiß,
Daneben ein Gefäß mit Wasser drin und Eis.
Nun schlag ihn, schlag den Teig und lass ihn Blasen werfen.
Wenn du gleich schaben willst, musst du die Sinne schärfen:
Mit flinkem Handgelenk streich Teig dünn auf das Brett,
Dann schabst du Strang auf Strang ins Wällewasserbett.
Die Spätzle wirbeln dort für wenige Minuten.
Schreck sie im Eisbad ab und freu dich an dem guten
Und hausgemachten Schatz, der golden vor dir steht.
Frisch auf, geh gleich ans Werk, jetzt weißt du ja wie’s geht.
Weitere Werke von Galdaphrax:
_________________ Eines Tages vielleicht! |
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Soleatus Klammeraffe
Beiträge: 967
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06.01.2019 13:34
von Soleatus
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Hallo Galdaphrax!
Das ist handwerklich gesehen ein gelungenes Gedicht, mit manchem, das mir wirklich gefällt - angefangen beim "Dotter-Flotter"-Reim.
Insgesamt werde ich mit dem ganzen Gedicht aber nicht warm; das liegt, denke ich, weniger an meinem mangelnden Interesse für Spätzle (dafür ist die Gegend hier die falsche), sondern mehr an denselben Dingen, wegen derer ich keine verreimten Witze mag: wenn man Witze in Versform zwingt und ihnen Reime aufnötigt, verlieren sie, weil grundlegende Eigenschaften von Witzen - Kürze, unbedingtes Ausgerichtetsein auf die Pointe - verwischt werden. Rezepte scheinen mir da ähnlich: Die dienen der Informationsübermittlung, jemand soll in die Lage versetzt werden, etwas zuzubereiten; was haben da Reim und Vers zu suchen? Die stören bloß - dein Text ist eben immer noch ein Rezept, und längst noch kein Gedicht.
Gut, bliebe die Frage, wie ich mir ein Rezeptgedicht vorstellte ... Hm, schwierig; aber vielleicht so: Man zeigt einen Koch / einen Menschen allgemein bei der Zubereitung einer Speise, schreibt also ein Erzählgedicht; erzählt dabei aber so, dass aus dem, was gezeigt wird, die Zubereitung nachmachbar wird. Der Unterschied wäre dann der zwischen einem Rezept, das (unnötige) Gedichteigenschaften hat, und einem Gedicht, das ein Rezept zum Gegenstand hat. Falls das irgendeinen Sinn macht ...
Gruß,
Soleatus
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Galdaphrax Schneckenpost
Alter: 41 Beiträge: 10 Wohnort: Freiburg
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06.01.2019 17:17
von Galdaphrax
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Moin Soleatus,
du hast natürlich recht, das Gedicht ist im Prinzip völlig nutzlos und die Zielgruppe, die - zwangsweise - verschwurbelte Rezepte in Alexandrinern zu schätzen weiß, dürfte ziemlich überschaubar sein.
Vielleicht kann diese Version, zu der du mich jetzt inspiriert hast, ja mehr überzeugen:
Herr Frey war’s leid an Reis und Nudeln sich zu laben,
Begann von jetzt auf gleich sich Spätzle frisch zu schaben.
Nahm Mehl, 300 Gramm, 3 Eier und ein Dotter,
Goss Sprudel ein und schlug die Mischung flott und flotter.
Gab 50 Milligramm vom Blubberwasser zu,
Befand: "Zu fest, mehr Nass!" Und 100 warn’s im Nu.
Als Freund des Wohlgeschmacks wusst’ er den besten Rat:
Das Würzedreigespann Salz, Pfeffer und Muskat.
Kurkuma nahm Herr Frey, 5 Gramm, um gelb zu färben,
Wollt’ nicht an grauem Teig die Augen sich verderben.
Salzwasser auf dem Herd, es wurde langsam heiß,
Daneben stand ein Pott mit Wasser drin und Eis.
Herr Frey, er schlug den Teig, er ließ ihn Blasen werfen
Und gluckste freudig selbst, behielt jedoch die Nerven:
Mit flinkem Handgelenk strich Teig er dünn aufs Brett,
Und schabte Strang auf Strang ins Wällewasserbett.
Die Spätzle und Herr Frey – sie tanzten drei Minuten,
Dann schreckte er sie ab und jubelte dem guten
Und hausgemachten Schatz, der golden vor ihm stand,
Mit Magenknurren zu und aß gleich aus der Hand.
_________________ Eines Tages vielleicht! |
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poetnick Klammeraffe
Alter: 62 Beiträge: 834 Wohnort: nach wie vor
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06.01.2019 21:10
von poetnick
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Hallo Galdaphrax,
er schrieb:
Zitat: | ...du hast natürlich recht, das Gedicht ist im Prinzip völlig nutzlos... |
über den 'Nutzen' von Gedichten ließe sich wahrscheinlich weit ausholen. Da ist ein mit überliefertes Rezept zumindest nah dran, am rührigen Leben.
Als Bindemittel zwischen den Kochbuchzeilen finden sich zudem einige Bröckchen Witz als Kandis untergerührt.
Willkommen mit Deinem Einstandsmenu!
LG - Poetnick
_________________ Wortlos ging er hinein,
schweigend lauschte er der Stille
und kam sprachlos heraus |
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Tape Dispenser Eselsohr
T
Beiträge: 272
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Galdaphrax Schneckenpost
Alter: 41 Beiträge: 10 Wohnort: Freiburg
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06.01.2019 21:42
von Galdaphrax
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poetnick hat Folgendes geschrieben: |
er schrieb:
Zitat: | ...du hast natürlich recht, das Gedicht ist im Prinzip völlig nutzlos... |
über den 'Nutzen' von Gedichten ließe sich wahrscheinlich weit ausholen... |
Ich verfolge ohnehin nicht den Anspruch, Nützliches zu schreiben, insofern alles gut.
poetnick hat Folgendes geschrieben: | Als Bindemittel zwischen den Kochbuchzeilen finden sich zudem einige Bröckchen Witz als Kandis untergerührt.
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Das ist sehr schön gesagt, geradezu poetisch!
@TapeDispenser:
Omnomnom ;D
_________________ Eines Tages vielleicht! |
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Soleatus Klammeraffe
Beiträge: 967
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06.01.2019 21:52
von Soleatus
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Hallo nochmal!
Die neue Fassung ist meinem Empfinden nach ein sinnvoller Schritt, und viel mehr kannst du auch nicht herausholen, ohne den Text aufzugeben und ihn ganz neu zu schreiben. Von daher: Gefällt mir!
Nur als Verdeutlichung:
Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus.
- Sagt der erste Satz des "kommunistischen Manifests", der ein Prosatext ist;
Kriege zertrümmern die Welt, und in Trümmerfeld geht ein Gespenst um,
Nicht geboren im Krieg, auch im Frieden gesichtet, seit lange.
Schrecklich den Herrschenden, aber den Kindern der Vorstädte freundlich.
Lugend in ärmlicher Küche kopfschüttelnd in halbleere Speisen.
Abpassend dann die Erschöpften am Gatter der Gruben und Werften.
Freunde besuchend im Kerker, passierend dort ohne Passierschein.
Selbst in Kontoren gesehn, selbst gehört in den Hörsälen, zeitweis
Riesige Tanks besteigend und fliegend in tödlichen Bombern.
Redend in vielerlei Sprachen, in allen. Und schweigend in vielen.
Ehrengast in den Elendsquartieren und Furcht der Paläste
Ewig zu bleiben gekommen: sein Name ist Kommunismus.
- Und so fängt Brecht seine Hexameter-Übertragung an, sprich, das Lehrgedicht "Das Manifest" (Die Gedichte von Bertolt Brecht in einem Band, Suhrkamp 1981, S. 911). Vielleicht nicht ganz so umfangreich, aber dem Gedanken nach so oder sehr ähnlich kann die Verwandlung von Prosa in Lehrdichtung (was ja auch ein "Rezeptgedicht" ist!) gelingen; das Beibehalten der Prosa unter Beifügung von Reimen halte ich, wie gesagt, für bedenklich ...
Gruß,
Soleatus
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Galdaphrax Schneckenpost
Alter: 41 Beiträge: 10 Wohnort: Freiburg
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06.01.2019 22:03
von Galdaphrax
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Danke für deine Einschätzung, Soleatus.
Übrigens: Der Hexameter ist fast mein liebstes Versmaß, weil sich auch Prosaisches so wunderbar rhythmisieren, poetisieren, veredeln lässt.
Darum übrigens auch meine Begrüßung in entsprechender Weise.
_________________ Eines Tages vielleicht! |
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Tape Dispenser Eselsohr
T
Beiträge: 272
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T 06.01.2019 22:14
von Tape Dispenser
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Ich weiß nicht, ob man mit der Methode, die Brecht benutzt hat, ein tatsächliches Rezept dem Leser irgendwie "näher" bringen könnte. Die Brecht Version hat ja etwas Wuchtiges, da kann ich mir nur schwer vorstellen, dass sich das, ohne pathetisch klingen zu wollen, so einfach auf ein simples Rezept übertragen lässt. Auf einen Versuch wäre ich gespannt.
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Galdaphrax Schneckenpost
Alter: 41 Beiträge: 10 Wohnort: Freiburg
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06.01.2019 22:22
von Galdaphrax
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Na wenn Rezepte in Hexametern, dann irgendwie Moussaka oder was anderes typisch Griechisches. ^^
_________________ Eines Tages vielleicht! |
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Soleatus Klammeraffe
Beiträge: 967
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06.01.2019 22:27
von Soleatus
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Hallo Tape Dispenser,
was das Brecht-Beispiel zeigen sollte, war die Notwendigkeit, beim Schritt von der Prosa in den Vers den Schritt vom "Logischen" - möglichst viel mit möglichst geringem Aufwand möglichst genau zu vermitteln - ins "Anschauliche" zu gehen, das loser verbunden ist. Spitteler hat's so gesagt: Die Seele des Hörers erwartet und begehrt einen anderen Inhalt von der rhythmischen Rede als von der prosaischen Rede. Was stimmt, meiner Meinung nach. Wie umfangreich und wie "wuchtig", wie das überhaupt für ein Rezept aussehen kann: das bliebe zu überlegen.
@ Galdaphrax: Ein paar Hexameter mehr kann die Welt immer brauchen!
Gruß,
Soleatus
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Galdaphrax Schneckenpost
Alter: 41 Beiträge: 10 Wohnort: Freiburg
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06.01.2019 23:27
von Galdaphrax
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So würde es vielleicht beginnen:
Ach! Aubergine, hellenische Gabe, mein Wunsch dich zu schmoren,
Brutzelnd, tomaten- und hackfleischgefüllt deine Würze zu kosten,
Füllt mir das Herz, lässt mit Tränen die eherne Brust mir erbeben.
_________________ Eines Tages vielleicht! |
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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06.01.2019 23:54
von firstoffertio
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Wenn Kochrezeptgedicht Intention wäre, also Anleitung zu sein, fände ich die erste Version am besten. Ein Herr Frey interessierte mich nicht, wollte ich ein Rezept nachkochen.
Meine, es kommt auf den Sinn und Zweck an. Wobei Rezepte als Sinn und Zweck von Gedichten etwas fern liegen, aber warum nicht?
Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass Rezepte mit Hexametern besser werden. Weil zu gewichtig? Rezepte sind halt Gebrauchstexte.
Bin gespannt auf dein nächstes Gedicht, das kein Rezept sein wird.
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Galdaphrax Schneckenpost
Alter: 41 Beiträge: 10 Wohnort: Freiburg
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07.01.2019 00:05
von Galdaphrax
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firstoffertio hat Folgendes geschrieben: | Bin gespannt auf dein nächstes Gedicht, das kein Rezept sein wird. |
Bitte hier entlang.
_________________ Eines Tages vielleicht! |
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