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Flüsterkino


 
 
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Valentin
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 39
Beiträge: 177



Beitrag09.12.2018 19:38
Flüsterkino
von Valentin
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Zusammen,

ich arbeite an einer Kurzgeschichte mit einem langen Telling Part am Anfang. Würde mich interessieren, ob er euch abschreckt.

--

Die Zeit der Zerstreuung ist vorüber. Wir sind zurück in der industriellen Revolution. Dabei können wir uns noch glücklich schätzen. Andernorts schmolzen Reaktoren. Dort sind sie zurück in der Steinzeit. Von Zeit zu Zeit kommt einer dieser Neandertaler durch die Stadt. Die Brauen wulstig, die Haut überzogen von Geschwüren und auf dem Arm ein Kind, dem es besser ginge, wäre es tot.
Keiner weiß genau, was passierte. Aber es gibt Gerüchte. Etliche Abwandlungen derselben Geschichte. Die Technik war schuld. Unsere Faszination davon und natürlich die Zerstreuung, die uns träumen, die uns begehren und nach Größerem streben ließ. Dabei war die Technik lediglich der Katalysator. Den Reset-Knopf drückte keine künstliche Intelligenz und auch kein Roboter. Es waren die Nutzlosen, die uns zurück ans Fließband schickten.
Die Massen der Menschen, die keinen Zweck in der Gesellschaft erfüllten. Die, denen die Technik, die Arbeit raubte. Sie riefen zu einer globalen Revolution und am 21. Oktober 2061 siegten sie.
Die ersten Jahre müssen hart gewesen sein. Meine Eltern reden nicht darüber. Nur ab und zu höre ich sie nachts flüstern, höre sie unterdrückt lachen und dann meist weinen. Sie schwelgen in Erinnerungen. In Zeiten der Zerstreuung. Von Träumen auf Leinwänden.
Meine Mutter war Spieleentwecklerin. Mein Vater Drehbuchautor. Früher angesehen Berufe, denke ich, denn heute gehören sie zu den Geächteten. Sie können nämlich nichts, was in dieser Welt gebraucht wird. Sie stehen am Fließband.
»Aus dir soll mal was werden«, sagten sie immer und schickten mich zur Schreinerausbildung. Ich verschweige Ihnen, dass mein Herz für den Film schlägt, dass ich Teil des Untergrundes bin, dass ich in Flüsterkinos gehe.
Ich schaue über die Schulter, wie in einem der alten Agentenfilme. Niemand zu sehen. Ich verschwinde in der Häuserschlucht, verstecke mich hinter Kisten und stemme den Gullydeckel hoch, steige hinab und schleiche durch die Kanalisation.
Schritte hallen. Wasser tropft. Ich verharre, doch nicht die Schritte. Tippelend echoen sie.
Ich kauere, drücke mich an die Wand.
Eine Frau. Sie trägt eine Laterne in der ausgestreckten Linken und in der Rechten einen Revolver. Eine Brennerin auf der Jagd nach unserem Zelluloid.



_________________
“Books aren't written - they're rewritten. Including your own. It is one of the hardest things to accept, especially after the seventh rewrite hasn't quite done it.” - Michael Crichton
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mb
Geschlecht:männlichErklärbär
M

Alter: 43
Beiträge: 1



M
Beitrag10.12.2018 09:58

von mb
Antworten mit Zitat

Hallo,

der 1. Absatz ist mir etwas unklar, mein Gefühl sagt mir, dass es besser wäre ihn an der Stelle rauszunehmen und mit dem 2. Absatz einzusteigen.
Ansonsten angenehm zurückhaltende Erzählweise, nicht überladen mit Adjektiven oder ausschweifigen Erläuterungen.
Meine 2. Idee wäre, weniger Informationen zu geben - am Anfang -, zum Beispiel:
" Ich verschweige Ihnen, dass mein Herz für den Film schlägt, dass ich Teil des Untergrundes bin, dass ich in Flüsterkinos gehe. ", das würde ich erstmal verschweigen, oder?
"Die Massen der Menschen, die keinen Zweck in der Gesellschaft erfüllten. Die, denen die Technik, die Arbeit raubte. Sie riefen zu einer globalen Revolution und am 21. Oktober 2061 siegten sie. "--> Ich fände es interessanter, wenn das auch erstmal unerwähnt bliebe und du es dem Leser überlässt, zu überlegen, was wohl passiert ist, und nach und nach die Informationen reinsickern lässt.

Liebe Grüße!
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Gast







Beitrag10.12.2018 18:02

von Gast
Antworten mit Zitat

Hallo Calvin Tower!

Was genau meinst du denn mit "Telling Part"?

Gut finde ich diesen Satz:

Zitat:
Nur ab und zu höre ich sie nachts flüstern, höre sie unterdrückt lachen und dann meist weinen.

Das ist paradox und abstrus, außerdem führst Du uns hier direkt und konkret in ein Geschehen, im Unterschied zu den Passagen davor, die tendenziell eher abstrakt waren und schwer vorzustellen.

Zitat:
Meine Mutter war Spieleentwecklerin. Mein Vater Drehbuchautor. Früher angesehen Berufe, denke ich, denn heute gehören sie zu den Geächteten. Sie können nämlich nichts, was in dieser Welt gebraucht wird. Sie stehen am Fließband.

Ab hier wird es interessant finde ich! Es lässt einen stutzen und sich fragen was denn diese "Geächteten" sein könnten - erinnert mich an verschiedene Dystopien. Dann noch dieses "Flüsterkino", sehr schöne Konnotation, geniale Wortneuschöpfung, möchte mehr davon erfahren, bitte elaboriere Smile

Auch die Flucht durch die Kanalisation erzeugt Spannung.

Ist dieser kleine Text also ein Ausschnitt aus einer Kurzgeschichte, oder wie ist das?

Beste Grüße,
Peter
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Aneurysm
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 462



Beitrag10.12.2018 22:23

von Aneurysm
Antworten mit Zitat

Wie er da steht, funktioniert der Anfang für mich nicht. Die ersten drei Sätze finde ich uninteressant, das sind Informationen, die ich mir selbst als Leser erschließen will. Ebenso die Ursache für die Katastrophe und die Vergangenheit des Ichs. Das Bild vom Neandertalers gefällt mir  in den ersten Absätzen noch am besten, weil es konkret ist; ich weiß aber nicht, ob es an den Anfang deiner Geschichte gehört.

Ich habe mal den Test gemacht und den Text erst ab der Stelle gelesen, die Peter Sipos interessant findet:
Calvin Tower hat Folgendes geschrieben:
Meine Mutter war Spieleentwecklerin. Mein Vater Drehbuchautor. Früher angesehen Berufe, denke ich, denn heute gehören sie zu den Geächteten. Sie können nämlich nichts, was in dieser Welt gebraucht wird. Sie stehen am Fließband.

Hier wird die Dystopie etwas indirekter eingeführt als in der jetzigen Version. Und es ist nach kurzer Zeit ein persönlicher Konflikt zu erkennen, in den ersten Absätzen sehe ich nur einen globalen, der mich ohne Kontext nicht interessiert.

Es wird für mich deutlich, dass du eine interessante Idee im Kopf hast. Mein Problem ist das allgemeine Erzählen am Anfang, ohne dass ich darin einen sprachlichen oder inhaltlichen Mehrwert sehe. Ich steige lieber direkt in eine Geschichte ein und erfahre nach und nach, worum es eigentlich geht. Aber vielleicht gehöre ich dann nicht zur Zielgruppe des Textes?
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Valentin
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 39
Beiträge: 177



Beitrag11.12.2018 08:59

von Valentin
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo mb, Peter, Aneurysm,

vielen Dank für euer Feedback.
Es bekräftigt mich in meinem Gefühl, dass der Anfang so nicht zieht. Mit Telling Part - unglücklich ausgedrückt - meinte ich, dass es so allgemein/abstrakt bleibt.
Ziel war es in wenigen Absätzen zu klären, in welcher Art Welt die Geschichte spielt: Zukunft, doch auf dem Entwicklungsstand der industriellen Revolution, weil die Nutzlosen rebellierten.

Zitat:
Ist dieser kleine Text also ein Ausschnitt aus einer Kurzgeschichte, oder wie ist das?


Ja, das soll eine Kurzgeschichte werden. Deadline 30. Dezember. Angepeilt sind ca. 25.000 Zeichen. (Keine Ausschreibung - nur meine persönlichen Vorgaben)
Das Ganze als Übung, um mich mal an der Heldenreise auszuprobieren. Wink

BG
Calvin


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JuttaB
Geschlecht:weiblichErklärbär
J


Beiträge: 2
Wohnort: Kleines unbekanntes Dorf südlich von München


J
Beitrag14.12.2018 12:41

von JuttaB
Antworten mit Zitat

Hallo!
Ich bin mir nicht so ganz sicher, ob ich den Anfang zu lang finden soll. Ich finde eher, man könnte ihn straffen - aber dieses Gefühl, zuerst nicht so recht zu wissen, wo ich als Leserin da gelandet bin, gefällt mir eigentlich ziemlich gut.
Toll finde ich auf jeden Fall deine schnörkellosen Sätze, mit denen du sehr gut die ganze Athmosphäre beschreiben kannst.
Mir hats gefallen!
Grüßle
Jutta
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Valentin
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 39
Beiträge: 177



Beitrag16.12.2018 11:53

von Valentin
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Liebe JuttaB,

danke für deine Einschätzung. Es ist interessant zu hören, was der Hook für andere ist; dass dieses Ungewisse den Reiz für dich ausmacht.

Den Anfang werde ich abändern. Die Geschichte wird wahrscheinlich damit anfangen:
Meine Mutter war Spieleentwecklerin. Mein Vater Drehbuchautor. Früher angesehen Berufe, denke ich, denn heute gehören sie zu den Geächteten. Sie können nämlich nichts, was in dieser Welt gebraucht wird. Sie stehen am Fließband.

Wobei ich die Berufe am Ende wohl noch anpassen werde, damit sie besser zur Geschichte passen.
Die Infos bzgl. Revolution etc. werden später durch eine Mentorfigur eingestreut, wenn der Prota zur Reise aufbricht.


Und es freut mich zu hören, dass dir der schnörkellose Stil gefällt.  Smile

BG
Calvin


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