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Das Pferd immer abwechselnd von vorn und hinten aufzäumen ... oder wie plottet ihr so?

 
 
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agu
Geschlecht:weiblichExposéadler

Alter: 49
Beiträge: 2009
Wohnort: deep down in the Brandenburger woods


Beitrag02.12.2018 23:17
Das Pferd immer abwechselnd von vorn und hinten aufzäumen ... oder wie plottet ihr so?
von agu
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallihallo,

gerade ist mir eine Herangehensweise ans Plotten aufgefallen, die ich früher häufig genutzt, dann zwischenzeitlich vergessen und jetzt wieder herausgekramt hatte:
Ich nenne sie mal - das Pferd abwechselnd von vorn und hinten aufzäumen. (wahrscheinlich gibts die Methode auch irgendwo mit offiziellem Namen, sie ist mir nur noch nicht über den Weg gelaufen Wink )

Wenn mir eine neue Idee zu einem Roman einfällt, dann habe ich immer  recht schnell die Eckpfeiler fertig - also das grobe Setting, die wichtigsten Protagonisten und so etwas wie eine Prämisse. Meist schreibe ich dann die ersten zwei bis drei Kapitel, um ein Gefühl für den Stoff zu entwickeln.
Dann erst setze ich mich hin und arbeite den kompletten Plot aus. Ich tue das in der ersten Runde meist aus Sicht des oder der Hauptprotagonisten - und habe dann oft das Problem, dass die Story/Logik/Motivation der Charaktere nach hinten immer vager wird und gern in Momenten allgemeiner Ratlosigkeit mündet.

Was ich dann tue ist, erstmal Abstand zu gewinnen (meist, indem ich einen Bogen um den halbgaren Plot mache und stattdessen am ersten Kapitel herumschleife, bis jeder Satz fünf mal umgedreht ist).
Dann schaue ich mir das Inventar wichtiger Charaktere an - die lege ich mir in Karteikärtchen an. Früher in Papierform, inzwischen in Software. Dann mache ich mir eine Zeitleiste, in die ich von Geburt an die komplette Entwicklungsgeschichte des Protagonisten und jegliche Vorgeschichte hineinschreibe.
Und dann fange ich an, diese Vorgeschichte aus Sicht diverser anderer wichtiger Charaktere abzuwickeln. Aufzuschreiben, was die in der Zeit so gemacht haben (dann fallen einem automatisch mögliche Berührungspunkte ein). Und das Allerwichtigste: Ich mache diese Übung auch für den Haupt-Antagonisten und wickle anschließend die gesamte Story aus seiner Sicht ab. Also was passiert, was er tun wollte und warum, inwieweit ihm der Held dabei in die Quere kommt und warum das so ein Problem für ihn (also den Antagonisten) ist. Was er unternimmt, um das Problem aus dem Weg zu schaffen. Wie er vielleicht graduell in Panik gerät, wenn das nicht funktioniert. etc. etc.
Ich spinne also die komplette Story aus Antagonistensicht runter.
Dann wechsle ich wieder zum Protagonisten und überlege, wie er darauf reagiert.
Dann wieder zurück auf die andere Seite.
usw.

Auf diese Weise schließen sich nahezu magisch so nach und nach alle Plot-und Logiklöcher.

Es ist ein bisschen so wie diese Empfehlung, Krimis immer rückwärts zu plotten.


Arbeitet hier noch jemand so?
Oder wie handhabt ihr das?
Würde mich sehr interessieren!

viele Grüße,
Andrea


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Meine Bücher:
Engelsbrut (2009 Sieben, 2011 LYX) | Engelsjagd (2010 Sieben) | Engelsdämmerung (2012 Sieben)
Die dunklen Farben des Lichts (2012, SP)
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Kris
Eselsohr


Beiträge: 453



Beitrag05.12.2018 14:41

von Kris
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Hi Andrea,

das klingt interessant – und sehr arbeitsintensiv. Wink

Ich find's praktisch, weil Du damit Plotlöcher sicher ziemlich schnell aufspüren kannst und Du Deine Figuren sehr gut kennenlernst. Für mich wäre das allerdings nichts, dafür bin ich wohl zu ... hm, explorativ. Shocked

Irgendein Gedanke, ein gesprochener Satz, ein Name, ein Setting fliegt mir zu und daraus entwickelt sich etwas. Oder auch nicht. Die Prämisse wird mir erst hinterher klar, obwohl sie die ganze Zeit schon immanent vorhanden war.

Das finde ich im übrigen einen sehr spannenden Prozess. Vieles passiert da bei mir anscheinend halb- oder unbewusst, weil am Ende die Fäden doch zusammenlaufen und die Sachen Sinn ergeben.

Puh, immerhin. Laughing
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kioto
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 71
Beiträge: 442
Wohnort: Rendsburg


Beitrag05.12.2018 17:33

von kioto
Antworten mit Zitat

Hallo Andrea,
Ich finde deine Gedanken über das Plotten eines Romans sehr interessant und habe mein eigenes Vorgehen intensiv überdacht. Bis jetzt habe ich nur ein paar Kurzgeschichten im Bereich SF zusammengebracht und rückblickend ist mir aufgefallen, dass ich dem Punkt des Antagonisten viel zu wenig beachtet habe. Ich habe mich wohl immer darum gedrückt, weil ich keine Action Geschichten schreiben will und weil Romane, die ich am meisten mag, eigentlich keinen zumindest personellen Antagonisten enthalten, wie z.B. Eden, Die Astronauten, und Der Unbesiegbare von Stanislaw Lem. Die Antagonisten sind dort eher die Situation oder die Natur. Aber auch in diesen Fällen, das wird mir jetzt immer klarer, müssen diese "Antagonismen" sauber durchdacht werden.
Danke, dein Post hat mir sehr geholfen. Ich muss meine Konfliktscheu überwinden.


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Stanislav Lem: Literatur versucht, gewöhnliche Dinge ungewöhnlich zu beschreiben, man erfährt fast alles über fast nichts.
Phantastik beschreibt ungewöhnliche Dinge (leider m.M.) meist gewöhnlich, man erfährt fast nicht über fast alles.

Gruß, Werner am NO-Kanal
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Gerling
Geschlecht:männlichExposéadler
G

Alter: 59
Beiträge: 2366
Wohnort: Braunschweig


G
Beitrag05.12.2018 19:15

von Gerling
Antworten mit Zitat

Hi.

Ich nehme als Beispiel mal mein aktuelles Projekt. Es wird der sechste Teil einer Serie, als die Protas stehen schon, entwickeln sich nur weiter.
Die Idee kam mir durch einen Artikel im Spiegel.
Drüber nachgedacht, Plot im Kopf entwickelt und losgeschrieben.
Das war vor zwei Tagen.
Bin jetzt auf Seite 30 und (wie immer) entwickelt sich die Geschichte, während ich sie schreibe. So ist das bei mir immer. Ich weiß selber noch nicht, wo es mich hinführt. Aber es fühlt sich gut an ...


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Kris
Eselsohr


Beiträge: 453



Beitrag05.12.2018 20:33

von Kris
Antworten mit Zitat

Gerling hat Folgendes geschrieben:
... und (wie immer) entwickelt sich die Geschichte, während ich sie schreibe. So ist das bei mir immer. Ich weiß selber noch nicht, wo es mich hinführt. Aber es fühlt sich gut an ...


Das ist für mich fast das Schönste am Schreiben. Selbst nicht (genau) zu wissen, wohin die Reise geht oder was die Figuren alles so anstellen. Laughing
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agu
Geschlecht:weiblichExposéadler

Alter: 49
Beiträge: 2009
Wohnort: deep down in the Brandenburger woods


Beitrag05.12.2018 21:42

von agu
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Hi Kris und Gerling -
ah, ihr kommt aus der Bauchschreiber-Fraktion Smile.
Ich habe das bei meinem allerersten Roman vor vielen Jahren auch so gemacht (und ja, das macht wirklich viel Spaß), allerdings muss ich im Nachhinein sagen, dass das Ergebnis eher nicht so trara war (kann aber auch daran liegen, dass es einfach der erste Roman war und ich vom Handwerk wenig Ahnung hatte).
Für alle nachfolgenden Romane habe ich geplottet und bin seither dabei geblieben, alles im Vorhinein durchzuplanen. (Was nicht heißt, dass sich nicht doch noch unterwegs etwas ändern kann.) Bei mir klappt Bauchschreiben nur bei Kurzgeschichten; für alles über 100 Seiten brauche ich eine Vorab-Planung.

Allerdings hängt das auch von der Art der Story ab. Bei manchen Geschichten komme ich mit wenig Vorplanung aus, da passt der grobe Ablauf auf eine A4-Seite und dann erfinde ich die Details und die meisten Szenen auch unterwegs, wie sich's gerade ergibt.
Die große Planungsrunde drehe ich eher, wenn es in den Figurenbeziehungen komplex wird, also wenn z.B. Protagonist und Antagonist durch ein gemeinsames Element in der Vergangenheit miteinander verbunden sind, das vielleicht dem Prota zuerst gar nicht klar ist und das er zuerst aufdecken muss. So etwas habe ich auch jetzt gerade in der Mache, und da kam ich auf diese Vorwärts-Rückwärts-Methode.


@Kioto
Ja, man sagt ja auch, dass ein Protagonist nur so gut ist wie sein Antagonist. Denn je besser der ausdefiniert ist (auch wenn es keine Person ist), desdo besser kann er den Protagonisten in die Ecke treiben und das ist es, was letztlich die Spannung bei einer Story ausmacht. Dass der Protagonist bis an die äußerste Grenze des für ihn Machbaren getrieben wird, bevor er über sich hinauswachsen und die Situation meistern kann.
Und dafür braucht es ja keine Action, ein psychischer Konflikt kann ebenso stark oder sogar noch stärker sein als eine physische Auseinandersetzung.


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Eliane
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 823



Beitrag07.12.2018 23:58

von Eliane
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Bei mir schreibt dann wohl auch eher der Bauch Rolling Eyes. Und schätzungsweise habe ich die ineffektivste Arbeitsmethode überhaupt entwickelt. Bei mir geht Schreiben nämlich so: Erst mal eine Rohfassung schreiben, anhand derer sich die Geschichte und langsam auch die Charaktere entwickeln. Beides ist anfangs fragmentarisch vorhanden, aber erst das Schreiben und Nachdenken über die nächsten Szenen formen sie aus, und ich lerne sie richtig kennen, als würde ich ihnen zusehen. Wie reagiert Charakter X auf Charakter Y und warum - da entsteht auch die Backstory, quasi parallel zur eigentlichen Geschichte.

Die Rohfassung ziehe ich durch bis zum Ende, auf die Gefahr hin, dass die ersten Szenen nicht mehr zu dem Ende passen, das dann dabei herauskommt. Sei es, weil die Geschichte sich anders entwickelt hat oder die Charaktere doch anders sind als ich ursprungs dachte. Ist die Rohfassung fertig, fange ich wieder von vorne an. Mit dem Vorteil, dass ich jetzt viel, viel mehr über das Ganze Bescheid weiß als vorher und am Anfang Hinweise auf das Ende streuen kann bzw. Charaktere und Geschichte stimmiger gestalten kann. In diesem zweiten Durchgang benutze ich zwar das, was ich im ersten geschrieben habe, stelle aber häufig um und schreibe auch große Teile neu. Aber das geht wesentlich schneller als in der ersten Runde, weil ich mich nun in der Geschichte auskenne.

Ergo schreibe ich die komplette Geschichte zweimal. Überarbeitung noch nicht mitgezählt. Was ich dafür nicht tue, ist, Notizen zu machen: Alles entsteht in meinem Kopf und ist da - und nur da - abgespeichert. Geht nicht anders, weil man beim Autofahren etc. so schlecht schreiben kann wink, aber ich komme auch besser damit klar, die Möglichkeiten im Kopf durchzuspielen und immer wieder zu variieren. Das ist irgendwie flexibler, und ich finde es besser wieder, als wenn ich in endlosen Stichwortlisten suchen muss.

Ach ja: Häufig habe ich schon zu Beginn einen Titel, der dann allerdings nicht mehr zu passen pflegt, wenn das Manuskript fertig ist Kopf an die Wand
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Gast







Beitrag08.12.2018 01:44
o_O
von Gast
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@Eliane Ich bin dein Vater Schreibzwilling. Shocked
Zwar hab ich Notizdateien, aber das lässt nach. Jede Notiz macht später Arbeit, und sie haben ein Verfallsdatum.
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BlueNote
Geschlecht:männlichStimme der Vernunft


Beiträge: 7304
Wohnort: NBY



Beitrag08.12.2018 02:47

von BlueNote
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Also ...
ich plotte sehr viel und sehr genau. Ein Mal-Schauen-Was-passiert gibt es bei mir nicht. Vor allem muss es bei mir ein übergeordnetes Prinzip geben, dem der Roman folgt. Ich habe den Eindruck, wenn man sich beim Schreiben ohne Plot treiben lässt, läuft es oft auf ein Stereotyp heraus, d.h. auf eine gängige Schreibvorlage, bei der man beliebig Episoden ergänzen kann (z.B. jemand macht sich auf den Weg und erfährt allerlei Abenteuer).

Plotten finde ich die interessanteste Sache beim Schreiben. Deswegen widme ich ihm auch relativ viel Zeit.
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Eliane
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 823



Beitrag08.12.2018 20:56
Re: o_O
von Eliane
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emr hat Folgendes geschrieben:
@Eliane Ich bin dein Vater Schreibzwilling. Shocked


Hallo Papa Schwesterherz Laughing

@BN: Ohne expliziten Plot zu schreiben heißt ja nicht ohne Plan zu schreiben. Ich weiß durchaus, wo ich hin will - den Weg dorthin kenne ich allerdings noch nicht genau, wenn ich anfange. Ihn zu finden dauert eine ganze Weile und fordert viel Nachdenken, Einfühlen und Lösungsfindung, immer einen Schritt nach dem anderen (das ist für mich der spaßigste Teil, fühlt sich genial an, wenn alle Puzzleteile plötzlich ganz von alleine da hin fallen, wo sie zusammenpassen!). Vielleicht machst Du es gar nicht so viel anders, nur eben, bevor Du anfängst mit dem Schreiben?

Und das übergeordnete Prinzip - nun ja, zugegeben, das kenne ich möglicherweise am Anfang der ersten Runde noch nicht (habe ich schon so und so erlebt). Aber gerade das kristallisiert sich mit der Zeit und der Arbeit an der Geschichte wunderbar heraus. Bei meinem aktuellen Manuskript z.B. habe ich etwa auf der Hälfte bemerkt, dass nahezu jede Person in der Geschichte mit demselben (Grund-)Problem kämpft und jeder es auf seine eigene Weise löst (oder eben nicht). Das hat mich erst mal selber überrascht, anscheinend hat mein Unterbewusstsein das in die Story gemogelt, ohne mich vorher zu fragen Laughing

Aber ich fand das spannend und habe es weiter verfolgt. Jetzt, in der zweiten Runde des Schreibens, baue ich es an den Stellen ein, wo ich es anfangs noch nicht kannte, bzw. vertiefe es, wo nötig und möglich (ebenso die Charakterisierung der Personen und ihre durch das Problem hervorgerufene Motivation). Grob gefasst: Der erste Durchgang ist für den Ablauf der Geschichte, der zweite für die Tiefe und die Überprüfung der Logik. My way smile (und emrs offenbar auch wink ) Ich glaube, hier gibt es viele Wege, die ans Ziel führen - und ich glaube, ich (also, ich wie in "ich persönlich" - bitte nicht verallgemeinern!) würde mit einem vorher fix und fertigen Plot oberflächlicher schreiben.
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Gast







Beitrag09.12.2018 14:39
Wo deine Freude liegt
von Gast
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Ich hab ein ehemals als Kurzroman konzipiertes Werk in der Mache, es blieb unvollendet, hat mindestens fünf Jahre geruht. Mit dem alten Ziel kann ich heute nichts mehr anfangen, Tod & Verzweiflung gebe sich wer will. Lieber liefere ich Entwicklung ins Ungeahnte.

Während der Arbeit tun sich Dinge auf wie bei Eliane, sehr spannend. Dabei setze ich durchaus auch mal Irrwege um, verlasse sie wenig später. Anderes fügt sich ein, das liefere ich vorne nach, wo ich es noch nicht sah. Das Werk lebt und verändert sich, einen Plot müsste ich ständig neu aufsetzen.

Eine Zeitlang hielt ich den Eigenwillen der Protagonisten für ein Problem mancher Anfänger: Das Zwingen in die vom Autor vorgegebene Handlungsweise schien mir gerade die Kunst, die Essenz des Schreibens. Wer seine Leute nicht gebändigt bekam, glaubte ich, müsse das üben.

Inzwischen liefern mir meine Figuren so manchen Hinweis, es hakt, wenn ich nicht begreife. Ich stelle es mir effizienter vor, mit Plot zu arbeiten, bin indes froh mit meiner Methode. Was Eliane beschreibt, treibt mich an die "Arbeit", sie ist ein Ringen manchmal -- das Alte wehrt sich -- und eine Freude.
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Kris
Eselsohr


Beiträge: 453



Beitrag10.12.2018 20:41

von Kris
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Ich glaube persönlich nicht, dass Plotten oder Nicht-Plotten nicht vor Stereotypen oder austauschbaren 08/15-Heldenreisen bewahrt. Das ist meiner Ansicht nach eher abhängig davon, ob man in der Lage ist, eine kritische Distanz zum eigenen Schaffen herzustellen oder nicht.

Und am Ende ist wahrscheinlich einfach Typ-Frage, was einem mehr liegt.

Das übergeordnete Prinzip ist dennoch lustigerweise konsequent da, ob es mir bewusst ist oder nicht. Das finde ich faszinierend.

Am besten finde ich allerdings die Entwicklung der Figuren, bei meiner planlosen Schreibweise: da wehrt sich die ein oder andere Randfigur, eine solche zu bleiben. Laughing
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Nasobem
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N


Beiträge: 28



N
Beitrag10.12.2018 21:57

von Nasobem
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Ich habe noch nie ein Buch zu Ende geschrieben...
Oft kommt mir beim Einschlafen eine Idee für einen Geschichtenanfang oder einen Romanschnipsel. Am liebsten mag ich Geschichtenanfänge mit einer mysteriösen Atmosphäre, wo ich selbst nicht mal weiß, was los ist. Die meisten davon bleiben, was sie sind: Romanschnipsel - weil ich nicht weiß, was hinter dem Mysterium steckt. Aber manchmal kann ich daraus eine Prämisse für eine ganze Geschichte ableiten.

Früher habe ich aus dem Bauch heraus geschrieben, was dazu führte, dass ich hoffnungslos verloren ging in einer Geschichte voller Logikfehler. Heutzutage fange ich an zu planen, nachdem ich weiß, worum es gehen soll. Zuerst das Ende oder jedenfalls, worauf es ungefähr hinausläuft. Dann überlege ich mir ganz grob den Plot und fange an zu schreiben, und zwar ganz chronologisch, weil ich mir über spätere Szenen noch nicht so viele Gedanken gemacht habe. Allerdings formuliere ich im Kopf (auf dem Schulweg) schon den Verlauf von Schlüsselszenen und Wendepunkten.

Die Charaktere denke ich mir nicht getrennt aus. Für mich ist es nicht "Hier sind die Charaktere, hier ist die Welt, hier ist die Handlung". Das ist nicht zu trennen, sondern ein organisches Gebilde. Die Figuren formen die Handlung, diese wiederum formt die Figuren.
Während ich schreibe, überlege ich mir den genauen Verlauf des Endes.
Nur war es bisher immer so, dass ich in der Mitte der Geschichte merkte, dass Teile der Geschichte Logikfehler enthalten oder dass die ganze Prämisse keinen Sinn ergibt. Ich versuche also, den Plot zu reparieren, aber dann kommt mir eine bessere Idee für eine neue Geschichte oder eine andere Version der alten. Also fange ich von vorne an.
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Taranisa
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Beitrag11.12.2018 18:56

von Taranisa
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Bei mir entwickelt sich die Geschichte aus einer Idee oder einer Eingebung heraus. Die Grundidee bringe ich mit den Hauptcharakteren zusammen und überlege, was zu diesen passt. Nach und nach kommen immer mehr Puzzlesteine hinzu und ich füge alles zu einem Plot zusammen. Ich plane, was in einem Kapitel passiert, doch lasse ich mich dabei nicht einengen. Fällt mir beim Schreiben ein besserer Handlungsverlauf ein, wird der entsprechende Teil umgeplant. Einfach losschreiben und schauen, ob es nachher passt, wäre nichts für die Perfektionistin in mir, die mag lieber alles ordentlich organisiert 😊

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Eliane
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Beitrag11.12.2018 22:52

von Eliane
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@ Taranisa: Ich tobe meinen Perfektionismus am Text aus, sobald er geschrieben ist wink - wie gesagt, viele Wege führen nach Rom smile

@ Nasobem: Ich tu jetzt einfach mal so, als hätte ich nicht mindestens ein halbes Dutzend nie fertiggeschriebener Manuskriptanfänge auf meiner Festplatte Verstecken Wenn Dir das Fertigschreiben schwerfällt, hilft es Dir vielleicht, wenn Du bewusst beschließt, im ersten Durchlauf alle Logikfehler zu ignorieren und das Ding einfach mal bis ans Ende durchzuhauen. Wenn Dir ein Fehler auffällt, notiere ihn Dir bzw. markiere ihn im Text, und dann: Weiter! Bis Du "Ende" drunterschreiben kannst (metaphorisch gesehen). Erstens gibt das dem Selbstbewusstsein einen gigantischen Schub, und zweitens ist ohnehin kein Manuskript nach dem Schreiben direkt fertig, egal ob geplottet oder nicht. Wir alle müssen daran feilen, bis es passt. Und mancher Logikfehler ist im Endeffekt vielleicht leicht auszubügeln oder entpuppt sich als doch nicht so unlogisch wie gedacht, weil sich am Ende noch etwas ändert ... Viel Erfolg!
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Taranisa
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Beitrag12.12.2018 12:09

von Taranisa
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@Elaine: Darum darf sich meine Perfektionistin, wenn es soweit ist, auch kümmern. Very Happy Jede/r macht es so, wie es individuell passt und / oder das Leben einen geprägt hat. Wie wir wissen, gibt es hierbei kein "richtig" oder "falsch". Allein das Ergebnis zählt.

Obwohl ich bei meinem aktuellen Projekt auch geplant hatte, wie die Geschichte abläuft, kam ich an einen Punkt, der sich, als ich mit der Rohfassung an dieser Stelle war, doch nicht ganz rund anfühlte. Es hing dann einfach. Ich habe nochmal nachrecherchiert und auch mit Freunden (wir lernten uns über den Mittelalter-Verein kennen) diskutiert, bis das Ergebnis für mich zufriedenstellend war. Den entsprechenden Handlungsstrang habe ich gleich überarbeitet, damit ich beim Weiterschreiben darauf aufbauen kann, jedoch mit dem Gedanken im Hinterkopf: es ist die (Roh-)Rohfassung, fleißig überarbeitet wird später. Das war mein Weg, dieses Problem zu lösen, es gibt natürlich auch andere Möglichkeiten.


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Bunt Speck
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Beitrag12.12.2018 15:23

von Bunt Speck
Antworten mit Zitat

Mein erstes Werk, dass 2019 rauskommt, habe ich auch im Bauch und aus dem Bauch angefangen ... und dann über die Zeit viel gelernt, nach den ersten zwei Version nochmal nachgeplottet und die Logik abgeklärt und dann alles noch zwei-/dreimal überarbeitet. Das Lektorat steht noch aus ... und damit wohl die fünfte Überarbeitung.

Jetzt plotte ich von Anfang an, sammel Ideen im Notizbuch, schreibe eine Kapitelübersicht (mit Stimmungen usw.) und arbeite ein Exposé aus mit Inhaltszusammenfassung (wieder Grundlage für die Kapitelübersicht) und Personenbeschreibung. Erst dann schreibe ich ... und mit dem Schreiben wird dann alles weiter geformt und durchdacht. Damit fühle ich mich so ganz wohl, weil ich meine Etappenziele kenne ... ob das zu einem Zweitlingswerk führt, bleibt abzuwarten.

Grüße
Bunt


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agu
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Beitrag16.12.2018 17:26

von agu
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Die Fraktion der Bauchschreiber scheint hier mengenmäßig in der Überzahl zu sein smile

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Eliane
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Beiträge: 823



Beitrag16.12.2018 23:38

von Eliane
Antworten mit Zitat

Oder häufiger zu antworten - aus dem Bauch heraus wink
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agu
Geschlecht:weiblichExposéadler

Alter: 49
Beiträge: 2009
Wohnort: deep down in the Brandenburger woods


Beitrag17.12.2018 00:56

von agu
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Eliane hat Folgendes geschrieben:
Oder häufiger zu antworten - aus dem Bauch heraus wink

Das wäre möglich Wink


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Kiara
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Beitrag17.12.2018 08:17

von Kiara
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Buchplätzchen...
Aus dem Bauch heraus beginnen, bis sich etwas formt.
Dann eine Prise Struktur.
Zeit geben, sich zu entwickeln.
Formen, verändern, anpassen, würzen.
Intensiv verfeinern.
Kontrollieren und bei Bedarf verändern.
Den Aromen Freiraum lassen.
Einen Faden Safran hinzugeben.
Die richtige Konsistenz erreichen.
Feuer entfachen.
Zeit investieren.
Probeessen.
Bereit sein, alles zu entsorgen...
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Bunt Speck
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Wohnort: Brimm


Beitrag17.12.2018 10:15

von Bunt Speck
Antworten mit Zitat

Kiara hat Folgendes geschrieben:
Buchplätzchen...
Aus dem Bauch heraus beginnen, bis sich etwas formt.
Dann eine Prise Struktur.
Zeit geben, sich zu entwickeln.
Formen, verändern, anpassen, würzen.
Intensiv verfeinern.
Kontrollieren und bei Bedarf verändern.
Den Aromen Freiraum lassen.
Einen Faden Safran hinzugeben.
Die richtige Konsistenz erreichen.
Feuer entfachen.
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