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Wer gendert?, fragt die Federwelt

 
 
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nebenfluss
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Beitrag09.12.2018 14:57

von nebenfluss
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a.no-nym hat Folgendes geschrieben:
Es entsteht (nach meiner Beobachtung) gerade durch die Vehemenz und die teilweise Empörung, mit der diese Debatten öffentlich geführt werden, ein Klima, in dem auch K, der Vorsitzende das sprichwörtlichen Kaninchenzuchtvereins, sich fragt, wie er denn nun bitteschön die Vereinsmitglieder in der Einladung zur nächsten Versammlung ansprechen soll, ohne einen fatalen "Fehler" zu begehen (er kennt seine Pappenheimer und weiß genau, Mitglied X lauert nur darauf, dass er irgendwann mal mit irgendwas daneben liegt oder aneckt. K weiß auch, dass X das ganze Genderthema im Grunde vollkommen am Ärmel vorbeigeht (genau wie ihm selbst). Aber X liebäugelt seit sieben Jahren mit dem Vereinsvorsitz und macht K das Leben grundsätzlich schwer, wenn es sich irgend anbietet. Und X hat garantiert auch den Artikel im Buppelwerderer Anzeiger gelesen, in dem stand "Anrede ab jetzt nur noch mit * oder _". Das war zwar nur ein Bericht über eine politische Debatte in der fernen Hauptstadt, aber egal. Die Überschrift sagte ja wohl schon alles. Und in Zeiten, in denen selbst Worte wie "Farbtupfer" nicht mehr frei von Kündigungsrisiken und Empörungsnebenwirkungen sind, kann man ja wohl gar nicht vorsichtig genug sein, denkt sich K - und sucht schon mal die passenden Zeichen auf seiner Tastatur zusammen (später erscheint er in der vollen Notaufnahme des Kreiskrankenhauses Blastedt, wo in letzter Zeit auffallend viele Tastatureinklemmungen versorgt werden).

Du erzählst vielleicht Geschichten ... bist du zufällig Schriftsteller? Laughing

Mit deinen Gedanken kann ich insgesamt mitgehen. Vieles sehe ich ähnlich, insbesondere das Aufschaukeln am politischen Rand, das uns auf die Füße fallen kann.

*

Hobbes‘ Vorliebe für den Baggerfahrer (als Beispiel für Genderbedarf) brachte mich gerade auf die Idee, dass ein inhaltsabhängiges Gendern sinnvoll sein könnte.
Wenn ich also künftig BaggerfahrerInnen schreibe, erzeugt das vor der derzeitigen Genderwirklichkeit dieses Berufs eine feine Ironie. Es wäre eine temporäre Maßnahme - sobald mir in der Realität vermehr Baggerfahrerinnen auffallen, höre ich damit wieder auf.
Wenn ich das allerdings inflationär mache, verpufft der Effekt. Ich schrübe also nicht von ÄrztInnen, BiologInnen und PostbotInnen, weil es dem Leser dann erginge wie beim Lesen von „Sehr geehrte Damen und Herren“ - es sagt mehr über den Autor aus als über die bezeichnete Sache. Kein Leser macht sich auf Dauer die Mühe, sich jedes Mal eine männliche und eine weibliche Person vorzustellen – wir alle waren etwa schon bei Ärzten und auch Ärztinnen*. Das würde ja viel zu sehr von der Erfassung der eigentlichen Aussage ablenken.
Ich gehe z. B. auch davon aus, dass  hobbes und all die vielen anderen Schriftstellerinnen im Deutschen Schriftsteller!forum bei ihrer Anmeldung nicht die geringsten Zweifel hatten, dass sie hier mitgemeint sind.
Bei der BaggerfahrerIn, der PilotIn oder der LokführerIn aber könnte ich es mir sinnig vorstellen.

* EDIT hierzu
hobbes hat Folgendes geschrieben:

Was ist denn das Ziel? Für mich unter anderem dass ein Umdenken stattfindet, in dem Sinn, dass man nicht sofort einen Mann vor Augen hat, wenn irgendwo von einem Arzt die Rede ist.

Da muss man ja zumindest mal zwischen Einzahl und Mehrzahl unterscheiden:
Im Singular (bei bekanntem Geschlecht) ist Gendern in der jetzt geforderten Form ja ohnehin unnötig: Ich gehe zum Arzt oder zur Ärztin, je nachdem.
Es geht ja um Aussagen, wo letzlich nur die Berufsgruppe bezeichnet wird, weshalb man den Plural verwendet.
Wenn du in der Zeitung liest:
Es gibt zu wenige Ärzte auf dem Land.
was versteht du:
- Autor glaubt, es gäbe keine Ärztinnen
- Autor weiß, dass es Ärztinnen gibt, möchte es aber verschweigen
- Auf dem Land gibt es ganz viele Ärztinnen, aber zu wenig Ärzte
- Die medizinische Versorgung auf dem Land ist schlecht, weil der Berufstand unattraktiv ist
?


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a.no-nym
Klammeraffe
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Beitrag09.12.2018 15:58

von a.no-nym
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Moin Smile

nebenfluss hat Folgendes geschrieben:
Du erzählst vielleicht Geschichten ... bist du zufällig Schriftsteller? Laughing
Wieso Geschichten? Du glaubst, das sei erfunden? Hmpf. Das mit der Schriftstellerei - ja - nee. Hab ich eben im Einstand versucht. Deshalb hab ich auch grad wenig Zeit - muss mich gleich nochmal warm anziehen und mich auf die Suche nach meinem Optimismus machen. Hoffentlich hat´s den letzte Nacht nicht sonstwohin geweht... Wink


Was mir gerade noch so durch den Kopf ging: Das Bedürfnis zum Gendern entsteht ja (wenn ich es richtig verstehe) aus der Erkenntnis, dass "weiblich" eben nicht eine Teilmenge von "männlich" ist, sondern etwas Eigenständiges, das schon deshalb eigene Worte verdient und braucht, damit dieser Tatsache in den Köpfen künftig endlich gebührend Rechnung getragen werden kann. Soweit kann ich ganz gut folgen (auch, wenn ich ganz und gar nicht finde, dass "weiblich" durch die Verwendung des generischen Maskulinums zu einer Teilmenge von "männlich" definiert oder degradiert wird.) Sei´s drum - das Bedürfnis, die Unterschiede zu betonen und als etwas Eigenes wahrgenommen zu werden, ist ja nun mal da.

Wie passt das aber mit dem Bestreben zusammen, sowas wie Quotengleichheit bei Baggerfahrern, Piloten oder sonstwo anzustreben/herzustellen? Wenn die Geschlechter sich unterscheiden, dann wäre es doch logisch und konsequent zu erwarten, dass sie sich unterschiedlich auf bestimmte Berufe verteilen? Weil es eben Berufe gibt, die entweder den natürlichen Fähigkeiten/Bedürfnissen von Frauen oder Männern entgegenkommen? Und es bereichert doch letztlich die ganze Gesellschaft, wenn jeder sich möglichst da einbringt, wo seine Stärken liegen.

Wenn ich nicht was komplett falsch verstanden habe, gibt es ja nicht nur genetische Unterschiede zwischen den Geschlechtern, sondern auch welche in der Art, wie das Gehirn funktioniert/genutzt wird. (Wobei ich da jetzt vom Durchschnitt einer größeren betrachteten Gruppe ausgehe - bei Einzelnen werden sich vermutlich Exemplare finden, die das Gegenteil belegen). Wenn nun aber (wie ich mich zu erinnern meine) z.B. Männer andere Hirnareale zur Orientierung nutzen (was, glaube ich mit dem Jagen und Sammeln begründet wird), so dass es ihnen leichter fällt, sich zu orientieren/sie dabei im Schnitt zu besseren Ergebnissen kommen als Frauen, dann könnte es doch sein, dass diese Eigenschaft sie für bestimmte Berufe prädestiniert. Umgekehrt wird es Berufe geben, in denen Frauen durch ihre besonderen Fähigkeiten überdurchschnittlich gut zurechtkommen.

Soweit ich das sehen kann, stehen doch Männern und Frauen von Gesetzes wegen prinzipiell alle Berufe offen. (Einzige Ausnahme der letzten Zeit, an die ich mich erinnere, ist der Mann, der gern Frauenbeauftragter werden wollte. Hier hat das Gericht gegen den Mann entschieden - was ich nicht recht nachvollziehen kann, denn ich sehe nicht, dass das Geschlecht irgendwas darüber aussagen könnte, ob ein Bewerber sich mit Herzblut für Frauen einsetzt oder nicht.)

Die Jugendlichen, die ich erlebe - ob nun männlich oder weiblich - haben ein Selbstverständnis, das sich erfreulicherweise nicht um traditionelle Rollenbilder schert, sondern ganz klar die persönlichen Vorlieben in den Vordergrund stellt. Gepaart mit intensiven Überlegungen, welcher Beruf denn sowas wie eine tragfähige Zukunft haben könnte. Die Jugendlichen wissen, dass ihnen alles offen steht. Praktisch treffen sie (nach meiner Wahrnehmung) ihre eigenen Entscheidungen. Möglicherweise ist "mein" Ausschnitt aus der Realität aber ausgerechnet einer, der sich ganz und gar nicht zur Verallgemeinerung eignet... Ist es nach Eurer Wahrnehmung immer noch so, dass Jugendliche durch Elternhaus, Schule, Umwelt in bestimmte Rollen gedrängt werden/sich Dinge aufgrund von Geschlechterzuschreibungen gar nicht erst zutrauen/Berufe nur deshalb nicht ergreifen, weil diese bisher vom andern Geschlecht dominiert waren/sind?

Freundliche Grüße
a.
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RememberDecember59
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Beitrag09.12.2018 16:16

von RememberDecember59
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a.no-nym hat Folgendes geschrieben:
(Einzige Ausnahme der letzten Zeit, an die ich mich erinnere, ist der Mann, der gern Frauenbeauftragter werden wollte. Hier hat das Gericht gegen den Mann entschieden - was ich nicht recht nachvollziehen kann, denn ich sehe nicht, dass das Geschlecht irgendwas darüber aussagen könnte, ob ein Bewerber sich mit Herzblut für Frauen einsetzt oder nicht.)


An meinem Institut war zu der Zeit, als ich studiert habe, tatsächlich ein Mann Frauenbeauftragter. smile


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Kobold: "Hätte mich das jemand anders gefragt, o Herr, der ihr Schrecklich und Unübertrefflich seid, hätte ich ihn einen Dummkopf genannt, bei Euch jedoch ist diese Frage ein Zeichen jener entwaffnenden Schlichtheit, welche der Born aller Tugend ist. ..."

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hobbes
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Beitrag09.12.2018 21:06

von hobbes
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nebenfluss hat Folgendes geschrieben:

Es gibt zu wenige Ärzte auf dem Land.
was versteht du:

War das eine rhetorische oder eine "echte" Frage?

a.no-nym hat Folgendes geschrieben:
Weil es eben Berufe gibt, die entweder den natürlichen Fähigkeiten/Bedürfnissen von Frauen oder Männern entgegenkommen?

Oha. Und hier wird es schnell wieder schwierig. Im Sinn von: ruckzuck nach "Mädchen sind so, Jungs sind so" abgedriftet. Außerdem würde ich das auch gleich wieder in Frage stellen, diese "natürlichen Fähigkeiten/Bedürfnissen", denn wo kommen die denn her, da sind wir ganz schnell wieder bei der Henne-Ei-Frage. Praktischerweise hatte die Kaltmamsell heute morgen einen Link zu diesem Thema parat:
Der Standard hat Folgendes geschrieben:
"Willst du das wirklich?", bekommen neun von zehn Schülerinnen offenbar zu hören, wenn sie ein Technikstudium andenken.

Ja, in Österreich. Aber das ist doch hier nicht anders.
Wobei der Artikel selbst bekloppterweise in genau die gleiche Kerbe haut, da steht dann nämlich später noch:
Der Standard hat Folgendes geschrieben:
Gefragt seien die Eltern – vor allem aber die Väter, die die analytischen Begabungen der Töchter unterstützen.

Die Väter, natürlich. Die Mütter können das ja nicht so, das Analytische, nicht wahr.  

Von daher, ja sicher, allen stehen alle Berufe offen. Theoretisch. Aber praktisch muss man sich dann so einen Mist anhören.

a.no-nym hat Folgendes geschrieben:
Die Jugendlichen, die ich erlebe - ob nun männlich oder weiblich - haben ein Selbstverständnis, das sich erfreulicherweise nicht um traditionelle Rollenbilder schert, sondern ganz klar die persönlichen Vorlieben in den Vordergrund stellt. Gepaart mit intensiven Überlegungen, welcher Beruf denn sowas wie eine tragfähige Zukunft haben könnte. Die Jugendlichen wissen, dass ihnen alles offen steht. Praktisch treffen sie (nach meiner Wahrnehmung) ihre eigenen Entscheidungen.

Wenn das so ist - wunderbar. Nur ist es leider nicht überall so. Ich höre und erlebe das hier jedenfalls anders.
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Rübenach
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R
Beitrag09.12.2018 21:09

von Rübenach
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nebenfluss hat Folgendes geschrieben:

Wenn du in der Zeitung liest:
Es gibt zu wenige Ärzte auf dem Land.
was versteht du:
- Autor glaubt, es gäbe keine Ärztinnen
- Autor weiß, dass es Ärztinnen gibt, möchte es aber verschweigen
- Auf dem Land gibt es ganz viele Ärztinnen, aber zu wenig Ärzte
- Die medizinische Versorgung auf dem Land ist schlecht, weil der Berufstand unattraktiv ist
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Ersetze Ärzte durch Erzieher.


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Aneurysm
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Beitrag09.12.2018 22:34

von Aneurysm
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hobbes hat Folgendes geschrieben:
Aneurysm hat Folgendes geschrieben:
Die logische Erklärung ist die, dass das Maskulinum nicht die spezifisch männliche Form ist, sondern für alle Personen(gruppen) verwendet wird, die nicht spezifisch weiblich sind.

Nun ja, es ist aber eben gleichzeitig auch die spezifisch männliche Form. Komisch, dass dass das nun ausgerechnet die ist, die für alle Personengruppen gilt. Ja ja, ich weiß, war doch schon immer so.

Das spezifisch Männliche ist eine Teilgruppe von dem, was nicht spezifisch weiblich ist. Insofern verstehe ich nicht, warum dein Satz ein Aber enthält.
hobbes hat Folgendes geschrieben:
Aneurysm hat Folgendes geschrieben:
Stört es dich, dass generell Geschäfte mit der maskulinen Form bezeichnet werden (also zum Beispiel auch "beim Friseur", "beim Kosmetiker")? Oder meinst du, dass die Leute Frauen nicht mit dem Arztberuf assoziieren?

Letzteres.

Und das Gendern soll nun bewirken, dass mehr Frauen klassische Männerberufe ergreifen? Ich glaube nicht, dass es dieses Ziel erreichen kann. Wie bereits erwähnt, hat sich das Gendern in der Allgemeinsprache nie durchgesetzt, und das wird auch in der Zukunft nicht passieren. Man müsste sich ständig bewusst machen, die grammatikalisch richtige Form nicht zu benutzen.

Stattdessen findet sich die Gendersprache in der Politik, in Großunternehmen und in der Wissenschaft. Alles Bereiche, die von Männern dominiert sind. Die Frage ist, inwiefern junge Frauen ermutigt werden, wenn die verwendete Sprache zu ihren tatsächlichen Chancen im Berufsleben im Widerspruch steht.
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firstoffertio
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Beitrag09.12.2018 23:04

von firstoffertio
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hobbes, bei den Beispielen in deinem letzten Beitrag geht's ja wieder um die Köpfe. Ich glaube einfach nicht, dass Gendern daran etwas ändert.
Für mich hebt es ja das altehrwürdig Gebräuchliche gerade hervor. Und könnte gerade dadurch auf Mädchen abschreckend wirken?

(Außerdem hätte ich gerne die Antworten von Jungen gelesen.)

Ruebenach:

Wenn du in der Zeitung liest:
Es gibt zu wenige Erzieher auf dem Land.
was versteht du:
- Autor glaubt, es gäbe keine Erzieherinnen
- Autor weiß, dass es Erzieherinnen gibt, möchte es aber verschweigen
- Auf dem Land gibt es ganz viele Erzieherinnen, aber zu wenig Erzieher
- Die erzieherische Versorgung auf dem Land ist schlecht, weil der Berufsstand unattraktiv ist
?

Ich erkenne keinen Unterschied. Für mich ist's in jedem Fall das letzte.

Das liegt an "auf dem Land". Was darauf hinweist, dass es um die Funktion geht, nicht um das Geschlecht derer, die den Beruf ausüben.

Feminismus ist etwas, das ich nicht immer ganz verstehe. Wenn es um Gleichberechtigung, Gleichstellung geht, warum müssen dann Unterschiede hervorgehoben werden? Und wenn auf Unterschiede verwiesen wird, die es ja zumindest physisch, aber sicher auch anderweitig mehr oder weniger gibt, ist es auch wiederum nicht recht.

Mir fällt dazu die europäische Gemeinschaft ein, als Idee und Plan, die ich  beide ich ja hervorragend finde. Dabei wollen die einen zu sehr bei ihrem Nationalismus, also den Unterschieden bleiben, die anderen forcieren vielleicht zu sehr das Gemeinsame. Irgendwo dazwischen liegt das Machbare. Im Umgang miteinander. In Entwicklungen, in gegenseitiger Akzeptanz und miteinander umgehen. Auch miteinander sprechen. An der Sprache? Hhm.
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a.no-nym
Klammeraffe
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Beitrag09.12.2018 23:27

von a.no-nym
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Rübenach hat Folgendes geschrieben:
Ersetze Ärzte durch Erzieher.
Bei mir ändert sich da nix. In Fall 1 gibt es zu wenig Medizinkundige auf dem Land, in Fall 2 gibt es zu wenige, die eine pädagogische Ausbildung haben.

hobbes hat Folgendes geschrieben:
Oha. Und hier wird es schnell wieder schwierig. Im Sinn von: ruckzuck nach "Mädchen sind so, Jungs sind so" abgedriftet.
Ich empfinde das überhaupt nicht als Abdriften, sondern eher als Versuch einer umfassenden Betrachtung des Themas. Es erscheint mir gerecht, Gleiches gleich zu behandeln. Behandelt man  aber Verschiedenes gleich, bringt das nicht zwangsläufig Gerechtigkeit mit sich (sondern kann sogar äußerst ungerecht sein). Insofern finde ich nicht mal, dass es sich bei der Frage nach Geschlechter-Unterschieden um eine Randfrage handelt. In meinen Augen ist das eine ganz grundlegende Frage.

hobbes hat Folgendes geschrieben:
Außerdem würde ich das auch gleich wieder in Frage stellen

Hm. Also ich würde wissenschaftliche Forschungsergebnisse erstmal nicht von vornherein in Frage stellen. Sie kritisch zu hinterfragen, wäre was anderes. Ob ein signifikanter Unterschied messbar ist oder nicht, sagt ja erstmal nix darüber aus, woher dieser Unterschied kommt, sondern nur darüber, dass er da ist. Und wenn und solange er da ist, wäre es vielleicht angemessen, Unterschiedliches eben nicht vorsätzlich gleich zu behandeln, sondern dafür zu sorgen, dass die vorhandenen Unterschiede nicht zum Hemmnis, sondern zu einer Bereicherung werden - und dass an Stellen, an denen Hemmnisse da sind, diese abgebaut werden. So ein bisschen erinnert mich dieser Punkt der Diskussion an das Leben des Brian und den Kampf dafür, dass Männer das Recht haben sollten, schwanger zu werden... Wink

Ich fände es jammerschade, wenn wir in dem Streben nach Gleichberechtigung und Gleichheit und Gerechtigkeit aus den Augen verlieren, wie wertvoll und bereichernd gerade unsere Unterschiede sind. Weil sie Vielfalt bedeuten. Und dazu führen, dass wir uns ergänzen können. Und weil die Natur vermutlich gute Gründe für das Entstehen von Yin und Yang hatte. Was wir m.E. verlernen sollten ist, dass die Stärken des einen zwecks Vorteilsverschaffung als Waffe gegen den andern zum Einsatz kommen. Das lässt sich aber m.E. nicht durch Gleichmacherei und Ignorieren von Tatsachen erreichen.

hobbes hat Folgendes geschrieben:
Nur ist es leider nicht überall so. Ich höre und erlebe das hier jedenfalls anders.
Schade. Aber vielleicht ist es zumindest auf einem guten Weg?
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nebenfluss
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Beitrag09.12.2018 23:43

von nebenfluss
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hobbes hat Folgendes geschrieben:
nebenfluss hat Folgendes geschrieben:

Es gibt zu wenige Ärzte auf dem Land.
was versteht du:

War das eine rhetorische oder eine "echte" Frage?

Das ist eine echte Frage, wobei meine Vorauswahl gewissermaßen rhetorisch ist.
Aber du musst ja nichts ankreuzen, sondern kannst die Frage auch außerhalb meiner Vorschläge beantworten.


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nebenfluss
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Beitrag09.12.2018 23:50

von nebenfluss
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Rübenach hat Folgendes geschrieben:
nebenfluss hat Folgendes geschrieben:

Wenn du in der Zeitung liest:
Es gibt zu wenige Ärzte auf dem Land.
was versteht du:
- Autor glaubt, es gäbe keine Ärztinnen
- Autor weiß, dass es Ärztinnen gibt, möchte es aber verschweigen
- Auf dem Land gibt es ganz viele Ärztinnen, aber zu wenig Ärzte
- Die medizinische Versorgung auf dem Land ist schlecht, weil der Berufstand unattraktiv ist
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Ersetze Ärzte durch Erzieher.


Hallo Rübenach,

ausschlaggebend für meine Nachfrage war diese Aussage von hobbes
hobbes hat Folgendes geschrieben:

Was ist denn das Ziel? Für mich unter anderem dass ein Umdenken stattfindet, in dem Sinn, dass man nicht sofort einen Mann vor Augen hat, wenn irgendwo von einem Arzt die Rede ist.

(Hervorhebung von mir).
Von daher habe ich keinen Grund, Arzt durch Erzieher zu ersetzen.
Bzw. wäre das erst der nächste Schritt.


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a.no-nym
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Beitrag09.12.2018 23:57

von a.no-nym
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hobbes hat Folgendes geschrieben:

Was ist denn das Ziel? Für mich unter anderem dass ein Umdenken stattfindet, in dem Sinn, dass man nicht sofort einen Mann vor Augen hat, wenn irgendwo von einem Arzt die Rede ist.

Hm. Das ist doch im Grunde genau das, was funktioniert hat, solange das generische Maskulinum die Norm war?
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kioto
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Beitrag10.12.2018 00:19

von kioto
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Hallo,

Eine interessante Diskussion hat sich entwickelt. Aber sollten wir das Thema nicht mal etwas befreit von Ideologie betrachten?

Welcher Erwachsene denkt denkt automatisch an einen Mann, wenn vom Arzt die Rede ist? Und selbst wenn ich zu meinem Kind sage "Wir gehen zum Arzt" wird es nicht entsetzt aufschreien, wenn wir eine Ärztin antreffen.

Ob es seine Rollenerwartung positiv beeinflusst, wenn ich sage: "Wir gehen jetzt zu(m?r) Arzt*in (Genderstern gesprochen als lautloses PUH? Ich kann kein Japanisch, deshalb habe ich diesen Vorschlag nicht verstanden).

Also machen Gendersterchen nur bei Dokumenten einen Sinn, die Kinder in der Prägephase ehe nicht lesen, aber Erwachsene eigentlich nicht mehr brauchen.


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Stanislav Lem: Literatur versucht, gewöhnliche Dinge ungewöhnlich zu beschreiben, man erfährt fast alles über fast nichts.
Phantastik beschreibt ungewöhnliche Dinge (leider m.M.) meist gewöhnlich, man erfährt fast nicht über fast alles.

Gruß, Werner am NO-Kanal
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Beitrag10.12.2018 00:30

von a.no-nym
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kioto hat Folgendes geschrieben:
Aber sollten wir das Thema nicht mal etwas befreit von Ideologie betrachten?


Die Frage ist: Wäre denn am Ende der Ideologie überhaupt noch (genug) Thema übrig? Wink
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nebenfluss
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Beitrag10.12.2018 01:01

von nebenfluss
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Hallo kioto,

da es ja am Rande zur Diskussion gehört:
kioto hat Folgendes geschrieben:
(Genderstern gesprochen als lautloses PUH? Ich kann kein Japanisch, deshalb habe ich diesen Vorschlag nicht verstanden).

ich hatte zuvor schon auf einen Text verwiesen, in dem man sich diese Aussprache des Gendersternchens anhören kann:
http://www.sprachlog.de/2018/06/09/gendergap-und-gendersternchen-in-der-gesprochenen-sprache/
Musst ein bisschen runterscrollen, dann findest du so eine Media-Player-Leiste. Drück auf Play, dann kannst du dir das gesprochen anhören.


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Literättin
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Beitrag10.12.2018 09:34

von Literättin
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Wie subtil und festschreibend althergebrachte Sprachregelungen wirken, merke ich hier im Thread z.B. über das unbekümmert gebrauchte kleine "mitgemeint sein", dessen leichthin mitgegebenes "auch", das ihm innewohnt und das in meinen Ohren stets so etwas gönnerhaftes hat: Frauen dürfen sich auch darin wiederfinden.

Mir fällt so etwas auf: weder in ideologischer Rage, noch in empörtem Fundamentalismus. Ohne Wertung, dafür erschöpft zur Kenntnis nehmend, dass sich das bis heute gehalten hat das mit gemeint. Nicht gleichermaßen und nicht im selben Atemzug.

Uns SozialpädagoInnen in den Achtzigerjahren im Frauenprojektstudium, die wir, um das Ganze zu verstehen, einmal lustig die Sprachumkehrung probten, fielen das ein oder andere Mal noch die Schuppen von den Augen über den tatsächlich ganz drögen Ernst der realen Lage.

Wie absurd die althergebrachte männliche Sprachdominanz ist, zeigt sich oft erst, wenn man die Umkehrung probt, wenn man einmal versucht sich vorzustellen, der Busfahrer, der Manager, der Arzt, der Soldat, der Papst, der Müllmann usw. usf. hätte seit Bestehen jener Berufsbezeichnung grundsätzlich die Busfahrerin, die Managerin, die Ärztin, die Soldatin, die Päbstin, die Müllfrau usw. usf. geheißen und die Männer wären darin halt eben mitgemeint gewesen.

Was daran für die humorigen und rhetorischen und wortreichen und vehementen Gegenredner bis heute und auch hier offenbar nicht nachvollziehbar ist, das erstaunt mich, und wie schwer und widerstandsbehaftet das einfache Aufbrechen und Ändern überkommener Gewohnheiten ist. Und wie erschreckend ermüdend die wie selbstverständlich leise sich einschleichenden rollbacks. Ich dachte in den späten Achtziger und Neunzigerjahren, es wäre so vieles an althergebrachten sprachlich festgeschriebenen Denkstrukturen längst überwunden.

Das wollte ich hier nur mal loswerden: diese unsichtbaren Selbstverständlichkeiten, die mich innerlich zusammenzucken lassen, der wortgewaltige Widerstand gegen Veränderung und irgendwie postmodern: die zur Selbstverständlichkeit gewordene Unterstellung von Fundamentalismus und Ideologie von Gedanken und Ideen, die im Kern nur Befreiung und Gleichstellung im Sinn hatten haben.

Im übrigen nie die "biologische" Gleichstellung, sondern die Gleichstellung an Rechten, Freiheiten und in der Menschenwürde und die Loslösung der drei letzteren von physiologischen Grundgegebenheiten aus denen einfach erst einmal nichts aber auch rein gar nichts "biopsychosozialpolitisch" abzuleiten wäre.


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I can only speak my mind
- John Lennon -

Christ wird nicht derjenige, der meint, dass "es Gott gibt", sondern derjenige, der begonnen hat zu glauben, dass Gott die Liebe ist.
- Tomás Halík -

Im günstigsten Fall führt literarisches Schreiben und lesen zu Erkenntnis.
- Marlene Streeruwitz - (Danke Rübenach für diesen Tipp.)
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Beitrag10.12.2018 15:15

von nebenfluss
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Hallo Literättin,

ich finde deinen Beitrag sehr interessant, auch wenn er aus meiner Sicht eine Prämisse beinhaltet, die ich zweifelhaft finde. Mein Kopf gehört mir, und möchte man die darin vorherrschenden Denkstrukturen verstehen, müsste man zumindest meine Lebensrealität einbeziehen. Falls du Interesse daran hast, sag Bescheid. Wobei ich mir gar nicht sicher bin, überhaupt mitgemeint wink zu sein, denn als vehementer Gegenredner trete ich hier ja nicht gerade auf.

Über dieses mit-gemeint im Genderkontext bin ich auch schon gelegentlich gestolpert und verwende persönlich lieber "genauso gemeint" oder "ebenso gemeint".
Denn tatsächlich wird das dem, was ich ausdrücken möchte, viel besser gerecht.

LG


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Abari
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Der bronzene Durchblick


Beitrag10.12.2018 16:46

von Abari
Antworten mit Zitat

Hey,

mein Einwand richtet sich gegen ein strukturelles Problem in unserem Land, das mMn hier immer wieder latent eingemischt wird, aber eine andere Ursache hat: Rollenbilder werden zugewiesen. Mag man im Umgang mit der DDR nicht die besten Erfahrungen gemacht haben und denken was man will, aber in diesem Punkt war sie sozial weiter: Es gab die zielweise Vollbeschäftigung der Frauen und die Berufe waren frei. Ich möchte jetzt nicht ein Diskussion darüber anstoßen, was dieses andere Land alles falsch gemacht hat, ich selbst habe da so meine bitteren Erfahrungen machen müssen. Drauf geschissen und vorbei. Aber da gab es zumindest Traktoristinnen, Klempnerinnen, Handwerkerinnen, Abteilungsleiterinnen, Mechanikerinnen, Dozentinnen usw. usf.

Das Strukturproblem liegt mE nicht im Sprachgebrauch - a.no-nym hat es ausgeführt - sondern den herrschenden Klischees über die Berufswahl. Und ja, es manifestierte sich, soweit ich mich erinnern kann, in vielen Bereichen des Lebens. Es war normal, dass Mutti zur Arbeit geht, wie es in einem Kinderliede hieß. Die Freiheit, jedweden Beruf zu ergreifen, war den Frauen gegeben, wenngleich auch mit ideologisch scharfen Einschränkungen. Ideologisch im Sinne von Staatskonformität. Das ist einer der vielen Gründe, warum ich mir diesen Staat auf keinen Fall zurückwünsche.

Dennoch: Grundsätzlich konnte jede Frau den Beruf ergreifen, der ihr behagte. Diesbezüglich waren keine Grenzen gesetzt und das wurde schon von Kindesbeinen an einigermaßen proklamiert. Dennoch blieb es beim "Tag des Lehrers", "des Industriearbeiters", "des Lokführers" und wie sie alle hießen. Außer dem "internationalen Frauentag", wo die Frauen insbesondere noch einmal geehrt wurden.

Ich möchte noch einmal unterstreichen, dass ich nur diesen Aspekt, dass es eine freie Berufswahl gab, meine. Natürlich "eignen" sich zierliche Frauen - genausowenig wie zierliche Männer - als Bauarbeiter. Aber Bauarbeiterinnen gab es trotzdem, schon der chronischen Wohnungsnot in der DDR geschuldet. Trotzdem - und da rede ich a.no-nym etwas ins Wort - wäre keine Frau auf die Idee gekommen, sich von maskulinen Berufsbezeichnungen ausgegrenzt zu fühlen. Aber das war damals.

2018 können wir - so meine ich - diesen Zustand nicht vergleichen. Es ist eben komischerweise immer noch unüblich, dass Frau Prof. oder Krankenschwester einen Hausmann zuhause hat, obwohl ich mehrere Fälle kenne, wo das wunderbar funktioniert. Wir werden gesamtgesellschaftlich in Klischees gedrückt, Mädchen in Pink und rosa mit Püppchen und "Stylegedöns" und Jungen auf Blau und Bagger oder Motorrad. Wobei rosa bis zum Beginn des 20. Jhdts. Jungsfarbe war, aber das nur am Rande. Überall extra rosa Ü-Eier "for girls" mit rosa Kuppe. Was da drin ist? Keine Ahnung, aber ich vermute ein Minischminkkästchen.

Und so geht es fort. Das ist (leider) so tief verankert, dass wir dem nicht entrinnen können. Da werden Fernsehprogramme zurecht geschneidert, um den Bedürfnissen bestimmter Gruppen zu genügen und Gedanken, was recht und billig ist, zu zementieren. Bei Mädchen Feenstaub, bei Jungs Bauarbeiter und Feuerwehrmänner. Wir können unsere Kinder dem garnicht wirklich entziehen. Wozu das Ganze? Um Rollen zu verteilen, die man im Leben zu spielen hat. Gott sei Dank sind wir so frei, dass uns das alles auch ankotzen darf. Und wir andere Wege gehen.


_________________
Das zeigt Dir lediglich meine persönliche, höchst subjektive Meinung.
Ich mache (mir) bewusst, damit ich bewusst machen kann.

LG
Abari
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hobbes
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Moderatorin

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Das goldene Aufbruchstück Das goldene Gleis
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Beitrag10.12.2018 17:19

von hobbes
Antworten mit Zitat

Das tut mir jetzt leid für diejenigen, die ich etwas gefragt habe, denen ich aber dennoch keine direkte Antwort mehr gebe. Es kommt mir nur dummerweise so vor, als hätte ich alles, was ich jetzt noch antworten könnte, schon gesagt.
Es noch einmal (in anderen Worten) zu wiederholen, fände ich eher ermüdend.

Eins vielleicht doch noch:
a.no-nym hat Folgendes geschrieben:
hobbes hat Folgendes geschrieben:
Nur ist es leider nicht überall so. Ich höre und erlebe das hier jedenfalls anders.
Schade. Aber vielleicht ist es zumindest auf einem guten Weg?

Den sehe ich leider nicht, diesen guten Weg. Als Beispiel: Kürzlich von einer Freundin gehört: Nein, das erlaube ich meiner Tochter nicht, da habe ich kein gutes Gefühl dabei. Wenn sie jetzt ein Junge wäre, dann, ja, das wäre etwas anderes.
Dieselbe Freundin kürzlich gefragt, warum sie damals (vor etwa 30 Jahren) nicht zur Freiwilligen Feuerwehr gegangen ist, so wie ihre Brüder. Nun ja, sie wäre gern, aber damals waren Mädchen dort noch nicht erwünscht.
Ich weiß nicht, da fällt mir einfach nichts mehr ein.

Und wenn ich dann irgendwo in den Kommentaren zu den verlinkten Artikeln lese, dass sich auf eine Stellenanzeige, bei der explizit auch Frauen angesprochen werden, tatsächlich auch mehr Frauen bewerben, dann finde ich, ist allein das schon das Gendern wert.
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a.no-nym
Klammeraffe
A


Beiträge: 699



A
Beitrag10.12.2018 18:10

von a.no-nym
Antworten mit Zitat

Moin in die Runde,
Hallo Literättin,

was Du geschrieben hast, macht mich sehr nachdenklich - und das meine ich uneigeschränkt positiv. Teilweise habe ich (noch) Schwierigkeiten, Deine Intention zu verstehen - aber ich merke beim wiederholten Lesen Deiner Worte, dass sie mir mehr zu Herzen gehen als andere.

Es ist eine Art tiefes Seufzen, was ich da herauslese - und das ich nochmal als Hinweis nehme, dass die Gleichberechtigung eben in der Praxis noch lange nicht so weit gediehen ist, wie das in meinem Kopf und in meinem Herzen der Fall ist (weshalb ich ja immer damit beschäftigt bin, nach dem Verbindenden, dem Menschlichen zu suchen und mit der sprachlichen Betonung der Unterschiede so meine Schwierigkeiten habe). Der Punkt ist wohl, dass sich die Diskussion über Sprachregelungen nur dann erübrigen würde, wenn es diese mangels Benachteiligung gar nicht mehr bräuchte. Das scheint mir der Punkt zu sein, den ich bei der Betrachtung wohl zu sehr außer Acht gelassen habe. Vermutlich habe ich zu weit in die Zukunft (und damit leider an der Realität vorbei) gedacht.

Die Idee, den „Spieß herumzudrehen“ und kurzerhand die weibliche Form als Standard zu etablieren, ist eine, mit der ich mich sofort anfreunden kann. Beim Lesen Deiner Worte habe ich mich gefragt, warum es diese Lösung nicht wurde, sondern stattdessen das umständliche Neutralisieren oder, wenn das nicht geht, das Trennen in weibliche und männliche Anrede. Insbesondere würde mich diese Lösung (Ärztinnen, Lehrerinnen, Kolleginnen) ansprechen, wenn sie ganz schnörkellos und selbstverständlich daherkommt - also ganz ausdrücklich ohne Großbuchstaben mitten im Wort, ohne Striche und Sternchen, und in der gesprochenen Sprache dann auch ganz ohne Extrabetonung, Sprechpausen, Klicklaute oder was auch immer, sondern mit der größten Selbstverständlichkeit. Das wäre eine Lösung, die mit wenig Aufwand verbunden wäre - und auch geeignet, alle einzuschließen und eben nicht zu trennen und so das dritte Geschlecht herausfallen ließe (womit ich wie gesagt größte Schwierigkeiten hätte). Zum einen kann ich mir vorstellen, dass diese Lösung bessere Akzeptanz fände, weil sie wenig aufwändig und also eher praktikabel ist. Außerdem stelle ich mir das in vielerlei Hinsicht wirkungsvoll und erhellend vor - genau wie Du es aus Deiner Studienzeit beschreibst.

Ich habe mal versucht, ein Bild zu finden für das, was mich in dieser ganzen Diskussion beschäftigt:

Mir ist ein Gefährt eingefallen, auf dem wir unserem Ziel entgegenrollen. Oder sagen wir mal, wir rollen unaufhaltsam vorwärts. Über das genaue Ziel mag es ja gelegentlich Meinungsverschiedenheiten geben. Außerdem geht es manchmal steil bergauf, und dann bewegen wir uns in Serpentinen. Das führt dazu, dass gelegentlich der Eindruck entsteht, wir würden uns vom Ziel wegbewegen:
Literättin hat Folgendes geschrieben:
Und wie erschreckend ermüdend die wie selbstverständlich leise sich einschleichenden rollbacks. Ich dachte in den späten Achtziger und Neunzigerjahren, es wäre so vieles an althergebrachten sprachlich festgeschriebenen Denkstrukturen längst überwunden.
Ja. Bewegung erzeugt Gegenbewegung. Druck erzeugt Gegendruck. Strömung führt zu Unterströmung. Das Pendel schwingt nicht bloß hin, es schwingt immer auch zurück. Trotzdem zeigt ein  Blick in die Geschichtsbücher, dass es eine Richtung gibt. Dass wir in Bewegung sind. Unaufhaltsam. Wie das Erklimmen einer Sanddünde. Ein Schritt, 40cm hoch. 39cm rutscht man beim nächsten Schritt runter (gefühlt sogar 45cm). Aber: Auch bei dieser Fortbewegung, so mühsam sie auch sei, sind spätestens bei Betrachtung aus der Ferne Fortschritte zu erkennen. Mit genügend Abstand sogar ganz gewaltige!

Zurück zum ursprünglichen Bild: Ganz zu Anfang marschierten wir zu Fuß. Die körperlich stärkeren Männchen gingen voraus, beschützten die Weibchen und den Nachwuchs und sorgten *hüstel* zwecks Arterhaltung für ausreichend Nachwuchs - die Verluste unterwegs waren beträchtlich.

Irgendwann wurde aus dem beschwerlichen Fußmarsch eine Fahrt in einem geräumigen Karren. Nun gingen die Männer nicht mehr voraus. Sie waren aber trotzdem vorn. Saßen breitbeinig auf dem Kutschbock, weil auch hier Körperkraft gefragt war. Frauen und Kinder? Siehe oben…

Da wir in diesen Strukturen Jahrtausende verbracht haben, sind sie womöglich sehr tief in unseren Köpfen und Herzen verankert, gerade deshalb, weil sie sich bewährt haben, um unsere Art auch in schwierigen Zeiten und unter widrigsten Umständen zu erhalten.

Und unser Karren? Seit wenigen Generationen steht das gesamte Weltbild quasi Kopf - wer weiß, ob demnächst nicht noch Loopings dazukommen… Aus dem rumpeligen Gefährt ist ein Hightec-Transportmittel geworden - mit der Folge, dass nicht mehr die größte Körperkraft das wichtigste „Bewerbungs-Kriterium“ für die vorderen Plätze ist. Auf der anderen Seite hat sich auch noch die Fortpflanzungs- und Nachwuchsaufzucht-Frage radikal gewandelt. Eine Frau, die beinahe ihr ganzes Leben lang schwanger war und zehn oder zwanzig Nachkommen zu versorgen hatte, stand für den Arbeitsmarkt eben nicht zur Verfügung. Das ist aber nicht die Schuld der Männer. (Finde ich jedenfalls). Es war der Überlebenskampf, der all diese Strukturen hervorgebracht hat. Und dass diese Strukturen ihre Abbildung dann auch in der Sprache gefunden haben, ist doch eher kein bewusst „von oben gewolltes“ Männer-Mach(t)-Werk, sondern schlicht Ausdruck der tatsächlichen Gegebenheiten.

Dass Männer es sich in diesen Strukturen möglichst bequem gemacht haben und diese Bequemlichkeit nicht kampflos aufgeben wollen oder sich beim Umdenken allzu behäbig anstellen, mag man beklagen - ein solches Verhalten scheint mir aber durchaus menschlich zu sein… Auch Frauen, die diese Strukturen schätzen, weil sie sie als verlässlich erlebt haben und die Vorteile nicht missen möchten, mag man als „Entwicklungshemmnis“ betrachten. Fortschrittsfeindlich. Ich finde auch dieses Verhalten verständlich und allzu menschlich. Die meisten Menschen sind nun mal so gestrickt, dass sie zuerst das betrachten, was sich bis zum eigenen Tellerrand finden lässt. Visionen? Ja, na ja. Ist ja alles gut und schön, aber… doch bitte nicht auf meine Kosten.

Wir sind also am Wendepunkt einer sehr langen Entwicklungsphase. Da erscheint es mir naheliegend, dass es den einen zu schnell und den anderen nicht schnell genug geht. Weder den einen noch den anderen mag ich daraus einen Vorwurf machen. Wichtig fände ich vor allem zwei Aspekte:

Dass die Suche nach guten Wegen nicht so viel Energie bindet, dass sie uns lähmt und auf der Stelle festhält.

Dass wir weiterhin gemeinsam in einem Gefährt unterwegs sind - und uns nicht auf zwei Vehikel verteilen. Wenn Männer und Frauen getrennt fahren, hat das aus meiner Sicht mehr Nach- als Vorteile. Sprachliche Trennung betont (und zementiert?) Unterschiede. Und wer weder noch ist, fällt vom Wagen und kann sehen, wie er weiterkommt. Oder braucht einen dritten Wagen. Wir sind eine Art - und deshalb gehören wir m.E. in voller Mensch-Schafts-Stärke auf ein gemeinsames Gefährt. Wir brauchen nicht zwei Fahrzeuge, sondern eine gerechte Verteilung der Plätze auf dem einen Karren.

Sonst kommen wir im nächsten Schritt vielleicht da hin, dass wir das Wort „Familie“ abschaffen. "Familie" schließt zwar die Kinder auch mit ein, könnte aber in den Verdacht geraten, großspurig zu klingen. Immerhin sind die Kinder ja nicht das Eigentum der Eltern, sondern ganz und gar eigenständige Wesen. Klar sind sie das - aber sie sind eben auch Teil des Konstrukts, das wir Familie nennen und das hoffentlich noch eine Weile Bestand haben wird. Für mich ist der praktisch gelebte Respekt vor jedem einzelnen Wesen das entscheidende Kriterium - und der drückt sich m.E. nicht vordergründig dadurch aus, dass ich die Unterschiedlichkeit der Mitglieder durch sprachliche Trennung hervorhebe.


Literättin hat Folgendes geschrieben:
der wortgewaltige Widerstand gegen Veränderung
Hm. Also… zum einen finde ich die Diagnose „wortgewaltig“ in einem Schriftstellerforum wenig überraschend - in diesem Zusammenhang empfinde ich das Wort deshalb beinahe als anklagend. Zum anderen sehe ich in der Diskussion der letzten Tage kaum Widerstand gegen Veränderung, sondern eher Uneinigkeit über die Wege, auf denen sich die Veränderung herbeiführen lässt. Bezüglich der Ziele nehme ich eher Konsens wahr. Oder - wie seht Ihr das?

Freundliche Grüße
a.
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Aneurysm
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 462



Beitrag10.12.2018 18:56

von Aneurysm
Antworten mit Zitat

Hallo Literättin,
Literättin hat Folgendes geschrieben:
Wie absurd die althergebrachte männliche Sprachdominanz ist, zeigt sich oft erst, wenn man die Umkehrung probt, wenn man einmal versucht sich vorzustellen, der Busfahrer, der Manager, der Arzt, der Soldat, der Papst, der Müllmann usw. usf. hätte seit Bestehen jener Berufsbezeichnung grundsätzlich die Busfahrerin, die Managerin, die Ärztin, die Soldatin, die Päbstin, die Müllfrau usw. usf. geheißen und die Männer wären darin halt eben mitgemeint gewesen.

Was daran für die humorigen und rhetorischen und wortreichen und vehementen Gegenredner bis heute und auch hier offenbar nicht nachvollziehbar ist, das erstaunt mich, und wie schwer und widerstandsbehaftet das einfache Aufbrechen und Ändern überkommener Gewohnheiten ist.

ich weiß nicht, ob ich zu den Gegenrednern zähle, die dich erstaunen. Was mich an deinem Argument nicht überzeugt, ist die Behauptung, es gäbe eine männliche Sprachdominanz. Aus meiner Sicht ist die Endung -er nicht männlich, sondern sie weist allgemein auf Personen hin. So wird sie in der Allgemeinsprache auch gebraucht. Die Endung -in wird daran angehängt und spezifiziert, welches Geschlecht die Person hat. Wenn -er eine männliche Endung wäre, müsste das weibliche -in sie ja wieder aufheben, und das gibt es meines Wissens in der Grammatik nicht.

Ich kann daran nichts Diskriminierendes für eines der beiden Geschlechter erkennen. Was ich mir vorstellen kann: Dass die gezielte Verwendung von Doppelformen (z. B. bei Stellenanzeigen) einige Frauen dazu bringt, sich für klassische Männerberufe zu bewerben. Eine Umgestaltung der gesamten Sprache halte ich dagegen erstens für schwer durchführbar und zweitens befürchte ich wie nebenfluss, dass der Effekt dadurch verpufft.

Literättin hat Folgendes geschrieben:
Und wie erschreckend ermüdend die wie selbstverständlich leise sich einschleichenden rollbacks. Ich dachte in den späten Achtziger und Neunzigerjahren, es wäre so vieles an althergebrachten sprachlich festgeschriebenen Denkstrukturen längst überwunden.

Welche Denkstrukturen meinst du hier genau?
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nebenfluss
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Beiträge: 5994
Wohnort: mittendrin, ganz weit draußen
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Beitrag10.12.2018 20:11

von nebenfluss
Antworten mit Zitat

a.no-nym hat Folgendes geschrieben:
[...]Zum anderen sehe ich in der Diskussion der letzten Tage kaum Widerstand gegen Veränderung, sondern eher Uneinigkeit über die Wege, auf denen sich die Veränderung herbeiführen lässt. Bezüglich der Ziele nehme ich eher Konsens wahr. Oder - wie seht Ihr das?


Also, ich für mich kann das bestätigen.
Soll heißen: Ich bin durchaus offen dafür, das generische Maskulinum als "ist halt so!"-Totschlagargument in Frage zu stellen.
Allerdings sehe ich eben auch die Nachteile vieler Gender-Schreibweisen - universal angewandt, neigen sie stark dazu, den Text länger zu machen und den Fokus an den entsprechenden Stellen mit einem "Achtung! Gleichstellung!"-marker zu versehen, der mich von der eigentlichen Aussage ablenkt und den ich als Korrektur meines Weltbildes nicht zu benötigen meine. Im Grunde habe ich schon jetzt beim Lesen von Texten etwa mit Gendersternchen eine Vermeidungsstrategie. Ich nehme einmal zur Kenntnis "Aha, da gendert mal wieder jemand" und dann "lebe ich damit", soll heißen: Ich überlese alles nach Sternchen einfach, stelle sozusagen wieder den gewohnten Lese-Zustand her.
Und aus diesem meinem Verhalten schließe ich dann, dass der Nutzen generell sehr begrenzt wäre, wenn es Konsens würde.
Aber:
Ich persönlich nehme mir beim Schreiben sowieso allerhand Freiheiten heraus, z. B. Wortneuschöpfungen. Von daher kriege ich wohl auch eine individuelle Gender-Strategie umgesetzt.
Und dann wären da ja noch die Möglichkeiten der "schönen", fiktionalen Literatur, die in diesem Forum im Fokus steht. Den Titel "Die Baggerfahrerin" habe ich mir jetzt einfach mal auf die Liste geschrieben; was dabei herauskommt, weiß ich freilich noch nicht.

Und nicht alles kommt ja so sperrig wie das BinnenI, Sternchen oder Unterstrich daher.
Interessant fand ich z. B. die diesbezügliche Idee von zeit-online, männliche und weibliche Bezeichnungen in unspezifischen Fällen einfach abwechselnd zu verwenden. Leider finde ich den Text auf zeit.de nicht mehr.* Ich habe auch stark den Verdacht, dass sich das dort nicht durchgesetzt hat - wäre aber gerade sehr mühevoll, das anhand aktueller Artikel zu recherchieren.
Bei Spiegel online bin ich dabei aber auf das hier gestoßen - zur Belustigung:
https://magazin.spiegel.de/SP/2018/48/160960521/images/co-sp-2018-048-0130-01-43565-bi-crop-v.d25a5f3.jpg

*EDIT: Falls jemand das auch gelesen hat (könnte etwa ein Jahr her sein) und den Text noch auffinden kann, fände ich eine Verlinkung hilfreich.


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Literättin
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Beitrag10.12.2018 22:53

von Literättin
Antworten mit Zitat

Hallo ihr Nachfrager, Antworter, Bezugnehmer - ich weiß nicht wo ich mit antworten anfangen soll, ich weiß auch nicht, ob ich mit antworten überhaupt durchkomme, denn allein schon beim lesen der ersten Reaktionen auf meinen recht schlichten Post, schwirrt mir der Kopf.

@nebenfluss - keine Ahnung von welcher Prämisse Du redest, die dir zweifelhaft erscheint. Die Denkstrukturen in deinem dir gehörigen Kopf zu entschlüsseln hatte ich keine Sekunde lang im Sinn und möchte das auch gar nicht.

@a.no-nym - Wird schwierig, dir alles im einzelnen zu beantworten, da wäre so vieles präzise auseinander zu fuddeln, was ich echt mit meinem Post nicht beabsichtigt hatte, solches erst auszulösen. Das tiefe Seufzen jedenfalls ist so abgesendet wie es bei dir auch angekommen ist und ja, es geht einher mit dem, was noch alles nicht so weit ist, in den Gleichstellungsangelegenheiten.

Zitat:
Es ist eine Art tiefes Seufzen, was ich da herauslese - und das ich nochmal als Hinweis nehme, dass die Gleichberechtigung eben in der Praxis noch lange nicht so weit gediehen ist, wie das in meinem Kopf und in meinem Herzen der Fall ist (weshalb ich ja immer damit beschäftigt bin, nach dem Verbindenden, dem Menschlichen zu suchen und mit der sprachlichen Betonung der Unterschiede so meine Schwierigkeiten habe).
Ich nicke also im ersten Teil dieses Zitats, und lande prompt im Kopfschütteln, beim "Betonen der Unterschiede".

Denn es geht nicht um die Betonung der Unterschiede, es geht um das Benennen der bis dato nicht benannten, also sprachlich unter den Tisch gefallenen anderen Hälfte der Menschheit (in unseren Zeiten aktuell erweitert durch sämtliche anderen möglichen Variationen, was das Ganze zusätzlich verkompliziert und wo sich die Geister wiederum zu streiten beginnen).

Ich gebe dir recht, wenn Du sagst, die ganze Diskussion würde sich erst erübrigen, wenn es keine Benachteiligung mehr gäbe. Allerdings erstaunt es mich immer wieder, wie wenig Bewusstheit für auch sprachlich gesetzte Ungleichheit in Sachen Zugang zu männlich besetzten Domänen es da noch gibt.

Wie tief der Irrtum über die Geschlechter allerdings sitzt und vor allem, welche gesellschaflichen, sozialen, politischen Folgen sich aus den unterschiedlichen Geschlechtern "logischer Weise" ergeben, ergeben haben oder ergeben haben müssten, das lese ich aus nahezu jeder der folgenden Zeilen.

Vorweg noch einmal: aus der Tatsache der unterschiedlichen biologischen Geschlechter wurden bis dato gesellschaftlich unterschiedliche Handlungsfreiräume, -Möglichkeiten, Rechte, Pflichten abgeleitet und unterschiedliche Rollen zugeschrieben die regulär Macht- und Geldvorteile, Freiheiten für den männlichen Part der Menschheit brachten.

Vieles hat sich bis heute gehalten.

Ich selbst bin noch im Bewusstsein gesellschaftlich und medial (also nicht von meinen Eltern) erzogen worden, dass ein Mädchen solange ein Fräulein ist, bis es verheiratet ist. Erst dann ist es Frau. Für mich war es selbstverständlich, dass es im Gegenzug keine Männlein gibt, die erst zum Mann werden, wenn sie unter der Haube sind.

Wie absurd das Fräulein ist, wird - weil es so selbstverständlich ist - leider erst deutlich, wenn man sich versucht vorzustellen, es wäre immer umgekehrt gewesen: es hätte also die Anrede Männlein Müller so selbstverständlich gegeben wie das Fräulein Müller.

Das Fräulein oder Frolleinchen gibt es übrigens bis heute - als Drohung, wenn die Tochter nicht spurt, ganz im Privaten, aber wie oft höre ich das im Vorbeigehen auf Spielplätzen.

Das hat jetzt nichts mit Gendersternchen zu tun. Aber ich frage mich halt, wie man sich über die Gendersternchendiskussion überhaupt noch erhitzen kann. Das ist es, was mir ein Rätsel ist.

Mir ist das so sonnenklar, dass es nötig ist, der unter den Tisch gefallenen Hälfte sprachlich auf die Füße zu helfen.

Es ist nicht lange her, da stotterte man noch an der Frau Bundeskanzler herum.

Ich halte die Umkehrung, die Du als interessante Variante vorschlägst also für genau so irrig und falsch. Ich rede nicht einem Sprachmatriarchat das Wort, wo vorher ein Sprachpatriarchat geherrscht hat.

Ich rede der Abschaffung der Unterschlagung das Wort.

Nicht benannt werden ist "irgendwie nicht vorkommen".

Ganz einfach dargestellt: ich wäre als Kind nie auf die Idee gekommen, Lokführer, Pilot oder Astronaut werden zu wollen, einfach, weil das nicht vorgesehen war. Das war was für Jungs. Ich hatte im Gegenteil null berufliche Idee. Ich hatte ein eher wirres und vages und sehr unbehagliches Bild von mir als seltsam verkleidete 50er Jahre Film-Hausfrau und dachte wage entsetzt: das werd ich nie!

Das war die sprachliche und mediale Realität damals. Die anderen verschwommenen Ideen war irgendwas wie Kindergärtnerin, Grundschullehrerin, Krankenschwester - alles, was mich nicht vom Hocker haute.

Und ich sehe nicht, wie sich das bis heute groß geändert hat.

Natürlich liegt das nicht allein an althergebrachten und überkommenen Sprachregelungen und es wird sich auch nicht allein dadurch ändern. Aber ich finde ellenlange Diskussionen darüber so irritierend, wie ich es irritieren finde, heute hier solch schräge Bilder lese:

Zitat:
Zurück zum ursprünglichen Bild: Ganz zu Anfang marschierten wir zu Fuß. Die körperlich stärkeren Männchen gingen voraus, beschützten die Weibchen und den Nachwuchs und sorgten *hüstel* zwecks Arterhaltung für ausreichend Nachwuchs - die Verluste unterwegs waren beträchtlich.

Irgendwann wurde aus dem beschwerlichen Fußmarsch eine Fahrt in einem geräumigen Karren. Nun gingen die Männer nicht mehr voraus. Sie waren aber trotzdem vorn. Saßen breitbeinig auf dem Kutschbock, weil auch hier Körperkraft gefragt war. Frauen und Kinder? Siehe oben…

Da wir in diesen Strukturen Jahrtausende verbracht haben, sind sie womöglich sehr tief in unseren Köpfen und Herzen verankert, gerade deshalb, weil sie sich bewährt haben, um unsere Art auch in schwierigen Zeiten und unter widrigsten Umständen zu erhalten.



Diese Bilder bestätigen zwar, was bis heute in den Köpfen klebt wie Pech, nur lässt es eben außer acht, dass in vielen archaischen Gesellschaften die Frauen die körperlich anstrengenden Arbeiten zu verrichten hatten und haben und Männer es mit der Jagd vergleichsweise leicht hatten.

Ich schweife ab, das war zu erwarten, denn dein Post lädt dazu ein.

Ich kürze also ab: es geht nicht darum, Unterschiede zu zementieren. Es geht darum, überhaupt mal einen Gleichstand herzustellen.

Sprache bildet ab, schreibt fest, führt fort und wirkt wiederum auf die Realität. Sprache ändert sich zum Glück auch mit oder durch die sich verändernde Gesellschaft.

Ich habe hier keinen Konsens festgestellt, eher Variationen von: Bringt nichts, hat was Diktatorisches, ist (zu) kompliziert oder "ist eigentlich auch gar nicht (mehr) nötig".

Diese Variationen nehme ich als Abwehr wahr. Während ich innerlich solche Abwehr als Energieverschwendung ansehe, weil gendern für mich eigentlich keine solche lange Diskussion benötigt, wo ich innerlich davon ausgegangen bin (allzu oft schon), dass solche Feinheiten eigentlich als Selbstverständliche Veränderungen längst gesellschaftlich hätten durchgearbeitet sein müssen. Aber nein, man diskutiert das noch oder wieder und in der Regel nicht selbstverständlich begrüßend, sondern immer und immer wieder in Frage stellend, ob so was denn sein muss.

Verwirrender allerdings finde ich es, dass immer noch latent biologistisch argumentiert wird mit Mädchen-Jungen unterschiedliche Neigungen weil und Frauen mit den Kindern zuhause gebunden etcetera. Dass es letztlich immer wieder auf so einen Nonsens hinführt. Sich das sprachlich in der Geschichte gründlich niedergeschlagen hat, dass es längst an der Zeit ist, damit aufzuräumen. Nicht, um Unterschiede festzuschreiben, sondern damit endlich alle auf Augenhöhe präsent, benannt und sprachlich (und selbstredend nicht allein da) vertreten sind.

Und nein, ich werde vermutlich nicht auf alle Nachfragen eingehen (können) schon das hier ist mir eigentlich zu lang geraten.


_________________
when I cannot sing my heart
I can only speak my mind
- John Lennon -

Christ wird nicht derjenige, der meint, dass "es Gott gibt", sondern derjenige, der begonnen hat zu glauben, dass Gott die Liebe ist.
- Tomás Halík -

Im günstigsten Fall führt literarisches Schreiben und lesen zu Erkenntnis.
- Marlene Streeruwitz - (Danke Rübenach für diesen Tipp.)
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