18 Jahre Schriftstellerforum!
 
Suchen
Suchabfrage:
erweiterte Suche

Login

Jetzt erhältlich! Eine Anthologie von und mit unseren Usern. Jetzt bestellen! Die erste, offizielle DSFo-Anthologie! Lyrikwerkstatt Das DSFo.de DSFopedia


Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Prosa -> Einstand
Systemisch


 
 
Gehe zu Seite Zurück  1, 2
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
 Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  « | »  
Autor Nachricht
Mann wie ein Turm
Geschlecht:männlichGänsefüßchen
M

Alter: 44
Beiträge: 47



M
Beitrag25.11.2018 14:22

von Mann wie ein Turm
Antworten mit Zitat

So, ich habe mich überwunden und den Text überarbeitet. Hier also Version2:


Wie der Flügel eines Schmetterlings

Immer wenn sich der junge Mann der Ladentür näherte, huschte ein Lächeln über Katharinas Gesicht. Wenn dann aber die Glocke über der Tür schellte, ersetzte sie es durch jene Berufsfreundlichkeit, die Bäckereifachverkäuferinnen eigen ist.
„Guten Morgen!“, grüßte sie und fasste ihn vielleicht ein bisschen zu lang ins Auge.
„Morgen“, murmelte er dann immer zurück, ohne dass er nennenswert den Kopf gehoben hätte, als spüre er Katharinas Blick, und wage es nicht, diesem Blick zu begegnen.
„Zwei Sesam, zwei Mohn und ein Halbpfünder Roggenmisch, wie immer?“, fragte sie jedes Mal, weil sie wusste, was er wollte. Und sie schaute ihn beinahe so offen und freundlich an, wie sie ihm vor seinem Eintreten entgegengeblickt hatte. Dann erhob er die Augen von der Auslage im Tresen und nickte kaum merklich. Aber dass sich ein mattes Lächeln um seine Mundwinkel hervorwagte, konnte Katharina kaum bemerken, denn sie hatte schon die Tüte in der Hand und werkte dienstfertig mit den Backwaren. Und wenn sie dann die Tüten vor ihm ablegte, war er bereits in seinen Geldbeutel vertieft, in dem er nach Kleingeld kramte.
„Drei zwanzig, der Herr“, sagte sie und tippte in die Kasse ein. Dann klimperte er ihr konzentriert die Münzen auf die Schale, obwohl sie schon Anstalten machte, ihm die Hand entgegenzustrecken.
„Zwei, fünfzig, drei, jawohl, passt genau“, zählte sie das Geld in die Schublade. Und Thomas nahm viel zu langsam die beiden Tüten an sich. „Vielen Dank und einen schönen Tag“, sagte sie. Thomas wagte dann immer einen flüchtigen Blick auf das Mädchen, ein noch flüchtigeres Lächeln. Dann nickte er vor sich hin, erwiderte ein „Danke, Ihnen auch“, obwohl er das Siezen eindeutig unangenehm fand, und verließ den Laden.
Draußen auf der Straße wirkte er noch krummer als zuvor, der Nacken gekrümmt, wie es großen Menschen eigen ist, die gewohnt sind, sich zu anderen herabzuneigen.
Jedes Mal verlief der Einkauf so. Immer das gleiche verborgene Lächeln, immer die scheuen Blicke, immer die Freundlichkeit, die zunehmend wie eine schmucke Fassade erschien, hinter der sich Resignation ausbreitete wie der Schimmel in feuchtem Gemäuer.
Und jedes Mal stellte ich dann meine leere Kaffeetasse ab, nahm meine Jacke von dem Stuhl neben mir und verließ das Café. Katharina, die dem jungen Mann wie ich selbst nachgesehen hatte, setzte für mich noch einmal kurz die Maske der Berufsfreundlichkeit auf und ich nickte ihr mitwissend zu, bevor die Ladentür mit dem Klingeln des Glöckchens in Schloss fiel.
Aber heute war etwas anders. Ich hatte mir statt des Milchkaffees einen Cappuccino bestellt und dazu eine Streuselschnecke, dass Katharina mich schon fragte, ob es etwas zu feiern gebe. Aber mir war einfach danach.
„Man gönnt sich ja sonst nichts“, hatte Katharina geantwortet und ich dachte, stimmt eigentlich.
„Ist vielleicht ein Fehler“, hatte ich erwidert und gerade in dem Moment gesehen, dass draußen der junge Mann herankam. Ich wandte mich meinem gewöhnlichen Sitzplatz, als das Glöckchen ertönte, und hörte mit abgewandtem Rücken, dass etwas anders war:
„Ist dieser Morgen nicht ganz herrlich“, grüßte Katharina viel fröhlicher als sonst. „Was kann ich Ihnen heute Gutes tun?“
Und obwohl ich noch mit dem Ablegen meiner Jacke und dem Abstellen von Tasse und Teller beschäftigt war, konnte ich fast greifen, dass Thomas sie verblüfft anstarrte.
„Eine Laugenstange? Käselaugenstange?“, erwiderte Thomas fragend, dass ich mich fast am heißen Cappuccino verschluckt hätte.
„Aber! Heute Sie sind ja ein richtiger Gourmet!“, antwortete Katharina mit gespielter Empörung.
„Ein Feinschmecker“, sagte Thomas mit vorsichtigem Grinsen und blickte sich in der Auslage um. „Und dazu einen Puddingberliner.“
„Machen Sie sich nicht der Völlerei schuldig, Monsieur!“
„Übrigens heiße ich Thomas“, sagte Thomas und der Bäckerladen erstarrte. Ich erstarrte. Ganz langsam blickte ich zu den beiden hinüber mit Puderzucker von der gerade abgebissenen Schnecke an der Oberlippe.
„Ich bin Katharina“, erklärte sie unnötigerweise, denn ihr Name stand auf dem Schildchen an ihrer Brust. Sie schenkte Thomas ein offenes Lächeln und er lächelte zurück.
Das war der Moment, in dem ich meinen Kaffee zum ersten Mal in meinem Leben stehen ließ, mir Jacke und Streuselschnecke schnappte und wortlos das Café verließ. Jeder braucht manchmal etwas Privatsphäre.



Die Veränderungen sind nicht sehr schwerwiegend, bin aber dennoch gespannt, was Ihr dazu meint.

Schöne Grüße, Turm.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
firstoffertio
Geschlecht:weiblichShow-don't-Tellefant


Beiträge: 5854
Wohnort: Irland
Das bronzene Stundenglas Der goldene Spiegel - Lyrik (1)
Podcast-Sonderpreis Silberner Sturmschaden


Beitrag25.11.2018 23:51

von firstoffertio
Antworten mit Zitat

Ich habe immer Probleme, Versionen zu vergleichen, weil sie so weit auseinander hier zu finden sind, und Verändertes meist nicht markiert ist.

Klar ist, du führst den Namen nun nicht gleich zu Beginn ein.
Hier ein Fehler, und eine Frage, die ich schon früher stellen wollte:

Ich wandte mich meinem gewöhnlichen Sitzplatz ZU(?), als das Glöckchen ertönte, und hörte mit abgewandtem Rücken, dass etwas anders war:

Mit abgewandtem Rücken: Das bedeutet doch: Mit dem Gesicht zugewandt? Also hinguckend. Oder nicht? Bin mir aber selbst ganz unsicher nun.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Mann wie ein Turm
Geschlecht:männlichGänsefüßchen
M

Alter: 44
Beiträge: 47



M
Beitrag26.11.2018 09:22

von Mann wie ein Turm
Antworten mit Zitat

Hallo, firstoffertio!

Zuerst mal danke dafür, dass Du Dich nochmal auf den Text eingelassen hast. Ich schätze, die zweite Version ist noch mit zu heißer Nadel gestrickt, dann fehlt schon mal hier und da ein "zu". Vielleicht war ich auch nur mit halbem Herzen dabei, weil ich nicht wirklich davon überzeugt bin, dass ich ihn überarbeiten sollte.

Was die Sache mit dem Rücken angeht: Mit abgewandtem Rücken kann natürlich nicht bedeuten mit zugewandtem Gesicht. Das würde ja gar keinen Sinn ergeben, weil der Erzähler sich in dem Moment ja auf sein Gehör verlässt. "hörte mit abgewandtem Rücken" fasst mehrere Dinge in eins zusammen: Der Erzähler hat sich abgewandt und hört von daher gleichsam mit dem Rücken. Ich gebe zu, dass Du mich durch Deinen Kommentar kurzzeitig in Verwirrung gestürzt hast, aber jede andere Formulierung, die ich mir zur Vereindeutigung überlegt habe, passt für mich nicht hinein: Mit abgewandtem Gesicht, mit zugewandtem Rücken? Nein, das trifft nicht. Es ist kein bewusstes Sich-Abwenden und auch kein bewusstes Zuwenden. Ich bin für Vorschläge zwar offen.

Schöne Grüße, Turm
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Lila Herz
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen
L


Beiträge: 16
Wohnort: NRW


L
Beitrag26.11.2018 21:09

von Lila Herz
Antworten mit Zitat

Hallo Mann wie ein Turm,

Mir gefällt die Geschichte, obwohl es eine Kurzgeschichte ist, mag man die Charaktere schon  so, dass man sich freut, dass sie es endlich geschafft haben, zueinander zu finden, bzw den ersten Schritt zu gehen.
Auch die Idee mit dem Beobachter, der erst in der Mitte der Geschichte ins offensichtliche tritt, zunächst als Beobachter und dann als derjenige, der durch eine Kleinigkeit die weitere Handlung entscheidend beeinflusst, mag ich.
Was mich an der ersten Version gestört hatte , war, das die zunächst als schüchtern, zurückhaltend dargestellten Charaktere ganz plötzlich so offensiv geflirtet haben. Das finde ich jetzt stimmiger.
Den neuen Titel finde ich vom Klang her zwar schön und es passt auch zur Geschichte, aber das Bild mit dem Flügelschlag des Schmetterlings gab es meiner Meinung nach schon zu oft (butterfly effect etc). Mir persönlich gefiel der ursprüngliche Titel besser, aber er war sehr abstrakt ist und setzte sich damit von der Geschichte etwas zu sehr ab. Vielleicht fällt dir noch ein anderes Bild ein, was diesen Flügelschlag des Schmetterlings als Überschrift verdeutlichen könnte.

Den Ort der Handlung, die Bäckerei, finde ich übrigens gut gewählt. Du hast Kleinigkeiten aus dieser Situation, die jeder kennt, gut eingebaut und damit zu kleinen Besonderheiten gemacht (gut gefällt mir zb die Oberlippe mit dem Puderzucker).
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Mann wie ein Turm
Geschlecht:männlichGänsefüßchen
M

Alter: 44
Beiträge: 47



M
Beitrag27.11.2018 21:53

von Mann wie ein Turm
Antworten mit Zitat

Hallo Lila Herz!

Freut mich, dass Dir die Geschichte gefällt, über den Titel werde ich nachdenken und hier und da noch ein bisschen zurechtbasteln.

Schöne Grüße, Turm
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Murnockerl
Geschlecht:weiblichEselsohr
M


Beiträge: 340



M
Beitrag28.11.2018 10:22

von Murnockerl
Antworten mit Zitat

Hallo Mann wie ein Turm! Ich habe jetzt gleich die neue Version von deinem Text gelesen und die alte nur überflogen. Ich persönlich bin ein großer Fan von Erzählern, die sich selbst als Teil der Geschichte entpuppen, insofern finde ich diese Überraschung in deinem Text sehr gelungen smile Es ist aber auf jeden Fall gut, dass du den Text konsistenter gemacht hast in Bezug darauf, was der Erzähler wissen kann und was nicht - so fügen sich die Puzzleteile besser ineinander, wenn enthüllt wird, dass der Erzähler buchstäblich anwesend ist, und man hat einen Aha-Effekt.

Eine kleine Anregung, die mir beim Lesen in den Sinn gekommen, aber natürlich nicht notwendig ist, damit der Text funktioniert: Wie wäre es, wenn der Erzähler durch seine Handlungen (unabsichtlich) das Gespräch zwischen den beiden in Gang setzt? Also (nur ein grobes Beispiel) Katharina etwa seine Streueselschnecke fallen lässt und Thomas sie für sie aufhebt oder der Erzähler eines von den Gebäckstücken bestellt, die Thomas sonst immer kauft, wodurch das Gewünschte ausverkauft ist und Thomas sich von Katharina über eine Alternative beraten lassen muss, etc ...

Ich weiß nicht, ob es nur mir so geht, aber ich habe mich vor allem am Anfang ein wenig an der gewählten Zeitform gestört. Die Mitvergangenheit signalisiert mir, dass du eine Handlung nacherzählst, die in der Vergangenheit genau so abgelaufen ist. Das ist hier aber nicht der Fall, weil der Erzähler sich ja auf mehrere Begebenheiten bezieht und sie quasi in einem "Standardfall" zusammenfasst. Beim schlussendlichen Flirt von Katharina und Thomas erzählst du dann tatsächlich eine einzelne Handlung nach, verwendest aber immer noch die Mitvergangenheit ...
Eventuell könnte es helfen, wenn du eine andere Zeitform - z.B. die Gegenwart - verwendest, die mMn sowohl für Zusammenfassungen/Nacherzählungen als auch die Geschehnisse am Ende des Textes passen würde. Allerdings müsstest du das ausprobieren. Kann auch sein, dass ich da völlig danebenliege - vor allem, wenn sich sonst noch niemand daran gestört hat Wink

Einige Dinge, die mir beim Lesen aufgefallen sind:

Zitat:
„Morgen“, murmelte er dann immer zurück, ohne dass er nennenswert den Kopf gehoben hätte, als spüre er Katharinas Blick, und wage es nicht, diesem Blick zu begegnen.


Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich denke, es müsste "spürTe" und "wagTe" heißen, weil du in der Vergangenheit schreibst.

Zitat:
Draußen auf der Straße wirkte er noch krummer als zuvor, der Nacken gekrümmt, wie es großen Menschen eigen ist, die gewohnt sind, sich zu anderen herabzuneigen.


Mich stört die Wortwiederholung "krumm"/"krümmen" - vllt könnte man schreiben "der Nacken gebeugt" oder etwas dergleichen? Eine ideale Alternative fällt mir auch gerade nicht ein ...

Zitat:
Ich hatte mir statt des Milchkaffees einen Cappuccino bestellt und dazu eine Streuselschnecke, dass Katharina mich schon fragte, ob es etwas zu feiern gebe.


sodass

Zitat:
„Ist vielleicht ein Fehler“, hatte ich erwidert und gerade in dem Moment gesehen, dass draußen der junge Mann herankam.


"Herankam" klingt für mich irgendwie nicht so rund, vielleicht "sich näherte" stattdessen?

Zitat:
Ich wandte mich meinem gewöhnlichen Sitzplatz zu, als das Glöckchen ertönte, und hörte mit abgewandtem Rücken, dass etwas anders war:


Zitat:
„Eine Laugenstange? Käselaugenstange?“, erwiderte Thomas fragend, dass ich mich fast am heißen Cappuccino verschluckt hätte.


Entweder "sodass" oder "erwiderte Thomas so fragend, dass ..."

Zitat:
Ganz langsam blickte ich zu den beiden hinüber, (Beistrich) mit Puderzucker von der gerade abgebissenen Schnecke an der Oberlippe.


Jetzt habe ich ziemlich viel angemerkt - das bedeutet aber nicht, dass mir dein Text nicht gefallen hat, also versteh es bitte nicht so smile Die Geschichte ist sehr amüsant und der Erzählwechsel peppig und ungewöhnlich.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Mann wie ein Turm
Geschlecht:männlichGänsefüßchen
M

Alter: 44
Beiträge: 47



M
Beitrag28.11.2018 22:33

von Mann wie ein Turm
Antworten mit Zitat

Hallo, Murnockerl!

Herzlichen Dank für Deine Anmerkungen, die ich jetzt wiederum mit Anmerkungen versehen will:

Die Idee ist ja, dass der Erzähler sich als Teil des Systems begreift und nur eine kleine Sache ändert, um das Ganze zu verändern. Insofern fände ich weitergehende Handlungen zu viel.

Was die Zeitform angeht: Hm. Mag sein, dass man zwischen den verschiedenen Erzählabschnitten hätte unterscheiden müssen und dass die Konjuktive eigentlich Konjunktiv zwei hätten sein müssen. Es geht mir aber nicht um logische Korrektheit, sondern um Stimmung und Erzählfluss, die ich so, wie es ist, gegeben finde.

Die Sache mit dem "krumm" habe ich aus der ersten Version verschlimmbessert, Kommando zurück, danke.

"sodass" hat weiter oben schon einmal jemand angemerkt. Ich halte auch "dass" für grammatisch korrekt. Ich wähle es bewusst, weil es nach meinem Empfinden näher am finalen "damit" ist als das konsekutive "sodass". Es hat also für den Erzähler fast den Anschein, als passiere alles, was passiert zu einem gewissen Zweck (aber eben nur fast, sonst stünde da ja "damit").

In dem "herankam" steckt stärker als in dem "sich nähern" die Komponente, dass es ein Hier gibt, wo sich der Erzähler befindet, der doch jetzt als Figur an Wichtigkeit gewinnt. Ich kann allerdings nachvollziehen, dass Du es holprig findest.

Dass das "zu" beim Sitzplatz fehlt, hat auch schon wer bemerkt, Flüchtigkeitsfehler, danke für den Hinweis.

Du bist auch schon der zweite, der mich auf das Komma vor dem Puderzucker hinweist. Mir ist aber nicht klar, wieso da ein Komma hingehören sollte. Trennt man denn schlichte Präpositionalausdrücke mit Komma ab?

Nochmal danke für die Mühe, die Du Dir gemacht hast, ich werde noch ein bisschen brüten.

Schöne Grüße, Turm
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Murnockerl
Geschlecht:weiblichEselsohr
M


Beiträge: 340



M
Beitrag29.11.2018 13:50

von Murnockerl
Antworten mit Zitat

Wie gesagt - das sind die Dinge, dir mir aufgefallen sind, aber natürlich obliegt es dir, wie du damit umgehst Wink

Zitat:
Du bist auch schon der zweite, der mich auf das Komma vor dem Puderzucker hinweist. Mir ist aber nicht klar, wieso da ein Komma hingehören sollte. Trennt man denn schlichte Präpositionalausdrücke mit Komma ab?


Du hast Recht, nach einigem Überlegen denke ich inzwischen auch, dass da tatsächlich kein Komma hingehört. Trotzdem sieht es für mich ohne Komma irgendwie seltsam aus ...

Zitat:
Was die Zeitform angeht: Hm. Mag sein, dass man zwischen den verschiedenen Erzählabschnitten hätte unterscheiden müssen und dass die Konjuktive eigentlich Konjunktiv zwei hätten sein müssen. Es geht mir aber nicht um logische Korrektheit, sondern um Stimmung und Erzählfluss, die ich so, wie es ist, gegeben finde.


Also ob du nun in der Mitvergangenheit bleibst oder nicht ist, wie gesagt, echt Geschmackssache. Bezüglich der Konjuktivform würde ich aber schon stark dafür plädieren, jene Form zu nehmen, die tatsächlich grammatikalisch korrekt ist. Eine korrekte Grammatik ist für mich Grundlage eines Textes und - zumindest für mich - für den Lesefluss wichtiger als eine gestörte Stimmung oder ein gestörter Rhythmus (was hier aber mMn bei "wagte" und "störte" auch nicht der Fall wäre).
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Pickman
Geschlecht:männlichPlottdrossel


Beiträge: 2294
Wohnort: Zwischen Prodesse und Delectare


Beitrag02.12.2018 13:06

von Pickman
Antworten mit Zitat

Hi Mann wie ein Turm,

und: hui, was für ein Einstand!

Ich habe meinen Vorpostern nichts hinzuzufügen und freue mich auf mehr von dir.

Cheers

Pickman


_________________
Tempus fugit.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
nothingisreal
Geschlecht:weiblichBücherwurm


Beiträge: 3994
Wohnort: unter einer Brücke


Beitrag02.12.2018 15:33

von nothingisreal
Antworten mit Zitat

Hallo Mann wie ein Turm (was auch immer das bedeuten soll),

ich mochte deine Geschichte. Die erste Version habe ich nicht gelesen, nur überflogen. Aus den Kommentaren wusste ich leider, dass die Perspektive sich verändern wird. Dadurch las ich von Anfang an aus der Sicht einer dritten Figur, eines Beobachters, und da frage ich mich, ob die Story für mich auch funktionieren würde, hätte ich das nicht gewusst. Ich glaube tatsächlich nicht. Ich hätte mir gewünscht, der Ich-Erzähler würde früher auftauchen, wenn auch nur in einem Nebensatz, damit mir die Perspektive klar wird.


_________________
"Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten." - William Somerset Maugham
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
a.no-nym
Klammeraffe
A


Beiträge: 699



A
Beitrag02.12.2018 16:35

von a.no-nym
Antworten mit Zitat

Hallo, Mann wie ein Turm,

ich schleiche mich nur mal ganz kurz hier rein.

Zitat:
Du bist auch schon der zweite, der mich auf das Komma vor dem Puderzucker hinweist. Mir ist aber nicht klar, wieso da ein Komma hingehören sollte. Trennt man denn schlichte Präpositionalausdrücke mit Komma ab?


Nach meinem laienhaften Verständnis handelt es sich bei dem Puderzucker an der Oberlippe um eine nachgestellte Erläuterung - in diesem Fall wäre das Komma zwingend zu setzen.
https://www.duden.de/sprachwissen/sprachratgeber/Komma-bei-nachgestellten-Erlauterungen

Auch würde das Komma Irritationen beim Lesen vermeiden. Er blickt ja mit den Augen und nicht mit Puderzucker irgendwohin (genau so liest es sich aber zunächst, wenn das Komma fehlt). Ist das Komma gesetzt, erschließt sich die Aussage dagegen von vornherein problemlos.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Herdis
Geschlecht:weiblichLeseratte


Beiträge: 134
Wohnort: Nordhessen


Beitrag02.12.2018 17:53

von Herdis
Antworten mit Zitat

Hi,

Vielleicht wird es etwas deutlicher/anschaulicher,wenn man den Satz als eingeschobenen Satz liest:

"Ganz langsam,mit Puderzucker von der gerade angebissenen Schnecke an der Operlippe,blickte ich zu den beiden hinüber."

LG
Herdis


_________________
"Wenn ich nicht schreibe, fühle ich, wie meine Welt schrumpft. Ich empfinde, wie ich mein Feuer und meine Farben verliere." Anais Nin

Online frei erhältlich:
Herbsttag (Zwischendurchgeschichten, WIRmachenDRUCK.de, 978-3-9817672-9-2)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
muetzchen
Geschlecht:weiblichWortedrechsler
M


Beiträge: 50



M
Beitrag02.12.2018 19:23

von muetzchen
Antworten mit Zitat

Hallo Mann wie ein Turm,
ich habe beide Versionen gelesen, auch die Kritik an der zweiten. Letztendlich liegt es an dir, natürlich, welche du aufnimmst und welche nicht. Ich persönlich finde die zweite Version (bis auf Details wie Kommata und abgewandter Rücken), richtig gut!
LG Muetzchen
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Winterfeld
Geschlecht:männlichGänsefüßchen
W

Alter: 42
Beiträge: 25
Wohnort: Pfalz


W
Beitrag04.12.2018 09:36

von Winterfeld
Antworten mit Zitat

Hallo Turm,  

ich habe beide Versionen gelesen und habe auch dein Hadern im Hinblick auf die vorgeschlagenen Änderungen mit Interesse verfolgt - Gedankengänge, die ich beim Lesen meiner eigenen, ersten Kritiken hier im Forum in ähnlicher Weise durchlebt habe.  Insgesamt kann ich mich der Aussage von Muetzchen vollumfänglich anschließen. Die Neufassung liest sich für mich persönlich deutlich angenehmer. Aber das Wichtigste: Sie hat durch die Korrekturen nichts von ihrem Charme verloren. Und das ist es letztlich, was mir an dieser Kurzgeschichte besonders gefällt. Einfach ein charmanter, intelligenter kleiner Text, den ich gerne gelesen habe. Danke dafür.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Mann wie ein Turm
Geschlecht:männlichGänsefüßchen
M

Alter: 44
Beiträge: 47



M
Beitrag05.12.2018 22:52

von Mann wie ein Turm
Antworten mit Zitat

Hallo mal wieder!

Nach ein paar Recherchen melde ich mich zurück. Zunächst einmal ein herzliches Dankeschön für die freundlichen Worte zu meinem Text. Besonders freut mich, Winterfeld, dass Du findest, dass der Charme des Textes erhalten geblieben ist. Das beruhigt mich, vielen Dank.

Was nun meine Recherchen angeht: Es waren vor allem solche zur Grammatik. Denn mich haben weder Eure Ausführungen zum Konjunktiv (wagTe oder störTe) noch die zur Kommasetzung vor dem Puderzucker.
Murnockerl hat Folgendes geschrieben:
Bezüglich der Konjuktivform würde ich aber schon stark dafür plädieren, jene Form zu nehmen, die tatsächlich grammatikalisch korrekt ist. Eine korrekte Grammatik ist für mich Grundlage eines Textes und - zumindest für mich - für den Lesefluss wichtiger als eine gestörte Stimmung oder ein gestörter Rhythmus (was hier aber mMn bei "wagte" und "störte" auch nicht der Fall wäre).

Grundsätzlich gebe ich Dir Recht, dass man sich korrekter Grammatik bedienen sollte. Allerdings ist korrekte Grammatik ein schmaler Grat. Denn wer benutzt beispielsweise "wegen" mit dem Genitiv, ohne dass es irgendwie altbacken wirkt oder schreibt "Sinn ergeben" oder dergleichen. Sprache ist ein bewegliches Ding und Grammatik hat an sich keinen normativen, sondern deskriptiven Charakter: Sie beschreibt, wie Sprache benutzt wird. Dennoch: Wenn man irgendwelchen ungrammatischen Mist zusammenschreibt, bleibt es doch Mist. Allerdings ist das bei dem fraglichen Fall nicht der Fall (im Falle des Falles). Vielmehr trägt die Form Bedeutung (und nicht im Sinne der Stimmung oder des Rhythmus, sondern semantisch, aber das habe ich ja schon weiter oben erläutert).
Jedenfalls sagt Duden-Grammatik, wenn man sich darauf beziehen will, dass in Vergleichssätzen, wie hier einer vorliegt, Konjunktiv I und II ohne erkennbaren Bedeutungsunterschied stehen können (den Bedeutungsunterschied sehe ich zwar sehr wohl, er ist allerdings nur sehr fein). Ich persönlich mag den Konjunktiv I auch irgendwie einfach. Und nachdem er ja doch nicht falsch ist, bleibe ich dabei.

Das Komma vorm Puderzucker: Die nachgestellten Erläuterungen, auf die Du verweist a.no-nym, sind doch eher solche, die sich mit einem "nämlich" anschließen lassen. Dergleichen liegt hier nicht vor. Auch die Umstellung, Herdis, hilft da nicht wirklich. Denn erstens ist das, was Du da mit Kommata abtrennst, überhaupt kein Satz (es fehlt ziemlich eindeutig das Verb) und zum Anderen könnte man auch anders umstellen: "Mit Puderzucker von der gerade angebissenen Schnecke an der Oberlippe blickte ich ganz langsam zu ihnen hinüber" legt meines Erachtens eher kein Komma nahe.
Gleichwohl bin ich gewillt, um "Irritationen beim Lesen" zu vermeiden, ein Komma zu setzen.

Das alles klingt jetzt vielleicht allzu sehr, als wollte ich Recht behalten, aber deswegen schreibe ich das hier nicht. Vielmehr freue ich mich darüber, wie tief wir in sprachliche Gefilde vordringen.
In diesem Sinne Petri Heil! Oder wie man so sagt.

Schöne Grüße, Turm.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
Seite 2 von 2 Gehe zu Seite Zurück  1, 2

Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Prosa -> Einstand
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen.
In diesem Forum darfst Du keine Ereignisse posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht herunterladen
 Foren-Übersicht Gehe zu:  

EmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungBuchEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlung

von Ruth

von fancy

von V.K.B.

von Nina C

von Enfant Terrible

von fancy

von Nicki

von EdgarAllanPoe

von gold

von JT

Impressum Datenschutz Marketing AGBs Links
Du hast noch keinen Account? Klicke hier um Dich jetzt kostenlos zu registrieren!