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Schattenwurf

 
 
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Michel
Geschlecht:männlichBücherwurm

Alter: 52
Beiträge: 3376
Wohnort: bei Freiburg
Das bronzene Bühnenlicht Das goldene Niemandsland
Der silberne Durchblick Der silberne Spiegel - Prosa
Silberne Neonzeit


Beitrag14.10.2018 19:00
Schattenwurf
von Michel
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

„Manche Menschen glauben, dass die elektromagnetische Strahlung der Anlagen krank macht“, ruft Sandra, die Technikerin, gegen den Wind an. Wolfgang muss sein Ohr sehr nah an ihren Mund halten und sich doch den Rest zusammenreimen. Die Kanzel der Windkraftanlage schwankt unter seinen Füßen und seine Hand umklammert den Haltegriff neben der Luke. „Dabei sind es die Geräusche der Rotorblätter und der Stroboskopeffekt des Schattenwurfs.“
Stroboskopeffekt, das muss er sich merken. Hier oben auf dem Dach der Gondel wäre es sinnlos, das Mikro aufzubauen, außer dem Prasseln des Windes hätte er später nichts auf dem Audiofile.
„Ich höre nichts außer dem Wind“, brüllt er.
Sandra lacht lautlos. Schöne Zähne hat sie, kräftig, wie ihre ganze Statur. Sie wirkt zu Hause, nicht nur hier oben.
„Hör genauer hin!“
Er tut wie geheißen. Der Wind braust um seine Ohren und fängt sich heulend im Geländer der Ausstiegsöffnung, das die Technikerin mit einem geübten Griff ausgeklappt hat: „Für Gäste, ich brauch das nicht.“ Sonst nichts. Oder?
Da ist es, dieses niederfrequente Wupp-Wupp-Wupp, knapp über dem Infraschallbereich. Leicht zu überhören, wenn man es nicht kennt. Jetzt, wo er es im Ohr hat, dringt es durch die Windgeräusche wie die Wagner-Ouvertüre aus Nachbars High-End-Boxen. Das kommt nicht von den Rotorblättern, die wenige Schritte vor ihm die Luft zerteilen, sondern von der Anlage hundert Meter weiter.
Sandra nickt. „Genau. Schreib bloß nicht, dass ich dir das gezeigt habe, sonst bin ich den Job hier los.“
Er nickt. Wieder tut die riesige Gondel unter ihm einen Satz und er klammert sich ans Geländer. Sandra lächelt mit freundlichem Spott. Das Sicherungsseil, das sie mit Karabinern in die Halteösen neben ihr eingeklinkt hat, liegt in lockeren Schleifen.
Wie ein gigantischer Zaun ziehen sich die Windräder über den Hügelkamm und lassen die letzten Bäume aussehen wie struppiges Gras. Auf dem nächsten Hügel stehen ebenfalls Anlagen und der halbe Höhenzug im Süden ist von Rotoren gesäumt, den Ausläufers eines futuristischen Urwaldes, der dort wächst.
Sandra folgt seinem Blick zurück zum Ortseingang von Missenbach. „Für den Badeweiher kommst du drei Jahre zu spät. Im Schilf wächst kein Mais, also weg damit.“ Ihre Stimme bekommt einen harten Unterton. „Oder guckst du nach Göbels Wäldchen?“
Schuldbewusst schweigt er und lässt sie weiterreden.
„Drei Tage haben sie gebraucht, um es umzusägen. Planierraupe drüber, weg. Waren eh nur Fichten. Ernte hat der alte Göbel es genannt und Schnittreife. Und sich dann seinen Scheck geholt. Der ist auch längst weg.“
Im Wäldchen war‘s, keine zehn Schritte weg vom Weiher. Er weiß, dass sie weiß, dass er daran denkt, an die Stechmücken und die Zecken, die er sich später aus dem Schritt gepult hat, an das ängstliche Lauschen, wenn irgendwo ein Zweig knackte, und an die schweigende Ratlosigkeit hinterher. Später, im Auto, war wenigstens der Hintern nicht mehr so zerstochen.
Weg, alles weg. Schöllers Hof draußen in der Ebene, dieses baufällige Ensemble aus Betonziegeln, rostigem Wellblech und Pappeallee. Oder die Trafohäuschen an der Landstraße, keine Ahnung, was die da sollten. Die Hecken, die Entwässerungsgräben mit den riesigen Heuschrercken und den Eidechsen in der Böschung, das Geräusch von Rattenfüßen in Betonrohren und der Geruch nach Staub und Motoröl. Dafür blühen jetzt die grünen Kuppeln einer Biogasanlage hinter dem Ort. Irgendwo muss der ganze Mais ja hin. Fehlt nur noch das Minarett, aber da würden die Jungs aus der Kreisstadt keinen Spaß verstehen.
„Bist du deswegen hier?“ Sie betrachtet ihn mit zusammengekniffenen Augen, wie die Männer in den Italowestern sie haben. „Kleine nostalgische Heimatschau? Ich hoffe, du schreibst wirklich für die Zeitung. Oder hast du mich reingelegt?“
Er schüttelt den Kopf. „Regionalradio. Zeigst du mir noch, was in der Gondel steckt?“
Wortlos winkt sie ihn zum Einstieg. Sie wartet, bis er sicher im Innern der Gondel ist, bevor sie den Karabiner seines Seils löst.
Drinnen versucht er, aus den Anzeigeinstrumenten der Schalttafel schlau zu werden. Hier kann er sich trotz der Betriebsgeräusche hinter dem Mikro verschanzen. Er wird den ganzen Kram im Studio noch mal anhören müssen. Asynchrongenerator, Planetengetriebe, Rotorblattsteuerung, alles rauscht an ihm vorüber und verschwindet hinter dem Summen der Mücken und dem nächtlichen Quaken der Frösche. Sandra scheint das zu spüren. Irgendwann hält sie inne, zuckt resigniert mit den Schultern und weist ihn den Weg zum Abstieg.
„Was hält dich eigentlich hier?“, will er wissen, nachdem sie die Tür der Anlage sorgfältig verschlossen hat. „Baden ist weg, Dorfladen ist weg, nicht mal Döner bekommt man hier.“
Ihre Miene verschließt sich und sie deutet auf die Betonsäul hinter sich. „Ich habe mein Auskommen. Reichen hundertsechzig Meter Freiheit nicht?“
„Windkraftanlagen gibt es überall. Auch da, wo sie nicht den letzten Wald absägen. Also?“
„Hättest ja hierbleiben können.“
Ja, hätte er, genau wie Detlev, der bei Mutti am Küchentisch sitzt und hartzt, weil es keine Jobs gibt. Oder wie Reni, die im Nachbarort im Supermarkt schafft und manchmal nicht nach Hause kommt, weil wieder ein überbreiter Schwertransport mit dem neuen Mast für das nächste Windrad die Straße versperrt. Irgendwie ist das hier wie vor zweihundert Jahren im Ruhrgebiet. Da lebten auch nur Bauern, bevor sie die Kohle aus dem Boden holten. Nur konnten dort tausende davon leben und hier nur Sandra.
Das Schweigen wächst. Die paar Worte, die sie verbinden, sind aufgebraucht.
„Lass mal was von dir hören“, sagt sie zum Abschied und wirft die Tür des Kleintransporters zu.

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V.K.B.
Geschlecht:männlich[Error C7: not in list]

Alter: 51
Beiträge: 6152
Wohnort: Nullraum
Das goldene Rampenlicht Das silberne Boot
Goldenes Licht Weltrettung in Silber


Beitrag14.10.2018 23:23

von V.K.B.
Antworten mit Zitat

Hallo Inko,
gut lesbare Geschichte, die die Schattenseiten der Windkraft aufzeigt. Allerdings fehlt mir hier die Geschichte. Das ist mehr eine Betrachtung, wenn auch eine gut beschriebene. Aber Geschichte? Irgendwie nicht wirklich.
Das Thema finde ich hingegen gut umgesetzt, eben die Windkraftanlagen als der neue Wald, denke ich auch immer, wenn ich von Bremerhaven nach Cuxhaven hochfahre.
Ein paar unlogische Sachen sind drin, wie kann er dort oben bei all dem Wind, wo er die Technikerin schon kaum verstehen kann, Frösche und Mücken hören? Oder war gemeint, dass er das im Studio rausfiltert? Wenn ja, warum, das erschließt sich mir nicht genau.

Insgesamt erscheint mir der Text etwas zu bemüht, die Umweltfolgen der angeblich umweltfreundlichen Energie aufzuzeigen, auch wenn das ein berechtigtes Anliegen ist. Die Biogasanlagen-Moschee-Vergleich fand ich deplatziert, irgendwie. Weil das überhaupt nichts mit dem sonstigen Thema zu tun hat.

Punkte vergebe ich erst, wenn ich alles gelesen habe.

beste Grüße,
Veith

Edit: 3 Punkte von mir


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Hang the cosmic muse!

Oh changelings, thou art so very wrong. T’is not banality that brings us downe. It's fantasy that kills …
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MoL
Geschlecht:weiblichQuelle


Beiträge: 1838
Wohnort: NRW
Das bronzene Stundenglas


Beitrag15.10.2018 09:23

von MoL
Antworten mit Zitat

Eine solide kleine Geschichte, lieber Inko, die sich nach und nach immer mehr entfaltet und ein lebhaftes Szenario entwickelt.
Schön gemacht, Thema perfekt getroffen, dafür gibt es Punkte! Smile


_________________
NEU - NEU - NEU
gemeinsam mit Leveret Pale:
"Menschen und andere seltsame Wesen"
----------------------------------
Hexenherz-Trilogie: "Eisiger Zorn", "Glühender Hass" & "Goldener Tod", Acabus Verlag 2017, 2019, 2020.
"Die Tote in der Tränenburg", Alea Libris 2019.
"Der Zorn des Schattenkönigs", Legionarion Verlag 2021.
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Kiara
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 44
Beiträge: 1404
Wohnort: bayerisch-Schwaben


Beitrag15.10.2018 11:10

von Kiara
Antworten mit Zitat

Ohne Döner! Trostlos! Aber wenigstens mit Wagner im Hintergrund smile
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lebefroh
Geschlecht:weiblichEselsohr
L

Alter: 43
Beiträge: 364
Wohnort: Berlin
Der bronzene Durchblick


L
Beitrag15.10.2018 12:34

von lebefroh
Antworten mit Zitat

Das gefällt:

Zitat:
Im Wäldchen war‘s, keine zehn Schritte weg vom Weiher. Er weiß, dass sie weiß, dass er daran denkt, an die Stechmücken und die Zecken, die er sich später aus dem Schritt gepult hat, an das ängstliche Lauschen, wenn irgendwo ein Zweig knackte, und an die schweigende Ratlosigkeit hinterher. Später, im Auto, war wenigstens der Hintern nicht mehr so zerstochen.


Mir gefällt, wie diese Erinnerung eingebaut wurde, in der irgendwie die Sehnsucht nach gleich mehreren Dingen mitschwingt.

Weitere schöne Stellen:

Zitat:
Jetzt, wo er es im Ohr hat, dringt es durch die Windgeräusche wie die Wagner-Ouvertüre aus Nachbars High-End-Boxen.


Zitat:
Das Schweigen wächst. Die paar Worte, die sie verbinden, sind aufgebraucht.


Der Text ist solide, gut zu lesen, verständlich. Besonders gefällt mir der Titel.

Ich musste ihn mehrmals lesen, bis er zu meinem Favoriten wurde. Immer noch fehlt mir das Überraschende, Mitreißende. Aber er gibt eine bestimmte Stimmung sehr präzise wieder. Im Gegensatz zu den anderen Texte kann ich hier keinen Mangel finden. Deswegen volle Punktzahl.
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d.frank
Geschlecht:weiblichReißwolf
D

Alter: 44
Beiträge: 1122
Wohnort: berlin


D
Beitrag15.10.2018 19:31

von d.frank
Antworten mit Zitat

Mag den Text, kommentiere zuerst, wo ich am Meisten mit anfangen kann.
Klug konstruiert, könnte man dem Kurzen vorwerfen. Zuerst dreht es sich um das Wo und Was. Man muss sich in der Technik erst mal zurechtfinden und der Text baut einen großen Teil seiner selbst darauf auf.
Ich mag diese Bäume in paradoxer Verkleidung, auch das erinnert mich an den Zehischen Unterleuten-Roman. Da hat sich wohl jemand inspirieren lassen?
Ich möchte fast unken, wer sich hier hinterm alten Noman versteckt..
Zum Schluss sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht, im Großen und auch in dem Raum zwischen den Menschen - was gibt´s da zu sagen, außer: gut gemacht.


_________________
Die Wahrheit ist keine Hure, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst wer ihr alles opfert noch nicht ihrer Gunst gewiß sein darf.
*Arthur Schopenhauer
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Catalina
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 51
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Wohnort: Kehdingen


Beitrag16.10.2018 08:11

von Catalina
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Zusammen mit einem eingeschlichenen süddeutschen Wort bin ich mir bei diesem routinierten, sehr flüssigen Stil fast sicher, wer hinter dem Text steckt. Smile

Gerne gelesen, interessante Umsetzung des Themas. Bäumewald weg, stattdessen ein Windradwald. Die Stimmung wurde sehr gut transportiert.

8 Punkte von mir.
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Lapidar
Geschlecht:weiblichExposéadler

Alter: 61
Beiträge: 2701
Wohnort: in der Diaspora


Beitrag16.10.2018 20:00

von Lapidar
Antworten mit Zitat

Biologisch ökologisch einmal anders. Sehr bedrückend.

_________________
"Dem Bruder des Schwagers seine Schwester und von der der Onkel dessen Nichte Bogenschützin Lapidar" Kiara
If you can't say something nice... don't say anything at all. Anonym.
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Heidi
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 42
Beiträge: 1424
Wohnort: Hamburg
Der goldene Durchblick


Beitrag16.10.2018 20:04

von Heidi
Antworten mit Zitat

Menschen, die ihre Heimat kaputt machen als Thema bzw. eine Gesellschaft, die es tut, in jeder Hinsicht.
Anders als bei vielen anderen Texten wurde hier konsequent Show don´t tell umgesetzt. Inhaltlich haut mich die Geschichte aber nicht vom Hocker, vielleicht auch, weil das Thema wenig Neues bietet; es handelt sich um eine reale Tatsache, die dann experimenteller umgesetzt sein müsste, um mich zu fesseln. Die Umsetzung ist quasi schon zu realistisch, zu realitätsnah für einen literarischen Text, weil am Ende dann doch der Beigeschmack bleibt, dass der Text darauf abzielte, zu "schocken" oder ein unangenehmes Gefühl hervorzurufen. Das Gefühl würde ich dann doch lieber aus dem Zwischenraum herauslesen, sodass es mich richtig fertig macht. In der jetzigen Umsetzung verpufft das unangenehme Gefühl relativ schnell wieder. Leider.
Beim ersten Lesen dachte ich noch: Wow, niederschmetternd. Beim zweiten Mal kam mir der Text dann konstruiert vor. Weiß nicht. Es sind so wenig Texte, du wirst Punkte abkriegen, vielleicht sogar mehr als ich jetzt denke. Weil gut geschrieben ist die Geschichte auf alle Fälle.

Es gibt 4 Punkte für dich.
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Poolshark
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 42
Beiträge: 827
NaNoWriMo: 8384
Wohnort: Berlin


Beitrag17.10.2018 11:38

von Poolshark
Antworten mit Zitat

Einfach, unprätentiös und wirksam. Sehr schöne, authentische Umsetzung des Themas. Du hast mich gut durch die Geschichte geführt und sie hübsch zu Ende gebracht.

Ist mein zweiter Favorit und wird viele Punkte kriegen.


_________________
"But in the end, stories are about one person saying to another: This is the way it feels to me. Can you understand what I'm saying? Does it also feel this way to you?"
-Sir Kazuo Ishiguro
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Nihil
{ }

Moderator
Alter: 34
Beiträge: 6039



Beitrag17.10.2018 17:27

von Nihil
Antworten mit Zitat

Schlau wird man nicht gerade aus diesem Text und schlauer erst recht nicht. Ein Text, der irgendwie von Ängsten durchsetzt ist. Vor Arbeitslosigkeit, Wäldern aus Windrädern (und da gäbe es wesentlich passendere Beispiele für deren ökologische Schäden, siehe Nordsee) und – mittlerweile ein Klassiker – vor Minaretten. Na, bei dem ganzen Rotorenlärm und Stroboskopstress würde man doch immerhin den Muezzin nicht mehr hören.

Da pustets mir ehrlich gesagt bloß Lustlosigkeit in die Augenhöhlen, schlimmer noch als bei dem unmotivierten Regionalradioredakteur. Dass nicht alles Bio ist, was als solches bezeichnet werden darf und die Machenschaften der Großkonzerne große Konsternation auslösen, ist (hoffentlich) hinlänglich bekannt. Die eingestreuten Liebesgedanken bewegen den Text ebenfalls in keine Richtung. Was ja durchaus seine Aussage sein soll. Aber trotzdem.

Bäume gibts nicht mehr, drum fälle ich ein Urteil: Nicht schlecht, aber: och.
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d.frank
Geschlecht:weiblichReißwolf
D

Alter: 44
Beiträge: 1122
Wohnort: berlin


D
Beitrag17.10.2018 18:16

von d.frank
Antworten mit Zitat

Klimawandel ohne Bäume.
Ich mag die Idee der künstlichen Baumriesen immer noch und dass man hier wortwörtlich den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht.
Mit ganzheitlicher Betrachtung (klingt wie aus der Naturheilkunde) der Themenvorgabe hat dieser Text natürlich die Zwölf verdient.


_________________
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jaeani
Geschlecht:weiblichLeseratte


Beiträge: 138

Der bronzene Durchblick


Beitrag18.10.2018 13:08

von jaeani
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Als ich deine Geschichte las, musste ich an Unterleuten von Juli Zeh denken.
Ein paar der Formulierungen fand ich unschön (z.B. die Gondel TUT einen Satz; das Wäldchen UMSÄGEN).
Bekommt Punkte
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shatgloom
Geschlecht:weiblichEselsohr


Beiträge: 372
NaNoWriMo: 27985
Wohnort: ja, gelegentlich


Beitrag20.10.2018 16:21

von shatgloom
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Wegen einer Windkraftanlage wurde der Wald abgeholzt und die ganze Gegend verändert. Die wehmütigen Erinnerungen des Reporters kommen gut rüber. Schöne Geschichte
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Tjana
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 63
Beiträge: 1786
Wohnort: Inne Peerle


Beitrag20.10.2018 18:25

von Tjana
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Inhaltlich keine leicht zu verstehende Geschichte. Ich dachte lange, die beiden stehen in so einer Art Gondel, wie sie hochgefahren werden, um Straßenlaternen zu reparieren. Aber dann treten sie ein ... ? Man muss wohl einigen technischen Verstand haben, um sich die Bilder gut vorstellen zu können.
Thematisch könnten die Windkrafträder "neue" Bäume sein, aber dann wäre die Vorgabe verdreht. Oder der Rückblick auf die nicht mehr vorhandenen Wäldchen?  
Das Minarett verwirrt mich.


_________________
Wir sehnen uns nicht nach bestimmten Plätzen zurück, sondern nach Gefühlen, die sie ins uns auslösen
In der Mitte von Schwierigkeiten liegen die Möglichkeiten (Albert Einstein)
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menetekel
Geschlecht:weiblichExposéadler

Alter: 104
Beiträge: 2451
Wohnort: Planet der Frühvergreisten


Beitrag23.10.2018 17:29

von menetekel
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Hallo Anonymus,

du bestichst durch deine lyrische Sprache:

Zitat:
Weg alles weg

Schöllers Hof draußen in der Ebene
das baufällige Ensemble aus
Betonziegeln rostigem Wellblech und Pappelallee
die Trafohäuschen nahe der Landstraße

Keine Ahnung was die da sollten

Die Hecken die Entwässerungsgräben
mit den riesigen Heuschrecken
den Eidechsen in der Böschung
das Geräusch von Rattenfüßen in Betonrohren
der Geruch nach Staub und Motoröl

Jetzt blühen dort die grünen Kuppeln
der Biogasanlage hinter dem Ort

Irgendwo muss der ganze Mais ja hin


Schon mal gelyrt?  Falls nein, dann tu es jetzt! love

Liebe Grüße
m.


_________________
Alles Amok! (Anita Augustin)
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Eliane
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 824



Beitrag23.10.2018 22:24

von Eliane
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Die ist - wow. Da passt alles. Atmosphäre und Inhalt in dieselben Worte verpackt. Der Wald hat keine Bäume, sondern Windräder. Und mit dem Wald ist die Vergangenheit verschwunden.

Auch wenn ich kein Windkraftgegner bin, für mich definitiv ein Favorit. 10 Punkte für Dich.
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Constantine
Geschlecht:männlichBücherwurm


Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag25.10.2018 19:02

von Constantine
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Bonjour!

Guter Text und die Vorgaben sehe ich erfüllt.
"Wald, ohne Bäume", ja, du triffst es passend mit dem "Wald" der Windkraftanlagen.
Tolle, kreative Umsetzung.

Was mir besonders am Text gefallen hat, war die Sinnlichkeit, die Sinne Ansprechendes, das ich im Text gespürt, gehört, gesehen und gerochen habe. Klasse.

Schönes Bild mit der Freiheit:
Zitat:
Was hält dich eigentlich hier?“, will er wissen, nachdem sie die Tür der Anlage sorgfältig verschlossen hat. „Baden ist weg, Dorfladen ist weg, nicht mal Döner bekommt man hier.
Ihre Miene verschließt sich und sie deutet auf die Betonsäul hinter sich. „Ich habe mein Auskommen. Reichen hundertsechzig Meter Freiheit nicht?

Gefällt mir.

Punkte? Wir werden sehen.

Merci beaucoup
Constantine
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nebenfluss
Geschlecht:männlichShow-don't-Tellefant


Beiträge: 5987
Wohnort: mittendrin, ganz weit draußen
Podcast-Sonderpreis


Beitrag26.10.2018 12:57

von nebenfluss
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Mein Favorit. Ich würde selbst ohne die FFF-typischen Umstände kaum etwas zu meckern finden. Umsetzung des Themas: Die Bäume des Waldes durch die Windräder ersetzt. Gleichzeitig erzählt die Geschichte von einem (vermutlich erotischen) Jugendabenteuer zwischen Sandra und Wolfgang und stellt damit a) den persönlichen Bezug der beiden zu dieser Modernisierung her und erlaubt b) einen Doppelsinn im Titel - ein Schatten, der sich aus der Vergangenheit auf die Erzählzeit wirft. Sandra ist vor Ort geblieben und hat ihre Chance genutzt, Wolfgang leistet sich den romantischen Blick aus der Ferne. Schöner Nebenkonflikt zwischen seiner Aufgabe, einen Radiobeitrag über die Technik der Windkraftanlage zu verfassen und seiner nostalgisch-romantischen Stimmung.
Sprachlich versiert, wirkt für einen FFF-Text erstaunlich ausgereift.


_________________
"You can't use reason to convince anyone out of an argument that they didn't use reason to get into" (Neil deGrasse Tyson)
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Malaga
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 826



Beitrag26.10.2018 13:42

von Malaga
Antworten mit Zitat

Angesichts der Zeitkürze finde ich die Geschichte durchaus bepunktenswert.
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Michel
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Das bronzene Bühnenlicht Das goldene Niemandsland
Der silberne Durchblick Der silberne Spiegel - Prosa
Silberne Neonzeit


Beitrag29.10.2018 18:06

von Michel
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Bevor ich die Antworten einzeln durchgehe, erst mal ein herzliches Dankeschön für alle Kommentare. Ich weiß selbst, wie schwierig es manchmal ist, sich die Zeit dafür aus den Rippen zu schneiden. Jetzt werden sie mir helfen, den Text reifen zu lassen, wenn ich am Ende noch denke, dass er das kann.
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Michel
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Alter: 52
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Wohnort: bei Freiburg
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Beitrag29.10.2018 18:10

von Michel
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Hallo Veith,
nicht immer wird's abgedreht-abstrus, auch wenn ich das normalerweise ziemlich gern mache.
Ist das so moralinsauer geworden? Hm, die Stimmung beim Schreiben war eher eine nachdenkliche und der Text konnte sich nicht so recht entscheiden, ob es mehr um das Sterben der Wälder geht oder um eine verlorene Jugendliebe. Da habe ich, anders als von einigen vermutet, nicht Unterleuten im Kopf gehabt (nie zuende gelesen), sondern den neuesten Bottini-Krimi. Die dort beschriebenen "arrondierten Flächen" habe ich mir mit Mühe verkniffen.
Die Frösche quaken in Wolfgangs Erinnerung an den Weiher, hier soll das darstellen, dass ihm die Erinnerung wichtiger ist als seine Radiosendung.
Keine Geschichte? Für mich schon. Die alte Liebe ist zuende, man hat sich entfremdet und es gibt keinen Teich mehr, in dessen Mückenschwärmen man sich lieben könnte. Also doch eher ein Abschieds-Text.
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