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Kinderreime bis zum Abwinken


 
 
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menetekel
Geschlecht:weiblichExposéadler

Alter: 104
Beiträge: 2451
Wohnort: Planet der Frühvergreisten


Beitrag24.09.2018 17:32
Zwiespalt: (k)eine Glosse
von menetekel
Antworten mit Zitat

Fortgespült ist nun der Garten
Und die Blumen all verschwunden,
Und die Gegend, wo sie standen.
Hab ich nimmermehr gefunden
(Joseph von Eichendorff: Romanzen)


Jungs, ihr hattet mir empfohlen,
diesen Freiherrn zu glossieren.
Lasst mich kurz mal Atem holen
und den Schweißfilm absorbieren,
gleich will ich den Schmierblock holen.
Auch vom Kaltgetränk, dem harten -
mag nicht länger darauf warten.
Herzwärts bilden sich Orkane,
selbst ne‘ Tränenkarawane:
Fortgespült ist nun sein Garten.

Hab Romantik nie verstanden,
war mir, ehrlich, meistens peinlich,
könnte aber damit landen
bei den Frauen, höchstwahrscheinlich,
müsste nicht so häufig stranden.
Doch ich sag’s ganz unumwunden,
drehe lieber meine Runden,
such nach Kneipen, vollen Theken;
später sind die Barscharteken
und die „Blumen“ eh verschwunden.

Lasst mich, Kumpels, euch mal sagen,
einem Von-Und-Zu geht’s netter,
Fernet füllt den edlen Magen,
schlägt es den mal auf die Bretter
wegen seiner Geldanlagen. ---
Meistens hörte man es branden
und im weichen Samte landen,
dieses schmachtende Gesäusel
auf der Damen Kleidgekräusel
und die Gegend, wo sie standen.

Lasst uns lieber einen saufen,
schamerfüllt drüber lachen.
Schmeißt das Zeug auf einen Haufen;
liest wer heut noch solche Sachen?
Und wer soll den Kram bloß kaufen?
Trotzdem muss ich hier bekunden:
Keiner kann von ihm gesunden!
Belletristisches Gelichter
gibt es viel. Doch größre Dichter
hab ich nimmer mehr gefunden.


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Alles Amok! (Anita Augustin)
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poetnick
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 62
Beiträge: 834
Wohnort: nach wie vor


Beitrag25.09.2018 18:45

von poetnick
Antworten mit Zitat

Hallo m.

einen Zug durch die Gemeinde der Dichten und Dichtenden.
Nicht einem Eichenfass -zum Wohl- einem v. Eichendorff entnommen.🐱‍🏍

Zitat:
Lasst uns lieber einen saufen,
schamerfüllt drüber lachen.
Schmeißt das Zeug auf einen Haufen;
liest wer heut noch solche Sachen?
Und wer soll den Kram bloß kaufen?
Trotzdem muss ich hier bekunden:
Keiner kann von ihm gesunden!
Belletristisches Gelichter
gibt es viel. Doch größre Dichter
hab ich nimmer mehr gefunden.


Die wahren Barhocker, anstatt Canapeliegenschaften und Heideträumern; am Ende, ohne Fernet noch eine Verbeugung. Frei von der Leber...herrlich. Laughing

LG - Poetnick

Edit:
Zitat:
schamerfüllt drüber lachen.

 Hebungsprall beabsichtigt -  oder schamerfüllt darüber?


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Wortlos ging er hinein,
schweigend lauschte er der Stille
und kam sprachlos heraus
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menetekel
Geschlecht:weiblichExposéadler

Alter: 104
Beiträge: 2451
Wohnort: Planet der Frühvergreisten


Beitrag26.09.2018 07:24

von menetekel
Antworten mit Zitat

Hast Recht, Poetnick,
müsste "darüber" heißen. :oops

Dein Wohlgefallen am Gedicht freut mich natürlich. smile
Ich finde die Dinger gar nicht so einfach, weil ja eine Sinnverschiebung gefordert ist.
Aber da ich in komischen Gedichten für mein Leben gern die Rolle eines trinkfesten Kerls einnehme, ging mir die Sache schließlich doch von der Hand.

Liebe Grüße
m.
(die zu ihrem Bedauern (!) allenfalls 2 Gläser Schampus verträgt)


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davidmuc
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 57
Beiträge: 711
Wohnort: München


Beitrag28.09.2018 01:51
kleiner Flirt mit menetekel
von davidmuc
Antworten mit Zitat

kleiner Flirt

Dass man so romantisch tut
zu Beginn hat eben Grund:
jedes Feld hat Gräben und
fass ich dilettantisch Mut,
ganz der Welt ergeben, rund,
- die wir um die Pflege trügen,
ihren Acker träge pflügen;
ihre Pole wissen Karten -
wird das Glück in Kissen warten.
“fortgespült ist nun der Garten”,

einst als Paradies geweiht.
Hebt die Form in Trichterenge
uns auf neue Dichterränge:
Seht das Motto, wie’s gedeiht!
Wäre es nur ich, der dränge,
bliebe ich dem Wald verbunden,
wär ein Laufpass bald verwunden,
auf der Waldlaufbahn der Träume:
weit, doch schwer wie Tran der Bäume
- “und die Blumen all verschwunden?”

Wenn die Blumen all verschwänden,
suchte ich im leichten Sand
die Vernunft im seichten Land:
Worte, die im Schwall verenden,
Bier wie Rauch und Schall verwenden -
wo in Wellen Leute branden,
Kerle posen, Bräute landen.
Nutten stehn am Seitenstrich,
konkurriern und streiten sich.
“ Und die Gegend, wo sie standen,”

war bei den Wasabi-Ständen:
Du kaufst rohen Fisch und taust,
Eichendorff am Tisch und Faust?
Wollt ein Buch zur zur StaBi senden,
schwör auf Stein & Bein: verschwunden.
Taucht es, mit viel Schwein verbunden
auf? - “Nicht der Fisch - Ach nein, diesen!”
war nichts süß’res als dein Niesen,
“Hab ich nimmermehr gefunden”.
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menetekel
Geschlecht:weiblichExposéadler

Alter: 104
Beiträge: 2451
Wohnort: Planet der Frühvergreisten


Beitrag30.09.2018 08:30

von menetekel
Antworten mit Zitat

Hallo David,

du bringst ein neues Raffinement in unsere schwierigen Übungen, mal abgesehen von den Schüttelreimen.

Tatsächlich habe ich in diesem Zusammenhang selbst noch gar nicht  an strophenübergreifende  Enjambements gedacht, die dem Ganzen mehr Eleganz und Leichtigkeit verleihen.

Wirklich schön. love

m.


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davidmuc
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 57
Beiträge: 711
Wohnort: München


Beitrag30.09.2018 17:18
Ausklang
von davidmuc
Antworten mit Zitat

Hallo menetekel,
das freut mich Smile - mit Enjambements lässt sich auch der ursprüngliche Kontext hübsch abwandeln:

Ausklang

Steht der kleine See auf Karten?
Erste Gäste brechen rasch
auf, die andern rauchen Hasch,
als ich, denn mich ziehts zum Zarten,
bei den Kuchen und den Tarten
von den süßen Resten nasch.
Später werd ich rauchend warten,
auf der Wiese, wo ich abasch
bis du herkommst wenn der Abwasch
fortgespült ist. Nun, der Garten

hier am Ufer ist fast leer.
Fern beißt das Gebell von Hunden
in die Stille später Stunden
Jemand klampft ein Lied aus Hair
in das weite Sternenmeer.
Wollt mit dir den See umrunden.
dein geheimes Land erkunden,
doch mein bleier Mut liegt schwer,
wie auf schwarzem, hartem Teer
und die Blumen all' verschwunden.

Und vom Ort, wo sie verschwanden
singt am Zelt ein Blumenkind:
Mädchen pflückten sie geschwind.
Als sie sich am Morgen fanden,
unter Decken und Girlanden
kennen sich die Leiber blind.
Warme sanfte Wellen branden
als wir uns gewachsen sind,
starke Linden stehn im Wind.
Und die Gegend, wo sie standen,

war für uns noch fremdes Land.  
Wie die Wurzeln sich umschlungen,
in die Erde eingedrungen,
oder wars bei dir bloß Sand?
Niemals ist dein Satz verklungen:
“Sorry, Süßer, bin gebunden.”  
Zu den Kneipen und Rotunden
habe ich mich aufgeschwungen,
aber meinen ersten Jungen
hab' ich nimmermehr gefunden.
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menetekel
Geschlecht:weiblichExposéadler

Alter: 104
Beiträge: 2451
Wohnort: Planet der Frühvergreisten


Beitrag02.10.2018 17:19

von menetekel
Antworten mit Zitat

Ja, David,

das ist sogar noch einen Tic besser, scheint mir. smile

Zitat:
Und die Gegend, wo sie standen,

war für uns noch fremdes Land.   
Wie die Wurzeln sich umschlungen,
in die Erde eingedrungen,
oder wars bei dir bloß Sand?


 Daumen hoch love

In den nächsten 10 Tagen werde ich übrigens aus zeitlichen Gründen nicht oft hier sein können.

Euch soll das aber nicht hindern. Im Gegenteil.

Liebe Grüße
m.


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Tula
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Wohnort: die alte Stadt


Beitrag11.10.2018 00:14

von Tula
Antworten mit Zitat

Hätte das doch alles der alte Eichendorff noch erlebt Laughing

Zitat:
Hab Romantik nie verstanden,
war mir, ehrlich, meistens peinlich,
könnte aber damit landen
bei den Frauen, höchstwahrscheinlich



oh ja!!

Spät aber gerne gelesen

LG
Tula


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menetekel
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Beiträge: 2451
Wohnort: Planet der Frühvergreisten


Beitrag12.10.2018 08:38

von menetekel
Antworten mit Zitat

Danke schön, Tula,

ist vielleicht wirklich ganz nett geworden. Embarassed

Liebe Grüße
m.


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menetekel
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Beiträge: 2451
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Beitrag12.10.2018 09:03

von menetekel
Antworten mit Zitat

So, ihr Lieben,

es wird wieder Zeit zu mehr Einsatz von meiner Seite aus.
Vorhin lief mir eine anmutige Idylle über den Weg, und ich dachte mir so: "Det hatten wa ooch noch nich'!"

Ursprünglich stammen Idyllen in direkter Linie von (ungereimten) antiken Eklogen ab (Theokrit und Vergil) und befassten sich mit der vermeintlich heilen Welt der Schäfer und Hirten.  Zunächst waren das eher kurze Gedichte mit vorgegebenem Muster, die wegen der gelungenen Integration epischer Elemente (auch) zu Langgedichten mutierten. Seit dem 18. Jahrhundert wird der Gattungsname "Ekloge" meist (!) durch den der "Idylle" ersetzt. Der Literaturwissenschaftler an sich, weiß halt nicht immer was Ambach ist.

In Deutschland erreichten Idyllen im Barock ihre Blütezeit. Nach französischem (!) Vorbild.

Zitat:
Wol dem der in den Wäldern lebet /
In unsere Edlen Schäffer-Lust /
Derselbe stets in Freuden schwebet /
Kein Jammer ist ihm je bewusst /
Unsterblich ist und bleibet frey
Die Schäffer- und Poeterey.

Georg Neumark


Zwar ernst gemeint, aber doch schon umwerfend komisch.

Idyllen lobten also noch immer die Freuden des Landlebens und die der Wald- und Wassergeister etc. Sie erzählen von Wein, Weib und fröhlichem Gesang. - In diesem Zusammenhang konnten erotische Spannungen zwischen den Protagonisten natürlich nicht ausbleiben.

In der Lyrik des 19. und 20. Jahrhunderts feierte die Gattung - vereinzelt aber großArtig - Wiederauferstehung. Hier möchte ich meinen Liebling Stefan George (beispielsweise: "Der Tag des Hirten") nicht unerwähnt lassen. Oder auch Eduard Mörike "Wald-Idylle").

https://nddg.de/gedicht/15047-Der+Tag+des+Hirten-George.html

https://www.mumag.de/gedichte/moe_e26.html

Im Grunde sind das literarische Reminiszenzen. Aber solche, die fortleben. Gereimt oder ungereimt.love  - Hier geht es also aktuell weniger um eine vorgeschriebenen Form als um tradierte inhaltliche Zuordnungen, die bis heute beibehalten werden.
Allerdings kann der Begriff "Idylle" nun weiter gefasst werden und sich auf die Heimatstadt etc. beziehen, wie die ("Berliner Idylle").

Ich glaube, man muss sich ein bisschen damit beschäftigen, nachschlagen und googeln. Meine Kenntnisse darüber sind auch noch nicht  ganz zureichend ... wink
Wer eine schöne aktuelle gereimte Idylle url-en kann: Nur her damit!
Wer lieber antik idyllen will, kann das natürlich ebenfalls tun.

Idyllen werden in Zeiten ausgeprägter Empfindsamkeit von Schäfern und Schäferinnen, Tieren (meistens Schafen) Pflanzen, Gewässern und Gestirnen bevölkert, mit einheitlichem Stellenwert.  Ausnahme: Berliner Idyllen. Oder auch nicht. Mr. Green

m.


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menetekel
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Beitrag12.10.2018 16:25

von menetekel
Antworten mit Zitat

So, ihr Lieben,

nach intensiverer "Forschung" habe ich im "Arbeitsbuch Lyrik" (2012) Ausschlaggebendes über Idyllen gefunden. Da ich nun selber (wieder) gerafft habe, worauf es bei den Dingern eigentlich ankommt, kann ich es besser erklären. Mr. Green angel
Die antike Idyllendichtung bezieht ihren Ursprung aus der bukolischen Dichtung (Hirtendichtung) Theokrits und Vergils und wird in Hexametern verfasst.

In der deutschen Dichtung ist die Gattung eher inhaltlich  als formal bestimmt (siehe oben) und bezieht sich oft auf französische Vorbilder (beispielsweise Diderot).

Beiden gemeinsam ist ein locus amoenus, ein abgeschlossener, idyllisch schöner Raum, meist in der Natur, der Geborgenheit vermittelt. In deutschen Idyllen geht es häufig um friedliche Szenen auf dem Lande.
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erregte Salomon Gessner mit rhythmisierter Prosa Aufsehen; Johann Heinrich Voß verfasste natürlich (!) Hexameter (den konnte ich noch nie leiden! Embarassed) Trotzdem schuf er mit seiner "Luise" etwas Neues und Großartiges.: Der bürgerliche Innenraum nimmt frech die Rolle des Naturraums ein.
Durch die zunehmende Länge seiner Idyllen nähert sich Voß allmählich dem Epos an.

Diese Gattungsüberschreitungen zeigen sich auch bei Goethes "Hermann und Dorothea" und Mörikes "Idylle am Bodensee."

Für die Jetzzeit lässt sich feststellen, dass sich die Bedingungen und die Wahrnehmung von Natur geändert haben, aber noch heute zur Poesie führen können. Noch immer wohnt ihrer Beschreibung ein gewisses Pathos inne ... zwar wird eine Gewitterstimmung schon mal als "dampfgebügelt" (Pietraß) beschrieben, aber schön ist sie immer noch ... oder gerade deswegen.

Kurzum: Wir Heutigen sind relativ frei in der Gestaltung. Wer Hexameter liebt, nehme sie in Gottes Namen, wer nicht, suche  sich andere Möglichkeiten. Parodierend ist beides (oder vieles) möglich.

Alles klar? Rolling Eyes

m.


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davidmuc
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Beitrag12.10.2018 23:33

von davidmuc
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Mein erster Versuch hat sich etwas verselbständigt, er geht vielleicht noch grade so als Idylle durch. Warumeigentlich nicht:

daheim / zuhause

Es fliegen alle Blicke, Koffer, Stunden,
bald wird der Fluggast durch die Sperrn geführt.
Bald wird zuhaus er alten Stoff erkunden
Gleich klingelt er, ich habs von fern gespürt.

Er ist nun nicht mehr fern und schaut verträumt:
der Mann, dem ich für immer bleibe. Schickt
ein Handybild von sich, vertraut, verschäumt,
verwackelt, wie er in die Scheibe blickt.

Bis übers Display sanftes Flimmern zog
dann war es weg. Du hier, 12 Stunden Welt!
Wie unser Geist in diesen Zimmern flog,
wie tapfer er sich allen Wunden stellt!

Daheim ist nur zuhaus daheim und ruht:
Zuhaus bist Du mein Heim, mein Reim und Hut.
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firstoffertio
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Beitrag13.10.2018 00:29

von firstoffertio
Antworten mit Zitat

Das erinnert mich ein wenig an eigene Gefühle, bevor ich bald selbst fliege, Richtung ehemaliges Daheim, mit gemischten.
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menetekel
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Beitrag13.10.2018 08:28

von menetekel
Antworten mit Zitat

Lieber David,

ich denke schon, dass es sich hier um eine Idylle handelt. Oder halb Idylle, halb Sonett. Oder eine (variierte) geschüttelte Sonettidylle. Cool - Manche Gedichte lassen sich halt mehrfach verorten. Durch deine spezielle Reimkunst betrittst du ohnehin Neuland auf diesem Gebiet. Und das ist allemal schön und anregend. - Das klassische Schäferpersonal fehlt allerdings.

Wenn dein Geliebter die Formulierung

Zitat:
Er ist nun nicht mehr fern und schaut verträumt:
der Mann, dem ich für immer bleibe.


liest, wird er dahinschmelzen.
Oder auch bei:

Zitat:
Bis übers Display sanftes Flimmern zog
dann war es weg. Du hier, 12 Stunden Welt!
Wie unser Geist in diesen Zimmern flog,
wie tapfer er sich allen Wunden stellt!


Mir gefällt es ausgesprochen gut, wie du deine idylle (das Heim / die Heimat) in einen Menschen legst. Natürlich ist das kein neuer Gedanke; du formulierst ihn aber auf eine ganz besondere Weise.

Danke
m.


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davidmuc
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Wohnort: München


Beitrag15.10.2018 00:43

von davidmuc
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Liebe m.
herzallerliebsten Dank. love
Das erfreut mein Herze, denn:  

Mein Herz ist Playmobil, mein Atem Lego:
Ich bin ein Mensch mit desolatem Ego.
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Tula
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Beitrag15.10.2018 01:18

von Tula
Antworten mit Zitat

Innenstadt-Idylle


Auf einer Bank am Markt verträume ich
den Nachmittag. Nichts regt sich, alles steht:
die Luft, am Turm der Zeiger, Bienenstich
zum Sonderpreis vorm Bistro, das nach Gästen fleht.
Der 'lause' über einer morschen Tür
fehlt jetzt das 'K', das schon vor langem fiel.
Da kann die Stadtverwaltung nichts dafür,
sie setzt auf Aufschwung: wir sind heut' ein  Ausflugsziel.
Man liest, die Stadt sei schön wie nie zuvor!
Und auch, dass fünfzig Gäste letztes Jahr
allein (!) das Rathaus und das alte Tor
bewunderten, was ein Verdienst des Amtes war.
Im Spiegel gleitet über den Asphalt
ein Köter, den hier jede Ecke kennt.
Das alte Kopfsteinpflaster war zu alt
und überhaupt, aus Kostengründen nicht im Trend.
Am Lindenbaum an meiner Seite wagt
sich schon das dritte Blatt ans Licht der Welt.
Sein Schatten kühlt ein halbes Ohr und fragt
mich ob man Bäume stets nach zwanzig Lenzen fällt.
So döst mit mir intim und unbeschwert
in märkischer Gelassenheit die Stadt.
Hach! Denke ich, wie is' dit lobenswert
und schön für 'een, der immer noch die Heimat hat ...




jede Ähnlichkeit mit anderen Kleinstädten Deutschlands ist reiner Zufall Embarassed

LG
Tula


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menetekel
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Beitrag15.10.2018 11:03

von menetekel
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Ebenfalls sehr schön, Tula. Gerade auch weil ich aus der beschriebenen Metropole stamme, jetzt aber viel, viel beschaulicher lebe.
Das ist nicht immer leicht.
Hast du Heimweh?
Könnte ich gut verstehen. - Wahrscheinlich hockst du ohne Strom da, wie so viele Portugiesen ... und Berlin hat reichlich davon. In jeder Hinsicht!

Liebe Grüße
m.


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poetnick
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Beitrag15.10.2018 21:20

von poetnick
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Hallo,

beide Stücke finde ich gelungen... Daumen hoch² bei David geschüttelt und gerührt; bei Tula sehr schön hintergründig das Lokale koloriert!



Kein schöner Land zum Erntedank

Und Felix schiebt den Spritzkanister
mit Mehltautöter ins Regal,
sein Sammelsur der Tunken schließt er
so sorgsam weg als seis ein Gral.

Am Rand des Gehwegs thront ein Hüne
von rotem Pilz der grüßen lässt,
auch etwas Tischkraut der Ranküne
trägt Felix mit ans Erntefest.

Minerva schmiegt sich bald im Garten,
der gute Mond er steht so schief
und lässt den großen Wagen warten,
da Venus Richtung Fahrbahn lief.

Schon tanzt der alte Knospenknipser      
die Röslein schwingen „Huula Huu“ -
aus Schöllkraut, Mohn und Kümmel mixt er
den Trunk und fügt vom Wulstling zu.
  
Hoch wippt er auf der Schaukel, lächelt
ein Käuzchen ruft, da sei wer krank,
doch Felix sanft zur Pfeife fächelt,
nimmt gleich den Zug zum Erntedank.


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Beitrag16.10.2018 01:10

von Tula
Antworten mit Zitat

Hallo Holger

Auch für dich Sich kaputt lachen Daumen hoch²
herrlich!

LG
Dirk


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davidmuc
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Beitrag16.10.2018 01:50

von davidmuc
Antworten mit Zitat

Tula und Poetnick!

Erstmal: Formal: Wie schön ihr Beide die Reimwörter setzt, das ist herzerfrischend: Da freut man sich auf jede neue Zeile!
und wo Tula ins persönlich Tiefe geht, rennt poetnick ins herrlich Schräge. Ein schöner Abend heute! Danke Euch!
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menetekel
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Beitrag16.10.2018 06:49

von menetekel
Antworten mit Zitat

Köstlich, Poetnick!

Besonders mundet mir die Zusammensetzung des bewusstseinserweiternden Tobaks; hier bleibt kein Herzversagen außer Acht!
Und natürlich die gelungene Metapher der Schaukel, nebst seiner selig lächelnden Besatzung. - Wie schön, sich fliegen zu wähnen ... smile extra

 Daumen hoch love


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Beitrag19.10.2018 10:14

von menetekel
Antworten mit Zitat

Idylle, gestört

Er sitzt inmitten seiner Schafe,
um ihn herum ein treuer Hund -
empfindet dies als arge Strafe,
als Leben ohne Daseinsgrund.
Oft scheint es ihm, als ober er schlafe,
mitsamt Merino-Lämmern und ...

urplötzlich kommt aus Attenhofen
herbei schlawenzelt eine Maid;
Sonette will er, wollweich, strophen,
doch dafür bleibt ihm kaum noch Zeit!,
denn schon, ein aufgeheizter Ofen,
umfasst er sie, vom Kleid befreit.

Der Hirtenhund empfindet Qualen,
gedenkt voll Wut der Hütepflicht,
schnappt nach den Bürzeln, sintemalen:
Bestand der Herde sind die nicht!

Drum geht er ein in die Annalen;
das Paar, indes, übt nun Verzicht.


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