|
|
Autor |
Nachricht |
joachim Tritschler Gänsefüßchen
Alter: 66 Beiträge: 47 Wohnort: Raum Freiburg im Breisgau
|
04.09.2018 13:22 Blockade mittendrin??? was dann von joachim Tritschler
|
|
|
Hallo zusammen,
bovor ich mit meinem aktuellen Projekt über Politik und Gesellschaft begonnen habe, bekam ich auch hier einige nützliche Anregungen. Es ging dabei unter anderem um die Tonlage wie ich es formuliere. Soll heißen sich nicht im Vokabluar vertun und in eine Stammtischrethorik verfallen sondern alles auf rein sachlicher Ebene machen.
Das war wohl schon einer der besten Ratschläge. Angefangen hat es mit dem Manuskript auch nicht schlecht. Nun stehe ich aber gerade an einem Punkt an dem ich nicht wirklich weiter weiß. Es stellen sich selbstkritisch unterschiedliche Fragen. Die erste war wohl ob ich mir nicht zuviel mit dem Thema zumute. Das gerade deswegen weil es nicht nur sehr trockene Materie ist sondern gesellschaftspolitisch gesehen momentan sehr harter Tobak.
Das konnte ich verneinen und weitermachen. Zumindest versuchsweise.
nun habe ich momentan das Gefühl dass mich die politschen Geschehnisse und Abläufe im Land überholen und dass es teilweise sehr schwierig ist, sachlich auf dem Boden zu bleiben.
Habt ihr mir da einen Rat?
Ich danke euch im voraus.
gruss
joachim
|
|
Nach oben |
|
|
Dr. Fusselpulli Leseratte
D Alter: 38 Beiträge: 110 Wohnort: Prag
|
D 04.09.2018 14:24
von Dr. Fusselpulli
|
|
|
Ich empfehle Nicklas Luhmann zur systematischen Gesellschaftsanalyse.
Die Dokumentation "Beobachter im Krähennest" beeinhaltet ein Interview von 1973 sowie einen Beitrag zur Ökologiedebatte von 1989 als Anschauungsbeispiel.
Durch die hohe Abstraktion von Luhmanns Systemtheorie lässt sich der Beitrag aber ohne weitere Probleme auf unsere heutige Gesellschaft übertragen.
|
|
Nach oben |
|
|
anderswolf Reißwolf
Beiträge: 1069
|
04.09.2018 17:24
von anderswolf
|
|
|
Hallo joachim Tritschler,
das kann ich verstehen, dass Dir bei einem Projekt über Politik und Gesellschaft momentan alles zu fix geht. Gerade die unsäglichen Nazi-Aufmärsche in Sachsen machen es schwer, sich auch nur ansatzweise emotional zurückzuhalten.
Nun kenne ich Dein Thema nicht, schriebe ich aber ein politisches/gesellschaftliches Sachbuch, würde ich erstens klarstellen, was mein Thema und meine Aussage sind, dann einen Fahrplan zum Erreichen dieses Ziels ausarbeiten, damit immer klar ist, welcher Schreibabschnitt als nächstes kommt. Und sollten mich Emotionen überkommen, die mir die Sachlichkeit nehmen, weil ich nicht verstehen kann, wie grölende Menschenfeinde auf die Idee kommen können, unsere demokratische Grundordnung hätte Raum für Selbstjustiz, dann würde ich alle Emotionen separat in ein anderes Dokument schreiben, bis all der Hass, den nun wirklich niemand lesen will, wieder aus mir raus ist, und ich sachlich weiterarbeiten kann.
Das ist wie ein Muskel, den man auch nur begrenzt anspannen kann, bevor man entspannen muss.
Schönen Abend
anderswolf
|
|
Nach oben |
|
|
Ben Vart Wortedrechsler
Alter: 71 Beiträge: 93 Wohnort: Lorch
|
05.09.2018 23:13
von Ben Vart
|
|
|
zunächst solltest du dich von den aktuellen Ereignissen nicht überrollen lassen. Mach einen Plan, einen roten Faden, was du mit deinem Buch sagen willst, wem du es sagen (Zielgruppe), warum du es sagen willst, in welcher epische Breite (Umfang) du es sagen willst
Dann strukturiere deine gewollten Inhalte, recherchiere wo notwendig und fang an. Einige grundlegende Tipps hast du ja schon erhalten - Stammtischparolen vermeiden, bei Themen, die kontrovers diskutierte werden, die Argumente beider Seiten anführen, dabei neutral bleiben, auch und besonders, wenn man diese Argumente dann wertet.
Vor allem achte auf deine Grammatik. In deinen Threadbeiträgen habe ich eine durchaus verbesserungswerte Kommasetzung festgestellt
_________________ freundlich grüßt
Ben Vart |
|
Nach oben |
|
|
Diamond Eselsohr
D
Beiträge: 280
|
D 06.09.2018 03:48
von Diamond
|
|
|
Hi,
guter Rat ist teuer, gerade im Sachbuchbereich. All Deine Zweifel und die unweigerliche Selbstkritik, die daraus hervorgeht, kenne ich nach drei Sachbüchern sehr gut. Auch ich wurde immer wieder davon überrollt und eingeholt und öfter als einmal habe ich mich gefragt, ob es überhaupt sinnvoll ist, am Manuskript weiterzuschreiben. Meine Antwort lautete immer ja. Ich habe mir nie die Frage gestellt, ob meine Inhalte noch zum aktuellen Geschehen passen. Das wäre auch unpassend gewesen, weil die Zeit nicht wartet, bis ein Buch fertig ist. Das ist auch bei Dir nicht anders. Mir hat es geholfen, mich darauf zu konzentrieren, was ich sagen bzw. schreiben möchte. Ich habe mich auf meine Ideen konzentriert und das Drumherum ausgeblendet. Vor allem habe ich nicht aufgehört, an mich und meine Schreibe zu glauben. Diesen Tipp würde ich Dir auch geben: bleib bei Dir, schreib es fertig und sobald Du die Korrektur beginnst, kannst Du einige Aussagen dem aktuellen Geschehen anpassen, an den Stellen, wo es sinnvoll ist. Und gerade in Sachen Politik schreibt man wahrscheinlich immer der Zeit hinterher. Das sollte man einfach akzeptieren. Ich wünsche Dir weiterhin viel Durchhaltevermögen.
Viele Grüße
Diamond
|
|
Nach oben |
|
|
joachim Tritschler Gänsefüßchen
Alter: 66 Beiträge: 47 Wohnort: Raum Freiburg im Breisgau
|
06.09.2018 08:01
von joachim Tritschler
|
|
|
Dr. Fusselpulli hat Folgendes geschrieben: | Ich empfehle Nicklas Luhmann zur systematischen Gesellschaftsanalyse.
Die Dokumentation "Beobachter im Krähennest" beeinhaltet ein Interview von 1973 sowie einen Beitrag zur Ökologiedebatte von 1989 als Anschauungsbeispiel.
Durch die hohe Abstraktion von Luhmanns Systemtheorie lässt sich der Beitrag aber ohne weitere Probleme auf unsere heutige Gesellschaft übertragen. |
sehr hilfreich. Man versteht vieles was vorher nicht erfassbar war und bekommt ein Gefühl dafür worauf man achten sollte. So geht es mir zumindest.
danke
|
|
Nach oben |
|
|
Dr. Fusselpulli Leseratte
D Alter: 38 Beiträge: 110 Wohnort: Prag
|
D 06.09.2018 10:40
von Dr. Fusselpulli
|
|
|
Laut Luhmann besteht die Gesellschaft nicht aus Menschen, sondern aus Kommunikation. Menschen sind die Umwelt dieser Kommunikation.
Ich selbst geben hier gerne das Beispiel einer Insel. Eine Insel ist ein Stück Land umgeben von Wasser, die Insel ist das Land, nicht das Wasser, trotzdem ist das Wasser eine unabdingbare Bedingung der Umwelt für die Existenz der Insel.
Zweitens, besteht ein System nicht aus der Summer seiner Teile, sondern aus der Abgrenzung seiner Umwelt und seiner operativen Systemsprache.
Ein System kann seine Umwelt zwar wahrnehmen, aber nur innerhalb seiner eigenen Sprache operieren, und nur das System kann dies tun, die Umwelt kann das nicht.
Beispiel: Das psychische System unserer Gedanken. Nur jeder einzelne kann für sich selbst denken, in sich geschlossen, die Umwelt wird in den Gedanken konstruiert, nicht objektiv erfasst.
Es ist nicht so, dass ich einen Gedanken habe, und jemand anderes kann diesen Gedanken für mich in meinem Kopf weiterdenken. Nur ich kann für mich selbst denken und jemand anderes kann für sich denken.
Es ist aber möglich, durch die Umwelt beeinflusst zu werden.
So wie der Mensch Teil der Umwelt der Gesellschaft ist, so ist die Gesellschaft Teil der Umwelt des Menschen, wobei der Mensch kein System ist, sondern ein Aggregat mehrer Systeme.
Einem biologischen, und einem psychischen System.
Diese Beeinflussung eines Systems durch seine Umwelt, also durch andere Systeme, nennt Luhmann Verschränkung.
So ist das psychische System des menschlichen Geistes unabdingbar mit seinem biologischen System verschränkt.
Andererseits aber auch mit der Gesellschaft als Kommunikation.
Über jene Kommunikation ist der Mensch auch in der Lage, Ideen zu transportieren.
Dieser Post ist ein gutes Beispiel dafür. Ich bediene mich der Sprache in der Form von Schrift in der Operation Verstehen/Nichtverstehen, um eine Idee in einen Text zu verwandeln, der von einem Verstand decodiert werden muss.
Dabei muss ich davon ausgehen, dass der Andere über ähnliche Lebenserfahrungen verfügen muss, wie ich. Er muss deutsch können, er muss lesen können, und er muss in der lage sein, den abstrakten Sinn hinter der Botschaft rekonstruieren zu können. Denn das Wort Apfel ist nicht das gleiche wie der Apfel als Objekt. Es ist schwierig, das Wort zu essen.
Zurück zu der Gesellschaft der Kommunikation in Systemen.
Jedes System zeichnet sich wie schon beschrieben durch die Grenzen zu seiner Umwelt aus, diese Grenzen werden bestimmt durch die Grenzen seiner Operation, die die Sprache des Systems sind.
Die Gesellschaft ist nicht ein System, sondern eine vielzahl an verschiedener Subsysteme die sich durch ihre Sprache unterscheiden.
So ist die Wirtschaft die Sprache des Preises in der Operation Kaufen/Nicht Kaufen. Das Justizsystem ist die Sprache des Rechtes, in der Operation Recht/Unrecht. Die Wissenschaft ist die Sprache der Wahrheit, Wahr/Falsch.
Da alle Systeme nur ihre eigene Sprache sprechen, aber mit ihrer Umwelt verschränkt sind, nehmen sie die Anstöße aus der Umwelt auch nur in ihrer Sprache wahr.
Gesetze sind für die Wirtschaft nichts anderes als wirtschaftliche Angebote, die zusätze Kosten bzw. Erlöse in die Kalkulation des Preises einbringen.
Deswegen gibt es zum Beispiel Schwarzmärkte, und deswegen ist es so schwierig, die Wirtschaft aus einer moralischen Perspektive heraus zu betrachten.
Veränderungen müssen erst von einem System in ein anderes übersetzt werden, wobei es zu Reibungsverlusten und unerwünschten Nebeneffekten kommen kann, die Aufgrund der Komplexität unserer Welt nur schwer überschaubar sind.
Diese Nebeneffekte können unter Umständen nicht durch andere Subsysteme verarbeitet und aufgefangen werden, was zu Problemen in der Gesellschaft führt.
Als Beispiel sei hier die Wissenschaft genannt, die in ihrer Suche nach der Wahrheit herausgefunden hat, wie man eine Atombombe konstruiert.
Diese Atombombe spricht die Sprache der Gewalt, in der Frage nach Unterlegen/Überlegen.
Die Gefahr von Atomkrieg übersteigt die Kompetenz des politischen Systems in der Frage nach Regierung/Nicht Regieren und das Problem kann nicht sinnvoll durch dieses gelöst werden.
Überall dort, wo Probleme aufkommen, die nicht sinnvoll verarbeitet werden können, kommt es zur Unzufriedenheit und zur Moral als Reaktion auf das Problem.
Die Moral beschreibt, wie in dem Video zu sehen, eine Immunreaktion der Gesellschaft auf ein Problem. Sie ist simpel gestrickt, setzt den Fokus auf das Problem und setzt darauf Anhänger zu gewinnen, um andere Subsysteme durch die Verschränkung mit diesen zu beeinflussen. Dazu müssen moralische Bewegungen eine kritische Masse erreichen, indem sie ihre Umgebung durch Achtung und Missachtung dazu zwingen Stellung zu beziehen.
Hierbei verschiebt sich allerdings der Kampf, weg von der Ursache des Problems, hin zu jenen, die nicht der Moral folgen können. Die Lösung des Problems wird hierdurch erschwert und die Moral schaukelt sich auf.
Genau hier liegt das Problem der "schwierigen" Sachlichkeit begraben. Denn Moralfragen sind höchst emotional.
|
|
Nach oben |
|
|
|
|
Seite 1 von 1 |
|
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben. Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten. Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten. Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen. Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen. In diesem Forum darfst Du Ereignisse posten Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten Du kannst Dateien in diesem Forum nicht herunterladen
|
Buch | Buch | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Buch | Empfehlung | Buch | Empfehlung | Buch |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|