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Anoa Leseratte
A Alter: 67 Beiträge: 143 Wohnort: Berlin
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A 04.05.2018 09:47 Unsere Burg von Anoa
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Unsere Burg
Irgendwann werden Kinder groß und gehen eigene Wege. Auch die Verspieltesten.
Mein Bruder Wolfi und ich haben immer viel zusammen gespielt und hatten uns eine eigene kleine Welt geschaffen, mit einer eigenen Erkennungsmelodie, die wir vor dem Spiel leise in einer Geheimsprache sangen, von der niemand wissen sollte.
Als wir keine Kinder mehr waren, änderte sich an unserer Beziehung zunächst nicht viel. Es gab Radtouren in die nähere und weitere Umgebung unseres Elternhauses, ja bis in die nächste Großstadt. Wir fühlten uns großartig bei unseren Entdeckungen.
Verlassene Orte reizten uns besonders, zum Beispiel eine alte Ziegelei mit einem halb zugewachsenen Teich in der Nähe unseres Wohnhauses.
Aber die wichtigste und am meisten die Fantasie anregende Entdeckung war die Gutenburg. Wer sie auch kennt, wird uns verstehen.
Unsere Eltern hatten ein Haus im Südschwarzwald nah bei Waldshut und fuhren im Sommer mit uns dorthin. Es war der Ausgangspunkt für weite Wanderungen. Ich könnte viel über diese Wanderungen schreiben oder wie wir sogar bei Regen loszogen und in einem fremden Obstgarten Kirschen aßen, mit Schirmen ausgerüstet.
Aber ich will mich auf den Tag beschränken, der uns die Gutenburg brachte.
Wir kamen von einer langen Wanderung über dem Schlüchttal und wanderten an dem raschen kleinen Gewässer entlang, das für mich später zur Anregung wurde, als ich in einer Geschichte von einem Bergbach samt Wasserfrau zu erzählen hatte.
Da war nah bei einem kleinen Ort ein felsiger Hügel, vollkommen zugewachsen, der uns reizte. Was würden wir auf seiner Höhe finden?
Wir kämpften uns durch das Gestrüpp, das vor allem die ersten paar Meter versperrte. Wir konnten kaum durch.
Dann ging es steil hügelaufwärts. Wir kamen ins Schwitzen, denn wir waren damals beide nicht sportlich.
Einen Weg oder wenigstens Pfad gab es nicht. Aber von oben zeigte sich Mauerwerk durch die Bäume.
Wir hatten eine Burg entdeckt. Ungläubig gingen wir um die verfallenen Mauern herum. Trojas Entdecker kann kaum aufgeregter gewesen sein. Von dieser Burg hatten wir noch nie gehört, obwohl wir mit den Erwachsenen schon einige Male durch das Schlüchttal gegangen waren.
Das war dann unsere Burg. Irgendwie brachten wir ihren Namen in Erfahrung. Die Erwachsenen nahmen diesen Ort nicht ernst, vielleicht, weil kein Weg hinauf führte. Wir zogen es auch vor, alleine dorthin zu gehen.
Aber ich bin ein mitfühlender Mensch und zwar nicht nur gegenüber Lebendigem. Ich hätte dem Ort mehr Bekanntheit und eine zweite Jugend als Ausflugsort gegönnt.
Wir gingen immer wieder hin, wenn wir in den Ferien dort waren. Wir sonnten uns auf den Felsen. Und wir träumten davon, dort nach Zeugnissen der Vergangenheit zu graben.
Durch das Gestrüpp und steil hinauf- das war jedes Mal eine geradezu archetypische Erfahrung. Ein traumartiges Erlebnis.
Wir sind nie wieder so eng verbunden gewesen wie damals. Aber ich bin sicher, dass auch Wolfgang die Burg noch kennt. Vielleicht frage ich ihn danach.
_________________ Mona Ullrich, Berlin |
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azareon35 Eselsohr
Beiträge: 292 Wohnort: Hessen
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07.05.2018 12:23 Re: Unsere Burg von azareon35
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Anoa hat Folgendes geschrieben: | Unsere Burg
Irgendwann werden Kinder groß und gehen eigene Wege. Auch die Verspieltesten.
Mein Bruder Wolfi und ich haben immer viel zusammen gespielt und hatten uns eine eigene kleine Welt geschaffen, mit einer eigenen Erkennungsmelodie, die wir vor dem Spiel leise in einer Geheimsprache sangen, von der niemand wissen sollte.
Als wir keine Kinder mehr waren, änderte sich an unserer Beziehung zunächst nicht viel. Es gab Radtouren in die nähere und weitere Umgebung unseres Elternhauses, ja bis in die nächste Großstadt. Wir fühlten uns großartig bei unseren Entdeckungen.
Verlassene Orte reizten uns besonders, zum Beispiel eine alte Ziegelei mit einem halb zugewachsenen Teich in der Nähe unseres Wohnhauses.
Aber die wichtigste und am meisten die Fantasie anregende Entdeckung war die Gutenburg. Wer sie auch kennt, wird uns verstehen.
Unsere Eltern hatten ein Haus im Südschwarzwald nah bei Waldshut und fuhren im Sommer mit uns dorthin. Es war der Ausgangspunkt für weite Wanderungen. Ich könnte viel über diese Wanderungen schreiben oder wie wir sogar bei Regen loszogen und in einem fremden Obstgarten Kirschen aßen, mit Schirmen ausgerüstet.
Aber ich will mich auf den Tag beschränken, der uns die Gutenburg brachte.
Wir kamen von einer langen Wanderung über dem Schlüchttal und wanderten an dem raschen kleinen Gewässer entlang, das für mich später zur Anregung wurde, als ich in einer Geschichte von einem Bergbach samt Wasserfrau zu erzählen hatte.
Da war nah bei einem kleinen Ort ein felsiger Hügel, vollkommen zugewachsen, der uns reizte. Was würden wir auf seiner Höhe finden?
Wir kämpften uns durch das Gestrüpp, das vor allem die ersten paar Meter versperrte. Wir konnten kaum durch.
Dann ging es steil hügelaufwärts. Wir kamen ins Schwitzen, denn wir waren damals beide nicht sportlich.
Einen Weg oder wenigstens Pfad gab es nicht. Aber von oben zeigte sich Mauerwerk durch die Bäume.
Wir hatten eine Burg entdeckt. Ungläubig gingen wir um die verfallenen Mauern herum. Trojas Entdecker kann kaum aufgeregter gewesen sein. Von dieser Burg hatten wir noch nie gehört, obwohl wir mit den Erwachsenen schon einige Male durch das Schlüchttal gegangen waren.
Das war dann unsere Burg. Irgendwie brachten wir ihren Namen in Erfahrung. Die Erwachsenen nahmen diesen Ort nicht ernst, vielleicht, weil kein Weg hinauf führte. Wir zogen es auch vor, alleine dorthin zu gehen.
Aber ich bin ein mitfühlender Mensch und zwar nicht nur gegenüber Lebendigem. Ich hätte dem Ort mehr Bekanntheit und eine zweite Jugend als Ausflugsort gegönnt.
Wir gingen immer wieder hin, wenn wir in den Ferien dort waren. Wir sonnten uns auf den Felsen. Und wir träumten davon, dort nach Zeugnissen der Vergangenheit zu graben.
Durch das Gestrüpp und steil hinauf- das war jedes Mal eine geradezu archetypische Erfahrung. Ein traumartiges Erlebnis.
Wir sind nie wieder so eng verbunden gewesen wie damals. Aber ich bin sicher, dass auch Wolfgang die Burg noch kennt. Vielleicht frage ich ihn danach. |
Hallo Anoa,
der Schreibstil ist flüssig, grobe Fehler in der Rechtsschreibung und Zeichensetzung kann ich keine entdecken.
In der Geschichte passiert aber nicht sehr viel. "Da war 'ne Burg, da sind wir als Kinder hingefahren und dann irgendwann nicht mehr", so liest sich das für mich. Die Geschichte soll wohl Momentaufnahmen einer Kindheit darstellen - und das gelingt auch - wirkt aber etwas zusammenhanglos. Wenn das ein Abgesang auf schöne Jugendtage sein soll, dann fehlt mir da noch ein bisschen der Kontrast zur Jetztzeit des Erzählers.
Eine Sache, die ich aber total bemängele, ist dies: Anoa hat Folgendes geschrieben: |
Durch das Gestrüpp und steil hinauf- das war jedes Mal eine geradezu archetypische Erfahrung. Ein traumartiges Erlebnis. | Der Teil ist mir zu sehr dahingesagt. Zeig dem Leser doch, wie archetypisch diese Erfahrung ist und beschreibe die Kletterei.
MfG
Azareon
_________________ Nemo me impune lacessit.
"If you don't read my bleedin' text, you don't get to talk down about my bleedin' text!" |
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Anoa Leseratte
A Alter: 67 Beiträge: 143 Wohnort: Berlin
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azareon35 Eselsohr
Beiträge: 292 Wohnort: Hessen
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07.05.2018 15:59
von azareon35
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Anoa hat Folgendes geschrieben: |
nur so viel: ich wollte in dieser Geschichte nicht über mich, sondern über den Ort und seine Wirkung schreiben. Hoffentlich ist mir das nicht misslungen.
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Tja ... Du sagst, was für eine Wirkung die Burg auf die Kids hat. Aber du zeigst es uns nicht. Wäre das eine direkte Erzählung eines Charakters in einer längeren Geschichte, dann ginge das, aber so wie es jetzt da geschrieben steht, ist es zu viel gesagt und zu wenig gezeigt.
Wenn du die Story überarbeitest, solltest du vielleicht eine direkte Beschreibung geben, wie die beiden Kids zu der Burg hochklettern. Mach den Ort etwas plastischer für uns und lass uns an ihren direkten Erlebnissen teilhaben.
_________________ Nemo me impune lacessit.
"If you don't read my bleedin' text, you don't get to talk down about my bleedin' text!" |
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BlueNote Stimme der Vernunft
Beiträge: 7304 Wohnort: NBY
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08.05.2018 07:55
von BlueNote
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Hallo Anoa,
ich denke, deine Geschichte/Erinnerung hat Potential, dass daraus ein Stück Literatur werden könnte. Grundsätzlich ist der Stil sehr erzählend, wie bei einem Märchenonkel, der sein großes Buch aufschlägt und die kleinen Kinder um ihn herum andächtig lauschen. Die Literatur hält viele Mittel bereit, die sie ansprechend macht. Davon ist das Showing, zu dem hier geraten wird, aber nur eines. Vielleicht solltest du aber deinen Text, der bislang fast nichts "zeigt", doch (auch noch) auf andere Art zum Leben erwecken. Indem uns z.B. die Sprache packt, mitnimmt, überwältigt und überrascht. Das Bild, das bei mir übrigens sehr gut angekommen ist (weil es etwas wachrüttelte), ist das Sonnen auf den Felsen der Burg. Oder überhaut das Abgelegene der Entdeckung. Vielleicht wäre eine Brise Showing ganz gut, aber nicht zu viel. Sonst würde der Eindruck von Kinderaufsatz eher verstärkt werden.
Auch frage ich mich, ob man diese "Erkenntnissätze" wie Irgendwann werden Kinder groß und gehen eigene Wege. Auch die Verspieltesten beibehalten sollte. Wenn ja, sollten die Erkenntnisse vielleicht tiefgreifender sein, als sie es bislang sind.
Der Text hat etwas Leises, Besinnliches. Diesen Charakter sollte man beibehalten. Allerdings müsste man die reine "Berichtform" doch zu Gunsten der Lebendigkeit ein wenig aufbrechen. Vielleicht würde es über eine besondere Beschreibung von Bildern funktionieren? Die Bilder aus der Kindheit sollen schließlich heraufbeschworen werden.
BN
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Anoa Leseratte
A Alter: 67 Beiträge: 143 Wohnort: Berlin
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Dinshi Wortedrechsler
Beiträge: 51 Wohnort: Limes
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27.07.2018 22:35
von Dinshi
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Hallo Anoa, ich möchte auch noch eine Beurteilung abgeben.
Deine kleine Geschichte hat mir gut gefallen, ich habe sie als sehr gefühlvoll und melancholisch empfunden.
Ich möchte mich mit der Kritik meinen Vorrednern anschließen, etwas mehr Showing und vllt könnte der melancholische Aspekt (erst tiefe Verbundenheit der Geschwister, dann verliert man sich als Erwachsene aus den Augen) noch stärker ausgearbeitet werden.
Außerdem schreibst Du, dass Du hauptsächlich über den Ort schreiben wolltest. Nur leider die Burg kann ich mir gar nicht richtig vorstellen. Wenn sie die Fantasie des Erzähles so sehr anregt, dann möchte ich gerne daran teil haben. Welche Wünsche, Ideen, Fantasien hat das Gemäuer in ihm geweckt?
Ich würde mich freuen, auch die überarbeitete Version lesen zu dürfen.
LG
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Shroomes Schneckenpost
Alter: 27 Beiträge: 8 Wohnort: Österreich
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22.08.2018 07:22
von Shroomes
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Hi Anoa,
erstmals möchte ich anmerken, dass mir deine Geschichte sehr gut gefallen hat, vermutlich weil ich selbst als Kind einen ähnlichen Ort hatte an den ich mich zurück ziehen konnte!
Rechtschreib- oder Grammatikfehler habe ich beim ersten Durchlesen keine gefunden, lediglich 2 Sachen stören mich etwas.
Zuallererst wie auch die anderen schon anmerkten: Beschreibe diesen Ort doch etwas mehr. Wir Leser wissen nicht wie der Ort aussieht oder was für eine Bedeutung er für dich hat/hatte, deswegen solltest du versuchen dies in deinem Text so gut wie möglich zu vermitteln!
Die 2. Sache (wobei das nur mein subjektives Empfinden ist), wäre der Satz:
Zitat: | Dann ging es steil hügelaufwärts. Wir kamen ins Schwitzen, denn wir waren damals beide nicht sportlich. |
Das Ende liest sich meiner Meinung nach etwas "abgehackt", da wäre ein "wir waren damals beide nicht sonderlich sportlich" oder ähnliches angebrachter, wobei das eben jeder für sich selbst entscheiden kann!
Aber mach so weiter, mir gefiel der Text und die Erzählung als gesamtes sehr schön!
_________________ Wenn du wissen willst wer dich beherrscht, musst du nur herausfinden, wen du nicht kritisieren darfst.
-Voltaire
I am convinced that natural
selection has been the most important, but not the exclusive, means of modification.
-Charles Darwin |
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Anoa Leseratte
A Alter: 67 Beiträge: 143 Wohnort: Berlin
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