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Non-Playable Character (NPC)


 
 
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Valentin
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 39
Beiträge: 177



Beitrag14.08.2018 10:38
Non-Playable Character (NPC)
von Valentin
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Einfach einschlafen und nicht mehr aufwachen. Davon redet ihre 94-jährige Oma immer. Sie hat gut reden, schließlich wacht niemand neben ihr auf. Welche Auswirkungen hat das wohl auf den Wiederverkaufswert des Hauses? Das will ich ihr nicht antun.

»22:22 Uhr«, sagt sie. Es hat sich irgendwie eingeschlichen. Noch in der alten Wohnung. Akte X mäßig spooky, wie sie das kann. Auch ohne Uhr.

Ich küsse sie und wünsch ihr eine gute Nacht.

Ich schließe die Augen und denke an vier Dinge für die ich heute dankbar bin. Im Vortrag von Jens Corssen hieß es, dass das entscheidend für Glück ist. Ich bin dankbar für das leichte Leben, das ich führe. Dankbar für die harmonische Beziehung, die ich führe. Dankbar für die 582 Wörter, die auf dem Weg zur Arbeit aufs digitale Papier gebannt habe. Dankbar für das weiche Bett, auf dem ich liege.

Einschlafen ist kein Problem.

Nachts schrecke ich auf. Katzen schreien beim Kämpfen wie Karatekämpfer. Doch unserer liegt im Bett. Ich streichele ihn selbstsüchtig, aber er wacht nicht auf, quietscht nur im Schlaf.

5:54 Uhr. Der Wecker. Zum Glück habe ich keinen Urlaub, sonst hätten mich die Zahnärzte neben an geweckt. Die reißen um kurz nach sieben die Rollos immer so energisch hoch. Ich stehe direkt auf, wie es empfohlen wird. Trinke einen großen Schluck Wasser, wie empfohlen und mache dreißig Kniebeugen und Liegestütz.

Zähne putzen. Gesicht waschen. PH-neutral. Sonnencreme. Die Arbeit in der Onkologie hat Folgen für den eigenen Lebensstil.

Neben an fönt die Nachbarin ihre Haare. Sie winkt. Hmm, ein Fön. Vorher müsste ich aber einen Stopfen für die Badewanne kaufen. Ein Einkaufswagen mit Fön und Badewannenstopfen, könnte den Verkäufer erschrecken. Ich sollte einen Toast dazu legen.

Anziehen. Müsli einpacken. Lüften. Auch im Wintergarten. Und nicht vergessen, die Dachfenster wieder zu schließen, sonst muss sie sich einen Fußtritt holen. Sie zum Abschied küssen und ihr einen tollen Tag wünschen.

Musik auf die Ohren und zehn Minuten zum Bahnhof. 2345 Schritte, sagt das Fitnessarmband. Der Postbote ist nicht im Zeitplan. Er weicht ab. Ist er kein NPC? Hat er einen eigenen Willen? Wie kann das sein? Wir haben doch unsere Routinen.

Ab in den Zug. Nicht davor. Das kann ich ihnen nicht antun. Zehn Minuten meditieren. Dann schreiben. Auf der Backspace-Taste klebt ein rotes Post-it. Es geht nur nach vorne.

Der Zug fährt im badischen Bahnhof ein. Ich klappe den Laptop zu und zücke das Buch. Jo Nesbo. Durst. Von den Besten lernen.

Hinter mir drängelt einer. Stampede? Wie viele steigen wohl aus? Reichen fünfhundert paar Füße? Das Mädel mit dem kaputten Bein und dem Gehstock würde bestimmt über mich stolpern. Uncool.

Manfred wartet auch auf Gleis sieben. Ein NPC. Ganz klar. Er ist strikter als ich. Bewundernswert. Sind alle Mormonen NPCs?

Viertelstunde gelesen. Verdammt gut. Ich teile den Namen mit dem Mörder. Da komm ich nicht ran. Sollte meinen Krimi einmotten.

Der Zug hält. Manfred überholt alle auf dem Weg zum Drehkreuz. Ich bin zweiter - weit abgeschlagenen. Er ist Level 56. Ich 33. Er hat die Erfahrung. Ob ich auch so gut werden würde? Zweifelhaft. Unwahrscheinlich. Ich bin kein Mormone.

Wenn ich ins Büro komme, hackt er schon auf die Tastatur ein.

»Guten Morgen, Manni.«

»Hi.«

Manfred kommt auf den Punkt. Aber wo bleibt der Konflikt? Auch in Dialogen muss es einen geben. Aber NPCs haben oft keine Dialoge. Und wenn doch, dann sind sie nicht vertont. Nur Untertitel. Da ist ein guten Morgen schon außerordentlich, oder?

Laptop in Docking Station. Die Mails bearbeiten. Gettings Things Done hilft. Evernote organisiert. Pomodoro taktet. Ratz-Fatz fertig. Der ganze Tag noch vor mir.

DSFO. Krass! Manche schlafen nie. Und die Texte. Da kann ich nichts dazu schreiben. Wo bleibt der Ehrgeiz? Oder ist es Weisheit, die mir sagt, es sein zu lassen?

Dirk humpelt ins Büro. Wehleidiges, effekthascherisches »Hallo«.

»Was ist passiert?« Mehr aus Langeweile als Interesse.

»Auf der Treppe ausgerutscht.«

»Aber da steht, doch überall: Den Handlauf benutzen.«

»War zu Hause«

»Hmm. Schade.«

Was die Firma wohl zahlt? Ist es wie bei Fight Club? Das Doppelte, wenn es auf einem Business Trip passiert? Vielleicht sollte ich mal Silke fragen. Die hat doch vor einigen Monaten den kleinen Finger in der Tür verloren. Was die ihr wohl gezahlt haben? Wahrscheinlich nicht genug, sonst wäre sie nicht mehr hier. Aber es war auch nur der kleine Finger.

Der Tag verstreicht. Zeit wird vergeudet. Die Träume warten auf einen passenden Moment, der nicht kommt und verstauben auf dem Regal. Don’t wish, don’t start - wishing only ruins the heart. Schönes Lied.

Wo kommt die Schwere eigentlich her? Ist doch alles gut. Stimmt der Chemikaliencocktail im Schädel nicht? Ein Maitai fälschlicherweise mit einem Schuss Vodka? Ich kann es nicht erklären. Es gibt keinen Grund. Die Schwere ist einfach da. Wie Luft. Wie Licht. Wie der Wind. Skydiving? Risikosportart. Da weigern sie sich bestimmt zu zahlen. Ich würde mich weigern.

Ich drucke den Vertrag aus. Das Kleingedruckte ist entscheidend. Sie zahlen erst nach drei Jahren. Außer Sie können es nicht nachweisen.

Abends rede ich mit ihr über meinen Krimi. Auf dem Weg zum ersten Pitch Point verliere ich sie. Die Augenbrauen ziehen sich konzentriert zusammen - sie ist Lost in Translation. Zu verworren der Plot. Wie mein Leben. Zu kompliziert, sagt sie. Aber einfach ist mir einfach zu plump.

Für alles gibt es einen Tipp. When in doubt, drop a corpse through the roof.

»Weißt du noch, wie wir immer über die Lebensversicherung gesprochen, aber nie eine abgeschlossen haben? Ich hab mich mal informiert und ein Angebot eingeholt. Ich hab schon unterschrieben. Es fehlt nur noch deine Unterschrift, dann haben wir uns abgesichert.«

Wie immer wirft sie einen skeptischen Blick drauf. Zieht dabei die Augenbrauen zusammen. Diese Denkerfalte. Süß. „Und für dich ist das ok?“

Ich nicke. »Ist über Kreuz, somit sparen wir noch.«

Sie unterschreibt.

Ich lächle.



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PikaCat
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P


Beiträge: 45



P
Beitrag14.08.2018 12:58

von PikaCat
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Hallo,

uff, ich bin verwirrt! Wo ist der Konflikt? Das er das Glück sucht? Das ihn der Alltag langweilt? Will er seine Oma los werden, um das Haus zu erben?

Es mag an mir liegen, aber ich bringe die vielen Sätze nicht recht zusammen.

Erklärst du mir den inneren Sinn, die Handlung?

Herzlichen Gruß
PikaCat
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azareon35
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Beiträge: 292
Wohnort: Hessen


Beitrag14.08.2018 19:29
Re: Non-Playable Character (NPC)
von azareon35
Antworten mit Zitat

Hallo Calvin Tower,

dann werde ich mal kritisieren.
Calvin Tower hat Folgendes geschrieben:


Einfach einschlafen und nicht mehr aufwachen. Davon redet ihre 94-jährige Oma immer. Sie hat gut reden "redet" und "reden" gleich hintereinander, das ist eine ungelenkte Wortwahl, schließlich wacht niemand neben ihr auf. Welche Auswirkungen hat das wohl auf den Wiederverkaufswert des Hauses? Das will ich ihr nicht antun.

»22:22 Uhr«, sagt sie. Es hat sich irgendwie eingeschlichen. Noch in der alten Wohnung. Akte X mäßig spooky Warum ist das kursiv?, wie sie das kann. Auch ohne Uhr.

Ich küsse sie und wünsch ihr eine gute Nacht.

Ich schließe die Augen und denke an vier Dinge für die ich heute dankbar bin. Im Vortrag von Jens Corssen hieß es, dass das entscheidend für Glück ist. Ich bin dankbar für das leichte Leben, das ich führe. Dankbar für die harmonische Beziehung, die ich führe. Dankbar für die 582 Wörter, die auf dem Weg zur Arbeit aufs digitale Papier gebannt habe. Dankbar für das weiche Bett, auf dem ich liege. Dieser Abschnitt klingt, als würde der Protagonist sich selbst belügen. Ist das Absicht?

Einschlafen ist kein Problem.

Nachts schrecke ich auf. Katzen schreien beim Kämpfen wie Karatekämpfer. "Kämpfen" und "kämpfer" gleich hintereinander, das ist eine ungelenkte Wortwahl. Für eine Aliteration kannst du ruhig noch weiter gehen. Katzen kreischen bei Konflikten wie kleine, konkave Karatekämpfer. Nur was soll dieser Satz hier. Wird der Prota von Katzengeschrei in der Nachbarschaft geweckt? Doch unserer liegt im Bett. Ich streichele ihn selbstsüchtig, aber er wacht nicht auf, quietscht nur im Schlaf. Seine Katze schlummert ja offenbar seelenruhig vor sich hin.
5:54 Uhr. Der Wecker. Zum Glück habe ich keinen Urlaub, sonst hätten mich die Zahnärzte neben an geweckt. Die reißen um kurz nach sieben die Rollos immer so energisch hoch. Ich stehe direkt auf, wie es empfohlen wird. Trinke einen großen Schluck Wasser, wie empfohlen und mache dreißig Kniebeugen und Liegestütz.

Zähne putzen. Gesicht waschen. PH-neutral. Sonnencreme. Die Arbeit in der Onkologie hat Folgen für den eigenen Lebensstil. Der Satz verwundert mich. Weiter unten scheint dein Prota einer Bürotätigkeit nachzugehen, diese Aussage klingt aber eher, als sei er Krankenpfleger oder Arzt. Oder willst du damit ausdrücken, dass er eine Chemotherapie macht?

Neben an fönt die Nachbarin ihre Haare. Sie winkt. Hmm, ein Fön. Vorher müsste ich aber einen Stopfen für die Badewanne kaufen. Ein Einkaufswagen mit Fön und Badewannenstopfen, könnte den Verkäufer erschrecken. Ich sollte einen Toast dazu legen. Er möchte Selbstmord begehen? Das würde zu der Chemotherapie passen.

Anziehen. Müsli einpacken. Lüften. Auch im Wintergarten. Und nicht vergessen, die Dachfenster wieder zu schließen, sonst muss sie sich einen Fußtritt holen. Ich weiß, dass du einen Klappschemel meinst, aber die Wortwahl lässt mich denken, er würde seine Partnerin treten, wenn sie die Dachfenster nicht schließt. Sie zum Abschied küssen und ihr einen tollen Tag wünschen.

Musik auf die Ohren und zehn Minuten zum Bahnhof. 2345 Schritte, sagt das Fitnessarmband. Der Postbote ist nicht im Zeitplan. Er weicht ab. Ist er kein NPC? Hat er einen eigenen Willen? Wie kann das sein? Wir haben doch unsere Routinen.

Ab in den Zug. Nicht davor. Das kann ich ihnen nicht antun. Damit ist er schon altruistischer als viele andere Selbstmörder. Zehn Minuten meditieren. Dann schreiben. Auf der Backspace-Taste klebt ein rotes Post-it. Es geht nur nach vorne.

Der Zug fährt im badischen Bahnhof ein. Ich klappe den Laptop zu und zücke das Buch. Jo Nesbo. Durst. Von den Besten lernen.

Hinter mir drängelt einer. Stampede? Wie viele steigen wohl aus? Reichen fünfhundert paar Füße? Das Mädel mit dem kaputten Bein und dem Gehstock würde bestimmt über mich stolpern. Uncool.

Manfred wartet auch auf Gleis sieben. Ein NPC. Ganz klar. Er ist strikter als ich. Bewundernswert. Sind alle Mormonen NPCs? Okay, jetzt bin ich raus. Was haben Mormonen mit NPCs zu tun?

Viertelstunde gelesen. Verdammt gut. Ich teile den Namen mit dem Mörder. Da komm ich nicht ran. Sollte meinen Krimi einmotten.

Der Zug hält. Manfred überholt alle auf dem Weg zum Drehkreuz. Ich bin zweiter - weit abgeschlagenen. Er ist Level 56. Ich 33. Er hat die Erfahrung. Ob ich auch so gut werden würde? Zweifelhaft. Unwahrscheinlich. Ich bin kein Mormone. Ich interpretiere das jetzt so: dein Prota sieht sich und alle anderen Menschen als willenlose Kreaturen, die nur ihrer Programmierung gehorchen. Korrigiere mich, falls ich falsch liege. (Aber was haben Mormonen damit zu tun? Sind wir in South Park?)

Wenn ich ins Büro komme, hackt er schon auf die Tastatur ein.

»Guten Morgen, Manni.«

»Hi.«

Manfred kommt auf den Punkt. Aber wo bleibt der Konflikt? Auch in Dialogen muss es einen geben. Aber NPCs haben oft keine Dialoge. Und wenn doch, dann sind sie nicht vertont. Nur Untertitel. Da ist ein guten Morgen schon außerordentlich, oder?

Laptop in Docking Station. Die Mails bearbeiten. Gettings Things Done hilft. Evernote organisiert. Pomodoro taktet. Ratz-Fatz fertig. Der ganze Tag noch vor mir.

DSFO. Krass! Manche schlafen nie. Und die Texte. Da kann ich nichts dazu schreiben. Wo bleibt der Ehrgeiz? Oder ist es Weisheit, die mir sagt, es sein zu lassen?

Dirk humpelt ins Büro. Wehleidiges, effekthascherisches »Hallo«.

»Was ist passiert?« Mehr aus Langeweile als Interesse.

»Auf der Treppe ausgerutscht.«

»Aber da steht, doch überall: Den Handlauf benutzen.«

»War zu Hause« Okay, ich verstehe mit einigem Überdenken, dass er sagt, es sei bei ihm zuhause und nicht im Büro passiert, aber die Wortwahl irritiert mich.

»Hmm. Schade.«

Was die Firma wohl zahlt? Ist es wie bei Fight Club? Das Doppelte, wenn es auf einem Business Trip passiert? Vielleicht sollte ich mal Silke fragen. Die hat doch vor einigen Monaten den kleinen Finger in der Tür verloren. Was die ihr wohl gezahlt haben? Wahrscheinlich nicht genug, sonst wäre sie nicht mehr hier. Die Aussage ergibt keinen Sinn. Entweder haben sie ihr nicht genug bezahlt, sonst wäre sie noch da, oder sie haben ihr genug bezahlt und sie ist noch da. Aber es war auch nur der kleine Finger.

Der Tag verstreicht. Zeit wird vergeudet. Die Träume warten auf einen passenden Moment, der nicht kommt und verstauben auf dem Regal. Don’t wish, don’t start - wishing only ruins the heart. Schönes Lied.

Wo kommt die Schwere eigentlich her? Ist doch alles gut. Stimmt der Chemikaliencocktail im Schädel nicht? Ein Maitai fälschlicherweise mit einem Schuss Vodka? Ich kann es nicht erklären. Es gibt keinen Grund. Die Schwere ist einfach da. Wie Luft. Wie Licht. Wie der Wind. Skydiving? Risikosportart. Da weigern sie sich bestimmt zu zahlen. Ich würde mich weigern.

Ich drucke den Vertrag aus. Das Kleingedruckte ist entscheidend. Sie zahlen erst nach drei Jahren. Außer Sie Ich gehe davon aus, dass du die Versicherungsgesellschaft meinst. Aber das wird dann trotzdem kleingeschrieben. können es nicht nachweisen.

Abends rede ich mit ihr über meinen Krimi. Auf dem Weg zum ersten Pitch Point verliere ich sie. Die Augenbrauen ziehen sich konzentriert zusammen - sie ist Lost in Translation. Zu verworren der Plot. Wie mein Leben. Zu kompliziert, sagt sie. Aber einfach ist mir einfach zu plump.

Für alles gibt es einen Tipp. When in doubt, drop a corpse through the roof.

»Weißt du noch, wie wir immer über die Lebensversicherung gesprochen, aber nie eine abgeschlossen haben? Ich hab mich mal informiert und ein Angebot eingeholt. Ich hab schon unterschrieben. Es fehlt nur noch deine Unterschrift, dann haben wir uns abgesichert.«

Wie immer wirft sie einen skeptischen Blick drauf. Zieht dabei die Augenbrauen zusammen. Diese Denkerfalte. Süß. „Und für dich ist das ok?“

Ich nicke. »Ist über Kreuz, somit sparen wir noch.«

Sie unterschreibt.

Ich lächle.


Als ich diesen Text zum ersten Mal las, dachte ich, okay, der Prota will seine Lebensgefährtin ermorden und die Versicherungssumme kassieren. Beim zweiten Mal denke ich nun, wir haben es hier mit einem schwerkranken, depressiven Menschen zu tun, der aus dem Leben scheiden möchte, aber die finanzielle Versorgung seiner Partnerin sichern will.
Ich verstehe aber immer noch nicht, wie die Mormonen ins Spiel passen.
Größtenteils lässt sich der Text flüssig lesen, aber ich stolpere über einige Wortwahlen und Wiederholungen, die sich glücklicherweise leicht korrigieren lassen.

MfG
Azareon


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firstoffertio
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Beitrag14.08.2018 22:06

von firstoffertio
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Ich musste "non playable character" erst einmal googeln.

Scheint einer zu sein, der im Spiel zwar existiert, aber nicht weiter auffällt, weil sich die Aufmerksamkeit auf andere richtet? Trotzdem scheint NPC im System Spiel irgendwie gebraucht zu werden? Warum wäre er sonst darin?

Im Grunde fast jeder von uns ein NPC?

hier sehe ich so einen NPC von sich erzählen. Einen, der noch dazu nicht auffallen will. Oder sich zurückhält? Und sich in nichts Außergewöhnliches verwickeln lassen will. Auch teilnahmslos bleibt (DSFO)

Dies meine etwas verworrenen Gedanken.
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Beitrag14.08.2018 23:09

von V.K.B.
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War das nicht Non-Player-Charakter? Also eine computergesteuerte Figur, hinter der sich kein Mensch verbirgt und die nur einer definierten Aufgabe folgt. Machen Mormonen das? Okay, das waren die mit ihrem weirden Space-Gospel und wo Alien-Gott die Indianer und Schwarzen angemalt hat, weil sie mit dem Teufel im Bunde waren? Erinnere ich mich richtig? (Hab gerade keine Lust, wieder stundenweise Kultistenkram nachzulesen) Oder meinst du die ihnen nachgesagte calvinistenähnliche Arbeitswut?

Egal, der Prota hat ein Problem. In einer Welt voller Sheeple und er will da raus. Suizid wäre die Lösung. Aber bloß nicht auffallen, niemanden dabei stören. Will er wirklich sterben oder ist das nur mentaler Eskapismus?

BTW, manche Lebensversicherungen zahlen auch bei Selbstmord. Weil es als Krankheitsfolge (Depression) gesehen wird. Aber erst ein paar Jahre nach Abschluss, damit niemand, der sich eh schon umbringen will, noch schnell eine Versicherung abschließt. War das mit "zahlen erst nach drei Jahren" gemeint?

Den Onkologieteil habe ich nicht verstanden. Arbeitet er dort oder in einem Büro? Oder beides? Das ist nicht deutlich genug. Oder zerfasert seine Realität schon?

Für mich scheint da einer durchs Leben zu gehen/schlafwandeln, rauswollen aber sich nicht trauen. Mit der Versicherung müsste er ja auch noch warten. Und man will ja den Wiederverkaufswert des Ortes nicht mildern, an dem man stirbt. Also geht alles weiter. Augen zu im Straßenverkehr und always remember, kids, it's down the road not across the street wenn man es ernst meint. Oder eben nicht.

Interessanter Text, auf jeden Fall. Aber noch ausbaufähig. Hoffentlich nicht autobiographisch.

Grüße,
Veith

Calvin Tower hat Folgendes geschrieben:
DSFO. Krass! Manche schlafen nie.
ohh Meintest du mich? Bin das jedenfalls schon öfter gefragt worden.

azareon35 hat Folgendes geschrieben:
Wahrscheinlich nicht genug, sonst wäre sie nicht mehr hier. Die Aussage ergibt keinen Sinn.
Wieso, was ist da unklar? Die ist noch da und arbeitet weiter, also nimmt der Prota an, sie hat kein millionenschweres Schmerzensgeld für den Unfall bekommen, denn sonst hätte sie es nicht nötig, weiter da zu arbeiten.

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Poolshark
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Beitrag15.08.2018 09:18

von Poolshark
Antworten mit Zitat

Mir gefällt der Text ganz gut. Der Erzähler ist sehr in sich gekehrt, und das spiegelt deine Sprache, diese fast fragmentartigen Gedankensprünge, sehr deutlich.

Hier allerdings haben du und dein Erzähler mich verloren:
Zitat:
DSFO. Krass! Manche schlafen nie. Und die Texte. Da kann ich nichts dazu schreiben. Wo bleibt der Ehrgeiz? Oder ist es Weisheit, die mir sagt, es sein zu lassen?

Da fühlte ich mich aus deiner Geschichte rausgerissen – raus aus der Story und wieder zurück ins DSFo. Viel zu spezifisch und nischenhaft. Außerdem unglaublich arrogant, dass der Erzähler oder der Autor sich als erhaben, als ehrgeiziger und weiser als der Rest des Forums inszenieren. Da waren das Mitfühlen und das Interesse dahin. Den weiteren Text habe ich dann leider mit nur einem Auge überfliegen können, weil dieser (sorry) literarische Masturbationsflair nachklang.

Weil es aber offensichtlich Verständnisunterschiede zum Setting gibt, hier noch meine Interpretation: Der Ich-Erzähler plant (für mich ziemlich deutlich) den eigenen Freitod. Das Ende lässt mich mit einem sehr interessanten Fragezeichen zurück.
Zitat:
»Ist über Kreuz, somit sparen wir noch.«

Au weia, denkt der Erzähler da vielleicht über einen erweiterten Suizid nach? Das gefällt mir, so offengelassen, als Abschluss recht gut.


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"But in the end, stories are about one person saying to another: This is the way it feels to me. Can you understand what I'm saying? Does it also feel this way to you?"
-Sir Kazuo Ishiguro
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Valentin
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Beiträge: 177



Beitrag16.08.2018 11:21

von Valentin
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Wow. So viel Feedback. Tausend Dank an euch! Ich versuche die Punkte aufzugreifen.


Zum Inhalt - der Grundidee:

Es geht um einen Mensch, der sich als Charakter ohne eigenen Willen wahrnimmt. Wie eine Nebenfigur in einem Computerspiel, die vorgeschrieben Routinen folgt, damit andere (die Player) ein tolles Spiel/Erlebnis haben. Eben ein Non-Playable bzw. Non-Player Charakter, wie Veith richtig bemerkt hat. Ich habe versucht das durch Routinen im Alltag zu zeigen. Die Frau, die immer sagen kann, wann es 22:22 Uhr ist. Der Prota der sich sklavisch an Ratschläge hält (Vier Dinge für die man täglich dankbar ist, sofort aufstehen, wenn der Wecker klingelt etc.), selbst wo er versucht aus der Routine auszubrechen (Krimi schreibt) und hinschmeißen will. (autobiografisch - was sonst Smile aber ist das mit 22:22 ist es auch )

Der Charakter ist gefangen in seiner Programmierung - altruistisch - will jedoch ausbrechen und fragt sich, ob das klappen könnte. Und was ist eigentlich, wenn er doch kein NPC ist? Sollte er nicht doch lieber eine Lebensversicherung abschließen? Wieder ein altruistischer Gedanke. Ein weiterer Beweis für die Programmierung? Fuck. Gibt es einen Ausweg?

@Veith: Die drei Jahre beziehen sich auf die Lebensversicherung, die bei Suizid erst drei Jahre nach Abschluss der Versicherung zahlt.

Das Ende werde ich nicht erklären. Ein offenes Ende ist das beste, solange klar ist, was offen ist und ich denke, das habe ich gut getroffen, wenn ich die Kommentare lese.


Zur Schreibe:

Poolshark hat passend zusammengefasst, was das Ziel war.
Zitat:
Der Erzähler ist sehr in sich gekehrt, und das spiegelt deine Sprache, diese fast fragmentartigen Gedankensprünge, sehr deutlich.

Ich habe mich an Deep POV probiert. Habe versucht nahe an den Prota zu gehen. Habe versucht jeglich Spuren eines Autors zu tilgen. Deshalb gibt es auch kaum Erklärungen. Das hat auch zur Folge, dass ich einige "Fehler" drin gelassen habe, weil ich nicht das Gefühl habe der Prota würde darauf achten. Z.B. die Wortwiederholung am Anfang "reden" und der für Aussenstehende nicht sofort verständliche Dialog des humpelnden Dirk "War zu Hause"


Die Mormonen und andere (ungewollte) Missverständnisse:
1. Mormonen:

Ich finde Religionen unglaublich interessant. Wie schafft man es einen Kult [auf alle Religionen bezogen] aufzubauen, auf den so viele Menschen hereinfallen? Und andererseits hat das blinde Vertrauen sogar einen positiven Effekt auf die Resilienz einer Person. Seltsam. Brauchen wir vielleicht sogar Religionen? Jetzt wenden wir uns den klassischen Religionen ab, und frönen einem Körperkult und wollen andere von der einzig richtigen Art sich zu ernähren überzeugen (Paleo, Low-Carb, etc.)

Ich habe einen Arbeitskollegen, der Mormone ist und den ich wirklich mag, schätze und gar bewundere, ob seiner fokussierten Art, die jedoch begründet ist in seinem Glauben. Da kam die Frage auf: Sind alle Mormonen so routiniert? Wären sie dann nicht die Prototypen eines NPCs? Sind alle Mormonen NPCs? Werde versuchen den Gedankengang nachvollziehbarer zu gestalten.

2. DSFO oder das Schwanz-einziehen:

@Poolshark.
Zitat:
DSFO. Krass! Manche schlafen nie. Und die Texte. Da kann ich nichts dazu schreiben. Wo bleibt der Ehrgeiz? Oder ist es Weisheit, die mir sagt, es sein zu lassen?


Zitat:
Da fühlte ich mich aus deiner Geschichte rausgerissen – raus aus der Story und wieder zurück ins DSFo. Viel zu spezifisch und nischenhaft. Außerdem unglaublich arrogant, dass der Erzähler oder der Autor sich als erhaben, als ehrgeiziger und weiser als der Rest des Forums inszenieren. Da waren das Mitfühlen und das Interesse dahin. Den weiteren Text habe ich dann leider mit nur einem Auge überfliegen können, weil dieser (sorry) literarische Masturbationsflair nachklang.

Der Abschnitt sollte das Gegenteil zeigen. Ein "Schwanz-einziehen". Da der Prota meint nicht mithalten zu können. Werde ich anders formulieren, damit es besser rüber kommt.


@Veith:
Zitat:
Meintest du mich? Bin das jedenfalls schon öfter gefragt worden.


Jepp.


3. Onkologie

Der Prota arbeitet in einem Pharmaunternehmen, das auf Onkologie spezialisiert ist. Also Büro. Werde ich deutlicher machen.
Wobei das Pharmaunternehmen im Nachhinein nur wenig Sinn macht bis auf die Gedanken zur Abfindungszahlungen. In einer ersten Version hatte ich vor dem Ausdrucken des Vertrages noch einen Abschnitt drin, bei dem der Prota eine Idee für eine Suizidmethode hatte, die nur schwer nachgewiesen werden kann. Aber ohne fand ich es besser.



BG
Calvin


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Beitrag16.08.2018 11:32

von Valentin
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@Azareon - vielen Dank für deine detaillierte Auseinandersetzung mit dem Text, der mich davon überzeugt hat mich etwas vom DEEP POV zu lösen, zu Gunsten der Lesbarkeit.

Ich gehe auf ausgewählte Punkte ein. Aber auch die anderen finden bei der Überarbeitung Beachtung.

Zitat:
Akte X mäßig spooky Warum ist das kursiv?

Ich habe alle englischen Begriff kursiv geschrieben, um den Sprachwechsel zu verdeutlichen.

Zitat:
Ich schließe die Augen und denke an vier Dinge für die ich heute dankbar bin. Im Vortrag von Jens Corssen hieß es, dass das entscheidend für Glück ist. Ich bin dankbar für das leichte Leben, das ich führe. Dankbar für die harmonische Beziehung, die ich führe. Dankbar für die 582 Wörter, die auf dem Weg zur Arbeit aufs digitale Papier gebannt habe. Dankbar für das weiche Bett, auf dem ich liege. Dieser Abschnitt klingt, als würde der Protagonist sich selbst belügen. Ist das Absicht?


--> Irgendwie ja und nein. Zum einen will er sich davon überzeugen, dass er sich doch eigentlich glücklich schätzen kann. Sich auch an den kleinen Dingen erfreuen, kann es jedoch nicht.


Zitat:
Nachts schrecke ich auf. Katzen schreien beim Kämpfen wie Karatekämpfer. "Kämpfen" und "kämpfer" gleich hintereinander, das ist eine ungelenkte Wortwahl. Für eine Aliteration kannst du ruhig noch weiter gehen. Katzen kreischen bei Konflikten wie kleine, konkave Karatekämpfer. Nur was soll dieser Satz hier. Wird der Prota von Katzengeschrei in der Nachbarschaft geweckt? Doch unserer liegt im Bett. Ich streichele ihn selbstsüchtig, aber er wacht nicht auf, quietscht nur im Schlaf. Seine Katze schlummert ja offenbar seelenruhig vor sich hin.


Ist meiner Betriebsblindheit zum Opfer gefallen. Wobei die Alliteration interessant erscheint, aber nicht zum Prota passt. ich überleg mir was. Ausdrücken wollte ich damit, dass er von dem Katzengeschrei geweckt wird und befürchtet, dass sein Kater in den Kampf verwickelt ist, ihn dann aber ruhig im Bett schlummern sieht. Der Kater war nicht im Bett, als der Prota eingeschlafen ist.

Danke für den Hinweis mit dem Klappschemel.

BG
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Beitrag16.08.2018 15:18

von Murmel
Antworten mit Zitat

Mir gefällt das ganz gut, wahrscheinlich auch, weil ich den Begriff NPC gut kenne. Eine Figur im Spiel, die nur vorprogrammierte Bewegungen und Sprache hat (falls). Jemand Jumanji 2 gesehen? Da wird das erklärt.

Es ist, vielleicht, nur mal wieder einen Ticker zu lange. Da nichts passiert, ist es schwierig, die Konzentration so lange aufrecht zu erhalten. So, wie wenn man als 15-Jährige 'Warten auf Godot' im Theater anschauen muss. Laughing

Sind Mormonen NPCs? Hmmm. Ich glaube nicht, dass man Amish und Mormonen schon in diese Kategorie einstufen kann. Schon eher die, die bei Waco verbrannt wurden oder sich in Südamerika in einem Massensuizid das Leben nehmen.

Deine Hauptfigur kann aber keiner sein, denn er schreibt. Das ist kreativ und daher kann er kein NPC sein. Das größte Problem, vielleicht, in deinem Stück.


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Beitrag16.08.2018 17:00

von V.K.B.
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Zitat:
Eine Figur im Spiel, die nur vorprogrammierte Bewegungen und Sprache hat (falls)
Ganz so eng würde ich das nicht sehen. Das mag für Computerspiele gelten, aber ursprünglich stammt der Begriff ja aus dem Pen&Paper Rollenspiel und bezeichnet einen Charakter, der vom Spielleiter verkörpert wird und nicht von einem Spieler. Daher muss dieser nicht eingeschränkt sein. Er ist nur eben kein Protagonist, sondern hat diesem gegenüber eine Funktion zu erfüllen.  

Zitat:
Deine Hauptfigur kann aber keiner sein, denn er schreibt. Das ist kreativ und daher kann er kein NPC sein. Das größte Problem, vielleicht, in deinem Stück.
Wie gesagt, wenn man NPC nicht nur auf Computerspiele (ohne nennenswerte KI) bezieht, passt das schon. Natürlich kann ein NPC kreativ sein, es geht nur eben um seine Aufgabe, die er in der Geschichte eines anderen zu erfüllen hat, aber das kann auch nebenbei passieren. Und die Frage ist gar nicht so weit hergeholt. Als ich zum ersten Mal Vater geworden bin, habe ich mich auch schon gefragt, ob ich wirklich noch Protagonist meines Lebens bin, oder hauptsächlich NPC im Leben meiner Kinder.

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Murmel
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Beitrag16.08.2018 18:54

von Murmel
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Ich kenne den NPC aus Rollenspielen ebenfalls (er wird oft in Trainingsseminaren verwendet) und nie war er kreativ, sondern hatte nur eine Aufgabe zu erfüllen, wie das Aushändigen von Spielmarken oder sonst etwas. Der Name kommt eben daher, dass er nicht spielbar und daher nur ein Prop mit engem Spielraum ist. Aber nun gut, vielleicht gibt es auch noch andere Interpretationen, trotzdem ändert dies nichts an meiner Meinung. smile

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Valentin
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Beitrag17.08.2018 08:41

von Valentin
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Einfach einschlafen und nicht mehr aufwachen. Das wünscht sich ihre 94-jährige Oma. Sie hat gut reden, schließlich wacht niemand neben ihr auf. Welche Auswirkungen hat das auf den Wiederverkaufswert des Hauses? Das werde ich ihr nicht antun.

»22:22 Uhr«, sagt sie. Es hat sich eingeschlichen. Vor dem Umzug. Unheimlich, wie sie das kann. Sogar ohne Uhr. Früher hatte sie kein Gefühl für Zeit. Wurde sie zu einem NPC?

Ich küsse sie und wünsche ihr eine gute Nacht.

Ich schließe die Augen und denke an vier Dinge für die ich heute dankbar bin. Im Vortrag von Jens Corssen hieß es, dass das entscheidend für Glück sei. Ich bin dankbar für das leichte Leben, das ich führe. Dankbar für die harmonische Beziehung zu ihr. Dankbar für die 582 Wörter, die auf dem Weg zur Arbeit auf digitales Papier gebannt habe. Dankbar für das weiche Bett, auf dem ich liege.

Einschlafen ist kein Problem.

Der Wecker. 5:54 Uhr. Ich stehe direkt auf. Trinke ein Glas Wasser. Dreißig Kniebeugen. Dreißig Liegestütz. Wie empfohlen für einen guten Start in den Tag.

Zähne putzen. Gesicht waschen. PH hautneutral. Gesichtscreme mit LSF 50. Bloß kein Hautkrebs. Die Arbeit in der Onko-Pharma hat Auswirkungen auf den Lebensstil.

Neben an fönt die Nachbarin ihre Haare. Hmm, ein Fön. Haben wir nicht. Der Badewannenstopfen fehlt auch. Verräterischer Einkauf. Ich sollte eine Packung Toast dazulegen. Nicht dass der Verkäufer Schuldgefühle entwickelt.

Musik auf die Ohren und zehn Minuten zum Bahnhof. 2345 Schritte, sagt das Fitnessarmband. Der Postbote ist nicht im Zeitplan. Er weicht ab. Ist er kein NPC? Hat er einen eigenen Willen? Wie kann das sein? Wir haben doch unsere Routinen. Oder hat er einen Ausweg gefunden?

Ab in den Zug. Nicht davor. Das kann ich ihnen nicht antun. Zehn Minuten meditieren. Dann schreiben. Auf der Backspace-Taste klebt ein rotes Post-it. Es geht nur nach vorne. Wie empfohlen.

Der Zug fährt im badischen Bahnhof ein. Ich klappe den Laptop zu und zücke das Buch. Jo Nesbo. Durst. Von den Besten lernen.

Hinter mir drängelt einer. Stampede? Wie viele steigen wohl aus? Reichen fünfhundert paar Füße? Das Mädel mit dem kaputten Bein und dem Gehstock würde über mich stolpern. Uncool.

Manfred wartet auch auf Gleis sieben. Ein NPC. Glasklar. Er ist strikter als ich. Bewundernswert. Sind alle Mormonen so routiniert? Umkehrschluss. Sind alle Mormonen NPCs? John Smith bestimmt nicht. Obwohl. Bei dem Namen.

Viertelstunde gelesen. Verdammt gut. Da komm ich nicht ran. Zumindest teilen wir den gleichen Namen. Der Mörder und ich.

Der Zug hält. Manfred überholt alle auf dem Weg zum Drehkreuz. Ich bin zweiter - doch weit abgeschlagenen. Er ist Level 56. Ich 33. Er hat die Erfahrung. Ob ich ihn je einholen könnte? Zweifelhaft. Unwahrscheinlich. Ich bin kein Mormone.

Wenn ich ins Büro komme, hackt er längst auf die Tastatur ein.

»Guten Morgen, Manni.«

»Hi.«

Er kommt auf den Punkt. Aber wo bleibt der Konflikt? Auch Dialoge brauchen einen. Andererseits haben NPCs meist nur Untertitel. Da ist ein vertontes guten Morgen außerordentlich, oder?

Laptop in Docking Station. Die Mails bearbeiten. Gettings Things Done strukturiert. Evernote organisiert. Pomodoro taktet. Ratz-Fatz fertig. Der ganze Tag noch vor mir. Boreout.

DSFO checken. Krass! Manche schlafen nie. Und die Texte. Da kann ich nicht mithalten. Sollte den Krimi einmotten. Wo bleibt mein Ehrgeiz? Oder ist es Einsicht, die mir sagt, es sein zu lassen? Mein Programmcode, der keine Kreativität vorsieht?

Dirk humpelt ins Büro. Wehleidiges, effekthascherisches »Hallo«.

»Was ist passiert?« Mehr aus Langeweile als Interesse.

»Auf der Treppe ausgerutscht.«

»Aber da steht, doch überall: Handlauf benutzen.«

»Ist daheim passiert.«

»Hmm. Schade.«

Was die Firma wohl zahlt? Ist es wie in Fight Club? Das Doppelte, wenn es auf einem Business Trip passiert? Silke fragen. Die hat doch vor einigen Monaten den kleinen Finger in der Tür verloren. Wahrscheinlich hat sie nicht genug erhalten, sonst wäre sie nicht mehr hier. Aber es war nur der kleine Finger.

Der Tag verstreicht. Zeit wird vergeudet. Die Träume warten auf einen passenden Moment, der nicht kommt und verstauben auf dem mentalen Regal. Don’t wish, don’t start - wishing only ruins the heart. Schönes Lied.

Wo kommt die Schwere her? Ist doch alles bestens. Frau. Haus. Gute Arbeit. Ist es ein Bug in meinem Code? Eine fehlerhafte Zeile? Einen objektiven Grund finde ich nicht. Trotzdem ist sie da. Wie Luft. Wie Licht. Wie der Wind. Skydiving? Risikosportart. Da weigern die sich bestimmt zu blechen. Ich würde mich weigern.

Ich überprüfe den Vertrag. Das Kleingedruckte ist entscheidend. Sie zahlen erst nach drei Jahren. Außer sie können es nicht beweisen.

Abends rede ich mit ihr über meinen Krimi. Auf dem Weg zum ersten Pitch Point verliere ich sie. Dabei geht es doch um sie. Sie versteht es nicht. Die Augenbrauen ziehen sich konzentriert zusammen - sie ist Lost in Translation. Zu verworren der Plot. Wie mein Leben. Zu kompliziert, sagt sie. Ich solle es vereinfachen. Aber einfach ist zu leicht aufzuklären.

Für alles gibt es eine Empfehlung. When in doubt, drop a corpse through the roof.

»Weißt du noch, wie wir über die Lebensversicherung gesprochen, aber nie eine abgeschlossen haben? Ich hab mich informiert und ein Angebot eingeholt. Ich hab schon unterschrieben. Es fehlt nur noch deine Unterschrift, dann haben wir uns abgesichert.«

Wie immer wirft sie einen skeptischen Blick drauf. Zieht dabei die Augenbrauen zusammen. Diese Denkerfalte. Süß. „Und für dich ist das ok?“

Ich nicke. »Ist über Kreuz, somit sparen wir noch.«

Sie unterschreibt.

Ich lächle.


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“Books aren't written - they're rewritten. Including your own. It is one of the hardest things to accept, especially after the seventh rewrite hasn't quite done it.” - Michael Crichton
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PikaCat
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P


Beiträge: 45



P
Beitrag17.08.2018 14:44

von PikaCat
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Hi Calvin,

eine sehr interessante und aktuelle Idee, jetzt blicke ich besser durch.

Allerdings muss ich gestehen, dass ich auch beim zweiten Text trotz Vorkenntnisse immer wieder in Verwirrung gerate und mir der Text zu schwer und lang wird.

Konkret im Kopf habe ich noch: das du Hobbyautor bist, kommt mir zu unverständlich rüber.

„Dankbar für die 582 Wörter, die auf dem Weg zur Arbeit auf digitales Papier gebannt habe.“

Wenn du das hier deutlicher machen würdest  ( in etwa: Dankbar für den gelungenen Absatz meiner neusten Kurzgeschichte.), würde ich bei diesem Satz nicht erneut ins Grübeln kommen, was damit gemeint sein soll.
„Da komm ich nicht ran.“

Und das DSFO („DSFO checken“) würde ich entspezifizieren, zu z. B. zu „Schreibforum/Autorenforum“.

Aber ich wiederhole mich gerne: Super Idee!

Und ich habe wieder einiges gelernt!

Grußerl PikaCat
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Valentin
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Beitrag21.08.2018 15:12

von Valentin
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Hi PikaCat,

das mit dem Hobbyautor stimmt so nicht ganz. Der Prota versucht sich in etwas Kreativem (Schreibt an einem Krimi), um aus seiner Rolle zu brechen, doch hadert damit. Hat das Gefühl, dass es nix wird und überlegt es sein zu lassen. "Mein Programmcode, der keine Kreativität vorsieht?"

Der Prota ist sehr exakt mit den Zahlen. Er würde nicht sagen, dass er dankbar für einen Absatz ist, sondern eben für die genau Wortzahl.

Vielleicht ändere ich "da komme ich nicht ran" zu "Da reicht mein Krimi nicht ran." um es etwas verständlicher zu machen.

Autorenforum - wäre auch zu unspezifisch für den Prota.

Vielen Dank für dein Feedback!
Calvin


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holg
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Moderator

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Bronzenes Licht Der bronzene Roboter


Beitrag21.08.2018 21:54

von holg
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Ich hab nix zu meckern. Beim ersten lesen der zweiten Version verstanden (vorherige Diskussionen habe ich übersprungen, also verzeih mir Dopplungen).
DSFO würde ich auch mit Schriftstellerforum ersetzen, wenn du den Text außerhalb zeigen willst.

Der geschilderte Charakter scheint mir zu stimmen. Zahlenfixiert, Gamer, Fantast, Empfehlungenleser; Versucht sich an Krimis und vielleicht, ganz vielleicht wird er seine Frau abmurksen.

Der Stil gefällt mir gut: Locker und präzise genug, um den Fokus nicht zu verlieren.

Den Abschnitt mit dem Mormonen halte ich für nicht relevant, sehe keinen Mehrwert für Zeichnung des Prota oder die Geschichte.

Insgesamt nettes Ding.


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Tr1ckSh0t
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Beitrag04.09.2018 22:48

von Tr1ckSh0t
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Hey Calvin

Sehr ansprechend.

Die kleinen Szenen und allein stehenden Sätze die monoton vorgetragen und kommentiert werden, und einfach heruntergeschrieben sind spiegeln die Alltags-Monotonie wieder ohne selbst monoton zu sein. Respekt!
Besonders gut kommt das bei der Fön-Szene oder auch bei den ersten Sätzen. (Sie hat ja niemanden der neben ihr aufwacht.) rüber.
Alles Gedanken die ich selbst schon hatte. Die Zweifel am eigenen Talent beim Lesen von Büchern eingeschlossen. Die Song-Zitate, Die kleinen englischen Passagen, die grandiosen Videospiel Vergleiche und die Fight Club Referenzen machen es sympatisch.
Liest sich mehr wie Lyrik als wie Prosa, weil jedes Wort sitzt.
Nichts zu Meckern.
Hut ab.

LG
Trickshot


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Valentin
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 39
Beiträge: 177



Beitrag05.09.2018 11:43

von Valentin
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Hallo Tr1cksh0t,

danke für deine netten Worte und Einschätzung/Interpretation.

Über die letzten Wochen habe ich die Anmerkungen hier im Thread sacken lassen und eine neue Version erarbeitet.
Die Mormonen mussten weichen + ein paar Detailänderungen.

-------------Non-Playable Character V.3 ----------------------

Einfach einschlafen und nicht mehr aufwachen. Das wünscht sich ihre 94-jährige Oma. Sie hat gut reden, schließlich wacht niemand neben ihr auf. Welche Auswirkungen hat das auf den Wiederverkaufswert des Hauses? Das werde ich ihr nicht antun.

»22:22 Uhr«, sagt sie. Es hat sich eingeschlichen. Vor dem Umzug. Unheimlich, wie sie das kann. Sogar ohne Uhr. Früher hatte sie kein Gefühl für Zeit. Wurde sie zu einem NPC?

Ich küsse sie und wünsch ihr eine gute Nacht.

Ich schließe die Augen und denke an vier Dinge für die ich heute dankbar bin. Im Vortrag von Jens Corssen hieß es, dass das entscheidend für Glück sei. Ich bin dankbar für das leichte Leben, das ich führe. Dankbar für die harmonische Beziehung zu ihr. Dankbar für die 582 Wörter, die auf dem Weg zur Arbeit auf digitales Papier gebannt habe. Dankbar für das weiche Bett, auf dem ich liege.

Einschlafen auf Knopfdruck.

Der Wecker. 5:54 Uhr. Ich stehe direkt auf. Trinke einen Glas Wasser. Dreißig Kniebeugen. Dreißig Liegestütz. Wie empfohlen für einen guten Start in den Tag.

Zähne putzen. Gesicht waschen. PH hautneutral. Gesichtscreme mit LSF 50. Bloß kein Hautkrebs. Die Arbeit in der Pharma hat Auswirkungen auf den Lebensstil.

Neben an fönt die Nachbarin ihre Haare. Hmm, ein Fön. Haben wir nicht. Der Badewannenstopfen fehlt auch. Verräterischer Einkauf. Ich sollte eine Packung Toast dazulegen. Nicht dass der Verkäufer Schuldgefühle entwickelt.

Musik auf die Ohren und zehn Minuten zum Bahnhof. 2345 Schritte, sagt das Fitnessarmband. Der Postbote ist nicht im Zeitplan. Er weicht ab. Ist er kein NPC? Hat er einen eigenen Willen? Wie kann das sein? Wir haben doch unsere Routinen. Oder hat er einen Ausweg gefunden?

Ab in den Zug. Nicht davor. Das kann ich ihnen nicht antun. Zehn Minuten meditieren. Dann schreiben. Auf der Backspace-Taste klebt ein rotes Post-it. Es geht nur nach vorne. Wie empfohlen.

Der Zug fährt im badischen Bahnhof ein. Ich klappe den Laptop zu und zücke das Buch. Jo Nesbo. Durst. Von den Besten lernen.

Hinter mir drängelt einer. Stampede? Wie viele steigen wohl aus? Reichen fünfhundert paar Füße? Das Mädel mit dem kaputten Bein und dem Gehstock würde über mich stolpern. Uncool.

Manfred wartet auch auf Gleis sieben. Ein NPC. Glasklar. Er ist strikter als ich. Bewundernswert. Wir steigen getrennt ein.

Durst. Viertelstunde gelesen. Verdammt gut. Da komm ich nicht ran. Zumindest teilen wir den gleichen Namen. Der Mörder und ich.

Der Zug hält. Manfred überholt alle auf dem Weg zum Drehkreuz. Ich bin zweiter - doch weit abgeschlagenen. Er ist Level 56. Ich 33. Er hat die Erfahrung. Ob ich ihn je einholen könnte? Zweifelhaft. Unwahrscheinlich.

Wenn ich ins Büro komme, hackt er längst auf die Tastatur ein.

»Guten Morgen, Manni.«

»Hi.«

Er kommt auf den Punkt. Aber wo bleibt der Konflikt? Auch Dialoge brauchen einen. Andererseits haben NPCs meist nur Untertitel. Da ist ein vertontes guten Morgen außerordentlich, oder?

Laptop in Docking Station. Die Mails bearbeiten. Gettings Things Done strukturiert. Evernote organisiert. Pomodoro taktet. Ratz-Fatz fertig. Der ganze Tag noch vor mir. Boreout.

Schriftstellerforum checken. Krass! Manche schlafen nie. Und die Texte. Da kann ich nicht mithalten. Sollte den Krimi einmotten. Wo bleibt mein Ehrgeiz? Oder ist es Einsicht, die mir sagt, es sein zu lassen? Mein Programmcode, der keine Kreativität vorsieht?

Dirk humpelt ins Büro. Wehleidiges, effekthascherisches »Hallo«.

»Was ist passiert?« Mehr aus Langeweile als Interesse.

»Auf der Treppe ausgerutscht.«

»Aber da steht, doch überall: Handlauf benutzen.«

»Ist daheim passiert.«

»Hmm. Schade.«

Was die Firma wohl zahlt? Ist es wie in Fight Club? Das Doppelte, wenn es auf einem Business Trip passiert? Silke fragen. Die hat doch vor einigen Monaten den kleinen Finger in der Tür verloren. Wahrscheinlich hat sie nicht genug erhalten, sonst wäre sie nicht mehr hier. Aber es war nur der kleine Finger.

Der Tag verstreicht. Zeit wird vergeudet. Die Träume warten auf einen passenden Moment, der nicht kommt und verstauben auf dem mentalen Regal. Don’t wish, don’t start - wishing only ruins the heart. Schönes Lied.

Wo kommt die Schwere her? Ist doch alles bestens. Frau. Haus. Gute Arbeit. Ist es ein Bug in meinem Code? Eine fehlerhafte Zeile? Einen objektiven Grund finde ich nicht. Trotzdem ist sie da. Wie Luft. Wie Licht. Wie der Wind. Skydiving? Risikosportart. Da weigern die sich bestimmt zu blechen. Ich würde mich weigern.

Ich überprüfe den Vertrag. Das Kleingedruckte ist entscheidend. Sie zahlen erst nach drei Jahren... außer sie können es nicht beweisen.

Abends rede ich mit ihr über meinen Krimi. Auf dem Weg zum ersten Pitch Point verliere ich sie. Dabei geht es doch um sie. Sie versteht es nicht. Die Augenbrauen ziehen sich konzentriert zusammen - sie ist Lost in Translation. Zu verworren der Plot. Wie mein Leben. Zu kompliziert, sagt sie. Aber einfach ist mir zu plump.

Für alles gibt es eine Empfehlung. When in doubt, drop a corpse through the roof.

»Weißt du, wie wir immer über die Lebensversicherung gesprochen, aber nie eine abgeschlossen haben? Ich hab mich informiert und ein Angebot eingeholt. Hab schon unterschrieben. Es fehlt nur noch deine Unterschrift, dann haben wir uns abgesichert.«

Wie immer wirft sie einen skeptischen Blick drauf. Zieht die Augenbrauen zusammen. Diese Denkerfalte. Süß. „Und für dich ist das ok?“

Ich nicke. »Ist über Kreuz, somit sparen wir noch.«

Sie unterschreibt.

Ich lächle.

Ausweg.



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PhilipS
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Beiträge: 109



Beitrag05.09.2018 12:46

von PhilipS
Antworten mit Zitat

Hallo Calvin Tower,

vorweg: brillanter Text! Die Verschmelzung von Business-Sprech und Gamer-Terminologie ist ein Geniestreich, der die Trostlosigkeit eines um Effizienz und Selbstoptimierung kreisenden Lebens schonungslos darstellt. Deine Figur ist gefangen in einem Leben, das fremdbestimmt wird, aber nicht von Göttern oder anderen Menschen, sondern von einem gesichtslosen System, zu dem sie selber gehört - ganz wie es bei NPCs in Computerspielen der Fall ist. Ihre Versuche, auszubrechen und glücklich zu werden, bleiben dabei immer noch von diesem System bestimmt: Corssen lesen (oder vermutlich eher als Hörbuch hören) und dabei Wort für Wort befolgen, sich an Bestseller-Autoren orientieren, anstatt etwas Eigenes zu versuchen - immer wieder wird klar, dass die Figur aus freien Stücken fremdbestimmt ist.

Einziges Manko: mich als Rollenspieler (mehr Pen and Paper als Computer, aber dennoch) stört es, dass NPCs selber ein Level haben. Ich verstehe, dass es in den Text passt, in Spielen ist das aber nur sehr selten der Fall, etwa wenn es sich um wiederkehrende Charaktere handelt, die mit dem SC wachsen, um ihm ebenbürtig zu sein.


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Schreibt die Texte, die Ihr selber gerne lesen möchtet.
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Bunt Speck
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 436
Wohnort: Brimm


Beitrag05.09.2018 14:30

von Bunt Speck
Antworten mit Zitat

PhilipS hat Folgendes geschrieben:
die Trostlosigkeit eines um Effizienz und Selbstoptimierung kreisenden Lebens schonungslos darstellt.


Da kann ich mich nur anschließen. Ich mag den Text auch. Besonders empfehlenswert ist er, wenn man ihn im Büro liest, weil man den Tagessoll schon am Vormittag abgefertigt hat ...

Kritische Anmelrungen habe ich keine. Mir gefällt das Thema, die SPrache und mich stören die "Fachbezüge" nicht ... für mich darf ein NPC auch ein Level haben. Ich hab ja auch eins ...

Gruß
Bunt


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Valentin
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 39
Beiträge: 177



Beitrag10.09.2018 14:24

von Valentin
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Danke für die freundlichen und ermutigende Worte!

@PhilipS:
Zitat:
immer wieder wird klar, dass die Figur aus freien Stücken fremdbestimmt ist.

--> Dieser Kommentar hat mich endlich erkennen lassen, was ich für mich mit Self-fulfilling Prophecy meinte. Beim Schreiben stellte ich mir vor, dass alles, was der Prota unternimmt, eigentlich dazu führt, dass er sich immer mehr ferngesteuert fühlt. Bin aber nie auf diese treffende Zusammenfassung gekommen: aus freien Stücken fremdbestimmt. Danke!

Mit Pen & Paper kenne ich mich nicht so aus, dafür mehr mit Videospielen, in denen NPCs auch Level haben. Insbesondere unüberwindbar erscheinende Bossgegner - wie Manfred. Smile

Somit bin ich auf Bunt Specks Seite.
Zitat:
Ich habe ja auch eins.
Smile

BG
Calvin


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SannyB
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Beiträge: 174
Wohnort: BaWü


S
Beitrag15.09.2018 15:13

von SannyB
Antworten mit Zitat

Ich finde die Darstellung einer Person als Programm-gesteuerter Char auch sehr interessant. So fühlt man sich manchmal, gefangen im Arbeitsalltag ...

Allerdings hat mich - als Softwareentwicklerin - die Zeile "Ist es ein Bug in meinem Code?" kurz verwirrt. Es ist nicht klar, welchen Beruf der Protagonist hat, und für einen kurzen Moment dachte ich, er hätte selbst ein fehlerhaftes Programm geschrieben (denn ich frage mich fast täglich: 'wo in meinem Code ist der Bug?').
Für alle anderen, die keine Programmierer sind, ist aber wahrscheinlich sofort klar, dass damit ein "Bug" seiner Persönlichkeit gemeint ist.
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