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Tula Klammeraffe
Beiträge: 905 Wohnort: die alte Stadt
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gold Papiertiger
Beiträge: 4943 Wohnort: unter Wasser
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29.07.2018 04:29
von gold
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gelöscht. Sorry.
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niko Eselsohr
Alter: 66 Beiträge: 233 Wohnort: Göttingen
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29.07.2018 10:17
von niko
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Hallo Tula
schon die ersten drei Zeilen waren mir zu....schwurbelig. Für mich muss lyrik nich zwingend luftig locker leicht in worten daherkommen, aber doch in einer klaren, unverstellten sprache.
Und wenn der einstieg so wirkt, dann hat es der rest schwer....-bei mir! Doch durch den Text zieht sich ebenso das, was mir eine deiner Stärken zu sein scheint: ausdrucksstarke, gut lyrische Stellen wie
-Ewigkeit in Staub gepresst
-jeder Glaube meiner Welt verkantet hat
sogar die Zeit
hat sich da aufgehangen
-im Hintergrund - die schwarze Weberin!
ein Netz gefüllt mit
Sommerlöchern
das sind fürmich saugute stellen. und ich finde persönlich es schade, dass sie von künstlicher wortartistik so zugeschüttet sind!
herzlichst - niko
_________________ Ein Gedicht auf dem Hintergrund der Biographie des Autors zu interpretieren ist so, als würde man einem schwimmenden Schiff das Wasser nehmen. (NJK) |
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Tula Klammeraffe
Beiträge: 905 Wohnort: die alte Stadt
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29.07.2018 13:44
von Tula
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Hallo niko
Danke für feedback, hat mich wie immer gefreut. Wenn dir der Auftakt etwas merkwürdig vorkommt, ist alles in Ordnung, denn das liegt in der humoristischen Absicht. Welch ein Dichter kommt schon auf die Idee, ein Gedicht über seine Zimmerdecke zu schreiben?
Und Humor und Satire leben ja von grotesken Bildern. Anders als det Frühjahrsputz, der wäre Dichterlein doch zu banal gewesen.
LG
Tula
_________________ aller Anfang sind zwei ...
(Dichter und Leser) |
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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29.07.2018 22:18
von firstoffertio
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Dein Gespinst gefallt mir grundsätzlich gut, aber wie Niko ist mir einiges zu viel.
Mal mein Versuch mit herausgezogenen Fäden:
Versuch über die Zimmerdeckenecken
Mein abendliches Universums trägt
noch Zeichen der Geburt,
fossile Überbleibsel harren dort
für alle Ewigkeit in Staub gepresst
die schweigt nun endlich über mir und weiß
aus ihrem filigranen Chaos steigt
auch heute keine Deutung als -
der Wendepunkt ist längst erreicht
und rettet sich im letzten Fluchtpunkt, wo
sich jeder Glaube meiner Welt
verkantet hat sogar die Zeit
hat sich da aufgehangen scheint's
doch wirkt sie fort
im Hintergrund -
die schwarze Weberin!
ein Netz gefüllt mit Sommerlöchern
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Tula Klammeraffe
Beiträge: 905 Wohnort: die alte Stadt
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29.07.2018 22:41
von Tula
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Hallo firstoffertio
Dank auch dir und dein Kommentar ist wie immer geschätzt.
Zur polemischen ersten Strophe: es geht um den Dichter, der in seiner verzweifelten Suche nach neuen Themen sich seinem weiß getünchten Universum widmet (die muffige Dichterstube, sein Elfenbeinturm usw.).
Es gibt zwei Bezüge: Firmament vs.Zimmerdecke und dichterische Inspiration vs. Leere. Die Leere also auch im doppelten Sinne: der Kosmos unendlicher Vielfältigkeit und die dichterische Schöpfung.
Die erste Strophe steht somit für den bekannten Urknall als auch für vergangenen Erfolg. Denn den "Sternenstrich" hat Benn in seinem berühmten "ein Wort" kreiert und gerade diesen Vergleich will ich nicht streichen, wobei es mir andererseits als nicht notwendig erscheint, explizit auf Benn hinzuweisen. Jedenfalls handelt es sich hier nicht um einen unbefugten Zugriff auf das Gedankengut anderer, sondern um eine bewusste, vergleichende Anspielung, die mir hier als sehr wichtig erscheint.
Also sorry, ich möchte die erste Strophe erstmal so belassen. Keine Geringschätzung meiner Leser
LG
Tula
_________________ aller Anfang sind zwei ...
(Dichter und Leser) |
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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29.07.2018 23:13
von firstoffertio
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Auf dein Thema und Benns Gedicht bin ich nicht gekommen.
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Tula Klammeraffe
Beiträge: 905 Wohnort: die alte Stadt
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29.07.2018 23:44
von Tula
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ok, dann doch eine kleine Hilfestellung in der ersten Zeile:
Versuch über die Zimmerdeckenecken
der Ursprung meines dichterischen Kosmos trägt
noch Zeichen der Geburt, fossile Überbleibsel erster
Sternenstriche harren dort für alle
Ewigkeit in Staub gepresst, als wäre ihnen einst
die Leere selbst in ihrem Sturz enteilt
die schweigt nun endlich über mir und weiß
aus ihrem filigranen Chaos steigt
auch heute keine Deutung als nur die -
der Wendepunkt ist längst erreicht
und rettet sich in Augenblicksgeschwindigkeit
im letzten Fluchtpunkt gegenüber wo
sich jeder Glaube meiner Welt verkantet hat
sogar die Zeit
hat sich da aufgehangen
scheint's doch
unmerklich wirkt sie fort
im Hintergrund - die schwarze Weberin!
ein Netz gefüllt mit
Sommerlöchern
_________________ aller Anfang sind zwei ...
(Dichter und Leser) |
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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30.07.2018 00:05
von firstoffertio
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Das hilft auf jeden Fall, Tula, da am Anfang.
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Heidi Reißwolf
Beiträge: 1425 Wohnort: Hamburg
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12.08.2018 22:14
von Heidi
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Tula hat Folgendes geschrieben: | ok, dann doch eine kleine Hilfestellung in der ersten Zeile:
Versuch über die Zimmerdeckenecken
der Ursprung meines dichterischen Kosmos trägt
noch Zeichen der Geburt, fossile Überbleibsel erster
Sternenstriche harren dort für alle
Ewigkeit in Staub gepresst, als wäre ihnen einst
die Leere selbst in ihrem Sturz enteilt
die schweigt nun endlich über mir und weiß
aus ihrem filigranen Chaos steigt
auch heute keine Deutung als nur die -
der Wendepunkt ist längst erreicht
und rettet sich in Augenblicksgeschwindigkeit
im letzten Fluchtpunkt gegenüber wo
sich jeder Glaube meiner Welt verkantet hat
sogar die Zeit
hat sich da aufgehangen
scheint's doch
unmerklich wirkt sie fort
im Hintergrund - die schwarze Weberin!
ein Netz gefüllt mit
Sommerlöchern |
Hallo Tula,
so ein kurzer Thread für so ein langes Gedicht, das muss sich ja mal ändern.
Ich hab die erste Version nicht gelesen, nur die überarbeitete. Für meinen Geschmack sind zu viele Details, aber ich will nicht rumkritteln, ist dein Stil, eher konkret darzustellen, geballte Bilder auftreten zu lassen, auch sprachlich lese ich das nicht zeitgenössisch. Aber es fließt, es entsteht eine Sogwirkung, ich muss mehrmals lesen, um die Gedanken in mir zu gründen, mich nicht in den Fluss mitnehmen zu lassen. Das hat schon was meditatives.
Inhaltlich lese ich im ersten Vers von einem inspiriertem LI, das in längst vergangenen Zeitaltern sein heutiges Schaffen erkennt (fossile Überbleibsel).
Tula hat Folgendes geschrieben: | der Ursprung meines dichterischen Kosmos trägt
noch Zeichen der Geburt, fossile Überbleibsel erster
Sternenstriche harren dort für alle
Ewigkeit in Staub gepresst, als wäre ihnen einst
die Leere selbst in ihrem Sturz enteilt |
Es ist von Geburt die Rede, aus dem Ursprung des dichterischen Kosmos - den ich als Ideenwelt lese, dort wo LI seine Erkenntnisse hervorkramt und den ich als weit empfinde, ein weites Bild. Die Geburt lese ich als das Werk. Der Poet kreiert durch kreative Kräfte ein Werk das im Zusammenhang mit längst vergangenen Zeitaltern steht, auch mit Sternenkräfte, die nicht nur im Kosmos angelegt sind, sondern auch in Sternenstichen direkt angesprochen werden. Die piksen ein wenig, die Sternenstiche. In Staub gepresst harren sie aus. Fühlt sich in meinem Lesen so an, als wäre es harte Arbeit an diese Sternenstiche ranzukommen. Sie sind in Kometen drin? (gepresster Staub und anderes)
Im zweiten Vers werden die Bilder klarer, im ersten treten sie geballt auf, es ist wenig Raum zum Atmen vorhanden.
Tula hat Folgendes geschrieben: | die schweigt nun endlich über mir und weiß
aus ihrem filigranen Chaos steigt
auch heute keine Deutung als nur die -
der Wendepunkt ist längst erreicht |
Die Leere ist es dann, die schweigt. Spannend. Aus diesem Schweigen, aus dieser Leere und dem Weiß entspringt wieder Chaos, etwas Neues ensteht, ein Wendepunkt. Der Poet versucht aus diesem "Nichts" im Chaos eine Form herauszugestalten? Warum das markierte längst, weiß nicht, es scheint mir überflüssig bzw. zu sehr in eine Richtung drängend.
Tula hat Folgendes geschrieben: | und rettet sich in Augenblicksgeschwindigkeit
im letzten Fluchtpunkt gegenüber wo
sich jeder Glaube meiner Welt verkantet hat
sogar die Zeit
hat sich da aufgehangen |
Hui, das ist nun sehr verknotet. Augenblicksgeschwindigkeit. Also nur kurz. Ein Zwinkern. Und in diesem Zwinkern verliert sich im LI alles. Es kann nicht mehr flüchten, selbst der Glaube seiner Welt ist hinüber, die Zeit löst sich ins Nichts auf. Das Zwinkern wird also hinfällig, weil es nicht mehr existiert.
Tula hat Folgendes geschrieben: | scheint's doch
unmerklich wirkt sie fort
im Hintergrund - die schwarze Weberin! |
Dieses Bild gefällt mir am besten. Eine Spinne, sie ist dunkel, mystisch und schön, bleibt im Hintergrund und webt wundervolle Muster. Vielleicht genau das, was LI braucht, um seine Kreativkräfte wieder zu mobilisieren nach all dem Zeitverschwinden (das Zeitverschwinden lese ich auch als Ausnahmezustand, in dem neu geschöpft wird, sich etwas öffnet für LI).
Tula hat Folgendes geschrieben: | ein Netz gefüllt mit
Sommerlöchern |
Sommerlöcher. Den Sommer empfinde ich als ruhig und auch weit und der hier hat ein Loch oder eher noch Löcher. In all der Weite viele Löcher die gefüllt sind. Ein Netz aus Sommerlöchern. Gefüllt mit LIs Ideen? Ein schöner Gedanke vielleicht.
Das soweit als Interpretationansatz. Ich hab versucht ein Gesamtbild in mir zu entwerfen, aber es fällt schwer, es sind doch viele Bilder, die Sprache weit weg vom Jetzt, der Fluss (den ich als angenehm empfinde) nimmt mit. Grob gesagt empfinde es den Text als Gedicht übers Dichten bzw. den Prozess.
Liebe Grüße
Heidi
Edit: Der Titel, den hab ich vergessen. Ich mag den. Diese Ecken in den Zimmerdecken. Ich seh ihn sitzen, den Poeten in seinem Versuch.
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Tula Klammeraffe
Beiträge: 905 Wohnort: die alte Stadt
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13.08.2018 00:09
von Tula
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Hallo Heidi
mit einer so ausführlichen Auslegung des Textes habe ich nicht mehr gerechnet. Hiermit erstmal ein herzliches Dankeschön.
Nun hast du den Text so wunderbar interpretiert, da will ich eigentlich gar nicht mehr viel herum-erklären. Am Anfang stand auf jeden Fall ein gedankliches Sommerloch, die Suche nach dem nächsten Thema, die Idee der Zimmerdeckenecken gewiss ein humoristischer Ansatz.
Beim Schreiben kam mir dann der Vergleich der dichterischen mit der kosmischen Schöpfung und zugleich der Leere, der ewige Kampf gegen diese Leere, das Erinnern an irgendeinen frühen Erfolg und die Angst, oder besser Sorge, dass sich dieser für immer in einer gähnenden Tiefe verlieren wird. "in Staub gepresst" steht da auch für verstaubte Ideen, Bücher usw. So ging der Gang durch Zeit und Raum von einer Ecke des Zimmers in die andere, hin zu den Fäden der Zeit spinnenden schwarzen Weberin, in kosmologischer Hinsicht auch eine Anspielung auf die schwarzen Kräfte im Hintergrund, welche am Ende über das Schicksal des Universums (und metaphorisch über das des Dichters) entscheiden werden.
Gefreut habe ich mich über:
Zitat: | auch sprachlich lese ich das nicht zeitgenössisch |
Zum einen eine gute Frage, was "zeitgenössisch" überhaupt bedeutet, dem Drang irgendeiner Nachahmung nicht zu erliegen, halte ich für wichtig. Leicht gesagt, wo wir doch alle gewissermaßen ein geistiges Produkt unserer Umwelt sind, auch unser eigenen Lektüren im Laufe der Jahre, die (für uns bewusst oder nicht) unseren Geschmack formen.
Zitat: | Ich seh ihn sitzen, den Poeten in seinem Versuch. |
Oh ja! Da hat mein Gedicht sein Ziel erreicht
LG
Tula
_________________ aller Anfang sind zwei ...
(Dichter und Leser) |
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