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Der Kater im Rollstuhl


 
 
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Valentin
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 39
Beiträge: 177



Beitrag18.07.2018 13:36
Der Kater im Rollstuhl
von Valentin
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Hallo Zusammen,

ich arbeite gerade an einer Kurzgeschichte mit den Zielen die Drei-Akt-Struktur und vor allem Deep POV zu üben. Ach ja und zum ersten Mal aus der ersten Person - fühlt sich seltsam an.

Kennst sich jemand mit Deep POV aus und kann mir sagen, ob ich auf der richtigen Spur bin?
Habe mich an den Tipps dieser Seite  entlang gehangelt.
Vor allem die häufige Nutzung von Adjektiven schreckt mich ab, da es im Widerspruch zu dem steht, was ich bisher gelernt habe. Aber verschiedene Theorien können ja alle gleich richtig sein und nebeneinander existieren.

Würde jemand weiterlesen wollen?

BG
Calvin
-----hier nun der Anfang der Geschichte-------------

Der Tod streifte auf Samtpfoten – drei schwarz und die vorne links schlohweiß – durch das Margarethen Altenheim. Zum ersten Mal erlebte ich seine schnurrende Macht am Tag der Invasion durch die Außerirdischen aus Ludwigsburg.
Roland Emmerich’s Blockbuster Independence Day feierte Deutschland Premiere. Ein Hollywoodstreifen, aber mit Special Effects aus der Filmakademie Ludwigsburg. Ein Steinwurf vom Schwarzwald entfernt und kommenden Herbst wäre auch ich dort. Doch heute Abend würde ich die bahnbrechenden Effekte bestaunen, falls ich die nächsten dreißig Minuten überstand.
Ich hielt inne, ließ den Kopf in den Nacken kippen und stöhnte tief aus der Kehle. Den zweiten Tag in Folge Kopfschmerzen. Gestern war verständlich, wenn auch nicht wirklich nachvollziehbar gewesen. Vier Zäpfle und zwei Honigrum über den Abend verteilt, sollten einen nicht so mitnehmen. Aber heute? Das war verdammt noch mal nicht fair. Wann wirkten die Ibu’s endlich?
Aller guten Dinge sind drei.
Ich schnaubte, über den Kommentar des inneren Sarkasten, zog einen Handschuh aus, drückte auf die Nasenwurzel und presste die Lider zusammen. Wie lang war der elende Pflasterweg noch? Ich lehnte zur Seite, sah an dem Müllwagen vorbei, der die Sicht versperrte. Endlose fünfzig Meter. Wahrscheinlich mehr. Nebenbei durchforstete ich die Taschen des zu großen blauen Anoraks. Der Zivi vor mir musste ein Riese gewesen sein. Wo war es nur? Schließlich fand ich das Taschentuch in meiner Jeans. Es war voll gerotzt.
Popel im Ohr oder schepperndes Glas, das sich durch den Gehörgang in den Schädel bohrt? Von den Ecken riss ich Stücke vom Taschentuch ab, drehte und zwirbelte sie, bevor ich sie mir in die Ohren steckte.
Handschuh wieder an und schieben. Der Müllwagen war zwei Meter hoch und ebenso lang. Auf drei Ebenen verteilt standen Kisten. Ganz oben gelbe für Plastik, in der Mitte blaue für Papier und unten die grauen für Glas. Unglaublich wie viel die Alten im Betreutenwohnen soffen. Gutedel vom Auggener Schäf schepperte am schlimmsten und davon tranken sie am meisten. Ich lehnte mich zur Seite, damit ich den Weg sehen konnte. Unvermittelt hielt der Wagen an und ich knallte mit dem Kopf dagegen. Glas krachte.
Ich sog Luft durch zusammengebissene Zähne und gab dem Wagen einen Tritt. Eine weitere Flasche zerplatze. Ungefiltert klirrte es in meinem Schädel. Die verdammten Tempos brachten einen Scheiß. Ich riss sie aus den Ohren und warf sie vorbildlich in eine blaue Kiste. Oder gehörten sie in den Restmüll?
Ein vermaledeiter Pflasterstein fehlte und natürlich hatte sich genau darin ein Rad verheddert. Wenn es schief läuft dann richtig. Ich beugte mich runter und hob den Wagen an. Schön aus den Beinen und nicht dem Rücken, wie Frau Kintzi es mir am ersten Tag beigebracht hatte.
Das würde mir nicht nochmal passieren. Anstatt den Wagen zu schieben, zog ich ihn. Wieso denn nicht gleich so? Die Aussicht war auch besser. Der Innenhof sah aus wie vorbereitet für einen Dreh. Zu pittoresk, um real zu sein. Zu viel Klischee. Am ehesten passend für die Verfilmung einer britischen Gartenparty. Eine große Grünfläche mit einem Teich darin, auf dem Seerosen drifteten, angeschubst von dem Miniaturwasserfall. Um den Rasen herum führten gepflasterte Wege, gesäumt von hohen Büschen, vorbei an Bänken auf denen die Alten sich ausruhen sollten, doch heute saß da keiner. War wohl zu heiß für die Mumien. Und überhaupt es musste eine Kulisse sein. Welcher Sadist würde auf die Idee kommen, Pflastersteine in einem Altenheim zu verlegen. Ein Graus für die Alten mit ihren Rollatoren und Gehstöcken. Wie viele gebrochene Hüften es wohl nach einem Regenschauer gibt?
Hinter einem Busch spähte jemand hervor. Frau Martini kniff die Augen zusammen und behielt verstohlen eine Hand in der Handtasche. Schließlich erkannte sie mich und winkte. »Hallo, Herr Schindler.«
Ich erwiderte den Gruß. Komm schon, zeig es mir.
Und tatsächlich. Sie tat es. Dieser Anflug eines Lächelns. Nie Zähne. Lediglich ein leichtes Heben der Mundwinkel. Für ihr Alter - vielleicht Achtzig - hatte sie sich vorzüglich gehalten. Dünn, aber nicht dürr – gepflegt, aber nicht überkandidelt. Vor fünfzig Jahren musste sie Hedy Lamarr, der besten Schauspielerin aller Zeiten, zum verwechseln ähnlich gesehen haben. Am liebsten hätte ich sie an mich gedrückt, wie Clarke Gable in Comrade X. Verwegen würden wir in die Kamera schauen. Sie ganz die laszive Femme Fatale, mit der Andeutung eines Lächelns und ich mit einem schmachtenden Dackelblick, während sie sich an meine Brust schmiegt. Doch dafür war sie zu alt und ich – naja, ich pass besser hinter die Kamera.


-------Besten Dank fürs Lesen--------



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Rainer Prem
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Beitrag23.07.2018 06:38

von Rainer Prem
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Hallo,

zum Deep POV: Stell dir immer eine multisensorische Kamera vor, die über der Schulter deines Protagonisten festgetackert ist.

Die Kamera sieht, hört, riecht, schmeckt und fühlt was der Prota wahrnimmt NICHT SONST.

Typischer Fehler: "Schließlich erkannte sie mich" Der Akt des Erkennens findet in einem anderen Gehirn statt. Woher will der Prota das wissen? Ein einfacher Trick ist die Anfügung von "scheinbar" oder "offensichtlich". Besser ist es, seine Wahrnehmung zu schildern, die ihn zu der Erkenntnis kommen lässt. "Hallo, Herr Schindler", sagte sie. Und da das ja noch kommt, ist es überflüssig, das "Erkennen" vorher zu erwähnen.

Was du schon verinnerlicht hast, ist der vollständige Verzicht auf Indirektionen. Dinge wie "Ich sah, ich hörte, ich dachte".

Übrigens ist bei Deep POV die 3. Person als Erzähler einfacher zu schreiben, einige deiner Sätze hören sich aus der 1. Person etwas geschraubt an. Aber das ist definitiv Geschmacksache.

Grüße
Rainer
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Valentin
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Beitrag23.07.2018 21:31

von Valentin
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Hallo Rainer,

vielen Dank für deine Hinweise.

Dein Vergleich mit einer Kamera auf der Schulter lässt mich an meinem Verständnis von Deep POV zweifeln.

Bisher habe ich mich an MRU's von Swain und deren Abwandlung, Public und Private Clips, durch Ingermanson gehalten. Dabei wird ein ähnlicher Vergleich, wie von dir, gezogen.
Public Clips sind das, was der POV hört, riecht, schmeckt, sieht etc. Die Wahrnehmung eben, wie sie eine Kamera(mit Geruchsrecorder) erfassen würde, die auf seiner Schulter steht. Was für mich nach einer neutralen Beschreibung klingt.

Falls ich es richtig verstanden habe, soll bei Deep POV die Beschreibung jedoch bereits vom POV eingefärbt/beurteilt sein, um somit Einblick in den Charakter zu geben. Wie beurteilt er das Gesehene? Welche Assoziationen weckt der externe Stimulus?
Also eher die Welt durch seine Augen sehen - am ehesten Vergleichbar, für mich, mit einem Videospiel in er Egoperspektive.

Bin ich da auf dem Holzweg? Könnte natürlich auch sein, dass ich Swain und Ingermanson falsch verstanden habe. Crying or Very sad

Beste Grüße
Calvin


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Rainer Prem
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Beitrag24.07.2018 06:41

von Rainer Prem
Antworten mit Zitat

Calvin Tower hat Folgendes geschrieben:
Hallo Rainer,

vielen Dank für deine Hinweise.

Dein Vergleich mit einer Kamera auf der Schulter lässt mich an meinem Verständnis von Deep POV zweifeln.

Bisher habe ich mich an MRU's von Swain und deren Abwandlung, Public und Private Clips, durch Ingermanson gehalten. Dabei wird ein ähnlicher Vergleich, wie von dir, gezogen.
Public Clips sind das, was der POV hört, riecht, schmeckt, sieht etc. Die Wahrnehmung eben, wie sie eine Kamera(mit Geruchsrecorder) erfassen würde, die auf seiner Schulter steht. Was für mich nach einer neutralen Beschreibung klingt.

Falls ich es richtig verstanden habe, soll bei Deep POV die Beschreibung jedoch bereits vom POV eingefärbt/beurteilt sein, um somit Einblick in den Charakter zu geben. Wie beurteilt er das Gesehene? Welche Assoziationen weckt der externe Stimulus?
Also eher die Welt durch seine Augen sehen - am ehesten Vergleichbar, für mich, mit einem Videospiel in er Egoperspektive.

Bin ich da auf dem Holzweg? Könnte natürlich auch sein, dass ich Swain und Ingermanson falsch verstanden habe. Crying or Very sad

Beste Grüße
Calvin


Vielleich bin auch ich derjenige auf dem Holzweg. Was ich verstanden habe, sind zwei No-nos:

1) Keine Beschreibung von Dingen, die die POV-Person nicht wahrnehmen kann. Beim Blick in andere Köpfe muss zwangsläufig der Filter des "soweit ich wahrnehmen kann" dazwischen geschaltet werden.

2) Keine Erklärung des Geschehenen durch den Autor an den Leser. Gedanken der POV-Person sollen direkte Gedankenrede sein, und Handlungen nicht noch einmal erklärt werden. Also nicht: "Ich wusste nicht, was ich tun sollte, deswegen zuckte ich die Schultern", sondern "Ich zuckte die Schultern".

Ich habe das immer als "mündiger Leser" angesehen, der in der Lage ist, den Charakter des POVs aus dessen Handlungen abzuleiten. Also nicht "Ich war voller hilfloser Wut darüber, dass das Auto meines Nachbarn die Einfahrt blockierte." sondern "Das Auto meines Nachbarn blockierte die Einfahrt. Scheiße, schon wieder!"

Aber ich kann auch falsch liegen.

Grüße
Rainer
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Valentin
Geschlecht:männlichLeseratte

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Beitrag24.07.2018 13:21

von Valentin
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Rainer,

dann haben wir doch ein mehr oder weniger einheitliches Verständnis von Deep POV.

Ich habe mir einen Spickzettel mit den wichtigsten Infos zu Deep POV zusammengestellt, den ich anfüge. Vielleicht hilft er jemandem weiter.
Ich weiß nicht mehr woher alle Infos stammen, doch das meiste von der Seite: TalkToYoUniverse.

Grundlegendes: Unterscheiden zwischen Handlung, Wahrnehmung, Beurteilung.

1. zu viele Personalpronomen vermeiden:
    - Personalpronomen nur bei Handlung nutzen.
    - Bei Wahrnehmung und Beurteilung keine Personalpronomen nutzen


2. Filtern vermeiden

    - Bei Wahrnehmung Filter wie z.B. hörte, sah, roch etc. weglassen
    - Bei Beurteilungen Filter wie z.B. dachte, erinnerte, fühlte ebenfalls weglassen
    - direkt schreiben, was er wahrnimmt, wie er beurteilt.


3. Perspektive

    - Nur beschreiben, was der Charakter wahrnimmt.
    - Jeglich Wahrnehmung ist zugleich eine Beurteilung - siehe Punkt 6


4. Zeigewörter nutzen

    - Prota ist Mittelpunkt der Geschichte und Anschauung. Alles steht in Relation zu ihm.
    - Zeigewörter wie hier, da, jetzt, morgen, gestern, etc. nutzen, um die Relation aufzuzeigen.


5. Syntax

    - Prota immer als Subjekt.


6. Adverbien, Adjektive und Vergleiche für die Beurteilung nutzen

    - Jeglich Wahrnehmung ist zugleich eine Beurteilung
    - d.h. sieht der Prota wirklich nur ein rotes Schild oder ist eher ein dreckiges rot, ein Ferrari-Rot etc.
    - Sieht er eine langsame Bewegung oder eine widerwillige Bewegung. Eventuell bewegt sich die Person auch aus einem anderen Grund langsam, aber das weiß der Prota nicht und deshalb nimmt er an, dass es widerwillig ist. Schließlich ist er der Meinung, der Hausmeister hat keinen Bock zu arbeiten.
    - Welche Vergleiche nutzt der Prota? Vergleicht er Haar mit Seide? Kennt der bettelarme Prota überhaupt Seide, oder wird dadurch nur die Hand des Autors sichtbar.


7. Adverbien und Modalwörter

    - das meint, wie von dir Rainer angemerkt, die Anfügung von "scheinbar" oder "offensichtlich" etc.
    - Wann immer möglich sollte eine interne Beurteilung durch den Prota stattfinden. Auch in Kontexten, wo normalerweise keine erwartet werden.


8. Artikel

    - Bestimmter Artikel für dem Prota Bekanntes / bekannte Informationen
    - unbestimmter Artikel für neue / unbekannte Informationen/ Erkenntnisse


9. Sprache

    - Hat der Prota einen Dialekt?
    - Welche Wörter, Wendungen nutzt er häufig?
    - Mit was vergleicht er das Wahrgenommene?
    - Flüche, Schimpfwörter nutzen
    - Gedanken direkt wiedergeben. Anstatt: Er wünschte sich, er könnte fliegen Besser: Wenn er doch nur fliegen könnte - siehe Punkt 2 Filter meiden
    - Unbeding beachten wie andere Personen genannt werden. Wenn der Prota den Hausmeister mit Vornamen kennt, dann wird er nicht denken, da kommt der Hausmeister, sondern, da kommt Peter.
    - damit werden auch Infodumps schwieriger unterzubringen à la da kam der Hausmeister, Peter Roth, der in den Siebzigiern über Ungarn aus der Sowjetunion nach Deutschland geflohen ist.


BG
Calvin


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Rainer Prem
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Beitrag25.07.2018 08:25

von Rainer Prem
Antworten mit Zitat

Calvin Tower hat Folgendes geschrieben:

...

1. zu viele Personalpronomen vermeiden:
    - Personalpronomen nur bei Handlung nutzen.
    - Bei Wahrnehmung und Beurteilung keine Personalpronomen nutzen

...

3. Perspektive
    - Nur beschreiben, was der Charakter wahrnimmt.
    - Jeglich Wahrnehmung ist zugleich eine Beurteilung - siehe Punkt 6


...
 
5. Syntax

- Prota immer als Subjekt.
...


Hallo,

das sind drei Punkte, bei denen ich nicht genau weiß, was sie bedeuten.

zu 1: Wie soll man ganze Sätze schreiben, ohne Nomen oder Pronomen zu benutzen? Und wenn man dieselbe Person in aufeinanderfolgenden Sätzen mehrfach referenziert, kann man ja nicht immer wieder den Namen schreiben, oder?

zu 3: "Der Himmel war blau." Ist das eine Beurteilung?

zu 5: Verstehe ich nicht. "<Prota> war blau" ist etwas anderes als "Der Himmel war blau" Smile

Grüße
Rainer
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Valentin
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Beitrag25.07.2018 14:58

von Valentin
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Hallo Rainer,

Spickzettel sind wohl wirklich nur sinnvoll für den Ersteller. Die Punkte sind einzeln aufgeführt, doch letztlich greifen sie in einander, wiederholen und bedingen sich damit.
z.B. Punkt 1 und Punkt 2 hängen eng zusammen, für mich war es wichtig sie trotzdem zu trennen.


Zu 1: Betrachtet man die Erzählung im Drei-Schritt: Handlung, Wahrnehmung und Beurteilung, dann sollte nur bei der Handlung das Personalpronommen genutzt werden. Ich versuch mich mal an einem Beispiel:

    Nicht Deep-POV:
    [Handlung] Er öffnete die Tür zur Bar.
    [Wahrnehmung] Rockmusik plärrte ihn aus den Lautsprechern an.
    [Beurteilung] Er hatte noch nie was für Deep Purple übrig gehabt.

    Deep-POV:
    Er öffnete die Tür zur Bar.
    Rockmusik plärrte aus den Lautsprechern. [ihn ... an - gestrichen, schließlich steht der Prota im Mittelpunkt und schildert seine Wahrnehmung]
    Igitt, Deep Purple. [Die Filter er hatte gestrichen, um es unmittelbarer als Gedankengang zu präsentieren.]




Punk 3 ist eng verwoben mit Punkt 6

    Wieder an dem o.g. Beispiel:

    [Wahrnehmung] Rockmusik plärrte aus den Lautsprechern.

    Hier hätte ich anstatt plärrte auch das neutralere schallte nehmen können. Doch die Musik sagt dem Prota nicht zu, deshalb plärrte, da es negativ konnotiert ist.



zu 5:

Syntax bezieht sich wiederum auf den Punkt Handlung.

Der Prota steht im Mittelpunkt, also sollte er auch der Handelnde/das Subjekt sein.

    Nicht Deep POV
    Der Barkeeper starrte ihn an. <-- Hier wird der Prota das Objekt. Es lenkt von dem Prota ab.

    Deep POV - wenn jetzt auch kitschig und holprig.
    Sein Herz setzte einen Schlag aus beim Blick des Barkeepers.


Prota nicht in einen Nebensatz stecken:

    Nicht Deep POV
    Als er ein Bier bestellt, verstummte die Musik.

    Deep POV
    Er bestellte ein Bier als die Musik verstummte.


Präpositionen:
    Nicht Deep POV:
    Der Barkeeper kam auf ihn zu.

    Deep POV:
    Der Barkeeper näherte sich. <-- Die Geschichte wird aus der Sicht des Prota's erzählt, somit sollte klar sein, dass der Barkeeper auf ihn zu geht.



Dann gibt es noch einen weiteren Punkt, von dem ich nicht weiß, wie er im Deutschen genannt wird: empty subject construction
Das ist eng verknüpft mit Filtern.

    Nicht Deep POV:
    Er dachte, es war unverantwortlich vom Barkeeper die Musik in dieser Lautstärke zu hören.

    Deep POV:
    Es war unverantwortlich Musik in dieser Lautstärke zu hören.


Ich hoffe, das erläutert die Punkte.
Beachte, dass ich ein Neuling bin und somit auch etwas falsch verstanden haben könnte.

BG
Calvin


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Rainer Prem
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Beitrag27.07.2018 06:47

von Rainer Prem
Antworten mit Zitat

Calvin Tower hat Folgendes geschrieben:
Hallo Rainer,

Spickzettel sind wohl wirklich nur sinnvoll für den Ersteller. Die Punkte sind einzeln aufgeführt, doch letztlich greifen sie in einander, wiederholen und bedingen sich damit.
z.B. Punkt 1 und Punkt 2 hängen eng zusammen, für mich war es wichtig sie trotzdem zu trennen.


Zu 1: Betrachtet man die Erzählung im Drei-Schritt: Handlung, Wahrnehmung und Beurteilung, dann sollte nur bei der Handlung das Personalpronommen genutzt werden. Ich versuch mich mal an einem Beispiel:

    Nicht Deep-POV:
    [Handlung] Er öffnete die Tür zur Bar.
    [Wahrnehmung] Rockmusik plärrte ihn aus den Lautsprechern an.
    [Beurteilung] Er hatte noch nie was für Deep Purple übrig gehabt.

    Deep-POV:
    Er öffnete die Tür zur Bar.
    Rockmusik plärrte aus den Lautsprechern. [ihn ... an - gestrichen, schließlich steht der Prota im Mittelpunkt und schildert seine Wahrnehmung]
    Igitt, Deep Purple. [Die Filter er hatte gestrichen, um es unmittelbarer als Gedankengang zu präsentieren.]




Hallo,

Grins! Wenn dein Verständnis von Deep POV zu besseren Texten führt, ist nichts dagegen einzuwenden. Dein Negativbeispiel hier fällt für mich eher unter die Kategorie schlecht formuliert und würde bei mir auch ohne Deep POV bei einer Überarbeitung verschwinden.

Grüße
Rainer
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Valentin
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Beitrag27.07.2018 14:45

von Valentin
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Ja, ich hatte grad keine Beispiele aus der Literatur zur Hand und musste damit leben, was meine ausbleibende Kreativität und die stumpfen Werkzeuge bereit war zu liefern. Smile

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PikaCat
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Beitrag14.08.2018 13:31

von PikaCat
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Hello again,

auch hier verliere ich immer wieder die Zusammenhänge. Suche den Konflikt, einen Höhepunkt, eine Spannung, den roten Faden. Gerade wenn es der Beginn einer Kurzgeschichte und keine einzelne Szene aus Roman sein soll.

Vielleicht schreibst du zunächst mal einfach runter, welche Handlung, welchen Konflikt du eigentlich zeigen willst, was du sagen willst. Ohne an gute Formulierungen oder die Sicht des Protas oder den 3-Akter oder so zu denken.

Um dann diesen Text hinsichtlich Formulierungen und richtiger Sichtweise zu überarbeiten.

Sorry, wie gesagt, vielleicht liegt es auch an mir?!!

Herzlichen Gruß
PikaCat
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Valentin
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Alter: 39
Beiträge: 177



Beitrag16.08.2018 08:55

von Valentin
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Hallo PikaCat,

danke für dein Feedback. Da gibt es auch nichts wofür, du dich entschuldigen musst und es liegt sicherlich auch nicht nur an dir. Es gibt bestimmt noch mehr Personen, denen es ähnlich geht.

Ein Plan gibt es schon, was die Wendepunkte der Geschichte betrifft. Wobei ich mich bei dieser Geschichte mal "mehr" als Pantser versucht habe. Bin noch in der Findungsphase, wo auf der Skala zwischen den beiden Extremen Pantser und Ouliner ich mich wohl fühle.

Der Anfang ist eher slowburn. In der ersten Version hatte ich direkt mit dem Konflikt angefangen, doch dann fehlen mir einige Punkte, damit die einzelnen Elemente ineinandergreifen und der erste Konflikt und vor allem das Ende richtigen Punch haben. Aus dem geposteten Ausschnitt sind folgende Punkte entscheidend: Prota als Filmfan [insbesondere der 20er und 30er Jahre]; die Kopfschmerzen & die durchzechte Nacht [Anm. später stellt sich heraus, dass sie nicht zusammenhängen, aber jeweils entscheidende Voraussetzung für das Ende sind]; Frau Martini, die Hedy Lamarr ähnlich sieht; der lose Stein im Pflasterweg.

Mit der Slowburn-Variante fühle ich mich wohler. Insbesondere, da die Geschichte mittlerweile eine Form angenommen hat, die in meiner digitalen Schublade verschwinden wird. Es gibt keinen Platz für Novellen. Als Work in Progress, mit noch einem fehlenden Abschnitt, hat die erste Fassung aktuell etwas über 15.000 Wörter. Letztlich werden es wahrscheinlich an die 20.000. Davon wird ein Drittel der Schere zum Opfer fallen [Erfahrungswert], aber selbst dann ist sie zu lang, um sie hier oder sonst wo zu posten.


BG
Calvin


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Murmel
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Beitrag17.08.2018 00:13

von Murmel
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Deep POV: Das ist keine Kamera, die auf der Schulter verankert ist, sondern der Erzähler sitzt im Kopf des Protagonisten.

Er hört, sieht, fühlt, denkt, was der Perspektivinhaber hört, sieht, fühlt, denkt. Deep POV ist der Ich Erzähler in der Er/Sie Form. Der Ich Erzähler ist immer im Deep POV!


https://www.dsfo.de/dsfopedia/index.php/Perspektive


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PikaCat
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Beitrag17.08.2018 14:59

von PikaCat
Antworten mit Zitat

Hi Calvin,

na du erschlägst mich hier aber auch mit „Fremdenwörtern“ -
Pantser und Ouliner – das musste ich – wie manches vorher auch – erst mal „suchmaschinen“. Laughing

Daher vermutlich meine Irritationen: ich bin ganz klar knallharte Outlinerin/ Plotterin! Alles andere bringt mich vermutlich total aus meinem (vermeintlichen) Konzept. Rolling Eyes

Und wieder was dazugelernt. Thanks.

Grußerl PikaCat
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