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Druselmonia


 
 
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Charlie Rose Kane
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 47
Beiträge: 197
Wohnort: Leipzig


Beitrag16.07.2018 21:28
Druselmonia
von Charlie Rose Kane
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Druselmonia

Hallo, ich bin Asina, und ich muss euch unbedingt etwas erzählen.

Neulich Abend bin ich meiner neuen Deckennachbarin Frau Humperdink zum ersten Mal persönlich begegnet. Sie war augenscheinlich ein sehr opulentes Weibsstück.
Und als sie mir im Treppenhaus unseres Wohnsilos über den Weg gelaufen ist, trug sie ein dunkelgrünes, figurbetontes Samtkleid mit einer Korsage aus weinrotem Leder darüber. Ihr Dekolleté war sehr freizügig gestaltet, und meine Augäpfel fielen vor lauter stieläugigem möglichst Nicht-Hinstarren fast in eben dieses hinein. Ihre großen Füße – mit den geradezu grazil anmutenden Fußgelenken und Fesseln – waren mit Stilettos bekleidet, die farblich zur Korsage passten.
Nicht das kleinste Detail ihres äußerlichen Auftrittes hatte Frau Humperdink dem Zufall überlassen. Selbst ihr Make-Up war bis auf das I-Tüpfelchen ausgefeilt. Nur ihre Kringellockenmähne sah so aus, als hätte sie diese nicht bändigen können.
Beim aneinander Vorbeigehen streifte Frau Humperdink mit ihrer viel beringten Hand meinen Arm. Sie lächelte mir verschmitzt zu und flüsterte, dass sie verabredet sei und in die Oper gehen würde …
Ich schluckte gleich mehrfach kurz hintereinander. Doch meine Mundhöhle gab gar keinen Speichel her, und meine Zunge klebte am staubtrockenen Gaumen fest. Mein Herz machte einen Schock-Freuden-Hüpfer und galoppierte eilig davon. Ich hatte schwitzige Handinnenflächen, als ich auf dem Treppenabsatz, vor meiner Wohnungstür ankam.
Und als ich nach einigen handzittrigen Anläufen beim Aufschließen der Tür endlich meine kühle Wohnung betrat, hatte ich noch immer den Parfümgeruch von Frau Humperdink in der Nase. Das brachte mich schier um den Verstand.

Meine Axone verknoteten sich in sich selbst, so sehr überschlugen sie sich in den plötzlich losspurtenden Tagträumereien über meine neue Deckennachbarin. Die Gehirnsynapsen klatschten Beifall, als Druselmonia, mein grünes Monster der grotesken Begehrlichkeiten, augenblicklich erwachte. Sie trat auf den Plan meiner Phantastereien und kurbelte das Kopfkino ordentlich an.

Druselmonia war, wie schon gesagt, das – zumindest in meinen Alltagsaugen – pathogene Monster meiner absonderlichen Begierden, und sie wohnte in meinem Kopf. Ihre Haut changierte vom grünlichen Farbton bis hin zu einem Blaustich, der gelegentlich wie die Schimmelkulturen im Roquefort wirkte. Zwei kleine Hörner lugten oberhalb des Stirnansatzes aus ihrem Haar hervor und ihre Zähne liefen sehr spitz zu. Mit ihren Augen konnte sie mich hypnotisieren und mich in ihren Bann schlagen, wenn sie es darauf anlegte.
Ihre Hände waren fast immer behandschuht, zumindest wenn sich Druselmonia im Wachzustand befand, denn diese waren mit Transmitterwarzen besetzt, die sich über die gesamte Haut der Handaußen- und -innenflächen erstreckten. Und wenn Druselmonia mal keine Handschuhe trug und im Wachzustand durch mein Gehirn geisterte, dann stürzte sie mich regelrecht ins Gedanken- und Gefühlschaos. Denn ihre Transmitterwarzen waren semipermeabel und ließen bestimmte Botenstoffe hindurch, Stoffe, die eben jenes besagte Kopfkino einhundertprozentig in Schwung brachten.
Doch die meiste Zeit ging von Druselmonia gar keine Gefahr aus. Denn für gewöhnlich befand sie sich im persisterähnlichen Dämmerzustand. Ihr Un-Wesen ruhte dann in den Tiefen meiner Gehirnwindungen und war für mein bewusstes Dasein nicht zu spüren.

Seit ein paar Tagen allerdings, oh-la-la, war Druselmonia hochaktiv. Sie hatte die Handschuhe beim Anblick von Frau Humperdink, als wir uns zufällig im Treppenhaus des Wohnsilos begegneten, ausgezogen und streifte nun durch die weitverzweigten Gänge meines Gehirns.
Dabei streichelte sie meine Nervenzellen, kniff sie und stupste diese an. Sie versprühte ihre Neurotransmitter, als wäre mein Gehirn ein ausgedörrtes Beet, das am Abend eines langen Sonnentages mit dem Gartenschlauch bewässert werden musste …

Und ich, Asina? Ich wusste überhaupt nicht, wo ich mit mir hinsollte.
Erst heute Vormittag lag ich starr auf meinem Bett. Mein Zustand glich dem einer Katatonie. Ich ließ Druselmonia in meinem Kopf schalten und walten. Sie hatte den Projektor meines inneren Auges angeworfen und fuhr ihren Grusel-Dusel-Drusel-Film ab.
In diesem Augenblick meiner Vision war Frau Humperdink für mich nicht mehr das opulente Weibsstück, was ich insgeheim begehrte. Ihre Kleidung wirkte auf mich grotesk ordentlich und sauber, während ihr Körper dem deutlichen Verfall anheimgefallen war.
Ich sah eine kopflose Frau Humperdink, die ihren Schädel unterm Arm trug und mit schleppender Schmirgelstimme immer wieder ausrief, dass sie ihr Haupt suchen würde und dieses wohl irgendwohin verlegt hätte. Aus der einen Augenhöhle krabbelte eine fette Made, während in der anderen Frau Humperdinks linker Augapfel hervorquoll und hierhin und dorthin glubschte. Wenn das rechte Auge noch vorhanden gewesen wäre, so hätte man leicht den Eindruck gewinnen können, dass sie dem Silberblick verfallen sei.
Spärliche Haarsträhnen hingen kraftlos an der Schädelplatte von Frau Humperdink und sahen gar nicht mehr kringelig aus.
Ihr lippenloser Mund war leicht geöffnet, und ich hatte das Gefühl, dass er mich auslachen würde. Er entließ, während Frau Humperdink laut vor sich hinredete und mir auf Schritt und Tritt hinterher humpelte, immer wieder einen Schwall Motten, die aufgeregt um sie herumflatterten, so als ob sie eine brennende Laterne bei sternenloser Nacht gewesen sei.
In diesem Augenblick meiner überdrehten Phantasie wirkte ihr Dekolleté auf mich eingefallen und faltig. Ihr Busen hing schlaff über der Lederkorsage und ihre Füße schienen viel zu klobig für die Stilettos. Ihre Haut war aschfahl und wies teilweise tiefe Fleischwunden und grobschlächtige Narben auf. Das linke Bein hatte man verkehrtherum angenäht …

Meine Deckennachbarin rüttelte mich sanft an der Schulter, so dass ich mich allmählich aus meinem erstarrten Zustand lösen konnte und langsam von meiner Schlafstatt erhob. Ich musste wohl ein paar Stunden so dagelegen haben. Sie redete auf mich ein und sagte, dass meine Wohnungstür sperrangelweit offen gestanden hätte und dass sie deshalb bei mir nach dem Rechten hatte sehen wollen.
Irritiert nickte ich mühevoll mit dem Kopf und kam nicht damit klar, dass Frau Humperdink nun plötzlich wieder das opulente Weibsstück war. Abgespannt rieb ich mir die Augen und komplimentierte sie aus meiner Wohnung hinaus.
Als ich die Eingangstür ins Schloss fallen ließ und mit mir alleine war, atmete ich auf.

Jetzt, einige Stunden später, sitze ich an meinem Computer und schreibe mir Druselmonia aus dem Leib. Denn sie lässt mich einfach nicht in Frieden und fällt nicht wieder zurück in ihren normalen Dämmerzustand, wie es zumindest die teilweise persitären Bakterien zu tun pflegen, wenn ihnen Gefahr von außen droht.

© Rose Kane, Le., 07/2018



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Charlie Rose Kane
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Beitrag16.07.2018 21:45

von Charlie Rose Kane
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fragen, die mich beim schreiben und überarbeiten beschäftigten:

erzählerzeiten: ich schwankte zwischen präsens und präteritum hin und her. erst schrieb ich im präsens, fand das aber blöde klingend, dann teilweise im präteritum, bis dahingehnd, wie es jetzt eben geschrieben ist.

kann ich das so lassen?

den abschnitt ab

druselmonia war, wie schon gesagt ... bis  ... in die tiefen meiner gehirnwindungen und war fü rmein bewusstes dasein nicht zu spüren.

da war ich mir nicht sicher, ob nicht auch präsens gehen könnte.

----------------------

asina ist die erzählerin. braucht es hier noch eine nähere umschreibung von ihr? ich war bzw. bin mir nicht ganz sicher. tät sie aber eigentlich lieber so schemenhaft lassen, wie sie jetzt ist. denn der fokus soll auf frau humperdink und druselmonia liegen.

danke fürs lesen und kommentieren.

smile


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Leveret Pale
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Beitrag17.07.2018 07:10

von Leveret Pale
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Hallo Rose Kane,

Ich habe mal den ersten Abschnitt genommen und paar Anmerkungen gemacht, um dir mal zu zeigen, was du noch stilistisch verbessern könntest.


Zitat:


Hallo, ich bin Asina, und ich muss euch unbedingt etwas erzählen.
Das hier würde ich komplett streichen. Es ist spannender für den Leser, wenn du direkt einsteigst.
Neulich Abend bin ich meiner neuen Deckennachbarin Frau Humperdink zum ersten Mal persönlich begegnet. Sie war augenscheinlich ein sehr opulentes Weibsstück. Hier müsstest du eigentlichim Präsens schreiben, weil sie ja noch immer eins ist und du ja in einem Art Plauderton zu schreiben versuchst, oder du entscheidest dich mehr szenisch zu schreiben, dann ist die Vergangenheitsform angebrachter. Voerst würde ich es beim Präteritum belassen. Darüber hinaus, versuch möglichst wenig Adverbien zu verwenden, vor allem das sehr, welches hier im Text noch öfters auftaucht, ist nur überflüssig und stört dadurch.

Und Und als Satzanfang verwendet man am besten nur sehr sparsam, und nur, um wichtige Dinge zu betonen. Als sie mir im Treppenhaus unseres Wohnsilos über den Weg gelaufen ist, trug sie ein dunkelgrünes, figurbetontes Samtkleid mit einer Korsage aus weinrotem Leder darüber. Ihr Dekolleté war sehr freizügig gestaltet, und meine Augäpfel fielen vor lauter stieläugigem möglichst Nicht-Hinstarren fast in eben dieses hinein. Ihre großen Füße – mit den geradezu grazil anmutenden Fußgelenken und Fesseln – waren mit Stilettos bekleidet, die farblich zur Korsage passten.
Nicht das kleinste Detail ihres äußerlichen Auftrittes hatte Frau Humperdink dem Zufall überlassen. Selbst ihr Make-Up war bis auf das I-Tüpfelchen ausgefeilt. Nur ihre Kringellockenmähne sah so aus, als hätte sie diese nicht bändigen können.
Beim aneinander Vorbeigehen streifte Frau Humperdink mit ihrer viel beringten Hand meinen Arm. Sie lächelte mir verschmitzt zu und flüsterte, dass sie verabredet sei und in die Oper gehen würde …
Ich schluckte gleich mehrfach kurz hintereinander. Das klingt irgendwie urkomisch XD was wohl kaum das Ziel war?   Doch meine Mundhöhle gab gar keinen Speichel her, und meine Zunge klebte am staubtrockenen Gaumen fest. Das ist zu viel. Mein Herz machte einen Schock-Freuden-Hüpfer und galoppierte eilig davon. Das Herz macht bitte was? XD Sorry, aber diese Bild hinkt etwas. Ich hatte schwitzige Handinnenflächen, als ich auf dem Treppenabsatz, vor meiner Wohnungstür ankam.
Und als ich nach einigen handzittrigen Anläufen beim Aufschließen der Tür endlich meine kühle Wohnung betrat, hatte ich noch immer den Parfümgeruch von Frau Humperdink in der Nase. Das brachte mich schier um den Verstand.



Zitat:
asina ist die erzählerin. braucht es hier noch eine nähere umschreibung von ihr? ich war bzw. bin mir nicht ganz sicher. tät sie aber eigentlich lieber so schemenhaft lassen, wie sie jetzt ist. denn der fokus soll auf frau humperdink und druselmonia liegen.

Wenn du sie nur schemenhaft lassen willst, dann kannst du sogar ihren Namen streichen. Alle Informationen, die der Leser nicht braucht und die auch nicht zur Atmosphäre beitragen, streicht man am besten. Das entschlackt den Text und macht ihn leserfreundlicher.
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Charlie Rose Kane
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Beitrag18.07.2018 14:29

von Charlie Rose Kane
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Zitat:
Hier müsstest du eigentlichim Präsens schreiben, weil sie ja noch immer eins ist und du ja in einem Art Plauderton zu schreiben versuchst, oder du entscheidest dich mehr szenisch zu schreiben, dann ist die Vergangenheitsform angebrachter. Voerst würde ich es beim Präteritum belassen. Darüber hinaus, versuch möglichst wenig Adverbien zu verwenden, vor allem das sehr, welches hier im Text noch öfters auftaucht, ist nur überflüssig und stört dadurch.


das will ich aber nicht, weil sich die gegenwartsform, wenn sie sich durch den kompletten text zieht, für mich irgendwie doof anhört. keine ahnung warum, ist aber so ...

es sei denn, ich könnte noch mehr zwischen gegenwarts- und vergangenheitsform wechseln. ...

aber so wie es jetzt ist, fühlt es für mich halt stimmig an.

der name *asina* ist wichtig in der geschichte. vielleicht gehe ich doch noch kurz auf die erzählerin ein, muss ich mir noch einmal überlegen.

mal sehen ...


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Charlie Rose Kane
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Beitrag20.07.2018 14:16

von Charlie Rose Kane
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Druselmonia

Hallo, ich bin Asina. Seit vielen Jahrzehnten bin ich Single und rede mir ein, dass ich mir selbst genüge.
Etliche Jahre habe ich als Stenotypistin im Bundestag gearbeitet, bin allerdings seit geraumer Zeit aufgrund einer verminderten Erwerbsfähigkeit im Ruhestand und lebe nun für mein Hobbyautorendasein.
Meist sitze ich beim Essen an meinem Wohnzimmertisch, habe noch ein zweites, manchmal sogar drittes Gedeck eingedeckt und rede, während ich speise, mit meinen imaginären Freunden. Das ist wirklich unterhaltsam.
Aber neulich ist mir etwas passiert, das muss ich Ihnen unbedingt erzählen.

Es war einer dieser Tage, und ich wollte wenigstens am Abend noch etwas frische Luft genießen. Ich befand mich auf dem Rückweg, als ich meiner neuen Deckennachbarin Frau Humperdink zum ersten Mal persönlich begegnet bin. Sie ist ein opulentes Weibsstück.
Als sie mir im Treppenhaus unseres Wohnsilos über den Weg gelaufen ist, trug sie ein dunkelgrünes, figurbetontes Samtkleid mit einer Korsage aus weinrotem Leder darüber. Ihr Dekolleté war freizügig gestaltet, und meine Augäpfel fielen vor lauter möglichst Nicht-Hinstarren fast in eben dieses hinein. Ihre großen Füße – mit den grazil anmutenden Fußgelenken und Fesseln – waren mit Stilettos bekleidet, die farblich zur Korsage passten.
Nicht das kleinste Detail ihres Auftrittes hatte Frau Humperdink dem Zufall überlassen. Selbst ihr Make-Up war bis auf das I-Tüpfelchen ausgefeilt. Nur ihre Kringellockenmähne sah ungebändigt aus.
Beim aneinander Vorbeigehen streifte Frau Humperdink mit ihrer viel beringten Hand meinen Arm. Sie lächelte mir verschmitzt zu und flüsterte, dass sie verabredet sei und in die Oper gehen würde, um danach bei ihrer Freundin zu übernachten …
Ich schluckte. Meine Zunge klebte am staubtrockenen Gaumen fest, und mein Herz galoppierte eilig und unrhythmisch davon. Ich hatte schwitzige Handinnenflächen, als ich auf dem Treppenabsatz, vor meiner Wohnungstür ankam.
Nach einigen handzittrigen Anläufen beim Aufschließen der Tür betrat ich endlich meine kühle Wohnung. Meine Nase roch noch immer Frau Humperdinks Parfüm. Das brachte mich schier um den Verstand.

Meine Axone verknoteten sich in sich selbst, so sehr überschlugen sie sich in den plötzlich losspurtenden Tagträumereien über meine neue Deckennachbarin. Die Gehirnsynapsen klatschten Beifall, als Druselmonia, mein grünes Monster der grotesken Begehrlichkeiten, augenblicklich erwachte. Sie trat auf den Plan meiner Phantastereien und kurbelte das Kopfkino ordentlich an.

Druselmonia wohnt in meinem Kopf. Ihre Haut changiert vom grünlichen Farbton bis hin zu einem Blaustich, der gelegentlich wie die Schimmelkulturen im Roquefort wirkt. Zwei kleine Hörner lugen oberhalb des Stirnansatzes aus ihrem Haar hervor und ihre Zähne laufen spitz zu. Mit ihren Augen kann sie mich hypnotisieren, wenn sie es darauf anlegt.
Ihre Hände sind fast immer behandschuht, zumindest wenn sich Druselmonia im Wachzustand befindet. Denn diese sind mit Transmitterwarzen besetzt, die sich über die gesamte Haut der Handaußen- und -innenflächen erstrecken. Wenn Druselmonia keine Handschuhe trägt und im Wachzustand durch mein Gehirn geistert, dann stürzt sie mich regelrecht ins Gedanken- und Gefühlschaos. Denn ihre Transmitterwarzen sind semipermeabel und lassen bestimmte Botenstoffe hindurch, Stoffe, die eben jenes besagte Kopfkino einhundertprozentig in Schwung bringen.
Doch die meiste Zeit geht von Druselmonia gar keine Gefahr aus. Denn für gewöhnlich befindet sie sich im persisterähnlichen Dämmerzustand. Ihr Unwesen ruht dann in den Tiefen meiner Gehirnwindungen und ist für mein bewusstes Dasein nicht zu spüren.

Seit dem ersten Anblick von Frau Humperdink allerdings, oh-la-la, war Druselmonia hochaktiv. Sie hatte die Handschuhe ausgezogen und streifte nun durch die weitverzweigten Gänge meines Gehirns.
Dabei streichelte sie meine Nervenzellen, kniff sie und stupste diese an. Sie versprühte ihre Neurotransmitter, als wäre mein Gehirn ein ausgedörrtes Beet, das am Abend eines langen Sonnentages mit dem Gartenschlauch bewässert werden musste …

Und ich, Asina? Ich wusste überhaupt nicht, wo ich mit mir hinsollte.
Erst heute Vormittag, ein paar Stunden nach meiner persönlichen Begegnung mit meiner neuen Deckennachbarin, lag ich auf meinem Bett. Mein Zustand glich dem einer Katatonie. Druselmonia hatte den Projektor meines inneren Auges angeworfen und fuhr ihren Grusel-Dusel-Drusel-Film ab.
In diesem Augenblick meiner Vision war Frau Humperdink für mich nicht mehr das opulente Weibsstück, was ich insgeheim begehrte. Nun wirkte ihre Kleidung auf mich absurd ordentlich und sauber, während ihr Körper dem deutlichen Verfall anheimgefallen war.
Ich sah eine kopflose Frau Humperdink, die ihren Schädel unterm Arm trug und mit schleppender Schmirgelstimme immer wieder ausrief, dass sie ihr Haupt suchen würde und dieses wohl irgendwohin verlegt hätte. Aus der einen Augenhöhle krabbelte eine fette Made, während in der anderen Frau Humperdinks linker Augapfel hervorquoll und hierhin und dorthin glubschte.
Spärliche Haarsträhnen hingen kraftlos an der Schädelplatte von Frau Humperdink und sahen gar nicht mehr kringelig aus.
Ihr lippenloser Mund war leicht geöffnet, und ich hatte das Gefühl, dass er mich auslachen würde. Er entließ, während Frau Humperdink laut vor sich hinredete und mir auf Schritt und Tritt hinterher humpelte, immer wieder Schwalle von Motten, die aufgeregt um sie herumflatterten, so als ob sie eine brennende Laterne bei sternenloser Nacht gewesen sei.
In diesem Augenblick meiner überdrehten Phantasie wirkte ihr Dekolleté auf mich eingefallen und faltig. Ihr Busen hing schlaff über der Lederkorsage und ihre Füße schienen viel zu klobig für die Stilettos. Ihre Haut war aschfahl und wies teilweise tiefe Fleischwunden und grobschlächtige Narben auf. Das linke Bein hatte man verkehrtherum angenäht …

Meine Deckennachbarin rüttelte mich sanft an der Schulter, so dass ich mich allmählich aus meinem erstarrten Zustand lösen konnte und mich langsam von meiner Schlafstatt erhob. Ich musste wohl ein paar Stunden so dagelegen haben. Sie redete auf mich ein und sagte, dass meine Wohnungstür sperrangelweit offen gestanden hätte und dass sie deshalb bei mir nach dem Rechten hatte sehen wollen.
Irritiert nickte ich mühevoll mit dem Kopf und kam nicht damit klar, dass Frau Humperdink nun plötzlich wieder das opulente Weibsstück war. Abgespannt rieb ich mir die Augen und komplimentierte sie aus meiner Wohnung hinaus.
Als ich die Eingangstür ins Schloss fallen ließ und mit mir alleine war, atmete ich auf.

Jetzt, einige Stunden später, sitze ich an meinem Computer und schreibe mir Druselmonia aus dem Leib. Denn sie lässt mich einfach nicht in Frieden und fällt nicht wieder zurück in ihren normalen Dämmerzustand, wie es zumindest die teilweise persitären Bakterien zu tun pflegen, wenn ihnen Gefahr von außen droht.

© Rose Kane, Le., 07/2018


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Charlie Rose Kane
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Beitrag20.07.2018 15:08

von Charlie Rose Kane
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ich glaube, jetzt passt es mit den erzählzeiten?

einige möglichkeitsformen habe ich dezimiert. Rolling Eyes  

die indirekte rede bereitet mir aber auch schwierigkeiten, ... ich bin da ein reiner bauchgefühlsattentäter.

den icherzähler namens asina habe ich jetzt doch eine greifbare kontur gegeben. kommt besser, glaub.

füllwörter dezimiert. Rolling Eyes

ähm, und nun bin ich betriebsblind. Laughing


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Charlie Rose Kane
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Beitrag12.08.2018 10:04

von Charlie Rose Kane
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Druselmonia

Hallo, ich bin Asina. Seit vielen Jahrzehnten bin ich Single und rede mir ein, dass ich mir selbst genüge.
Etliche Jahre habe ich als Stenotypistin im Bundestag gearbeitet, bin allerdings seit geraumer Zeit aufgrund einer Erwerbsminderung im Ruhestand.
Meist sitze ich beim Essen an meinem Wohnzimmertisch, habe noch ein zweites, manchmal sogar drittes Gedeck eingedeckt und rede, während ich speise, mit meinen imaginären Freunden. Das ist wirklich unterhaltsam.
Aber neulich ist mir etwas passiert, das muss ich Ihnen unbedingt erzählen.

Es war einer dieser Tage, und ich wollte wenigstens am Abend noch etwas frische Luft genießen. Ich befand mich auf dem Rückweg, als ich meiner neuen Deckennachbarin Frau Humperdink zum ersten Mal persönlich begegnet bin. Sie ist eine opulente Frau.
Als sie mir im Treppenhaus unseres Wohnsilos über den Weg gelaufen ist, trug sie ein dunkelgrünes, figurbetontes Samtkleid mit einer Korsage aus weinrotem Leder darüber. Ihr Dekolleté war freizügig gestaltet, und meine Augäpfel fielen vor lauter möglichst Nicht-Hinstarren fast in eben dieses hinein. Ihre großen Füße – mit den grazil anmutenden Fußgelenken und Fesseln – waren mit Stilettos bekleidet, die farblich zur Korsage passten.
Nicht das kleinste Detail ihres Auftrittes hatte Frau Humperdink dem Zufall überlassen. Selbst ihr Make-Up war bis auf das I-Tüpfelchen ausgefeilt. Nur ihre Kringellockenmähne sah ungebändigt aus.
Beim aneinander Vorbeigehen streifte Frau Humperdink mit ihrer viel beringten Hand meinen Arm. Sie lächelte mir verschmitzt zu und flüsterte, dass sie verabredet sei und in die Oper gehen würde, um danach bei ihrer Freundin zu übernachten …
Ich schluckte. Meine Zunge klebte am staubtrockenen Gaumen fest, und mein Herz galoppierte unrhythmisch davon. Ich hatte schwitzige Handinnenflächen, als ich auf dem Treppenabsatz, vor meiner Wohnungstür ankam.
Nach einigen handzittrigen Anläufen beim Aufschließen der Tür betrat ich endlich meine kühle Wohnung. Ich roch noch immer Frau Humperdinks Parfüm. Das brachte mich schier um den Verstand.

Meine Axone verknoteten sich in sich selbst, so sehr überschlugen sie sich in den losspurtenden Tagträumereien über meine neue Deckennachbarin. Die Gehirnsynapsen klatschten Beifall, als Druselmonia, mein grünes Monster der grotesken Begehrlichkeiten, augenblicklich erwachte. Sie trat auf den Plan meiner Phantastereien und kurbelte das Kopfkino ordentlich an.

Druselmonia wohnt in meinem Kopf. Ihre Haut changiert vom grünlichen Farbton bis hin zu einem Blaustich, der gelegentlich wie die Schimmelkulturen im Roquefort wirkt. Zwei kleine Hörner lugen oberhalb des Stirnansatzes aus ihrem Haar hervor und ihre Zähne laufen spitz zu. Mit ihren Augen kann sie mich hypnotisieren, wenn sie es darauf anlegt.
Ihre Hände sind fast immer behandschuht, zumindest wenn sich Druselmonia im Wachzustand befindet. Denn diese sind überall mit Transmitterwarzen besetzt. Wenn Druselmonia keine Handschuhe trägt und im Wachzustand durch mein Gehirn geistert, dann stürzt sie mich regelrecht ins Gedanken- und Gefühlschaos. Denn ihre Transmitterwarzen sind semipermeabel und lassen bestimmte Botenstoffe hindurch, Stoffe, die eben jenes besagte Kopfkino einhundertprozentig in Schwung bringen.
Doch die meiste Zeit geht von Druselmonia gar keine Gefahr aus. Denn für gewöhnlich befindet sie sich im persisterähnlichen Dämmerzustand. Ihr Unwesen ruht dann in den Tiefen meiner Gehirnwindungen und ist für mein bewusstes Dasein nicht zu spüren.

Seit dem ersten Anblick von Frau Humperdink allerdings, oh-la-la, war Druselmonia hochaktiv. Sie hatte die Handschuhe ausgezogen und streifte nun durch die weitverzweigten Gänge meines Gehirns.
Dabei streichelte sie meine Nervenzellen, kniff sie und stupste diese an. Sie versprühte ihre Neurotransmitter, als wäre mein Gehirn ein ausgedörrtes Beet, das am Abend eines langen Sonnentages mit dem Gartenschlauch bewässert werden musste …

Und ich, Asina? Ich wusste überhaupt nicht, wo ich mit mir hinsollte.
Erst heute Vormittag, ein paar Stunden nach meiner persönlichen Begegnung mit meiner neuen Deckennachbarin, lag ich auf dem Bett. Mein Zustand glich dem einer Katatonie. Druselmonia hatte den Projektor meines inneren Auges angeworfen und fuhr ihren Grusel-Dusel-Drusel-Film ab.
In diesem Augenblick meiner Vision war Frau Humperdink für mich nicht mehr die opulente Frau, die ich insgeheim begehrte. Nun wirkte ihre Kleidung auf mich absurd ordentlich und sauber, während ihr Körper dem deutlichen Verfall anheimgefallen war.
Ich sah eine kopflose Frau Humperdink, die ihren Schädel unterm Arm trug und mit schleppender Schmirgelstimme immer wieder ausrief, dass sie ihr Haupt suchen würde und dieses wohl irgendwohin verlegt hätte. Aus der einen Augenhöhle krabbelte eine fette Made, während in der anderen Frau Humperdinks linker Augapfel hervorquoll und hierhin und dorthin glubschte.
Spärliche Haarsträhnen hingen kraftlos an der Schädelplatte von Frau Humperdink und sahen gar nicht mehr kringelig aus.
Ihr lippenloser Mund war leicht geöffnet, und ich hatte das Gefühl, dass er mich auslachen würde. Er entließ, während Frau Humperdink laut vor sich hinredete und mir auf Schritt und Tritt hinterher humpelte, immer wieder Schwalle von Motten, die aufgeregt um sie herumflatterten, so als ob sie eine brennende Laterne bei sternenloser Nacht gewesen sei.
In diesem Augenblick meiner überdrehten Phantasie wirkte ihr Dekolleté auf mich eingefallen und faltig. Ihr Busen hing schlaff über der Lederkorsage und ihre Füße schienen viel zu klobig für die Stilettos. Ihre Haut war aschfahl und wies teilweise tiefe Fleischwunden und grobschlächtige Narben auf. Das linke Bein hatte man verkehrtherum angenäht …

Meine Deckennachbarin rüttelte mich sanft an der Schulter, so dass ich mich allmählich aus meinem erstarrten Zustand lösen konnte und mich langsam von meiner Schlafstatt erhob. Ich musste wohl ein paar Stunden so dagelegen haben. Sie redete auf mich ein und sagte, dass meine Wohnungstür sperrangelweit offen gestanden hätte und dass sie deshalb bei mir nach dem Rechten hatte sehen wollen.
Irritiert nickte ich mühevoll mit dem Kopf und kam nicht damit klar, dass Frau Humperdink nun plötzlich wieder die opulente Frau war. Abgespannt rieb ich mir die Augen und komplimentierte sie aus meiner Wohnung hinaus.
Als ich die Eingangstür ins Schloss fallen ließ und mit mir alleine war, atmete ich auf.

Jetzt, einige Stunden später, sitze ich an meinem Computer und schreibe mir Druselmonia aus dem Leib. Denn sie lässt mich einfach nicht in Frieden und fällt nicht wieder zurück in ihren normalen Dämmerzustand, wie es zumindest die teilweise persitären Bakterien zu tun pflegen, wenn ihnen Gefahr von außen droht.

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Beitrag12.08.2018 10:06

von Charlie Rose Kane
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p.s. bei der erwerbsminderung bzw. verminderten erwerbsfähigkeit bin ich mir nicht im klaren darüber, was jetzt der korrekte ausdruck ist. ... asina leidet unter einer "fiktiven berufskrankheit" ...
ich habe tante google befragt, bin aber nicht so wirklich schlau geworden, aus dieser ganzen juristerei.


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d.frank
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D
Beitrag12.08.2018 16:36

von d.frank
Antworten mit Zitat

Hab jetzt schon mehrere Texte von dir gelesen.
Was mir auffällt, was auch Geschmackssache sein kann:
Du feuerst dem Leser ein ganzes Bataillon an Beschreibungen um die Ohren, so dass man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Mitunter sind die dann nicht nur schief (das sind sie bei mir auch des Öfteren und das muss ja nicht immer gleich schlecht sein, wenn aber der halbe Text daraus besteht, kann auch das Ungewöhnliche schnell langweilig werden), sondern einfach auch nicht gelungen.

Zitat:
meine Augäpfel fielen vor lauter möglichst Nicht-Hinstarren fast in eben dieses hinein.


Kennst du diesen Wolf aus den Cartoons von Tex Avery, dem die Augen aus den Höhlen treten? An den habe ich hier gedacht. Laughing
Aber das Bild funktioniert nicht so wirklich, weil es nicht vorbereitet wird.
Die kleine Einleitung mit den imaginären Freunden schubst einen zwar in die richtige Richtung, aber das Setting fehlt.
Was ich meine: Denkt man zum Beispiel an die filmische Umsetzung von Alice im Wunderland, dann teleportiertest du einen hier mitten in die Teestunde, die in schwarz weiß aufgenommen ist, und während man da so sitzt und die ersten Ungereimtheiten entdeckt, steigt plötzlich der grüne Grinch aus dem Maul des Kaninchens und fängt an auf dem Tisch zu tanzen.
Das ist bunt, das ist grell, aber ist es auch motiviert?
Mir fehlt hier wirklich die Aussage, irgendeine Art Tiefe, etwas, das über: "Es muss bunt und grell sein.", hinausgeht.
Ansonsten setzt der Text fast nur auf seine Adjektive, etwas ist so oder so, grün oder gelb, ich habe keine Zeit oder Möglichkeit, mir selbst ein paar Bilder zu generieren. Das ist natürlich klar, dass man mit Beschreibungen arbeiten muss, wenn man solcherlei Visionen versucht, abzubilden, aber hier bleiben sie starr und leblos, weil sie einfach nur in den Raum gestellt und nicht miteinander verbunden sind.

Im Prinzip besteht dieser Text nur aus drei großen Beschreibungen, die über ein paar Handlunsgsätze aneinander geknüpft sind:
die Beschreibung des opulenten Weibstücks
die der Druselmonia
und die der halb verwesten Frau Humperdink

Da passiert ansonsten nichts. Nichts, was irgendwie nach Rahmenhandlung aussieht, nichts, was mir sagen könnte, was diese Geschichte von mir will.
Ok, vielleicht steckt da irgendeine Art von Kritik drin, aber die ist entweder viel zu grell oder kratzt nur ganz leicht an der Oberfläche. Also eigentlich ist es irgendwie kitschig, nur auf eine andere Art, als man zunächst unter Kitsch verstehen will.

Das ist jetzt alles sehr taktlos und harsch ausgedrückt und wahrscheinlich ist es auch Geschmackssache, aber ich dachte, du würdest vielleicht auch eine sehr kritische Meinung hören wollen, mal abgesehen davon, dass sie nur meinen ganz persönlichen und individuellen Geschmack vertritt.


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Die Wahrheit ist keine Hure, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst wer ihr alles opfert noch nicht ihrer Gunst gewiß sein darf.
*Arthur Schopenhauer
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Charlie Rose Kane
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Beitrag12.08.2018 21:48

von Charlie Rose Kane
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d.frank hat Folgendes geschrieben:

Zitat:
meine Augäpfel fielen vor lauter möglichst Nicht-Hinstarren fast in eben dieses hinein.


Kennst du diesen Wolf aus den Cartoons von Tex Avery, dem die Augen aus den Höhlen treten? An den habe ich hier gedacht. Laughing
Aber das Bild funktioniert nicht so wirklich, weil es nicht vorbereitet wird.
Die kleine Einleitung mit den imaginären Freunden schubst einen zwar in die richtige Richtung, aber das Setting fehlt.


wie meinst du das? das setting? ich wollte jetzt nicht noch ne lange vorgeschichte zu asinas asexualität und einsamkeiten ausbauen ...
soll ich? also zumindest die "asexualität"?

d.frank hat Folgendes geschrieben:

Das ist bunt, das ist grell, aber ist es auch motiviert?
Mir fehlt hier wirklich die Aussage, irgendeine Art Tiefe, etwas, das über: "Es muss bunt und grell sein.", hinausgeht.


na, der schreibanlass ist eigentlich ein zentral gestelltes thema - andernorts - gewesen.
man sollte sich über seine eigenen dämonen gedanken machen. die inneren wie die äußeren, die einen umgeben ...

und es gibt ein bild, was vor einiger zeit mal entstanden ist, was ich zum schreibanlass genommen habe. das ist sozusagen die visualisierung von druselmonia ...

hmmm ... es fehlt die interaktion zwischen der zerfallenen frau humperdink und asina?
was druselmonia anrichtet - im kopf von asina - wird ja eigentlich deutlich?

d.frank hat Folgendes geschrieben:

Im Prinzip besteht dieser Text nur aus drei großen Beschreibungen, die über ein paar Handlunsgsätze aneinander geknüpft sind:
die Beschreibung des opulenten Weibstücks
die der Druselmonia
und die der halb verwesten Frau Humperdink

Da passiert ansonsten nichts. Nichts, was irgendwie nach Rahmenhandlung aussieht, nichts, was mir sagen könnte, was diese Geschichte von mir will.


na, den rahmen bildet - zumindest in den überarbeiteten versionen - der erste absatz und der letzte.
was du meinst ist das tatsächliche tun, bis auf die beschreibungen, etwas müsste während der katatonie passieren, also nicht nur druselmonias aktivität, ...

d.frank hat Folgendes geschrieben:
Also eigentlich ist es irgendwie kitschig, nur auf eine andere Art, als man zunächst unter Kitsch verstehen will.


nee. Laughing in meinen augen ist das kein kitsch. ich dachte beim schreiben an die arbeiten von tim burton. und die sind einfach nur schräg, ...

nee, deine rückmeldung war weder taktlos noch harsch. alles gut.

über die handlung denke ich mal nach. das kann jetzt allerdings dauern. habe ab morgen wieder schule und ich muss vieles anderes jetzt dann tun.

also nicht wundern, wenn der text wieder ne weile liegen bleibt.


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Charlie Rose Kane
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Beitrag18.09.2018 14:52
Druselmonias Sexbomb(e)
von Charlie Rose Kane
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Druselmonias Sexbomb(e)

Hallo, ich bin Asina. Seit vielen Jahrzehnten bin ich Single und rede mir ein, dass ich mir selbst genüge. Etliche Jahre habe ich als Stenotypistin im Bundestag gearbeitet, bin allerdings seit geraumer Zeit aufgrund einer Erwerbsminderung im Ruhestand.
Meist sitze ich beim Essen an meinem Wohnzimmertisch, habe noch ein zweites, manchmal sogar drittes Gedeck aufgetischt und rede, während ich speise, mit meinen imaginären Freunden. Das ist wirklich unterhaltsam. Wenn es nicht gerade Essenszeit ist, hocke ich oft auf dem Holzschemel an meiner Arbeitsplatte im Schlafzimmer und mosaiziere mir im Licht einer elektrischen Schiffslaterne meine Welten zusammen. An realen Sex ist dabei meist nicht zu denken, auch nicht an Autoerotik.
Aber neulich ist mir etwas passiert, das muss ich Ihnen unbedingt erzählen.

Es war einer dieser Tage, und ich wollte wenigstens am Abend noch etwas frische Luft genießen. Ich befand mich auf dem Rückweg, als ich meiner neuen Deckennachbarin Frau Humperdink zum ersten Mal persönlich begegnet bin. Sie ist eine opulente Frau.
Als sie mir im Treppenhaus unseres Wohnsilos über den Weg gelaufen ist, trug sie ein dunkelgrünes, figurbetontes Samtkleid mit einer Korsage aus weinrotem Leder darüber. Ihr Dekolleté war freizügig gestaltet, und meine Augäpfel fielen vor lauter möglichst Nicht-Hinstarren fast in eben dieses hinein. Ihre großen Füße – mit den grazil anmutenden Fußgelenken und Fesseln – waren mit Stilettos bekleidet, die farblich zur Korsage passten.
Nicht das kleinste Detail ihres Auftrittes hatte Frau Humperdink dem Zufall überlassen. Selbst ihr Make-Up war bis auf das I-Tüpfelchen ausgefeilt. Nur ihre Kringellockenmähne sah ungebändigt aus.
Beim aneinander Vorbeigehen streifte Frau Humperdink mit ihrer viel beringten Hand meinen Arm. Sie lächelte mir verschmitzt zu und flüsterte, dass sie verabredet sei und in die Oper gehen würde, um danach bei ihrer Freundin zu übernachten …
Ich schluckte. Meine Zunge klebte am trockenen Gaumen fest, und mein Herz galoppierte unrhythmisch davon. Ich hatte schwitzige Handinnenflächen, als ich auf dem Treppenabsatz, vor meiner Wohnungstür ankam.
Nach einigen handzittrigen Anläufen beim Aufschließen der Tür betrat ich endlich meine kühle Wohnung. Ich roch noch immer Frau Humperdinks Parfüm. Das brachte mich schier um den Verstand.

Meine Axone verknoteten sich in sich selbst, so sehr überschlugen sie sich in den losspurtenden Tagträumereien über meine neue Deckennachbarin. Die Gehirnsynapsen klatschten Beifall, als Druselmonia, mein grünes Monster der Begehrlichkeiten, augenblicklich erwachte. Sie trat auf den Plan meiner Phantastereien und kurbelte das Kopfkino ordentlich an.

Druselmonia wohnt in meinem Kopf. Ihre Haut changiert vom grünlichen Farbton bis hin zu einem Blaustich, der gelegentlich wie die Schimmelkulturen im Roquefort wirkt. Zwei kleine Hörner lugen oberhalb des Stirnansatzes aus ihrem Haar hervor und ihre Zähne laufen spitz zu. Mit ihren Augen kann sie mich hypnotisieren, wenn sie es darauf anlegt.
Ihre Hände sind fast immer behandschuht, zumindest wenn sich Druselmonia im Wachzustand befindet. Denn diese sind überall mit Transmitterwarzen besetzt. Wenn Druselmonia keine Handschuhe trägt und im Wachzustand durch mein Gehirn geistert, dann stürzt sie mich regelrecht ins Gedanken- und Gefühlschaos. Denn ihre Transmitterwarzen sind semipermeabel und lassen bestimmte Botenstoffe hindurch, Stoffe, die eben jenes besagte Kopfkino einhundertprozentig in Schwung bringen.
Doch die meiste Zeit geht von Druselmonia gar keine Gefahr aus. Denn für gewöhnlich befindet sie sich im persisterähnlichen Dämmerzustand. Ihr Unwesen ruht dann in den Tiefen meiner Gehirnwindungen und ist für mein bewusstes Dasein nicht zu spüren.

Seit dem ersten Anblick von Frau Humperdink allerdings, oh-la-la, war Druselmonia hochaktiv. Sie hatte die Handschuhe ausgezogen und streifte nun durch die weitverzweigten Gänge meines Gehirns.
Dabei streichelte sie meine Nervenzellen, kniff sie und stupste diese an. Sie versprühte ihre Neurotransmitter, als wäre mein Gehirn ein ausgedörrtes Beet, das am Abend eines langen Sonnentages mit dem Gartenschlauch bewässert werden musste …

Und ich, Asina? Ich wusste überhaupt nicht, wo ich mit mir hinsollte.
Erst heute Vormittag, ein paar Stunden nach meiner persönlichen Begegnung mit meiner neuen Deckennachbarin, lag ich auf dem Bett. Mein Zustand glich dem einer Katatonie. Druselmonia hatte den Projektor meines inneren Auges angeworfen und fuhr ihren Grusel-Dusel-Drusel-Film ab.
In diesem Augenblick meiner Vision war Frau Humperdink für mich nicht mehr die opulente Frau, die ich insgeheim begehrte. Nun wirkte ihre Kleidung auf mich absurd ordentlich und sauber, während ihr Körper dem deutlichen Verfall anheimgefallen war.
Ich sah eine kopflose Frau Humperdink, die ihren Schädel unterm Arm trug und mit schleppender Schmirgelstimme immer wieder ausrief, dass sie mich mit ihrem Haupt umkegeln wolle, um mich dann wie eine Puppe liebzuhaben. Aus der einen Augenhöhle krabbelte eine fette Made, während in der anderen Frau Humperdinks linker Augapfel hervorquoll und hierhin und dorthin glubschte.
Spärliche Haarsträhnen hingen kraftlos an der Schädelplatte von Frau Humperdink und sahen gar nicht mehr kringelig aus.
Ihr lippenloser Mund war leicht geöffnet, und ich hatte das Gefühl, dass er mich auslachen würde. Er entließ, während Frau Humperdink immer noch laut vor sich hinredete, dass sie mich mit ihrer Puppenliebe beglücken wolle, und mir auf Schritt und Tritt hinterher humpelte, immer wieder Schwalle von Motten, die aufgeregt um sie herumflatterten, so als ob sie eine brennende Laterne bei sternenloser Nacht gewesen sei.
In diesem Augenblick wirkte ihr Dekolleté auf mich eingefallen und faltig, und es kam mir immer näher. Frau Humperdink hatte mich fast eingeholt. Ihr Busen hing schlaff über der Lederkorsage und ihre Füße schienen viel zu klobig für die Stilettos. Ihre Haut war aschfahl und wies teilweise tiefe Fleischwunden und grobschlächtige Narben auf. Das linke Bein hatte man verkehrtherum angenäht.
Ich konnte ihren erdigen Atem schon riechen, als sie Anlauf nahm, um ihren Kopf wie eine Kanonenkugel auf einer Kegelbahn auf mich loszulassen. Meine Beine waren wie aus Gummi, und meine Füße klebten wie Insekten auf einer Fliegenfalle fest. Frau Humperdinks Schädel berührte meinen Knöchel. Er öffnete seinen lippenlosen Mund bis ins Endlose und Schwärme von handtellergroßen Motten drangen aus ihm hervor. Sie umhüllten mich vollständig und nahmen mir die Sicht.
Mein Hasenherz fühlte Furcht und dennoch stieg eine diffuse Wärme in mir hoch. Diese machte sich kribbelnd in meinem Unterleib breit. In meinen Ohren ertönte der Sexbomb(en)song von Tom Jones wie eine Werbeeinblendung im Supermarkt und wollte gar nicht enden.
Dann streifte Frau Humperdinks Atem meinen Nacken und es wurde dunkel um mich herum …

Meine Deckennachbarin rüttelte mich sanft an der Schulter, so dass ich mich allmählich aus meinem erstarrten Zustand lösen konnte und mich langsam von meiner Schlafstatt erhob. Ich musste wohl ein paar Stunden so dagelegen haben. Sie redete auf mich ein und sagte, dass meine Wohnungstür sperrangelweit offen gestanden hätte und dass sie deshalb bei mir nach dem Rechten hatte sehen wollen.
Irritiert nickte ich mühevoll mit dem Kopf und kam nicht damit klar, dass Frau Humperdink nun plötzlich wieder die opulente Frau war. Abgespannt rieb ich mir die Augen und komplimentierte sie aus meiner Wohnung hinaus.
Als ich die Eingangstür ins Schloss fallen ließ und mit mir alleine war, atmete ich auf.

Jetzt, einige Stunden später, sitze ich an meinem Computer. Der Sexbomb(en)refrain hallt noch immer durch meinen Kopf und verirrt sich – allmählich immer leiser werdend – in den Gängen meines Gehirns. Dabei schreibe ich mir Druselmonia aus dem Leib …

© Rose Kane, Le., 07/2018


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Charlie Rose Kane
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Beitrag18.09.2018 15:10

von Charlie Rose Kane
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titel: begierde
info: le., 11/2016


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