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Autor |
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menetekel Exposéadler
Alter: 103 Beiträge: 2447 Wohnort: Planet der Frühvergreisten
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13.07.2018 17:34 Das Mädchen in dir von menetekel
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Das Mädchen in dir
vermengt
seine Düstererziehung
mit Versen der Weite geschrieben
lebst -
eine Hand in den Sternen
die andere vor dem Gesicht
Weitere Werke von menetekel:
_________________ Alles Amok! (Anita Augustin) |
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Herr N. Eselsohr
Beiträge: 293 Wohnort: Augsburg
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13.07.2018 19:08 Re: Das Mädchen in dir von Herr N.
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menetekel hat Folgendes geschrieben: | Das Mädchen in dir
vermengt
seine Düstererziehung
mit Versen der Weite geschrieben
lebst -
eine Hand in den Sternen
die andere vor dem Gesicht |
hallo menetekel,
mir ist der titel zu zeigend. ich fühlte mich bereits bei aufruf der startseite direkt angesprochen, denn persönlich habe ich momentan einen waschechten konflikt mit dem mädchen in mir und durch solch apostrophale titel muss ich immer sogleich erröten und an all jene dinge denken, die ich dem mädchen in mir bereits zugemutet habe.
aber froh drum, um's klicken und vorbeischauen, bin ich trotzdem. ein schönes sapere aude stück. die hand vor den augen - selbstverschuldet also, der irrglaube man habe sich schon völlig losgelöst vom terror der elterlichen erwürg- sorry, erziehung und könne nun mit ein paar ankämpfenden versen, die man der weite (ergo: loslösung, freiheit) widmet, das vorher der düsternis übertünchen.
stark die letzten zeilen, die für mich, klar, zum einen den kontrast zum träumerischen, zur naivität und zum anderen zur selbstauferlegten blindheit bedeuten, aber viel toller noch, folgendes ausdrücken: die hand im gesicht als moment des erkennens, dass man dümmlich von sich glaubte, man hätte sich die böse ausgangslage, durch ein wenig dichtelei richtung hoffnung, selbst aus der existenz geschrieben.
danke, ein selten schönes stück.
n.
ps:
menetekel hat Folgendes geschrieben: |
vermengt
seine Düstererziehung
mit Versen der Weite geschrieben |
die drei markierten stellen 'flowen' für mich nicht. ich stolpere anteilig hinüber. mag an meiner amateurhaften ausbildung in lyrik liegen - aber im kontrast zur zweiten strophe stelle ich persönlich holprigkeiten fest (nicht metrisch - wortwahl).
edit: haha. natürlich. das mädchen, düstererziehung. von wegen elterliche erziehung - im grunde gehts ja um das, was man seinem mädchen in sich selbst angetan (anerzogen) hat. ok, ok menetekel. kam mir dann doch erst jetzt an. ganz geschickt eingefädelt
_________________ Das Herrliche: |
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Tula Klammeraffe
Beiträge: 903 Wohnort: die alte Stadt
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16.07.2018 22:16
von Tula
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Hallo menetekel
zur inhaltlichen Analyse kann ich jetzt nicht mehr viel hinzufügen.
Den bildlichen Kontrast jedenfalls in
Zitat: |
lebst -
eine Hand in den Sternen
die andere vor dem Gesicht |
finde ich super!
LG
Tula
_________________ aller Anfang sind zwei ...
(Dichter und Leser) |
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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16.07.2018 23:07
von firstoffertio
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Zitat: | Das Mädchen in dir
vermengt
seine Düstererziehung
mit Versen der Weite geschrieben
lebst -
eine Hand in den Sternen
die andere vor dem Gesicht
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Das Gedicht ist scheinbar an ein LDu gerichtet, könnte aber auch ein Selbstgespräch des LI sein.
Das Mädchen, nicht "das Kind" steht im Titel.
"Düstererziehung" mag ich auch als "düsterer Ziehung" lesen, weil es diese beiden "er"s hat, und mir das nicht recht ohne Grund erscheint. Was ich damit anfangen würde, weiß ich noch nicht.
Dieses LI oder LDu bastelt Verse der Weite, als eine Art Kompensation, damit greift es nach den Sternen, zeigt aber, mit der Hand vorm Gesicht, nicht wahres Gesicht, verbirgt etwas, wenn auch nicht intentional.
So in etwa, als Reflexion, lese ich das.
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menetekel Exposéadler
Alter: 103 Beiträge: 2447 Wohnort: Planet der Frühvergreisten
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17.07.2018 06:30 Re: Das Mädchen in dir von menetekel
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Herr N. hat Folgendes geschrieben: | menetekel hat Folgendes geschrieben: | Das Mädchen in dir
vermengt
seine Düstererziehung
mit Versen der Weite geschrieben
lebst -
eine Hand in den Sternen
die andere vor dem Gesicht |
hallo menetekel,
mir ist der titel zu zeigend. ich fühlte mich bereits bei aufruf der startseite direkt angesprochen, denn persönlich habe ich momentan einen waschechten konflikt mit dem mädchen in mir und durch solch apostrophale titel muss ich immer sogleich erröten und an all jene dinge denken, die ich dem mädchen in mir bereits zugemutet habe.
aber froh drum, um's klicken und vorbeischauen, bin ich trotzdem. ein schönes sapere aude stück. die hand vor den augen - selbstverschuldet also, der irrglaube man habe sich schon völlig losgelöst vom terror der elterlichen erwürg- sorry, erziehung und könne nun mit ein paar ankämpfenden versen, die man der weite (ergo: loslösung, freiheit) widmet, das vorher der düsternis übertünchen.
...
ps:
menetekel hat Folgendes geschrieben: |
vermengt
seine Düstererziehung
mit Versen der Weite geschrieben |
die drei markierten stellen 'flowen' für mich nicht. ich stolpere anteilig hinüber. mag an meiner amateurhaften ausbildung in lyrik liegen - aber im kontrast zur zweiten strophe stelle ich persönlich holprigkeiten fest (nicht metrisch - wortwahl).
edit: haha. natürlich. das mädchen, düstererziehung. von wegen elterliche erziehung - im grunde gehts ja um das, was man seinem mädchen in sich selbst angetan (anerzogen) hat. ok, ok menetekel. kam mir dann doch erst jetzt an. ganz geschickt eingefädelt |
Hallo Herr N.,
Sie schreiben formidable Kommentare, falls ich das zunächst hervorheben darf.
Und Sie haben natürlich Recht: Das Mädchen mutet sich selbst viel zu, vor allem wird ihm aber einiges zugemutet. Nämlich Gewalt. Ein Hinweis darauf gibt der letzte Vers ("das Heben eines Arms, der jeweiligen Hand vor das Gesicht"), der eine klassische Geste der Abwehr ausdrückt.
Natürlich handelt es sich hier nicht um ein Gedicht, das vornehmlich elterliche Gewalt anprangert. Davon gibt es Millionen.
Gewalt zeigt bekanntlich viele Gesichter, wobei der Verlust an Vertrauen, vor allem wohl an dem darauf gegründeten Selbstvertrauen das Schwierigste ist - und selten heilbar. Viel häufiger zeigt sich eine Kette von Wiederholungen des Grundszenarios.
Deine Gedanken zur Loslösung, die niemals ganz gelingen kann, unterschreibe ich sofort.
Zitat: | stark die letzten zeilen, die für mich, klar, zum einen den kontrast zum träumerischen, zur naivität und zum anderen zur selbstauferlegten blindheit bedeuten, aber viel toller noch, folgendes ausdrücken: die hand im gesicht als moment des erkennens, dass man dümmlich von sich glaubte, man hätte sich die böse ausgangslage, durch ein wenig dichtelei richtung hoffnung, selbst aus der existenz geschrieben.
danke, ein selten schönes stück. |
Hier schlüsselst du eine weitere Ebene des Textes auf: die Erkenntnis der eigenen Unfähigkeit, sich die "Ausgangslage aus der Existenz zu schreiben."
Besser kann man es nicht sagen.
Obwohl es einigen großen (bildenden) Künstlerinnen trotzdem annähernd gelungen ist, oft Malerinnen. Ich erkläre mir das so, dass großformatige Malerei oder das Bearbeiten von Steinen starken körperlichen Einsatz erfordern, was wiederum ein Aus-Sich-Hinaus-Gehen erleichtert.
Nun zum Lautlichen:
Zitat: | Das Mädchen in dir
vermengt
seine Düstererziehung
mit Versen der Weite geschrieben
lebst -
eine Hand in den Sternen
die andere vor dem Gesicht |
Das Gedicht ist sozusagen durchkonstruiert. Ich habe versucht das erlebte Leid auch lautlich auszudrücken (dir, ie, ie), um dann in den letzten beiden Verse, anhand der unbetonten Vokale, spürbare Besserung (Leichtigkeit) hineinzubringen.
Mittig steht das "lebst."
Herzlichen Dank für deinen spannenden Kommentar. Der freut!
m.
_________________ Alles Amok! (Anita Augustin) |
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Herr N. Eselsohr
Beiträge: 293 Wohnort: Augsburg
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19.07.2018 16:00 Re: Das Mädchen in dir von Herr N.
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hallo menetekel!
mir wäre das 'du' doch tatsächlich lieber. ich weiß, der name verleitet dazu auf die höflichkeitsform auszuweichen - aber dann doch bitte einfach als synonym für 'typ' verwenden. von daher du
menetekel hat Folgendes geschrieben: |
Hallo Herr N.,
Sie schreiben formidable Kommentare, falls ich das zunächst hervorheben darf. |
vielen dank für das liebe lob! das freut. - ich hoffe, dass damit nicht die alt-französische bedeutung gemeint war
Zitat: | Und Sie haben natürlich Recht: Das Mädchen mutet sich selbst viel zu, vor allem wird ihm aber einiges zugemutet. Nämlich Gewalt. Ein Hinweis darauf gibt der letzte Vers ("das Heben eines Arms, der jeweiligen Hand vor das Gesicht"), der eine klassische Geste der Abwehr ausdrückt.
Natürlich handelt es sich hier nicht um ein Gedicht, das vornehmlich elterliche Gewalt anprangert. Davon gibt es Millionen.
Gewalt zeigt bekanntlich viele Gesichter, wobei der Verlust an Vertrauen, vor allem wohl an dem darauf gegründeten Selbstvertrauen das Schwierigste ist - und selten heilbar. Viel häufiger zeigt sich eine Kette von Wiederholungen des Grundszenarios.
Deine Gedanken zur Loslösung, die niemals ganz gelingen kann, unterschreibe ich sofort. |
interessant. die haltung der hand vor dem gesicht hatte ich tatsächlich nicht als abwehrende geste entschlüsselt. mir kam sie auch eher mit der handinnenseite zum gesicht gerichtet in den sinn - und so entstand das bild der selbstverschuldeten blindheit plus eben dieses, das die haltung der hand eine art schlagartiges aufwachen bedeutet, also für mich diese doppeldeutigkeit in einer bewegung. faszinierend, was so eine kleine nuance in lesrichtung ausmachen kann
gehe ich nun also in deiner richtung mit, ist die 'düstererziehung' also tatsächlich als solche zu verstehen (und eben doch auch elterliche gewalt anprangert ). nur bekomme ich jetzt schwierigkeiten den bezug zum mädchen 'in dir' herzustellen, da ich diese zeile als hinweis auf eine psychische entwicklung in lyr-du wahrnehme, an das text (aufrüttelnd) appelliert - okay, erziehung, gewalt geht ja immer auch in die tiefe und von daher ist's ja doch irgendwie plausibel. was aber klar ist, lyr-du schreibt selbsttherapeutisch verse, sehnt sich weg (die weite) von instanz die ihm schadet.
für mich ist's jetzt irgendwie schade, denn ich hatte die zwei letzten verse als eine art weckruf erlebt, nun - nach deiner erläuterung - wirken sie auf mich eher wie eine schlichte feststellung (okay: da schwingt auch hoffnung mit ...), obwohl der kontrast aus träumerei und realität bestehen bleibt. ich bleib dann doch bei meiner mir lieb gewordenen lesrichtung
menetekel, danke dir für diese einblicke. danke auch, für die gedanklichen hintergründe für deinen laut-leid zusammenhang.
bis dann
n.
_________________ Das Herrliche: |
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menetekel Exposéadler
Alter: 103 Beiträge: 2447 Wohnort: Planet der Frühvergreisten
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25.07.2018 06:50
von menetekel
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Herr N. schreibt:
Zitat: | interessant. die haltung der hand vor dem gesicht hatte ich tatsächlich nicht als abwehrende geste entschlüsselt. mir kam sie auch eher mit der handinnenseite zum gesicht gerichtet in den sinn - und so entstand das bild der selbstverschuldeten blindheit plus eben dieses, das die haltung der hand eine art schlagartiges aufwachen bedeutet, also für mich diese doppeldeutigkeit in einer bewegung. faszinierend, was so eine kleine nuance in lesrichtung ausmachen kann Shocked
gehe ich nun also in deiner richtung mit, ist die 'düstererziehung' also tatsächlich als solche zu verstehen (und eben doch auch elterliche gewalt anprangert Twisted Evil ). nur bekomme ich jetzt schwierigkeiten den bezug zum mädchen 'in dir' herzustellen, da ich diese zeile als hinweis auf eine psychische entwicklung in lyr-du wahrnehme, an das text (aufrüttelnd) appelliert - okay, erziehung, gewalt geht ja immer auch in die tiefe und von daher ist's ja doch irgendwie plausibel. was aber klar ist, lyr-du schreibt selbsttherapeutisch verse, sehnt sich weg (die weite) von instanz die ihm schadet.
für mich ist's jetzt irgendwie schade, denn ich hatte die zwei letzten verse als eine art weckruf erlebt, nun - nach deiner erläuterung - wirken sie auf mich eher wie eine schlichte feststellung (okay: da schwingt auch hoffnung mit ...), obwohl der kontrast aus träumerei und realität bestehen bleibt. ich bleib dann doch bei meiner mir lieb gewordenen lesrichtung Razz
menetekel, danke dir für diese einblicke. danke auch, für die gedanklichen hintergründe für deinen laut-leid zusammenhang.
bis dann
n.
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Aus meiner Sicht schließen sich beide Deutungen nicht aus. Im Gegenteil: Sie bedingen einander.
Erfahrene Gewalt wird oft als selbstverschuldet erlebt; in jedem Fall hat sie eine gewisse Blindheit (ein Misstrauen) gegenüber späteren eigenen und fremden Gefühlen zur Folge.
Insofern gleicht das Schreiben tatsächlich einem Erwachen. Dem Erwachen aus einem bösen Traum.- Meist ist es ja umgekehrt: Die Dichter fliehen sich in eine Traumwelt.
Vielen Dank für deinen spannenden Kommentar, der mich selber nochmals im Labyrinth des Hirns forschen ließ.
Liebe Grüße
m.
_________________ Alles Amok! (Anita Augustin) |
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