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Traumsequenz


 
 
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BaronHarkonnen
Geschlecht:männlichLeseratte


Beiträge: 123
Wohnort: Berlin


Beitrag12.06.2018 13:49
Traumsequenz
von BaronHarkonnen
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Hallo Leute,

ich habe in den letzten Tagen in meinem Roman an etwas gebastelt, wovon einem immer abgeraten wird: einer Traumsequenz Wink
Leider ist sie für die Entwicklung der Geschichte von zentraler Bedeutung, und kann deshalb nicht weggelassen werden. Wer Lust, werfe mal einen Blick darauf.
Zum Kontext: der Roman spielt in unserer heutigen Welt. Die Protagonistin, die sich für aufgeklärt hält, kommt hier zum ersten Mal mit dem übersinnlichen Teil der Story in Berührung und soll entsprechend erschüttert sein.

Vielen dank im Voraus für Eure Mühe!
(@Admins: bitte nicht mit meinem ersten Thread verheiraten, sonst bekomme ich nie die 2 Einstands-Threads zusammen Wink  )

Das erste, was ihr auffiel, war das Licht.
Es war von einem tiefen Graublau und seltsam richtungslos. Ihre Hände konnte sie schemenhaft erkennen, aber sonst war vor ihr alles eintönig und diffus.
Dann merkte sie, dass sie schwebte; unter ihren Füßen nichts als ein tiefblauer Abgrund. Weit über sich erblickte sie eine silbern schimmernde Fläche, die sich kräuselte, und damit wurde die Sache etwas klarer. Sie befand sich tief unter Wasser, offenbar im Meer – für einen See war es zu tief. Zum Glück verspürte sie keine Atemnot, und als sie den Mund öffnete, war es, als wären ihre Lungen mit Meerwasser gefüllt.
Probeweise machte sie ein paar Schwimmbewegungen, aber ob sie von der Stelle kam, war nicht auszumachen.
Seltsamerweise war ihr bewusst, dass sie sich in einem Traum befand. Sie hatte davon gelesen, dass manche Menschen ein solches Traumbewusstsein hatten, aber ihr war das bisher nicht passiert. Dass es sich um einen Traum gehandelt hatte, war immer erst hinterher klar gewesen.
Während sie darüber nachdachte, blickte sie nach unten. Wo bis eben nur konturloses Blau gewesen war, waren jetzt mächtige Blöcke zu erahnen, wie große Gebäude auf dem Meeresgrund. Ohne ihr Zutun sank sie langsam tiefer.
Dass es sich tatsächlich um Gebäude handelte, wurde klar, als sie näher kam. Riesenhaft und monolithisch ragten sie neben ihr auf, während Denise durch das dunkler werdende Wasser schwebte. Dir Architektur folgte keinem ihr bekannten Stil, und generell wirkte alles nicht wie für menschliche Dimensionen gemacht, sondern war rätselhaft und von gewaltigen Ausmaßen.
Dann bemerkte sie eine Bewegung. Eine mächtige muschelverkrustete Platte, die sie zunächst für die Wand des nächstliegenden Gebäudes gehalten hatte, schob sich gemächlich nach vorne und erzeugte dabei ein mahlendes Geräusch. Als sie ihren Schwerpunkt überschritten hatte, kippte sie langsam vornüber und stürzte auf den Meeresgrund.
Die Platte musste den Verschluss des dahinterliegenden Gebäudes gebildet haben, denn wo sie gestanden hatte, gähnte jetzt eine riesige Öffnung. Die dahinter liegende Kammer war tintenschwarz und sonderte eine giftige Bosheit ab, ohne dass etwas Spezielles zu erkennen gewesen wäre.
Denise, zunehmend von Grauen gepackt, machte heftige Schwimmbewegungen. Trotzdem konnte sie nicht verhindern, dass sie weiter auf die Öffnung zugetrieben wurde, die groß wie ein Flugzeughangar vor ihr klaffte.
Dann regte sich drinnen etwas.
Ein gewaltiger Schatten wie von einem Blauwal – nein, größer, stellte sie entsetzt fest, viel größer – bewegte sich auf den Eingang zu. Ein mächtiger Arm mit Saugnäpfen schob sich nach draußen und hielt sich am Rahmen fest. Dann kam noch einer, und dann noch einer. Langsam, unendlich langsam zog sich das Ding ins Freie, und sein titanischer Leib ragte über Denise auf. Es war zu dunkel, um klar zu erkennen, was sich da aus seiner Grotte schob. Aber was sie sah, genügte. Was es auch war, es war alt, älter als das Land und die See, und es strahlte eine Fremdheit aus, die sie bis ins Mark erschütterte. Sie war nichts als ein Würmchen, und ihr blieb nichts, als sich nackt vor den Augen dieser Abscheulichkeit zu winden.
Denise versuchte zu schreien, aber die Lungen waren ja voller Wasser. Panisch zappelte sie mit Armen und Beinen, um Abstand zu gewinnen.
Dabei musste sie ihren Nachttisch umgeworfen haben, denn durch den Radau wachte sie endlich, endlich auf.

Noch Minuten später lag sie schwitzend im Bett. Es war natürlich nicht der erste Alptraum ihres Lebens, aber einer der schlimmsten, und im Unterschied zu sonst verblasste er nicht. Alle Details blieben mit erschreckender Klarheit erhalten.
Schließlich stand sie fröstelnd auf und tat etwas, das sie schon seit Jahren nicht mehr getan hatte. Sie schlüpfte in den Morgenmantel und schnappte sich eine Zigarette aus Ingas Vorräten, die sie zittrig auf dem Balkon rauchte. Das Monstrum, die Stadt unter Wasser. Denise durchwühlte ihr Gedächtnis, aber ihr fiel kein Film oder Roman ein, der als Vorlage getaugt hätte. Es musste etwas sein, das ihr schlafendes Gehirn ganz von selbst konstruiert hatte.
Aber stimmte das wirklich?
Es gab ein Detail, das ihr in den Minuten nach dem Aufwachen bewusst geworden war. Etwas, dem sie sich erst jetzt, mit der Zigarette zur Beruhigung, stellen konnte.
Viele der Männer in Denise Alter, mit denen sie bisher im Bett gewesen war, waren auf die eine oder andere Weise tätowiert gewesen. Hadrian gehörte einer anderen Generation an; einer, bei der der Körperkult noch nicht so ausgeprägt war. Deshalb fanden sich bei ihm keine Tattoos.
Mit einer Ausnahme.
Als er schlief, hatte sie auf einem Nacken etwas entdeckt. Es war klein und unauffällig gewesen, ungewöhnlich höchstens der Ort, und sie hatte sich nichts weiter dabei gedacht. Jetzt durchzog sie ein Frösteln.
Hadrian Pelletier trug ein Tentakel als Tätowierung.



_________________
Alles was wir sehen oder scheinen,
ist nichts als ein Traum in einem Traum.
Poe
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lindaa
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen


Beiträge: 27



Beitrag12.06.2018 16:13

von lindaa
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Hallo BaronHarkonnen!

Ich finde diese Traumsequenz gut gelungen! Du stellst das Unklare und Verschleierte eines Traumes gut dar.

Hier das einzige, woran ich mich ein wenig aufgehangen habe:
Das Tentakeltatoo des Mannes. Ein einfaches Tatoo von einer Tentakel finde ich an dieser Stelle nicht aufwühlend genug. Ich würde den Zusammenhang etwas deutlicher darstellen, vielleicht auch nur mit einem Detail mehr. Zum Beispiel die Saugnäpfe an den Tentakeln von dem Monster oder irgendetwas in die Richtung. Wenn du das Tatoo und die Ähnlichkeit nur ein kleines Bisschen genauer beschreibst, fände ich das Ende dieses Abschnittes besser.
Hoffentlich konnte ich ausdrücken, was ich damit sagen wollte!

Liebe Grüße,
Linda
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Fedor
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 64
Beiträge: 37
Wohnort: Frankfurt am Main


Beitrag12.06.2018 23:40
Re: Traumsequenz
von Fedor
Antworten mit Zitat

Hallo BaronHarkonnen,

das mit den Träumen ist so eine Sache. Taucht die Traumsequenz vor dem Leser unerwartet auf, so finde ich deren Darstellung aus der Ich-Perspektive des Protas farbiger und das Aufwachen als sie-Prota spannender.

Ein paar Bemerkungen zu Deinem Text. Traumsequenz aus der sie-Perspektive.
Im Traum ist zwar alles möglich, aber manches wegen "Träume unterliegen nur bedingt der Steuerung des Ichs und sind oft mit starkem emotionalem Erleben assoziiert. Kognitive Fähigkeiten wie begriffliches Denken und kausal-logisches Erinnern treten in den Hintergrund" unwahrscheinlich und darum unglaubhaft:

... offenbar im Meer – für einen See war es zu tief.

Zum Glück verspürte sie keine Atemnot ...

Probeweise machte sie ein paar Schwimmbewegungen

Seltsamerweise war ihr bewusst, dass sie sich in einem Traum befand.

Sie hatte davon gelesen, dass manche Menschen ein solches Traumbewusstsein hatten, aber ihr war das bisher nicht passiert. Dass es sich um einen Traum gehandelt hatte, war immer erst hinterher klar gewesen.
Während sie darüber nachdachte, blickte sie nach unten.


Riesenhaft und monolithisch

Dir Architektur folgte keinem ihr bekannten Stil

Als sie ihren Schwerpunkt überschritten hatte

Die Platte musste den Verschluss des dahinterliegenden Gebäudes gebildet haben

und generell wirkte alles nicht wie für menschliche Dimensionen gemacht, sondern war rätselhaft und von gewaltigen Ausmaßen.


Des Weiteren fallen in der Traumsequenz sehr viele Pronomen und Hilfsverbe auf, über deren Einsatz es unterschiedliche Meinungen gibt. Ich finde die Wiederholungen störend. Der Versuch, ohne diese auszukommen, führt oft zu mehr Dynamik, Emotion und Farbe.

"Das erste, was ihr auffiel, war das Licht.
Es war von einem tiefen Graublau und seltsam richtungslos. Ihre Hände konnte sie schemenhaft erkennen, aber sonst war vor ihr alles eintönig und diffus.
Dann merkte sie, dass sie schwebte; unter ihren Füßen nichts als ein tiefblauer Abgrund. Weit über sich erblickte sie eine silbern schimmernde Fläche, die sich kräuselte, und damit wurde die Sache etwas klarer. Sie befand sich tief unter Wasser, offenbar im Meer – für einen See war es zu tief. Zum Glück verspürte sie keine Atemnot, und als sie den Mund öffnete, war es, als wären ihre Lungen mit Meerwasser gefüllt.
Probeweise machte sie ein paar Schwimmbewegungen, aber ob sie von der Stelle kam, war nicht auszumachen.
Seltsamerweise war ihr bewusst, dass sie sich in einem Traum befand. Sie hatte davon gelesen, dass manche Menschen ein solches Traumbewusstsein hatten, aber ihr war das bisher nicht passiert. Dass es sich um einen Traum gehandelt hatte, war immer erst hinterher klar gewesen.
Während sie darüber nachdachte, blickte sie nach unten. Wo bis eben nur konturloses Blau gewesen war, waren jetzt mächtige Blöcke zu erahnen, wie große Gebäude auf dem Meeresgrund. Ohne ihr Zutun sank sie langsam tiefer."


Die Idee der Traumsequenz mit dem Übergang zum Tentakel am Nacken ist gut. Du solltest daran arbeiten.


LG

Fedor
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Rainer Prem
Geschlecht:männlichReißwolf
R

Alter: 66
Beiträge: 1271
Wohnort: Wiesbaden


R
Beitrag13.06.2018 05:48
Re: Traumsequenz
von Rainer Prem
Antworten mit Zitat

BaronHarkonnen hat Folgendes geschrieben:
Hallo Leute,

ich habe in den letzten Tagen in meinem Roman an etwas gebastelt, wovon einem immer abgeraten wird: einer Traumsequenz Wink


Hallo,

soweit ich weiß, wird nur für den Anfang einer Geschichte davon abgeraten, eines der Klischees wie Traum, Aufwachen, Spiegel, Wetter etc. zu benutzen. Wenn du deine Leser erst einmal eingefangen hast, kannst du nahezu alles benutzen, solange es gut geschrieben ist.

Was mir etwas schräg vorkommt, sind die beiden Vergleiche mit "Blauwal" und "Flugzeughangar". Die klingen zu realistisch für eine Traumwelt. Auch könntest du das Ganze straffen, indem du ihre Gedanken und Erklärungen reduzierst. So etwas wie "offenbar im Meer - für einen See war es zu tief" ist eigentlich nur Rauschen. Und auch faktisch falsch, weil es durchaus extrem tiefe Seen auf dieser Erde gibt. Wenn du das Meer brauchst, dann lass sie Salzwasser schmecken.

Versuch doch mal den Ansatz, in der ganzen Szene NUR ihre Wahrnehmungen zu erzählen und ALL ihre Gedanken darüber wegzulassen. Auch solche Konstrukte wie "Sie bemerkte, dass", lenken von ihren eigentlichen Erfahrungen ab.

@Fedor: Ich stimme mit dir wegen der Anzahl der Hilfsverben zu, ein Teil davon lässt sich leicht vermeiden. Allerdings müsstest du mir mal erläutern, wie du in einem deutschen Text auf Subjekte verzichten willst. "Sie" ist hier das einzig mögliche Pronomen und weitaus flüssiger zu lesen als wenn man Ersatzkonstruktionen wie "die Frau" einfügt.

Grüße
Rainer
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Fedor
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 64
Beiträge: 37
Wohnort: Frankfurt am Main


Beitrag13.06.2018 15:01

von Fedor
Antworten mit Zitat

Hallo Rainer,

zum Beispiel:

Licht! Graublau und richtungslos. Hände noch zu erkennen, ansonsten alles eintönig und diffus. Ein Traum! Ganz sicher – ein Traum!
Denise schwebte. Unter den Füßen nichts als tiefblauer Abgrund. Weit oben kräuselte sich eine silbern schimmernde Fläche. Meer. Lungen atmeten Salzwasser.
Es ging nach unten. Tiefer. Immer tiefer. Was für Ruhe und Leere!
Schwimmen brachte nichts. Tiefer!
Letzte Lichtsträhnchen glitten aus den Händen. Das dunkle Blau streifte kalt den jungen kraftvollen Körper.

So etwa.

BaronHarkonnen möge mir verzeihen, wenn ich damit zu sehr in seine Welt eingedrungen bin.

LG

Fedor
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MosesBob
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Administrator
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Beitrag13.06.2018 16:34
Re: Traumsequenz
von MosesBob
Antworten mit Zitat

Moin Herr Baron! smile

BaronHarkonnen hat Folgendes geschrieben:
(@Admins: bitte nicht mit meinem ersten Thread verheiraten, sonst bekomme ich nie die 2 Einstands-Threads zusammen Wink  )

Tut mir leid, aber ich kann keinen Grund erkennen, warum wir hier eine Ausnahme machen, anderswo aber nicht. Warum möchtest du denn unbedingt raus aus dem Einstand? Riecht er komisch? Sind die Tapeten langweilig? Ist die Klimaanlage kaputt? Laughing

Beste Grüße,

Martin


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Das Leben geht weiter – das tut es immer.
(James Herbert)

Die letzte Stimme, die man hört, bevor die Welt untergeht, wird die eines Experten sein, der versichert, das sei technisch unmöglich.
(Sir Peter Ustinov)

Der Weise lebt still inmitten der Welt, sein Herz ist ein offener Raum.
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BaronHarkonnen
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Beitrag19.06.2018 07:15

von BaronHarkonnen
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Moin liebe Leute,

sorry für die späte Antwort - war ein paar tage offline...

@all: vielen Dank für Euer Feedback! Beruhigt mich, dass eine Mittendrin-Traumsequenz offenbar nicht so verpönt ist Wink

@Fedor: der Hinweis mit den Hilfsverben ist auf jeden Fall bereichtigt! da geht noch was.
 
@Rainer Prem: eine noch unmittelbarere Perspektive ohne ihre Gedanken etc. muss ich mal ausprobieren. Eigentlich entspricht der Abstand des Erzählers zu seinen Protas dem in der restlichen Geschichte, also muss ich mal sehen, wie eine Abstandverringerung wirkt.  


@Martin:
Zitat:
Tut mir leid, aber ich kann keinen Grund erkennen, warum wir hier eine Ausnahme machen, anderswo aber nicht. Warum möchtest du denn unbedingt raus aus dem Einstand? Riecht er komisch? Sind die Tapeten langweilig? Ist die Klimaanlage kaputt? Laughing


Naja, ich dachte, der Einstand wäre mehr für eigenständige Texte. Zur Diskussion wie z.B. die zu meiner Traumsequenz hielt ich die Werkstatt für geeigneter...
Aber Du bist der Boss Wink


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Poe
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MosesBob
Geschlecht:männlichGehirn²

Administrator
Alter: 44
Beiträge: 18344

Das Goldene Pfand DSFo-Sponsor



Beitrag19.06.2018 21:43

von MosesBob
Antworten mit Zitat

Moin Baron!

BaronHarkonnen hat Folgendes geschrieben:
Naja, ich dachte, der Einstand wäre mehr für eigenständige Texte. Zur Diskussion wie z.B. die zu meiner Traumsequenz hielt ich die Werkstatt für geeigneter...
Aber Du bist der Boss Wink

Der Boss hat jetzt ein schlechtes Gewissen, weil er der Boss ist. Crying or Very sad

Aber hey, mit der nächsten Geschichte stehen dir alle Optionen offen. smile

Tut mir leid für das Missverständnis mit dem Einstandsbereich.

Dir noch einen schönen Abend und uns beiden eine hoffentlich noch glorreiche WM,

Martin


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Clearlight Angel
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C
Beitrag20.06.2018 17:53

von Clearlight Angel
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Hallöchen, BaronHarkonnen.

Also, mir hat deine Traumsequenz grundsätzlich ziemlich gut gefallen. Darüber, dass so etwas zu klischeehaft wirkt, musst du dir eigentlich keine Sorgen machen. Wie Rainer Prem bereits sagte, solche Dinge wie Träume oder Rückblenden sollte man vielleicht nicht unbedingt an den Anfang einer Geschichte stellen, aber sobald man im Fluss der Geschichte drinsteckt, spricht eigentlich nichts dagegen, solange es eben gut geschrieben ist. Und gerade für die von dir geschilderte Situation "vermeintlich aufgeklärte, moderne Frau hat den ersten Kontakt zum Übersinnlichen", ist ein Traum eigentlich ein gutes inhaltliches Mittel.

Wie gesagt, die Sequenz selbst gefällt mir persönlich sehr gut. Sprachlich würde ich allerdings noch einige Dinge verändern. Du benutzt gelegentlich solche Worte oder Satzkonstrukte wie "Probeweise machte sie ein paar Schwimmbewegungen", "generell wirkte alles nicht wie für menschliche Dimensionen gemacht" oder "[...] aber ihr war das bisher nicht passiert. Dass es sich um einen Traum gehandelt hatte, war immer erst hinterher klar gewesen." Ich würde sagen, das ist fast ein wenig zu "sachlich", wenn du verstehst, was ich meine. An diesen Stellen wirkt das ganze Geschehen weniger wie ein Traum, der auf den Leser und die Protagonistin wirkt, sondern eher so, als würdest du irgendwem die Szenerie so schildern und beschreiben, wie du es in einem ganz alltäglichen Gespräch tun würdest. Dieses "Unklare und Verschleierte eines Traums", von dem lindaa gesprochen hat, geht dadurch ein wenig verloren. Gerade an diesen Stellen halte ich Rainer Prems Ansatz, hauptsächlich die Wahrnehmung der Protagonistin zu erörtern, für eine gute Idee.

Ein weiteres Beispiel wäre die Stelle "Eine mächtige muschelverkrustete Platte, die sie zunächst für die Wand des nächstliegenden Gebäudes gehalten hatte, schob sich gemächlich nach vorne und erzeugte dabei ein mahlendes Geräusch. Als sie ihren Schwerpunkt überschritten hatte, kippte sie langsam vornüber und stürzte auf den Meeresgrund." Auch hier klingt es eher wie ein relativ nüchterner Bericht, von dem du irgendeinem Kumpel oder Bekannten erzählst, und nicht wie ein Traum, der sich in der Vorstellung des Lesers ausbreitet. Ich würde da eher sowas schreiben wie: "Eine mächtige muschelverkrustete Platte schob sich wie von selbst nach vorn und erzeugte dabei ein mahlendes Geräusch, bis sie schließlich in einer Wolke aus Staub und Algen auf den Meeresgrund stürzte." Somit vermeidest du einzelne Worte wie "Schwerpunkt", die auch hier wieder ein wenig zu sachlich für eine Traumsequenz wirken. Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie einzelne Worte die Wirkung und Stimmung stark beeinflussen können.

Woran ich ebenfalls noch arbeiten würde, wäre das Aufwachen. Du schreibst da ja "Dabei musste sie ihren Nachttisch umgeworfen haben, denn durch den Radau wachte sie endlich, endlich auf." Wenn ich selbst eine Traumsequenz schreibe oder lese, finde ich es eigentlich immer am besten, wenn sich der erste Satz, der den Übergang zwischen dem Traum und dem Aufwachen bildet, auf einen einzigen Sinneseindruck beschränkt. Dadurch wirkt dieser Übergang fließender. In deinem Fall wäre der Sinneseindruck ja dann ein akustischer, nämlich das Poltern des Tischs. Du könntest also in diesem Übergangssatz einfach nur sagen, wie sie von einem dumpfen Poltern aus dem Schlaf gerissen wird oder wie ein lauter Knall sie hochschrecken lässt. Was tatsächlich passiert ist, nämlich dass sie den Tisch umgeworfen hat, würde ich frühestens im Satz danach erwähnen. Wie gesagt, dadurch ist der Unterschied zwischen der Traumszene und der Wachszene fließender und auch ein wenig langsamer, sodass dein Leser quasi mit der Protagonistin zusammen aufwacht und nicht nur darüber liest.

Ansonsten, gute Arbeit. Würde mich sehr interessieren, die Szene später im Kontext der Gesamtgeschichte oder des vollständigen Kapitels noch einmal zu lesen.


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BaronHarkonnen
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Beiträge: 123
Wohnort: Berlin


Beitrag22.06.2018 19:50

von BaronHarkonnen
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Hi Clearlight Angel,

seh ich's richtig, dass dies Dein erster Post hier im Forum ist, und dass Du damit meinen Beitrag kommentierst? Ich fühle mich geehrt! Smile

Zur Sachlichkeit: ich wollte den Traum absichtlich aus einer etwas distanzierteren Perspektive erzählen als den Rest meiner Kapitel. Warum, weiß ich eigentlich gar nicht so genau Wink
Ich werde es mal versuchen und die Eindrücke unmittelbarer aus Denise Perspektive schildern; mal sehen, was das bewirkt.

Gerne würd ich Dir die Sequenz im Kontext der gesamten Erzählung zu lesen geben, aber ich fürchte, das posten ganzer Romane ist hier im Forum nicht so angesagt. Mit meinen länglichen 4 kapiteln von Dunkelblau hab ich's schon fast überstrapaziert...

Liebe Grüße!


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Nils Oelfke
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Beiträge: 56
Wohnort: Jever


Beitrag23.06.2018 09:38

von Nils Oelfke
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Hallo BaronHarkonnen,

ich möchte dir meine Kritik zu der Verwendung von Adjektiven, Metaphern und Vergleichen geben. In dem Anhang habe ich eine Datei beigefügt. In dieser habe ich als PDF-Datei zu mehreren Wörtern/ Sätzen/ Textstellen Kommentare gemacht, wenn mir bei der Verwendung von Adjektiven, Metaphern oder Vergleichen etwas aufgefallen ist. Außerdem stehen in den Kommentaren andere Kleinigkeiten, die mir während es Schreibens aufgefallen sind.

Meine Kritik ist nicht ganzheitlich. Ich habe mich fast ausschließlich auf den oben genannten Untersuchungspunkt konzentriert. Dabei ist mir aufgefallen, dass du viele Adjektive benutzt. Die Verwendung von Adjektiven würde ich reduzieren, denn Adjektive drücken oft nur aus, dass das Verb oder das Substantiv nicht exakt genug ist. (Beispiel: Großer Mann= Riese oder starker Mann= Hüne oder riesige Stadt= Großstadt, usw.)


Während des Überarbeitens ist mir noch ein Punkt aufgefallen: Du schreibst relativ wenig über die Innenwelt von der Frau. Dies ist aber notwendig, um eine Bindung zu deiner Protagonistin aufzubauen. Meiner Meinung nach solltest du nachdem Handlungen passiert sind, mehr über ihre Gefühle und Empfindungen (sowie Gedanken) zeigen.


Falls du Fragen hast oder etwas anders siehst, als ich, melde dich bitte. Ich möchte selber mein Textverständnis sowie Textkritik verbessern und dabei hilft mir auch deine Rückmeldung, ob du mir in meinem Feedback zustimmt und ob es hilfreich war.


Liebe Grüße
Nils
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Clearlight Angel
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Alter: 26
Beiträge: 5
Wohnort: Düsseldorf


C
Beitrag01.07.2018 01:22

von Clearlight Angel
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BaronHarkonnen hat Folgendes geschrieben:
Hi Clearlight Angel,

seh ich's richtig, dass dies Dein erster Post hier im Forum ist, und dass Du damit meinen Beitrag kommentierst? Ich fühle mich geehrt! Smile


Siehst du richtig. Immer wieder gern. Very Happy

BaronHarkonnen hat Folgendes geschrieben:

Zur Sachlichkeit: ich wollte den Traum absichtlich aus einer etwas distanzierteren Perspektive erzählen als den Rest meiner Kapitel. Warum, weiß ich eigentlich gar nicht so genau Wink


Wie gesagt, ich hoffe ja, die Szene irgendwann mal im Kontext der Gesamterzählung oder wenigstens des vollständigen Kapitels zu lesen, auch wenn dass hier im Forum vielleicht etwas schwierig ist. Allerdings kann dadurch natürlich ein komplett neuer Eindruck entstehen. Du beschreibst deine Protagonistin ja als vermeintlich aufgeklärte moderne Frau in der heutigen Zeit. Je nachdem, wie Denise in den vorangegangenen Szenen dargestellt und charakterisiert wird, kann die Sachlichkeit in diesem Traum, der für sie ja den ersten Kontakt zum Übersinnlichen darstellt, viel besser wirken als es hier den Eindruck macht, gerade weil wir hier im Thread ja "nur" die Traumszene vor uns haben.

Nichtsdestotrotz ist das Experimentieren mit einer erher distanzierteren und einer unmittelbareren Perspektive auf jeden Fall etwas, dass du meiner Meinung nach unbedingt weiterverfolgen solltest. Gerade mit einem Charakter wie Denise sehe ich in dieser Hinsicht ein enormes stilistisches Potential. Wenn du in den Anfängen deiner Geschichte bei einer nüchternen, sachlichen und distanzierten Perspektive bleibst und diese erst im Verlauf des weiteren Buchs unmittelbarer und weniger distanziert wird, dann würde der komplette Stil deiner Geschichte ja auch den Wandel und die Entwicklung deiner Hauptprotagonistin wiederspiegeln und das ist ein Ansatz, den ich persönlich ziemlich spannend fände.


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BaronHarkonnen
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Beiträge: 123
Wohnort: Berlin


Beitrag10.07.2018 18:03

von BaronHarkonnen
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Sorry Leute - habe gerade gemerkt, dass ich auf Eure posts noch garnicht geantwortet habe... Embarassed

Erstmal noch: herzlichen Dank!

@Nils:
wow - vielen Dank für die Mühe, die Du in den Review gesteckt hast!
Mit den passenden Adjektiven und Metaphern (leider manchmal auch Phrasen) kämpfe ich auch immer ziemlich - Hinweise in dieser Richtung sind immer sehr willkommen. Gerade (gute) Metaphern sind häufig das Salz in der Suppe.


@Clearlight Angel: guter Tipp mit dem Perspektiven-Verlauf. Ob (und wie) ich das hinbekomme, weiß ich noch nicht. Ich bin ja noch dabei, mich ans Schreiben ranzutasten.


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