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theuser Gänsefüßchen
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Beiträge: 15 Wohnort: Köln
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T 19.05.2018 09:45 Love interest - Wie anlegen, damit es nicht zu platt wirkt? von theuser
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Hallo zusammen!
Nachdem ihr mir das letzte Mal so gut auf die Sprünge habt helfen können, eine neue Frage, an der ich mir ein bisschen die Zähne ausbeiße.
Ich habe für meinen Wissenschaftsroman/SciFi den äußeren Plot fertig. Solide, glaube ich. - Und jetzt bin ich dabei, den da schon etwas eingewobenen Love interest etwas zu hinterfragen.
Ich umreiße mal kurz: Die weibliche Hauptfigur Ellie (im letzten Post "Jodie") wird in eine ungewohnte Situation gestoßen, übernimmt Verantwortung und weil sie eben genau die Richtige zur rechten Zeit am rechten Ort ist, wird sie am Schluss die Welt retten. Klaro.
Auf ihrem Weg dahin lernt sie (auf ca. 20%) Adam kennen, der ihr an kniffligen Stellen hilft, die Dinge zu verstehen, weil er aufgrund seines Berufes andere Perspektiven auf das Geschehen rein bringt.
Soweit so gut. Heldin und Unterstützer.
Was man vielleicht auch noch wissen muss: Ellie ist aufgrund ihrer Vergangenheit ein Stück weit eine gebrochene Person. Top Nachwuchs-Wissenschaftlerin, aber kann mit Gefühlen, insbesondere mit Nähe nicht gut umgehen.
Natürlich liegt für mich auf der Hand Adam für Ellie zum Love interest werden zu lassen. (Zumal die anderen Nebenfiguren dafür nichts hergeben.)
Mit Fokus auf den Love interest hat sich in meinen Augen erstmal das Folgende angeboten:
Als Ellie das erste Mal auf Adam trifft, findet sie ihn alles andere als sympathisch, weil sie in ihm einen Menschen sieht, der für Umweltzerstörung verantwortlich ist.
Nun geht aber Adam immer wieder offen auf sie zu und unterstützt sie in schwierigen Situationen. Sie erkennt, dass er mehr ist als ihr erster Eindruck ihr nahelegen wollte.
Die beiden werden ein super Arbeitsteam, kommen sich auch gefühlsmäßig näher.
Es gibt Situationen, wo er als starker Mann sie als zarte Wissenschaftlerin aus der Klemme bringt. - Eins kommt zum anderen, es funkt.
Ja, ich weiß, sehr Klischee mäßig. Im Bereich SciFi aber vielleicht auch üblich?
Aber wenn ich anderen davon erzählt habe, dann gab es - vor allem von Frauen - energischen Widerstand gegen den so angelegten Love interest. Ein bisschen kann ich es auch verstehen.
Stehe allerdings auf dem Schlauch wie man ihn schöner, angenehmer und ohne Mega-Klischee anlegen kann?
Habt ihr da zufällig Erfahrungen? Ideen? - Wenn ihr total plotgetrieben schreibt, wieviel Bedeutung hat dann so ein Love interest für euch?
Bin gespannt, liebe Grüße
Thomas.
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Murmel Schlichter und Stänker
Alter: 68 Beiträge: 6380 Wohnort: USA
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19.05.2018 12:56 Re: Love interest - Wie anlegen, damit es nicht zu platt wirkt? von Murmel
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theuser hat Folgendes geschrieben: | Es gibt Situationen, wo er als starker Mann sie als zarte Wissenschaftlerin aus der Klemme bringt. - Eins kommt zum anderen, es funkt.
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Ich denke, dieser Satz bringt dich bei Frauen in Trouble. Und stimmt auch, es ist nicht nur Klischee, sondern widerspricht auch Ellies Charakterisierung.
Zuerst eine Frage: Hat der Love Interest eine Auswirkung auf den Hauptplot? Kann die Protagonistin ihre Ziele nicht ohne den Love Interest erreichen?
Infinity Wars: Ohne Love Interest Gamorra/StarLord wäre Thanos nicht erfolgreich gewesen. Dieser Love Interest ist also Bestandteil des Plots.
Star Wars 4-6: der Love Interest Leila/Han hat keine direkte Auswirkung auf das Ende von 6. Gehört dazu, ist wichtig, aber den eigentlichen Plot Luke/Darth Vader/Rettung des Universums beeinflusst es nicht.
In meiner Krimiserie um Kommissar Levin gibt es einen Love Interest, der erhöht den Konfliktlevel für Levin, macht ihn menschlicher und spricht sicher vor allem Leserinnen an, aber die Lösung der Fälle ist unabhängig davon.
Hast du dich entschieden, kannst du den Love Interest einbauen.
Wenn Adam nur als Ratgeber/Support eine Rolle spielt, hat er nichts als physikalischer Retter von ihr zu suchen. Dann kann es ohne Heldentum funken, wie im richtigen Leben auch. Sie liebt halt dann einen Nerd.
Oder du legst ihn von vorneherein als Helden an, dann musst du ihr körperliches "Defizit" von Anfang an einbauen. Bedenke, beim Love Interest muss herauskommen, was zwischen den beiden steht. Der erste Eindruck ist gefährlich, denn wenn der negativ ist, stimmt etwas nicht. Eher so beschreiben, dass sie ihn attraktiv empfindet, aber weil er dies oder jenes macht, ihn ablehnt. Bei Liebesromanen und Romanen, in denen die Liebe an die 50% und mehr ausmacht, sollte "er" so angelegt sein, dass sie Leserinnen sich mit "ihr" in ihn verlieben können.
Ein bisschen schwierig zu erklären.
_________________
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theuser Gänsefüßchen
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Beiträge: 15 Wohnort: Köln
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T 19.05.2018 13:15
von theuser
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Zitat: | Ich denke, dieser Satz bringt dich bei Frauen in Trouble. |
Richtig.
Zitat: | Und stimmt auch, es ist nicht nur Klischee, sondern widerspricht auch Ellies Charakterisierung. |
Nicht ganz. Ich versuche es unten nochmal ausführlicher.
Zitat: | Zuerst eine Frage: Hat der Love Interest eine Auswirkung auf den Hauptplot? Kann die Protagonistin ihre Ziele nicht ohne den Love Interest erreichen? |
Nein, ist wohl eher wie in deiner Krimiserie: Ellie braucht zwar Adam. Aber nicht als Love Interest. Ihre innere Veränderung durch seine Nähe ist nicht das entscheidende Element bei der Lösung der Probleme. Das läuft alles auf wissenschaftlicher Ebene ab.
Sie braucht ihn vielmehr, weil er Mut macht, dass sie nach Rückschlägen nicht aufgibt. Und kurz vor dem Höhepunkt hat er die wichtigen Fähigkeiten, um die entscheidende Entdeckung vorzubereiten.
Zitat: | Der erste Eindruck ist gefährlich, denn wenn der negativ ist, stimmt etwas nicht. |
Ja, da war ich eben zu flott unterwegs. Der allerallererste Eindruck soll gut sein. Er verbringt etwas Zeit mit ihr und sie findet ihn zumindest interessant. Dann kommt etwas raus, was sie erschrecken lässt, so dass sie Abstand sucht. Die beiden müssen aber weiter eng zusammen arbeiten, so dass sich die Sache letztlich (wieder) ins Gute wendet.
Danke! Deine Antwort bringt mich auf jeden Fall ans Nachdenken...!
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RememberDecember59 Klammeraffe
Beiträge: 507 Wohnort: Franken
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19.05.2018 14:00
von RememberDecember59
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theuser hat Folgendes geschrieben: | Ja, ich weiß, sehr Klischee mäßig. Im Bereich SciFi aber vielleicht auch üblich? |
Ich glaube, grade bei SciFi ist es eher unwahrscheinlich, dass die Zielgruppe Kitsch und Klischee erwartet und wünscht.
Die Konstellation starker Mann – zarte, hilfsbedürftige Frau ist sicher nicht sehr originell, ich denke aber, das ist nicht das eigentliche Problem. Es ist schwierig, Konstellationen zu finden, bei denen nicht mindestens einer die Augen verdrehen wird. Und ja, falls du mit „gebrochene Person, die mit Nähe nicht gut umgehen kann“ meinst, dass Ellie schlechte Erfahrungen mit Männern gemacht hat und jetzt Adam kommt und ihr nach und nach den Glauben an die Liebe zurückgibt, dann gehöre ich auch zu denen, die beim Lesen die Augen verdrehen würden. Andere greifen sich aber womöglich seufzend ans Herz, hach!
Deshalb ist meiner Meinung nach wichtiger, dass die Personen glaubwürdig handeln und eben so, wie ihr Charakter es ihnen vorgibt. Wenn die Charaktere gut ausgearbeitet sind, wirst du schon von allein merken, wie sich gerne in Gegenwart voneinander verhalten würden. Und darauf würde ich dann auch hören. Wenn die beiden sich zueinander hingezogen fühlen und am Ende ein Paar werden, schön. Wenn sie sich zwar mögen, aber nicht so recht zueinander finden, weil sie sich selbst im Weg stehen, auch gut. Wenn sie zwar eine leidenschaftliche Affäre haben, aber hinterher getrennte Wege gehen, warum nicht. Wenn sie gemeinsam die Welt retten und dabei einfach nur Freunde werden, super. Gerade bei SciFi bist du in der Hinsicht doch recht frei.
Ohne Ellie und Adam zu kennen, ist es schwierig, dir einen Rat zu geben. Du kennst die Personen am besten und weißt am ehesten, wie sie sich realistisch nebeneinander verhalten würden. Und realistisches, glaubwürdiges Verhalten kann nun mal auch in Kitsch resultieren, wenn die Charaktere das zulassen oder sogar nötig machen.
Platt wirken solche Geschichten auf mich vor allem dann, wenn man merkt, dass der Love Interest nur eingebaut wurde, weil es den eben in den meisten Büchern gibt und das offenbar erwartet wird. Wenn die Charaktere oberflächlich bleiben und sich den Plotwünschen des Autors auf Biegen und Brechen beugen müssen, ohne entsprechend angepasst zu werden.
Soweit mal meine Meinung dazu.
_________________ Bartimäus: "...-was ist das?"
Kobold: "Hätte mich das jemand anders gefragt, o Herr, der ihr Schrecklich und Unübertrefflich seid, hätte ich ihn einen Dummkopf genannt, bei Euch jedoch ist diese Frage ein Zeichen jener entwaffnenden Schlichtheit, welche der Born aller Tugend ist. ..."
Bartimäus I (Jonathan Stroud) |
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AgarwaenCran Schneckenpost
Alter: 34 Beiträge: 10 Wohnort: Brandenburg
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19.06.2018 23:10 Re: Love interest - Wie anlegen, damit es nicht zu platt wirkt? von AgarwaenCran
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theuser hat Folgendes geschrieben: | Natürlich liegt für mich auf der Hand Adam für Ellie zum Love interest werden zu lassen. (Zumal die anderen Nebenfiguren dafür nichts hergeben.) |
Gerade der Teil in Klammern klingt so, als würdest du unbedingt einen Love Interest einbauen wollen. Ich wage es mal, eine zugegebenermaßen böse Frage zu stellen: Ändert sich etwas an deiner Geschichte, wenn die beiden nur gute Freunde bleiben und es gar keinen Love Interest gibt? Wenn das mit ja beantwortet werden kann, brauchst du eigentlich keinen Love Interest und solltest auch nicht um jeden Preis einen einbauen. Wobei natürlich gilt, wenn du trotzdem einen einbauen willst, kannst du das natürlich machen. Aber du solltest darauf achten, dabei die Charaktere nicht zu verbiegen (dazu wurde ja schon etwas gesagt von anderen hier im Thread).
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Poolshark Klammeraffe
Alter: 42 Beiträge: 827 NaNoWriMo: 8384 Wohnort: Berlin
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20.06.2018 15:59
von Poolshark
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Ich glaube, klischeehaft wird etwas nur dort, wo man Charaktere nur als Handlungsvehikel und nicht als eigenständige Persönlichkeiten betrachtet und auch genau so in der Geschichte verbaut.
Lass es ruhig zwischen den beiden funken, von mir aus auch, weil Adam klassisch männlich ist und sich deine Protagonistin deshalb bei ihm gut aufgehoben fühlt.
Abgedroschen fände ich das nur, wenn es genau dort endet, wo Adam mit seiner männlichen Alleskönnerei und seinen Muskeln alle Probleme der Geschichte und der Protagonistin löst. Spannend, originell und realistisch wird es immer dort, wo sich neue Faktoren in einem gelöst geglaubtem Konflikt auftun. Als Formel für Geschichten, die nicht linear verlaufen sollen, habe ich mal so was in der Richtung gesehen: Ein Charakter will A, dann passiert aber B. Der Charakter will C, dann passiert aber D. Mit diesen "Abers" oder auch auch mit der Frage "Was wäre, wenn aber genau das nicht passiert?" kommt man weg von dem, was man schon sein ganzes Leben an Geschichten konsumiert hat, weg von eingefahrenen, viel zu simplen Handlungsabläufen. Und weg von der Objektifizierung von Menschen.
So könntest du es auch mit Adam machen.
Vielleicht fühlt sich Adam dieser Rolle als "Supermann" nicht gewachsen oder hat ein Problem damit, so gesehen zu werden. (Das ist ne ganz schöne Verantwortung. Ich kenne einen Mann, der sich mit seinen gut trainierten Oberarmen unwohl fühlt, weil diese "Hulk-Statur" nicht zu seinem Selbstbild passt. Nicht nur deine Ellie wird Probleme, Unsicherheiten, Traumata etc. in diese Beziehung mit einbringen. Wir sind doch alle auf die eine oder andere Art verletzt und verletzbar.)
Und daraus kannst du zusätzliche Konflikte stricken, die beide Charaktere vielschichtiger und weniger attrappenmäßig machen. Wirf den beiden ein paar dieser inneren Konflikte entgegen und dann schau, wie sie darauf reagieren. Für mich machen zwischenmenschliche Probleme Weltrettungsgeschichten, ob nun mit oder ohne Romantik-Plot, viel glaubhafter.
_________________ "But in the end, stories are about one person saying to another: This is the way it feels to me. Can you understand what I'm saying? Does it also feel this way to you?"
-Sir Kazuo Ishiguro |
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