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Fedor Gänsefüßchen
Alter: 64 Beiträge: 37 Wohnort: Frankfurt am Main
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17.06.2018 21:21 Das fremde Leben von Fedor
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Hallo schreibende Gemeinschaft,
übe mich gerade in Emotionen und hoffe, dass sie nicht ins Kitschige abgleiten.
Bitte um Eure Meinung!
LG
Fedor
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Aaaa! Jan heulte. Schluckte ruckartig Luft. Und heulte. Wie ein kleiner. Erstickte fast in Tränen und Rotze und heulte. Wie damals, als Oma ihn das letzte Mal aus den Augen anlächelte. Er hielt fest die Hand und konnte sie nicht halten.
Du bist jetzt ein Mann! Du bist ein Mann! – Vaters Worte halfen. Grauer nasser Sand flog blutgetränkt zu beiden Seiten. Wie konnte es nur? Warf dieses Wunder in den Sand. Jan hasste das geliebte Meer.
Lief aber wieder und wieder zu ihm, schöpfte es mit der unten gebundenen Schwimmhose und rannte zu diesem starken, hilflosen, im hellen Blau schimmernden grausilbrigen Körper, um es auf das über ihn geworfene T-Shirt zu schütten. Im Fernseher gesehen, wie man´s tun soll. Das letzte Rinnsal floss in den langen halboffenen Mund, bestückten mit weißen Zahnreihen.
Zu den Worten des Vaters gesellte sich Mutters Stimme: Augen sind der Spiegel der Seele. Aber in diesem großen konnte Jan nur wenig erkennen. Dunkel und feucht. Immer seltener blitzte Blau auf. Und dieses versiegende Licht trieb an. Mit stacheligen Körnchen peitschte der Wind die Knabennacktheit.
Ich muss es schaffen! Ich muss! Zerrissene, vom Salz zerfressene Finger gruben sich in den Sand und warfen ihn aus der Rinne, aus der ein kleiner Kanal zum rettenden Nass werden sollte, das in wenigen Metern plätscherte. Der Gedanke kam, nachdem Jan versuchte, den Bewohner des Meeres an der Schwanzflosse zu ziehen. Zuvor schrie er und bettelte um Hilfe – so laut er nur konnte. Nichts. Nur das sich schuldig gemachte Meer verstummte plötzlich.
Ich werde es schaffen! Unbedingt! Sand und Wasser. Sand und Wasser. Jan grub und rannte. Sand und Wasser.
Woher kommen die Tränen? Krampfhaft nach Luft schnappend, sah Jan eine fallende Träne. Sie landete aber nicht im grauen Brei, sondern auf einer grünlichen, am Rand schaumigen Zunge, die zwischen den Knien auftauchte. Aufgesprungen, blickte er aufs Meer. In sanften hoffnungsvollen Wellen strebte es zu ihm.
Woher nimmt der Mensch die Kraft? Jetzt wirbelte alles – Füße, Knie, Ellbogen und die verletzten Hände. Der Sand wich zurück. Über der Vertiefung hängende Flügel der breiten Schwanzflosse zuckten leicht. Noch eine Dusche aufs Shirt. Vor Angst, dem Gast aus dem Meer wehzutun, warf Jan die Schwimmhose über die Flosse und packte behutsam zu. Dünne sonnengebräunte Beine stemmten sich mit den Fersen in den Strand.
Aaaaaaa…! Alles erzitterte vor Anstrengung. Und der grausilbrige Körper rutschte in die sich langsam füllende Mulde. Im kaum wahrnehmbaren Zucken fühlte Jan das fremde Leben, das in seinen Händen lag, und zog so stark er nur konnte, um es zu bewahren. Beine stöhnten und stießen, im körnigen Brei nach Halt suchend. Er fiel. Sprang auf. Und zog.
So als würde das wunderschöne Wesen Hoffnung im anrollenden Nass spüren, begann es Jan durch schwache wellige Bewegungen zu helfen. Und schon bald bedeckte eine weiche Welle die beiden, Jan bis zum Nabel, den Gast – war er´s noch? – ganz. Als sie zurücktrat, ertönte, von einer kleinen Fontäne begleitet, ein zischendes Ausatmen. Die zweite Welle nahm ihn mit.
Nach dem Freund Ausschau haltend, suchte der Junge die friedlich wogende Weite ab.
Ganz nah tauchte plötzlich aus dem tiefen Grün die geflügelte Schwanzflosse auf und klatschte auf die Wasserhaut. In die Luft erhoben sich Tausende winzige Smaragde und prasselten lustig auf Jan nieder. Das Salz glücklicher Tränen mischte sich mit dem Salz des Meeres. Jetzt weinten sie zusammen –Jan und das Meer. Vor Freude, die zum Himmel schrie.
Der Himmel antwortete mit einem Donner. Darin erklang ganz deutlich:
Ein Mann!
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Jenni Bücherwurm
Beiträge: 3310
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18.06.2018 13:46
von Jenni
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Hallo Fedor.
Was genau willst du denn mit den Emotionen, sie beschreiben oder sie auslösen?
Ich lese den Text, und zuerst mal sehe ich jemanden, der offenbar kein (kleines) Kind mehr ist, aber ganz entsetzlich weint und rotzt. Ich frage mich - eher ein bisschen abgestoßen als mitfühlend, ehrlich gesagt - warum. Dann muss ich erstmal herausfinden, was es mit dem Blut im grauen Sand auf sich hat, heult das kein-Kind-mehr, weil es sich verletzt hat? Nein, da liegt also ein gestrandeter Wal im Sand. Das ist ja tatsächlich sehr traurig. Aber bis da bin ich schon so mit dem heulenden Jan und dem ganzen Warum beschäftigt (beschäftigt, weil ich mir so vieles erst erschließen muss), dass ich keine Gelegenheit habe, es selbst als traurig zu empfinden. Mein Ratschlag: Fang mit dem Wal an. Zeig mir als erstes Bild den Wal in seiner Erhabenheit und dann den Sand. Dann Jans Gedanken dazu, seine Reflektionen. Die finde ich nämlich teilweise sehr gelungen. "Jan hasste das geliebte Meer", das finde ich sehr gut, weil es seine ganze kindliche Hilflosigkeit enthält. (Die zwei Sätze davor nicht, weil ich wieder erst im Nachhinein herausfinden muss, worauf sie sich überhaupt beziehen.)
Die Augen, die der Spiegel der Seele sind, vielleicht wären die ein guter Einstieg.
Das da: "Woher kommen die Tränen? Krampfhaft nach Luft schnappend, sah Jan eine fallende Träne." Das würde mir persönlich an Weinen reichen, und auch erst zu dem Zeitpunkt. Erzähl mir lieber, was Jan traurig findet, als wie sich seine Trauer nach außen zeigt, dann werde ich sie besser nachvollziehen können.
Am Ende bleibt natürlich noch die Frage, ob ein Junge allein einen Wal ins Wasser ziehen kann, aber da es für dich eine Übung in Emotionen ist vielleicht erstmal sekundär.
Viele Grüße
Jenni
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Fedor Gänsefüßchen
Alter: 64 Beiträge: 37 Wohnort: Frankfurt am Main
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18.06.2018 19:36
von Fedor
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Hallo Jenni,
ich will erfahren, ob Emotionen ausgelöst werden, und, wenn ja, welche.
Deine nehme ich mit Dank entgegen. Wunderbar, wie unterschiedlich wir lesen und empfinden. Würde ich deinen Ratschlägen folgen, so käme eine andere Geschichte raus. Vielleicht gar eine interessantere. Ich werde darüber nachdenken.
Was Wale anbelangt, so gibts darunter Zahnwale wie Delfine und Schweinswale, die ausgewachsen um die 50 - 60 kg wiegen. Vor allem junge und unerfahrene stranden oft.
Danke!
LG
Fedor
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