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Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Postkartenprosa 05/2018
Ariane

 
 
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Amarenakirsche
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 30
Beiträge: 394
Wohnort: tief im Westen


Beitrag06.05.2018 19:00
Ariane
von Amarenakirsche
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Ariane

Die Hebamme hantiert um meine Frau herum, als hätte sie das alles schon hunderte Male gesehen. Ich stehe vor dem Fenster, starre in die sternenklare Nacht hinaus. Der Mond scheint, als wäre alles wie immer, doch das ist eine Lüge. Ariane schreit erneut. So durchdringend, dass ich glaube, mein Trommelfell reißt. Alles an mir zittert, ich schlinge die Arme um die Brust. Gott, wie kann ich ihr nur helfen?
„Kommen Sie“, höre ich die ruhige Stimme der Amme. „Nehmen Sie ihre Hand.“
Meine Finger beben, als ich sacht nach Arianes schlanker Hand greife. Sofort schließen sich ihre Finger wie ein Schraubstock um meine. Irr starrt sie durch mich hindurch.
„Ich bin hier“, flüstere ich. Ich wünschte, ich könnte meiner Stimme die zuversichtliche Ruhe der Hebamme verleihen, doch das Zittern ist nicht zu überhören. Eine neue Wehe. Ein weiterer langgezogener Schrei.
„Der Muttermund öffnet sich. Aber sie verliert weiter Blut.“ Nun ist selbst in der Stimme der Amme eine Spur Sorge zu hören.
Ich sehe sie flehend an, kein Wort kommt über meine Lippen. Ariane schreit und schreit.
Die Hebamme rafft die weißen Laken zusammen, die wir zur Hochzeit von meinen Eltern geschenkt bekommen haben, und stopft sie unter den bebenden Leib meiner Frau. Sofort färbt sich das Weiß rot.
Übelkeit steigt in mir auf, schneller als die Flut vor unserem Wohnzimmerfenster.  „Ich kann das nicht!", presse ich hervor. Weiche zurück. Schließe die Augen. Was macht dieses Kind mit meiner Frau?

Stille.

Hinter mir scheint das Bett bedrohlich aufzuragen. Das Bett, in dem wir unsere Hochzeitsnacht gefeiert haben, in dem wir seit Monaten jeden Morgen nebeneinander aufwachen.
Dann ein neuer Schrei, anders dieses Mal. Ein kleines Wesen kämpft sich in die Welt, doch von meiner Frau kommt kein Laut. Ich lausche, will etwas hören und gleichzeitig habe ich Angst davor. Ariane schweigt.
Die Amme tritt hinter mich, legt mir ein warmes Bündel in den Arm. „Es ist ein Mädchen.“
„Meine Frau…“, beginne ich, doch meine Stimme bricht.
Die Hebamme schüttelt stumm den Kopf. Sie senkt den Blick und etwas in mir zerreißt. Ich presse das kleine Bündel so fest an mich, dass das Kind protestierend quiekt. Meine Schultern beben, ich muss hier raus. Ohne einen Blick zurück zu werfen, reiße ich die Zimmertür auf und haste durch den Flur nach draußen.
Das Rauschen der Wellen empfängt mich. Stetig und ungezähmt. Dieses Geräusch ist so gewohnt und doch ist alles anders.
Ich falle auf die Knie, das Kind an meine Brust gepresst. Ich weiß nicht, wie lange ich dort hocke, bis ich den Leichenwagen höre. Um mich herum ist alles dunkel. Nur wenige Lichter sind in der Nacht zu sehen. Franks Hunde bellen, als der Wagen an ihrem Tor vorbeifährt, dann hält er vor unserer Tür. Es vergehen nur wenige Minuten, doch sie fühlen sich an wie eine Unendlichkeit. Der Motor startet erneut und der Wagen entfernt sich.
Merkwürdig ruhig schaue ich auf das Kind in meinem Arm herab. Was mit uns passieren wird, wissen nur die Sterne.

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Eliane
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 824



Beitrag13.05.2018 20:32

von Eliane
Antworten mit Zitat

Oh, mein Thema. Von der anderen Seite betrachtet.

Ein paar Unstimmigkeiten fallen mir auf, Formulierungen, die mir so nicht gefallen, z.B. "Amme" statt Hebamme (was nicht korrekt ist), "die Hochzeitsnacht gefeiert" (finde ich sonderbar ausgedrückt, es drängt sich mir das Bild von fünfzig Personen im Ehebett auf wink ), das Baby "quiekt".

Inhaltliche Fragen habe ich auch: Wenn der Muttermund sich erst öffnet, ist die Geburt noch nicht allzu weit fortgeschritten, das Kind dann aber doch gleich da, wie geht das? Und noch gravierender: Der Leichenwagen ist innerhalb kurzer Zeit da (er bleibt auch komplett stehen, was er laut der Vorgaben nicht dürfte), warum um Himmels Willen rufen die denn keinen Krankenwagen?

Die Stimmung allerdings kommt gut rüber.

Einhaltung der Vorgaben:
Einbau der Szene: nicht komplett
Thema: ja
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d.frank
Geschlecht:weiblichReißwolf
D

Alter: 44
Beiträge: 1123
Wohnort: berlin


D
Beitrag13.05.2018 22:04

von d.frank
Antworten mit Zitat

Hm, ja...
Ungewiss ist diese Zukunft bestimmt. Aber die Geschichte unbedingt gut?
Für mich nicht. Mir ist das zu vorhersehbar, ich kann das zeitlich nicht verorten und ich weiß auch nicht, ob das mit dem Leichenwagen so hinhaut, ich meine, dass der gleich kommt, da fehlt was und andersherum ist es wieder so dick aufgetragen.
Leider auch nicht mein Ding.


_________________
Die Wahrheit ist keine Hure, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst wer ihr alles opfert noch nicht ihrer Gunst gewiß sein darf.
*Arthur Schopenhauer
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Michel
Geschlecht:männlichBücherwurm

Alter: 52
Beiträge: 3376
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Das bronzene Bühnenlicht Das goldene Niemandsland
Der silberne Durchblick Der silberne Spiegel - Prosa
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Beitrag14.05.2018 13:31

von Michel
Antworten mit Zitat

Zitat:
„Ich kann das nicht!", presse ich hervor.
Ist das im Zusammenhang mit der Geburt absichtlich gewählt? Klingt für mich etwas unpassend.

Ein Mann wird Zeuge der Geburt seines Kindes und des Sterbens seiner Frau. Ungewissheit, wie es nun weitergeht. Der Wagen: Leichenwagen.

Für mich war die Szene zwar gut eingefangen, aber wenig realistisch. Der erste Wagen hätte einer mit Blaulicht sein müssen, andernfalls hätte die Hebamme einen schweren Kunstfehler begangen. Alternative wäre ein Hinweis auf eine andere Zeit, in der die Rettung eben nicht nach zehn Minuten da wäre. So bleibt das etwas luftleer im Raum stehen.

Aus den Antworten zu den Fragen zum Wettbewerb hatte ich herausgelesen, dass der Wagen die Fahrt verlangsamen, aber nicht anhalten soll. Das wäre hier nicht eingehalten.
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hobbes
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Moderatorin

Beiträge: 4292

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Beitrag14.05.2018 19:45

von hobbes
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Öhm, das Auto? Und die Vorgaben? Das scheint mir ein Fall für die gelbe Karte zu sein, ist aber egal, der Text scheidet für mich sowieso aus. Weil, das ist kein Thema für 500 Wörter. Also vielleicht schon, aber nicht auf diese Art und Weise. Noch dazu finde ich einiges nicht unbedingt realistisch, aber das macht auch nichts, mein Hauptproblem mit dem Text ist, dass er zu viel in zu wenig Wörter quetschen will. Was leider dazu führt, dass bei mir kaum etwas ankommt.
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Aneurysm
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 462



Beitrag15.05.2018 09:58

von Aneurysm
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Eine Geburt ist ein guter Ausgangspunkt für eine Kurzgeschichte, vor allem wenn die Mutter dabei stirbt. Ebenfalls eine gute Idee, aus der Perspektive des Vaters zu schreiben, denn er hat hier mit Einigem zu kämpfen: Er hat seine Frau verloren, ist glücklich über die Geburt seiner Tochter und gleichzeitig unsicher, weil er sie alleine großziehen muss. Aber in diesem großen Potenzial liegt auch die Gefahr zu scheitern.

Meine Probleme mit dem Text beginnen beim ersten Satz:
Zitat:
Die Hebamme hantiert um meine Frau herum, als hätte sie das alles schon hunderte Male gesehen.

Warum steht das in einem irrealen Vergleichssatz? Wenn sie Hebamme ist, hat sie das wahrscheinlich in der Tat schon hunderte Male gesehen. Auch danach kann mich der Text sprachlich nicht überzeugen. Die Gefühle des Vaters kommen manchmal gut rüber, dann werde ich wieder von einer tausendmal gelesenen Phrase wie »mein Trommelfell reißt« oder »wie ein Schraubstock« rausgerissen. Ansonsten sehe ich keine sprachlichen Fehler, aber auch nichts Besonderes, was den Text aus der Masse hervorhebt.

Und inhaltlich? Der langsame Übergang von der Sorge der Hebamme bis zum Tod der Mutter gefällt mir, aber das Ende finde ich schlecht. Wartet ein Ehemann tatsächlich draußen, während seine Frau mit dem Leichenwagen abgeholt wird? Dass er kurz draußen Luft holt, erscheint mir verständlich, aber doch nicht bis zur Ankunft des Leichenwagens. Wer seine Ehefrau verliert, will sich von ihr verabschieden. Die Geschichte gefiele mir besser, wenn der Leichenwagen überhaupt nicht vorkäme. Ich sehe den Versuch, den Text in eine Form zu pressen, in die er nicht reinpasst.

Die ungewisse Zukunft von Vater und Tochter ist meines Erachtens das zentrale Thema, dahingehend wurden die Vorgaben erfüllt. Beim Ablauf der Szene ist dem Autor ein Fehler unterlaufen: Der Wagen bleibt beim ersten Vorbeifahren nicht stehen, sondern er wird langsamer und fährt vorbei. Später taucht er nochmal auf, auch das ist in diesem Text nicht enthalten.

Fazit: Der Text hat zu große Mängel in allen Bereichen, als dass ich ihn für eine Punktevergabe in Betracht ziehen könnte.
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Constantine
Geschlecht:männlichBücherwurm


Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag15.05.2018 15:36

von Constantine
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Da ich leider nur 10 Beiträge bepunkten kann, war die Auswahl schwierig.
Dein Beitrag erhält von mir leider 0 Punkte.
Sorry.
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femme-fatale233
Geschlecht:weiblichFüßchen

Alter: 31
Beiträge: 1913
Wohnort: München
Das Bronzene Pfand


Beitrag15.05.2018 16:03

von femme-fatale233
Antworten mit Zitat

Ich habe diesem Text keine Punkte gegeben und will kurz erklären, warum:

Mir war er ehrlich gesagt zu dramatisch und zu dicke aufgetragen für die Kürze des Formats. Ich empfand es als relativ erwartbar, dass die Frau stirbt und hatte das Gefühl, dass mir der Text über die direkte Handlung hinaus wenig erzählt.
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Heidi
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1425
Wohnort: Hamburg
Der goldene Durchblick


Beitrag16.05.2018 21:04

von Heidi
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Du hast ja einen ganzen Roman in fünfhundert Wörter gepackt. Das, finde ich, ist zu viel. Ich habe das Gefühl, die Geschichte will sich ausbreiten und darf es nicht. Es könnte sich beinahe um ein emotional-unsachlich umgesetztes Exposé handeln, denn das Innenleben deines Ich-Erzählers kommt gekonnt zum Vorschein, was mir gefällt. Ich kann mich gut in ihn und seine Situation reinfühlen.
Es muss sich um eine historische Geschichte handeln, weil die Hebamme, obwohl es Komplikationen gibt, nicht mit Ariane ins Krankenhaus fährt. Das könnte sich eine Hausgeburtshebamme der Gegenwart nicht erlauben.

Der Schluss wirkt übrigens aufgesetzt. Du erklärst mir, dass ich hier un-gewiss denken muss. Schade. Ich empfehle, den letzten Satz zu streichen.

Dein Text bekommt 2 Punkte von mir.
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Jenni
Geschlecht:weiblichBücherwurm


Beiträge: 3310

Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag16.05.2018 21:06

von Jenni
Antworten mit Zitat

Die dramatische Schilderung einer Geburt, endend im Tod der Mutter. Tragisch, aber wie du es beschreibst, berührt es mich dennoch kaum oder nicht. Weil es für mich nicht glaubwürdig klingt, sondern wie aus schon zigfach gehörten Versatzstücken zusammengebastelt. Das ist zu viel, müsste leiser erzählt werden, um (bei mir) etwas auszulösen.
Die Ungewissheit verbindest du sehr global mit dem Leben an sich, von dem niemand weiß, was es bringt. Eindeutig Ungewissheit. Das Thema "Un-Gewissheit" beinhaltet für mich noch etwas darüber hinaus, ein Spannungsfeld zwischen (der Illusion einer?) Gewissheit und Ungewissheit, von dem ich in deinem Text nichts finde, aber das kann auch nur meine Interpretation sein - die ich deshalb als Maßstab nicht anlege. Die Vorgabe mit dem vorbeifahrenden Auto allerdings sehe ich durch einen vorfahrenden Leichenwagen nicht erfüllt.
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gold
Geschlecht:weiblichPapiertiger


Beiträge: 4936
Wohnort: unter Wasser
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Beitrag17.05.2018 03:11

von gold
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Ich hoffe, dass dieser Text nicht authentisch ist. Es fällt mir jedenfalls schwer, einen Text zu kommentieren, wenn er auf Tatsachen beruht.
Aber da muss ich wohl durch.

Ich finde ihn gut und eindrucksvoll geschrieben. Lediglich der Schlusssatz wirkt
auf mich so, als ob er eine Verlegenheitsloesung darstellt.  

Der Text bekommt auf jeden Fall Punkte.
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VwieMargarita
Geschlecht:weiblichWortedrechsler
V

Alter: 40
Beiträge: 56
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V
Beitrag18.05.2018 20:07

von VwieMargarita
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Ich muss sagen, dass mich die Geschichte von Anfang an gefesselt hat und ich mitfiebern musste. Ich fand sie packend, dramatisch und bewegend.

_________________
"Sobald du dir vertraust, sobald weißt du zu leben".
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V.K.B.
Geschlecht:männlich[Error C7: not in list]

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Das goldene Rampenlicht Das silberne Boot
Goldenes Licht Weltrettung in Silber


Beitrag19.05.2018 03:07

von V.K.B.
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Vorweg: Ich interpretiere Un-Gewissheit als zweideutig, einmal eine Ungewissheit (nicht wissen, was kommt oder los ist) und eine Un-Gewissheit wie Un-Ding (oder wie cummings das "un" in seinen Gedichten benutzt hat), also eine schlimme Gewissheit.

Hallo Inko,

Leider muss ich deine Geschichte aus meiner Wertung disqualifizieren, denn du hast die vorgegebene Szene verändert und damit die Vorgaben nicht umgesetzt. Der Wagen fährt nicht vorbei, er hält. Klar könnte man sagen, er fährt woanders vorbei und kommt zurück (wo die Hunde bellen zum Beispiel), aber dort spielt die Szene nicht, und dort, wo sie spielt, ist sie eben anders. Ist das zu spitzfindig? Ich weiß es nicht. Es ist, wie es ist, ich bin da rigoros.

Kommen wir zum Schreibstil: Hier punktest du bei mir, denn ich finde die Geschichte gut geschrieben, fühle mit dem Mann mit, obwohl mir die zynische Logik etwas wie "selbst schuld, ihr Idioten" einflüstert. Mal ehrlich, wir leben nicht mehr in Höhlen und es gibt Krankenhäuser für sowas. Wo geschultes medizinisches Personal zur Verfügung steht, wenn etwas schief geht, und das kann bei einer Geburt immer passieren. Ich kenne zwei Frauen, die die Geburt ihres Kindes definitiv nicht überlebt hätten, wären sie nicht in einem Krankenhaus gewesen. Meine eigene Frau wäre auch eine Kandidatin dafür, unsere erste Tochter definitiv tot, wenn niemand zum Notkaiserschnitt bereitgestanden hätte. Ich bin gefühlte zehn Jahre gealtert an diesem Tag. Wären wir irgendwelche verantwortungslosen Spinner gewesen, hätten wir definitiv einen Menschen auf dem Gewissen, wenn nicht zwei. Und das erzähle ich jedem, der mit mit sowas wie "ist doch ganz toll und natürlich, Hausgeburt" ankommt. Ja verdammt, und es ist genauso natürlich, dass Menschen dabei draufgehen! Sorry, ich mag da befangen sein, aber über solche Verantwortungslosigkeit kann ich mich grenzenlos aufregen. Genau wie über Impfgegner bei Masern oder Leute, die schwere Erkrankungen (auch bei ihren Kindern) mit Homöopathiehokuspokus behandeln wollen. Wer sich in seiner Verblendung selbst umbringen will, bitte, aber seinen Kindern gegenüber hat man verdammt noch mal eine Verantwortung.

Okay, ich hör ja schon auf, das soll ja kein rant gegen verantwortungslose Eltern werden, sondern eine Textbesprechung. Und damit wollte ich eigentlich nur sagen, dass die Geschichte so gut geschrieben ist, dass ich Mitleid mit dem Mann empfinde, obwohl mir solche verantwortungslosen Eltern zuwider sind.

Nun, wie du siehst, hast du auf jeden Fall ein Thema getroffen, dass mich emotional anspricht. Und sicher auch polarisieren kann, denn es würde sich bestimmt jemand finden, mir energisch zu widersprechen und gegenanzudiskutieren. Mach ich aber nicht, ich habe mein unwiderlegbares Hauptargument genannt, und das ist valide. Jeden Tag, wenn es mich mit seinem bezaubernden Lächeln fragt, ob ich ihm vorm Schlafen noch eine Geschichte erzählen kann. Wer da jetzt noch für Hausgeburt argumentiert, macht sich eines gedanklichen Todschlags schuldig.

So, bitte nicht falsch verstehen, ist nicht gegen den Autor oder die Autorin gerichtet, ganz bestimmt nicht.

Ach ja, Thema Un-Gewissheit. Drin, definitiv, und gut umgesetzt. Hätte ganz klar Punkte gegeben, wenn die Vorgaben erfüllt wären.

Grüße,
Veith


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Hang the cosmic muse!

Oh changelings, thou art so very wrong. T’is not banality that brings us downe. It's fantasy that kills …
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Malaga
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 826



Beitrag19.05.2018 13:57

von Malaga
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Thema und Vorgaben erfüllt, sprachlich in Ordnung.
Inhaltlich: Die ganz großen Gefühle zu beschreiben ist die ganz große Kunst. Mich hat es leider nicht berührt.
Punkte werden am Ende vergeben ...
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Tjana
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 63
Beiträge: 1786
Wohnort: Inne Peerle


Beitrag20.05.2018 00:52

von Tjana
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Schöne, sehr berührende Geschichte.
Leider sehe ich die Vorgaben nicht ganz erfüllt. Der Wagen kommt nicht zurück.


_________________
Wir sehnen uns nicht nach bestimmten Plätzen zurück, sondern nach Gefühlen, die sie ins uns auslösen
In der Mitte von Schwierigkeiten liegen die Möglichkeiten (Albert Einstein)
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traumLos
Eselsohr


Beiträge: 380

Pokapro 2017


Beitrag20.05.2018 02:11

von traumLos
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Hallo, ich weiß nicht wer.

Einer der intensivsten Texte, in diesem an intensiven Texten reichen Wettbewerb. Das Motiv bedrückend stark verwendet. Die Geschichte führt den Leser dahin. Die wenigen Lichter können die Dunkelheit nicht erhellen.

Meine 7


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Meine Beiträge geben nur meine Meinung wieder. Jede Einbeziehung realer oder fiktiver Personen wäre nur ein Angebot. Zwinkersmiley
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rieka
Geschlecht:weiblichSucher und Seiteneinsteiger


Beiträge: 816



Beitrag20.05.2018 13:22

von rieka
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Eine anrührende und dramatische  Geschichte hast du, unbekannter Autor, entworfen, mitnehmend, dicht am Erleben geschrieben, flüssig und leicht lesbar.
Mit der "Un-Gewissheit" allerdings hadere ich etwas.

Die eine, erste, Ungewissheit, die, ob die Mutter überlebt, löst du innerhalb der Geschichte auf. Nach meinem Gefühl vorzeitig. Diese Ungewissheit verpufft.
Die Geschichte  mündet dann aber in der Ungewissheit des Vaters, der sich fragt, wie es mit ihm und dem Kind weitergeht.
Und dieser Teil wird in seinem Ablauf etwas unstimmig.  Das ganze Drama ist just gerade erst geschehen und schon rennt der Protagonist mit dem Kind nach draußen. Nicht etwa allein, nein, er nimmt den noch nicht trockenen Frischling mit und hockt da draußen, leidet unerträglich?  Vielleicht eine ganze Weile? Die Hebamme lässt das zu und auch kein Nachbar reagiert. Und schon kommt der Leichenwagen und holt seine Frau ab?
Hättest du in der Ungewissheit, ob die Mutter überlebt, geendet, hätte ich deinen Text intensiver empfunden.

Möglicherweise wolltest du mit dem Verhalten des Vaters mehr Drama in das Geschehen bringen? Dramatisch ist das ja nun wirklich, wie dem Vater geschieht. Drama gelingt dir also gut. Aber es verwässert das Thema und ist auch nicht recht real. Auch hier wäre vielleicht weniger mehr.
In meinen Augen.
 
Zur Textvorgabe:
Der Wagen fährt nicht vorbei und kommt zurück, sondern hält. Aber dies ist glaube ich nicht ganz so schwerwiegend.
Die Küste ist durch die ihn empfangenden rauschenden Wellen angedeutet, das Geschehen mag sich wohl in einem Küstenstädtchen abspielen, ich kann es vermuten.  Ich würde mir dies deutlicher wünschen.
Ich finde deine Geschichte eine schöne Idee, sie könnte mit etwas mehr Zeit noch etwas stimmiger ausgerichtet werden.
Unter meine ersten Zehn hat dein Text es nicht ganz geschafft.
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Stimmgabel
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Beitrag20.05.2018 18:33

von Stimmgabel
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-

Hallo Inko,

mir fehlt hier im Text ein Hubberle sehr das Zeit-Ambiente, mMn tendenz-tragend für den Ausgang; wird mir der Ezählwert und Spannungsbogen 'so' ein bißchen zu absehbar-lapidar [ ungeachtet der hier geschilderten brutalo_Wirklichkeit  / ist aber ein anderer Schuh ] ... mir ein bißchen schade.  Gruß Stimmgabel ...

-


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firstoffertio
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Beitrag21.05.2018 21:48

von firstoffertio
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Dass ich hier nicht reinkomme, liegt an meinem mangelnden Interesse an der geschilderten Situation. Hat also nichts mit der Güte deines Textes zu tun. Habe mir über sie gar keine Gedanken gemacht.
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lebefroh
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Beiträge: 364
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Der bronzene Durchblick


L
Beitrag22.05.2018 21:01

von lebefroh
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Für so einen kurzen Text passiert mir da einfach viel zu viel. Bei so einer Dramatik bleibt bei so wenigen Worten gar kein Platz dafür, die Gefühle des Protagonisten wirklich nachzuempfinden.

Außerdem ist mir diese Geschichte zu voraussehbar. Auch das Wort „Ungewissheit“ scheint mir nicht zu passen – denn was auf Vater und Kind ohne Mutter zukommt, kann man sich doch eigentlich ganz gut vorstellen. Außerdem ist auch die Aufgabenstellung nicht zu meiner Zufriedenheit gelöst – der Wagen soll ja vorbeifahren und zurückkommen. Hier scheint er aber anzuhalten und dann zurückzufahren. Leider keine Punkte.
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Akiragirl
Geschlecht:weiblichDünnhäuterin

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Beiträge: 3632
Wohnort: Leipzig
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Beitrag24.05.2018 20:19

von Akiragirl
Antworten mit Zitat

Aufgrund von Zeitmangel kann ich leider allen Texten, die keine Punkte von mir bekommen haben, nur ganz knapp in Stichpunkten wiedergeben, warum sie mich nicht überzeugt haben. Ich hoffe, niemand nimmt mir das übel.
- obwohl sauber geschrieben, macht diese Geschichte aus der Prämisse „Frau stirbt bei der Geburt ihres Kindes“ nichts Neues, findet keinen einzigartigen Zugang
- Die Geschichte endet zwar mit Ungewissheit, aber ihr Thema ist nicht Ungewissheit, daher für mich an der Aufgabenstellung vorbei


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"Man bereut nicht, was man getan hat, sondern das, was man nicht getan hat." (Mark Aurel)
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Yorinde
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Beiträge: 165
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Beitrag24.05.2018 22:29

von Yorinde
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Mmh, was soll ich sagen... krasses Thema. Wobei - ich bin kein Mediziner - ich sagen würde, gefährliche Blutungen treten erst nach der Entbindung auf, also wenn das Baby schon da ist. Und eigentlich müsste vor dem Leichenwagen noch der Arzt kommen, da der Tod nur durch einen Mediziner festgestellt werden kann - oder irre ich mich? Egal. Emotional jedenfalls ist dir die Geschichte gut gelungen!

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