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stefandrea Wortedrechsler
Beiträge: 94 Wohnort: Bonn
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14.05.2018 12:56 kuckucksnest von stefandrea
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nie
ging ich aus
mir heraus
hoch zu fliegen
über kuckucksnester
aber jetzt
will ich endlich
in mich gehen
um zu hören
um zu sehen
Weitere Werke von stefandrea:
_________________ LG
s. |
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Heidi Reißwolf
Beiträge: 1425 Wohnort: Hamburg
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16.05.2018 20:21 Re: kuckucksnest von Heidi
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Hallo stefandrea,
dieses Kuckucksnest hat mich zum Nachdenken gebracht.
Klar, auch anderes, der Widerspruch, der im Text steckt, zum Beispiel, aber das Kuckucksnest doch besonders.
Es gibt zweierlei Möglichkeiten, die ich im Text bzw. im Kuckucksnest sehe. Beide hängen natürlich auch mit dem Nie-Herausgehen des LI zusammen.
Es ging nie aus sich heraus, wagte es eben nicht über diesen Kuckucksnestern zu fliegen und real gedacht, sehe ich dann ein Nest, aber hoppla, es gibt doch gar kein Kuckucksnest, der Kuckuck legt doch seine Eier in andere Nester und kümmert sich nur um sich, nicht um seine Kinder und auch nicht um eigene Nester, ist quasi der Freigeist unter den Vögeln oder so - auch gut. Jedenfalls sehe ich dann das Kuckucksnest in diesem Fall als Nichts, etwas Unsichtbares sozusagen. LI flog nie hoch über etwas, das schwer zu greifen ist. Es kann alles mögliche sein, kuckuckhaft in seiner Konsistenz aber bestimmt auch alle möglichen Formen von Träumereien, Fantasie und sonstiges. Kann natürlich auch noch anderes sein, jedenfalls ein Aus-sich-rausgehen, ein Sich-Auflösen in irgendwas, das dem LI bisher verborgen blieb. Wahrheit und Erkenntnis assoziere ich irgendwie auch.
Aber jetzt kommt das, was erst mal wie ein Widerspruch klingt, jetzt will LI in sich gehen um endlich zu hören und zu sehen, also genau das zu erleben, dieses Unsichtbare (auch meine Interpretation erlebe ich gerade als Widerspruch, aber ich denke, du weißt sie zu deuten).
Spannend und auch befreiend dieser Gedanke.
Andere Kuckucksnestinterpretation: Es ist gar kein Kuckucksnest sondern vielleicht das einer Elster, in dem die Eier des Kuckucks liegen. Ein realistisches Bild; ich sehe jetzt nicht Nichts sondern eben dieses Nest, das sich Kuckucksnest nennt aber keins ist, weil ein anderer Vogel es gebaut hat und nur die Eier des Kuckucks hineinschmarotzt wurden. Das Kuckucksnest dient dann in dieser Leseart als Bild für Realität, für sinnlich Wahrnehmbares. Und dieses sinnlich Wahrnehmbare konnte das LI dann nicht betrachten, weil es nicht aus sich herausging, um es zu sehen, und dann wieder die innere Einkehr um (äußeres) Physisches deutlicher wahrnehmen zu lernen. Widerspruch irgendwie, dann aber doch wieder nicht.
Kann mich nicht entscheiden welches Kuckucksnest mir lieber ist.
Klare Bilder, klare Sprache. Nur, dass sich was reimt gefällt mir nicht so. Obwohls auch passt.
Das wars
Heidi
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Berni Exposéadler
Alter: 64 Beiträge: 2518 Wohnort: Südhessen (aus NRW zugelaufen)
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18.05.2018 13:53 Re: kuckucksnest von Berni
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stefandrea hat Folgendes geschrieben: | nie
ging ich aus
mir heraus
hoch zu fliegen
über kuckucksnester
aber jetzt
will ich endlich
in mich gehen
um zu hören
um zu sehen |
Gefällt mir sehr gut. Ich mag solch kurze Texte, die im Leser dann über sich hinauswachsen. das ist ein solcher Text.
Ich kann Heidi einerseits verstehen, denn ich bin kein Freund des Gereimten. Aber hier, finde ich, passt es ausgezeichnet. Vielleicht ist dieser scheinbar verspielte Reim hier sogar notwendig, damit der Text seine ganze Wirkung entfalten kann.
Ciao,
Berni
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stefandrea Wortedrechsler
Beiträge: 94 Wohnort: Bonn
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18.05.2018 21:58
von stefandrea
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Liebe Heidi,
deine erste Idee kommt meiner ziemlich nah. Danke dafür. Der Titel ist übrigens von dem Film "Einer flog übers Kuckucksnest" inspiriert.
Lieber Berni,
ich mag sie auch, die knappen. Aber die sind schwierig. Die Reime sind nicht ausgesucht, sondern haben sich durch den Inhalt ganz natürlich ergeben. Wahrscheinlich wirken sie deshalb relativ unaufdringlich.
_________________ LG
s. |
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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19.05.2018 22:40
von firstoffertio
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Ich wollte fragen, ob ich richtig liege, dass dein Gedicht auf den Film/das Buch anspielt. Du hast das schon beantwortet.
LI ging/geht nicht aus sich heraus, muss nicht drüber fliegen, um zu sehen, zu hören, sondern tut das nun, indem es in sich geht.
Da stellt sich dem Leser die Frage: Hat es das bisher nicht getan? Was hat es denn in sich gemacht?
Antwort kann nur sein: Etwas anderes als sehen, hören.
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stefandrea Wortedrechsler
Beiträge: 94 Wohnort: Bonn
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20.05.2018 20:44
von stefandrea
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Ich denke mal, dass das LI zwar in sich gewohnt hat, sich selbst aber nie gehört und gesehen hat, so wie man auch jemand anders nicht (zu)hören oder (an)sehen muss, mit dem man zusammen lebt. Vielleicht also ein Fall von Selbstentfremdung?
_________________ LG
s. |
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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20.05.2018 22:29
von firstoffertio
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So hatte ich das schon verstanden.
Ich überlege nun, ob dein Gedicht die Kuckucksnester im Titel und im Text eigentlich braucht.
Ohne würde es so aussehen (habe auch noch die beiden letzten Verse kürzer gemacht, als Vorschlag):
nie
ging ich aus
mir heraus
hoch zu fliegen
aber jetzt
will ich endlich
in mich gehen
zu hören
zu sehen
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Panda Gänsefüßchen
Alter: 28 Beiträge: 17 Wohnort: Berlin
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20.05.2018 22:43
von Panda
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Hallo stefandrea,
ich schließe mich Berni gerne an, dessen ersten Satz ich nicht besser hätte sagen können. Auch gegen die zwei Reime habe ich nichts
Und auch inhaltlich gefällt mir der Text.
Ich weiß nicht, wie sehr der Flug über's Kuckkucksnest eine Assoziation mit dem Film herstellen soll. Ich finde aber, dass das Gedicht sehr gut eines der Grundprobleme psychischer Erkrankungen beschreibt (die ja auch Thema des Films sind). In gewisser Weise sind viele Menschen mit psychischen Leiden ja gefangen in ihrem eigenen Selbst/Kopf und schaffen es eben nicht ihr "unnormales" Verhalten zu ändern/aus sich selbst auszubrechen. Und obwohl sie dort festhängen, wissen sie nicht, warum sie eigentlich so empfinden/handeln, wie sie es tun.
Das In-Sich-Gehen und Sich-Selbst-Zuhören und -Zusehen ist dann der erste und wichtigste Schritt, um dem Ganzen auf die Spur zu kommen und aus dem unliebsamen Verhalten zu entfliehen.
Aus dieser Perspektive löst sich der Widerspruch im Gedicht auf.
Man kann das wohl durchaus auch auf Menschen beziehen, die nicht psychisch krank sind. Da fällt es nur nicht so sehr auf.
Es gibt ja in vielen Bereichen des Lebens Situationen, in denen wir uns erst mit uns selbst beschäftigen müssen, um dann unsere Umwelt verstehen zu können bzw. richtig auf sie reagieren zu können.
Im Grunde spiegelt sich der Widerspruch in folgender Frage wider:
Warum gehe ich nie aus mir heraus?
(oder - nicht ganz treffend, aber noch deutlicher - Warum beschäftige ich mich nur mit mir selbst?)
Die Frage klingt harmlos und durchaus nach etwas, das man fragen kann. Der Text zeigt mir aber den verborgenen Widerspruch auf und erklärt ihn sogar zugleich.
Und das in so wenigen Worten. Es freut mich, wie anregend solch ein kurzer Text sein kann.
Danke dafür - habe gerne drüber nachgedacht!
Viele Grüße,
Panda
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stefandrea Wortedrechsler
Beiträge: 94 Wohnort: Bonn
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21.05.2018 15:21
von stefandrea
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Hallo firstoffertio,
hat was, deine noch schlankere Version. Danke!
Hallo Panda,
danke für deine Gedanken zum Text, die für sich genommen ebenfalls höchst anregend sind. Ja, auch für mich geht es hier um psychische - ich will nicht sagen "Störungen" - Besonderheiten. Jemand schwebt gewissermaßen im luftleeren Raum, weil er mit sich selbst und seinem Umfeld nicht in Kontakt steht, was sich gegenseitig bedingt. Und das trotz (oder gerade wegen) der intensiven Beschäftigung mit sich selbst. Das In-sich-gehen ist also eine große Aufgabe, mit richtig viel Maloche verbunden.
_________________ LG
s. |
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