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Literättin Reißwolf
Alter: 58 Beiträge: 1836 Wohnort: im Diesseits
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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11.03.2018 22:53
von firstoffertio
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Ich brauche noch etwas Zeit für das Gedicht.
Nur so viel: Es kommt daher wie eine Nachricht in den Medien, doch ist sie nicht vollständig hörbar, es fehlen Worte, die Vermittlung funktioniert nicht wie sie sollte.
Insofern ein Bild für derzeitige politische Zustände? Auch für Ohnmacht von Sprache? Inhaltlich und formal?
Enthausungen anstelle Behausungen, z.B.
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Nina Dichterin
Beiträge: 5008 Wohnort: Berlin
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12.03.2018 13:06 Re: Türen und Fenster geschlossen von Nina
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Liebe Literättin,
melde mich später hier.
LG
Nina
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Abari Alla breve
Alter: 43 Beiträge: 1838 Wohnort: ich-jetzt-hier
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12.03.2018 14:37
von Abari
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Hey,
ein geheimnisvoller Text, der sich mir verwehrt, nicht offenbaren will. Je öfter ich ihn lese, desto mehr verschließt er sich meiner Interpretation, meinem Zugang. Aber auf eine seltsam angenehme Weise, die ich nicht in Worte zu fassen vermag... Mir ist, als hörte ich Gesprächsfetzen mit, die über den Äther kämen und jemand drehte währenddessen am tuning-Regler des Radios oder zappte im Programm herum. Es scheint verbunden, ist es irgendwie auch, aber ich kann den Sinn nicht eruieren.
Und es scheint mir viel Spiel mit den Worten zu sein. Ein Spiel, das ich gerne mitverfolge, aber das sich nicht bis ins Letzte entschlüsseln lässt.
Auch ohne letzte Erkenntnis gern gelesen.
_________________ Das zeigt Dir lediglich meine persönliche, höchst subjektive Meinung.
Ich mache (mir) bewusst, damit ich bewusst machen kann.
LG
Abari |
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Willi Wamser Gänsefüßchen
Beiträge: 47
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12.03.2018 16:48
von Willi Wamser
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Türen und Fenster ---- (schließen), als Imperativ einer Radiowarnmeldung.
Und in der ersten Zeile sind sie geschlossen.
Aber dann diese unsicheren Konjunktive?
seien, schlügen, bildeten, könne, seien
Indirekte Rede, daher nur Gerüchte und dann diese Fensterschließreaktion?
Brachialer Zeilenumbruch.
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Eredor Dichter und dichter
Moderator Alter: 32 Beiträge: 3415 Wohnort: Heidelberg
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12.03.2018 18:48
von Eredor
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Ich finde es schön, wie du es hier schaffst, einerseits einen "zerfetzten" Bericht hier unterzubringen, andererseits, diese Fetzen syntaktisch in einen neuen Bezug zu setzen. So gut wie jede Zeile verweist auf die vorherige und die folgende, handwerklich sehr gelungen. Generell erzeugt das Gedicht eine "verschlossene" Atmosphäre, sowohl auf den Inhalt als auch auf seine Wirkung bezogen. Fehlende Kommunikation, oder auch zu langsame Kommunikation - gallertige Funkwellen, die "einschlagen" in Behausungen, die schon längst keine mehr sind. Die überkontinentalen Auswirkungen, von denen zuvor die Rede ist, zeigen sich auch im kleinen - es bilden sich "trübe Zellen", im Sinne von undurchschaubar, im Sinne von "dreckig", da trüb für mich auch das bedeuten kann. Auch das Ende reißt mit, weil es Abstand nimmt, die Assoziationen werden immer schwächer, bis hin zum rein abstrakten, hermetisch anmutenden Verbund: "Ursachen nicht bekannt / Türen und Fenster".
Meine Probleme habe ich mit einigen Formulierungen, weil sie den Einstieg in diesen Text sehr schwer machen. Gallertig zum Beispiel, weil die gedanklichen Wege dorthin, die Funkwellen als Gewässer zu sehen, das Gewässer als gallertartig, also als träge, als kaum noch flüssig, und das dann wieder auf die Funkwellen zurückübertragen, die demnach sehr langsam voranschreiten oder kaum Bewegungsmoment zeigen: gibt es da kein leichteres Wort? Mit "blinde" Zellen, sowie "Membrane zu Atemnot" bin ich total auf dem Holzweg. Das ist für mich weder sprachlich "klingend" noch inhaltlich erhellend. Da fliege ich raus. Ansonsten...sehr gerne gelesen.
LG Dennis
_________________ "vielleicht ist der mensch das was man in den/ ersten sekunden in ihm sieht/ die umwege könnte man sich sparen/ auch bei sich selbst"
- Lütfiye Güzel |
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Nina Dichterin
Beiträge: 5008 Wohnort: Berlin
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12.03.2018 18:48
von Nina
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Liebe Literättin,
ich bin nun schon zum dritten Mal hier. Beim ersten Mal konnte ich keinen Eingang zum Gedicht finden. Beim zweiten Mal schritt ich durch erste Spalte, dann durch erste Türen, doch manches noch blieb mir verschlossen. In der Zwischenzeit habe ich gelöscht, was ich bei erster Begehung mit Worten niedergeschrieben hatte, da mich in der Zeit danach weitere Gedanken ereilten, die ich nun zusammen zu fassen gedenke. Ich gehe mal durchs Gedicht:
Literättin hat Folgendes geschrieben: | Türen und Fenster geschlossen
Weit über den Kontinent hinaus
seien die Atmosphären
gestockt dabei
Gallertige Funkwellen schlügen
in sämtliche Enthausungen
es bildeten sich trübe Zellen
und blinde die sich
Membrane zu Atemnot
außerdem könne verblasene Sprachspreu
zu Geschossen es seien
Ursachen nicht bekannt
Türen und Fenster |
Fenster und Türen schließen, wie auch einige andere hier schreiben, erinnert stark an Aufforderungen, die übers Radio oder andere Medien transportiert werden, z.B., lange her, Tschernobyl. Damit nichts Gefährliches eindringen möge. Dieses Bild hast Du als Titel gewählt und auch an den Anfang und das Ende dieses Gedichtes. Es ist sozusagen "ein runder Abschluss" des Gedichtes, damit aller Fenster und Türen?
Weit über den Kontinent hinaus gibt einem erst mal nicht wirklich viel an die Hand. Es ist nicht wirklich ein Bild. Es versucht eine Weite zu vermitteln, eine, die vielleicht nicht zu erfassen, oder aber Länder/Kontinentübergreifend ist. Man spricht von Atmosphäre zwischen verhandelnden Politikern. Das könnten die sein, von denen Du hier sprichst. Gestockt Leerzeichen dabei, kann stehen für "gestockt" haben, wenn jemand etwas Merkwürdiges von sich gibt, und noch mehr das dabei, welches dafür stehen kann, dass dabei gestockt wurde, man stockte, oder auch als Gegengewicht, á la ... man stockte, dabei war alles in Ordnung.
Die gallertigen Funkwellen finde ich auch beim dritten Lesen zuviel und auch beim dritten Mal mischt sich ein "gallertartige" dazwischen, die mir immer noch nicht wirklich weiter helfen. Vielleicht ist das, was transportiert, was beredet wird, fest wie Wackelpudding, so vielleicht.
Schlugen in sämtliche Enthausungen, also keine Behausungen, sondern Enthausungen. Es ist jetzt wieder an dieser Stelle, das ging mir nach dem zweiten Lesen auch schon so, dass ich an dieser Stelle das Interesse am Gedicht verliere. Ich glaube, das liegt daran, dass es mir zu rätselhaft ist, zu versperrt und sperrig und vielleicht soll das genau so sein, es korrespondiert also möglicherweise mit dem Inhalt - andererseits denke ich: Warum verschließen, wenn der Leser/in doch das nachfolgende auch noch lesen soll, sonst wäre es doch nicht geschrieben?
Obwohl ich eigentlich weiter wollte, lege ich nun eine Rast ein. So ist es mir lieber. Das waren mir nun zu viele versperrte Türen. *g*
Insgesamt geht es um versperrte Kommunikationswege, denke ich. Um gegenseitiges Türen öffnen und schließen, wobei der Gebrauch von Worten als Geschosse, einer der Gründe sein könnte.
LG
Nina
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Literättin Reißwolf
Alter: 58 Beiträge: 1836 Wohnort: im Diesseits
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12.03.2018 20:35
von Literättin
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Ihr Lieben, ich melde mich noch zu euren spannenden Kommentaren, heute habe ich nur noch Gallertiges im Kopf nach einem insgesamt erfreulich anstengenden Tag, also wenn ich wieder formulierfähig bin, aber ein Danke in die Runde schaff ich noch: Danke euch! . Morgen mehr.
_________________ when I cannot sing my heart
I can only speak my mind
- John Lennon -
Christ wird nicht derjenige, der meint, dass "es Gott gibt", sondern derjenige, der begonnen hat zu glauben, dass Gott die Liebe ist.
- Tomás Halík -
Im günstigsten Fall führt literarisches Schreiben und lesen zu Erkenntnis.
- Marlene Streeruwitz - (Danke Rübenach für diesen Tipp.) |
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poetnick Klammeraffe
Alter: 62 Beiträge: 835 Wohnort: nach wie vor
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12.03.2018 23:22
von poetnick
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Zitat: | Türen und Fenster geschlossen
Weit über den Kontinent hinaus
seien die Atmosphären
gestockt dabei
Gallertige Funkwellen schlügen
in sämtliche Enthausungen
es bildeten sich trübe Zellen
und blinde die sich
Membrane zu Atemnot
außerdem könne verblasene Sprachspreu
zu Geschossen es seien
Ursachen nicht bekannt
Türen und Fenster
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Hallo Literättin,
habe soeben dieses interessante Werk entdeckt und schreibe - Fenster und Türen geschlossen, also ohne inhaltliche Kenntnisnahme der schon eingetroffenen Kommentare, ein paar Gedanken dazu auf.
Für mich bilden Form, Inhalt und Sprachgebrauch ein weitreichendes ‚Störungsgebiet’ ab, von dem in abgerissenen, unterbrochenen und zerfahrenen Mitteilungen berichtet wird. Erinnert mich etwas an eine Szene SF, etwa in der eine Crew wacker, unter schwierigen Bedingungen, der Bodenstation die Lage auf einer fremden Welt rapportiert.
Enthausung, Entfremdung und Befremdung im wahrsten Wortsinne, fast ungläubig wird hier eine Beschreibung aus ‚zweiter Hand‘ übernommen und weitergereicht. Die verzerrte Schilderung einer Entwicklung in der sich bisher Vertrautes und Gewissheiten in ein bedrohliches Unbekanntes wandeln. In der distanzierten nicht direkt teilhaftigen Beschreibung, liest sich das für mich, als läge ein auf mehreren Ebenen stattfindender dissoziativer Prozess vor.
Es passt, finde ich, in unsere Zeit und ihren Läufen, die all das oben Erwähnte in einer bis vor kurzem noch unvermuteten Dynamik abbildet. Und irgendwie hat mich beim Lesen ein ‚Fremdeln‘ ergriffen. Und auch das passt. So meine Be-Deutungen aus den Sendefetzen zusammengesetzt.
LG - Poetnick
_________________ Wortlos ging er hinein,
schweigend lauschte er der Stille
und kam sprachlos heraus |
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Literättin Reißwolf
Alter: 58 Beiträge: 1836 Wohnort: im Diesseits
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13.03.2018 07:01 Re: Türen und Fenster geschlossen von Literättin
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+++ Türen und Fenster geschlossen
Weit über den Kontinent hinaus
seien die Atmosphären
gestockt dabei
gallertartige Funkwellen schlügen
in sämtliche Enthausungen
es bildeten sich trübe Zellen
und blinde auch hätten sich
stellenweise
Membrane ausgebildet
vor allem
Atemnot
außerdem könne verblasene
Wortspreu
zu Geschossen
Ursachen seien nicht bekannt +++
Türen und Fenster
Guten Morgen ,
erst einmal habe ich aus dem Bauch heraus dank eurer Kommentare ein paar Späne fliegen lassen und ein bisschen was zurecht gerückt. Fertig ist es, glaube ich, auch so noch nicht. Aber ich freue mich darüber, wie viel ihr aus dem Stück schon so herauslesen konntet. Es hatte sich innerhalb von ein paar Tagen so herausgebildet, die Idee dazu, bzw. den Keim einer Idee trage ich allerdings schon lange mit mir herum. Es fing an mit einem inneren Bild, bzw. einer frei schwebenden inneren Frage, wie es wohl in der Luft um einen herum aussähe, würde sich all das, was so "im Äther" herumschwirrt materialisieren, es dichter oder sichtbar werden. Und meinem Staunen darüber, wie in all diesen milliardenfachen W-Lan-Wellen, noch irgend etwas beim richtigen Empfänger landen kann (einmal versuchte sich verrückter Weise mein E-Book-Reader, ohne dass ich W-Lan überhaupt je hatte, ins Netz der in Sichtweite liegenden Berufsschule einzuwählen und ich nur noch so: Hä? ganz wie im nur-Doofes-Faden).
Jedenfalls: dazu der zwitschernde Präsident und die üblen Machthaber, die auf diesem Kontinent wie Pilze aus dem Boden ... jener in Ostasien und dazu all das sonstige Gequatsche. Und die sich ungut verdichtende Atmosphäre von "Ausgehülstheit" im iInern, eine Art seelischer Unbehaustheit des Menschen etc. pp ... So viel, was sich im Laufe der letzten Jahrzehnte atmosphärisch angesammelt hat. Nach meiner Erfahrung. Kaum auszudrücken. Kaum noch in Worte zu fassen. Aber als eine, die die noch wesentlich langsameren, konkreter fassbaren Siebziger- und Achtzigerjahre noch in den Knochen hat, eine atmosphärisch irgendwie immer stickigere Angelegenheit. Und gleichzeitig immer hohler, entkernter, flüchtiger, worthülsiger ...
Das Bild, das mich also plötzlich anflog war das einer gestockten Flüssigkeit, die ich einfach mal der Luft, der Atmosphäre "andichtete" und was ich versuchte war dann, dieses Bild "organisch" fassbarer werden zu lassen. In etwa eine stockende Materie, die nicht in Flocken ausfällt, sondern zu Gallert wird, die sich quasi an das "Greifbare" die Funkwellen bindet, die aber auch Membrane ausbildet oder Zellwände, sich zu Zellen zusammenschließt - ähnlich diesem organischen Ursuppenvorgang nur übertragen in die "angereicherte" und "übersättigte Luft, den Äther, der all dieses Gequatsche der Menschheit transportiert.
Und wie dann die irgendwie immer in der Luft liegende Katastrophe passiert - nur anders als gedacht: da fliegt jetzt erst einmal keine Rakete von Nordkorea lose, sondern die Luft "stockt" (ähnlich wie ein See umkippen kann" - und als eine der Botschaften fliegt so Datenpaketweise die Katastrophenwarnmeldung (als eine Art Natur-Katastrophen-Warnmeldung) durch die Reste von Luft, die noch nicht zu Gallert gestockt ist und die beginnt hier unvollständig mit "Türen und Fenster geschlossen (halten) und in dieser Warnmeldung versucht jemand zu beschreiben, was da überhaupt gerade passiert und wie man sich am besten zu verhalten habe.
Jetzt habe ich es im Ganzen umrissen und komme aber später noch auf eure Kommentare im Einzelnen zurück .
_________________ when I cannot sing my heart
I can only speak my mind
- John Lennon -
Christ wird nicht derjenige, der meint, dass "es Gott gibt", sondern derjenige, der begonnen hat zu glauben, dass Gott die Liebe ist.
- Tomás Halík -
Im günstigsten Fall führt literarisches Schreiben und lesen zu Erkenntnis.
- Marlene Streeruwitz - (Danke Rübenach für diesen Tipp.) |
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Literättin Reißwolf
Alter: 58 Beiträge: 1836 Wohnort: im Diesseits
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14.03.2018 08:56
von Literättin
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@First - das trifft es zusammengefasst ganz gut: Zitat: | Nur so viel: Es kommt daher wie eine Nachricht in den Medien, doch ist sie nicht vollständig hörbar, es fehlen Worte, die Vermittlung funktioniert nicht wie sie sollte. | und in mehreren Ebenen, nur dass ich weniger die fehlenden Worte im Sinn hatte, sondern vor allem die fehlenden "Innereien" all der in den Wind geschriebenen Spreu, aber was ich im Sinn hatte ist ja nur das eine, was das Gedicht schafft rüber zu bringen das andere und was im Leser entsteht ein drittes. Aber wie gesagt: das trifft es schon ganz gut und mich freut das.
@Abari - das hier Zitat: | Mir ist, als hörte ich Gesprächsfetzen mit, die über den Äther kämen und jemand drehte währenddessen am tuning-Regler des Radios oder zappte im Programm herum. | gefällt mir! Das hatte ich im Laufe der Enstehung selbst im Ohr, dieses Funkrauschen und das trotz Gallerte die es hätte verschlucken können. Vielleicht ist die neuere Version für dich nicht mehr ganz so kryptisch?
@Willi W. - Richtig, Warnmeldungs-Imperative - das "halten" hinter "Türen und Fenster geschlossen" habe ich dem Leser geschenkt. Die Konjunktive sollen allerdings weniger unsicher als "reportend" rüberkommen, was mich wundert, dass sie bei dir unsicher ankommen ... aber eigentlich schadet das im Textzusammenhang wiederum auch nicht, wenn ich es mir so überlege ... Den brachialen Umbruch habe ich in der neuen Version etwas abgemildert.
... to be continued ...
_________________ when I cannot sing my heart
I can only speak my mind
- John Lennon -
Christ wird nicht derjenige, der meint, dass "es Gott gibt", sondern derjenige, der begonnen hat zu glauben, dass Gott die Liebe ist.
- Tomás Halík -
Im günstigsten Fall führt literarisches Schreiben und lesen zu Erkenntnis.
- Marlene Streeruwitz - (Danke Rübenach für diesen Tipp.) |
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Willi Wamser Gänsefüßchen
Beiträge: 47
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14.03.2018 21:41
von Willi Wamser
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Jou. Eben. Gerade weil indirekte Rede und daher nicht so verbindlich, dass sich darauf Imperative stützen könnten?
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Literättin Reißwolf
Alter: 58 Beiträge: 1836 Wohnort: im Diesseits
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15.03.2018 08:55
von Literättin
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Eredor hat Folgendes geschrieben: | Ich finde es schön, wie du es hier schaffst, einerseits einen "zerfetzten" Bericht hier unterzubringen, andererseits, diese Fetzen syntaktisch in einen neuen Bezug zu setzen. So gut wie jede Zeile verweist auf die vorherige und die folgende, handwerklich sehr gelungen. Generell erzeugt das Gedicht eine "verschlossene" Atmosphäre, sowohl auf den Inhalt als auch auf seine Wirkung bezogen. Fehlende Kommunikation, oder auch zu langsame Kommunikation - gallertige Funkwellen, die "einschlagen" in Behausungen, die schon längst keine mehr sind. Die überkontinentalen Auswirkungen, von denen zuvor die Rede ist, zeigen sich auch im kleinen - es bilden sich "trübe Zellen", im Sinne von undurchschaubar, im Sinne von "dreckig", da trüb für mich auch das bedeuten kann. Auch das Ende reißt mit, weil es Abstand nimmt, die Assoziationen werden immer schwächer, bis hin zum rein abstrakten, hermetisch anmutenden Verbund: "Ursachen nicht bekannt / Türen und Fenster".
Meine Probleme habe ich mit einigen Formulierungen, weil sie den Einstieg in diesen Text sehr schwer machen. Gallertig zum Beispiel, weil die gedanklichen Wege dorthin, die Funkwellen als Gewässer zu sehen, das Gewässer als gallertartig, also als träge, als kaum noch flüssig, und das dann wieder auf die Funkwellen zurückübertragen, die demnach sehr langsam voranschreiten oder kaum Bewegungsmoment zeigen: gibt es da kein leichteres Wort? Mit "blinde" Zellen, sowie "Membrane zu Atemnot" bin ich total auf dem Holzweg. Das ist für mich weder sprachlich "klingend" noch inhaltlich erhellend. Da fliege ich raus. Ansonsten...sehr gerne gelesen.
LG Dennis |
Danke für dein abwägendes einerseits - andererseits. In meiner eigene Einschätzung mache ich den von dir aufgeführten "Widerspruch" vor allem in dem Bruch zwischen der gallertartigen Masse des ersten Teils hin zu den "verblasenen Spreu-Geschossen". Und leider kann ich den nicht lösen, weil mir hierzu einfach andere Worte fehlen.
Zur Verlangsamung durch die Gallerte, die Stockung in den Atmosphären hatte ich diese Art Schwebezustand innerer Zeitlupe, eine Art Lähmung der Gedanken, das trübe werden im Kopf, das sich in mir selbst einstellt, wenn ich die "absurde Raserei" in unseren Zeiten zu betrachten, zu fassen versuche. Und in diesem Gedicht wollte ich zunächst das festhalten, was ich derzeit dazu in Worte fassen kann, wenn es auch nicht in sich schlüssig ist. Im Grunde. Aber zumindest mit der zweiten Version bin ich selbst heute einigermaßen eins, trotz meinem eigenen inneren "könnte besser sein". So findet ich mich in (d)einem einerseitsganz ähnlich wie Du so wieder wie in (d)einem andererseits .
_________________ when I cannot sing my heart
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- Marlene Streeruwitz - (Danke Rübenach für diesen Tipp.) |
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Literättin Reißwolf
Alter: 58 Beiträge: 1836 Wohnort: im Diesseits
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15.03.2018 09:04
von Literättin
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Nina hat Folgendes geschrieben: | (...)
Fenster und Türen schließen, wie auch einige andere hier schreiben, erinnert stark an Aufforderungen, die übers Radio oder andere Medien transportiert werden, z.B., lange her, Tschernobyl. Damit nichts Gefährliches eindringen möge. Dieses Bild hast Du als Titel gewählt und auch an den Anfang und das Ende dieses Gedichtes. Es ist sozusagen "ein runder Abschluss" des Gedichtes, damit aller Fenster und Türen?
Weit über den Kontinent hinaus gibt einem erst mal nicht wirklich viel an die Hand. Es ist nicht wirklich ein Bild. Es versucht eine Weite zu vermitteln, eine, die vielleicht nicht zu erfassen, oder aber Länder/Kontinentübergreifend ist. Man spricht von Atmosphäre zwischen verhandelnden Politikern. Das könnten die sein, von denen Du hier sprichst. Gestockt Leerzeichen dabei, kann stehen für "gestockt" haben, wenn jemand etwas Merkwürdiges von sich gibt, und noch mehr das dabei, welches dafür stehen kann, dass dabei gestockt wurde, man stockte, oder auch als Gegengewicht, á la ... man stockte, dabei war alles in Ordnung.
Die gallertigen Funkwellen finde ich auch beim dritten Lesen zuviel und auch beim dritten Mal mischt sich ein "gallertartige" dazwischen, die mir immer noch nicht wirklich weiter helfen. Vielleicht ist das, was transportiert, was beredet wird, fest wie Wackelpudding, so vielleicht.
Schlugen in sämtliche Enthausungen, also keine Behausungen, sondern Enthausungen. Es ist jetzt wieder an dieser Stelle, das ging mir nach dem zweiten Lesen auch schon so, dass ich an dieser Stelle das Interesse am Gedicht verliere. Ich glaube, das liegt daran, dass es mir zu rätselhaft ist, zu versperrt und sperrig und vielleicht soll das genau so sein, es korrespondiert also möglicherweise mit dem Inhalt - andererseits denke ich: Warum verschließen, wenn der Leser/in doch das nachfolgende auch noch lesen soll, sonst wäre es doch nicht geschrieben?
Obwohl ich eigentlich weiter wollte, lege ich nun eine Rast ein. So ist es mir lieber. Das waren mir nun zu viele versperrte Türen. *g*
Insgesamt geht es um versperrte Kommunikationswege, denke ich. Um gegenseitiges Türen öffnen und schließen, wobei der Gebrauch von Worten als Geschosse, einer der Gründe sein könnte. |
Schwer hat es dir dieses Gedicht gemacht - dabei finde ich es spannend, wass DU dennoch da herausliest. Also mir gefällt deine Lesart sehr .
Ich kann aber nachvollziehen, dass dich die Enthausungen heraushauen. Es ist ein sprödes Wort. Dazu sind dir die Bilder vorher schon zu ungreifbar. Für mich ist das sehr nachvollziehbar. Und ich habe es als Verfasserin natürlich leichter, weil ich die Bilder zu den Worten ja im Kopf habe.
Noch bin ich nicht so weit, sie greifbarer zu machen. Vielleicht liest sich die zweite Version ja trotzdem schon etwas "mitnehmender"?
An deinem Kommentar jedenfalls kann mich mich freuen Danke dafür.
Und ein Nachtrag @Dennis - hatte ich meinen Dank an dich etwa schon luschig wie selbstverständlich vergessen?! Dann reiche ich diesen hiermit fix nach! (edit: nach dem Absenden nochmal nachgeschaut und festgestellt: jetzt hasten halt doppelt.)
_________________ when I cannot sing my heart
I can only speak my mind
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- Tomás Halík -
Im günstigsten Fall führt literarisches Schreiben und lesen zu Erkenntnis.
- Marlene Streeruwitz - (Danke Rübenach für diesen Tipp.) |
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Literättin Reißwolf
Alter: 58 Beiträge: 1836 Wohnort: im Diesseits
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15.03.2018 09:14
von Literättin
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poetnick hat Folgendes geschrieben: |
Hallo Literättin,
habe soeben dieses interessante Werk entdeckt und schreibe - Fenster und Türen geschlossen, also ohne inhaltliche Kenntnisnahme der schon eingetroffenen Kommentare, ein paar Gedanken dazu auf.
Für mich bilden Form, Inhalt und Sprachgebrauch ein weitreichendes ‚Störungsgebiet’ ab, von dem in abgerissenen, unterbrochenen und zerfahrenen Mitteilungen berichtet wird. Erinnert mich etwas an eine Szene SF, etwa in der eine Crew wacker, unter schwierigen Bedingungen, der Bodenstation die Lage auf einer fremden Welt rapportiert.
Enthausung, Entfremdung und Befremdung im wahrsten Wortsinne, fast ungläubig wird hier eine Beschreibung aus ‚zweiter Hand‘ übernommen und weitergereicht. Die verzerrte Schilderung einer Entwicklung in der sich bisher Vertrautes und Gewissheiten in ein bedrohliches Unbekanntes wandeln. In der distanzierten nicht direkt teilhaftigen Beschreibung, liest sich das für mich, als läge ein auf mehreren Ebenen stattfindender dissoziativer Prozess vor.
Es passt, finde ich, in unsere Zeit und ihren Läufen, die all das oben Erwähnte in einer bis vor kurzem noch unvermuteten Dynamik abbildet. Und irgendwie hat mich beim Lesen ein ‚Fremdeln‘ ergriffen. Und auch das passt. So meine Be-Deutungen aus den Sendefetzen zusammengesetzt.
LG - Poetnick |
Das ist so schön zu lesen , da will ich überhaupt an meinem Text gar nicht mehr rütteln. Dein "Störungsgebiet" gefällt mir, ich bin ganz bei deiner Crew und ich glaube, ich widme ihr jetzt einfach dieses Gedicht.
Jedenfalls: In dir hat es offenbar seinen Leser gefunden und es ist bei dir das Dritte in dem Sinne entstanden, wie Domin es irgendwo in ihren Frankfurter Poetikvorlesungen erwähnt zu einem ihrer eigenen sich verselbständigt habenden Gedichte - womit ich mich und dieses Werklein nicht wirklich mit ihr in einem Satz genannt haben will, aber es fiel mir gerade so ein. Ich danke dir für deine wunderbare Lesart. Freut mich sehr!
_________________ when I cannot sing my heart
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- Tomás Halík -
Im günstigsten Fall führt literarisches Schreiben und lesen zu Erkenntnis.
- Marlene Streeruwitz - (Danke Rübenach für diesen Tipp.) |
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Literättin Reißwolf
Alter: 58 Beiträge: 1836 Wohnort: im Diesseits
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16.03.2018 10:09 Re: Türen und Fenster geschlossen von Literättin
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Noch einige kleine Änderungen:
+++ Türen und Fenster geschlossen
Weit über den Kontinent hinaus
seien die Atmosphären
gestockt dabei
gallertartige Funkwellen schlügen
in sämtliche Enthausungen
überall entstünden trübe Zellen
auch hätten sich
blind spiegelnde
Membranen ausgebildet
vor allem bei
Atemnot
dazwischen könne bei aufkommendem
verblasene Wortspreu
zu Geschossen
Ursachen seien nicht bekannt +++
Türen und Fenster
_________________ when I cannot sing my heart
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Im günstigsten Fall führt literarisches Schreiben und lesen zu Erkenntnis.
- Marlene Streeruwitz - (Danke Rübenach für diesen Tipp.) |
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Lorraine Klammeraffe
Beiträge: 648 Wohnort: France
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16.03.2018 10:25
von Lorraine
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Das hat inzwischen ein ganz anderes Profil.
trash-workshop mit Literättin
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Literättin Reißwolf
Alter: 58 Beiträge: 1836 Wohnort: im Diesseits
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16.03.2018 14:58
von Literättin
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Lorraine hat Folgendes geschrieben: | Das hat inzwischen ein ganz anderes Profil.
trash-workshop mit Literättin |
_________________ when I cannot sing my heart
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Christ wird nicht derjenige, der meint, dass "es Gott gibt", sondern derjenige, der begonnen hat zu glauben, dass Gott die Liebe ist.
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- Marlene Streeruwitz - (Danke Rübenach für diesen Tipp.) |
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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17.03.2018 00:57
von firstoffertio
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Ja, als Reifen würde das nun eher durch den TUEF kommen.
Aber Spaß beiseite: Dadurch, dass in der Mitte das um die Membranen herum nun deutlicher ist, wird das davor und danach für mich zu dem, was diffus durch sie herumwandert.
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Literättin Reißwolf
Alter: 58 Beiträge: 1836 Wohnort: im Diesseits
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17.03.2018 07:29
von Literättin
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- Was würdest Du, was würdet ihr sagen, soll ich den Sturm, den ich die ganze Zeit für mich behalte, weil er bislang irgendwie nicht reinpasste, hinter "aufkommendem" noch mit rein nehmen, oder wäre der zu platt und zu festgesetzt?
dazwischen könne bei aufkommendem
Sturm
verblasene Wortspreu
zu Geschossen
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Christ wird nicht derjenige, der meint, dass "es Gott gibt", sondern derjenige, der begonnen hat zu glauben, dass Gott die Liebe ist.
- Tomás Halík -
Im günstigsten Fall führt literarisches Schreiben und lesen zu Erkenntnis.
- Marlene Streeruwitz - (Danke Rübenach für diesen Tipp.) |
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Abari Alla breve
Alter: 43 Beiträge: 1838 Wohnort: ich-jetzt-hier
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17.03.2018 11:19
von Abari
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Hey,
der Text ist viel klarer geworden. Für den Sturm würde ich plädieren. Er kann ja für alles stehen, den Sturm der Entrüstung, der Meinungen, der Hilflosigkeiten... Ich finde, er erweitert das Bild eher, anstatt es zu verengen. Natürlich findet eine Festlegung statt, aber meine Sprachgewohnheiten zerren sowieso einen Sturm bei "aufkommend" hinterher. Es ist also letztlich Dir überlassen, ob Du ihn versprachlichen willst oder nicht. Auf der anderen Seite sind die Adjektive sonst auch in Deinem Text mit Substantiven verknüpft, also warum nicht auch dort? Gib dem "Sturm" eine Chance.
_________________ Das zeigt Dir lediglich meine persönliche, höchst subjektive Meinung.
Ich mache (mir) bewusst, damit ich bewusst machen kann.
LG
Abari |
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Gast
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17.03.2018 12:07
von Gast
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Hallo Litterätin
Ich will mich da gar nicht groß einmischen - es wurde ja schon viel Gescheites geschrieben - möchte aber doch kurz anmerken (weil ich ja auf die 15 posts kommen muss , dass ich auch für das Einfügen von "Sturm" plädiere, alles muss nicht verblasen sein. Deine Frag, ob das "platt" sei verstehe ich nicht, denn erstens ist ja sowieso klar welches Wort hier fehlt, weshalb sollte es dann "platt" sein, wenn ein Dicher einen komplette Satz schreibt; der/die DichterIn ist ja kein Grafiker? Grundsätzlich gefällt mir deine Idee, die Satzfetzen auch grafisch herumfliegen zu lassen, aber sehr gut.
Herzliche Grüße
dulce
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