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Der Polizei Scammer Bericht


 
 
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Schlomo
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 67
Beiträge: 215
Wohnort: Waldperlach


Beitrag10.07.2017 15:29
Der Polizei Scammer Bericht
von Schlomo
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Mich hat ein Scammer angerufen. Mich! Als ich endlich nicht mehr lachen musste, hab ich bei der Polizei angerufen, aber bei denen stand das Telefon nicht mehr still. Als ich angerufen hatte, waren es bereits 30 Leute, die sich gemeldet haben, eine Stunde später 40 und am folgenden Tag nochmal 20. Logo, dass wir uns erst mal am Telefon einen Ast lachen mussten. Da sie aber jetzt bei jedem den “Fall” aufnehmen müssen, hab ich angeboten, einfach einen kurzen Bericht zu schreiben und hin zu schicken. Was ich dann auch gemacht hab. Damit ihr auch was zum Lachen habt will ich euch den “Polizei Scammer Bericht” nicht vorenthalten...



Der Polizei Scammer Bericht

Als am 4. Juli um 2115 bei mir das Telefon geklingelt hat, ich mich kurz wunderte, wer mich wohl um diese Tageszeit noch anruft und ich abhob, “Hallo?” sagte – mit Namen melde ich mich nie, und das aus gutem Grund... - hatte ich nach den ersten drei Worten des Anrufers ernsthafte Probleme, nicht sofort laut in den Hörer zu lachen. Denn er begann das Gespräch mit:

“Kriminalpolizei.” Eine Sekunde Pause “Josef Meier.” wieder eine halbe Sekunde Pause.
“Spreche ich mit Herrn xxxxxxxx?”

Das alles in (fast) akzentfreiem Deutsch. Wirklich gut, der Typ. Mit der Ausbildung könnte er sich auch einen seriösen Job als Dolmetscher suchen. Aber nein, er musste ja Scammer in einem Callcenter werden.

Während mir das alles durch den Kopf schoss, ich mich auf die Backen biss, um nicht sofort zu lachen, ich natürlich nicht mit “ja” antworten wollte – das mach ich nie, und auch das aus gutem Grund – fragte ich mit möglichst debil klingender Stimme, um Zeit zu gewinnen um mein dringendes Bedürfnis einen schallenden Lachkrampf los zu lassen unter Kontrolle zu halten:

“Weeer ist da?”

Mein Scammer wiederholte darauf ganz brav sein Sprüchlein und ich antwortete:

“Aha!”

Inzwischen hatte mein Scammer offensichtlich vergessen, dass er eigentlich wissen wollte, ob er tatsächlich mit mir verbunden war, meinte stattdessen:

“Es ist eine gefährliche Situation. Legen sie nicht auf, gehen sie nicht aus dem Haus, schließen sie Fenster und Türen und kommen sie dann zurick ans Telefon.” - man beachte das “i” anstelle des “ü“s in “zurück”...

Dabei versuchte er anscheinend, möglichst dramatisch und dringend zu klingen. Nicht wirklich überzeugend, aber gut, mit etwas Wohlwollen kann man es durchgehen lassen.

Hab mir einen Augenblick lang überlegt, ob ich ihn ein paar Minuten zappeln lasse, bis ich “alle Fenster und Türen geschlossen” habe. Aber da ich inzwischen meinen Lachzwang so halbwegs unter Kontrolle hatte, und obwohl mir ein YouTube Video einfiel, in dem einer von den Typen, deren Hobby es ist, Scammer zu trollen, seinem Scammer erklärt hatte, dass er noch “kurz” aufs Klo musste, das Handy mitnahm, minutenlang Wasser aus einer Kanne in die Schüssel laufen ließ, bevor er die Spülung auslöste – was der Scammer natürlich in bester Qualität mithörte – wollte ich jedoch unbedingt wissen, wie seine Story weiter ging. (Ich weiß, ich weiß. Geduld zählt nicht zu meinen Stärken)

Daher meinte ich ganz ruhig:

“Öhm, meine Fenster und Türen sind alle zu.”

Jetzt endlich kam mein spezieller Freund zu dem Teil seiner Geschichte, auf den ich jetzt bereits seit bestimmt einer Minute gewartet hatte, zum spannenden ersten Höhepunkt:
“Wir haben bei einer Razzia am Hauptbahnhof bei einer Einbrecherbande einen Zettel beschlagnahmt ” - ja, er hat wirklich “beschlagnahmt” gesagt - “auf dem ihr Name und ihre Adresse steht.”

“Oh.”

Das klang anscheinend nicht hinreichend entsetzt, also fuhr er fort:

“Wir vermuten, dass diese Bande heute noch bei ihnen einbrechen will”

“Ah.”

Langsam wurde es wieder schwierig, den dringenden Impuls laut loszulachen zu unterdrücken. Da half nur eins: Fester auf die Backen beißen. Aber mein sehr spezieller Freund sprach auch schon weiter:

“Haben sie heute schon etwas ungewöhnliches bemerkt? Waren Handwerker bei ihnen, die sie nicht kannten? Oder ist ihnen sonst etwas aufgefallen?”

“Öhm, nein. Nicht dass ich wüsste.” Und im Hinterkopf: “Nicht lachen. Bloß nicht lachen!”, schließlich wollte ich ihn ja nicht verschrecken, sondern erst mal hören, wie es weiter ging.

“Sie brauchen aber keine Angst zu haben, wir beschitzen sie.” - man beachte wieder das “i” anstelle des “ü“ - “Zwei Polizisten in Zivil sind in ihrer Gegend – oder hat er “in ihrem Gebiet” gesagt? Bin mir nicht mehr sicher. - unterwegs und beobachten alles Verdächtige. Sie greifen im Notfall sofort ein.”

“Ah. Das ist gut.” - durchatmen, nicht lachen! Wobei mir sofort klar war, dass die eben erwähnten “zwei Polizisten in Zivil“ seine Kumpane vor Ort waren, die später die “Wertgegenstände” abholen und “in Sicherheit bringen” sollten. Eigentlich recht geschickt, die beiden gleich am Anfang zu erwähnen. Dadurch konnte er sie später ganz ungezwungen in seine Geschichte einbauen, ohne auf einen Deus ex machina zurückgreifen zu müssen. Guter Plot. Wer auch immer sich die Story ausgedacht hatte, er verstand etwas (oder zumindest ein klein wenig) vom kreativen Schreiben. Langsam empfand ich fast so etwas wie die Minimalversion von Bewunderung für die Dorftrottel. Mit diesem doch recht durchdachten Aufbau kommt mir die Geschichte erheblich in sich logischer und konsistenter vor als zum Beispiel die meisten Perry Rhodan Hefte. Aber ich schweife ab.

Mein (fast) bedauernswerter spezieller Freund vom anderen Ende der Telefonleitung redete inzwischen weiter:

„...erst vor ein paar Tagen hat die Bande bei einer Frau in der Hamanstraße eingebrochen. Die hat sich gewehrt und liegt jetzt schwer verletzt im Krankenhaus.” Er hatte anscheinend Google Maps auf dem Monitor, denn die Art, wie er “Hamanstraße” aussprach, klang für mich nach soeben abgelesen. Das vorausgehende muntere Geplapper über die Gefährlichkeit der Bande erspare ich uns jetzt einmal. Klang eh mehr nach Lückenfüller als nach notwendigem Bestandteil der Geschichte.


Mein “Aha” auf das Schicksal der Überfallenen scheint unseren Alleinunterhalter nicht von meinem Mitgefühl überzeugt zu haben. Wobei ich jedoch eher vermutete, dass ihm Empathie – egal von wem gegenüber wen – reichlich gleichgültig war. Interessanter dürften für ihn Anzeichen von Angst oder Panik meinerseits gewesen sein. Nur, so weit hab ich in dem Moment nicht gedacht – leider -, sondern war zu sehr damit beschäftigt, auf meine Backen zu beißen um nicht loszulachen. Was übrigens gar nicht so einfach ist. Zumindest nicht bei so einer Show.

Daher musste unser – vermutlich langsam verzweifelnder – Märchenonkel noch einen drauf setzen:

“Und vorher in der I-senga [jetzt folgt ein rein gemogeltes “u”] Straße. - “

Obwohl er noch am plappern war, kam prompt – fies wie ich nun mal bin – meine “verblüffte” Frage:

“Wo?”

Also versuchte er sich erneut an der Isengaustraße. Wenn sie nur nicht diesen verfluchten Doppellaut enthalten würde...

Inzwischen konnte ich nachvollziehen, was unser Komedian auf seinem Monitor sah: Waldperlach auf Google Maps, die Vergrößerung so eingestellt, dass die Hegelstraße am rechten unteren Bildrand lag, der Klara-Ziegler-Bogen am linken Rand. Ablesen konnte er nur die waagrecht geschriebenen Straßennamen. Ganz oben die Putzbrunner Straße, aber dort stehen keine einzelnen Häuser. Darunter die Ulrich-von-Hutten-Straße, aber der Name ist viel zu lang und kompliziert, um ihn ohne zu Üben aussprechen zu können. Dann die Hamanstraße – Erste Wahl, da der Wortstamm auch in den arabischen und einigen Sprachen des mittleren Ostens vorkommt. Sogar aus dem Türkischen kennt man das “Hamam”. -, aber die hatten wir ja schon, und darunter die harmlos aussehende, dennoch schwer auszusprechende Isengaustraße. Die Rollenhagenstraße und die Agrippastraße sind zu nahe an der Hegelstraße, also hat er die beiden schlauerweise nicht benutzt. Könnte ja sein, dass ich dort praktisch alle Leute kenne. Hätte er weiter in die Karte hinein gezoomt, wäre der Bildausschnitt zu klein geworden, bei weniger Zoom wären die Straßennamen nicht sichtbar.

Übrigens heißt “senga e” in Paschto und vermutlich einigen weiteren Sprachen in der Region auch: “Yasmin”. Gemeint ist die Pflanze, nicht der Frauenname. Denk ich zumindest, ganz sicher bin ich mir jedoch nicht, dazu kann ich viel zu wenig Paschto. Vermutlich könnte man aus seiner Aussprache der Isengaustraße auf die Herkunft unseres Freundes schließen.

Als ich ein zweites mal ganz naiv und erstaunt “Wooo?” fragte, ließ er die Isengaustraße sein und sprang zur nächsten Eskalationsstufe seiner Geschichte:

“Sie sollten sehr vorsichtig sein. Es handelt sich um eine 350 köpfige, schwer bewaffnete osteuropäische Einbrecherbande, und die ist gerade auf dem Weg zu ihnen!”

Ja, und das gab mir dann den Rest. Ich konnte nicht mehr. Der schallende Lachkrampf ließ sich beim besten Willen nicht mehr bremsen. In dem Moment war es mir auch egal, dass der Spezialist nun wusste – wissen musste! - dass er verloren hatte. Also würde ich ihn nicht in eine Falle locken können. Seine zwei Kollegen würden nicht bei mir auftauchen, und niemand würde sie verhaften können. Mist. Bleibt nur zu hoffen, dass ein anderer über eine bessere Bullshitresistenz verfügt als ich, und er ohne zu Lachen die beiden “Abholer” in die Falle locken kann.

Einen solchen Frontalangriff auf meinen Lachmuskel hatte ich nichts entgegen zu setzen. Da kann ich nur feststellen: Der Typ ist mir über. Sehr ärgerlich. Er hatte zwar verloren, aber dadurch gewonnen. Blöd gelaufen.


Nur: Hatte er wirklich verstanden, dass sein Spiel gelaufen ist? Anscheinend nicht. Vielleicht stand auch sein Controller neben ihm und machte die rotierende “Weiter, weiter” Handbewegung. Jedenfalls plauderte unser spezieller Freund lustig drauf los, als hätte sich das eben Gehörte nie ereignet. Wenn auch mit deutlich hörbar mehr Stimmstress:

“Wir wissen, dass sie mehrere Girokonten, ein Bankschließfach und einen Tresor im Haus besitzen - “

Und wenn ich ihn jetzt hätte weiter reden lassen, hätt ich vermutlich eine Zwerchfelllähmung bekommen. Also hab ich, um dem bösen Spiel ein Ende zu setzen, gesagt:

“Sie sind ein Scammer.”

“Ein was?”

“Ein Scammer.

“Was?”

“Sie haben schon richtig gehört. Ein Scammer.”

Kurze Pause seinerseits.

“Bin ich nicht.”

“Doch. Und die Polizei verfolgt gerade ihre Telefonnummer zurück. Bleiben sie ganz ruhig sitzen und warten sie auf das Eintreffen der Polizei, die sie gleich verhaften wird.”

(Das “Was?” “Nein!” “Doch.” Spielchen ging noch zwei oder drei Sätze lang weiter, brachte aber keine weiteren Informationen. Ob unser Freund wohl Louis de Funès und sein “Nein – Doch – Oh!” kennt? Wohl eher nicht. Mitgespielt hat er dabei jedoch einfach perfekt. Realsatire eben.)

Eine erneute kurze Pause. Vielleicht 2 Sekunden lang. Dann:

“Wie wollen sie denn eine Nummer nach Pakistan zurück verfolgen? Der nächste wird die Geschichte schon glauben.”

Klack. Aufgelegt.

*

Seit ich den Anruf angenommen hatte, waren so etwa 5 bis 10 Minuten vergangen, und bis mein Lachkrampf so weit abgeklungen war, dass ich wieder halbwegs artikuliert sprechen konnte, dauerte es vermutlich eine weitere ¼ Stunde. Danach ging ich nach oben um meiner Mutter und meiner Schwester von diesem “Abenteuer” zu berichten.

Jetzt mussten wir uns erst noch zu dritt vor Lachen ausschütten, wobei sich die beiden am meisten darüber entsetzten, was es doch für unglaublich blöde Menschen gibt. Und danach überredeten sie mich, das Ganze bei der Polizei zu melden. Was ich sofort gemacht hab. Bei der Gelegenheit erfuhr ich, dass sich heute schon 30 Leute wegen dieser Anrufe gemeldet hatten, eine Stunde späten waren es bereits 40, und am nächsten Tag sind nochmal mindestens 20 dazu gekommen. Wenn man dann noch bedenkt, dass sich höchstens jeder zehnte mit der Polizei in Verbindung setzt, schätz ich mal, dass die Wahnsinnigen mindestens 600 Leute hier in der Gegend angerufen haben. Würd mich nicht wundern, wenn sie ein paar von denen auch erfolgreich abgezockt hätten. Üble Sache.

*


Erstaunlich fand ich es, wie gut unser Scammer Deutsch spricht. Wenn ich das mit meinen Schülern aus der selben Region vergleiche, dann kommt er schon fast an einen deutsch Muttersprachler heran, ein Zustand, den meine Schüler – wenn überhaupt – frühestens in 10 Jahren intensiven Trainings erreichen könnten. Trotzdem hat er sich mit zwei Ausspracheproblemen verraten: dem “i” anstelle des “ü“ und der missglückten Isengaustraße. Die Art, wie er die Betonungen innerhalb der einzelnen Sätze ausführt, oder vielmehr weglässt, spricht dafür, dass er Deutsch mit Englischem Hintergrund gelernt hat. Ich hatte während des Gesprächs wegen der fehlenden Betonungen auf Südengland als Herkunftsland getippt, liege aber damit ziemlich sicher falsch.

Jedenfalls ist er ein echtes Sprachgenie. Findet man selten. Und wenn er den vorletzten Satz: “Wie wollen sie denn eine Nummer nach Pakistan zurück verfolgen?” aus einem Impuls heraus, nicht aus Kalkül, um mich auf eine falsche Fährte zu locken, gesagt hat, dann sitzt er wirklich in einem Callcenter in Pakistan, hat Paschto oder eine vergleichbare Sprache als Muttersprache und hat womöglich bereits als Dolmetscher gearbeitet. Womöglich ist er nach dem Abzug seines Arbeitgebers aus Afghanistan nach Pakistan geflohen (In Afghanistan dürfte er in gewissen Kreisen als Kollaborateur gelten) und hat in Pakistan notgedrungen den Job in einem Callcenter angenommen.

Das alles sind nur Vermutungen, die 3 Hinweise kann man nicht als Belege akzeptieren.

Bemerkenswert fand ich auch, dass er während des gesamten Gesprächs, auch als er einsehen musste, dass er aufgeflogen war, höflich geblieben ist, mich sogar bis zum Schluss mit “sie” angeredet hat. Das lässt mich vermuten, dass er zur gebildeten Oberschicht gehört (oder vielmehr gehörte, da er momentan ganz weit unten angelangt ist). Wenn ich die Möglichkeit hätte vorzuschlagen ihn da raus zu holen, würde ich das jetzt machen. Leute mit seiner Sprachbegabung sind wirklich selten...

Alternativ könnte ich annehmen, dass er einfach nur ein guter Schauspieler ist, der seine Rolle als “Kriminalpolizist” so sehr verinnerlicht hat, dass er einfach weiter spielt, komme was da wolle. Halte ich für möglich, aber wirklich davon ausgehen möchte ich nicht. Für eine Schauspielaffinität würde auch seine Art die Geschichte zu eskalieren sprechen. Zuerst die “Gefährlichkeit” der Bande, dann das “Opfer” in der Hamanstraße, dann vermutlich etwas noch übleres in der Isengaustraße, und als ich dann immer noch keine Panik und kein Entsetzen gezeigt hatte, die 350 köpfige schwer bewaffnete osteuropäische Einbrecherbande, die auf dem Weg zu mir ist. Der hat das so locker flockig erzählt, dass ich anschließend gedacht hatte, er habe womöglich etwas mit Bollywood zu tun gehabt. Aber vermutlich hat er nur zu viele von den dort produzierten Schinken angesehen.

Interessant war auch sein letzter Satz bevor er aufgelegt hat: “Der nächste wird die Geschichte schon glauben.”. Das klang irgendwie triumphierend, aber mit einem leichten – bilde ich mir zumindest ein – trotzigen Unterton. Ich hatte den Eindruck, dass er sich mit dem Satz selber Mut machen wollte – Lautes Rufen in finsterer Nacht im dunklen Keller – und die Aussage damit gar nicht an mich, sondern an sich selbst gerichtet war. Ist aber nur eine Vermutung.

Übrigens bin ich mir nicht sicher, ob er sich wirklich mit “Josef Meier” vorgestellt hat, aber es war ein kurzer deutscher Vor- und Zuname der so ähnlich klang. Namen kann ich mir leider nur merken, wenn ich sie sofort aufschreibe. Hm. Wobei es letztlich egal ist, welchen Namen er sich gegeben hat, entscheidend für mich war, dass er anstelle eines Dienstgrades einen Vornamen genannt hat. Die Art der Vorstellung stammt vermutlich aus einem (schlecht recherchierten) Krimi. Das wiederum hat mich spontan an eine Geschichte erinnert, die mein Vater vor 50 Jahren mal erzählt hat: Da gab es einen falschen Polizisten, der hatte eine perfekte Uniform, auch seine Ausrüstung wirkte echt, aber geschnappt wurde er, weil er Turnschuhe an hatte...

Zum Callcenter: Die technische Qualität ist hoch, die Übertragung war vollkommen rauschfrei und ohne Hintergrund- oder Nebengeräuschen. Das könnte einer der Callcenter sein, den US-Amerikanische Firmen gerne für ihren ausgelagerten Service benutzen. Bei denen ist es wichtig, dass die Leute akzentfreies Englisch sprechen, weil deren Kunden erwarten, dass die Servicemitarbeiter in den USA sitzen – was man ihnen auf diese Art vorgaukelt. Womöglich gibt es auch deutsche Firmen, die von den outgesourcten Servicemitarbeitern akzentfreies Deutsch verlangen. In Indien gibt es daher Schulungen, in denen man den Leuten beibringt wie der berühmte “Cop from nowhere” aus Valerie Sloane`s Lied 'denial of the fittest' zu sprechen. Kann mir vorstellen, dass es solche Schulungen in Pakistan auch für Deutsch sprechende Mitarbeiter gibt.

Bleiben nur noch seine beiden “Kollegen”, die ich so gerne anlocken und fangen lassen wollte, was ich aber durch meine Unfähigkeit einen Lachanfall zu unterdrücken vermasselt hab. Pokerface beherrsche ich ja ganz gut, aber Pokervoice? Da muss ich wohl noch ein wenig üben. Seufz.

Da unser Scammer gleich zu Beginn seiner Erzählung von zwei Polizisten in Zivil gesprochen hat, nehme ich stark an, das sich zwei Mitglieder der Bande in dem Gebiet aufhalten, in dem er Leute anruft. Die beiden müssen ja schnell beim Opfer sein, um dessen Wertgegenstände “in Sicherheit” zu bringen.

Dazu brauchen sie ein Auto. Und für das gibt es ein paar Minimalanforderungen: Es darf nicht auffällig sein, sollte wie ein Fahrzeug der Zivilpolizei wirken, also auch kein alter gebrauchter Kleinwagen sein, ebenso kein protziges SUV oder ein Lieferwagen. In Frage kommen wohl nur unauffällige Mittelklassewagen. Vermutlich sitzen die beiden während jeder Kampagne im Wagen und warten auf einen Anruf, damit sie erfahren, wo sie hin müssen, um die ergaunerten Dinge abzuholen.

Um wirklich nicht aufzufallen, speziell um keinen Verdacht bei Passanten und Anwohnern zu erregen, gilt für die beiden Mao`s alte Regel: “Verhalte dich wie ein Fisch im Wasser.” Also werden die beiden kaum auf einem MVV Parkplatz stehen – da sitzen für gewöhnlich keine Leute längere Zeit in einem Auto. In Frage kommen eigentlich nur Orte, an denen sich niemand wundert, wenn jemand längere Zeit in einem Auto sitzt und wartet. Zum Beispiel vor größeren Geschäften, nicht aber vor Banken, Kindergärten, Schulen oder dergleichen. Gut geeignet dürften auch Parkplätze von Schnellrestaurants sein.

Wie dürften sie vermutlich aussehen? Unauffällig, durchschnittlich, in Zivilkleidung, kurze Haare, kein Vollbart, keine Tattoos, keine Piercings. Wahrscheinlich auch keine protzigen Armbanduhren. Stellt sich natürlich die Frage, wie sehr sie sich an den Klischees aus Fernsehkrimis orientieren oder eben auch nicht.

Da hoff ich mal, dass wir das früher oder später erfahren werden. Bin schon echt gespannt...


*


Ich denk, die Geschichte, speziell den Teil mit der 350 köpfigen schwer bewaffneten osteuropäischen Einbrecherbande muss ich klauen. Geht nicht anders. Das ist einfach zu gut! Das muss in irgend eine Geschichte rein, hat ja wirklich Danny Kaye Qualität. Nur denk ich, ich wart noch ein paar Wochen. Zum einen will ich die Ermittlungen nicht behindern, zum anderen möchte ich nicht, dass es mir so geht wie den Erfindern der “Angry Birdies” in meinem Lieblingsvideo von Bin Laden. Das findet man übrigens hier: https://www.youtube.com/watch?v=9hyI65oOOh8, oder, wenn man sich nicht bei dieser kryptischen URL vertippen will, kann man bei YouTube auch “srutonim bin laden” als Suchbegriff eingeben. Ist das oberste Video auf der Liste, die dann auftaucht. Und wer will schon einen intellectual property theft lawsuit? Andererseits: Haben Banditen wirklich das Copyright auf ihre Story? Hab mal gelesen, dass sich die Juristen darüber alles andere als einig sind. Und selbst wenn einer unserer sehr speziellen Freunde eine Urheberrechtsklage einreichen sollte, was kann uns allen denn besseres passieren? So etwas geht nämlich nicht anonym...



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Slaavik
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Beiträge: 509



Beitrag10.07.2017 18:08
Re: Der Polizei Scammer Bericht
von Slaavik
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Schlomo hat Folgendes geschrieben:

“Sie sollten sehr vorsichtig sein. Es handelt sich um eine , und die ist gerade auf dem Weg zu ihnen!”

Ja, und das gab mir dann den Rest. Ich konnte nicht mehr. Der schallende Lachkrampf ließ sich beim besten Willen nicht mehr bremsen.


Ganz ehrlich? Bei der 350 köpfigen, schwer bewaffneten osteuropäischen Einbrecherbande hätte ich mein Zwerchfell aber auch nicht mehr unter Kontrolle behalten. Laughing Ich meine wer kennt sie nicht, diese unauffälligen mit Sturmgewehren bewaffneten Einbrecherhorden, die am helllichtem Tage durch deutsche Städte wandern. Rolling Eyes


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Jenny
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Beitrag27.07.2017 10:43

von Jenny
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Herrliche Geschichte!
Ist das wirklich so geschehen? Laughing

Nur eine kleine, grammatikalische Anmerkung:
Sie, Ihnen, Ihre, Ihren ... schreibt man groß, wenn damit die Höflichkeitsform gemeint ist.

"Ist das Ihre Zeitschrift?", fragte ein Reisender einen anderen im Zug.
"Ist das ihre Zeitschrift?", fragte der Junge seine Schwester, als er die Zeitung von seiner Mutter suchte.

"Ich habe Sie ja schon ewig nicht mehr gesehen!", begrüßte Frau Müller Frau Meier.
"Ich weiß nicht, wo meine Schwester jetzt wohnt", antwortete Lisa. "Ich habe sie schon lange nicht mehr gesehen."

Schöne Grüße,
Jenny Thams
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Schlomo
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Wohnort: Waldperlach


Beitrag27.07.2017 14:53

von Schlomo
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Ja, die Geschichte ist genau so geschehen. Und das ist der Bericht, den ich an die Polizei geschickt hab, weil die wegen der Spinner wirklich ernsthaft überarbeitet waren (2 Leute mussten ALLE Fälle aufnehmen...). Ich vermut mal, dass der Bericht bei denen am Schwarzen Brett hängt, damit alle was zu Lachen haben.

Ich war am nächsten Tag so heißer, dass meine beiden Hintergründe schon dachten, ich bekomm eine Erkältung...


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Jenny
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Alter: 39
Beiträge: 314
Wohnort: Ein Dorf nahe Mariazell, Niederösterreich


Beitrag27.07.2017 20:43

von Jenny
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Das Leben liefert doch immer die besten Vorlagen Wink
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V.K.B.
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Beiträge: 6155
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Das goldene Rampenlicht Das silberne Boot
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Beitrag14.10.2017 02:32

von V.K.B.
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Gerade jetzt erst entdeckt und sehr amüsiert gelesen. Wobei ich die Schlussbemerkungen und Überlegungen etwas zu lang fand, da war für mich die Luft dann raus. Das könnte man etwas straffen und kürzer fassen, dann käme es pägnanter. So zieht sich das Lesevergnügen am Ende etwas. Selbiges gilt für den Absatz mit den ganzen Straßen, das könnte man weglassen oder zumindest straffen. Auch wenn es eine "wahre" Geschichte sein soll.

Grüße,
Veith


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Oh changelings, thou art so very wrong. T’is not banality that brings us downe. It's fantasy that kills …
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