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Diese Werke sind ihren Autoren besonders wichtig Violett / Valerie


 
 
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Elezra S.
Geschlecht:männlichWortedrechsler
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Beiträge: 62



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Beitrag24.07.2017 12:11
Violett / Valerie
von Elezra S.
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Prolog
(A Day In A Life)

Eine weiße Ratte hockte auf einem schmalen Sims vor einem Fenster. Gerade eben war es noch strahlend sonnig gewesen, doch jetzt wurde es schlagartig dunkel und dadurch auch ein wenig kühler. Das Mädchen hatte die Vorhänge seines Zimmers hastig und ziemlich grob zugezogen. Die Luft war abgestanden. Die Ratte blickte mit ihren leblos wirkenden Knopfaugen in das Innere des Raumes, wo das Mädchen langsam durch das Chaos, welches auf dem Fußboden herrschte, zu seinem Bett hinüber trottete.
Die Ratte kratzte kurz und relativ unmotiviert am Glas ihres Terrariums, hörte aber bald damit auf und machte sich daran, an dem dicken Ast hinaufzuklettern, der seinerzeit für diesen Zweck auf Anraten des Verkäufers aus der Tierhandlung gekauft worden war. Sie hielt einen Moment lang inne und nagte kurz am Holz, bevor sie weiter zur Spitze des Astes vordrang. Wäre sie ein Mensch gewesen, hätte es sie überrascht, diesmal kein Gitter vorzufinden, welches sie am Verlassen ihres gläsernen Heimes hinderte, so wie sie es die tausenden Male zuvor erlebt hatte. Aber als ein von Instinkten geleitetes Tier nutzte die Ratte einfach die Gelegenheit, die sich ihr bot, ohne über Gründe oder Konsequenzen nachzudenken.
Nach einem gewagten Sprung in die Tiefe trippelte sie über den mit Schulheften, Zetteln, Zeitschriften, einer Handtasche, Kleidern und CD-Hüllen übersäten Boden und wäre dabei beinahe von einem achtlos von des Mädchens Schlafstatt geschleuderten Buch getroffen worden. Ohne sich darum zu kümmern, setzte sie ihren eingeschlagenen Weg fort. Zielstrebig lief sie einigen Plüschtieren ausweichend weiter, ohne noch einmal zu der mittlerweile auf ihrem Bett liegenden Teenagerin zurückzublicken, in den Schutz des sich neben der angelehnten Tür befindenden Schrankes hinein.

„Und Sie denken, Sie wird es nicht schaffen?“
„Leider Ma'am, es sieht ganz so aus. Eine Zeit lang stand es auf Messers Schneide, da schien es, als hätte Ihre Tochter die Kurve gekratzt. Aber in den letzten Wochen haben ihre schulischen Leistungen wieder stark nachgelassen. Die letzte Arbeit war, gelinde gesagt, eine Katastrophe!“
„Verdammt!“, zischte sie unterdrückt und begann gedanklich an einer Strafpredigt zu arbeiten.
„Wir müssen auf jeden Fall einen Weg finden, sie wieder zu motivieren.“
„Sie haben leicht reden!“, ereiferte sie sich und ihre bis dahin schleppende Stimme wurde angriffslustig und verteidigend zugleich. „Ich habe einfach keinen Einfluss mehr auf sie, sie redet ja kaum noch mit mir! Ein Vegetarier wäre leichter zu einem Porterhouse-Steak zu überreden als meine Tochter dazu, endlich mal ihren Hintern hochzubekommen um zu lernen! Und außerdem, Sie werden doch dafür bezahlt, das Zeug in ihr Hirn zu schaufeln! Ist doch Ihre Aufgabe, wenn Sie der als Profi nicht gewachsen sind …“
Die beiden schwiegen kurz, der Anrufer etwas betreten, die Frau, um wieder zu Atem zu kommen. Der Klassenvorstand räusperte sich schließlich.
„Nun, Ma'am, ich weiß, ihre Tochter wird gerade 14, das ist kein einfaches Alter. Aber wir können auch nicht …“
„Oh Mist, elender, das darf doch nicht wahr sein!!!“
Die Mutter warf spontan den Hörer auf die Gabel und hetzte in die leicht verqualmte Küche. Der Lehrer lauschte einige Sekunden lang verwundert dem Besetztzeichen.

Valerie schloss langsam ihre vom Weinen geröteten Augen, öffnete sie aber wieder einen Spalt, als sie ein leises Rascheln vernahm. Doch sie war zu müde, um sich näher mit der Quelle des Geräusches auseinanderzusetzen. Die bleiernen Lider fielen ihr langsam wieder zu. Von Ferne hörte sie die letzten Takte von „Everybody Hurts“ verklingen und während daraufhin die Klänge des „Yer Blues“ den Raum erfüllten, dämmerte Valerie immer weiter weg, der willkommenen Dunkelheit des Schlafes entgegen. Das Letzte, das sie wahrnahm und das in ihr wie ein Echo widerhallte, war Janis Joplins bittere Forderung: „Take Another Little Piece Of My Heart“. So bekam sie weder den Lärm in der Küche im Stockwerk darunter noch Richard Ashcrofts Feststellung „The Drugs Don’t Work“ mit. Und genauso wenig merkte sie, wie ihr das eingerahmte Bild ihres Vaters aus den Händen glitt.

Eine Tür öffnete sich …

12Wie es weitergeht »


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Canyon
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Alter: 44
Beiträge: 128
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Beitrag24.07.2017 18:31
Re: Violett / Valerie
von Canyon
Antworten mit Zitat

Hey Elezra smile

Ich habe deinen Auszug gelesen und würde gerne in paar Gedanken dazu äußern. Zum Inhalt der Geschichte kann ich noch nicht viel sagen, da es ja nur die Einführung ist und man noch nicht genau weiß, worum es gehen wird. Aber ein paar Dinge sind mir beim Lesen dennoch aufgefallen:

Elezra S. hat Folgendes geschrieben:

Die Ratte kratzte kurz und relativ unmotiviert am Glas ihres Terrariums, hörte aber bald damit auf und machte sich daran, an dem dicken Ast hinaufzuklettern, der seinerzeit für diesen Zweck auf Anraten des Verkäufers aus der Tierhandlung gekauft worden war.

Hier würde ich entweder auf das Kurz verzichten, oder den Nachtrag hörte bald damit auf, denn im Prinzip beschreibt beides das Gleiche: eine kurze Handlung dauert eben nur einen Moment lang an.
Und den grün markierten Zusatz brauchts eigentlich nicht wirklich. Wozu der Ast im Terrarium liegt kann man sich denken.

Elezra S. hat Folgendes geschrieben:

Wäre sie ein Mensch gewesen, hätte es sie überrascht, diesmal kein Gitter vorzufinden, welches sie am Verlassen ihres gläsernen Heimes hinderte, so wie sie es die tausenden Male zuvor erlebt hatte. Aber als ein von Instinkten geleitetes Tier nutzte die Ratte einfach die Gelegenheit, die sich ihr bot, ohne über Gründe oder Konsequenzen nachzudenken.

Hier bin ich zum ersten Mal gestoplert. Ich habe die beiden Sätze mehrmals lesen müssen, kam aber erst beim nachfolgenden Satz überhaupt darauf worum es eigentlich geht, nämlich dass sie aus dem Terrarium hüpft.
Jemand, der selber ein Terrarium besitzt wird wahrscheinlich sofort wissen, was du mit den von mir blau markierten Wörtern beschreiben wolltest. Ich musste aber erstmal genau drüber nachdenken und bin nun zu dem Schluss gekommen, dass vermutlich die Abdeckung des Terrarium gemeint ist? Ist für Laien eventuell nicht sofort durchschaubar ... mich hat das Gitter im Zusammenhang mit einem Glaskasten erstmal irritiert.

Elezra S. hat Folgendes geschrieben:

Nach einem gewagten Sprung in die Tiefe trippelte sie über den mit Schulheften, Zetteln, Zeitschriften, einer Handtasche, Kleidern und CD-Hüllen übersäten Boden und wäre dabei beinahe von einem achtlos von des Mädchens Schlafstatt geschleuderten Buch getroffen worden.

Die richtige Bezeichnung wäre "Schlaftstätte". Der ganze Satz ist mir persönlich ein wenig überladen. So viele Dinge, die auf einmal passieren: der Sprung, das Lostrippeln, dann die ganzen Sachen auf dem Boden und dann auch noch das Buch das das Mädchen vom Bett aus wirft. Uffz ...

Elezra S. hat Folgendes geschrieben:

Ohne sich darum zu kümmern, setzte sie ihren eingeschlagenen Weg fort. Zielstrebig lief sie einigen Plüschtieren ausweichend weiter, ohne noch einmal zu der mittlerweile auf ihrem Bett liegenden Teenagerin zurückzublicken, in den Schutz des sich neben der angelehnten Tür befindenden Schrankes hinein.

Hier würde ich eher "dem Bett" schreiben. So wie es jetzt da steht, klingt es, als wäre es das Bett der Ratte.

Elezra S. hat Folgendes geschrieben:

„Und Sie denken, Sie wird es nicht schaffen?“
...
Die Mutter warf spontan den Hörer auf die Gabel und hetzte in die leicht verqualmte Küche. Der Lehrer lauschte einige Sekunden lang verwundert dem Besetztzeichen.

Der Übergang zu dem Telefonat kam mir ein wenig zu krass rüber. Oder anders gesagt: da ist irgendwie kein Übergang. Eventuell könnte man vorab erwähnen, dass Stimmen durch die geöffnete Zimmertür dringen, oder etwas in der Art.
Ach ja, das Spontan will mir an dieser Stelle nicht so recht passen. Offenbar gibt es ja einen triftigen Grund, ein äußeres Ereignis, das die Mutter dazu bringt plötzlich aufzulegen. Spontan wäre es, wenn sie z.B. einfach keine Lust mehr zu telefonieren hätte.

Elezra S. hat Folgendes geschrieben:

Valerie schloss langsam ihre vom Weinen geröteten Augen, öffnete sie aber wieder einen Spalt, als sie ein leises Rascheln vernahm. Doch sie war zu müde, um sich näher mit der Quelle des Geräusches auseinanderzusetzen. Die bleiernen Lider fielen ihr langsam wieder zu. Von Ferne hörte sie die letzten Takte von „Everybody Hurts“ verklingen und während daraufhin die Klänge des „Yer Blues“ den Raum erfüllten, dämmerte Valerie immer weiter weg, der willkommenen Dunkelheit des Schlafes entgegen. Das Letzte, das sie wahrnahm und das in ihr wie ein Echo widerhallte, war Janis Joplins bittere Forderung: „Take Another Little Piece Of My Heart“. So bekam sie weder den Lärm in der Küche im Stockwerk darunter noch Richard Ashcrofts Feststellung „The Drugs Don’t Work“ mit. Und genauso wenig merkte sie, wie ihr das eingerahmte Bild ihres Vaters aus den Händen glitt.

Eine Tür öffnete sich …

Der letzte Abschnitt gefällt mir am Besten. smile Vor allem das offene Ende.


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Elezra S.
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Beitrag25.07.2017 11:36

von Elezra S.
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Hallo Canyon,

danke für deinen ausführlichen Kommentar! smile extra Klar, der Inhalt ist noch nicht absehbar. Überhaupt kann man zur Geschichte eigentlich im Ganzen erst etwas sagen, wenn man den Epilog gelesen hat. Verstecken Im ersten Kapitel wird, vorerst ganz bedächtig, klar, wohin die Reise gehen wird. Der Zusammenhang mit dem Prolog wird während den ablaufenden Ereignissen hergestellt.

Da ich nicht so geschickt bin, was die Zitierfunktion betrifft, erlaube ich mir als ehemaligen Buchhalter, nummerisch gegliedert auf deine Hinweise zu antworten. Wink

1. Danke für die Anregung, du hast recht, das hier gehört etwas eliminiert, ich neige dazu, das kurz zu streichen. Idea Auch mit dem Zusatz gebe ich dir recht, er ist nicht zwingend notwendig.

2. Aha, ich verstehe. Wahrscheinlich kannst du dir schon denken, dass ich ein Terrarium mit Gitterabdeckung besessen habe. Dadurch war mir nicht klar, dass die Beschreibung zu Irritationen führen kann. Danke für den Hinweis.

3. Bezüglich Schlafstätte gehe ich nicht mit dir einig. angel
http://www.duden.de/rechtschreibung/Schlafstatt
Daher neige ich vorerst dazu, dies zu belassen. Die beiden Sätze statt dem verbindenden und mit einem Punkt zu trennen erscheint mir hingegen sinnvoll. Daumen hoch Ich hoffe, das wirkt der Überladung entgegen.

4. Darauf wäre ich nicht gekommen... Embarassed Da 2 Sätze davor die Schlafstatt des Mädchens erwähnt wird und hier die auf dem Bett liegende Teenagerin hätte ich daran nicht gedacht. Meine Mäuse hatten alles Mögliche im Terrarium, aber kein Bett. lol Ich möchte einfach gerne ausdrücken, dass das Mädchen auf ihrem Bett liegt. Mal sehen, ob das anders geht.

5. Stimmt, da ist kein Übergang, das war von mir so beabsichtigt. Trotzdem gefällt mir deine Idee hier gut. Der Epilog spiegelt die hier geschehenden Ereignisse (allerdings an einem anderen Ort) und dort gibt es eine Interaktion.
Problem: Die Musik soll die Stimmen übertönen, Valerie darf nicht bemerken, dass die Tür nur angelehnt ist. Daher muss ich das nochmal überdenken.

6. Danke. Very Happy

Liebe Grüße und nochmals danke für die Mühe,

Elezra S.
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licet iovi
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Beiträge: 61



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Beitrag25.07.2017 19:41

von licet iovi
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Hallo Elezra,

Dein Prolog hinterlässt bei mir vor allem eines: Ein Fragezeichen.
Warum willst Du, dass ich diese Passage lese, bevor ich an den Rest des Textes gehe? Was soll ich aus diesem Prolog mitnehmen? Was willst Du bei mir mit dieser Passage erreichen? Dass sich mir diese Fragen stellen, vermittelt mir den Eindruck, dass Du Dir nicht allzuviele Gedanken darüber gemacht hast, welche Wirkung Du beim Leser erzielen willst.
Ich bin der Ansicht, dass Passagen in einem Roman eine Funktion erfüllen müssen. Das kann sein, den Plot voran zu bringen, das kann sein, Figuren einzuführen, das kann sein, den Leser in eine bestimmte Stimmung zu versetzen, das kann sein dem Leser bestimmte Informationen zu vermitteln undundundund.

Ich mag das Gefühl, nach dem Lesen eines Abschnittes mehr zu wissen als vorher. Als Leser geht man nicht gänzlich ahnungslos an ein Buch heran. Man hat den Klappentext gelesen, man kennt den Titel, hat das Cover gesehen und weiß, in welches Regal die Buchhandlung es einsortiert hat. Deshalb habe ich den Verdacht, dass man als Leser aus diesem Prolog nichts für die Kernhandlung relevantes erfährt, was man nicht schon wusste, bevor man das Buch überhaupt in die Hand genommen hat.

Ich bin neugierig. Ich will wissen, was Sache ist und wenn man mir das schon nicht verrät, will ich wenigstens eine Grundlage, auf der sich spekulieren lässt. Das liefert dieser Prolog nicht. Ich schaue einer weißen Ratte zu, wie aus ihrem Terrarium ausbüchst. Ich werde Zeuge eines angezapften Telefonates, in dem eine anonyme Lehrperson mit einer anonymen, resigniert-teilnahmslosen Mutter vergeblich über drohendes Versagen einer anonymen Tochter reden will. Und ich erfahre dass eine Person namens Valerie geheult hat und Lieder hört, mit denen ich spontan weder eine Melodie noch einen Text verbinden kann, und dass sie beim Einschlafen ein Bild ihres Vaters in der Hand hatte.
Ich vermute mal, dass das irgendwie zusammenhängt - dass das Terrarium der Ratte in Valeries Fenster steht und sie sich ihren Schrank flüchtet, dass die anonyme Ma'am aus dem Telefonat Valeries Mutter ist, aber wirklich wissen kann ich das nicht. Ich kann auch nicht wissen, wie der Vater ins Bild passt. Ist Valerie deprimiert, weil sie ihn kürzlich verloren hat, oder hat sie seit sie drei war nicht gesehen und sein Bild ist zu einem Flucht- und Ankerpunkt geworden, der ihr erlaubt sich nach dem Motto "Wenn Papa da wäre, wäre alles anders..." in eine bessere Fantasiewelt zu flüchten? Sind die schulischen Probleme Probleme Ursache oder Symptom von Valeries Deprimiertheit?
Schreibratgeber empfehlen, man solle Fragen aufwerfen, weil das die Phantasie des Lesers anregen würde. Aber zumindest bei mir wirken solche Fragen anders. Sie geben mir den Eindruck, man würde mir Informationen bewusst vorenthalten und mich sozusagen "am ausgestreckten Arm verhungern lassen".

Auch wenn es hart klingt muss ich sagen: Wenn ich in einer Buchhandlung in einen Titel hineinlesen und dabei diesen Prolog vorfände, würde ich das Buch ins Regal zurück stellen und nicht kaufen. Klar, zum Teil läge das daran, dass Geschichten deprimierter Teenagerinnen nicht unbedingt in mein Beuteschema fallen, aber selbst wenn mir das Thema liegen würde: Meiner Erfahrung nach sind Bücher von Autoren, die über die Wirkung ihrer Texte auf den Leser nicht nachdenken, eher zähe Schinken, bei denen ich mich der Lektüre oft frage: "Warum habe ich das eigentlich gelesen? Wäre meine Zeit anders nicht besser angelegt gewesen?"

Klar, solche Sachen sind immer auch ein bisschen Geschmackssache. Und meinen Geschmack hast Du ganz ausdrücklich nicht getroffen. Trotzdem finde ich, Du solltest folgendes mitnehmen: Frage Dich, was Du beim Leser erreichen willst und schau, ob der Text diesen Zweck erfüllt.
Wenn Du mir Deine Absichten verrätst, kann ich Dir vielleicht Tipps geben, wie sie sich erreichen lassen. Aber nur anhand der Lektüre des Prologs stehe ich relativ planlos da und bin unfähig, Dir konkretere Vorschläge zu machen.
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Elezra S.
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Beitrag27.07.2017 12:34

von Elezra S.
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Hallo licet iovi,

vorerst auch dir danke für deinen Kommentar. Ich versuche, darauf so gut wie möglich zu antworten. smile

Zitat:
Dein Prolog hinterlässt bei mir vor allem eines: Ein Fragezeichen.
Warum willst Du, dass ich diese Passage lese, bevor ich an den Rest des Textes gehe? Was soll ich aus diesem Prolog mitnehmen? Was willst Du bei mir mit dieser Passage erreichen? Dass sich mir diese Fragen stellen, vermittelt mir den Eindruck, dass Du Dir nicht allzuviele Gedanken darüber gemacht hast, welche Wirkung Du beim Leser erzielen willst.
Ich bin der Ansicht, dass Passagen in einem Roman eine Funktion erfüllen müssen. Das kann sein, den Plot voran zu bringen, das kann sein, Figuren einzuführen, das kann sein, den Leser in eine bestimmte Stimmung zu versetzen, das kann sein dem Leser bestimmte Informationen zu vermitteln undundundund.


Grundsätzlich ist es erwünscht, dass der Prolog Fragezeichen aufwirft. Er ist (zumindest in diesem Stadium des Lesens) nicht dazu gedacht, Antworten zu liefern. Zusammen mit dem Epilog bildet er die Klammer für das eigentliche Geschehen, welches sich dann in einer surrealen Welt abspielt.
Außerdem führt er die 2 Hauptfiguren ein: die Ratte und Valerie. Zudem bildet er eine Momentaufnahme der Situation vor Valeries "Einschlafen". Mehr dazu in den folgenden Absätzen.

Zitat:
Ich mag das Gefühl, nach dem Lesen eines Abschnittes mehr zu wissen als vorher. Als Leser geht man nicht gänzlich ahnungslos an ein Buch heran. Man hat den Klappentext gelesen, man kennt den Titel, hat das Cover gesehen und weiß, in welches Regal die Buchhandlung es einsortiert hat. Deshalb habe ich den Verdacht, dass man als Leser aus diesem Prolog nichts für die Kernhandlung relevantes erfährt, was man nicht schon wusste, bevor man das Buch überhaupt in die Hand genommen hat.


Tatsächlich habe ich überlegt, den Klappentext auch zu posten, ich sehe, es wäre wohl klüger gewesen.

Die fast 14-jährige Violett ist todunglücklich. Als sie allerdings in tiefster Verzweiflung in ihrem Zimmer einschläft, hätte sie es sich nicht träumen lassen, wo sie wieder erwachen würde. Unvermutet findet sie sich in einer ihr völlig fremden Welt voller irrwitziger Charaktere und absurder Umgebungen wieder. Vorerst steht sie den Ereignissen weitestgehend gleichgültig gegenüber und wehrt sich hartnäckig dagegen, etwas zu unternehmen. Doch sie muss dringend ihre Lebensfreude zurückgewinnen. Denn die dunkle Gefahr, die ihr und den anderen Gestalten in diesem eigenartigen Kosmos droht, zwingt sie schließlich, um ihrer aller Leben zu kämpfen.

Was deinen Verdacht betrifft: Prolog ist mit der Kernhandlung verwoben, tatsächlich sind gerade die Flucht der Ratte, die angelehnte Tür und die Mutter zusammengenommen maßgebend für Valerie's (Über-)Leben.

Zitat:
Ich bin neugierig. Ich will wissen, was Sache ist und wenn man mir das schon nicht verrät, will ich wenigstens eine Grundlage, auf der sich spekulieren lässt. Das liefert dieser Prolog nicht. Ich schaue einer weißen Ratte zu, wie aus ihrem Terrarium ausbüchst. Ich werde Zeuge eines angezapften Telefonates, in dem eine anonyme Lehrperson mit einer anonymen, resigniert-teilnahmslosen Mutter vergeblich über drohendes Versagen einer anonymen Tochter reden will. Und ich erfahre dass eine Person namens Valerie geheult hat und Lieder hört, mit denen ich spontan weder eine Melodie noch einen Text verbinden kann, und dass sie beim Einschlafen ein Bild ihres Vaters in der Hand hatte.
Ich vermute mal, dass das irgendwie zusammenhängt - dass das Terrarium der Ratte in Valeries Fenster steht und sie sich ihren Schrank flüchtet, dass die anonyme Ma'am aus dem Telefonat Valeries Mutter ist, aber wirklich wissen kann ich das nicht. Ich kann auch nicht wissen, wie der Vater ins Bild passt. Ist Valerie deprimiert, weil sie ihn kürzlich verloren hat, oder hat sie seit sie drei war nicht gesehen und sein Bild ist zu einem Flucht- und Ankerpunkt geworden, der ihr erlaubt sich nach dem Motto "Wenn Papa da wäre, wäre alles anders..." in eine bessere Fantasiewelt zu flüchten? Sind die schulischen Probleme Probleme Ursache oder Symptom von Valeries Deprimiertheit?
Schreibratgeber empfehlen, man solle Fragen aufwerfen, weil das die Phantasie des Lesers anregen würde. Aber zumindest bei mir wirken solche Fragen anders. Sie geben mir den Eindruck, man würde mir Informationen bewusst vorenthalten und mich sozusagen "am ausgestreckten Arm verhungern lassen".


Deine Vermutungen sind goldrichtig. Und die Fragen, die du stellst sind ua. genau die Fragen, die sich der Leser stellen soll.
Grundsätzlich bin ich jemand, der dem Leser nicht alle Antworten auf dem Silbertablett servieren will. Ich möchte bewusst Platz für die Phantasie des Lesers lassen. Manche Antworten wird man erst beim zweiten Durchlesen erkennen, auch das war die ursprüngliche Intention, ein Buch zu schaffen, dass beim zweiten oder dritten mal auch noch etwas Neues oder Spannendes bietet. Dh. ich enthalte die Informationen nicht vor, aber ich verstecke sie teilweise. Wenn es bei dir die beschriebene Wirkung hat, gehörst du leider nicht zu meiner "Zielgruppe". wink

Zitat:

Auch wenn es hart klingt muss ich sagen: Wenn ich in einer Buchhandlung in einen Titel hineinlesen und dabei diesen Prolog vorfände, würde ich das Buch ins Regal zurück stellen und nicht kaufen. Klar, zum Teil läge das daran, dass Geschichten deprimierter Teenagerinnen nicht unbedingt in mein Beuteschema fallen, aber selbst wenn mir das Thema liegen würde: Meiner Erfahrung nach sind Bücher von Autoren, die über die Wirkung ihrer Texte auf den Leser nicht nachdenken, eher zähe Schinken, bei denen ich mich der Lektüre oft frage: "Warum habe ich das eigentlich gelesen? Wäre meine Zeit anders nicht besser angelegt gewesen?"


Keine bange, es klingt nicht hart. Immerhin bin ich vollkommener Anfänger. Dh. es wäre ein Wunder, wenn hier eine begeisterte Leserschar ankäme, die es kaum erwarten kann, das Buch zu kaufen. Sich kaputt lachen Das erwarte ich nicht, im Gegenteil, ich bin auf noch harschere Kritik eingestellt (die sicher bei der Fortsetzung noch kommen wird). Es war das vorläufig beste, was ich fabrizieren konnte, Kritik wird hoffentlich dazu führen, dass diese Grenze verschoben wird.
Wie am Klappentext gesehen, das Buch nimmt im Verlauf eine völlig andere Richtung. Es wird kein Taschentuch-Roman über einen traurigen Teenager werden. Es ist nur die Basis, die Valerie überhaupt zu einer Handlung verführt, die sie wiederum auf die fantastische Reise schickt.
Was die Wirkung betrifft: Diese Schlussfolgerung muss ich dir überlassen, es ist natürlich schade, dass du den Eindruck hast, der Text wäre ohne Rücksicht auf den Leser hingeschludert. In dem Fall ist es aber gut, wenn du den Titel wieder ins Regal zurückstellst, dann hat der Prolog doch einen Zweck erfüllt: Dich vor einer Fehlinvestition zu bewahren. Und sollten alle so reagieren, zeigt es mir, dass ich völlig anders agieren muss.

Zitat:
Klar, solche Sachen sind immer auch ein bisschen Geschmackssache. Und meinen Geschmack hast Du ganz ausdrücklich nicht getroffen. Trotzdem finde ich, Du solltest folgendes mitnehmen: Frage Dich, was Du beim Leser erreichen willst und schau, ob der Text diesen Zweck erfüllt.
Wenn Du mir Deine Absichten verrätst, kann ich Dir vielleicht Tipps geben, wie sie sich erreichen lassen. Aber nur anhand der Lektüre des Prologs stehe ich relativ planlos da und bin unfähig, Dir konkretere Vorschläge zu machen.


Da ich noch keinen Text und kein Buch kennengelernt habe, dass den Geschmack aller Leser trifft, wird es mir, einem (wie erwähnt) Laien ganz sicher nicht gelingen. Pfiffig Blinzeln Ich muss hinzufügen: Die ursprüngliche Absicht war, einer zu der Zeit deprimierten Freundin eine Ablenkung zu bieten. Ich habe die Geschichte ursprünglich als Fortsetzungs-Story erzählt, jeden Tag ein kleines Stück. Daher war die Geschichte ganz auf ihre Interessen zugeschnitten. Bei ihr hat der Text seinen Zweck erfüllt. Danach habe ich die gesammelten Teile genommen und die Lücken gefüllt.
Die weitere Absicht habe ich glaube ich oben bereits dargestellt: Ein Buch, das seine Geheimnisse, Details und Pointen erst bei mehrmaligem Lesen enthüllt und so interessant bleibt.
Dass der Prolog alleine zu einer Bewertung nicht ausreicht, ist mir klar, aber ich dachte, es hat keinen Sinn, gleich mit 5.000 Wörtern zu starten. Ich wollte durchaus sehen, ob er grundsätzlich mal Interesse weckt und auch handwerklich solide ist (Satzlänge, Füllwörter, Stil).

Eine Fortsetzung folgt... Buch
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licet iovi
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L
Beitrag27.07.2017 18:28

von licet iovi
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Nochmals hallo,

lass mich mit der Chronologie brechen und mit einer Sache anfangen, die mir am Herzen liegt:

Zitat:
Diese Schlussfolgerung muss ich dir überlassen, es ist natürlich schade, dass du den Eindruck hast, der Text wäre ohne Rücksicht auf den Leser hingeschludert.

Da habe ich mich wohl missverständlich ausgedrückt. "Geschludert" ist nicht mein Eindruck. Ich hatte das mehr auf die grundsätzliche Haltung und das Verständnis davon wie Literatur funktioniert bezogen. Ich habe den Eindruck, dass Du den Text als das Endprodukt Deiner Arbeit siehst, dass Du hast eine Vision im Kopf hast und willst sie zu Papier bringen willst.
Ich vertrete die Ansicht, dass der Text nur Mittel zum Zweck ist, und zwar beim Leser bestimmte Reaktionen auszulösen. Der Text ist in gewisser Weise, das, was die Metallplatten sind, die beim künstlerischen Stechen bearbeitet. Die Platten sind nicht das Werk, dass der Stecher produziert, sondern die mit den Platten hergestellten Drucke. So ist meiner Ansicht nach nicht der Text das Produkt eines Literaten, sondern die Erfahrung, die der Leser bei der Lektüre macht; die Gefühle, die bei ihm ausgelöst werden, die Gedanken, die bei ihm angestoßen werdenn, die Erkenntnisse, die er gewinnt.

Zitat:
Grundsätzlich ist es erwünscht, dass der Prolog Fragezeichen aufwirft. Er ist (zumindest in diesem Stadium des Lesens) nicht dazu gedacht, Antworten zu liefern.

Die Crux ist: Fragezeichen ist nicht gleich Fragezeichen. Fragezeichen können für entfachte Neugier stehen und die gut, weil sie zum weiterlesen animiert. Fragezeichen können aber auch für Verwirrung stehen und die kann problematisch sein, weil sie zu Frustration bis hin Abbruch der Lektüre führen kann. Und zu viele Fragezeichen sind auch nicht gut, weil sie um die Aufmerksamkeit des Lesers konkurrieren und einander die Show stehlen.
Ich denke, der Prolog würde besser funktionieren, wenn Du den Verwirrfaktor reduzieren würdest. Mach aus der unbestätigten Vermutung, dass das Ausbüchsen der Ratte, das Telefonat und Valerie zusammenhängen eine dem Text klar entnehmbare Tatsache. Lass während des Telefonates Valeries Namen fallen und ersetze das Rascheln durch etwas eindeutigeres - Die Ratte könnte auf dem Weg zum Schrank die Handtasche inspieren und dabei umwerfen und Valerie statt des Raschelns das Umfallen der Tasche hören. Auf diese Weise vermeidest Du, dass der Leser verwirrt fragt: "Hängt das irgendwie zusammen oder nicht?" und setzt ihm stattdessen folgendes in den Kopf "Trauriges Mädchen, schlechte Noten klar. Aber wie zum Geier passt die Ratte ins Bild?" Das ist etwas über das sich spekulieren lässt und dem der Leser die eigene Phantasie ein wenig spielen lassen kann.
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Elezra S.
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Beitrag29.07.2017 17:11

von Elezra S.
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Hallo licet iovi!

Zitat:
Ich hatte das mehr auf die grundsätzliche Haltung und das Verständnis davon wie Literatur funktioniert bezogen. Ich habe den Eindruck, dass Du den Text als das Endprodukt Deiner Arbeit siehst, dass Du hast eine Vision im Kopf hast und willst sie zu Papier bringen willst.
Ich vertrete die Ansicht, dass der Text nur Mittel zum Zweck ist, und zwar beim Leser bestimmte Reaktionen auszulösen. Der Text ist in gewisser Weise, das, was die Metallplatten sind, die beim künstlerischen Stechen bearbeitet. Die Platten sind nicht das Werk, dass der Stecher produziert, sondern die mit den Platten hergestellten Drucke. So ist meiner Ansicht nach nicht der Text das Produkt eines Literaten, sondern die Erfahrung, die der Leser bei der Lektüre macht; die Gefühle, die bei ihm ausgelöst werden, die Gedanken, die bei ihm angestoßen werden, die Erkenntnisse, die er gewinnt.


OK, jetzt verstehe ich wesentlich besser was du meinst. smile So gesehen hast du sowohl mit deiner Schlussfolgerung als auch mit deiner Meinung durchaus Recht. Wobei meiner persönlichen Auffassung nach beschreibst du zwei Seiten derselben Medaille. Ich denke, jeder Autor hat eine gewisse Vision und jeder Text löst eine bestimmte Reaktion aus. Idealerweise entspricht die Reaktion der Vision. Wenn dem nicht so ist, muss das aber noch nicht notwendigerweise ein Fehlschlag sein. Das wäre wahrscheinlich eine eigene Diskussion wert (die man jedoch in einem anderen Teil des Forums weiterführen müsste).

Zitat:
Die Crux ist: Fragezeichen ist nicht gleich Fragezeichen. Fragezeichen können für entfachte Neugier stehen und die gut, weil sie zum weiterlesen animiert. Fragezeichen können aber auch für Verwirrung stehen und die kann problematisch sein, weil sie zu Frustration bis hin Abbruch der Lektüre führen kann. Und zu viele Fragezeichen sind auch nicht gut, weil sie um die Aufmerksamkeit des Lesers konkurrieren und einander die Show stehlen.
Ich denke, der Prolog würde besser funktionieren, wenn Du den Verwirrfaktor reduzieren würdest. Mach aus der unbestätigten Vermutung, dass das Ausbüchsen der Ratte, das Telefonat und Valerie zusammenhängen eine dem Text klar entnehmbare Tatsache. Lass während des Telefonates Valeries Namen fallen und ersetze das Rascheln durch etwas eindeutigeres - Die Ratte könnte auf dem Weg zum Schrank die Handtasche inspieren und dabei umwerfen und Valerie statt des Raschelns das Umfallen der Tasche hören. Auf diese Weise vermeidest Du, dass der Leser verwirrt fragt: "Hängt das irgendwie zusammen oder nicht?" und setzt ihm stattdessen folgendes in den Kopf "Trauriges Mädchen, schlechte Noten klar. Aber wie zum Geier passt die Ratte ins Bild?" Das ist etwas über das sich spekulieren lässt und dem der Leser die eigene Phantasie ein wenig spielen lassen kann.


Das Bild (dh. die Hintergrundgeschichte) soll wie ein Puzzle entstehen, dessen Teile über den Text bzw. die vordergründige Story verteilt sind. Kann sein, dass ich da über das Ziel hinausgeschossen habe und zu viele Fragezeichen entstanden sind. Danke auf jeden Fall für den Hinweis und die konkreten Vorschläge ich werde das im Auge behalten.

LG Elezra S.
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Canyon
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Beitrag29.07.2017 18:29

von Canyon
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Ich will hier gerade nochmal einhaken, da ich ja auch schon meinen Eindruck zu dem Text geschrieben habe.
Auf mich hat er keineswegs verwirrend gewirkt, auch keine Fragen offen gelassen, die mich so sehr beschäftig hätten, dass ich nicht weiter gelesen hätte. Dass die Frau am Telefon die Mutter des Mädchens auf dem Bett ist, war mir einfach klar, da ja vorher noch keine andere Person erwähnt wurde, die in Frage kommen könnte. Auch dass das Geräusch, von dem das Mädchen wach wird, die Ratte verursacht ist klar, da sonst niemand im Zimmer war (ich hab auch Haustiere, wenn irgendwo was Geräusche macht, sind es zwangsläufig die, das weiß man einfach).
Ich finde auch nicht, dass sich die Anwesenheit der Ratte sofort irgendwie "erklären muss". Für mich ist die erstmal nur ein Haustier, bzw. eben ein wichtiger Aspekt im Leben des Mädchens. Ich fände es ein bisschen viel verlangt, wenn dem Leser in einem so kurzen Text bereits alles auf Brot geschmiert würde, was der Kühlschrank hergibt. Da hätte man ja nach drei Seiten keinen Hunger mehr ...
Man muss beim Lesen eines Buches auch mal ein bisschen Geduld haben, und auch in der Lage sein ein bisschen selbst zu schlussfolgern, anstatt sich alles erklären zu lassen.


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Beitrag31.07.2017 12:10

von Elezra S.
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Ok, danke, das beruhigt mich etwas. smile extra Ungefähr so sehe ich das auch.

Nun, dann machen wir uns mal an den Beginn des Hauptteils.

Chapter 1
Tür I
(Die Wüste)

Als Violett aufwacht, ist sie zunächst völlig verwirrt. Einige Augenblicke lang kann sie sich partout an nichts erinnern, was direkt vor dem Einschlafen geschehen ist. Sie schüttelt irritiert den Kopf wie um die Spinnweben loszuwerden, die, wie es ihr scheint, ihr Gedächtnis blockieren. Ganz entfernt kann sie sich nach und nach entsinnen, sich niedergelegt zu haben, aber das ist doch zu Hause gewesen, in ihrem Zimmer. Verwundert rappelt sie sich auf und blickt sie um sich.
‚Wo bin ich?‘ Nach einer kurzen Rundschau muss sie sich eingestehen, dass sie keinen blassen Schimmer hat, an welchem Ort sie sich befindet. Ihr Zimmer ist es jedenfalls nicht. Im Gegenteil, um sie herum ist alles weiß. Nicht dieses reine Weiß, welches in der Waschmittelwerbung so marktschreierisch angepriesen und maßlos übertrieben wird. Nein, es handelt sich, so zumindest befindet es die Jugendliche, um eine Art äußerst helles Sandbeige, ähnlich dem, wie es an manchen Meeresstränden zu finden ist. Schon fast rein weiß, aber eben nicht ganz. Allerdings, und dies macht es für die Augen so anstrengend in diese unendliche Weite zu schauen, sind keine Konturen erkennbar; keine Berge, keine Erhebungen, keine Täler, keine Häuser, keine Pflanzen, keine Tiere, keine Straßen, keine Stromleitungen, keine Menschen – nichts. Und es liegen eben auch keine Gegenstände auf dem Boden. Es ist eine völlig saubere, ja beinahe klinisch reine, sterile Umgebung, eine geradezu unheimliche Einöde, die in einem krassen Gegensatz zu dem Chaos in ihrer Stube steht.
Obwohl es hell ist, kann Violett keine Lichtquelle ausmachen. Nicht einmal ihren eigenen Schatten kann sie entdecken, als ob sie keinen besäße. Es ist, als befinde sie sich mitten im Nichts, so es dies überhaupt gibt. Ihr schwant leise, dieses Thema einmal in der Schule während des Unterrichts diskutiert zu haben – in Physik? Philosophie? Religion? Mathematik? Aber eine endgültige Antwort kann sie in ihrer Erinnerung nicht finden. Nur das Wort Nirwana taucht schemenhaft in den Tiefen ihrer Gehirnwindungen auf.
Dieses Wort bringt sie auf die Idee, ob sie vielleicht gestorben sei, ohne es mitbekommen zu haben. Diese angenehme und zugleich schmerzhafte Leere um sie herum lässt ihr dies zunächst durchaus plausibel erscheinen. Aber irgendwie bezweifelt sie diese Schlussfolgerung dann doch, denn das Paradies wäre ihrer Vorstellung nach doch eher bunt oder wenigstens grün wie eine blühende Wiese oder ein schattiger Wald. Der Tod an sich müsste hingegen eigentlich schwarz oder zumindest grau sein. Und doch, gibt es nicht Kulturen, in denen der Tod weiß ist (oder denen Weiße den Tod gebracht haben)?
Mit einem Achselzucken verscheucht sie diese unnützen Betrachtungen. Teilnahmslos beschließt sie, einfach einmal abzuwarten. Manches löst sich ganz von alleine. Beim lässigen Betrachten dessen, was nicht da ist, kommt ihr die Zeile eines Liedes von Neil Diamond in den Sinn, die in etwa lautet: „I feel an emptiness deep inside …“ ,Hier fühlt man die Leere wohl eher äußerlich‘, denkt das Mädchen ironisch. Es ist öde. Öder als eine Raufasertapete anzustarren. Öde, öde, öde, öde, öde, öde, öde, öde, öde, öde, öde, öde, öde. Bis in die Unendlichkeit – und noch viel, viel weiter …
‚Hat Ähnlichkeit mit meinem Leben … irgendwie …‘, kommt der Jugendlichen unwillkürlich in den Sinn. Aber es gefällt ihr auf eine schwer definierbare Art und Weise. Die Ruhe tut ihr gut. Sie muss nichts tun, auf nichts reagieren, nichts entscheiden. Wie dereinst John Lennon: Nur hier sitzen und schauen, wie sich die Räder drehen.
Das allerdings ist genau der Haken. Einziger Wermutstropfen an der ihr ansonsten angenehmen Monotonie ist dieses Fehlen jeglicher Bezugspunkte, was für ihren Sehsinn immer beschwerlicher wird, bis es fast buchstäblich wehtut. Als ihre Augen, ausgebrannt von der Unmöglichkeit, ihrer Aufgabe nachzukommen, schlussendlich zu tränen beginnen, schließt Violett schicksalsergeben die Lider. Fast döst sie wieder ein, da vernimmt sie plötzlich in die absolute Stille hinein ein Trippeln. Enttäuscht hebt sie den Kopf. Zuerst kann sie nirgendwo etwas erkennen, als sie jedoch genauer in die Richtung des Geräusches blickt, sieht sie plötzlich ihr Haustier auf sich zulaufen. ‚Von woher eigentlich?‘, fragt sie sich träge.
Erneut ist die Lethargie, die sie erfüllt, stärker als die Neugier und sie tut die Frage mit einem weiteren Achselzucken ab. Immerhin, es gäbe schlimmere Besucher. Sogar die Frage, wie sie eine weiße Ratte auf dem weißen Hintergrund so gut erkannt hat, lässt sie nach anfänglichem Interesse bald wieder kalt. Zu ihrer eigenen Verwunderung denkt sie stattdessen darüber nach, welche Temperatur es hier wohl hat, kann aber zu keinem schlüssigen Ergebnis kommen. Es endet wie es enden muss: Ihre Schultern heben sich kurz, nur, um dann gleich wieder den Rückweg in die Ausgangsstellung anzutreten. Eine durchaus passende Antwort für alle Lebensfragen, wie Violett mittlerweile findet.
Endlich, ohne dass Violett allzu sehr darauf gewartet hätte, ist das Tier bei ihr. Allerdings fällt ihr jetzt auf, dass es lustigerweise einen Zylinder, einen Mini-Frack und ein Monokel trägt. Zudem besitzt es einen gezwirbelten Schnurrbart, der Hercule Poirot vor Neid erblassen hätte lassen, wenn es ihn denn gegeben hätte. Indes sind alle Accessoires, die es trägt, in weiß gehalten. Die Ausnahme bildet der Schnurrbart, der schwarz ist, jedoch weiß aussieht. Das Mädchen ist bei der Betrachtung der Aufmachung seines Haustieres einigermaßen irritiert. Ob die Weißheit auf Klugheit hindeutet? Sein Blick fällt auf die Hinterläufe der Ratte.
‚Gott sei Dank trägt sie keine Slipper‘, denkt Violett unwillkürlich und ganz kurz zucken ihre Mundwinkel. Doch der Anflug eines Lächelns schwirrt genauso schnell wieder ab wie er gekommen ist. Dann bemerkt sie, dass das Tier sehr aufgeregt zu sein scheint. Es ist ganz außer Atem, gut, bei dem Gerenne kein Wunder. (Violetts eher unsportlicher Körper schüttelt sich kurz bei dem Gedanken an eine Laufstrecke, die länger als die paar Meter ist, welche ihr Heim von der Bushaltestelle entfernt liegt, die sie immer benutzt. Diesen Weg muss sie nämlich zu ihrem Leidwesen des Öfteren im Spurt zurücklegen.) Zusätzlich wuselt die Ratte zurzeit völlig kopflos um sie herum, als ob – ja, als ob eine Katze oder ein Fuchs hinter ihr her wäre. Fürchten sich Ratten überhaupt vor Katzen oder tun das nur Mäuse? ‚Müsste ich mal googeln‘, geht es dem Mädchen durch den Kopf, während es das fast panisch wirkende Verhalten des Nagers ziemlich desinteressiert beobachtet.
Immerhin ist Violett sich jetzt in einer Hinsicht ganz sicher: Sie träumt! Anders ist diese äußerst surreal anmutende Szenerie nicht zu erklären. Sie verliert dadurch den letzten Rest an Anteilnahme an der ganzen Geschichte. Denn ein Traum ist schließlich nichts Außergewöhnliches. Zudem sehnt sich die Teenagerin bereits wieder nach der Leere von vorhin zurück. Das Herumgewusel ihres Haustieres (ein erneuter Blick überzeugt sie, dass es sich wirklich um Nat handelt – so hat sie nämlich ihre Ratte einst getauft) macht sie nervös. Vorerst versucht sie, dieses Gefühl zu unterdrücken, aber irgendwann reißt ihr doch der Geduldsfaden.
„Was in aller Welt ist denn bloß los mit dir, Nat? Was soll das blöde Getue hier?“
Wie so viele Tierbesitzer redet Violett des Öfteren mit ihrem Haustier. Bei Hunden und Katzen kann man noch das Gefühl haben, eventuell in Ansätzen verstanden zu werden. Auf Hamster, Ratten und Mäuse, so hat Violett bis dato festgestellt, macht es dagegen keinen Eindruck, wenn man mit ihnen spricht. Unter anderem deswegen, vor allem aber aus dem grundsätzlichen Vorurteil heraus, Tiere könnten nicht sprechen, welches wohl fast alle Menschen teilen, ist Violett völlig perplex, als sie das Tier keuchend antworten hört:
„Schnell … ausdenken … sonst … verschwinden!“
Gut, kein grammatikalisch ausgeklügelter Satz, trotzdem überraschend genug. Schnell gewinnt aber die Logik bei Violett wieder die Oberhand.
‚Aha‘, folgert sie, ‚ein weiterer Beweis: Ich träume! Definitiv – etwas anderes kann es nicht sein.‘ Sie hat zuletzt für die Schule einen Aufsatz über Lewis Carrolls „Alice im Wunderland“ schreiben müssen; daher kommt jetzt wohl diese absurde Situation. Obwohl, so tiefgehend hat sie sich mit dem Stoff wirklich nicht beschäftigt. Das Unterbewusstsein treibt oft die seltsamsten Blüten. Die sich soeben öffnende Knospe erweist sich in diesem Fall als eine ungewollte Hommage an den Surrealismus. Sie seufzt. Sie will nicht denken. Oder träumen. Oder …
Nun, andere kümmern sich allzu oft nicht um das, was man will. Der Nager, mittlerweile wieder zu Atem gekommen, unterbricht sie mit drängender Stimme in ihrem gerade in Fahrt kommenden, gedanklichen Lamento:
„Val, Val, bitte überleg dir irgendetwas. Egal, was! Nur bitte schnell!“

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Elezra S.
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Beitrag04.09.2017 11:34

von Elezra S.
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Kommt noch was? Ein Schweigen sagt mehr als tausend Worte. Aua Besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende... Ich breche also besser an dieser Stelle ab. Zipped

Falls doch noch jemand Interesse an einer Fortsetzung hat, findet er hier eine Leseprobe der gesamten ersten beiden Kapitel:

http://www.aavaa.de/fantasy/Violett-Valerie

Und für die Sadomasochisten noch ein kleiner Ausschnitt aus einem späteren Kapitel: Buch

Darum beginnt sie als letzte Schutzmaßnahme, bevor sie den Verstand verliert, erneut zu lamentieren:
„Ich bin weder ein Star noch ein B- oder C-Promi, aber bitte holt mich hier raus! Machen wir doch Elterntausch oder ich spiele den Gerichtsdiener bei Barbara Salesch. Von mir aus lasse ich mich von ihr gleich zu lebenslänglich verknacken, wenn nur dadurch alles wieder normal wird! Meinetwegen ziehe ich zur Supernanny, ich singe sogar lieber in jeder neuen Staffel bei Dieter Bohlen vor und laß mich von ihm öffentlich durch den Kakao ziehen, als das noch länger zu ertragen!“
„Du solltest mit deinen Wünschen vorsichtiger sein, sonst gehen sie noch in Erfüllung.“
Es ist schwer zu sagen, ob Violett das, was sie nun zu Gesicht bekommt, für das Abstruseste hält, was ihr bisher untergekommen ist oder ob es für sie nur ein weiteres Mosaiksteinchen in diesem an Absurditäten reichen Puzzle ist, dem sie sich gegenübersieht, seit sie in der Wüste aufgewacht ist. Die Quelle der zuvor geäußerten Worte befindet sich unter der Sitzbank und kriecht jetzt, da entdeckt, darunter hervor. Im Hintergrund ist nach wie vor vereinzelt der Hals der Champagnerflasche zu vernehmen.
„Wer und vor allem was in aller Welt bist du???“ Sich selbst vorzustellen kommt Violett gar nicht in den Sinn, viel zu sehr ist sie mit dem Anblick beschäftigt, der sich ihr bietet. Die Antwort, so artikuliert als ob es sich um das Natürlichste der Welt handelt, lautet:
„Man nennt mich Nathan, den Waisen, denn niemand kennt meine Eltern. Mein Spitzname ist Han Duo, manche rufen mich auch Elsa, wie es ihnen gerade beliebt. Und ich bin, wie man wohl sieht, ein Huhnd!“
Klar ist dem Mädchen momentan nur eines: Dieses Lebewesen muß aus dem Zoo des Morgengrauens ausgebüxt sein. Tatsächlich ist dieses Geschöpf ein unglaublicher Hybride, hervorgegangen aus einem Hund und einem Huhn. Die Feldern des Tieres sind schweiß. Die Auren sind gespitzt und blicken das Mädchen scharf an. Mal steht es auf den Flüssen, mal winkelt es sie an den Körper an. Die Muse ist weich, sodaß, wenn der Huhnd seine Schnafzen bleckt, eine Reihe rasiermesserscharfer Zähne sichtbar werden, der Harper ist eher dick und gedrungen und wenn er spricht, gallt und beckert er, wodurch Violett ziemliche Mühe hat, ihn zu verstehen. Immerhin wedelt das Vieh mit dem Schwürzel und krärrt beziehungsweise knuht Violett nicht an, es macht also keinen angriffslustigen Eindruck, was das Mädchen wenigstens ein bißchen beruhigt. Dem Tier fällt Violetts augenscheinliche Irritation klarerweise auf und irgendwie scheint es sich dadurch persönlich angegriffen zu fühlen.
„Was schaust du so belämmert? Haben wir denn nicht alle eine gespaltene Persönlichkeit?“
Eine berechtigte Frage, doch das Mädchen ist von dem Anblick derart vor den Kopf gestoßen, daß ihm die Antwort im Hals stecken bleibt. Violett schluckt einige Male krampfhaft. Wie ein Mantra kreist in ihrem Hirn nur der eine Satz: ,Ich glaube nur, was ich sehe, doch was ich sehe, glaube ich nicht.‘ Schließlich preßt sie mühsam eine Erwiderung hervor:
„Ich – weiß nicht …“
„Ach, du weißt es nicht und blickst auf mich herab? Nur weil ich eine Kreuzung bin? Ich sage dir, das Leben ist voller Kreuzungen! Überhaupt, da du dich schon erdreistest, mich zu fragen: Weißt du denn, was du eigentlich bist?“
„Nun ja …“
,Im Moment weiß ich das selbst nicht so genau, aber ich werd’ mich hüten, dir das zu sagen!‘ Doch dem Tier entgeht Violetts Unsicherheit nicht.
„Auch das weißt du nicht, stimmt’s? Nun, dir zugutehaltend: Wer kennt sich schon selbst? Du kennst dich nicht und du kennst mich nicht und wir kennen uns nicht, ach, ihr kennt euch doch alle nicht! Xenophobe Individuen, das Gangrän aller Völker, müßten folglich wohl am meisten Angst vor sich selbst haben!“ Verächtlich setzt es hinzu: „Menschen!“ Der Hybride macht eine Pause um dem Mädchen eine Gelegenheit zu einer Entgegnung zu geben. Doch dieses ist mit der ganzen Situation heillos überfordert. Immerhin regt die letzte herablassende Bemerkung den fast verschüttgegangen Widerspruchsgeist der Teenagerin und so zischt sie zwischen zusammengebissenen Zähnen „Eingebildeter Fatzke!“ hervor.
Leider hört der Adressat dieses Kommentars blendend, jedoch pariert er den Stoß nicht mit scharfen Worten, sondern mit bestechender Logik, gepaart mit leichtem Humor und leisem Spott.
„Wenn ich eingebildet wäre, würde ich nicht hier sein und somit nicht existieren. Wenn es mich jedoch nicht gibt, so ist auch dein Dasein in Frage zu stellen, oder aber du sprichst mit deiner eigenen Einbildung. Kurz: Entweder bist auch du eingebildet oder du bildest dir nur etwas ein.“
Violett kann dem nichts entgegensetzen. Nach wie vor vermag sie nicht zu eruieren, welche Erklärung für das Geschehene zutreffend ist.
„Touché!“, kräult der Huhnd triumphierend und doziert an der Stelle weiter, an welcher er sich zuvor selber unterbrochen hat:
„Was ihr Wesen nicht kennt, glaubt ihr nicht, teilweise eßt ihr es nicht einmal, selbst wenn ihr keine Bauern seid. Darum belügt ihr euch auch selbst, so unmöglich dies eigentlich zu sein scheint und seid dann überrascht über das, was in euch schlummert, sogar wenn ihr es selbst geweckt habt. Sitzt die Kleine da und wünscht sich, alles wäre ein Traum, den es einfach nur zu beenden gilt, statt der Realität so lange standhaft ins Auge zu sehen, bis diese blinzelt!“
Violett schüttelt den Kopf. Weniger darum, weil sie mit den Ausführungen des Geschöpfes nicht einverstanden wäre, schon viel eher deshalb, weil sie im Grunde gar nicht versteht, was es damit sagen will. Außerdem sind sowohl ihre Nerven als auch ihr Gehirn total überlastet. Diesem Kontrahenten ist sie einfach nicht gewachsen. Selbst dies bleibt dem Huhnd nicht verborgen.
„Schon gut, schon gut, kränke dich nicht, kommt Zeit, kommt Rat. Vielleicht wirst du das alles hier eines Tages verstehen.“
„Kannst du es mir denn nicht erklären?“, preßt Violett hervor, obwohl sie gleichzeitig denkt: ,Wer weiß, ob ich das überhaupt will.‘ Das Tier steht auf und streckt sich.
„Wozu? Du kannst es ja doch nicht fassen, es sei denn … Bist du denn schon im Wald der Angst gewesen?“
Violett schüttelt erneut stumm den Kopf, erstaunt über den abrupten Themenwechsel. Mitleidig blickt Nathan-Elsa das Mädchen an.
„Du hast auf deinem Weg noch viele Türen vor dir!“ Bei diesen Worten ergreift Violett das blanke Entsetzen! Selbstverständlich bemerkt das Tier auch dies und es beginnt hemmungslos zu lachen, wie Violett zornig registriert.
„Homo sapiens!“ Der Huhnd, der den Heiterkeitsanfall überwunden hat, äußert diese Worte noch abfälliger und hochnäsiger als zuvor. Arrogant plustert er sich auf. „Ihr öffnet nur die Türen, die notwendig sind! Doch das heißt noch lange nicht, daß es daneben keine anderen gibt, selbst wenn sie einem für den Augenblick oder das ganze Leben erspart bleiben, was meines Erachtens wohl dasselbe ist. Trotzdem ist das ein bemitleidenswerter Minimalismus. Wenn du einen Rat willst: Mache es wie ein guter Besen, kehr hin und auch mal wieder zurück und das mit Muße, das ordnet die Gedanken und erweitert den Horizont.“
Zurückkehren, das wär’s, etwas anderes wünscht sich das Mädchen doch gar nicht. Leider erscheint es ihm fraglich, ob es damit das gleiche meint wie dieser aufgeblasene Hobby-Philosoph.
„Wie auch immer“, setzt dieser nach einer kurzen Pause fort, offensichtlich allmählich gelangweilt von Violetts Sprachlosigkeit, „da der Huhnd nicht nur von Worten allein lebt (zum Glück, bei dir würde ich in dem Fall sicherlich verhungern) sondern auch von Futter, werde ich mir selbiges jetzt zu Gemüte führen. Überdies wird es Zeit, meine Eier zu säugen. Komm Champion, ich nehme dich mit, du bist mir wenigstens ein aufgeweckterer Gesprächspartner als diese einsilbige Göre. Meine Güte, ich wünschte, die Giratte käme wieder mal zu Besuch.“
Nach diesem Satz schnappt er den vor sich hin brabbelnden Flaschenhals und bewegt sich in Richtung der Druckschleuse, die sich gehorsam vor ihm öffnet.


Jetzt einmal kommt bei mir der langersehnte Urlaub an die Reihe. Cool Danach hoffe ich, mit frischen Ideen zurückzukehren! Idea Bis dahin liebe Grüße an das Forum. Sig
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