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Diese Werke sind ihren Autoren besonders wichtig Feierabendruhe


 
 
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watsi
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

Alter: 61
Beiträge: 23
Wohnort: wo wohl


Beitrag23.08.2017 00:02
Feierabendruhe
von watsi
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Feierabendruhe



Ein Baum liegt entwurzelt im Bett
die Nächte, sie blinken nur kälter

Erdklumpen umlagern das Klo
die Zähne sind sauber und müde

Was braucht es, um Wasser und Sonne zu sein
und Boden und Wonne und Ruhe

Auch Liebe allein ist wohl Illusion
kurzatmig ihr Weg und wohin

Die Trennung durchlöchern mit was
such Spitzes und Scharfes und schneide


wie tief?




2/2016 © watsi

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watsi

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Gast







Beitrag23.08.2017 04:57

von Gast
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Hi,

vielleicht fehlt es mir am erforderlichen Bonus an Intuition und Intelligenz...

aber zunächst halte ich das für baren Quatsch und Unsinn. Selbst in der Werkstatt ist das Fehl am Platz.

Nicht aufregen,
Monochrom
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watsi
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

Alter: 61
Beiträge: 23
Wohnort: wo wohl


Beitrag23.08.2017 11:18

von watsi
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Hi monochrom,

ich rege mich nicht auf. Ich bin überrascht, das schon; weil ich das Gedicht für gut halte.
Aber es gibt natürlich die Möglichkeit, dass ich gedichtemäßig in meiner eigenen abgeschlossenen Welt lebe.

Und so eine Erkenntnis hat ja auch was für sich......

Aber vielleicht kommen ja noch weitere feedbacks dazu. Abwarten und Rooibus-Tee trinken...... Wink Smile

Trotzdem danke!


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watsi

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Gast







Beitrag23.08.2017 13:24

von Gast
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Hi,

toll, Deine Reaktion. Nachdem ich das geschrieben hatte, befürchtete ich schon das Fegefeuer.

Ich meine es auch nicht bös, aber ich kann echt nix damit anfangen...

Asche auf mein Haupt, sorry,

Monochrom
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Herr N.
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 293
Wohnort: Augsburg


Beitrag23.08.2017 17:46

von Herr N.
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hi watsi,

dieser vers

Zitat:
Erdklumpen umlagern das Klo


hat mich leider komplett rausgeworfen, denn ich musste ihn nochmal und nochmal lesen, wusste ja bereits von der personifizierung des baumes, wusste bereits, es geht ihm nicht gut, assoziationsketten setzten sich in gang, ich hatte bilder vor augen, hatte ein bild vor augen und musste es lassen. sorry.


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Aranka
Geschlecht:weiblichBücherwurm
A


Beiträge: 3106
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A
Beitrag29.08.2017 12:20

von Aranka
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Hallo watsi,

du hast schon gesagt, dass du den Text ziemlich gut findest. Muss das nicht auch so sein wenn ich einen Text öffentlich ins Feedback stelle? Natürlich finde ich als Autor ihn gut, habe schließlich mein Bestes gegeben und bin auch über das Handwerkliche hinaus mit dem Textgehalt verbunden.

Nun jedoch trifft der Text auf den fremden Leser und es wird sich zeigen, was von all dem, das der Autor hineingelegt hat in seinen Text, kann sich für den Leser öffnen und kann bei ihm etwas zum Klingen bringen. Das liegt sicherlich einmal an der Lesefähigkeit und der Kenntnis des Lesers aber auch an der Wirkebene des Textes.

Ich kann dir nun sagen, wie der Text auf mich wirkt und was mir beim Lesen durch den Kopf gegangen ist Es ist meine ganz persönliche Sicht und du musst diese dann für dich werten.

Dieser Text bleibt „für sich“, genügt sich selbst im „Geschrieben-Worden-Sein“, so jedenfalls zeigt er sich mir. Ich als Leser bleibe außen vor.

Ich versuche zu begründen. Da ist erst mal sein Gemacht-Sein:

optisch ordnen sich fünf Zweizeiler zu Strophen, wobei die ersten vier Zeilen jede für sich stehen und inhaltlich nicht ineinandergreifen.

Überhaupt erscheinen mir die Aussagen alle recht losgelöst voneinander da zu stehen: ein wenig wie eine Sammlung von Einzelfakten /-gedanken/ -bildern.  Und damit bin ich auch schon beim Inhalt.

Ein LI verarbeitet seine Trennung.
Dieser Realbezug ist der Boden auf dem all die Gedanken und Fragen des LI stehen sollen. Da der Realbezug erst zum Schluss erkennbar wird, stehen die Zeilen erst einmal ohne Boden, zusammenhanglos und etwas willkürlich da.

Bei mir bewirkt das folgendes:
Das LI bleibt erst mal für sich, „tobt“ sich mit sich und seinen Gedanken aus, durcheinander, so wie sie kommen, der Leser bleibt vor der verschlossenen Tür, hört jedoch das LI, hört „WORTE“, versteht sie nicht, kann sie nicht einordnen, weiß nicht warum sie gesprochen werden. Auch ist der Ton sehr unterschiedlich, schwankt zwischen nachdenklich und faktisch hart. Erst zuletzt reißt das LI die Tür auf und lässt den Leser ein.

Das kann man so machen! Ein solcher Text muss dann viel Aufwand betreiben, den Leser bei der Stange zu halten, muss ihn immer wieder locken in seiner reinen außenvor Lauscherposition.
Für mich gelingt das diesem Text nicht wirklich. Die Versuche, die Zeilen hier lyrisch aufzuladen oder durch Fragen ins Offene zu senden, sind schwach.

Ich versuche mein Lesen Schrittweise zu zeigen:

Ein Baum liegt entwurzelt im Bett
die Nächte, sie blinken nur kälter


1. Zeile: ein Bild
ein entwurzelter Baum (signalisiert: dieser Baum wird nicht mehr leben/ gewaltsam aus der Erde gerissen)
liegt in seinem Bett (der Baum wird personalisiert, ich denke das LI nimmt dieses Bild für sich)

2.Zeile: ein Gedanke, ein Empfinden des LI
„das Blinken“ vielleicht die Sterne / das „nur“ erscheint mir seltsam: meinst du „nun“ (zeitlich)? Nur würde ja bedeuten: alles ist wie sonst, nur die Nächte …

Ich würde diesen Zeilen mehr Festigkeit geben. Sie sollten den Leser überzeugen. ER muss dem Text trauen. Hier ist doch nicht irgend“ein“ Baum gemeint: es ist doch „der“ Baum. Das LI.

Der Baum liegt entwurzelt im Bett
die Nächte blinken kälter

(nur ein Versuch)


Zitat:
Erdklumpen umlagern das Klo
die Zähne sind sauber und müde


1. Z.: ein Bild soll entstehen, es löst bei mir nichts aus. „Erdklumpen“ sind für mich schon nicht übersehbare Gebilde, Reste unter schweren Arbeitsschuhen, feuchte Erdklumpen nach dem Aufflügen auf dem Feld.  Diese ums Klo versammelt … ? Nein sie „umlagern“ (klingt gefährlich)

Die Zeile fällt aus dem Text raus und bei mir ins Leere. Ich könnte sie ganz banal lesen: dreckige Schuhe, LI zu müde den Dreck aufzuwischen. Dafür ist mir jedoch die Wortwahl zu sehr aufgeladen. Ich lass das erst mal so stehen.

„die Zähne sind sauber und müde“ / signalisiert mir ein Abendritual /

Warum kommt mir das „müde“ hier eher wie eine nette „lyrische Spielerei“ vor? Vielleicht liegt es an der Zeile davor, die recht „aufgedonnert“ klingt  mit den Worten „Erdklumpen“ und „umlagern“. Da wirkt das die Zähne müde“ einfach wie ein müder Versuch einer künstlichen „Poetisierung“.

Ich bin sicher, dass beim Autor konkrete Bilder und Gefühle dahinter stehen, es ist der Text, der irgendwie nicht seinen Ton und seine Sprache findet.

Zitat:
Was braucht es, um Wasser und Sonne zu sein
und Boden und Wonne und Ruhe


Eine Frage, die sich das LI wohl stellt und an den Leser weiter gibt. Ich frage mich, woraus erwächst diese  Frage? Wie kommt der Text an diesen Punkt? Wie kommt das LI an diesen Punkt? Ich finde zwar keine direkte Vernetzung zu den bisherigen Zeilen, könnte mich jedoch der ersten Zeile „Was braucht es um Wasser und Sonne zu sein“ anvertrauen. Hier höre ich einfach die Sehnsucht nach unverfälschten klaren wichtigen und verlässlichen Dingen. So zu sein!!!

Die zweite Zeile nun ist mehr Schein als Sein. Hier klappern die Stilmittel ein wenig zu offensichtlich: „Wasser / Wonne / Sonne“ und so bleiben sie Stilmittel.

Zitat:
Auch Liebe allein ist wohl Illusion


Ich höre hier „Resignation“: da hatte LI „wohl“ eine andere Vorstellung von Liebe.

Warum all diese kleinen „Weichmacher“-Worte: auch/ allein/ wohl. Sie deuten so ins schwammig Weite.

Zitat:
kurzatmig ihr Weg und wohin


Und hier nun das resignierte Fazit: Die Liebe war kurz und nun ist sie gegangen. Wohin? Für mich so eine Frage ins gewollt Offene, jedoch höre ich den Seufzer.

 All diese Fragen am Ende versuchen irgendwie „mehr“ zu sein, als sie sind und so wird der Text „weich“. Ich greife immer in Watte, bekomme nichts in die Hand, an dem ich selbst denken und fühlen könnte.

Zitat:
Die Trennung durchlöchern mit was
such Spitzes und Scharfes und schneide

wie tief?


Der Textton hier fest; der Realbezug ausgesprochen. Das LI verarbeitet eine Trennung. Auch hier erscheint mir die Frage am Ende der ersten Zeile als reines „Stilgeklapper“ und unnötig, ebenso die  Frage zum Schluss.

Wenn damit „Selbstritzung“ angesprochen wird, dann sollte es nicht mit der Frage wieder geschwächt werden, sondern als Fakt dastehen.

Nach diesen Schlusszeilen lese ich den Titel ganz neu:

Feierabend(Ruhe)

Ich sehe hier nicht mehr die Zeitspanne nach einem Arbeitstag: ersehnt, ruhig, ausklingend, friedlich; sondern höre hier einen anderen Sprachgebrauch von Feierabend: „Schluss! Feierabend! Ende! Aus!“ Von Ruhe weit entfernt.

Fazit: Der Text als „ganzheitliches Gebilde“ wackelt noch und nimmt sich an manchen Stellen selbst die Glaubwürdigkeit. Ich würde noch am Text arbeiten und ihn aus der „Schwammigkeit“ rausholen, sowohl tonal als auch inhaltlich.

Watsi, vielleicht liege ich ganz neben der Textspur. Das wirst du schon richtig einordnen. Was dir von meinen Gedanken jedoch Einblick in das Gemachtsein deines Textes geben kann, kann dir dann hoffentlich helfen.

Liebe Grüße Aranka


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"Wie dahingelangen, Alltägliches zu schreiben, so unauffällig, dass es gereiht aussieht und doch als Ganzes leuchtet?" (Peter Handke)

„Erst als ihm die Welt geheimnisvoll wurde, öffnete sie sich und konnte zurückerobert werden.“ (Peter Handke)
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Beitrag29.08.2017 18:44

von Gast
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Danke Aranka,

jetzt kapiere ich wenigstens schon mal, um was es geht.

Das habe ich aufgrund der schrägen Bilder gar nicht erkannt... voll vorbei gelesen Laughing
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Stimmgabel
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Bronzener Sturmschaden Der goldene Spiegel - Lyrik (2)



Beitrag30.08.2017 00:49

von Stimmgabel
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-


Jetzt seh ich's auch, da liegen ja Erdklumpen um den Klo, und die Löcher in der Tiefe  / iss das geil Daumen hoch



-


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Gabel im Mund / nicht so hastig...
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Gast







Beitrag30.08.2017 05:51

von Gast
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Hi Watsi,

ich möchte einen Teil meines ersten posts korrigieren und einen anderen Teil bekräftigen.

Zitat:
Hi,

vielleicht fehlt es mir am erforderlichen Bonus an Intuition und Intelligenz...

aber zunächst halte ich das für baren Quatsch und Unsinn. Selbst in der Werkstatt ist das Fehl am Platz.

Nicht aufregen,
Monochrom


mangelnde Intelligenz und Intuition meinerseits= stimmt
barer Quatsch und Unsinn Deinerseits= stimmt nicht

Ich glaube, was mich hinderte, direkt einen Anschluss an den Text zu finden, ist die schnelle versweise Abfolge von sehr unterschiedlichen Bildern, die "anscheinend" keinen Zusammenhang haben.
Das bin ich in meiner Lesweise, im dsfo "schnell" einen Text zu überfliegen, nicht gewohnt. Ich hätte mir mehr Zeit nehmen müssen.

Entschuldigung,
Monochrom
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watsi
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Beitrag30.08.2017 14:17

von watsi
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Hallo monochrom, das ist eine sehr liebe Erwiderung. Ich werde dir dazu gerne mehr schreiben, und gerade die Funktion der (ihr habt das absolut so wahrgenommen, wie ich es auch gerne wahrgenommen haben wollte) scheinbar unzusammenhängenden ersten vier Zeilen und Bilder erläutern.

Bin noch dabei auf arankas Beitrag zu antworten.

Vorneweg: ich bedanke mich herzlich für eure Beiträge, weil sie eine Gedankenflut bei mir auslösten über das, was ich für Ziele habe mit meinen Gedichtem, wo ich mir noch mehr Gedanken machen muss, will ich einige der Ziele erreichen, und wo ich auch andere Vorstellungen habe von dem, wie ich meine, dass mensch an Gedichte heran gehen könnte, die ich aber gerne zur Diskussion stelle.

Bis ich das gut formuliert habe, kann es noch seine Zeit brauchen. Aber klar ist, dass eure Beiträge für mich sehr hilfreich sind.

DANKE!


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Grüße
watsi

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watsi
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Beiträge: 23
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Beitrag30.08.2017 17:09

von watsi
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Liebe aranka,

dir ein großes Kompliment und Dankeschön für deinen ausführlichen, ganz klar inhaltlich kritischen, aber persönlich sehr wohlwollenden Beitrag.
Du hast damit eine Flut von Gedanken bei mir ausgelöst, die ich gerne teilweise mitteilen und zur Diskussion stellen möchte.

Als erstes: ich habe mir tatsächlich noch keine größeren Gedanken darüber gemacht, wie Gedichte geschrieben sein müssten, um Leser*innen "mitzunehmen", sie zu packen, sie einzuladen, sich auf ein Werk einzulassen.
Denn ich schreibe in erster Linie, weil es mir manchmal ein inneres Bedürfnis ist, Geschehenes und gerade Aktuelles mit dem Dichten  vor allem für mich fassbarer zu machen, zu verstehen, zu verarbeiten und schließlich einsortieren, ablegen zu können. Jetzt ist das noch keine Erklärung dafür, warum ich meine Gedichte hier vorstelle. Das wäre nicht notwendig, wenn ich dichten würde, ausschließlich, um für mich etwas zu bewältigen.
Ich denke, es ist in meinem Fall der Drang, wie bei den meisten anderen Menschen auch, Lob, Wertschätzung durch das Demonstrieren einer besonderen Fähigkeit zu erringen, Wahrnehmung der eigenen Existenz überhaupt  zu erzielen. Das Ganze sicher auch garniert mit einem Klecks Eitelkeit, da ich in Teilen schon Befriedigung dieses Bedürfnisses einfahren konnte und glaubte, dies wahrscheinlich erneut erleben zu dürfen.
Ich ging davon aus, dass ein Gedicht, wenn es denn "gut" ist und die Leser*in sich wirklich damit beschäftigen wollte, nahezu selbstverständlich angerührt werden würde.
In Teilen denke ich das noch immer.
Dein Beitrag aber hat mich gelehrt, dass, ist mir die Leser*in wichtig, auch der Einstieg in ein Gedicht etwas ist, was bewusst "besonders" gesetzt werden könnte, was einen Zugang zum Werk erleichtern kann.
Was bei einer Kurzgeschichte, einem Krimi genretypisch erwartet wird, nämlich der unmittelbare, meist spannende und überraschende Einstieg in die Geschichte, die dann dort über den Unterhaltungswert Interesse sichern soll, kann auch bei einem Gedicht Assoziationen befördern, die der Leser*in das Gefühl von persönlicher Relevanz des Werkes für sie vermitteln oder erleichtern.

Als zweites  ist mir in den Sinn gekommen, was alles gegeben sein kann, was einer  beliebigen Leser*in entgegen stehen kann, dass sie trotz handwerklich ausreichendem Standard von einem Gedicht nicht mitgerissen wird. Oder wenigstens irgend eine müde Emotion geweckt wird.

Da gibt es natürlich die sehr unterschiedlichen Arten, auf Gedichte zuzugehen. Mensch kann für sich entscheiden, dass sie oder ihn nur bestimmte Gedichte interessieren, z.B. nur Gedichte, die gereimt sind oder sich mit Naturereignissen beschäftigen, oder deren Inhalt und Aussage einem ins Gesicht springen müssen oder die deutlich zeigen, dass die Verfasser*in literarisch gebildet und eine männliche von einer weiblichen Kadenz unterscheiden kann und sowieso die Sonette des 17.Jahrhunderts in Frankreich für alternativlos hält...... Cool
So sehr ich mich jetzt  über solche Herangehensweisen lustig  machen mag, ich denke doch, dass sie ihre Berechtigung haben, weil es etwas sehr Persönliches und Gewachsenes ist, was uns solche Vorlieben beschert hat.

Und wie soleatus an anderer Stelle schon richtig sagte

Zitat:
Wenn sich ein Gedicht und sein Leser treffen, ist der Verfasser außen vor; was die beiden dann bereden, geht ihn schlicht nichts an, und seine Meinung dazu  ("Stimmt / Stimmt nicht";"Nein, es geht um"; "Was du wissen musst") ist erst recht nicht gefragt.


Da will ich mich auch gar nicht einmischen, will es auch nicht als falsch oder richtig bewerten, will allerdings auch sagen dürfen, dass ein stärkeres "Einstieg-finden-wollen", eine größere Offenheit, die mensch versuchen kann, sich zu kultivieren und zu erhalten, es der Einzelnen erleichtern könnte, einen Zugang zu beinahe jedem Gedicht zu finden.

Jetzt kann ich bei deinem Beitrag beileibe nicht sagen, liebe aranka, dass du nicht einen Zugang gefunden hättest. Im Gegenteil: du hast sehr zielsicher Besonderheiten erkannt und das Thema und viele Bilder entschlüsselt. Das hat mich, ich muss es gestehen, glücklich gemacht, da du dadurch demonstriert hast, dass die Bildsprache lesbar ist und manche sehr bewusst gesetzten Signale als solche wirken.
Trotzdem sprichst du von

Zitat:
Der Text als „ganzheitliches Gebilde“ wackelt noch und nimmt sich an manchen Stellen selbst die Glaubwürdigkeit. Ich würde noch am Text arbeiten und ihn aus der „Schwammigkeit“ rausholen, sowohl tonal als auch inhaltlich.


und hast Stellen in ihrer Funktion nur kritisch betrachten können, anstatt sie als Teil der Ausssage positiv zu werten.
Missverstehe bitte diese Feststellung nicht als Kritik meinerseits.
Ich bemühe  mich damit um eine Analyse für mich selbst, deren Ergebnis ich, wie anfangs geschrieben, durchaus gerne zur Diskussion stelle.

Zum Beispiel schreibst du zu Recht über die ersten vier Zeilen

Zitat:
optisch ordnen sich fünf Zweizeiler zu Strophen, wobei die ersten vier Zeilen jede für sich stehen und inhaltlich nicht ineinandergreifen.

Überhaupt erscheinen mir die Aussagen alle recht losgelöst voneinander da zu stehen: ein wenig wie eine Sammlung von Einzelfakten /-gedanken/ -bildern.


Du stellst dies fest, fragst aber nicht, warum es so ist, und ob es nicht eine inhaltliche Funktion hat, bzw. scheinst dem Gedichtsteil in dieser Form keine bewusst gesetzte Funktion zuzutrauen.
Doch die hat es, wie ich gerne kurz ausführen möchte:

Eingedenk der Filmsequenz aus "Forrest Gump", die statt bewegter Bilder nur eine Abfolge mehrerer statischer Bildaufnahmen zeigt, als Jenny Forrest nach gemeinsam verbrachter Nacht verlässt, wollte ich auch mit Worten Bilder zeigen,  die  fühlen lassen, wie es ist, wenn die Welt still steht.
Depression, Verzweiflung, Wahrnehmung von Trennendem sind die Themen.

Ein LI nimmt wahr, zu Beginn depressiv und trostlos:

*ein Baum, (durch das "ein" ein  Stückchen weiter distanziert vom LI, als wenn es "der" geheißen hätte), ehemals eher als kräftig und groß assoziiert, jetzt entwurzelt, leblos, schwach, auch alleine

*der Baum im Bett, das LI wahrnehmend und wach, auch allein, kein Trost durch gemeinsam verbrachte Nächte, alles wie gehabt, "nur" kälter werdend, als kälter, trennender werdend empfunden

*in der 2.Strophe einerseits die "dreckigen" Hinterlassenschaften des entwurzelten Baums an profanem Ort, dem Klo, als Gegensatz zu den sauberen Zähnen, die aber müde sind, nicht mehr reden, nicht mehr (zu-)beißen können/wollen



Ich fand besonders die Stelle interessant, als du die Sprache folgendermaßen empfandest

Zitat:
Warum all diese kleinen „Weichmacher“-Worte: auch/ allein/ wohl. Sie deuten so ins schwammig Weite.


Allerdings hast du es als Manko des Textes interpretiert, wo ich damit die Hilflosigkeit des LIs unterstreichen wollte. Das LI greift auch ins Leere, findet nichts zum Festhalten, die Gedanken, die Sprache folgt diesem Empfinden, wenn es konstatiert, seufzend, ratlos bis resigniert:
 
*will Wasser und Sonne und Boden sein, analog zum Baum, Wonne und Ruhe aber als Verdeutlichung einer menschlichen Beziehung des LI

*selbst Liebe als Ideal ist schwach, "kurzatmig", keine Lösung, kann keine Richtung zeigen, keine Antwort geben.


Die letzten drei Zeilen kommentierst du mit

Zitat:
Der Textton hier fest; der Realbezug ausgesprochen.


Genau, denn das LI versucht noch einmal ein Ziel zu formulieren, noch einmal gegen Trennendes anzuhandeln. Die Frage am Ende der drittletzten Zeile zeigt jedoch die nach wie vor vorhandene Unsicherheit und die letzte Zeile Mut der Verzweiflung genauso wie vorweggenommener Unglaube, dass es eine Chance haben könnte.


Liebe Aranka,

wie du siehst, warst du letztlich sehr stark "in der Textspur", da du dann auch den Titel in seiner Zweideutigkeit ganz in meinem Sinne entschlüsselt hast.

Da ich kaum etwas von dir weiß, ist es für mich natürlich schwer, nachzuvollziehen, warum du einerseits soviel aus dem Gedicht herauslesen konntest, dich andererseits aber eher nicht angesprochen oder mit hinein genommen fühltest.

Zitat:
Dieser Text bleibt „für sich“, genügt sich selbst im „Geschrieben-Worden-Sein“, so jedenfalls zeigt er sich mir. Ich als Leser bleibe außen vor.


Ich will es absolut nicht negativ werten, dass dies ein Teil deines Fazits war, kann mir aber bei vielen vorstellen, dass, wenn Beziehungsprobleme gerade überhaupt nicht ein im Vordergrund stehendes Thema sind, auch ein Gedicht dazu nichts auslösen kann, auch nicht muss.
Ich danke dir noch einmal für deine Mühe und Zeit und hoffe sehr, dies auch meinerseits irgendwann an diese Gemeinschaft hier zurückgeben zu können.


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watsi

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James Blond
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Beitrag31.08.2017 10:59

von James Blond
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Aranka hat Folgendes geschrieben:

Fazit: Der Text als „ganzheitliches Gebilde“ wackelt noch und nimmt sich an manchen Stellen selbst die Glaubwürdigkeit. Ich würde noch am Text arbeiten und ihn aus der „Schwammigkeit“ rausholen, sowohl tonal als auch inhaltlich.



watsi hat Folgendes geschrieben:
mir aber bei vielen vorstellen, dass, wenn Beziehungsprobleme gerade überhaupt nicht ein im Vordergrund stehendes Thema sind, auch ein Gedicht dazu nichts auslösen kann, auch nicht muss.


Liebe watsi,

ich kann mir allerdings auch vorstellen, dass dein Gedicht selbst bei vielen Menschen mit akuten Beziehungsproblemen nur wenig auslöst. Dazu sind die Dinge, die du im Text ansprichst, zu widersprüchlich, als dass sie sich zu einem sinnvollen Ganzen fügen könnten, das auch in der Lage wäre, einen tieferen Eindruck zu hinterlassen.

Das Bild vom entwurzelten Baum im Bett soll den inneren Zustand des LI ausdrücken, aber ist es auch dazu geeignet? Entwurzelte Bäume mögen ohnehin schon einen entsprechenden Eindruck vermitteln, zusätzlich ins Bett gelegt wirken sie allerdings absurd bis surrealistisch. Die Kombination zweier für sich allein hinreichend verständlicher Bilder (entwurzelt und ins Bett zurückgezogen) bewirkt keine Steigerung, sondern erzeugt eher Befremden.
Auch scheint mir fraglich, ob das Bild des Baumes geeignet ist, um Beziehungsprobleme zu versinnbildlichen. Du selbst bescheinigst ihm Kraft und Größe, die allerdings auf seiner Autarkie beruhen: Ein Baum braucht keine Artgenossen an seiner Seite: Sie stören ihn, weil sie ihm Licht und Nahrung wegnehmen. So steht ein Baum zugleich für Unabhängigkeit, Selbstgenügsamkeit und Platzanspruch.


Ähnliches gilt für das Bild mit den Erdklumpen. Hier kombinierst du entsprechend die Hinterlassenschaften eines Baumes auf dem Abort und bestätigst damit das surreale Bild eines Gewächses, das mit müden, aber sauberen Zähnen in einer Wohnung lebt und Erdbrocken hinterlässt, die sich offensichtlich aktiv im Sanitärbereich postieren.

Das könnte ein interessantes Bild von Dalí ergeben, wenn dem LI jetzt nicht ein lyrischer Seufzer entfahren würde: "Was braucht es, um [...] zu sein". Darin offenbart sich der Baum wiederum als Wunschbild. Der melancholische Gedankenfaden der Illusionen wird nun bis zur Liebe hin fortgesetzt und mündet  - trotz der resignativen Einsicht - in den paradoxen Plan, "die Trennung [zu] durchlöchern", was hier so sinnvoll erscheint, wie ein Loch in ein Loch zu reißen. Dies soll vermutlich ein Verlangen nach Selbstverletzung andeuten.   

Damit entpuppt sich der Titel "Feierabendruhe" letztlich als ironischer Euphemismus, wobei sich die ironische Distanz zum Selbst im Gedicht (leider) nicht äußert: Der Text dokumentiert in seiner Unmittelbarkeit des Autors Gefangensein im LI.  

Das alles wirkt auf mich - mit Verlaub - reichlich konfus und ich kann mir kaum vorstellen, dass jemand, der in eigenen Nöten und Ängsten steckt, diesem Text Entsprechendes zu entnehmen vermag. Gewiss, die Konfusion, in der das LI steckt, wird erkennbar, doch sie setzt den klaren Verstand voraus, wie ein Arzt ihn braucht, um seine Diagnose anhand der Symptome zu stellen. Der vorliegende Text selbst liefert sie, zweifellos - die Diagnose bleibt jedoch dem Leser vorbehalten. Der Autor liefert sich ihm aus, indem er ihm  - von der Psychologencouch - seine Einfälle spontan wissen lässt: Soll der sich doch ein Bild von der desolaten Situation machen. Und das geschieht vermutlich auch.

Den Text rettet das allerdings nicht. Denn damit ist der lyrische Anspruch auf ein ganzheitliches Gebilde, das zudem auf Rezeption ausgerichtet ist, vertan. Er bleibt als Stenogramm des Leidens eine Tagebuchnotiz.

Grüße
JB


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Beitrag31.08.2017 13:32

von watsi
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Danke, jb, für deine Gedanken dazu.
Ich habe durch sie bemerkt, wo ich offensichtlich nicht das Bild aus MEINEM Kopf für andere sichtbar machen konnte; und was dann, von einem falschen Zusammenhang ausgehend auch den Rest konfus erscheinen lässt.

Mein LI versucht mit TRENNENDEM, nicht einer Trennung zurecht zu kommen.
Und mein LI sieht ein LD im Bett liegen, den anderen Part der schwierigen Beziehung.

Vielleicht werden so die anderen Bilder und Gedanken und Seufzer und Wünsche klarer? Rolling Eyes


Ich ziehe mich jetzt ebenfalls mit einem Seufzer in eine tiefe Klausur zurück.... Cool
Werde wohl noch ein bisschen üben müssen.....

Nichtsdestotrotz:
Danke!


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Grüße
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Aranka
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Beitrag31.08.2017 16:54

von Aranka
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Hallo Watsi,

du hast ausführlich geantwortet; so will ich zu deinen Antwortgedanken ein paar Überlegungen anfügen.

Ich greife einmal dein Nachdenken über den Leser auf und die daraus resultierenden Schlussfolgerungen für einen Text.

Zitat:

*Denn ich schreibe in erster Linie, weil es mir manchmal ein inneres Bedürfnis ist, Geschehenes und gerade Aktuelles mit dem Dichten  vor allem für mich fassbarer zu machen, zu verstehen, zu verarbeiten und schließlich einsortieren, ablegen zu können.


Das ist sicherlich sehr oft der Ausgangspunkt und es entsteht eine erste Version, oft eine ganz persönliche Tagebuchversion, ganz nah am 1 zu 1 des eigenen Erlebens, das Ereignis noch frisch und warm und der Autor noch weit entfernt von einer dem Schreiben zuträglichen kühlen Distanz.

Zitat:
*Jetzt ist das noch keine Erklärung dafür, warum ich meine Gedichte hier vorstelle.


Da hat sicher jeder seine anderen Gründe, für mich war dies Forum einfach eine wunderbare Chance, einmal direktes Feedback zu bekommen. Was ich damit anfangen konnte und angefangen habe liegt wieder in meiner Verantwortung.
Aber Grund ist ganz egal, mit dem Vorhaben, den Text öffentlich zu machen, kommt der Leser ins Spiel und da stellst sich ein anderer Anspruch an den Text. Der Text sollte über das Ablegen und Verarbeiten eigener Empfindungen hinausgreifen. Er sollte etwas im Leser  in Gang setzten. Warum sonst sollte er sich mit dem Text beschäftigen?
Er will nicht die Sorgen oder Gefühle des Autors erfahren, er will etwas im Text finden, etwas, das er auf seine ganz eigene Weise berühren kann und wenn es nur eine Ahnung von etwas ist, eine neue Fragestellung oder ein etwas anderer Blick.
  
Zitat:
*Dein Beitrag aber hat mich gelehrt, dass, ist mir die Leser*in wichtig, auch der Einstieg in ein Gedicht etwas ist, was bewusst "besonders" gesetzt werden könnte, was einen Zugang zum Werk erleichtern kann.


Dieses Herübergreifen kann nun unterschiedlich passieren: der Text kann zum Beispiel an ein kollektives Gedächtnis anknüpfen und damit im Leser etwas aufrütteln, er kann mit seinen Bildern verblüffen/ erschrecken/ verzaubern und den Leser darüber auf eine eigene Reise schicken, … ich will nun nicht alles aufzählen, was da so möglich ist, wichtig ist für mich, dass der Text seine „Hände“ nach mir ausstreckt und irgendetwas bewirkt, so dass ich weiterlesen will. Auch möchte ich  in dem gekonnten Gemachtsein einen Autor spüren, der weiß, was er tut.

Ich finde es gut, wenn es dem Text schon mit seinen ersten Zeilen gelingt zu überzeugen und mir die erste Tür zum Textraum früh geöffnet wird. Die Lichtschalter um weitere Zimmerecken zu erhellen finde ich schon selbst, sofern sie im Text vorhanden sind. Für mich ist das Lesen eines Gedichtes wie das Betreten eines fremden Raumes, der im Halbdunkel liegt und den ich mir Schritt für Schritt ertaste, hoffend auf eine wohldurchdachte Möblierung und Architektur, so dass ich mir nicht unterwegs den Hals breche. So reicht also nicht nur die geöffnete Eintrittstür.

Generell sollte in so einem konzentrierten Textgebilde wie einem Gedicht jede Zeile und jedes Wort gut bedacht sein und richtig sitzen.

Du zitierst Soleatus und ich stimme dem zu:
Zitat:
Zitat:
Wenn sich ein Gedicht und sein Leser treffen, ist der Verfasser außen vor; was die beiden dann bereden, geht ihn schlicht nichts an, und seine Meinung dazu  ("Stimmt / Stimmt nicht";"Nein, es geht um"; "Was du wissen musst") ist erst recht nicht gefragt.


Der Text sollte alles mitbringen, was zu einem guten Zwiegespräch nötig ist und der Leser ebenso. Beide bringen sich in gleicher Weise ein: Der Text mit dem, was der Autor (auffindbar) hineingegeben hat und der Leser mit seinem Erfahrungs- / Wissens- und  Wahrnehmungs-hintergrund. Was dann passiert erfährt der Autor meist nicht.

Was der Autor alles als Wissenshintergrund hatte, was er alles sagen wollte, welche Recherchen und Theorien da eingeflossen sind und wie er seine Bilder deutet, will ich eigentlich nie wissen. All das (Wissen und Wahrnehmung ) haben den Autor zu diesem Text geführt, und am Ende, so hoffe ich, weiß der Text mehr als der Autor. Ich hoffe, dass die Sprache selbst  ihm zeitweise die Feder aus der Hand genommen hat und die heimliche SchreiberIn war, so dass am Ende der Text mehr ist als die Summe irgendwelchen Wissens. Da würde ich dann eher Sachtexte bevorzugen.  Für mich zählt der Text und was der mir so im DAZWISCHEN zu transportieren vermag.

Mir passiert es nicht selten, dass ein für mich "reiches"Gedicht, das mir eine Menge mitgeben konnte, unter der Last diesen bombastischen und klugen Texterklärungen des Autors im Nachhinein, vor meine Augen zusammenbricht.

So sehe ich den Austausch über Texte hier auch etwas anders. Der Leser legt seine Leseweise offen, womit auch seine Lese-Hintergründe durchschaubar werden. Der Autor kann nun die Textwirkung auf diesen einen Leser erkennen, sieht, wo der Text seine Wirkung in seinem beabsichtigten Rahmen erzielt, wo er verschlossen bleibt, wo er vielleicht sogar in die Irre führt.

Wie der Autor damit umgeht ist seine Sache. Er wird einschätzen, was aus dem Leserprotokoll er für seinen Text überdenken sollte und was nicht und die unterschiedlichen Leseempfindungen, die er oft unter einem Text bekommt, lehren ihn rasch, aufmerksam hinzuhören, gut auszuwählen und mit der ein oder anderen Textstelle noch einmal spazieren zu gehen.

 Über Handwerkliches lässt sich sicherlich handfester und anders diskutieren und da konnte ich hier auch eine Menge für mich dazu lernen.

Zitat:
*Jetzt kann ich bei deinem Beitrag beileibe nicht sagen, liebe aranka, dass du nicht einen Zugang gefunden hättest. Im Gegenteil: du hast sehr zielsicher Besonderheiten erkannt und das Thema und viele Bilder entschlüsselt. Das hat mich, ich muss es gestehen, glücklich gemacht, da du dadurch demonstriert hast, dass die Bildsprache lesbar ist und manche sehr bewusst gesetzten Signale als solche wirken.


Ich sage mal so: Ich habe mir den Zugang (etwas zäh) erarbeiten müssen, überwiegend über den Kopf. Das habe ich gemacht, weil du als neue Userin, ich denke da auch an deinen ersten Text, mich erst mal interessierst.

Du sagst richtig, dass der Text Bilder und auch Signale setzt und so eine Wirkung erzielt. Natürlich blitzen diese Stellen heraus. Vielleicht ist die „Bildsprache“ sogar lesbar (über Kopf), aber ob sie gut gesetzt ist im Sinne von „das Bild greift und führt zum etwas, zum Kern, zu einem Ganzen“, weiß ich nicht. Ein Bild erfasse ich visuell und dann eröffnet es sein Dahinter. Dafür müssen es sauber angelegt sein.

Zum Beispiel „die Erdklumpen umzingeln das Klo“. Das knallt natürlich raus und setzt ein starkes Signal. Das kann niemand überlesen. Ich sehe zwar ein Bild, kann aber nichts damit anfangen. Es führt mich ins Bad und da stelle ich erst mal keine Verbindung zu dem  Baumbild her, wie du wohl beabsichtigt hast.
Für mich greift die Zeile eher zur  folgenden „Zahnputzzeile“. Das hat dann bei mir zu der krampfhaften Deutung von Erdklumpen unter den Schuhen geführt.
Nach deiner Antwort  habe ich mir die Frage gestellt, warum ich die Verbindung zum Baum nicht sehen konnte und habe die Bildwirkung der ersten Zeile hinterfragt:
„ein Baum liegt entwurzelt im Bett“.

Das ist so surreal, dass ich gleich in die Metaebene gesprungen bin. Ich stelle mir da nicht den mächtigen Wurzelballen vor, der jetzt über der Erde liegt, sonder übertrage das „entwurzelt“ gleich auf den Menschen. Das „liegt im Bett“ dominiert hier das Bild. Das Bild ist für mich so wie es ist nicht übertragbar.

Hier zeigt sich wie vielschichtig Bilder angelegt sind und welche Wahrnehmungen sie transportieren. Auch klingt hier die Frage nach der Text- und Bildvernetzung innerhalb des Gesamttextes an.
Vielleicht verstehst du jetzt, warum ich, obwohl ich eine Textspur ausfindig machen konnte, zu dieser Aussage gekommen bin:

"Der Text als „ganzheitliches Gebilde“ wackelt noch und nimmt sich an manchen Stellen selbst die Glaubwürdigkeit. Ich würde noch am Text arbeiten und ihn aus der „Schwammigkeit“ rausholen, sowohl tonal als auch inhaltlich."

Zitat:
Du schreibst:
… hast Stellen in ihrer Funktion nur kritisch betrachten können, anstatt sie als Teil der Ausssage positiv zu werten.
Missverstehe bitte diese Feststellung nicht als Kritik meinerseits.


Keine Bange, du hinterfragst meine Aussagen kritisch. Mit Recht! Dafür habe ich sie geschrieben.

Ich habe die Einzelzeilen vielleicht teilweise deuten können, ihren Bezug zur „Aussage“ jedoch nicht gefunden, vielleicht sogar die Aussage selbst nicht einmal. Es blieben Bilder, Gedanken, Fragen, Seufzer des Autors in einem Text aufgereiht. Das ist zu wenig, das ist der Punkt, an dem ich mich frage: reicht mir das Ablegen meiner Selbst, dann bleibt es verschlossen im Tagebuch, oder: kann da mehr draus werden, vielleicht ein Gedicht und die Textarbeit beginnt.

Ich gehe noch auf eine deiner Bemerkungen ein:

Zitat:
*
Ich fand besonders die Stelle interessant, als du die Sprache folgendermaßen empfandest
Zitat:
Warum all diese kleinen „Weichmacher“-Worte: auch/ allein/ wohl. Sie deuten so ins schwammig Weite.

Allerdings hast du es als Manko des Textes interpretiert, wo ich damit die Hilflosigkeit des LIs unterstreichen wollte. Das LI greift auch ins Leere, findet nichts zum Festhalten, die Gedanken, die Sprache folgt diesem Empfinden, wenn es konstatiert, seufzend, ratlos bis resigniert:


Hier ist die Textstelle über die ich sprach:

Zitat:
Auch Liebe allein ist wohl Illusion
kurzatmig ihr Weg und wohin


Die Hilflosigkeit des LI zu zeigen gelingt nicht dadurch, dass man die Sprache bis zur Hilflosigkeit aufweicht. Auch kann man die Zerrissenheit des LI nicht dadurch einfangen, dass man den Text zerreißt, wie du es an anderer Stelle erklärst.
Ich glaube, dass du dir die Umsetzung eines Gedankens oder Gefühls in Sprache und in Form noch nicht wirklich klargemacht hast und vielleicht auch noch zu wenig damit herumgespielt hast.
Da muss man wahrscheinlich eine Menge Texte schreiben und sie wieder auseinandernehmen und immer wieder hineinhorchen.

Nutze deine Forenzeit, um dein Schreiben immer besser kennen zu lernen und die Wirkung deiner Text zu erproben.

Ich wünsche dir einfach Mut und Freude beim Tun.

Liebe Grüße Aranka


_________________
"Wie dahingelangen, Alltägliches zu schreiben, so unauffällig, dass es gereiht aussieht und doch als Ganzes leuchtet?" (Peter Handke)

„Erst als ihm die Welt geheimnisvoll wurde, öffnete sie sich und konnte zurückerobert werden.“ (Peter Handke)
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