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Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Lesezeichenpoesie 05/2017
dein pulsschlag ist's der pilgert

 
 
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Aranka
Geschlecht:weiblichBücherwurm
A


Beiträge: 3106
Wohnort: Umkreis Mönchengladbach
Lezepo 2017 Pokapro und Lezepo 2014



A
Beitrag21.05.2017 19:00
dein pulsschlag ist's der pilgert
von Aranka
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat





ein krähenlaut
ein klingelton
leergutsammler
ziehen bahnen
im gras der mond
der keiner ist

wo der berg? der
brennende busch?
wo das wort?

der wächter ruft
tritt ein tritt ein
sei fisch sei stein
nimm vom wald
nur das grün
das dich nicht kennt

am silbenband
schmilzt zeit

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Constantine
Geschlecht:männlichBücherwurm


Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag21.05.2017 23:26

von Constantine
Antworten mit Zitat

Bonjour,

werter Verfasser, dein Beitrag ist für mich irgendwo zwischen Realität/Gegenwart, Fantasie und der Bibel anzusiedeln. Du springst in den Bildern und generierst in meiner Vorstellungskraft um die Fratze mehrere Geschichten. Schönes Bild mit dem pilgernden Pulsschlag im Titel.

Du hast es in meine Punkteränge geschafft: trois points.

Merci beaucoup,
Constantine
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Stimmgabel
Geschlecht:männlichPapiertiger


Beiträge: 4370
Wohnort: vor allem da
Bronzener Sturmschaden Der goldene Spiegel - Lyrik (2)



Beitrag22.05.2017 03:05

von Stimmgabel
Antworten mit Zitat

-


 Daumen hoch     dein pulsschlag ist's der pilgert

... lässt sich das Lesezeichen auf eine surreal_gefächerte, märchen'eske Reise ein [ der Mond, der keiner ist  / das Grün, das dich nicht kennt ], in einen trusen Hexenwald, in eine Sternenlandschaft; würde es zuweil festen Boden unter den Beinen spüren, dann wieder nicht; hat es sogar das Wort verloren? ... ruft eine Stimme [ der Wächter ] hinten_Eck: es geht weiter, versuch’s hier ...

manches bleibt gewiss im Versteck! Hab Mut, werd auch mal Fisch oder Stein!

, und hier [ wunderbar! ] die eingeflochtene Reimpassage:

tritt ein tritt ein
sei fisch sei stein

erinnert mich sehr an das Hexen-Ein-mal-Eins, hi hi ...



-------------------------------


Eine gelungene, sich ästelnde Lesezeichenreise auf Leselust; und sprachlich  / viersilbig unverkrampft zeilig und umbrüchig /  mMn ebenso feinst (lyrisch) umgesetzt Smile

zwei Hubberle-Vorschläge  __________________________________ :


ein krähenlaut                         <--  die krähe laut  / hier mal weg vom kombi_Nomen Wink
ein klingelton
leergutsammler
ziehen bahnen
im gras der mond
der keiner ist

wo der berg? der
brennende busch?
wo das wort?

der wächter ruft
tritt ein tritt ein
sei fisch sei stein
nimm vom wald
nur das grün
das dich nicht kennt

am silbenband                    <--  am silbenrand  / drüber hinaus weitet sich die Zeit weiter und weiter ...
schmilzt zeit


---------------------------------------------------------------------


... klar auf dem Podest !!!!!!!!!!!!!!!!!!!


Gruß Stimmgabel ...


-


_________________
Gabel im Mund / nicht so hastig...
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Eulenbaum
Klammeraffe
E


Beiträge: 867



E
Beitrag22.05.2017 05:51

von Eulenbaum
Antworten mit Zitat

Unterer Punktbereich.


Zitat:
ein krähenlaut
ein klingelton
leergutsammler
ziehen bahnen
im gras der mond
der keiner ist

wo der berg? der
brennende busch?
wo das wort?

der wächter ruft
tritt ein tritt ein
sei fisch sei stein
nimm vom wald
nur das grün
das dich nicht kennt

am silbenband
schmilzt zeit


Das Lesezeichen als Wächter.
Ein Suchen im Buch-Text:

Zitat:
wo der berg? der
brennende busch?
wo das wort?


Und ein Finden:
Zitat:
ein krähenlaut
ein klingelton
leergutsammler
ziehen bahnen
im gras der mond
der keiner ist


Der Buch-Text als Identifikationsmöglochkeit:
Zitat:
sei fisch sei stein


Was zieht Dich an? Das Neue, das, worüber man noch nicht nachgedacht hat:
Zitat:
nimm vom wald
nur das grün
das dich nicht kennt




---
Zitat:
am silbenband
schmilzt zeit


So schön!

Und der Titel ist fein, und er gibt zusätzlich noch einen wichtigen Impuls für das Gedicht selbst.

Gruß,
Eulenbaum
Oberer Punktbereich
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Literättin
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 58
Beiträge: 1836
Wohnort: im Diesseits
Das silberne Stundenglas Der goldene Roboter
Lezepo 2015 Lezepo 2016


Beitrag22.05.2017 13:18

von Literättin
Antworten mit Zitat

Dieses hier vereint ein paar Stärken und Schwächen. Zunächst einmal: Es macht neugierig. Ich ignoriere den Nichttitelnden Titel, weil der an sich reizt mich wenig und er scheint mir auch nicht zum Rest zu passen.

Aber der Einstieg gefällt mir sehrwohl. Die ersten drei Verse wecken in mir etwas, so schlicht wie hier benannt wird, es ergibt sich mir ein Bild, das mich interessiert:

Zitat:
ein krähenlaut
ein klingelton
leergutsammler


Hier kann etwas folgen, etwas in Gang kommen und ich bin allein schon durch den Klingelton geweckt.

Dann wird es in meinen Augen schwächer:

Zitat:
ziehen bahnen


Auf mich wirkt es im Text rückwirkend schwächend, weil ich die obigen drei keine Bahnen ziehen sehe oder höre.

Von daher kann ich dem Mond im Gras, der keiner ist auch erst einmal weniger abgewinnen, weil mich das Bahnen ziehen raus gebracht hat, greife aber das Mystische auf und nehme es mit hinein in die nächsten Verse.

Die folgenden drei Fragen bleiben aber recht schwach, auch wenn der brennende Busch mir eine Tiefe andeuten könnte, zumal im folgenden "wo das wort". Hier klingt biblisches an und noch ist nicht klar, welche Brücke das schlagen wird.

Gar keine, fürchte ich in der nächsten Strophe, denn hier wird es märchenhaft und da tut sich mir die ganze Schwäche dieses Stückes auf, denn es scheint unschlüssig woher es kommt und wohin es will und so ergibt sich kein Sog und keine Richtung.

Allerdings schafft es eines: Mit nun wieder wachsender Kraft zu enden, denn das Grün, das dich nicht kennt, da hat schon was, aber dieses hier:

Zitat:
am silbenband
schmilzt zeit


... das mag ich sehr! Wird wohl in den Punkten landen.
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firstoffertio
Geschlecht:weiblichShow-don't-Tellefant


Beiträge: 5854
Wohnort: Irland
Das bronzene Stundenglas Der goldene Spiegel - Lyrik (1)
Podcast-Sonderpreis Silberner Sturmschaden


Beitrag22.05.2017 23:58

von firstoffertio
Antworten mit Zitat

Ich habe die Vorgaben so verstanden, dass der Lesezeichentext auf irgendeine Art sich auf die Funktion eines Lesezeichens beziehen soll. Das war ein wesentlicher Grund für die Auswahl der Texte, die ich unter Zeitdruck kommentiere.

Hier scheint mir das Lesezeichen Metapher für Leben zu sein.
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Longo
Geschlecht:männlichKlammeraffe
L

Alter: 34
Beiträge: 890



L
Beitrag23.05.2017 09:53

von Longo
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Mir gefällt der Text. Diese göttliche Berufung in seiner etwas anderen Art kommt an. Ich hätte vielleicht am Ende des Textes (ich weiß, man hat nur wenig Platz) noch einmal die Gegenwart aufgenommen und z.B. eine Schlussfrage formuliert, denn so steht der Klingelton und der Leergutsammler ziemlich alleine da. Trotzdem mein Favorit und 12 Punkte.

MFG Longo
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Heidi
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1425
Wohnort: Hamburg
Der goldene Durchblick


Beitrag24.05.2017 20:57

von Heidi
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So richtig Zugang finde ich nur im ersten Teil – hier entstehen Bilder, ich höre den Krähenlaut, den Klingelton und kann den Mond, der keiner ist sehen; die Leergutsammler ebenso. Es ist Nacht, aber keine düstere, sondern eine Nacht, wie jede andere. Dann aber fängt es an schwierig zu werden – ich frage mich was die Fragen zu bedeuten haben und wer der Wächter wohl sein mag, das Grün des Waldes nehmen, klingt geheimnisvoll. Die beiden letzten Zeilen gefallen mir gut, so als Abschluss.
Trotzdem leider keine Punkte.
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Municat
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 56
Beiträge: 353
Wohnort: Zwischen München und Ingolstadt


Beitrag26.05.2017 15:34

von Municat
Antworten mit Zitat

Lieber unbekannter Dichter,

ich habe leider ziemlich wenig Ahnung von Lyrik. Meine Vorstellung geht nicht weit über Songtexte und gereimte, rythmische Texte hinaus. Den übrigen Beiträgen zu diesem Wettbewerb sehe ich an, dass moderne Lyrik mit der Moritaten-Schreiberei, die ich für Geburtstage ab und an von mir gebe, nicht viel zu tun hat. Ich werde also keine Stilmittel bewerten, weil ich nicht beurteilen kann, was in moderner Lyrik möglich, gut, verpöhnt oder schlecht ist. Ich werde nach meinem subjektiven Eindruck werten, nach dem Gefühl, das der Text bei mir verursacht ... und natürlich danach, ob ich die Vorgaben irgendwie sehe. Also bitte nicht böse sein, wenn ich wahrte Perlen nicht erkenne oder plumpe Versuche gutheiße.

Das hier klingt für mich wie eine Ode an die Fantasie. Am allerbesten gefallen mir die letzten beiden Zeilen. Geschriebene Worte lassen uns alle die Zeit vergessen. Das ist so schön ausgedrückt!

Punkte vergebe ich erst, wenn ich alle Gedichte kommentiert habe.


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Gräme dich nicht, weil der Rosenbusch Dornen hat, sondern freue dich, weil der Dornbusch Rosen trägt smile
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Zinna
Geschlecht:weiblichschweißt zusammen, was


Beiträge: 1551
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Beitrag27.05.2017 16:42

von Zinna
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Hallo Inko,

Bilder unterschiedlicher Werke werden gezeigt bzw angesprochen.
(Darunter die Bibel?)

Die Gesamtheit von Titel und Bildern sagt mir hier zu.
Ich finde einen schönen Rhythmus beim lesen.
Einen Bezug irgendeiner Art zu dem Lesezeichen finde ich jedoch nicht.

Lieber Gruß
Zinna


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Wenn alle Stricke reißen, bleibt der Galgen eben leer...
(c) Zinna
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menetekel
Geschlecht:weiblichExposéadler

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Beiträge: 2452
Wohnort: Planet der Frühvergreisten


Beitrag28.05.2017 08:26

von menetekel
Antworten mit Zitat

Was mir hier sehr mundet, ist das Bild des Wächters. Denn anderes war ein Schutzdämon ursprünglich nicht.

Zitat:
der wächter ruft
tritt ein tritt ein
sei fisch sei stein


Untere ist ebenfalls eine ganz starke Versgruppe.
Hach!

Zitat:
Nimm vom Wald
nur das Grün
das dich nicht kennt

Toll! love

m.


_________________
Alles Amok! (Anita Augustin)
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gold
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Beiträge: 4939
Wohnort: unter Wasser
DSFo-Sponsor


Beitrag28.05.2017 09:46

von gold
Antworten mit Zitat

Ich verstehe diesen Text leider nicht. Trotzdem gefällt mir Strophe 1 mit ihren Bildern wie auch  die letzte Strophe… aber leider gibt es keine Punkte. Den Ausdruck: Der Pulsschlag, der pilgert, finde ich auch gut.
Mir wird nicht klar, in welchem Zusammenhang dein Gedicht mit der Themenvorgabe steht.


_________________
es sind die Krähen
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in wogenden Zedern

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Es dauert lange, bis man jung wird. (Pablo Picasso)
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MoL
Geschlecht:weiblichQuelle


Beiträge: 1838
Wohnort: NRW
Das bronzene Stundenglas


Beitrag28.05.2017 10:58

von MoL
Antworten mit Zitat

Hat mich verzaubert, ohne dass ich genau weiß, warum. Die Bilder, der Rythmus, die Klänge - toll! 5 Punkte.

_________________
NEU - NEU - NEU
gemeinsam mit Leveret Pale:
"Menschen und andere seltsame Wesen"
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Hexenherz-Trilogie: "Eisiger Zorn", "Glühender Hass" & "Goldener Tod", Acabus Verlag 2017, 2019, 2020.
"Die Tote in der Tränenburg", Alea Libris 2019.
"Der Zorn des Schattenkönigs", Legionarion Verlag 2021.
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V.K.B.
Geschlecht:männlich[Error C7: not in list]

Alter: 51
Beiträge: 6155
Wohnort: Nullraum
Das goldene Rampenlicht Das silberne Boot
Goldenes Licht Weltrettung in Silber


Beitrag02.06.2017 11:06

von V.K.B.
Antworten mit Zitat

Da ich zu Lyrik sowieso nur wenig Qualifiziertes sagen kann, nur ein stummer Bewertungskommentar, um bepunkten zu können. Denn bepunkten will ich trotzdem. Auch auf die Gefahr hin, dass meine Bewertung nicht wirklich qualifiziert ist, sondern größtenteils mein persönliches Gefallen an dem Gedicht, Originalität der Sprache sowie von mir erkennbaren Themenbezug widerspiegelt.

_________________
Hang the cosmic muse!

Oh changelings, thou art so very wrong. T’is not banality that brings us downe. It's fantasy that kills …
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albaa
Geschlecht:weiblichLeseratte
A


Beiträge: 131



A
Beitrag03.06.2017 10:35

von albaa
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Liebe aranka,

Wie du schon weißt, ist das mein Favorit.

Ich weiß ja gar nicht, ob man an einem Treppchengedicht noch herumstänkern darf. Es sind aber ohnehin nur Kleinigkeiten:
Aber da das der einzige Kommentar war, den ich vor Bewertungsende (beinahe) fertig geschrieben hatte,
soll er nicht auf meiner Festplatte vergammeln:

Die Verkürzung "ist's" im Titel gefällt mir gar nicht. Wieso wählst du so einen umständlichen Satzbau für den Titel?

ein krähenlaut - da hat ja auch SG schon eine "Auflockerung" vorgeschlagen, die ersten drei Zeilen sind ein bisschen überfrachtet mit "Kombi-Nomen" - "die krähe laut" ist supi!  
ein klingelton - Wo kommt der her? Egal, man ist jedenfalls wach.
Hierher gehört ein Absatz finde ich, damit die Geräusche besser wirken können, auch wenn ich mir vorstellen kann, dass du hier mit dem folgenden Leergutsammlern vom Hören zum Sehen überleiten wolltest

Zitat:
leergutsammler
ziehen bahnen


Das ist einfach gut, die "leergutsammler" lärmen noch, und da taucht schon der Mond, der auch seine Bahn zieht auf; welche weitere Bedeutung die Leergutsammler haben könnte, bin ich mir noch nicht sicher?

Zitat:
im gras der mond
der keiner ist


Wenn der Mond nicht der Mond ist, dann sind die Leergutsammler vermutlich auch keine Leergutsammler. Was ist das im Gras? Liegt da Leergut? Nein, oder? Der Mond ist kein Mond, weil er nur im Buch vorkommt?

Zitat:
wo der berg? der
brennende busch?
wo das wort?


Hier stören mich die ganz offensichtlich vorgabengeschuldeten Elisionen und sonderbaren Zeilenumbrüche;

Die klare und stark religiöse Symbolik passt irgendwie gut zum Lesezeichenbild (obwohl ich darin eher eine Medusa sah, aber mittlerweile habe ich gelesen, dass es von einem Tor im Dogenpalast stammt - du warst offensichtlich besser informiert).

Diese Zeilen haben stilistisch noch Verbesserungspotenzial - ginge aber leicht und auf Satzzeichen könnte man auch hier verzichten, oder?:
wo ist der berg
(wo) der dornbusch
und wo das wort

Zitat:
der wächter ruft
tritt ein tritt ein
sei fisch sei stein
nimm vom wald
nur das grün
das dich nicht kennt -


Hier kommt wieder dieser Rhythmus, der mich irgendwie an „Ein Hut, ein Stock, ein Regenschirm … „ erinnert hat, wie auch der Anfang – keine Ahnung warum eigentlich – und ein bisschen auch ans „magische Theater“ im Steppenwolf von Hesse (Anmerkung neu: woran es mich nach mehrmaligem Lesen immer mehr erinnert).

Die zwei Zeilen mit der doppelten Reimerei lesen sich hübsch verspielt. Darüber hinaus gefällt mir eben die kinderreimartige Leichtigkeit (deshalb könnte ich mir sogar vorstellen, dass hier statt "Wald" sogar noch einmal auf "Rain" gereimt wird – aber das hätten die meisten Lyriker wohl als übertrieben angesehen, ich mag die Überzeichnung/treibung halt), die nun plötzlich aufkommt:

Man braucht sich also trotz der vorherigen gewichtig einschüchternden Symbolik (in Richtung Wahrheit und Gebot/Gesetz) offensichtlich nicht vor dem Inhalt des Buches (Lebens?) zu fürchten; die Buchseiten sind wohl auch nicht vergiftet wink.

Der Wächter ist kein finsterer Bewahrer, sondern fordert dazu auf, sich auf (erfrischendes) Unbekanntes (Neues) einzulassen:
"nimm nur das Grün, das dich nicht kennt" - gefällt mir sehr! –

Warum ausgerechnet (nur) "vom wald"? Braucht es dieses einschränkende, aber dann doch wiederum zu allgemeine Bild wirklich? Ohne den Wald  klingt es auch schöner, finde ich: nimm nur das grün //das dich nicht kennt - oder wenn dir das zu sehr leiert vielleicht: nimm dir vom wald (rain wink)//das grün//das dich nicht kennt – ich persönlich würde versuchen, die Strophe mit das grün enden zu lassen, warum kann ich nicht genau sagen - vielleicht wegen des Hoffnungsschimmers und weil dann die das rote Zünglein des Dämons ins Spiel kommt:

Zitat:
am silbenband
schmilzt zeit


Schön diese Verse, die nicht nur wunderbar beschreiben, wie man beim Lesen in die Zeitlosigkeit eintauchen kann, sondern auch perfekt auf das Lesezeichen Bezug nehmen. Schade, dass man hier einen Zeilenumbruch machen muss, um die Silbenzahl zu erreichen. Aber so ist das eben mit Lesezeichen smile.
 
Gratuliere nochmals!

Lieben Gruß
albaa
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Aranka
Geschlecht:weiblichBücherwurm
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A
Beitrag03.06.2017 11:49

von Aranka
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Ich werde in den nächsten Tagen sicherlich auf die Kommentare eingehen und ganz zum Schluss auch ein wenig zum Text sagen, besonders da, wo mir die Kommentare ihre Fragezeichen setzen.

Vorab jedoch allen, die sich mit dem Text auseinandergesetzt haben, ein Danke für Zeit und Mühe.

Ganz gleich, zu welchem Bewertungsegebnis der Leser gekommen ist, ich freue mich über die dagelassenen Rückmeldungen, die mir Auskunft über die Textbegegnung mit dem Leser geben und damit auch über mein Schreiben.

Mich interessieen die Punkte weniger, sie sagen mir nur, an welcher Stelle ich in der Rangliste des einzelnen Lesers stehe. Ich finde die Rückmeldung bei 0 Punkten ebenso wichtig und aufschlussreich, wie die bei einer Punktvergabe.

Bis dann. Aranka


_________________
"Wie dahingelangen, Alltägliches zu schreiben, so unauffällig, dass es gereiht aussieht und doch als Ganzes leuchtet?" (Peter Handke)

„Erst als ihm die Welt geheimnisvoll wurde, öffnete sie sich und konnte zurückerobert werden.“ (Peter Handke)
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Aranka
Geschlecht:weiblichBücherwurm
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A
Beitrag03.06.2017 20:07

von Aranka
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Dann fange ich mal an und werde ganz unkreativ der Reihe nach vorgehen.

Hallo  Constantine,

 danke fürs Bewerten und für die Rückmeldung. Was ich für mich herauslese:  Du merkst das „Springen zwischen den Bildern“ an und ich lese da so eine Art Fragezeichen.

Vielleicht findest du ja im Titel eine Erklärung: Das Lesen eine Pilgerreise, das Lesezeichen ein  Zeichenband für Bilder, Fragen, Gefundenes und Aufgesammeltes. Der Leser als Leergutsammler!?  Vielleicht. Das Lesezeichen gibt Auskunft über unterschiedliche Stationen der Lesereise. Mehr dazu in meinem letzten Kommentar zum eigenen Text.

Es freut mich, dass dir der Titel gefällt.

Hallo Stimmgabel,

auch dir ein danke für den ausführlichen Kommentar und deine Einschätzung. Ich weiß die Mühe und auch deinen kritischen Blick zu schätzen.

*Du schreibst.
Zitat:
Eine gelungene, sich ästelnde Lesezeichenreise auf Leselust; und sprachlich  / viersilbig unverkrampft zeilig und umbrüchig /  mMn ebenso feinst (lyrisch) umgesetzt
zwei Hubberle-Vorschläge


„Lesezeichenreise“ ist ein gutes Wort. Die Reise ins Buch immer auch eine Reise ins eigene Leben, und es ist die Reise, die das Lesezeichen füllt und der eigene Pulsschlag ist's, der pilgert.
Das du die durchaus bewusste Gemachtheit des Textes erkennst und als gelungen einschätzt, erfreut mich, denn ich denke und hoffe, dass mein „Bauen“ ein Unauffälliges aber textdienliches ist.

Deine Vorschläge sind mir ein Nachdenken wert. Beginne ich mal mit dem Einstiegsvers, den ja Albaa auch anspricht. Ich stelle einmal beide Varianten gegenüber und betrachte einmal die veränderte Textwirkung:

ein krähenlaut
ein klingelton

oder:

die krähe laut
ein klingelton

Unter dem Blickwinkel der gekonnten sprachlichen Variation, gebe ich dir und Albaa Recht, die zweite Variante ist interessanter gebaut, abwechslungsreicher, aber es entsteht eine ganz andere Textwirkung und die beobachte ich als Schreiber schon sehr genau.

die krähe laut
ein klingelton

Hier tritt die „Krähe als Ding“ aus der Zeile heraus, ihr Ruf wird wertend in den Text eingebracht, nämlich als „laut“. Der das notiert, geht anders auf Reise als Mein Wanderer, er nimmt wahr und ordnet der Wahrnehmung gleich eine wertende Eigenschaft zu. Mein Wanderer sammelt erst mal wertfrei. Auch frage ich mich als Leser gleich bei deinem Vorschlag, warum die Krähe und ein Klingelton. Ist das eine bestimmte Krähe? Der Klingeltn irgendeiner?

All das wollte ich nicht mit dem Einstieg erzielen. Aber das weiß ich erst jetzt so genau, nach dem du und Albaa mich noch mal zum Abklopfen dieser Stelle aufgefordert habt.

ein krähenlaut
ein klingelton

In der Originalversion sind beide Zeilen vollkommen gleich aufgebaut: zusammengesetzte Nomen, beide mit unbestimmten Artikel, beide mit gleicher Klanggewichtung, beide mit unbestimmtem Artikel.

Geräusche. Vielleicht die ersten am Morgen. Geräusche, mit dem ein Tag/eine Reise beginnen kann, vielleicht die Worte auf einer Buchseite, die dem Leser, aus was für einem Grund auch immer, entgegen fallen, die er einfach einsammelt, der Beginn der Pilgerreise.

Es sind Geräusche und stehen als solche im Text. Nicht die Krähe tritt ins Bild, sondern ihr Ruf, nicht das Ding, das den Klingelton verursacht ist im Text anwesend.

Das beide Worte durchaus ein eigenes Gepäck in sich tragen und dadurch dem Leser Spielräume eröffnen (Wofür steht die Krähe? Was klingelt da?), ist mir klar. Im Textraum sind sie erst einmal zwei Geräusche, ungewertet, eingesammelt. Leergut am Wegesrand, das dem, der es notiert, des Sammelns wert ist. So könnte es sein oder auch anders.

Hier gilt für mich nicht die interessantere Variante, hier gilt für mich die Wirkung, die ich erzielen will. Ich lade den Leser ein, mit zu pilgern und erst einmal zu Sammeln.
Dennoch habe ich natürlich „lyrisch“ aufgesammelt und denke, dass der Leser das gespürt hat und „krähenlaut-klingelton“ schon als ein spannendes Wortegespann empfunden hat.

Nun zu deinem zweiten Vorschlag: silbenrand statt silbenband. Ganz spontan gefällt mir der „rand“ besser, da ein Rand für mich schon immer ein geheimnisvolles und spannendes Gebiet ist, dass es zu betreten unbedingt lohnt.
Mir ist beim Schreiben das Band entgegen gefallen, da sich das Lesezeichen für mich wie ein Band mit Worten füllt und sich wie ein Band durchs Lese-Leben schlängelt. Ich muss da Abstand zum Wettbewerb bekommen, in dem ja das Lesezeichen immer in meinem Fokus war, bevor ich entscheide.

Frank, du siehst, wie viel es mir bedeutet, durch Kommentare noch mal auf den Text zurückgeworfen zu werden.

Liebe Grüße. Aranka

Morgen geht es weiter.


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Aranka
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A
Beitrag03.06.2017 23:49

von Aranka
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Hallo Eulenbaum,

ich habe mich über dein Lesen in meinem Text sehr gefreut, hast du doch die Stationen der „Lesereise“ ganz nah an meinem Textverständnis, benannt.

Da gibt es ein Suchen (und Fragen stellen), ein Finden (und Sammeln) und ein sich Identifizieren und eine Begegnung mit dem Nicht-Benennbaren, dem Geheimnis des Buches, dem Text hinter dem Text, „dem Grün, das dich nicht kennt“ und „dem Mond, der keiner ist“.

Du schreibst:

Zitat:
Und der Titel ist fein, und er gibt zusätzlich noch einen wichtigen Impuls für das Gedicht selbst.


Das sehe ich auch so, der Titel gewichtet den Text und schafft aus meiner Sicht auch die Verbindung zwischen den einzelnen Textabschnitten.

Hier ist von einer Pilgerreise die Rede, ein Unterwegs-sein  als Fremder in der Fremde, das Ziel ein ferner „heiliger“ Ort. Lesen ist eine solche Pilgerreise. Der heilige Ort: das Innere des Buches, das Geheimnis des Textes. Der Pulsschlag: der eigene innerste Ort.

Eulenbaum, danke für den Einblick in dein Lesen. Hat mich gefreut.

  Du schreibst:
Gruß, Eulenbaum
Oberer Punktbereich

Da hast du dich wohl vertippt. Oder?


Liebe Grüße. Aranka


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Eulenbaum
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E
Beitrag04.06.2017 10:48

von Eulenbaum
Antworten mit Zitat

Zitat:
Du schreibst:
Gruß, Eulenbaum
Oberer Punktbereich

Da hast du dich wohl vertippt. Oder?


Hallo Aranka,

weiter oben im Kommentartext, über dem Zitat, steht: Unterer Punktbereich.

Am Anfang lag der Text punktemäßig höher, im oberen Bereich. ich habe das bei der Bearbeitung des Kommentartextes übersehen, daß da noch die andere, ältere "Notiz" stand.

Ich habe nicht nur einen Lese-Durchgang gemacht.

Ein Grund für den letztlich niedrigen Punktbereich ist, daß mir ein Teil der einzelnen Bilder zu "wuchtig" ist, sie stehen zu sehr nebeneinander und sind mir in gewisser Weise zu wenig aufeinander bezogen.

Es wird zu wenig verbindender "Zwischenraum" transportiert.


editiert:
Beispiel:


Zitat:
ein krähenlaut
ein klingelton
leergutsammler
ziehen bahnen
im gras der mond
der keiner ist


Auch die Verbindung dieser zur nächsten nächsten Strophe fehlt mir, die Motive stehen mir zu sehr nebeneinander.

Ende der ergänzenden Editierung.

Im Großen, also über das ganze Gedicht hin, gibt es eine Verbindung,  aber zwischen den Einzelteilen untereinander fehlt sie mir zum Teil.

Daß das Gedicht eine "Ganzheit" bildet, sehe ich daran, daß ich schwer bestimmte Einzelteile herauslösen kann, z.B. die eine schöne Stelle, sie kann nicht allein stehen, ohne zu verlieren:

Versuch die schöne Stelle

Zitat:
der wächter ruft
tritt ein tritt ein
sei fisch sei stein
nimm vom wald
nur das grün
das dich nicht kennt


aus dem Ganzen herauszulösen: Da fehlt der Kontext, um sie zu dem zu machen, das sie in dem Gedicht für mich ist: Der Hintersinn ist nicht mehr erkennbar, den diese Stelle im Geflecht des Ganzen hat.

Mir ging es so, daß mir etwas gefehlt hat, anderen ist es nicht so gegangen.

Ein schöner zweiter Platz!

Gruß,
Eulenbaum

Zitat:
ein krähenlaut
ein klingelton
leergutsammler
ziehen bahnen
im gras der mond
der keiner ist

wo der berg? der
brennende busch?
wo das wort?

der wächter ruft
tritt ein tritt ein
sei fisch sei stein
nimm vom wald
nur das grün
das dich nicht kennt

am silbenband
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Aranka
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A
Beitrag04.06.2017 15:10

von Aranka
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Eulenbaum, du bist nicht der einzige, dem die ersten drei "Wahrnehmungen", die der LI-Leser aufgesammelt und notiert hat, untereinander zu wenig verbunden dastehen und ich hatte deinen Kommentar auch richtig gelesen, so denke ich wenigstens. Mich irritiertierte eben nur die Schlussbemerkung, dass sie aus einer früheren Lesephase stammte, konnte ich nicht erkennen. Alles okay.

Schönen Pfingstsonntag. Aranka


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"Wie dahingelangen, Alltägliches zu schreiben, so unauffällig, dass es gereiht aussieht und doch als Ganzes leuchtet?" (Peter Handke)

„Erst als ihm die Welt geheimnisvoll wurde, öffnete sie sich und konnte zurückerobert werden.“ (Peter Handke)
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Aranka
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Beitrag04.06.2017 18:56

von Aranka
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Hallo Literättin,

danke für dein intensives Lesen und deine ausführliche Rückmeldung. Ich versuche einmal deinem Lesen nachzuspuren.

Du sprichst den Titel an und triffst drei Aussagen: a) du nennst ihn „nicht titelnd“ und ich überlege, was du mir damit sagen willst. b) die Titelzeile übt nur wenig Reiz auf dich aus, was durchaus passieren kann und was ich als Rückmeldung mitnehme. c) der Titel passt für dich nicht zum Rest des Textes, und ich hoffe nun im weiteren Kommentar herauszufinden, warum du das so siehst.

Ich kann einfach mal ein paar Gedanken in den Raum stellen, die in meinem Kopf waren, als ich die Titelzeile formuliert habe, wie der Leser sie mit dem Text verknüpft, das muss ich dann aus der Hand geben.

Die Schlüsselworte, die auch in eine zweite Ebene greifen, sind: Pulsschlag und pilgern. Hier nur ein paar Gedanken zu beiden Worten: Den Pulsschlag können wir an verschiedenen Körperstellen ertasten, mal klopft und schlägt er schnell und heftig, mal flach und langsam. Immer greift er „Herzaktionen“ (von denen du noch nichts weißt) auf und gibt sie wieder und trägt sie in die entferntesten  Körperregionen und macht so die Herzaktionen spürbar, tastbar. Er kennt den Herz-Ort in dir, ist dir näher als du dir selbst und wenn du dich ihm anvertraust, mit ihm wanderst, ist es wie pilgern, wie ein Wandern als Fremder in der Fremde, ein wandern zu einem „heiligen/inneren/verborgenen/besonderen Ort“ (die Adjektive sind Angebote). Und ein Leser ist für mich jemand, der eine solche Reise antritt.

Und so spricht das „Dein“ im Titel sowohl das LI als ein DU, als auch den Leser dieses Gedichtes an, denn auch er begibt sich auf die Reise in genau den Text, der diese Reise näher anschaut. Ob es für ihn ein Pilgern wird, ob es ein Ankommen an einem „inneren Ort“ im Text oder im Leser selbst gibt, liegt immer auch an den zustande kommenden Berührungspunkten von Text und Leser.
 
Die Titelzeile birgt für mich die Textidee und bildet gleichzeitig den Boden, in dem alle Zeilen wurzeln und auf dem sich die so verschiedenen Bilder verbinden.

Du steigst erst einmal ohne Titelzeile ein und findest „Stückwerk“.  Das ist vollkommen nachvollziehbar.

Du schreibst

Zitat:
Aber der Einstieg gefällt mir sehrwohl. Die ersten drei Verse wecken in mir etwas, so schlicht wie hier benannt wird, es ergibt sich mir ein Bild, das mich interessiert:
Zitat:
ein krähenlaut
ein klingelton
leergutsammler

Hier kann etwas folgen, etwas in Gang kommen und ich bin allein schon durch den Klingelton geweckt.


Das freut mich, dass die vom Leser-Schreiber „aufgesammelten“ Wahrnehmungen bei dir etwas in Bewegung setzen, dass sie Interesse wecken.

Fällt mir gerade so ein: Ist das Wort „Leergut“ nicht ein tolles Wort mit ganz viel widersprüchlicher Spannung im Innern und was und wer sind wohl diese Leergutsammler? Jedenfalls ziehen nicht nur welche in unserer Stadt ihre Bahnen sondern auch die Idee dieser Tätigkeit und dieses Wortes ziehen Bahnen in mir, und als Leser bin ich vielleicht auch eine Art Leergutsammler.

Du hast deine Probleme mit dem „Bahnen ziehen“ und kannst auch „dem Mond im Gras, der keiner ist“ wenig abgewinnen.

Du schreibst:

Zitat:
Von daher kann ich dem Mond im Gras, der keiner ist auch erst einmal weniger abgewinnen, weil mich das Bahnen ziehen raus gebracht hat, greife aber das Mystische auf und nehme es mit hinein in die nächsten Verse.


Ich glaube hier dein Störempfinden orten zu können. Es sind die drei gesammelten Wahrnehmungen in jeweils einem Zeilenpaar, die dicht beieinander stehen ohne Leerzeile und erst einmal nichts miteinander zu tun haben. Ich glaube, das geht noch mehr Lesern so.
 
Kannst du dir vorstellen, dass Lesen / Reisen / auch Leben oder Tage so beginnen? Mit einem Geräusch, einem Gedanken, einem Bild, einer optischen Täuschung, „die dir den Mond ins Gras legt“. Du sammelst alles, einfach weil es dir „begegnet“ ist, legst alles ohne zu ordnen, ohne zu werten in deinen Tages-Lebens-Leergut-Korb, schreibst es vielleicht später auf einen Lesestreifen oder wie ich auf einen Buchseitenrand, weil ich da etwas finde, das an mein "Leergut" andockt.

 Und schon folgst du deinem Lebens-Leseband und das Band wächst mit dir und dein Pulsschlag schreibt den Takt. Und einen Mond, der keiner ist, den finde ich in jeder guten Literatur und manchmal auch in meinem Tag, in meinem krausen Kopf und ich nehme ihn als Mond, wohl wissend, dass es keiner ist.

Was ich schön finde ist, dass du dich nicht durch die vielfältigen Störfaktoren, die du benennst, und die ich nachvollziehen kann, vom Weiterlesen abhalten lässt, sondern das nimmst, was dich weiter trägt. Das mache ich auch manchmal so, gestehe aber, dass ich nicht immer ein geduldiger Leser bin, und auch schon mal das Buch zuklappe und das Leseband darin zurücklasse, bis auf einen anderen Zeitraum, wo ich neu probiere.

Du schreibst weiter:

Zitat:
Die folgenden drei Fragen bleiben aber recht schwach, auch wenn der brennende Busch mir eine Tiefe andeuten könnte, zumal im folgenden "wo das wort". Hier klingt biblisches an und noch ist nicht klar, welche Brücke das schlagen wird.


Hat der Leseband-Schreiber-Leser bisher eher gesammelt, aufgelesen, was er fand, so meldet er sich nach der Leerzeile mit seinen Fragen und formuliert sein Suchen, denn er ist als Pilger unterwegs zu einem „Pilger- Ort“, den er zwar, in dem was er ist, nicht benennen kann aber weiß, dass es ihn gibt. Und so sucht er diesem Ort ein Bild und er greift auf eine Erzählung der Bibel zu: der Berg/ der brennende Busch/ das Wort, auch hoffend, dass er den Leser nun an diesen „biblischen Ort“ führt.  „Hier bin ich!“ sagt da der Suchende und ein Dornbusch brennt und verbrennt nicht. Und eine Stimme ruft ihn.

Solche Bücher wünsche ich mir, die mich an solch intensive Orte führen, an denen alles möglich wird, wo die „Geister“ beginnen mit mir zu kommunizieren, wo die Stimmen hinter den Worten hörbar werden und die Bilder hinter den Bildern ahnbar.

Du suchst auch, suchst nach der Brücke zwischen den einzelnen Textteilen und findest keine.

Denn du schreibst:

Zitat:
Gar keine, fürchte ich in der nächsten Strophe, denn hier wird es märchenhaft und da tut sich mir die ganze Schwäche dieses Stückes auf, denn es scheint unschlüssig woher es kommt und wohin es will und so ergibt sich kein Sog und keine Richtung.


Ich denke, dass der Text es nicht geschafft hat, dich einzufangen und mitzunehmen auf die Reise und vor diesen brennenden Busch zu führen. Das kann im Text liegen, dass ihm die Intensität oder die Führung fehlt, jedenfalls knistert da nichts in der Begegnung zwischen Leser und Text.

Der Textwächter ( denn für mich haben solche "inneren Orte" ganz unbedingt einen Wächter oder Hüter und hier ist dann auch der Bezug zum Bildmotiv des Lesezeichens) hat dich mit seinem Ruf nicht erreicht.

 „Tritt ein, tritt ein!“ ruft er dir zu. „Sei Fisch, sei Stein!“ Eine Art „Zauberformel“. Die Aufforderung, dich zu lassen und bei den Dingen zu sein. Begegne dem, was dich nicht kennt! Geh als Fremde zum Fremden! Pilgere! So könnte es weniger poetisch heißen.

Der Text konnte dich nicht verzaubern, was in einer Wettbewerbs-Bewertungs-Situation auch wirklich nicht einfach ist.  Im Kopf  ein ganze Tüte an Kriterien und dann der Gedanke an die eigene Rangliste, in die man die Texte einordnen muss. Ich habe diese „Lesesituation“ für mich als sehr störend empfunden und habe festgestellt, dass mir die Texte entgegen kamen, die mich in ihrer Originalität einfach geschnappt und mitgerissen haben.  

Zum Schluss konnte der Text dich wenigsten mit seinen Schlusszeilen erreichen.

Du schreibst:

Zitat:
Allerdings schafft es eines: Mit nun wieder wachsender Kraft zu enden, denn das Grün, das dich nicht kennt, da hat schon was, aber dieses hier:
Zitat:
am silbenband
schmilzt zeit


Es freut mich echt, dass du dich bis ans Ende durchgelesen hast und dort dann ein wenig versöhnt wurdest.
Du bist ja nicht die Einzige, die vom Text irgendwie auf der Strecke gelassen wird, das sehe ich an den Kommentaren und ich muss jetzt einfach mit Abstand hinterfragen, wo die Textverbindungen vielleicht zu versteckt sind.

Dein Kommentar hat mich veranlasst, einige meiner Textgedanken offen zu legen und auch ein wenig auszuholen und Seitengedanken zu zu lassen. Vielleicht kann dir meine Antwort ein paar Brücken in den Text schlagen.
Danke für die ausführliche Beschäftigung mit dem Text.

Liebe Grüße Aranka


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Beitrag04.06.2017 20:07

von Aranka
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@ firstoffertio

Danke für dein Lesen und Bewerten. Deine Rückmeldung und Auslegung zur Lesezeichenmetapher kann ich einiges abgewinnen.

@ Longo

Du schreibst:

Zitat:
Mir gefällt der Text. Diese göttliche Berufung in seiner etwas anderen Art kommt an. Ich hätte vielleicht am Ende des Textes (ich weiß, man hat nur wenig Platz) noch einmal die Gegenwart aufgenommen und z.B. eine Schlussfrage formuliert, denn so steht der Klingelton und der Leergutsammler ziemlich alleine da. Trotzdem mein Favorit und 12 Punkte.


Das mit der "göttlichen Berufung der anderen Art" gefällt mir und natürlich auch, dass der Text dich erreichen konnte. Danke für dein Lesen und dein Bewerten. Deinen Hinweis zur besseren Einbindung der Einstiegsbilder werde ich mitnehmen.


@ Heidi

du schreibst:

Zitat:
So richtig Zugang finde ich nur im ersten Teil – hier entstehen Bilder, ich höre den Krähenlaut, den Klingelton und kann den Mond, der keiner ist sehen; die Leergutsammler ebenso. Es ist Nacht, aber keine düstere, sondern eine Nacht, wie jede andere. Dann aber fängt es an schwierig zu werden – ich frage mich was die Fragen zu bedeuten haben und wer der Wächter wohl sein mag, das Grün des Waldes nehmen, klingt geheimnisvoll. Die beiden letzten Zeilen gefallen mir gut, so als Abschluss.
Trotzdem leider keine Punkte.


Heidi, es freut mich ganz besonders, dass du zu den Eingangsversen deinen Zugang finden konntest. Hier setzen andere Leser durchaus ihre Fragezeichen. So ist es eben mit den Texten und den Lesern, sie finden auf recht unterschiedliche Weise zueinander.

Deine Fragen habe ich vielleicht zum Teil in meiner Antwort an Literättin beantwortet.

Danke für dein Lesen und deine Rückmeldung.

@ Municat

du schreibst:

Zitat:
Das hier klingt für mich wie eine Ode an die Fantasie. Am allerbesten gefallen mir die letzten beiden Zeilen. Geschriebene Worte lassen uns alle die Zeit vergessen. Das ist so schön ausgedrückt!


Danke dir für diese schöne Rückmeldung. Freut mich, dass du die letzten Zeilen besonders magst. Auch mir sind sie bedeutsam.
Und mach dir mal keine Sorgen um deine Fähigkeiten, dich der Lyrik zu nähern. Es ist immer eine ganz persönliche und individuelle Begegnung, die sich zwischen Text und Leser entspinnt.

Liebe Grüße. Aranka


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