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Die Kinder


 
 
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Cheyenne
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Beitrag06.04.2017 06:12
Die Kinder
von Cheyenne
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1. Der Ausflug

Ein kleiner Junge steht auf der Fensterbank. Die Schildmütze mit dem bunten Logo tief ins Gesicht gezogen. Seine dicken Locken quellen darunter hervor. Ein buntes Ringelshirt steckt in den dunkelblauen Shorts. Mit Turnschuhen und Söckchen steht er seit ein paar Stunden. Nichts lässt ihn den Platz verlassen. Kein Wort. Kein Zureden. Ein Rucksäckchen gepackt mit Vesper, Tee, einigen Matchboxes und Bilderbüchern hängt ihm an den Schultern. Im Arm ein Teddy, fest an den Körper gedrückt. Unten läuft sein Freund vorbei und winkt. Er winkt nicht zurück. Kein Wort kommt von den Lippen, kein Lächeln verzieht seinen Mund. Unbeweglich steht er, bis in die Mutter von der Fensterbank nimmt. Fest hält sie ihn in den Armen, während ein vergesslicher Vater irgendwo arbeitet.



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Cheyenne
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Beitrag06.04.2017 06:15

von Cheyenne
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2. Das Treffen

Kurz angebunden begrüßt er die Kleine und bietet ihr ein Eis an. Es ist heiß in der Stadt. Das Café ist beinahe leer. Vermutlich erfrischen sich viele im Freibad oder verschanzen sich in schattigen Ecken. Die Kellnerin bringt das Eis, zwei Kugeln mit Sahne und zudem noch zwei Kännchen Kaffee. Er betrachtet das Kind kurz: "Du bist eingeladen. Das ist selbstverständlich."
Dann erzählt er der Mutter von seiner Arbeit, von seinen Konzerten. Das Mädchen stochert lustlos im Eis. "Du muss aufessen", sagt er zu ihr: "das kostet Geld" und erzählt weiter.
Ein fremder Mann betritt das Café und setzt sich an den Nebentisch. Freundlich lächelt er dem Mädchen zu. Er hält ein winziges Bündel schneeweißen Pudel an der Leine. Das Kind rutscht vom Stuhl unter den Tisch und spielt leise mit dem kleinen Hund. In der Eisschüssel schwimmt eine braunweiße Soße. "Jetzt isst sie das nicht", bemerkt er leicht verärgert, um dann ins Schwärmen zu kommen von früheren Zeiten.
Die Frau trinkt die letzten Schlucke des inzwischen kalten Kaffees, um dann unter dem Tisch nach dem Kind zu fischen. Höflich bedankt sie sich für die Großzügigkeit. Noch ein schnell hingeworfener Abschiedsgruß, dann nimmt sie ihr Kind an der Hand und die Tür des Café's fällt hinter den beiden ins Schloss.
Auf dem Weg zum Parkplatz, zieht das Mädchen an der Hand der Mutter: "Mami, kann ich auch so einen Hund haben? Kostet der viel Geld? Ich verkaufe den Papa."


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Tjana
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Beitrag06.04.2017 18:39

von Tjana
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Hallo Cheyenne,

ich bin etwas unsicher, welche Reaktionen, welche Kommentare du erwartest.
Der Titel und die fehlende Möglichkeit, (z.B. nur) auf den ersten Text zu antworten, deuten auf eine Reihe hin. Dazu kann ich keine gescheiten Gedanken abgeben.
Aber da du in der Werkstatt posetst, mach ich mal, wie immer:

Der kleine Junge hat mich eher zu packen verstanden, als die Café Geschichte. Zu Beginn dachte ich sogar, er will springen. Der letzte Satz macht es dann klar. Beinahe zu klar.
Zitat:
Unbeweglich steht er, bis ihn die Mutter von der Fensterbank nimmt.

Beim zweiten Text gefällt mir der letzte Satz, aber er passt eigentlich nicht, weil für mich dieses hier
Zitat:
Höflich bedankt sie sich für die Großzügigkeit. Noch ein schnell hingeworfener Abschiedsgruß, (...)

deutlich darauf hinweist, dass der Mann eben nicht ihr Ehemann und der Vater des Kindes ist. Vermutlich sollte damit die Entfremdung der drei dargestellt werden. Das hat dann für mich nicht geklappt.
LGT


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Cheyenne
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Beitrag10.04.2017 13:44

von Cheyenne
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Hallo Tjana,

vielen Dank erstmal, dass du dir die Mühe mit meinen Kürzestgeschichten gemacht hast.
Ich habe sie beide gleichzeitig eingestellt, da sie stilistisch etwas unterschiedlich gestaltet sind. Es sind auch meine allerersten in dieser Form überhaupt - und damit kann man direkt vergleichen kann.
Klar, einfach ganz normal kommentieren ist prima.

Ja, ich wollte noch ein paar folgen lassen. Kindergeschichten eignen sich wunderbar zum Üben, meine ich.

Zu G1: Den Tippfehler kann ich erst durch nochmals einstellen ausbessern. Was meinst du mit, der Schluss ist zu deutlich? Wenn ich es verschleiere, habe ich ja keine Schlusspointe mehr. An was hattest du da gedacht.

Zu G2: Nein, das muss ich wohl nochmals überarbeiten. Das sollte die  allererste Begegnung eines Kindergartenkindes (seit der Säuglingszeit) mit dem Vater überhaupt darstellen. Sicher sind sie sich da fremd. Der Vater benimmt sich unmöglich von oben runter und unterkühlt, während sowohl das Kind wie die Mutter sich während der gesamten Begegnung mehr und mehr reserviert und zurückhaltend reagieren. Erst auf dem Weg zum auto bricht der ganze Frust und Schock über einen solchen Vater aus dem Kind heraus. Retter der Situation für das Kind stellt der Fremde samt Hund dar.
Für Anregungen, wie ich dies besser darstellen kann, wäre ich allemal dankbar und offen.

Liebe Grüße
Cheyenne


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Franz Moor
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Beiträge: 7



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Beitrag11.04.2017 01:32

von Franz Moor
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Hallo Cheyenne,

vor allem die erste Geschichte berührt mich, trotzdem fällt es mir schwer, die Figuren nachzuvollziehen - was für mich an der nüchternen, berichtenden Schreibweise liegt. In deren Folge nehme ich dir in Geschichte No.2 nämlich den Vater, den es so ja tatsächlich geben könnte, mit seiner unempathischen Art nicht ab. Zu einseitig ist er beleuchtet, zu stark ähnelt er einem Comic-Schurken. Über der Kritik am Ende, dass die Tochter nun von Papas materialistischer Denke beeinflusst ist, schwebt belehrend die Anklage: Seht nur, so verdirbt man ein Kind! Wirkt auf mich verallgemeinernd/platt.

Ich kann nachvollziehen, warum du lieber objektiv als subjektiv schreibst und der Geschichte damit auch ein bisserl ihre Gültigkeit verleihst. Es würde ihr dennoch zugänglicher machen, wenn du ihren Akteuren ein paar Graustufen gönntest.
Der Vater erlebt die Begegnung trotz Angeberei und Geldgenöle trotzdem (dezent) wie ein Mensch?
Warum reagiert er so schroff auf die freche Eis-Ess-Verweigerung der Tochter?
Seine Bemühungen zielen offensichtlich darauf ab, sich auf keinen Fall vor der Ehemaligen samt Tochter die Blöße zu geben. Nachvollziehbar...

Anbieten würde sich sicher auch, in eine Figurenperspektive zu wechseln. Fände die Mutter am spannendsten, die den Herrn Ex-Mann ja eben so einseitig sehen mag, wie er bereits von dir präsentiert wird.

Bin gespannt auf weitere Schilderungen.
Franz
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Cheyenne
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Beitrag11.04.2017 06:50

von Cheyenne
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Guten Morgen, lieber Franz Moor,

vielen Dank für die konstruktive Kritik. Ich habe überlegt, weshalb die erste Geschichte mehr anspricht, obwohl die zweite eigentlich für ein Kind eine wesentlich schlimmere Situation ist. So bin ich zu dem Schluss gekommen, dass man in der erste Geschichte das Leiden des Kindes mitverfolgen kann, man steht mit diesem Kind auf dem Fensterbrett, während das zweite sein leid eher durch ein nicht-gegessenes Eis und einen Satz am ende ausdrückt. In der ersten wird das Kind getröstet von der Mutter, in der zweiter ist nur der Pudel da, aber die Reaktion der Mutter auf die Situation ist nicht mehr in der Geschichte.

Der knappe Stil war Absicht, um dem Leser Freiraum für eigenes Empfinden zu geben. aber ich bin ja noch am Experimentieren.

Ich habe die zweite Geschichte mal etwas abgeändert. Und bin gespannt, ob dies etwas bewirkt.

Liebe Grüße
Cheyenne


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Cheyenne
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Beitrag11.04.2017 07:00

von Cheyenne
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1. Der Ausflug

Ein kleiner Junge steht auf der Fensterbank. Die Schildmütze mit dem bunten Logo tief ins Gesicht gezogen. Seine dicken Locken quellen darunter hervor. Ein buntes Ringelshirt steckt in den dunkelblauen Shorts. Mit Turnschuhen und Söckchen steht er seit ein paar Stunden. Nichts lässt ihn den Platz verlassen. Kein Wort. Kein Zureden. Ein Rucksäckchen gepackt mit Vesper, Tee, einigen Matchboxes und Bilderbüchern hängt ihm an den Schultern. Im Arm ein Teddy, fest an den Körper gedrückt. Unten läuft sein Freund vorbei und winkt. Er winkt nicht zurück. Kein Wort kommt von den Lippen, kein Lächeln verzieht seinen Mund. Unbeweglich steht er, bis ihn die Mutter von der Fensterbank nimmt. Fest hält sie ihn in den Armen, während ein vergesslicher Vater irgendwo arbeitet.


2. Das Treffen

Kurz angebunden begrüßt er die Kleine und bietet ihr ein Eis an. Es ist heiß in der Stadt. Das Café ist beinahe leer. Vermutlich erfrischen sich viele im Freibad oder verschanzen sich in schattigen Ecken. Die Kellnerin bringt das Eis, zwei Kugeln mit Sahne und zudem noch zwei Kännchen Kaffee. Er betrachtet das Kind kurz: "Du bist eingeladen. Das ist selbstverständlich."
Dann erzählt er der Mutter von seiner Arbeit, von seinen Konzerten. Es hat sich viel verändert die letzten Jahre. Die Frau schiebt den unausgepackten Keks, der dem Kaffee beigelegt war, auf der Tischplatte hin und her. Zwischendurch antwortet sie einsilbig mit einem Anflug von Lächeln auf den Lippen. Das Mädchen stochert lustlos im Eis. "Du muss aufessen", sagt er zu ihr: "das kostet Geld" und erzählt weiter.
Ein fremder Mann betritt das Café und setzt sich an den Nebentisch. Freundlich lächelt er dem Mädchen zu. Er hält ein winziges Bündel schneeweißen Pudel an der Leine. Das Kind rutscht vom Stuhl unter den Tisch und spielt leise mit dem kleinen Hund. In der Eisschüssel schwimmt eine braunweiße Soße. "Jetzt isst sie das nicht", bemerkt er leicht verärgert, um dann ins Schwärmen zu kommen von früheren Zeiten.
Die Frau trinkt die letzten Schlucke des inzwischen kalten Kaffees, um dann unter dem Tisch nach dem Kind zu fischen. Höflich bedankt sie sich für die Einladung und nickt dem netten Mann am Nachbartisch dankbar zu. Noch ein schnell hingeworfener Abschiedsgruß, dann nimmt sie ihr Kind an der Hand und die Tür des Café's fällt hinter den beiden ins Schloss.
Auf dem Weg zum Parkplatz, zieht das Mädchen an der Hand der Mutter und stampft mit ihren kurzen Beinen auf den Boden. Ihr Gesichtchen ist schneeweiß: "Ich verkaufe den Papa."


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manon
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Beitrag05.05.2017 22:20

von manon
Antworten mit Zitat

Liebe Cheyenne,

die Geschichte mit dem Jungen ist ja traurig. Das hinterlässt hässliche Narben. Anfangs dachte ich, er wolle abhauen, auch wegen der tief ins Gesicht gezogenen Mütze. Aber das ergab dann keinen Sinn. Bis ich den letzten Satz las.

Ein paar Anmerkungen hätte ich zu deinem Text:

Zitat:
Ein kleiner Junge steht auf der Fensterbank. Die Schildmütze mit dem bunten Logo tief ins Gesicht gezogen.


Wie steht er da? Mit verschränkten Armen, mit hängenden Armen, ... ich sehe ihn da nicht stehen. Bei der Schildmütze frage ich mich, warum sie tief ins Gesicht gezogen ist. Hat er das gemacht, nachdem er wusste, dass sein Vater nicht mehr kommt? Oder von Anfang an? Aber, wenn sich ein Kind freut, zieht es doch nicht die Mütze tief ins Gesicht oder?


Zitat:
Seine dicken Locken quellen darunter hervor. Ein buntes Ringelshirt steckt in den dunkelblauen Shorts.


Die vielen Adjektive haben mich aus dem Text geholt, weil ich mir versuchte alles vorzustellen. Weniger wäre in diesem Falle mehr, wie ich finde.


Zitat:
Mit Turnschuhen und Söckchen steht er dort seit ein paar Stunden.

In dem Satz fehlt etwas.

Zitat:
Nichts lässt ihn den Platz verlassen. Kein Wort. Kein Zureden.

Hier würde ich zeigen nicht beschreiben. Das ist zu unpersönlich und lässt mich nicht mitfiebern mit dem kleinen Kerl.

Was hat er in den Stunden gemacht? Ein Kind kann doch unmöglich stundenlang auf einer Stelle stehen oder?


Zitat:
Ein Rucksäckchen gepackt mit Vesper, Tee, einigen Matchboxes und Bilderbüchern hängt ihm an den Schultern.

Auch hier hättest du es aktiv zeigen können, wie er voller Vorfreude alles liebevoll einpackt.

Zitat:
Im Arm ein Teddy, fest an den Körper gedrückt.

Das ist ein schönes Bild, davon mehr. Aber ich möchte auch wissen, wie es dem Kerl geht. Weint er, schreit er.

Zitat:
Unten läuft sein Freund vorbei und winkt. Er winkt nicht zurück.

Wie weit unten ist unten? Wo genau befindet er sich?


Zitat:
Kein Wort kommt von den Lippen, kein Lächeln verzieht seinen Mund. Unbeweglich steht er, bis ihn die Mutter von der Fensterbank nimmt. Fest hält sie ihn in den Armen, während ein vergesslicher Vater irgendwo arbeitet.

Auch hier würde ich es aktiver schreiben und mit greifenderen Verben. Statt nimmt ihn von der Fensterbank, packt ihn, greift ihn, etc.

Deine zweite Geschichte mit dem Treffen sagt mir nicht so zu. Du reist die Sätze teilweise aneinander, als gehörten sie nicht zusammen. Aber es wird sehr deutlich, dass der Vater nur auf das Geld achtet und es ihm egal ist, wie es dem Kind geht. Allerdings fragte ich mich, welches Kind Eis stehen lassen würde. Very Happy
Auch fragte ich mich nach dem Lesen, warum die sich überhaupt getroffen haben, wenn doch scheinbar Mutter und Kind das nicht wünschen. Aber der Schlusssatz, dass das Kind bereits die Methoden ihres Vaters übernimmt, gefällt mir. Auch da ist es das Geld, was zählt. Very Happy

Viele Grüße
 Smile
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Tjana
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Beitrag06.05.2017 00:35

von Tjana
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Sorry, ist mir etwas aus dem Fokus gesprungen ... Embarassed
Cheyenne hat Folgendes geschrieben:
Was meinst du mit, der Schluss ist zu deutlich? Wenn ich es verschleiere, habe ich ja keine Schlusspointe mehr. An was hattest du da gedacht.

Beim nochmal Nachdenken fiel mir auf, dass dein letzter Satz 1. erklärend und 2. vorwurfsvoll ist. Die Kombination ist es, glaube ich, die ich nicht so mochte. Der Vorwurf muss rein, aber vielleicht nicht mit einer Erläuterung. Der ganze Text ist so schön "unterschwellig schildernd", da passt das nicht dazu.
Im Moment fällt mir als Alternative nur eine kurze wörtliche Rede ein. Die Mutter wiegt ihn und dann etwa: " Bestimmt steckt Papa im Stau / kommt er morgen" o. ä. Der Leser spürt, dass das eventuell nur ein hilfloser Versuch der Mutter ist, womit klar wird, was für ein vergesslicher (=negativ) Typ der Vater ist.

Cheyenne hat Folgendes geschrieben:

Zu G2: Nein, das muss ich wohl nochmals überarbeiten. Das sollte die  allererste Begegnung eines Kindergartenkindes (seit der Säuglingszeit) mit dem Vater überhaupt darstellen. Sicher sind sie sich da fremd. Der Vater benimmt sich unmöglich von oben runter und unterkühlt, während sowohl das Kind wie die Mutter sich während der gesamten Begegnung mehr und mehr reserviert und zurückhaltend reagieren. Erst auf dem Weg zum auto bricht der ganze Frust und Schock über einen solchen Vater aus dem Kind heraus. Retter der Situation für das Kind stellt der Fremde samt Hund dar.
Für Anregungen, wie ich dies besser darstellen kann, wäre ich allemal dankbar und offen.


Die Grundidee ist gut und mir auch in der ersten Version klar geworden.
Mit der Überarbeitung hast du die Mutter emotionaler gestaltet, das Mädchen aber kaum.
Der stampfende Fuß allein reicht nicht und die Absicht, den Papa verkaufen zu wollen scheint mir für ein Kindergartenkind, das ihn zum ersten Mal sieht, nicht recht zu passen. Das würde ein älteres Kind mit mehr Erfahrung sagen.
Versuche doch mal, mit diesem Satz einen Boden zu schließen:
Zitat:
"Du muss aufessen", sagt er zu ihr: "das kostet Geld"

Vielleicht mit  (Klein-)kindgerechteren Worten, wie z.B. " Müssen wir den Papa jetzt behalten? Kostet der auch Geld? Ich hätte lieber so einen Hund"
So in die Richtung. Und bevor sie unter dem Tisch verschwindet, könntest du noch ein bisschen Verwirrung oder Schuldgefühl oder so einbauen?
LGT


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Cheyenne
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Beitrag07.05.2017 20:43

von Cheyenne
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Hallo manon,

vielen Dank für das Kommentieren meiner Texte.
Das Problem bei dieser Kürzestgeschichte ist sicher, dass sie unvermittelt beginnt und dementsprechend keine Einleitung hatte. Ich habe eigentlich absichtlich weitestgehend auf Erklärungen verzichten wollen und nur ganz am Schluss eine angehöngt. Wenn die Schirmmütze tief ins Gesicht gezogen ist, ist sicher, dass es nicht mehr zu Beginn des Wartens ist, und die Freude schon in aufsteigende trauer gewechselt, meine ich.
Erklärungen der Mutter wären ziemlich sinnlos , da es wie ihr vermutet ja auch nicht das erste Mal war, dass dieses Kind nicht abgeholt wurde. Das Festhalten und in den Armnehmen der Mutter hatte ich für viel aussagekräftiger gehalten.
Wegen der Adjektive muss ich nochmals nachdenken. ich dachte die bunten Kleinigkeiten als Überreste der Freude sichtbar zu machen.  

"Mit Turnschuhen und Söckchen steht er dort seit ein paar Stunden." --- Seit ein paar Stunden steht er mit Turnschuhen und Söckchen dort auf der Fensterbank." Besser?

Der bereits gepackte Rucksack sollte ebenfalls Teil der fehlenden Vorgeschichte sein.

Ich dachte, es wäre herauszulesen, dass er weder weint noch schreit, sondern einfach stumm und fast unbeweglich am Fenster steht und wartet. Und so auch nicht auf seinen Freund reagiert.

Alles in allen lasse ich mir eine weitere Überarbeitung durch den Kopf gehen.
So nochmal, danke für deine Mühe und deine Gedanken zu meiner kleinen Geschichte.

Liebe Grüße
Cheyenne


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Cheyenne
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Beitrag07.05.2017 20:54

von Cheyenne
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Hallo Tjana,

okay, den Schlusssatz werde ich versuchen, anders zu vormulieren, sobald ich eine Idee dafür habe. Deine Erklärung klingt für mich einleuchtend.

Ich möchte die Mutter eigentlich nicht reden lassen, wie ich es bereits an Manon geschrieben haben, sondern nur die Bilder wirken lassen.

Zur zweiten Geschichte:
Eigentlich ist es für die Erklärung nicht wirklich erheblich. aber beide Geschichten sind genau so geschehen. Bei der zweiten Geschichte, die zweite Version ist korrekt. So ist es für mich nicht ganz einfach etwas daran zu ändern. Den Papa verkaufen zu wollen, war nicht die Imitation des Vaters, sondern der Schmerz über die Missachtung durch diesen. Mehr möchte ich dazu aber nicht äußern. In der ersten Version hatte ich versucht, die Worte etwas kindgerechter umzugestalten, aber die zweite ist die Richtige.

Jetzt muss ich nochmals sehen, wie ich vor allem die zweite Geschichte noch etwas flüssiger gestalten kann.

Danke für das Feedback und die dagelassen Worte.
Liebe Grüße

Cheyenne


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Ansch
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Beitrag09.05.2017 07:46
Ja und Nein
von Ansch
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Liebe Cheyenne,

du schreibst gut!
Aber bitte niemals einen Text erklären mit den Worten: Aber genau so ist es mal irgendwo geschehen.
Der Text muss alles erklären, nicht die Autorin. Das hast du nicht nötig!

So, nun zu den Texten selber.

Ein Kind, dass auf den Papa wartet. Gut. Aber kein Kind steht unbeweglich stundenlang. Das schafft ja kaum ein Erwachsener. Und keine Mutter guckt dabei stundenlang zu. Das Übermaß an Hoffnung des Kindes solltest du daher nicht in konkrete Zeiteinheiten fassen. Macht es nicht dringlicher.

Ansonsten ist der letzte Satz zu lapidar und sorry, auch zu abgedroschen.
Der arbeitende Papa vergisst sein wartendes Kind. Dass das für das wartende Kind trotzdem dramatisch ist, kannst du dringlicher zeichnen. Nicht mit Erklärung!
Sag nicht dem Leser, dass der Vater vergesslich ist. Das versteht er von selber. Alte Regel: Unterschätz deinen Leser nie!

ich habe gesehen, dass du auch Gedichte schreibst, gehe hier mit gleicher Sorgfalt an jedes Wort an diesen kurzen Text und er wird gut.




Zweiter Text, ähnliches Thema.


Richtig, richtig gut ist die wörtliche Rede des Vaters. "Du bist eingeladen. Das ist selbstverständlich." ist großartig. Es zeichnet den Charakter des Vaters und die Beziehung zum Kind in zwei winzigen Sätzen. Super!!! Das ist Show don't Tell par excellance!
Aber: "Kurz angebunden begrüßt er das Kind" ist genau das Gegenteil. Brauchen wir nicht! Die Begrüßung ist dermaßen distanziert )und unsympathisch), dass der Leser gar auf die falsche Fährte geführt wird (Das kann nicht der Vater sein).

Lass auch den Mann mit dem Pudel nicht die Eisdiele betreten. Wenn das Kind vom Stuhl rutscht und mit dem Pudel des Tischnachbarn spielt, wissen wir, dass der wohl vorher auch die Eisdiele betreten haben muss, sonst wäre er nicht da.  

Nicht sicher bin ich mir über den Schluss. Der ist ein bisschen witzig, aber nicht wirklich, weil dieser geniale Anfang mit dem Vater (Du bist eingeladen) überhaupt nicht witzig ist. Du wechselt da abrupt die Stimmung. Frage ist, ob es nötig ist, dem Leser auf diese Art zu zeigen, dass das Mädchen den Papa überflüssig findet.
Vielleicht fällt dir was Eleganteres ein.
Aber bitte weiter bearbeiten!

Das wird richtig gut, wenn du den ersten Satz des Vaters als dein selbst erschaffenes leuchtendes Vorbild für alle weiteren Sätze nimmst!


Weiter so!

Ansch


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Beitrag09.05.2017 07:59
P.S
von Ansch
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Und noch ein Wort zum leider verbreiteten Erklären von Texten: Ob es exakt so geschehen ist, macht einen Text nicht authentisch.

Ein literarischer Text ist, entschuldige, keine Psychostunde. Er muss gewissen Maßstäben gehorchen.

Menschen sprechen zum Beispiel mit permanenten "Ähhs" und Pausen und beenden viele Sätze gar nicht. Würdest du sie alle weil sie genau so gesprochen wurden ! aufschreiben, würde kein Leser diese Dialoge ertragen:
"Ich hab ähh also gestern hat die Claudia äh  mitten beim Bridge spielen und ich habe ihr doch gesagt, besser nicht äh"
No!!!!!

Überlege, welches Gefühl du transportieren möchtest. Darauf kommt es an. Das geht nicht mit wortgetreuer Nachzeichnung der wirklichen Geschehnisse.
Das ist die Kunst des Schreibens. Zitieren kann auch ein Gerichtsschreiber. Ist er deshalb ein guter Autor? Wohl kaum.

Da ich hier Talent wittere, schmeiße ich mich hier ein wenig ins Zeug, sorry.


Hoffe, du kannst was mit der Kritik anfangen!


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