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BriStar
Geschlecht:weiblichSchneckenpost

Alter: 64
Beiträge: 6
Wohnort: Rechnitz


Beitrag29.11.2016 00:11
Neubeginn
von BriStar
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Deine Stimme hätte mir geholfen,
die kalten Worte einer Absage, besser zu ertragen.
Ist es für dich leichter, einfach zu schreiben
und dann unerreichbar zu sein?
Dieses Gefühl alleine gelassen zu werden,
mit meiner Traurigkeit in dem Moment,
wo ich nur ein kleines Gefühl der Liebe suche
und ins Leere falle, ist so schrecklich für mich,
es ist als würde ich sterben, ohne jemals gelebt zu haben,
nur Tränen der Traurigkeit, im weitem Meer der Einsamkeit,
für niemand erkennbar, schmerzhaft und wahr.
Wann werden sie vorbei sein,
ist es für mich auch bestimmt, warum tut es so weh,
dieses Schweigen aus dem Nirgendwo?
Jetzt so traurig, vorher so froh,
ich möchte endlich leben im Sonnenlicht,
aufhören zu leiden, mehr verlange ich nicht.
Ist der Wunsch meines Herzens denn zu viel verlangt?
Sag du es mir bitte, sprich die Worte die du schreibst so kalt,
deine Stimme erwärmt sie und der Schmerz ist gebannt.
Tausend Jahre sind vergangen,
Jahre des Hoffen und Bangens,
wir haben uns wieder gefunden und wieder vereint.
Tausende Tränen in dunklen Nächten geweint,
es ist vorüber die dunkle Zeit der Leere,
tief in meinem Herzen, helles Licht,
nimmt fort für immer all meine Schmerzen.
Es ist Liebe, die stärker ist als die dunkle Macht,
Ihr Licht zerbricht auf ewig die Kälte der Nacht.
Liebe ist es, was ich für dich empfinde, stark und tief,
aus meinem Herzen.
Dich zu begegnen, dir Alles zu geben,
war der letzte Teil meines Lebens!
TE QUIERO SIEMPRE MAS MI AMORE
hab ich dir ins Herz geschrieben,
mein Herz wird dich für immer lieben!
Sanfter Kuss DEINE Engel-Frau



_________________
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BriStar
Geschlecht:weiblichSchneckenpost

Alter: 64
Beiträge: 6
Wohnort: Rechnitz


Beitrag29.11.2016 00:20
Sorry
von BriStar
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Ich habe es in die falsche Kategorie gestellt, gehört unter Lyrik

kann es leider nicht löschen oder verschieben


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Bananenfischin
Geschlecht:weiblichShow-don't-Tellefant

Moderatorin

Beiträge: 5336
Wohnort: NRW
Goldene Feder Prosa Pokapro IV & Lezepo II
Silberne Harfe



Beitrag30.11.2016 23:37

von Bananenfischin
Antworten mit Zitat

Hallo BriStar,

ich habe das Gedicht in die Lyrik verschoben. smile

Liebe Grüße
Bananenfischin


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Schriftstellerin, Lektorin, Hundebespaßerin – gern auch in umgekehrter Reihenfolge

Aktuelles Buch: Geliebte Orlando. Virginia Woolf und Vita Sackville-West: Eine Leidenschaft

I assure you, all my novels were first rate before they were written. (Virginia Woolf)
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Literättin
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 58
Beiträge: 1836
Wohnort: im Diesseits
Das silberne Stundenglas Der goldene Roboter
Lezepo 2015 Lezepo 2016


Beitrag01.12.2016 13:59

von Literättin
Antworten mit Zitat

Diesem Lyrischen Ich - der unterzeichnenden Engel-Frau - möchte ich ganz still einen wärmenden Mantel umhängen und sie in einen nicht so verdammt öffentlichen Raum führen, denn sie macht sich ganz schön unlyrisch nackig hier.

Dies ist ein Liebesbrief, ein sehr verzweifelter und ein eher prosaischer als lyrischer (ein paar Reime reichen da nicht aus, um Lyrik draus zu machen, Lyrik ist, kann und will mehr als dies.). Ich empfinden ihn als eher privater Natur und dementsprechend fröstele ich ein wenig, wie gesagt: dieses Klagelied hat etwas sehr nackiges, um nicht zu sagen das Lyrische Ich bloß stellendes.

Eines wird deutlich: der drängende Wunsch nach Wärme, Zuspruch und verschmelzender Erlösung durch den anderen, den angesprochen, das Lyrische Du.

Man könnte es dick aufgetragen nennen, kitschig, oder eben: sehr privat.

Ich kann dieses Gedicht leider nicht lesen, ohne obigen "Rettungsimpuls", der eilig in mir hochschießt. Und ich fürchte, das ist kein positives Zeichen dafür, es hier mit gelungener Lyrik zu tun zu haben, wiewohl jenes Drängen, der Wunsch und die Verzweiflung ein hervorragender Gegenstand sind, es noch einmal mit der Lyrik zu versuchen.
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firstoffertio
Geschlecht:weiblichShow-don't-Tellefant


Beiträge: 5854
Wohnort: Irland
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Beitrag01.12.2016 22:35

von firstoffertio
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Mir ist dieses Gedicht auch zu persönlich. Es scheint für eine bestimmte Person geschrieben zu sein?
Darum weiß ich nicht recht, was ich damit tun soll.
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Renate Neff
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

Alter: 78
Beiträge: 21
Wohnort: Rheinland


Beitrag27.12.2016 01:34

von Renate Neff
Antworten mit Zitat

Wenn man verlassen wird, stürzt die Welt über einem zusammen. Das ist so. Da tut es gut, seine Gefühle in Worte zu fassen. Sie helfen, sie entlasten. Und wenn man sich dann auch noch bemüht, sie in etwas dichterische Form zu bringen, wird der Fokus auf das Finden der Worte gerichtet und rückt die Verletzung etwas in den Hintergrund. Das hilft, sich ein wenig vom Schmerz zu distanzieren, abzuladen, vielleicht auch klarer zu sehen. Aber Lyrik im eigentlichen Sinne ist das nicht. Das ist im besten Falle ein persönlicher Betroffenheitstext, der nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist. Da ist kein Gedanke, der über das private Erleben hinausweist, nichts, was allgemeingültig sein könnte, keine Quintessenz, keine Erkenntnis.
Als Therapeutin würde ich dringend dazu raten, den Schmerz in Gedichten zu verarbeiten. Als Lyrikerin würde ich dringend dazu raten, diesen Text chaotischer Gefühle auf keinen Fall zu veröffentlichen. Es ist einfach zu privat und – verzeih – zu trivial. Auch fehlt diesem Text alles, was ein Gedicht ausmacht: Wohlklang, Metrik, Rhythmus, Struktur, Reim ist nicht erforderlich, Interpunktion, Grammatik. Das ist nur chaotisch und Schmerz vor die Füße gekippt. Und gegen Ende die Wendung kann ich nicht wirklich verstehen. Ist "ER" denn zu Dir zurückgekehrt? Oder ist das nur ein Wunschtraum?

Tut mir leid, so harsch zu sein, aber besser, als aus Verlegenheit nichts zu sagen. So weißt Du, woran Du bist und kannst Dich vielleicht nochmal an die Arbeit machen.
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anderswolf
Geschlecht:männlichReißwolf


Beiträge: 1069



Beitrag27.12.2016 03:37
Re: Neubeginn
von anderswolf
Antworten mit Zitat

Ich bin ganz eigennützig direkt nach dem Zehntausender und Weihnachten und anderen Dingen wie dem Tod von George Michael, der mich überraschenderweise stark getroffen hat, wenn ich jetzt ein Feedback gebe. Das erste Feedback übrigens, seit ich in diesem Forum bin.

Ich weiß nicht so recht, wie sonst mit Einstandstexten umgegangen wird. Seit sechs Jahren bin ich in diesem Forum aktiv angemeldet, aber im Grunde bin ich nur in der direkt spiegelnden Wettbewerbsecke unterwegs. Darum bitte ich präventiv um Verzeihung für meine ungefilterte Resonanz.

Das ist kein Gedicht, denn ein Gedicht ist der Form nach, dem Namen nach ein verdichteter Text, der sich nicht erklärt, der Emotion evoziert und nicht erzwingt. Nicht dass ich ein großer Experte in der Praxis wäre. Aber die Theorie ist - anders als die Praxis - da sehr eindeutig.

Basierend aber auf den Wettbewerbserfahrungen, die alle Resonanz sehr verdichtet erlebbar machen, stimme ich Renate zu: es ist dies weniger ein Gedicht als ein Therapie-Ansatz. Da ist wenig dicht, wenig richtig, wenig lyrisch. Zur Selbst-Verarbeitung mag das genügen, für ein Gedicht ist das unzureichend. Selbst für ein Langgedicht (siehe dortigen Wettbewerb).

Um nicht gänzlich unkonstruktiv zu sein: hier vielleicht ein paar Gedanken zu Deinem Text. Da ist jemand verlassen worden, vielleicht hat es sogar die Hoffnung auf Wiedervereinigung gegeben. Wahrscheinlich ist diese Ent-Trennung aber nicht.
Der Text selbst hat neben strukturellen auch grammatikalische Schwierigkeiten. Vor allem aber leidet der Text an Undichte, was allerdings änderbar ist. Geplauder kann gekürzt, unnötige Superlative können ausgetauscht werden.

BriStar hat Folgendes geschrieben:
Deine Stimme hätte mir geholfen,
die kalten Worte einer Absage, besser zu ertragen.
Ist es für dich leichter, einfach zu schreiben
und dann unerreichbar zu sein?

Unwichtig: Das Komma nach "Absage" ist falsch gesetzt. Wichtig: Absage klingt nach Bewerbung, Ablehnung wäre da subtil, aber nicht wirklich besser gewesen, wenngleich nicht als Wort, dann aber als Aussage. Grundsätzlich wäre es hier wahrscheinlich besser gewesen, direkt zu sagen, was passiert ist: Nicht Du, nur Deine Worte sagen mir: Du liebst mich nicht.

Zitat:
Dieses Gefühl alleine gelassen zu werden,
mit meiner Traurigkeit in dem Moment,
wo ich nur ein kleines Gefühl der Liebe suche
und ins Leere falle, ist so schrecklich für mich,
es ist als würde ich sterben, ohne jemals gelebt zu haben,
nur Tränen der Traurigkeit, im weitem Meer der Einsamkeit,
für niemand erkennbar, schmerzhaft und wahr.

Aussage: Den Schmerz, den ich spüre (fern von Deiner Liebe) kennt niemand. Das ist so egoman wie falsch, denn obwohl jeder Liebeskummer anders spürt, ist er doch ähnlich.
Problematisch sind Wendungen wie " sterben ohne jemals gelebt zu haben" (weil keinen Sinn ergebend), "im weiten Meer der Einsamkeit" (weil aussagefreies Klischee), "schmerzhaft und wahr" (weil nicht zu bewahrheitende Behauptung). Insgesamt sollte diese Aussage weniger beschrieben als vielleicht durch alles andere fühlbar gemacht werden. Der Leser eines Gedichts will ja fühlen, will die Wirklichkeit des Autors erahnen, nicht in platten Worten vorgesetzt bekommen.

Zitat:
Wann werden sie vorbei sein,
ist es für mich auch bestimmt, warum tut es so weh,
dieses Schweigen aus dem Nirgendwo?
Jetzt so traurig, vorher so froh,
ich möchte endlich leben im Sonnenlicht,
aufhören zu leiden, mehr verlange ich nicht.
Ist der Wunsch meines Herzens denn zu viel verlangt?

Davon abgesehen, dass "sie" in der hier ersten Zeile keinen Bezug hat, ist dieser Abschnitt fast ausnahmslos belangloses Geplauder, der unter der Prämisse "Gedicht= verdichtete Prosa" nahezu komplett eingestampft werden kann. Aus Übungszwecken folgende Hinweise: Wendungen wie "wann werden sie vorbei sein" und "ist es für mich auch bestimmt" sind komplett sinnfrei und sollten einer Überarbeitung komplett zum Opfer fallen. "Warum tut es so weh" ist nichts Neues, "dieses Schweigen aus dem Nirgendwo" ergibt weder außerhalb noch innerhalb des Kontextes Sinn. Denn es gibt nur relatives Schweigen: es gibt offensichtlich außerhalb des Gedichts schriftliche Worte, also kein Schweigen. Das Nichts ist annehmbar eine Ferne, aber sinnbedingt kein Nichts. Auch wenn das Nichts als lyrischer Ort beliebt ist für emotionale Entfernung, nutzt es sich schnell ab und zeigt dichterische Hektik, die Wortsuche ersetzt. Die Aufgabe des Dichters ist aber eine andere.
"jetzt so traurig, vorher so froh" ist ein allgemeines Lebensgefühl, das 3jährige überrascht, aber schon bei 13jährigen abgenutzt ist, natürlich aber noch 23jährige überraschen könnte. Wer aber die 33 überschritten hat, darf das denken, sollte es aber nicht mehr schreiben.
"ich möchte endlich leben im Sonnenlicht" ergibt nur bei Pflanzen Sinn, auch wenn der Sinn klar ist: Die Liebe des lyrische Du wäre das erhellende Sonnenlicht, ihr Fehlen ist schmerzhaft bis lebensfeindlich. Eine Rechtfertigung, das in ein Gedicht zu packen, ist das aber dennoch nicht.
"aufhören zu leiden, mehr verlange ich nicht.
Ist der Wunsch meines Herzens denn zu viel verlangt?" ist selbstmitleidiges Gejaule, was in einem Gedicht keinen Platz hat. Denn dass da irgendwas für das literarische Ich nicht rundläuft, ist definitiv klar.

Zitat:
Sag du es mir bitte, sprich die Worte die du schreibst so kalt,
deine Stimme erwärmt sie und der Schmerz ist gebannt.

Diese Passage ist sehr problematisch. Da ist ein Bezugsfehler (sag Du es mir bitte"), ein Interpunktionsfehler ("die Worte,die du schreibst"), eine Pathosverschwurbelung ("die du schreibst so kalt"), eine unsachgemäße Übertragung ("deine Stimme erwärmt sie": Unstoffliches wie Worte werden durch Unstoffliches wie Akustik temperiert, was eine hohe Lesertoleranz voraussetzt) und zuletzt grobe Inkonsequenz ("der Schmerz ist gebannt"; wodurch? eine Sprachnachricht? und wie ist der Schmerz gebannt? Denn grundsätzlich bleibt doch eine Ablehnung, die in der persönlichen Konfrontation nicht weniger beziehungsstörend wäre).

Zitat:
Tausend Jahre sind vergangen,
Jahre des Hoffen und Bangens,
wir haben uns wieder gefunden und wieder vereint.
Tausende Tränen in dunklen Nächten geweint,
es ist vorüber die dunkle Zeit der Leere,
tief in meinem Herzen, helles Licht,
nimmt fort für immer all meine Schmerzen.

Was ist passiert, wo kommen die tausend Jahr her? Was sagen sie vor allem aus? Lyrik lebt ja auch von den Anklängen; und tausend Jahre klingt immer mal wieder - wenngleich oft nur als Anklang einer unvorstellbaren Zeitspanne gedacht - recht schnell nach Drittem Reich. Das ist natürlich hier nicht gemeint (oder doch?), dennoch sind tausend Jahre eine Zeitspanne, die nicht mal das geduldigste verhinderte Liebespaar überlebt (es sei denn, es handelt sich um charaktervolle Welwitschias). Da die tausend Jahre wohl eher keinen Sinn ergeben, sind sie durch greifbare Zeiträume zu ersetzen oder zu streichen, wenn der genannte Zeitraum sich nicht irgendwie rechtfertig (wie bspw. als Rückgriff auf das Dritte Reich).
Die Zeilen danach sagen im Wesentlichen: "als wir getrennt waren, ging es uns beiden nicht gut, jetzt heilt unsere Liebe aber alle Wunden". Das ist gleichermaßen klischiert wie aussagelos. Denn was macht diese Liebe so besonders? Dass sie aufeinander warten mussten? Dass es Hindernisse gab? Hat die Liebe angesichts der Hürden an Stärke oder Widerstandskraft gewonnen? Sowas könnte man schreiben, hier steht aber nur: "war doof, jetzt geht's."
Dazu kommt der krasse Bruch: eben war noch alles schlimm, jetzt ist das Dritte Reich aber rum, die Liebe macht alles fein. Ich habe Probleme damit, vor allem wegen der lieblosen Schwammigkeit im Ausdruck, die mir eine heilende Beziehung verkaufen soll.

Zitat:
Es ist Liebe, die stärker ist als die dunkle Macht,
Ihr Licht zerbricht auf ewig die Kälte der Nacht.
Liebe ist es, was ich für dich empfinde, stark und tief,
aus meinem Herzen.
Dich zu begegnen, dir Alles zu geben,
war der letzte Teil meines Lebens!

In diesen Zeilen gibt es einen der wenigen Reime. Unklar ist natürlich, warum ein überwiegend reimfreies Gedicht hier einen Reim zwischen Macht und Nacht hat, wenn er noch nicht mal Mehrwert stiftet. Im Gegenteil erhöht die klischierte Verwendung des Macht-Nacht-Reims die Wahrscheinlichkeit, dass der Leser das Gedicht als Persiflage liest. Dass das keinesfalls geplant war, wird grundsätzlich schon klar, Passagen wie diese können dem böswilligen Leser aber Angriffspunkte zur Umdeutung bieten.
Was auch nicht hilft, ist die aus dem Herzen empfundene Liebe (woher auch sonst?), der Grammatikfehler ("Dich zu begegnen"), das sinnfreie "Dir alles zu geben war der letzte Teil meines Lebens".
In Verbindung mit dem vorigen Abschnitt würde ich ja vermuten, dass es ein Wiedersehen gab (oder erhofft wurde), bei dem die Erkenntnis im Vordergrund stand, dass die gemeinsam ausgefüllte Liebe imstande ist, nicht nur die Verletzung der sehr unfreundlichen Trennung zu heilen, sondern auch die grundsätzlich im Geliebten angelegte Lieblosigkeit zu übertönen. Es scheint eine vor allem einseitig beim Literarischen Ich angelegte Beziehungswilligkeit zu sein, die das gesamte Gedicht durchzieht. Der angesprochene "Partner" ist nicht nur nicht willens, sondern auch aufgrund emotionaler Kapazitätsgrenzen zu einer erfüllten Beziehung nicht in der Lage. Ganz ehrlich würde ich dem Literarischen Partner raten, eine Beziehung nicht anzustreben, es riecht nach einem klassischen Draufzahlgeschäft.

Zitat:
TE QUIERO SIEMPRE MAS MI AMORE
hab ich dir ins Herz geschrieben,
mein Herz wird dich für immer lieben!
Sanfter Kuss DEINE Engel-Frau

Die erste Zeile geht vielleicht noch als Überschrift durch, nicht aber als erwähnter Satz. Mitten im Text (vor allem als "hab ich dir ins Herz geschrieben") verstärkt das den Effekt des "ich biete mich Dir als Liebende an, auch wenn Du mich andauernd ablehnst". Das Literarische Ich verzichtet hier auf jeden Selbstwert wie meine einzige Exfreundin, die bei der Trennung zu mir gesagt hat: falls Du Deine Meinung änderst, warte ich auf Dich, was noch unerotischer ist als Fußpilz. Denn die meisten Menschen wollen um ihre Partner kämpfen, sie erringen, sie umwerben, sie nicht einfach auf dem Restpostentisch wiederfinden.
Das ist natürlich hart und klingt so aus dem Text nicht heraus. Was aber herausklingt, ist die eindeutige Einseitigkeit dieser Beziehung. Das Du wollte nicht, das Ich schon; dass sich daraus ein tausendfach abgegriffener Interessenskonflikt ergibt, ist nicht weniger als erwartbar.
Von der ersten Zeile des zitierten Abschnittes abgesehen, ist hier alles zu streichen. "hab ich Dir ins Herz geschrieben" ist entweder richtig eklig oder ein Klischee, "mein Herz wird Dich für immer lieben" enthält nicht nur eine unnötige Herz-Wortwiederholung, sondern ist auch irritierend einfallslos: grundsätzlich wird kein anderes Organ als das Herz zum Lieben herangezogen. Da aber bspw. die Milz eh nie liebt, ist das Herz als Sitz der Liebe entweder erwartbar oder falsch, weil die Liebe eigentlich ein nicht hinterfragtes Intellektkonstrukt ist, um sich eine Endorphinwirkung zu erklären, die man nicht beim rationalen Gehirn ansiedeln mag.
Die letzte Zeile ist dann nur noch unangenehm. Der Leser wird hier in eine emotionale Intimität eingeladen, in der er nichts zu suchen hat. Ist der sanfte Kuss noch irritierend (als Gegenpol zum aggressiven Kuss?), ist die Abmoderation ein Hinweis auf eine nur Insidern bekannte Nomenklatur der potentiellen Partner, an der teilzunehmen der Leser keine Chance hat. Dadurch (und durch die eher vertraute Liebesanrede) wird der Leser komplett aus dem Gedicht ausgeschlossen, obwohl er ja offensichtlich einbezogen werden sollte (sonst hätte er ja nicht als Publikum für die Liebesanbiederung hinzugezogen werden müssen). So muss der Leser sich leider als Emotions-Spanner empfinden, der aus Versehen private Korrespondenz gelesen hat.

Zusammenfassend: Da ist jemand verlassen worden und wünscht sich eine Wiedervereinigung. Außerhalb des Textes würde ich davon abraten, denn das Literarische Ich scheint erstaunliche Möglichkeiten persönlichen Wachstums noch nicht wahrgenommen zu haben (wie bspw. sich selbst als nicht von den Emotionen anderer abhängiger Mensch zu erfahren). Für den Text würde ich eine gründliche Komprimierung auf die Kernaussage empfehlen, die hier relativ uneindeutig daherkommt. Entweder ist da zu lesen ein "Ich finde es echt mistig, dass Du nicht mal persönlich mit mir Schluss gemacht hast" oder ein "Die Wunden, die unsere Trennung mir gerissen hat, werden durch Deine Rückkehr komplett geheilt (und ich erniedrige mich selbst nur ein um ein geringes Maß, indem ich meine eigentlichen Bedürfnisse komplett ignoriere)". Dass da beides zu lesen ist, ist problematisch, aber nicht unmöglich zu verbinden. Der Text hält sich aber auf vielen Ebenen vieles offen. Ein Gedicht ist aber - wie oben erwähnt - verdichtete Aussage. Hier ist noch viel zu tun.

Das ist aber eigentlich die gute Nachricht: es gibt viel zu tun. An nichts arbeiten zu können, wäre echt langweilig.
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Renate Neff
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

Alter: 78
Beiträge: 21
Wohnort: Rheinland


Beitrag27.12.2016 12:25

von Renate Neff
Antworten mit Zitat

Wow!
Anderswolf, ich bin beeindruckt von Deiner Analyse und Deinem Engagement. Du hast enorm viel aus diesem Klagelied herausgefiltert, von dem die Schreiberin sehr profitieren kann.
Gratuliere!
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