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Wenn die Tage ihre Farbe verlieren


 
 
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Klabauter
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Alter: 69
Beiträge: 45
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Beitrag20.12.2016 11:53
Wenn die Tage ihre Farbe verlieren
von Klabauter
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Habe unter http://www.dsfo.de/fo/viewtopic.php?p=1107145#1107145 eine Frage zur Veröffentlichung eines "autobiographischen Romans" gestellt.
Und damit Ihr einen kurzen Eindruck zu meinem Werk bekommen könnt, versuche ich hier nun zumindest den "Prolog" vorzustellen. Sagt vielleicht etwas über meinen Schreibstil und die Art des Buches aus.

Hoffe es klappt mit dem Hochladen der MP3-Audio-Datei. Falls nicht, pack ich noch die PDF dazu.


Prolog
_____________________________________________________________

»Vielleicht wäre es besser alles zu vergessen.« Das dachte ich oft, wenn ich mal wieder in meiner Küche saß. An dem alten Tisch mit dem Aschenbecher und einer Tasse Kaffee vor mir - und einer Zigarette in der Hand.
Jeden Morgen saß ich hier, nachdem ich aus meinem Bett gestiegen war. Seit langer Zeit war es immer die gleiche Prozedur. Das Fenster hatte ich auf kipp gestellt, denn draußen war die Luft noch jungfräulich frisch - das erkannte ich an dem Zigarettenrauch, der sich seinen Weg durch den Fensterschlitz bahnte und sich, wie eine leichte Nebelwolke, an der Scheibe verflüchtigte.
»Manchmal wäre es hilfreich, wenn sich Erinnerungen auf die gleiche Weise verflüchtigen würden«, dachte ich und sah den kleinen Schwaden hinterher. Dann würde vielleicht auch die Leichtigkeit zurückkommen – die Leichtigkeit der Jugend. Und dann könnte ich so tun, als wäre das Unfassbare einfach nicht passiert.

Mir fiel ein, dass es Zeit wurde, das Insulin zu spritzen. Eine lästige Sache, aber notwendig. Vor einem halben Jahr hatte man festgestellt, dass ich Diabetes habe. Ich fühlte mich seit längerer Zeit ziemlich schlecht. So schlecht, dass ich die Möglichkeit in Betracht zog, meinen Job zu kündigen und mich in den Vorruhestand zu begeben.

Ich müsste nun endlich mal zum Arzt gehen, drängte mich meine Tochter Marisa. Und dort kam heraus, dass mein Zuckerspiegel lebensbedrohlich hoch war. Damals war ich ziemlich geschockt und auch deprimiert gewesen, aber nun gehörten die Injektionen zur täglichen Routine.
Mein Blick auf die Küchenuhr verriet mir, dass es schon später Vormittag war. Wie schnell die Stunden doch vergingen.
Ich hatte immer gedacht, dass die Zeit im Ruhestand viel langsamer verrinnen würde. War aber nicht so. Jedenfalls nicht am Tage.
Nur Abends – manchmal jedenfalls – da gingen die Uhren langsam. Oft sogar quälend langsam.
Ich hätte ja noch weiterarbeiten können. Aber der Punkt war gekommen, an dem ich einfach mehr auf meine Gesundheit Rücksicht nehmen wollte und musste. Wer weiß denn schon, wieviel Leben noch vor einem liegt. Und leben, das wollte ich auf jeden Fall.
Also setzte ich einen Schlusspunkt. Endlich frei sein - Abstand gewinnen. Zeit haben für die wirklich wichtigen Dinge. Denn die Prioritäten meines Lebens verschoben sich unaufhaltsam. Überhaupt hatten die früheren Schwerpunkte an Gewicht verloren. Wohl eine Erscheinung des Alters und der Lebenserfahrung.

Nahe des Bauchnabels hob ich die Haut an. Das Pieksen der Nadel spürte ich nur manchmal. »Naja«, dachte ich, als ich danach die Einstichstelle etwas massierte, »Deine äußere Hülle ist wenigstens noch ganz gut in Schuss. Kaum Fettansatz am Bauch.«
Ich sprach oft mit mir selbst. Das hatte ich auch früher schon getan. Am Ende eines guten Gesprächs fällt es leichter Entscheidungen zu treffen - das war jedenfalls meine Erkenntnis. Und deswegen sprach ich wohl auch gern mit mir. Natürlich war klar, dass eine Unterhaltung mit einer anderen Person unter Umständen ergiebiger ist. Aber einen interessanten Gesprächspartner hatte ich nunmal nicht. Ziemlich zurückgezogen lebte ich nun, gehörte nicht mehr dazu.
Ich war nur noch Beobachter. Ich beobachtete die Menschen, und manchmal bildete ich mir ein, wie sie zu sein. Aber ich war nicht mehr wie sie – irgendwie war ich anders.
Dann überlegte ich, warum ich meinte, anders zu sein. Weil ich Oberflächlichkeit, Unehrlichkeit hasste? Oder weil mich einfach das Leben und seine Erfahrungen zu einem knorrigen Alten gemacht hatten.
»Du bist ein Idiot«, antwortete ich mir wieder. »Du bist zwar alt, aber nicht knorrig!«
Das stimmte, gestand ich mir ein. »Ich stehe dem Leben immer noch offen und interessiert gegenüber.«
Ich unterbrach mein Selbstgespräch und legte ein Pad in meine Ein-Mann-Kaffeemaschine. Das Gerät gab ein brodelndes Geräusch von sich.
Sekunden später nahm ich die gefüllte Tasse, setzte mich wieder an den Küchentisch, und zündete mir noch eine Zigarette an. War es die Dritte – oder sogar die Vierte? Scheiß drauf!
Ich sah zum Fenster, fing wieder an zu grübeln. Was war nur aus mir geworden? Ein Lebensabsitzer – einer der sein Leben nur noch absitzt. Mann oh Mann - noch vor ein paar Jahren hatte ich nichtmal die Zeit gehabt, so abzuhängen. Und jetzt?
Wann war er dagewesen – der Augenblick in meinem Leben. Der Zeitpunkt, an dem meine Tage ihre Farbe verloren.

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Bananenfischin
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Beitrag20.12.2016 12:08

von Bananenfischin
Antworten mit Zitat

Hallo Klabauter,

bitte stell zusätzlich zur Audiodatei den Text im Textfeld ein. Nur so kann wirkliche Textarbeit stattfinden.

Liebe Grüße
Bananenfischin


_________________
Schriftstellerin, Lektorin, Hundebespaßerin – gern auch in umgekehrter Reihenfolge

Aktuelles Buch: Geliebte Orlando. Virginia Woolf und Vita Sackville-West: Eine Leidenschaft

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Klabauter
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K
Beitrag20.12.2016 13:38

von Klabauter
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Okay - hier der Text:

_____________________________________________________________

Prolog
_____________________________________________________________

»Vielleicht wäre es besser alles zu vergessen.« Das dachte ich oft, wenn ich mal wieder in meiner Küche saß. An dem alten Tisch mit dem Aschenbecher und einer Tasse Kaffee vor mir - und einer Zigarette in der Hand.
Jeden Morgen saß ich hier, nachdem ich aus meinem Bett gestiegen war. Seit langer Zeit war es immer die gleiche Prozedur. Das Fenster hatte ich auf kipp gestellt, denn draußen war die Luft noch jungfräulich frisch - das erkannte ich an dem Zigarettenrauch, der sich seinen Weg durch den Fensterschlitz bahnte und sich, wie eine leichte Nebelwolke, an der Scheibe verflüchtigte.
»Manchmal wäre es hilfreich, wenn sich Erinnerungen auf die gleiche Weise verflüchtigen würden«, dachte ich und sah den kleinen Schwaden hinterher. Dann würde vielleicht auch die Leichtigkeit zurückkommen – die Leichtigkeit der Jugend. Und dann könnte ich so tun, als wäre das Unfassbare einfach nicht passiert.

Mir fiel ein, dass es Zeit wurde, das Insulin zu spritzen. Eine lästige Sache, aber notwendig. Vor einem halben Jahr hatte man festgestellt, dass ich Diabetes habe. Ich fühlte mich seit längerer Zeit ziemlich schlecht. So schlecht, dass ich die Möglichkeit in Betracht zog, meinen Job zu kündigen und mich in den Vorruhestand zu begeben.

Ich müsste nun endlich mal zum Arzt gehen, drängte mich meine Tochter Marisa. Und dort kam heraus, dass mein Zuckerspiegel lebensbedrohlich hoch war. Damals war ich ziemlich geschockt und auch deprimiert gewesen, aber nun gehörten die Injektionen zur täglichen Routine.
Mein Blick auf die Küchenuhr verriet mir, dass es schon später Vormittag war. Wie schnell die Stunden doch vergingen.
Ich hatte immer gedacht, dass die Zeit im Ruhestand viel langsamer verrinnen würde. War aber nicht so. Jedenfalls nicht am Tage.
Nur Abends – manchmal jedenfalls – da gingen die Uhren langsam. Oft sogar quälend langsam.
Ich hätte ja noch weiterarbeiten können. Aber der Punkt war gekommen, an dem ich einfach mehr auf meine Gesundheit Rücksicht nehmen wollte und musste. Wer weiß denn schon, wieviel Leben noch vor einem liegt. Und leben, das wollte ich auf jeden Fall.
Also setzte ich einen Schlusspunkt. Endlich frei sein - Abstand gewinnen. Zeit haben für die wirklich wichtigen Dinge. Denn die Prioritäten meines Lebens verschoben sich unaufhaltsam. Überhaupt hatten die früheren Schwerpunkte an Gewicht verloren. Wohl eine Erscheinung des Alters und der Lebenserfahrung.

Nahe des Bauchnabels hob ich die Haut an. Das Pieksen der Nadel spürte ich nur manchmal. »Naja«, dachte ich, als ich danach die Einstichstelle etwas massierte, »Deine äußere Hülle ist wenigstens noch ganz gut in Schuss. Kaum Fettansatz am Bauch.«
Ich sprach oft mit mir selbst. Das hatte ich auch früher schon getan. Am Ende eines guten Gesprächs fällt es leichter Entscheidungen zu treffen - das war jedenfalls meine Erkenntnis. Und deswegen sprach ich wohl auch gern mit mir. Natürlich war klar, dass eine Unterhaltung mit einer anderen Person unter Umständen ergiebiger ist. Aber einen interessanten Gesprächspartner hatte ich nunmal nicht. Ziemlich zurückgezogen lebte ich nun, gehörte nicht mehr dazu.
Ich war nur noch Beobachter. Ich beobachtete die Menschen, und manchmal bildete ich mir ein, wie sie zu sein. Aber ich war nicht mehr wie sie – irgendwie war ich anders.
Dann überlegte ich, warum ich meinte, anders zu sein. Weil ich Oberflächlichkeit, Unehrlichkeit hasste? Oder weil mich einfach das Leben und seine Erfahrungen zu einem knorrigen Alten gemacht hatten.
»Du bist ein Idiot«, antwortete ich mir wieder. »Du bist zwar alt, aber nicht knorrig!«
Das stimmte, gestand ich mir ein. »Ich stehe dem Leben immer noch offen und interessiert gegenüber.«
Ich unterbrach mein Selbstgespräch und legte ein Pad in meine Ein-Mann-Kaffeemaschine. Das Gerät gab ein brodelndes Geräusch von sich.
Sekunden später nahm ich die gefüllte Tasse, setzte mich wieder an den Küchentisch, und zündete mir noch eine Zigarette an. War es die Dritte – oder sogar die Vierte? Scheiß drauf!
Ich sah zum Fenster, fing wieder an zu grübeln. Was war nur aus mir geworden? Ein Lebensabsitzer – einer der sein Leben nur noch absitzt. Mann oh Mann - noch vor ein paar Jahren hatte ich nichtmal die Zeit gehabt, so abzuhängen. Und jetzt?
Wann war er dagewesen – der Augenblick in meinem Leben. Der Zeitpunkt, an dem meine Tage ihre Farbe verloren.
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Bananenfischin
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Beitrag20.12.2016 14:20

von Bananenfischin
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Danke dir! Den Text habe ich in das Eingangsposting kopiert, damit er gleich gesehen wird (den Tippfehler im Titel habe ich gleich mit "ausradiert").

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Corydoras
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Beitrag20.12.2016 14:41

von Corydoras
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Das wirst du jetzt nicht hören wollen, aber ich sage es lieber ungeschönt:

Das ist sterbenslangweilig.
Ich lese hier nur, wie Otto Normalverbraucher Löcher in die Luft starrt, einen Kaffe macht und seine Medikamente nimmt. Warum sollte mich das zum Weiterlesen animieren?

Was auch immer danach kommt, wäre ich der Lektor, würde ich dir all das mit dem Kommentar "belanglos" streichen.

Sorry falls das hart klingt, aber wenn ich einen so dicken Wälzer sehe, und die erste halbe Seite bringt mich schon zum Einschlafen, weil einfach NICHTS passiert, dann werde ich kaum weiterlesen. Gerade am Anfang sollte man den Leser packen und nicht mit einer völlig entschleunigten Stelle einsteigen.


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Klabauter
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Beitrag20.12.2016 16:14

von Klabauter
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Liebe Corydoras,
Danke für Deine ehrliche Meinung.
Allerdings weise ich doch darauf hin, dass es sich bei meinem Buch um eine „autobiographische Erzählung“ handelt. Keine Krimi-, Thriller- oder Fantasystory.
Deshalb sehe ich es auch nicht so, dass ich im Prolog eine enorme Anspannung aufbauen sollte – das Leben ist spannend genug. Cool
In einem „biographischen“ Roman, bin ich der Meinung, sollte im Prolog das Interesse soweit geweckt werden, dass ich wissen möchte: „Was ist das für ein Mensch, wie fühlt er, was hat ihn in diesen Zustand gebracht.“ Sozusagen „nur“ als eine Einführung in die Person.
Ich würde auch nie einen Roman nach seinem Prolog beurteilen.

Bei einem Thriller, oder ähnlichem, gebe ich Dir vollkommem recht – dort baut der Prolog bereits Spannung auf. Aber wie gesagt, … mein Buch ist kein Thriller – obwohl auch dort spannende Aspekte ( innerhalb des Buches ) vorhanden sind. Wink
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Seraiya
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Beiträge: 924



Beitrag20.12.2016 16:20

von Seraiya
Antworten mit Zitat

Hallo Klabauter,


Was für eine Art Feedback möchtest du denn? Lesbarkeit? Handwerk? Wie kommt der Inhalt an?


LG,
Seraiya
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Corydoras
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Wohnort: Niederösterreich


Beitrag20.12.2016 16:36

von Corydoras
Antworten mit Zitat

Servus,

Klabauter hat Folgendes geschrieben:

In einem „biographischen“ Roman, bin ich der Meinung, sollte im Prolog das Interesse soweit geweckt werden, dass ich wissen möchte: „Was ist das für ein Mensch, wie fühlt er, was hat ihn in diesen Zustand gebracht.“ Sozusagen „nur“ als eine Einführung in die Person.


Das wird aber außer die Leute, die dich persönlich kennen, nach diesem Prolog niemanden interessieren. Weil... aus dem Fenster schauen, Medikamente nehmen, nachdenken und was zu trinken einschenken tun wir alle tagtäglich. Ich sehe da nicht viel "Zustand".

Zitat:
Ich würde auch nie einen Roman nach seinem Prolog beurteilen.


Dann bist du aber eine große Ausnahme.
Lektoren und Agenten tun das. Und die meisten Leser auch.

Zitat:
Bei einem Thriller, oder ähnlichem, gebe ich Dir vollkommem recht – dort baut der Prolog bereits Spannung auf. Aber wie gesagt, … mein Buch ist kein Thriller – obwohl auch dort spannende Aspekte ( innerhalb des Buches ) vorhanden sind. Wink


Ich habe mir hier spontan vier Autobiographien aus meinem Bücherregal geholt, von einem Promi und drei "normalen" Menschen

Was jedenfalls alle vier machen: Sie fangen spannend an und ziehen den Leser gleich mit. Entweder mit einem einschneidenden Ereignis, das "später" passiert, um dann in Kapitel 2 ruhig und chronologisch alles von Anfang an aufzurollen. Oder von Anfang an chronologisch, dann aber mitten in der Handlung. Das macht sogar der Promi, der es nicht notwendig hätte. Jemand, den man aber nicht kennt, wird das noch bitterer nötig haben. Der Buchmarkt da draußen ist grausam und hart umkämpft.


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Klabauter
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K
Beitrag20.12.2016 17:10

von Klabauter
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Seraiya,

Zitat:
Was für eine Art Feedback möchtest du denn? Lesbarkeit? Handwerk? Wie kommt der Inhalt an?


Am liebsten alles, was Du so drauf hast. Shocked

Tob Dich ruhig aus, ich halts schon aus. Smile
Am liebsten natürlich Lobeshymnen Laughing Aber auch Verisse sind willkommen ! Wink

Ich nehme alles gerne an, ..denke auch darüber nach.
Allerdings warte ich immer ab, bevor ich etwas umsetze. Denn je mehr Anmerkungen (positiv/negativ) ich erhalte, umso besser kann ich sortieren. Erst dann treffe ich Entscheidungen, was ich dann verändere oder auch lasse.

Also los !! Ich freue mich über JEDES Feedback.
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kioto
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Beitrag20.12.2016 21:16

von kioto
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Hallo Klabauter,
Ich muss leider Corydoras (Panzerwels) recht geben. Eine Autobiographie ist eigentlich immer nur gerechtfertigt, wenn etwas Außergewöhnliches dazukommt. Ein besonderer Lebensweg, Erkenntnis, Schicksal usw. Oder man verpackt des langweilige, normale Leben in irgendwas, eine Allegorie, eine Metastory?
Als Beispiel fällt mir ein, Hesse, der Steppenwolf.
Wenn nichts von alledem vorliegt, sollte der Autor schon außergewöhnliche sprachliche Begabungen aufweisen, um Interesse zu erzeugen, etwa durch ausgefeilte Beschreibung der Szenen, etwa wie Thomas Mann?
Oder Du musst es an irgendwelchen Gegensätzen spiegeln, damit ein Konflikt entsteht.
Ohne dies alles wird es irgendwie ein Tagebuch.
Bin übrigens auch Rentner und mir geht es ähnlich. Warum sollte ich es lesen?

Gruß Werner


_________________
Stanislav Lem: Literatur versucht, gewöhnliche Dinge ungewöhnlich zu beschreiben, man erfährt fast alles über fast nichts.
Phantastik beschreibt ungewöhnliche Dinge (leider m.M.) meist gewöhnlich, man erfährt fast nicht über fast alles.

Gruß, Werner am NO-Kanal
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Klabauter
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Alter: 69
Beiträge: 45
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Beitrag20.12.2016 21:58

von Klabauter
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Merkwürdig, dass Ihr das Buch auf den Prolog reduziert.
Ich habe doch darin folgenden Satz geschrieben:

Zitat:
Und dann könnte ich so tun, als wäre das Unfassbare einfach nicht passiert.


Okay, dann hier noch ein kleiner Schnipsel aus dem Buch (nicht zuviel) - nur eine kleine Andeutung. Will ja nicht alles verraten Cool

*************************************************************

»Mama, ich kann hier nicht rumsitzen und Ina irrt dort draußen in der Gegend umher. Ich fahre jetzt los und werde sie suchen. Vielleicht ist sie ja auf dem Weg nach Rendsburg. Ich werde die Landstraße absuchen. Und ich werde sie finden! Ich bin der Einzige, der sie finden kann. Ich melde mich später bei Dir.«

Ich stieg ins Auto und fuhr los. Wo konnte Ina jetzt sein? Wieder sah ich in Gedanken Ina - verzweifelt in der Dunkelheit. Ich schlug den gewohnten Weg Richtung Rendsburg ein.
Nach etwa 500 Metern traf ich auf die Hauptstraße der Ortschaft.
Rechter Hand lag ein Bahnübergang. Aber er schien abgesperrt zu sein. Dort standen Fahrzeuge mit blinkendem Blaulicht. Feuerwehr, Polizei.
Ich hielt neben einem Polizisten, ließ das Seitenfenster meines Fahrzeuges herunter und sprach den Beamten an.
»Ich will nach Rendsburg, wo muss ich denn jetzt langfahren?«
Und ohne die Antwort des Polizisten abzuwarten, »Ist hier etwas passiert? Ich suche meine Frau - sie ist seit heute Nachmittag verschwunden.»
Der Mann antwortete mit einer Gegenfrage: »Wie heißt denn Ihre Frau?«
Aufgeregt und mit zitternder Stimme antwortete ich: »Ina - … Ina Gölnitz.«
»Warten Sie einen Augenblick.« Der Polizist drehte sich um und ging zu einer anderen Person in Zivil. Sie wechselten ein paar Worte und dann bewegten sich beide in meine Richtung.
»Guten Morgen«, sagte der Mann in Zivil. »Mein Name ist Thode, Kriminalpolizei Rendsburg. Wo kommen Sie jetzt her?«
Ich erzählte ihm, dass ich gerade aus Spanien käme, dort gearbeitet hatte und direkt zu meiner Schwiegermutter gefahren sei, weil meine Frau verschwunden war. Und nun würde ich sie suchen.
»Herr Gölnitz, hier ist eine Frau von einem Zug erfasst worden. Ich muss Sie bitten mitzukommen«
»Nein - ... bitte nicht!«
Ich zitterte am ganzen Körper. Ich war nicht mehr ich. Ich fühlte eine Leere, … in meinem Denken, in meinem ganzen Körper.
Mir wurde urplötzlich kalt. Ich fröstelte. Alles um mich herum wurde so irreal. Und ich hörte den Mann sagen: »Tut mir leid, aber ich kann Ihnen das nicht ersparen. Bitte kommen Sie. Es ist allerdings kein schöner Anblick.«
Wie automatisiert folgte ich dem Kriminalpolizisten, fühlte unter meinen Schuhsohlen den Schotter zwischen den Gleisen. Nein, das kann nichts mit Ina und mir zu tun haben. Wahrscheinlich nur ein makabrer Zufall!


Oder hier noch ein Schnipsel:
Das ganze Geschehen, der Sturz, alles kam mir wie in Zeitlupe vor.
Der Junge fällt, rudert mit den Armen - und klatscht auf den harten Beton der Pier. Eine der Rettungstonnen hatte sich gelöst und knallte dem auf dem Boden liegenden Matrosen ins Kreuz. Ein schrecklicher Anblick!
Ein oder zwei Sekunden starten wir fassungslos auf das Geschehene. Dann rannte ich los. Der Gestürzte lag ja nur etwa 10 Meter von mir entfernt.
Aber da war nichts mehr zu machen. Ich sah sofort das fast handgroße Loch im Schädel. Blut und Hirnmasse spritzte heraus. Eine riesige rote Lache breitete sich kontinuierlich vor mir aus. Der Schock saß tief in mir.
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Seraiya
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Beitrag20.12.2016 22:20

von Seraiya
Antworten mit Zitat

Hallo Klabauter,


Zitat:
»Vielleicht wäre es besser alles zu vergessen.« Das dachte ich oft, wenn ich mal wieder in meiner <- in "der" klingt für mich besser. Daraus ergibt sich dann eine Selbstverständlichkeit. Die Betonung auf "meine" lässt mich denken, dass der Erzähler gerne oft auch in den anderen Küchen sitzt, was nichts Schlimmes, aber auch nicht erwähnenswert ist. Küche saß. An dem alten Tisch mit dem Aschenbecher und einer Tasse Kaffee vor mir - und einer Zigarette in der Hand. <- den Aschenbecher könnte man mMn getrost weglassen.
Jeden Morgen saß ich hier, nachdem ich aus meinem Bett gestiegen <- gähn war. Seit langer Zeit war es immer die gleiche Prozedur. Das Fenster hatte ich auf kipp gestellt, denn draußen war die Luft noch jungfräulich frisch - das erkannte ich an dem Zigarettenrauch, der sich seinen Weg durch den Fensterschlitz bahnte und sich, wie eine leichte Nebelwolke, an der Scheibe verflüchtigte. <- viel schöner wäre es, wenn du nicht erzählst, woran du das erkennst, sondern wie es passiert. z.B. : "Die Luft war noch jungfräulich frisch (warum auch immer jungfräulich) - der Zigarettenrauch bahnte sich einen Weg durch den Fensterschlitz und verflüchtigte sich wie eine leichte Nebelwolke an der Scheibe.
»Manchmal wäre es hilfreich, wenn sich Erinnerungen auf die gleiche Weise verflüchtigen würden«, dachte ich und sah den kleinen Schwaden hinterher. Dann würde vielleicht auch die Leichtigkeit zurückkommen – die Leichtigkeit der Jugend. Und dann könnte ich so tun, als wäre das Unfassbare einfach nicht passiert.

Mir fiel ein, dass es Zeit wurde, das Insulin zu spritzen. <- hier habe ich zum ersten Mal aufgehört zu lesen und ich habe wirklich eine sehr große Aufmerksamkeitsspanne. Von der Langeweile mal abgesehen, klingt mir das zu distanziert. Du berichtest und lässt mich nicht teilhaben. Wieso nicht: "Es wurde Zeit Insulin zu spritzen" ? Eine lästige Sache, aber notwendig. Vor einem halben Jahr hatte man festgestellt, dass ich Diabetes habe. Ich fühlte mich seit längerer Zeit ziemlich schlecht. So schlecht, dass ich die Möglichkeit in Betracht zog, meinen Job zu kündigen und mich in den Vorruhestand zu begeben. <- "den Vorruhestand anzutreten" klingt für mich näher.

Ich müsste nun endlich mal zum Arzt gehen, drängte mich meine Tochter Marisa. Und dort kam heraus, dass mein Zuckerspiegel lebensbedrohlich hoch war. Damals war ich ziemlich geschockt und auch deprimiert gewesen, aber nun gehörten die Injektionen zur täglichen Routine.<- dann würde ich nicht so ein Trara darum herum veranstalten, sondern es den Leser so erleben lassen.
Mein Blick auf die Küchenuhr verriet mir, <- hier wieder ... "Du erklärst Tatsache, die man sehr viel schöner und selbstverständlicher einbauen kann. Dann wäre es mir vlt. möglich in den Menschen, seinen Alltag, einzutauchen. "Ich dachte" "Mir fiel ein" "Blick auf die Uhr", das ist mir zu berichtend. dass es schon später Vormittag war. Wie schnell die Stunden doch vergingen. <- gähn
Ich hatte immer gedacht, dass die Zeit im Ruhestand <- also hat er es nicht nur in Betracht gezogen, sondern auch getan, das war mir nicht klar. viel langsamer verrinnen würde. War aber nicht so. Jedenfalls nicht am Tage.
Nur Abends – manchmal jedenfalls – da gingen die Uhren langsam. Oft sogar quälend langsam.
Ich hätte ja noch weiterarbeiten können. Aber der Punkt war gekommen, an dem ich einfach mehr auf meine Gesundheit Rücksicht nehmen wollte und musste. Wer weiß denn schon, wieviel Leben noch vor einem liegt. Und leben, das wollte ich auf jeden Fall.
Also setzte ich einen Schlusspunkt. Endlich frei sein - Abstand gewinnen. Zeit haben für die wirklich wichtigen Dinge. Denn die Prioritäten meines Lebens verschoben sich unaufhaltsam. Überhaupt hatten die früheren Schwerpunkte an Gewicht verloren. Wohl eine Erscheinung des Alters und der Lebenserfahrung. <- ich bin als Leserin schon lange ausgestiegen, nur so nebenbei. Es ist in der Tat sehr langwielig, kein Identifikationspotenzial, nichts was mich an der Person interessiert. Meine Oma hatte Zucker, denke ich mir bis hierhin, ihre Autobiografie hätte ich nur gelesen, weil sie meine Oma war.

Nahe des Bauchnabels hob ich die Haut an. Das Pieksen der Nadel spürte ich nur manchmal. »Naja«, dachte ich, als ich danach die Einstichstelle etwas massierte, »Deine äußere Hülle ist wenigstens noch ganz gut in Schuss. Kaum Fettansatz am Bauch.
« <- jetzt wirds echt Rolling Eyes
Ich sprach oft mit mir selbst. <- da sist offensichtlich und nicht erwähnenswert. Das hatte ich auch früher schon getan. Am Ende eines guten Gesprächs fällt es leichter Entscheidungen zu treffen - das war jedenfalls meine Erkenntnis. Und deswegen sprach ich wohl auch gern mit mir. Natürlich war klar, dass eine Unterhaltung mit einer anderen Person unter Umständen ergiebiger ist. Aber einen interessanten Gesprächspartner hatte ich nunmal nicht. Ziemlich zurückgezogen lebte ich nun, gehörte nicht mehr dazu.
Ich war nur noch Beobachter. Ich beobachtete die Menschen, und manchmal bildete ich mir ein, wie sie zu sein. Aber ich war nicht mehr wie sie – irgendwie war ich anders.
Dann überlegte ich, warum ich meinte, anders zu sein. Weil ich Oberflächlichkeit, Unehrlichkeit hasste? Oder weil mich einfach das Leben und seine Erfahrungen zu einem knorrigen Alten gemacht hatten.
»Du bist ein Idiot«, antwortete ich mir wieder. »Du bist zwar alt, aber nicht knorrig!«
Das stimmte, gestand ich mir ein. »Ich stehe dem Leben immer noch offen und interessiert gegenüber.«
Ich unterbrach mein Selbstgespräch und <- sowas ist überflüssig. Du erklärst Kleinigkeiten, die den Fluss stören und aus der Szene reißen. legte ein Pad in meine Ein-Mann-Kaffeemaschine. Das Gerät gab ein brodelndes Geräusch von sich.
Sekunden später nahm ich die gefüllte Tasse, setzte mich wieder an den Küchentisch, und zündete mir noch eine Zigarette an. War es die Dritte – oder sogar die Vierte? Scheiß drauf!
Ich sah zum Fenster, fing wieder an zu grübeln. Was war nur aus mir geworden? Ein Lebensabsitzer – einer der sein Leben nur noch absitzt. Mann oh Mann - noch vor ein paar Jahren hatte ich nichtmal die Zeit gehabt, so abzuhängen. Und jetzt?
Wann war er dagewesen – der Augenblick in meinem Leben. Der Zeitpunkt, an dem meine Tage ihre Farbe verloren.   



Du hast Recht, das ist kein Krimi und soll es auch nicht sein. Doch das ist so dermaßen öde, dass ich persönlich über den Prolog nicht hinauskommen würde. Wenn ich eine Autobiografie lese, was ich gerne mal mache, muss mich dieser Mensch interessieren. Entweder muss mich mit dieser Person etwas verbinden, oder aber sie muss etwas vorweisen können, von dem ich sofort mehr wissen möchte.

Deine Erzählung ist distanziert. Es klingt teilweise wie eine Nacherzählung, was vlt. Absicht ist, doch ich persönlich möchte in das Leben eines anderen Menschen eintauchen können. Ich möchte nicht lesen, dass oder wie ein Blick auf die Uhr geworfen wird, es sei denn, dieser Blick kann die Zeit anhalten. Die meisten Dinge sollten einen Sinn haben. Wenn es nicht wichtig ist, wie der Blick auf die Uhr geworfen wird, während der Erzähler in der Küche sitzt - wo oft Uhren hängen - muss es nicht erwähnt werden. Ebensowenig wie "ich dachte". Im Moment gibt es nur ihn, wer sollte das also sonst denken? Ich möchte teilhaben, dabei sein, die Selbstverständlichkeit, die der Erzähler empfindet, ebenfalls empfinden und so seine Welt erleben und seine Geschichte erfahren.

Wenn im Klappentext oder sonstwo nicht ersichtlich wird, was für eine Person bzw. was für eine Erkenntnis, welcher Weg, mich erwartet, gehe ich gar nicht erst los. Sich auf einen 800 Seiten Wälzer einzulassen von jemandem, der im Prolog nicht mehr zu sagen hat, als dass er Zuckerkrank ist, ziehe ich gar nicht erst in Erwägung, weil dein Leben mich schlicht nicht interessiert. Warum sollte es mich interessieren? Das muss mMn direkt deutlich werden. Wieso sollte ich meine Zeit damit verbringen dieses Buch zu lesen? Ein Prolog sollte neugierig auf den Rest machen, das passiert hier leider nicht.
Damit meine ich nicht, dass der große Knall oder Geheimnisse zu Beginn aufgedeckt werden sollen, doch ich brauche mehr als nur:
Zitat:
Und dann könnte ich so tun, als wäre das Unfassbare einfach nicht passiert.

Unfassbares gibt es vieles und das ist für jeden Menschen anders. Deines ist hier für mich nichts Besonderes. Wieso auch? Ich erfahre nichts darüber und bin nicht neugierig geworden. Hier könnte das Unfassbare sein, dass er im hohen Alter noch eine neue Liebe seines Lebens gefunden hat.
Ich möchte mehr von dieser Person, die hier sitzt und qualmt und sich die Haut hochhebt. Mehr Tiefe oder mehr Inhalt.

Handwerklich ist da noch Luft nach oben. Oft kommt "dass/das" und noch öfter "war". Von der Distanz mal abgesehen. So, wie es jetzt ist, würde ich es direkt wieder ins Regal stellen bzw. vermutlich gar nicht in die Hand nehmen. Es sei denn, das Cover weckt meine Aufmerksamkeit.

Vielleicht ist etwas Hilfreiches dabei.


LG,
Seraiya
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Klabauter
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K
Beitrag21.12.2016 00:07

von Klabauter
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Danke Seraiya,
ich werde mir mal Gedanken dazu machen.

Gruß,
Bodo
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Seraiya
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Beitrag21.12.2016 00:37

von Seraiya
Antworten mit Zitat

Tu das.
Es sind nur meine subjektive Meinung und Gedanken dazu, wie es mir persönlich am besten gelingt mich einzufühlen und wie eine Geschichte - weil genau das ist es - mein Interesse weckt. Menschen und Lebenswege interessieren mich, doch nicht jeder. Hier fehlt mir einfach, wieso mich dieser/deiner interessieren sollte und die Umsetzung ist mir zu träge.
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Rainer Zufall
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Pokapro und Lezepo 2014


Beitrag21.12.2016 10:20

von Rainer Zufall
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Puuhh,
ich hatte deinen Text wegen des schönen Titels angeklickt und bin jetzt ziemlich erstaunt, dass die anderen deinen Text so zerreißen. Vielleicht liegt es am Alter oder an der Stimmung?
Ich fand den Prolog (mehr habe ich noch nicht gelesen) nicht öde oder langweilig, sondern ruhig, langsam, nachdenklich. Beschaulich, aber im melancholischen Sinn beschaulich. Vielleicht ein Buch, in dem sich jemand mit seiner Schuld beschäftigt?
Ob du diese Atmosphäre erzeugen wolltest, kannst nur du selbst wissen, jedenfalls ersteht vor meinen Augen ein Alltagsmensch, chronisch krank, der an Lebensmut oder Lebensfreude verloren hat.
Ich persönlich brauche, wenn ich lese, keinen furchtbar ungewöhnlichen Menschen, sondern einen, mit dem ich mich identifizieren kann. Und das kann ich hier. Ich spüre eine Spannung in ihm, einen Kontrast zwischen früher und heute, der eine Wissenwollen hineinbringt. Die ist nicht offensichtlich, aber sie ist da, Und:  Für mich ist auch ein Zuckerkranker literarisch wertvoll. smile Kommt halt drauf an, was weiter geschieht.
Es sind Andeutungen im Text, eine Art foreshadowing, die mir zeigen, dass (vermutlich) irgendwann in der Vergangenheit etwas passiert sein muss, was sein Leben, seine Tage verändert hat. Sie haben grau werden lassen.
Wenn es dir aber darum ging, finde ich es richtig, nicht mit Tempo loszulegen, das würde sich ja bös mit dem Inhalt beißen.


Das heißt alles nicht, dass man nicht kürzen kann oder soll, und dadurch die Handlung vorantreibt. Für meinen Geschmack bist du nämlich ein bisschen weitschweifig, ich fürchte sogar, das ist nicht nur eine Geschmackssache, sondern noch ein handwerkliches Problem. Aber kein schlimmes, sondern eines, das man verändern kann. Den Text auf Redundanz prüfen (ich rede jetzt immer vom Prolog) wäre jedenfalls in meinen Augen ein Punkt, an dem du tatsächlich ansetzen könntest, damit mehr Zug reinkommt. Ich meine nicht Tempo machen, sondern lediglich das bereits Selbstverständliche, was jeder Leser weiß, herausnehmen., das Überflüssige, was man als Leser automatisch dazudenkt.

Bei Redundanz oder gar direkten Wiederholungen frage ich mich beim Schreiben immer, ob ich diese Infos wirklich brauche, entweder für die Charakterisierung einer Person oder als ein Stilmittel oder erreiche ich damit einen Sog, auf den es mir ankommt?
Hier wirkt die Redundanz noch nicht so,als sei sie mit Bedacht eingesetzt, sondern eher bremsend. So als würde man als Leser sagen: ja weiß ich doch.
Also ich würde einfach meinen Blick dafür schulen, was überflüssige Info sein könnte.

Ich nehm einfach mal die ersten Abschnitte:

Zitat:
»Vielleicht wäre es besser alles zu vergessen.« Das dachte ich oft, wenn ich mal wieder in meiner Küche saß. An dem alten Tisch mit dem Aschenbecher und einer Tasse Kaffee vor mir - und einer Zigarette in der Hand.
Jeden Morgen saß ich hier, nachdem ich aus meinem Bett gestiegen war. Seit langer Zeit war es immer die gleiche Prozedur. Das Fenster hatte ich auf kipp gestellt, denn draußen war die Luft noch jungfräulich frisch - das erkannte ich an dem Zigarettenrauch, der sich seinen Weg durch den Fensterschlitz bahnte und sich, wie eine leichte Nebelwolke, an der Scheibe verflüchtigte.



jeden Morgen - seit langer Zeit dieselbe Prozedur
nachdem ich aus dem Bett gestiegen war - davon geht man als Leser aus, dass er im Bett war in der Nacht, nur wenn es anders herum wäre, müsstest du es schreiben.
Aschenbecher - die Zigarette in der Hand (der Leser denkt sich schon ziemlich automatisch einen Aschenbecher dazu, wenn einer raucht).
Luft jungfräulich frisch - der Zigarettenrauch haut auch ab, wenn die Luft draußen stinkig wäre. Ist die Luft draußen so wichtig? Dir kommt es doch auf das wunderbare Bild von dem Rauchnebel an, dem schaut er doch nach und gerät ins Sinnieren. Wenn sie dir wichtig ist, dann schalte nicht die Wahrnehmung des Protagonisten ein, wer sonst soll das Wetter wahrnehmen, sondern lass die Dinge machen. Also solche Modalitäten wie zum Beispiel -"das erkannte ich" sich bewusst machen und sich fragen, ob man wirklich zwischen dem Leser und den Dingen, die passieren immer noch die Wahrnehmung des Prot, einbauen will. Oft ist das nur eine Angewohnheit.
  

Das ist jetzt alles kein Muss und kein sollst du, sondern lediglich Anregungen und Vorschläge, wie man aus meiner Sicht "eindampfen" kann, gewonnen aus meinem persönlichen Erfahrungsschatz. Was bleibt, ist, dass du aus irgendeinem Grund mein leserisches Interesse geweckt hast.


»Vielleicht wäre es besser KOMMA alles zu vergessen.« Das dachte ich oft, wenn ich wie jeden Morgen in der Küche saß, an dem alten Tisch, eine Tasse Kaffee vor mir - und einer Zigarette in der Hand.
Das Fenster hatte ich auf kipp gestellt. Ich sah dem Zigarettenrauch hinterher, der sich seinen Weg durch den Fensterschlitz bahnte und sich, wie eine leichte Nebelwolke, an der Scheibe verflüchtigte.

(Das ist jetzt nur auf die Schnelle gemacht und enthält wahrscheinlich andere Probleme, aber vielleicht veranschaulicht es dir trotzdem, was ich meine. Ich persönlich habe es immer leichter, zu verstehen, was ein anderer meint oder moniert, wenn ich Beispiele sehe.

Noch als Beispiel dann der nächste Absatz:
Zitat:
»Manchmal wäre es hilfreich, wenn sich Erinnerungen auf die gleiche Weise verflüchtigen würden«, dachte ich und sah den kleinen Schwaden hinterher. Dann würde vielleicht auch die Leichtigkeit zurückkommen – die Leichtigkeit der Jugend. Und dann könnte ich so tun, als wäre das Unfassbare einfach nicht passiert.

»Manchmal wäre es hilfreich, wenn sich Erinnerungen auf die gleiche Weise verflüchtigen«, dachte ich. Dann würde vielleicht auch die Leichtigkeit zurückkommen. Und dann könnte ich so tun, als wäre das Unfassbare einfach nicht passiert.


Jetzt hab ich auch noch deine ergänzenden Schnipsel gelesen, also dass der Protagonist ein langweiliges Leben hat, kann man echt nicht behaupten.



Worauf ich noch wert lege, meinen ersten Eindruck habe ich als Leserin gegeben, die Interesse empfindet, die jedoch trotzdem auch Störungen empfindet. Und dann kommt die Autorin in mir zum Tragen, die von ihrer Erfahrung und Sicht aus urteilt.

Ich habe den ursprünglichen Faden nicht gelesen, ich weiß auch gar nicht mehr,  ob du fertig bist mit dem Buch und jetzt einen Verlag suchst, oder nur einen Eindruck haben wolltest, oder es bei Amazon veröffentlichen willst oder so.
Also ob das alles nun für einen Markt "reicht" oder nicht? Keine Ahnung. Ich habe auch nicht von Marktchancen aus geurteilt, sondern wie gesagt aus meinem Leseinteresse heraus.

Ich weiß nicht, was du mit deinem Buch willst, ich kann aber eigentlich jedem Autoren mit Veröffentlichungsabsichten nur dann für Markt zu schreiben, wenn es ihm entweder sehr leicht fällt, oder er an dem Prozess des Schreibens eines so langen Werkes Genuss empfindet, daran also, eine Geschichte zu erzählen, sie werden zu lassen. Nur mit Blick auf Veröffentlichung zu schreiben, am besten über einen Verlag, ich weiß nicht, wie erfolgreich sowas ist, und ich weiß auch nicht, ob ich mir das antun wollte, wenn es nicht das Schreiben selbst ist, das mir gefällt, das ich liebe und das mir Erfahrungen beschert, selbst wenn keiner das Buch veröffentlichen wollte.

Viele Grüße von Frau Zufall
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Klabauter
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Beitrag22.12.2016 13:34

von Klabauter
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WOW !!
Da ist sie endlich, die konstruktive Kritik (aus meiner Sicht) !!
Endlich Änderungsvorschläge, die mir sinnvoll erscheinen, .. die mir helfen.

Zitat:
Ob du diese Atmosphäre erzeugen wolltest, kannst nur du selbst wissen


Genau so habe ich es gemeint. Ich freue mich, dass Du bisher der Einzige bist, der das erkannt hat.
Bei den vorher (gutgemeinten) Kritiken habe ich einfach den Eindruck gehabt, sie würden nicht „zwischen den Zeilen“ lesen können. Haben einfach nur den Text als eine Aneinanderreihung von Wörtern gesehen – nicht das Kopfkino gehabt.
Allerdings hatte ich soetwas auch erwartet, deswegen habe ich am Anfang meines Postings auch die Audio-Datei hochgeladen. Um ein Gefühl rüberzubringen. Leider scheint sich niemand die MP3-Datei angehört zu haben.

Deine Vorschläge, lieber @ Rainer Zufall, machen auch für mich Sinn (ohne dass ich sie nun hier nochmals zitiere).

Zitat:
Jetzt hab ich auch noch deine ergänzenden Schnipsel gelesen, also dass der Protagonist ein langweiliges Leben hat, kann man echt nicht behaupten.


Auch so ein Punkt, den die anderen anscheinend übersehen haben.

Leider kann und will ich nicht GANZE Kapitel hochladen. Wahrscheinlich würden dann viele über den Inhalt einen anderen Eindruck erhalten.
Am Handwerklichen gibt es sicher einiges zu ändern. Das hast Du mir in Deiner Kritik gezeigt und ich werde bezüglich dessen Deine Anregungen auf jeden Fall auswerten.

Zitat:
Ich weiß nicht, was du mit deinem Buch willst, ich kann aber eigentlich jedem Autoren mit Veröffentlichungsabsichten nur dann für Markt zu schreiben, wenn es ihm entweder sehr leicht fällt, oder er an dem Prozess des Schreibens eines so langen Werkes Genuss empfindet, daran also, eine Geschichte zu erzählen, sie werden zu lassen. Nur mit Blick auf Veröffentlichung zu schreiben, am besten über einen Verlag, ich weiß nicht, wie erfolgreich sowas ist, und ich weiß auch nicht, ob ich mir das antun wollte, wenn es nicht das Schreiben selbst ist, das mir gefällt, das ich liebe und das mir Erfahrungen beschert, selbst wenn keiner das Buch veröffentlichen wollte.


Genauso ist es !
Ich hatte ja bereits erwähnt, dass ich das Buch (es ist übrigens fertiggeschrieben) anfangs nur für meine Kinder geschrieben habe. Weil es eben so viele intime Dinge enthält und ich Ihnen Seiten ihres Vaters aufzeigen wollte, die sie vielleicht noch garnicht wahrgenommen hatten. Ihren Vater besser verstehen können.

Ich will und muss nicht unbedingt eine Veröffentlichung im Auge haben.
Nur, eine bekannte Autorin – die bereits einige Bestseller veröffentlicht hat – hat mich ermutigt, mein Manuskript einem Agenten bzw. Verlag vorzustellen. Weil sie meinte, ich würde sie in meiner Schreibweise an einen ihrer Lieblingsautoren (Nicholas Sparks) erinnern.
Also, wollte ich es einfach probieren.

Es grämt mich überhaupt nicht, wenn niemand mein „Werk“ lesen will.
Das Buch ist und bleibt mir wichtig. Das Schreiben daran (10 Jahre) hat mir sehr geholfen, mein Leben so zu akzeptieren wie es ist.
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Murmel
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Beitrag22.12.2016 15:41

von Murmel
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Es kommt immer darauf an, für WEN man das Buch schreibt, etwas, das man während des Schreibens zwar oft vergisst, aber wirklich wichtig ist. Man kann auch heute noch anspruchsvolle Bücher schreiben, die ihre Abnehmer finden - losgelöst vom Massenmarkt. Aber dann müssen diese Art allen Kriterien entsprechen, die die Liebhaber solcher Bücher befriedigt.

Promi Biografien werden nicht für den anspruchsvollen Markt geschrieben, sie sind für den Massenmarkt konzipiert. Fans und Leser, die Pikantes und Skandale erwarten, aber keine tiefgreifenden Erfahrungen. Was Bohlen denkt, wenn er Arschloch sagt. Sprache und Inhalt sind auf die Kapazitäten und Erwartungen der Leserschaft abgestimmt. Es mag zwar Ausnahmen geben, aber die meisten Promi Autobiografien sind reichlich belanglos.

WAS willst du eigentlich erzählen? Wen ansprechen? Was sollen die Leser mitnehmen?

Von der Art her, ein ruhiges Reflektieren des Istzustandes, der sicher in die Retroperspektive der folgenden Kapitel einleiten soll, funktioniert der Prolog schon, wenn sein Stil den Ansprüchen genügt. Das tut er meiner Ansicht (noch) nicht.

Zitat:
»Vielleicht wäre es besser alles zu vergessen.« Das dachte ich oft, wenn ich mal wieder in meiner Küche saß. An dem alten Tisch mit dem Aschenbecher und einer Tasse Kaffee vor mir - und einer Zigarette in der Hand.

Es wäre besser, den Leser in die Jetztzeit gleich mitzunehmen:
"Vielleicht wäre es besser, alles zu vergessen," sagte ich zu mir, wie so oft, wenn ich an diesem Platz in der Küche saß. <Kurze Beschreibung der Küche, aber wirklich nur kurz!> An dem wackligen Tisch mit der Plastiktischdecke, mit dem Aschenbecher in From einer Geode, den meine Frau mir vor dreißig Jahren geschenkt hatte, und der x-ten Zigarette in der Hand.
Der Kaffee... trinkt er ihn? Danach macht er sich einen... noch einen?

Zitat:
Mir fiel ein, dass es Zeit wurde, das Insulin zu spritzen. Eine lästige Sache, aber notwendig. Vor einem halben Jahr hatte man festgestellt, dass ich Diabetes habe. Ich fühlte mich seit längerer Zeit ziemlich schlecht. So schlecht, dass ich die Möglichkeit in Betracht zog, meinen Job zu kündigen und mich in den Vorruhestand zu begeben.

Es wurde Zeit, das Insulin zu spritzen.
Du bist im Kopf des Ich-Erzählers, daher ist es klar, dass es IHM einfällt, wem sonst?
Ich fühlte mich ... Jetzt oder damals, als es festgestellt wurde?
Jetzt in den Vorruhestand oder damals? Immer noch?

Zitat:
Wann war er dagewesen – der Augenblick in meinem Leben. Der Zeitpunkt, an dem meine Tage ihre Farbe verloren.

Das ist die Gelegenheit, deutlicher Interesse zu wecken.
Der Zeitpunkt, an dem meine Tage ihre Farbe verloren (das ist gut), als meine Frau sich das Leben nahm.

Ich weiß nicht, ob du damit etwas anfangen kannst. Du musst an deinem Stil arbeiten, an deiner Sprache. Zeichne Bilder, lass mich sehen, riechen, fühlen.


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Stefanie
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Beitrag22.12.2016 17:35

von Stefanie
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Eine Autobiografie ist immer ein Risiko fürs Ego, weil es viele Leute gibt, die das eigene Leben nicht so spannend finden wie man selbst.
Bei dem Titel dachte ich zuerst an jemanden, der an Depressionen leidet.
Aber dann höre ich, es geht um Diabetes. Oder auch nicht?
Um einen einsamen Mann mit einer Altersdepression? Um unverarbeitete Ereignisse, der Vergangenheit, die aber nicht verraten werden?

Was ich auch nicht verstehe, ist, wieso du das einen Prolog nennst. Sieht für mich aus wie das erste Kapitel.

Mir ist das zu langatmig und zu selbstmitleidig. Ich würde nach der Leseprobe nicht weiterlesen wollen.
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Klabauter
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Beitrag22.12.2016 18:00

von Klabauter
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@ Stefanie,
nein, es geht nicht um Diabetes.
Der Prolog soll nur einführen.
Stell Dir vor, da sitzt jemand – beschreibt seinen momentanen Zustand. Er sitzt da und fängt an zu grübeln, wie er dazu gekommen ist. Und dann denkt er nach, wie alles angefangen hat …

Dann folgt das erste Kapitel.

Wahrscheinlich ist das alles nur langsam zu verstehen, wenn man das Buch liest.
Wenn alles, was vorher passiert ist, schon im Prolog bekannt ist … Wozu sollte ich dann das Buch schreiben.

Die Geschichte beginnt im ersten Kapitel und steigert sich,
bis zum Höhepunkt. Und dann wird man auch den Prolog verstehen.

Wenn ich einen Krimi schreibe, verrate ich (in der Regel) auch nicht gleich den Mörder und das Motiv.

Also, .. hier:

_____________________________________________________________

Kapitel 1:  Untergang und Aufbruch
_____________________________________________________________

Begonnen hatte eigentlich alles bereits, als an meine Anwesenheit auf diesem Planeten noch gar nicht zu denken war - nämlich zu Beginn des 2. Weltkrieges.
Mein Vater Ernst gehörte zu der Generation dieser vielen jungen Männer, die zufällig erwachsen wurden, als Adolf Hitler Kanonenfutter für seine wahnwitzigen Ideen brauchte, und am 1. September 1939 den Selbstmord des alten Deutschlands einfädelte.
Er war damals ganze 26 Jahre alt und hatte mit meiner Mutter zu Kriegsbeginn bereits 5 Kinder gezeugt. In dieser Zeit war das allemal nichts Ungewöhnliches. Außerdem kam meine Mutter dadurch in den Genuss, vom Führer das »Mutterkreuz« zu erhalten.
Vielleicht wäre so eine Auszeichnung - angesichts des Zustandes der heutigen Rentenkassen - eine Idee, die unsere Regierung aufgreifen könnte. Kostet kaum etwas und spornt junge Ehepaare an, den Generationenvertrag wieder in die richtigen Bahnen zu lenken.

Mein Vater zog also in den Krieg. Und seine Frau musste 5 kleine Kinder alleine versorgen, und das ist in Kriegszeiten wahrlich kein leichter Job. Wir nachgefolgten Generationen, dessen bin ich mir sicher, werden diese Situation nicht in geringster Weise nachvollziehen können.
 
Die Soldaten bekamen, wenn sie verwundet wurden, Fronturlaub. Auch mein Vater erlitt eine Schussverletzung und kam für eine kurze Zeit der Genesung nach Hause. Mit dem Ergebnis, dass im Jahre 1940 mein Bruder Wolf-Rüdiger das Licht dieser, von Raketen und Granatwerfern erhellten, Welt erblickte.
Zu diesem Zeitpunkt war Vati allerdings wieder bei seiner Einheit, irgendwo in Russland. Seinen neugeborenen Sohn sollte er dadurch niemals kennenlernen, denn Wolf Rüdiger erlebte leider nicht seinen ersten Geburtstag. Wie mir meine Mutter später erzählte, waren Unterernährung und eine Vergiftung durch verdorbene Milch, der Grund für den Kindstod. Und so lernte auch ich meinen Bruder niemals kennen.

Gegen Ende des Krieges nahm meine Mutter ihre 5 Kinder und wenige Habseligkeiten und flüchtete, aus Angst vor dem Einmarsch russischer Soldaten, von Ostpreußen in Richtung Schleswig-Holstein.
Geplant war, mit der »MS Wilhelm Gustloff« über die Ostsee in sicherere Gefilde zu schippern. Die war jedoch bei meiner Mutter Ankunft, von den Massen an flüchtenden Menschen völlig überfüllt. Und so gings dann zu Fuß in Richtung Westen.
Vielleicht war es das erste Mal, dass ich Glück hatte. Denn wie ja bekannt ist, wurde die »Wilhelm Gustloff«, mitsamt den 1500 Passagieren und Besatzungsmitgliedern, von feindlichen Torpedos getroffen und versenkt.
Wäre meine Mutter mit der »Gustloff« gefahren - ich wäre niemals geboren worden.

Nach Kriegsende lebte Mutter mit meinen 5 Geschwistern in einem kleinen Dorf am Nord-Ostsee-Kanal, nahe Rendsburg. In Osterrönfeld. Was aus Vater geworden war - lebte er? War er gefallen? - niemand wusste es.
Meine Mutter machte nun das, was alle Frauen zu der Zeit taten - sie ließ meinen Vater über Vermisstenlisten suchen. Doch es tat sich nichts.

Meta Gölnitz übte sich in Geduld. Was blieb ihr auch anderes übrig. Das Leben war ein Kampf. Das war sie schließlich gewohnt. Sie versorgte mehr schlecht als recht ihre Kinder und wartete geduldig auf ein Lebenszeichen ihres Mannes.
Regelmäßig suchte sie das »Deutsche Rote Kreuz« auf. Nur um zu erfahren, dass es in Sachen Ernst Gölnitz nichts Neues geben würde. Nach Jahren schlug man ihr vor, ihn doch für tot erklären zu lassen. Aber sie gab nicht auf. So verging Jahr um Jahr. Und es war jetzt bereits 1953.
Schließlich bekam sie die Nachricht, dass es in Nortorf - einem Dorf, nicht weit entfernt - einen Ernst Gölnitz geben würde. Er hätte eine Arbeitsstelle bei einem Bauern als Melker. Seit seiner Entlassung 1945, aus amerikanischer Gefangenschaft, würde er dort wohnen.
Und tatsächlich - dieser Mann war: mein Vater!
8 Jahre hatten er und meine Mutter, getrennt durch lächerliche 20 km, praktisch in der Nachbarschaft gelebt und nichts voneinander gewusst.
Aber nun war die Familie wieder vollständig.
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BlueNote
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Beitrag22.12.2016 18:02

von BlueNote
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Hi Autor! Ich bin gerade dabei, deinen Text am Tablet zu lesen, spreche den Text hier nur ein und bin eigentlich sehr angetan. Auch mir hatte der Auszug außerordentlich gut gefallen Punkt auch manche Formulierungen oder Gedanken über das Leben finde ich sehr ansprechend. Die Bemerkung, dass der Text sterbenslangweilig wäre, kann ich nicht teilen. Er hat eine angenehme Ruhe, eine Zurückgenommenheit, Überlegtheit, Abgeklärtheit, vielleicht Weisheit, die ich ansprechend finde. Eine Autobiografie, die zu Beginn künstlich Aufspannung getrimmt ist, würde ich für effekthascherisch und ziemlich wenig aus dem Leben gegriffen halten.
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Klabauter
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Beitrag22.12.2016 18:36

von Klabauter
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@Murmel

Ich wiederhole mich zwar, aber ich habe dieses Buch nicht geschrieben um es unbedingt zu veroffentlichen. Die genaueren Umstände habe ich in der Antwort auf @Rainer Zufalls Post beschrieben.

Ich sehe es einfach ganz locker:
Wenn es jemandem nicht gefällt, ist es okay (Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden)
Ich erwarte doch nicht, dass ein Fantasy-Fan diese Art von Geschichten mag.

Wenn es jemandem gefällt, ist das toll. Dann weiß ich, das derjenige die Gedanken und Gefühle der Story verstanden und gespürt hat, die ich rüberbringen wollte.

Aber das wichtigste ist, dass es mir gefällt.
Ich muss es nicht veröffentlichen. Aber ich glaube, dass es viele Menschen gibt, die sich darin wiederfinden.
Danke @BlueNote Wink

Und ich möchte keinen anderen Erzähler/Autor kopieren. Diese 829 Seiten sind mein persönlich - ganz eigener Stil, zu schreiben. Und das, finde ich, ist doch wahrscheinlich sehr wichtig.

Es hat in der Historie von Romanen doch folgendes gegeben:

- Nach dem Krieg liebten die Leute Liebesromane und Landser-Geschichten. Simmel wurde so oft kopiert, dass es bald nur noch ein Einheitsbrei war.
- Danach folgten Wald- und Wiesen-Schnulzen. Der Oberförster erschießt den Wilddieb und findet in Maria oder Resl seine große Liebe. Auch dann Kopie nach Kopie
- Dann kamen Krimis in Mode. Wiederum wurde „auf Teufel komm raus“ abgekupfert.
- Dann die Thriller-Phase, Wildwest-Romane. Das ganze artete aus in den sogenannten „Groschenromanen“. Kaum noch zu ertragen.
- Die folgenden Agenten-Romane ereilte das gleiche Schicksal
- Dann folgten „Mittelalter“-Geschichten. Teilweise super Ausgaben (Stichwort Ken Follett). Und wieder sprangen jede Menge Kopierer auf den Zug auf. Gibt auch heute noch gute Neuerscheinungen (wenn auch seltener). Aber allmählich wird’s immer abgedroschener.
- Zwischendurch einige sehr gute skandinavische Krimis (Mankell, Indridarsson)
- Und dann kam J.K. Rowling mit einer einmaligen Idee – den Harry Potter-Büchern. Genial. Jeder neue Autor wollte auch sowas machen – heraus kam meistens Murcks. Ein Fantasy-Buch nach dem anderen – und immer langweiliger, weil einfach, .. Kopie. Ausnahme vielleicht „Das Lied von Feuer und Eis“. Weil irgendwie zwar eine Mischung, aber trotzdem Neu.

Vielleicht ist es Zeit für etwas Neues, Anderes.
Warum nicht für Geschichten über das Leben von einem „normalen Menschen“ ?
Von einem, der im Leben alles, aber auch wirklich Alles, mitgenommen hat. Das wär doch was ….

Gruß,
Bodo
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Corydoras
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 39
Beiträge: 751
Wohnort: Niederösterreich


Beitrag22.12.2016 18:48

von Corydoras
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Klabauter hat Folgendes geschrieben:
Ausnahme vielleicht „Das Lied von Feuer und Eis“


Dir ist schon klar, dass diese Reihe vor Harry Potter begann? Auch, dass der Autor seit den 70er Jahren im SciFi/Fantasy Bereich schreibt?


_________________
I'm not a king. I am just a bard.
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