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Morschs Muschel (Kinderbuch ab 10 Jahren)


 
 
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herzstück
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Beiträge: 10



Beitrag22.08.2016 18:11

von herzstück
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Hallo Bunt,

ich fürchte, ich habe es nicht so rübergebracht, wie ich es gemeint habe, als ich geschrieben habe, du könntest den ersten Absatz der ersten Version ersatzlos streichen. Ich hatte mein Augenmerk darauf gerichtet, dass nach diesem Absatz ein Rückblick folgt und in dieser Konstellation fand ich das nicht so gut gelöst.
Im Vergleich zu deiner zweiten Version gefällt mir die erste jetzt trotzdem besser. Es würde (für mich) reichen, wenn du nur ein paar Sätze streichst und auf diesen Übergang zum Rückblick verzichtest.  

Zitat:
Irgendwo zwischen Hier und Dort, in einem kleinen Tal inmitten dicht bewaldeter Hügeln lebte Leopold Morsch. Sein Haus war klein, karg eingerichtet und duckte sich in einen wilden Apfelgarten voller Rosenbüsche, Himbeersträucher und Lavendel. Vor dem Haus stand eine Bank. Morsch saß hier gerne, lauschte dem Gurgeln des nahen Flusses und sah den Mauerflechten beim Wachsen zu. Sein Haus war das einzige weit und breit, und der Weg, der sich entlang des Flusses in Morschs Tal schlängelte, war alt und verwildert. Woher er kam? Wohin er führte? Morsch wusste es nicht mehr. Er hatte es längst vergessen. Alles was er brauchte, hatte er hier. Hier war er zufrieden. Hier war sein Zuhause. Und hier begann alles.

Es war einmal an einem Spätsommernachmittag.
Die Luft flirrte vor Hitze, und die Insekten summten. Morsch kniete am Fuß eines Apfelbaums und drückte sein Ohr an den Stamm. Die Hände hatte er auf die Wurzeln gelegt und die Augen geschlossen. Er wagte kaum zu atmen. So verharrte er einen Moment. Dann öffnete er langsam die Augen, seufzte, schüttelte den Kopf und drehte sich zu Hainwart um: „Ich kann es nicht. Ich höre und spüre nichts.“


Es jedem recht zu machen, kann schlicht nicht gelingen und sollte auf keinen Fall angestrebt werden. Du wirst mit der Zeit selbst herausfinden, welche Kommentare, "Verbesserungsvorschläge" oder Tipps dir zusagen und für dich hilfreich sind und dich weiterbringen.


_________________
herzlichst
herzstück
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Bunt Speck
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Beitrag22.08.2016 18:58
Morschs Muschel (Kinderbuch ab 10 Jahren) ... weiter
von Bunt Speck
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Liebe Leser,

nachdem mein Prolog "Zuhause" bzw. 1. Kapitel "Ein merkwürdiges Ereignis" (die Entscheidung fällt gerade) intensiv diskutiert wurde ( http://www.dsfo.de/fo/viewtopic.php?t=57501&postdays=0&postorder=asc&start=0 ), möchte ich nun hier den Anschluss präsentieren, also das nächste Kapitel meines Kinderabenteuermärchens, und freue mich auf Euer Feedack ...


Noch ein merkwürdiges Ereignis

„Heda, Morsch!“
Morsch horchte auf. Das Knarren und Poltern eines sich nähernden Wagens begleitete den Ruf. Morsch legte die Holzscheite neben den Kamin und ging lächelnd durch die Tür nach Draußen. Im goldenen Licht des kühlen Herbstnachmittags hielt vor seinem Gartentor ein kleines, von einem Esel gezogenes Fuhrwerk. Töpfe, Pfannen und allerlei anderer Kram schepperten und schaukelten an seinen Seiten langsam aus. Stoffbahnen, Kisten und Säcke drohten über die Ränder zu kippen, so voll gestopft war der Wagen. Und auf dem Kutschbock saß ein wettergegerbter Kerl, der grüßend die Hand hob.
„Na, mein Junge, hast du heißen Tee für einen alten Rumtreiber?“, hustete er und klopfte sich gegen die Brust, dass der Mantel nur so staubte.
„Willkommen, Landrich. Schön, dich zu sehen. Komm nur rein“, antwortete Morsch und sah zu, wie der Kutscher vom Wagen sprang, seinem Esel den Fuhrmannshut mit der breiten Krempe aufsetzte und das Langohr an den Gartenzaun band. Dann trat er durch das Gartentor, umarmte Morsch herzlich und folgte n das Haus. Morsch schürte den Ofen an und setzte Wasser auf. Bald darauf wurde es angenehm warm in der Stube. Landrich hatte am Tisch Platz genommen und stopfte sich seine Pfeife. Morsch stellte zwei irdene Becher vor seinen Gast.
„Wie geht es dir, alter Freund? Immer noch nicht einsam?“, begann Landrich, nachdem er einige kräftige Züge aus der Pfeife genommen hatte.
Morsch zuckte mit den Schultern. „Ich bin zufrieden. Das weißt du doch.“
„Na komm. Auch du musst mal was anderes sehen. Die Welt hat so viel zu bieten. Schau mich an. Ich erlebe fast täglich ein Abenteuer.“
Morsch schüttelte den Kopf. „Draußen? Was gibt es da schon?“ Er goss den Tee auf. „Ich habe hier genug zu tun und alles was ich brauche.“
Morsch brauchte seinen Freund gar nicht anzusehen. Er wusste, dass Landrich ihn herausfordernd anlächelte. Landrich wechselte das Thema: „Schau. Ich habe dir was mitgebracht.“
Gespannt beobachtete Morsch, wie der Händler behutsam einen in weiche Stoffe gewickelten Gegenstand aus einem Lederbeutel nahm und ihn auf den Tisch legte. Was es wohl diesmal war? Die Dinge, die Landrich mitbrachte, waren immer besonders. Sorgsam wickelte Landrich das Bündel auf, bis eine silbrig-weiße Muschel zum Vorschein kam, gedreht wie ein Horn. Sie sah zerbrechlich aus. Landrich zog an seiner Pfeife und lächelte: „Die habe ich eingetauscht, jenseits des Waldes, in einer Stadt nicht weit vom Meer. Ich hatte so ein Gefühl, dass sie zu dir passt.“
„Vom Meer“, sagte Morsch gedankenverloren, während er die Muschel genauer betrachtete.
„Jawohl, vom Meer. Gefällt sie dir?“
„Natürlich. Sie ist wunderschön.“ Morsch nahm die Muschel und drehte sie vorsichtig in den Händen. Glatt und weich fühlte sie sich an, mit feinen und gleichmäßigen Windungen.
„Halte sie ans Ohr“, sagte der Händler.
Morsch folgte dem Rat. Das Prasseln des Herdfeuers wurde dumpfer und leiser. Angenehme Stille umfing ihn, und kurz darauf hörte er ein sanftes Rauschen. Ein Auf und Ab, wie tiefer Atem, ab und zu unterbrochen von einem Glucksen und Plätschern. Plötzlich spürte er eine warme Brise, und in der Ferne konnte Morsch den Schrei eines Vogels hören. Der Schrei klang nicht wie die Vögel aus Morschs Tal oder dem nahen Wald mit ihrem Zwitschern und Trällern. Er war fremd. Morsch war gebannt. Er konzentrierte sich. Ganz langsam wurde der Schrei lauter, als würde er näherkommen. Erstaunt setzte Morsch die Muschel ab.
„Faszinierend, nicht wahr?“, hörte er Landrich murmeln. Er nickte und legte die Muschel vorsichtig auf den Tisch zurück.
„Ein seltsamer Vogelschrei. Hast du so einen schon mal gehört?“
Landrich wirkte überrascht. „Ein Vogelschrei? In der Muschel?“
Morsch nickte langsam. „Hast du ihn nicht gehört?“
Landrich schüttelte den Kopf und zog an seiner Pfeife. „Immer wieder habe ich die Muschel ans Ohr gehalten. Da war Wellenrauschen, aber kein Vogelschrei“, sagte er, lächelte und blies Tabakrauch in die Luft. „Behalt sie. Ich wusste, die gehört zu dir.“
Morsch bedankte sich, goss Tee nach und lauschte Landrich, wie er jetzt von seinen Reisen und den Dingen erzählte, die er gekauft oder getauscht hatte, und von den Begegnungen, Sitten und Bräuchen, auf die der fahrende Händler in so manchen Winkeln der Welt getroffen war. Morsch hörte gerne zu und war froh, dass er die Geschichten nur hören und nicht erleben musste.
Draußen war es Nacht geworden, das Feuer war nur noch ein glühendes Nest, und die beiden aßen und plauderten. Die Muschel lag die ganze Zeit in der Mitte des Tisches. Immer wieder blickte Morsch sie an und wunderte sich still, warum Landrich den Vogelschrei nicht gehört hatte.


Gruß,
Bunt Speck

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Bunt Speck
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Beitrag22.08.2016 19:01
Es geht weiter
von Bunt Speck
Antworten mit Zitat

Liebe Leser,

die Geschichte geht weiter unter: http://www.dsfo.de/fo/viewtopic.php?p=1082117#1082117

Ich freue mich, wenn ihr vorbeischaut!
Gruß,
Bunt


@Herzstück: danke auch für dein zweites Kommentar. Leiider kann ich diesen Satz nicht streichen, weil er sozusagen das Ende des Manuskriptes bildet. Dann wei Morsch nämlich zumindest wo der Weg herkommt ... Wink
Bunt
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Aneurysm
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Beitrag22.08.2016 19:11

von Aneurysm
Antworten mit Zitat

Ich zitiere mal den Chef:

Boro hat Folgendes geschrieben:
Für mehrteilige Geschichten, Fortsetzungen und überarbeitete Versionen ist grundsätzlich nur ein Thread zu verwenden.


(Quelle: http://www.dsfo.de/fo/viewtopic.php?t=44515.)
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Bunt Speck
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Beitrag22.08.2016 19:27

von Bunt Speck
Antworten mit Zitat

Aneurysm hat Folgendes geschrieben:
Ich zitiere mal den Chef:

Boro hat Folgendes geschrieben:
Für mehrteilige Geschichten, Fortsetzungen und überarbeitete Versionen ist grundsätzlich nur ein Thread zu verwenden.


(Quelle: http://www.dsfo.de/fo/viewtopic.php?t=44515.)


Danke für den Hinweis, sorry, kommt nicht wieder vor bzw. bleibt dann die Geschichte jetzt hier, wenn erlaubt ...
Bunt
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Aneurysm
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Beitrag22.08.2016 19:33

von Aneurysm
Antworten mit Zitat

Bunt Speck hat Folgendes geschrieben:
Aneurysm hat Folgendes geschrieben:
Ich zitiere mal den Chef:

Boro hat Folgendes geschrieben:
Für mehrteilige Geschichten, Fortsetzungen und überarbeitete Versionen ist grundsätzlich nur ein Thread zu verwenden.


(Quelle: http://www.dsfo.de/fo/viewtopic.php?t=44515.)


Danke für den Hinweis, sorry, kommt nicht wieder vor bzw. bleibt dann die Geschichte jetzt hier, wenn erlaubt ...
Bunt


Kann passieren, wenn man neu im Forum ist. Normalerweise schaut hier früher oder später ein Moderator vorbei und führt die beiden Threads zusammen.
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scura
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Beitrag22.08.2016 19:40

von scura
Antworten mit Zitat

Ja das ist wirklich ein schwieriger Balance-Akt. Einerseits will ja man konstruktiv mit Kritik umgehen, andererseits ist hier ein wunderbares Beispiel von zu viele Köche verderben den Brei...

Also ich würde auf jeden Fall wieder eher zu der ersten Version gehen.  Da war die Atmosphäre so nah. Da war ich plötzlich beim lesen selbst direkt in diesem Garten und kniete neben Morsch...
bei der zweiten Version zog es mich nicht so sehr ins Geschehen.

Vielleicht nur der Übergang. Von der ersten Beschreibung bis zu dem Punkt wo etwas passiert.


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Nihil
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Beitrag22.08.2016 19:49

von Nihil
Antworten mit Zitat

Bunt Speck hat Folgendes geschrieben:
Aneurysm hat Folgendes geschrieben:
Ich zitiere mal den Chef:

Boro hat Folgendes geschrieben:
Für mehrteilige Geschichten, Fortsetzungen und überarbeitete Versionen ist grundsätzlich nur ein Thread zu verwenden.


(Quelle: http://www.dsfo.de/fo/viewtopic.php?t=44515.)


Danke für den Hinweis, sorry, kommt nicht wieder vor bzw. bleibt dann die Geschichte jetzt hier, wenn erlaubt ...
Bunt

Moin Bunt Speck,
ich werde die Fortsetzung hier gleich an den ursprünglichen Thread anheften. Die oben zitierte Regel – und viel wichtiger noch, die Funktion für Fortsetzungen im eigenen Thread – gibt es ja nicht umsonst, um faire Chance für alle zu ermöglichen.
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Bunt Speck
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Beitrag22.08.2016 19:53

von Bunt Speck
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einverstanden, ich dachte, dass man im Einstand nur zweimal was postet und dann von dort wechselt, aber so isses mir auch recht, bleibe ich eben hier
Gruß,
Bunt
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Nihil
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Moderator
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Beitrag22.08.2016 20:01

von Nihil
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Bunt Speck hat Folgendes geschrieben:
einverstanden, ich dachte, dass man im Einstand nur zweimal was postet und dann von dort wechselt, aber so isses mir auch recht, bleibe ich eben hier
Gruß,
Bunt


Das ist auch richtig so. :) Aber wenn du mit deinem neuen Beitrag eine Fortsetzung zu dieser Geschichte hier veröffentlicht hast, ist die Fortsetzung hier besser aufgehoben. Du verstehst, dass wir da keine Ausnahmen machen können. Wenn der erste die Fortsetzungsfunktion in einem Thread nutzt, der nächste für jedes einzelne Kapitel ein neues Thema eröffnet, macht der zweite natürlich viel stärker auf sich aufmerksam. (Nur eine Erklärung, ohne dir zu unterstellen, dass du das ausnutzen wolltest.)

Viel Spaß und ERfolg weiterhin,
Nihil
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scura
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Beitrag22.08.2016 20:21
Re: Morschs Muschel (Kinderbuch ab 10 Jahren) ... weiter
von scura
Antworten mit Zitat

Bunt Speck hat Folgendes geschrieben:



Noch ein merkwürdiges Ereignis

„Heda, Morsch!“
Morsch horchte auf. Das Knarren und Poltern eines sich nähernden Wagens begleitete den Ruf. Morsch legte die Holzscheite neben den Kamin und ging lächelnd durch die Tür nach Draußen.Hier gefällt mir der Übergang sehr gut! Im goldenen Licht des kühlen Herbstnachmittags hielt vor seinem Gartentor ein kleines, von einem Esel gezogenes Fuhrwerk. Töpfe, Pfannen und allerlei anderer Kram schepperten und schaukelten an seinen Seiten langsam aus. (ich finde den Satzteil, dass die Sachen aus schaukelten nicht so prickelnd formuliert.)  Stoffbahnen, Kisten und Säcke drohten über die Ränder zu kippen, so voll gestopft war der Wagen.

Und auf dem Kutschbock saß ein wettergegerbter Kerl, der grüßend die Hand hob.
„Na, mein Junge, hast du heißen Tee für einen alten Rumtreiber?“, hustete er (Da musste ich überlegen wer? Ja eh klar trotzdem... ich finde er hier noch zu früh.... )und klopfte sich gegen die Brust, dass der Mantel nur so staubte.
„Willkommen, Landrich. (Toller Name!) Schön, dich zu sehen. Komm nur rein“, antwortete Morsch und sah zu, wie der Kutscher vom Wagen sprang, seinem Esel den Fuhrmannshut mit der breiten Krempe aufsetzte und das Langohr an den Gartenzaun band. Dann trat er durch das Gartentor, umarmte Morsch herzlich und folgte in das Haus. Morsch schürte den Ofen an und setzte Wasser auf. Bald darauf wurde es angenehm warm in der Stube. (Ich würde das bald darauf weglassen. Es wurde angenehm warm in der Stube.) Landrich hatte am Tisch Platz genommen und stopfte sich seine Pfeife. Morsch stellte zwei irdene (ich finde das Wort schön, aber musste nun selbst nachsehen ob ich die Bedeutung wirklich noch richtig im Kopf habe, da würde ich da es ein Kinderbuch ist wirklich tönerne schreiben) Becher vor seinen Gast.
„Wie geht es dir, alter Freund? Immer noch nicht einsam?“, begann Landrich, nachdem er einige kräftige Züge aus der Pfeife genommen hatte.

Morsch zuckte mit den Schultern. „Ich bin zufrieden. Das weißt du doch.“
„Na komm. Auch du musst mal was anderes sehen. Die Welt hat so viel zu bieten. Schau mich an. Ich erlebe fast täglich ein Abenteuer.“
Morsch schüttelte den Kopf. „Draußen? Was gibt es da schon?“ Er goss den Tee auf. „Ich habe hier genug zu tun und alles was ich brauche.“
Morsch brauchte seinen Freund gar nicht anzusehen. Er wusste, dass Landrich ihn herausfordernd anlächelte. Landrich wechselte das Thema: „Schau. Ich habe dir was mitgebracht.“
Gespannt beobachtete Morsch, wie der Händler behutsam einen in weiche Stoffe gewickelten Gegenstand aus einem Lederbeutel nahm und ihn auf den Tisch legte. Was es wohl diesmal war? Die Dinge, die Landrich mitbrachte, waren immer besonders. Sorgsam wickelte Landrich das Bündel auf, bis eine silbrig-weiße Muschel zum Vorschein kam, gedreht wie ein Horn. (Ich würde Morsch die Muschel  auswickeln lassen.) Sie sah zerbrechlich aus. Landrich zog an seiner Pfeife und lächelte: „Die habe ich eingetauscht, jenseits des Waldes, in einer Stadt nicht weit vom Meer. Ich hatte so ein Gefühl, dass sie zu dir passt.“
„Vom Meer“, sagte Morsch gedankenverloren, während er die Muschel genauer betrachtete.
„Jawohl, vom Meer. Gefällt sie dir?“
„Natürlich. Sie ist wunderschön.“ Morsch nahm die Muschel und drehte sie vorsichtig in den Händen. Glatt und weich fühlte sie sich an, mit feinen und gleichmäßigen Windungen.
„Halte sie ans Ohr“, sagte der Händler.
Morsch folgte dem Rat. Das Prasseln des Herdfeuers wurde dumpfer und leiser. Angenehme Stille umfing ihn, und kurz darauf hörte er ein sanftes Rauschen. Ein Auf und Ab, wie tiefer Atem, ab und zu unterbrochen von einem Glucksen und Plätschern. Plötzlich spürte er eine warme Brise, und in der Ferne konnte Morsch den Schrei eines Vogels hören. Der Schrei klang nicht wie die Vögel aus Morschs Tal oder dem nahen Wald mit ihrem Zwitschern und Trällern. Er war fremd. Morsch war gebannt. Er konzentrierte sich. Ganz langsam wurde der Schrei lauter, als würde er näherkommen. Erstaunt setzte Morsch die Muschel ab.
„Faszinierend, nicht wahr?“, hörte er Landrich murmeln. Er nickte und legte die Muschel vorsichtig auf den Tisch zurück.
„Ein seltsamer Vogelschrei. Hast du so einen schon mal gehört?“
Landrich wirkte überrascht. „Ein Vogelschrei? In der Muschel?“
Morsch nickte langsam. „Hast du ihn nicht gehört?“
Landrich schüttelte den Kopf und zog an seiner Pfeife. „Immer wieder habe ich die Muschel ans Ohr gehalten. (Den Satz würde ich irgendwie umformulieren... nicht mit immer wieder beginnen... )Da war Wellenrauschen, aber kein Vogelschrei“, sagte er, lächelte und blies Tabakrauch in die Luft. „Behalt sie. Ich wusste, die gehört zu dir.“
Morsch bedankte sich, goss Tee nach und lauschte Landrich, wie er jetzt von seinen Reisen und den Dingen erzählte, die er gekauft oder getauscht hatte, und von den Begegnungen, Sitten und Bräuchen, auf die der fahrende Händler in so manchen Winkeln der Welt getroffen war. Morsch hörte gerne zu und war froh, dass er die Geschichten nur hören und nicht erleben musste.
Draußen war es Nacht geworden, das Feuer war nur noch ein glühendes Nest, und die beiden aßen und plauderten. Die Muschel lag die ganze Zeit in der Mitte des Tisches. Immer wieder blickte Morsch sie an und wunderte sich still, warum Landrich den Vogelschrei nicht gehört hatte.




Sehr schöne behagliche Atmosphäre in der Stube. Es macht auf jeden Fall neugierig auf mehr. Allerdings verwirrt mich der Teil mit dem Apfelbaum im Garten jetzt noch mehr. Kommt da noch etwas dazu? Bzw. brauchst du den dringend? Könntest du ihn streichen? Oder bzw. den Teil mit Landrich zuvor und dann den Teil mit den Garten???


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Bunt Speck
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Beitrag23.08.2016 15:52
Re: Morschs Muschel (Kinderbuch ab 10 Jahren) ... weiter
von Bunt Speck
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scura hat Folgendes geschrieben:
Ich würde Morsch die Muschel  auswickeln lassen.


Super Idee, danke, dass ich da selbst so blind war.

Das mit dem Apfelbaum steht sozusagen sinnbildlich für Morschs Fähigkeiten, was aber mir nun wieder klar wird, dass es ganz offensichtlich falsch rüberkommt. Danke. Da muss ich umdenken. Erst Landrich und Muschel und dann Apfelbaum und Brise geht leider nicht.

Gruß,
Bunt
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Muskat
Eselsohr


Beiträge: 343



Beitrag24.08.2016 08:42
Morsch
von Muskat
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Hallo Bunt,

vorweg: die Bilder, die du in dem Teil erzeugst, finde ich schön. Die zum Beispiel:


Zitat:
Töpfe, Pfannen und allerlei anderer Kram schepperten und schaukelten an seinen Seiten langsam aus


Zitat:
klopfte sich gegen die Brust, dass der Mantel nur so staubte.


Was mir weniger gefällt, ist, dass du das Märchen in Kapitel unterteilst. Warum schreibst du es nicht am Stück? Natürlich ist es für Zehnjährige leichter, sich von Kapitel zu Kapitel zu lesen. Hier aber finde ich sie kurz und davon ab, liest sich ein Märchen doch besser am Stück.

Ich weiß natürlich nicht, wieviel Seiten das Buch umfasst und ob es daher sinniger ist, eben doch in Kapitel zu unterteilen.

Mein Vorschlag:

Als Übergang vom ersten zum zweiten Kapitel könnte ich mir vorstellen, dass Morsch in Gedanken noch bei dem aufkommenden Wind mit dem süßlichen Geruch ist, als Landrich ankommt.

Der zweite Punkt: Mir fehlt Spannung im zweiten Kapitel. Morsch bekommt die Muschel, hört das Wellenrauschen, auch das ist schön verglichen mit dem Atmen, und dann den Vogelschrei. Das könntest du spannender erzählen.

Bspw. Landrich kommt an, will Morsch dazu überreden, in die Welt zu ziehen.
Morsch weigert sich, wundert sich aber im Stillen, wieso Landrich ihm nichts mitgebracht hat, so wie sonst. Du deutest das an, aber das könntest du der Spannung wegen dehnen.

Zitat:
Was es wohl diesmal war?

Landrich könnte ausführlich von anderen Ländern erzählen, von seinen Abenteuern, und erst als nichts mehr hilft, überreicht er die Muschel. Am Ende dann hört Morsch allein den Vogelschrei.

In der Art könnest du etwas ändern, um eben bei den jungen Lesern Spannung zu erzeugen.

Ich hoffe, ich konnte helfen.

Liebe Grüße

Muskat
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Bunt Speck
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Beitrag24.08.2016 12:16
239 Seiten
von Bunt Speck
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Liebe Muskat (ich bleib mal feminin, weil die Muskatnuss ja weiblich ist),

das Manuskript hat 239 Seiten (40 Kapitel, also durchschnittlich 6 Seiten pro Abschnitt), ist also schon ein ordentliches Buch. Daher empfinde ich Kapitel zur Zeit als richtig. Ob man nun die ersten beiden zusammenfasst? Das ist auch etwas, dass mir immer wieder durch den Kopf geht. Mich hält eigentliich nur der Zeitsprung zwischen beiden Ereignissen davon ab. Die Frage ist ob ich den brauche. Für die Stimmung will ich Herbst (heimelig, gern in warmer Stube, aber gleichzeitig der Ruf nach Draußen durch Landrich und im Folgenden auch die Muschel) und davor eben Spätsommer (warm, friedlich mit der sanften Andeutung des Bruchs).

Ein Märchen ist es vor allem vom (wenn man das so nennen kann) Erzählstil her, sonst wohl eher ein Fantasy/Phantastik-Buch. "Märchen" soll es sozusagen zum Rest der Fantasy-Literatur absetzen, die ja mittlerweile eher stark in den High-Fantasy-Bereich (seit der Herr-der-Ringe-Verfilmung) oder den New-Adult-Bereich drückt.

Das mit der Spannung am Anfang, kann ich gut nachvollziehen, wollte aber bewusst etwas beschaulicher anfangen, und nicht gleich rasant reinschubsen ... sicher, weil ich das selbst nicht so mag, wenn man gleich überrumpelt wird.

Danke für die Idee mit dem Spannnungsaufbau: Landrich reizt, Morsch wundert sich und bekommt dann doch die Muschel. Das lasse ich mir durch den Kopf gehen. Breite Erzählung von fremden Ländern will ich mir sparen, weil es im Grunde vom Eigentlichen ablenken würde bzw. man bei Kinderbüchern ja nicht-zielführende Infos rauslassen sollte ... und ich stoße eh schon an die Seitenobergrenze (250).

Den Vogelschrei muss Morsch in Landrichs Anwesenheit hören, damit klar wird, dass nur er ihn hören kann. Vielleicht muss ich das verstärken?

Danke für deine Anmerkungen, da rattert gleich mein Hirn. Super.

Gruß,
Bunt
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Blaubeere
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Beitrag24.08.2016 13:04

von Blaubeere
Antworten mit Zitat

Hallo Bunt Speck,

deine Geschichte gefällt mir sehr! Sie erzeugt wunderschöne Bilder in meinem Kopf und das Kopfkino läuft ruckelfrei. Habe nur gaaanz wenige Erbsen gefunden. Da diese aber reine Geschmackssache sind, und keine handwerkliche Fehler darstellen, lasse ich sie unerwähnt.

Sehr schön geschrieben.

LG
Blaubeere
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Bunt Speck
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Wohnort: Brimm


Beitrag24.08.2016 13:08
;-)
von Bunt Speck
Antworten mit Zitat

Blaubeere hat Folgendes geschrieben:
Hallo Bunt Speck,

deine Geschichte gefällt mir sehr! Sie erzeugt wunderschöne Bilder in meinem Kopf und das Kopfkino läuft ruckelfrei. Habe nur gaaanz wenige Erbsen gefunden. Da diese aber reine Geschmackssache sind, und keine handwerkliche Fehler darstellen, lasse ich sie unerwähnt.

Sehr schön geschrieben.

LG
Blaubeere


Schön, danke, geht runter wie ... hmmmm

Bunt
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Muskat
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Beiträge: 343



Beitrag24.08.2016 13:34
Morsch
von Muskat
Antworten mit Zitat

Lieber Bunt,

Zitat:
Liebe Muskat (ich bleib mal feminin, weil die Muskatnuss ja weiblich ist),


Okay!

Ich finde es sehr schön, dass deine Geschichte ein Märchen ist. Wenn es über 200 Seiten hat, dann machst du es richtig, das Ganze in Kapitel aufzuteilen. Es ging mir bloß durch den Kopf, die beiden Kapitel zusammenzulegen, allein wegen des Flußes. Muss aber nicht sein.

Zitat:
Das mit der Spannung am Anfang, kann ich gut nachvollziehen, wollte aber bewusst etwas beschaulicher anfangen, und nicht gleich rasant reinschubsen ... sicher, weil ich das selbst nicht so mag, wenn man gleich überrumpelt wird.


Ich meine auch, dass das Märchen beschaulich anfangen sollte, nun bist du aber im zweiten Kapitel und da darf es mal knistern.

Zitat:
Breite Erzählung von fremden Ländern will ich mir sparen, weil es im Grunde vom Eigentlichen ablenken würde bzw. man bei Kinderbüchern ja nicht-zielführende Infos rauslassen sollte .


Das stimmt. In meinem Beitrag hat sich ein „ausführlich“ eingeschlichen, das da nichts verloren hat. Was ich meinte, war, das Ganze zu dehnen. Bspw. könnte Landrich von Bergen erzählen, die so hoch sind, das sie an den Sternen kratzen oder von Flüßen, die in Schleifen fließen, um Morsch zu locken. Der lauscht, fragt sich aber, ob er diesmal kein Geschenk erhält. Ich meinte nicht, dass ellenlange Reiseberichte folgen sollten. Laughing

Zitat:
Den Vogelschrei muss Morsch in Landrichs Anwesenheit hören, damit klar wird, dass nur er ihn hören kann.


Das ist klar. Der kann am Ende folgen, nach dem Erzählen Landrichs. Übrigens ist das ein schöner Name, wie Hainwart auch.

Zitat:
Vielleicht muss ich das verstärken?


Meiner Meinung nach kommt es klar heraus, dass Morsch den Schrei hört, Landrich aber nicht. Das muss nicht verstärkt werden.

Es freut mich, wenn ich helfen konnte.

Liebe Grüße

Muskat
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Bunt Speck
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Wohnort: Brimm


Beitrag25.08.2016 11:52
gut
von Bunt Speck
Antworten mit Zitat

Liebe Muskat,

danke, dann hab eich doch im Grunde alles richtig verstanden.

Gruß,
Bunt
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Bunt Speck
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Beitrag26.08.2016 20:07
Der Abschluss des Anfangs
von Bunt Speck
Antworten mit Zitat

Liebe Leser,

vielen Dnak für Eure Kommentare und Anmerkungen, die meinen Anfang nochmal deutlich gepushed haben. Jetzt möchte ich EUch hier noch - falls ihr noch Lust zu lesen habt - sozusagen das Ende des Anfangs als Abschluss dieses Threads vorstellen (und freue mich natürlich auuch hier auf Eure Rückmeldungen).


"Der Ruf des Vogels"

Der Morgen war grau und nebelig und atmete den nahen Winter als Morsch zusah, wie Landrich den Esel anspannte, auf den Kutschbock stieg und Esel und Wagen sich schnaufend und klappernd in Bewegung setzten. Morsch sah ihnen lange nach, dann kehrte er in sein Haus zurück.
Er betrachtete das Lederbündel, das vor ihm auf dem Tisch lag, öffnete es, nahm die Muschel heraus und lauschte: sanftes Rauschen, Glucksen und Plätschern. Wieder umfing ihn eine warme Brise, und dann – der Vogelschrei. Kein Zweifel: Es war der Schrei eines Vogels. Immer wieder war er zu hören, rhythmisch, als würde er singen, ein langes klagendes Lied. Morsch schloss die Augen und hörte aufmerksam zu. Jetzt nahm er einen würzigen, süßlichen Duft wahr, ganz fein, nur wie ein Hauch. Morsch hielt inne. Diesen Duft, woher kannte er ihn? Er öffnete die Augen, roch an der Muschel, und tatsächlich: Der Duft ging von ihr aus. Erneut hielt er sie an sein Ohr. Das Lied war noch nicht verklungen. Er lauschte. Was war das für ein Vogelruf? Morsch spürte ein Kribbeln im Bauch, erschrak und legte die Muschel schnell auf den Tisch. „Was willst du von mir?“, hörte er sich flüstern, aber die Muschel antwortete nicht. Nur der Ruf des Vogels klang noch leise in ihm nach.
Morsch stand auf und sah zum Fenster hinaus. Golden begann die Sonne die Nebelschwaden zu zerreißen. Er musste wissen, was das für ein Vogel war, dessen Lied sich in seine Gedanken bohrte. „Hainwart“, murmelte er. „Hainwart wird Rat wissen“. Behutsam wickelte Morsch die Muschel in die Lederhülle und griff seinen Mantel.
Draußen war es kühl. Die Luft roch frisch und der Tau glitzerte in der Herbstsonne. Morsch stapfte durch das feuchte Gras dem Waldrand entgegen. Schon bald entdeckte er Hainwart zwischen einigen Farnen, winkte und ging zu ihm. Er erzählte Hainwart von Landrich, der Muschel, dem fremdartigen Vogelgesang, sprach vom Meer und Wellenrauschen und merkte erst da, dass der wandelnde Baum ihn kaum verstand. Wie sollte er auch wissen, was ein Meer und was Muscheln sind. Also streckte er ihm das silbrig schimmernde Kleinod entgegen: „Versuch‘s mal“.
Hainwart nahm sie in seine Armäste und umschloss sie fest mit seinen feinen Zweigen mit den immergrünen Knospen. So verharrte er einen Augenblick, und das rot-goldene Laub auf seiner Krone raschelte leicht. Dann gab er Morsch die Muschel zurück. „Ist nicht von hier. Fremde Salze. Ich spüre keinen Vogel, kein unruhiges Zwitschern.“
Morsch sah ihn überrascht an. Konnte wirklich nur er den Ruf des Vogels hören? „Der Schrei ist fremd und lang und klingt klagend, wie ein trauriges Lied“, sagte Morsch.
Hainwart schüttelte seine Krone. „Vogelzwitschern ist unruhig und laut, leicht zu fühlen. Du spürst es in jedem Trieb.“
„Nein, nicht dieser Schrei. Er ist so … ich verstehe ihn nicht“, antwortete Morsch.
„Dann lass die Triebe wachsen“, brummte Hainwart.
Morsch wusste, dass sein Freund Recht hatte. Er brauchte Zeit und Ruhe, um den Ruf zu verstehen. Er musste nur lange genug zuhören.
Schnatternd zogen Wildgänse über den grauen Himmel Richtung Süden. Die beiden sahen ihnen nach. Morsch dachte daran, dass sie in der Ferne auf das Meer treffen würden. Das Meer, von dem Landrich erzählt und die Muschel mitgebracht hatte. Morsch war noch nie dort gewesen und hatte nie den Drang verspürt, es zu sehen. Aber jetzt, ganz plötzlich, konnte er an nichts anderes mehr denken.

Die Tage wurden kurz und die Nächte lang. Mit dem Winter kam die Kälte, und es begann zu schneien. Bald war das kleine Tal mit dem Bach und dem Weg ganz weiß. Landrich kam im Winter nicht vorbei, und Hainwart hatte sich längst in den Wald zurückgezogen, wo der Boden nicht so hart war. Und so war Morsch die meiste Zeit allein, schnitze Pfeifen, kochte ein und widmete sich der Muschel. Mit jedem Zuhören wuchs die innere Unruhe, wurde zu Rastlosigkeit und schließlich zu etwas, das Morsch lange nicht mehr gespürt hatte und nicht gleich verstand: Fernweh. Das gefiel Morsch ganz und gar nicht. Immer wieder sah er durch das Fenster auf seinen winterweißen Garten. Was sollte aus ihm werden, wenn er fort ginge? Morsch sah das Tal vor sich, Hainwart und die Apfelbäume, und ihm wurde das Herz schwer. Er entschied sich, die Muschel wegzupacken und zu vergessen.
Aber das Fernweh blieb. Einmal, als Morsch gerade Körner und Samen für die Vögel vor seine Tür streute, ertappte sich dabei, wie er das Lied der Muschel vor sich hin summte. Aufgebracht ging er zu seinem Regal und holte das Lederbündel hinter einigen Bechern hervor. Er wollte der Muschel sagen, dass sie ihn in Ruhe lassen sollte. Aber als er sie in Händen hielt, konnte er es nicht. Stattdessen lauschte er dem sanften Rauschen, spürte die warme Brise und nahm den würzig-süßen Duft war, der der Muschel entströmte. Dann erklang das Lied des Vogels, erst fern und bald nah, und dann… „Komm mit mir heim … ganz allein…“, klang es lang und klagend.
Morsch hielt den Atem an. Hatte er etwas von dem Vogelruf verstanden? Er konzentrierte sich, aber die Worte kehrten nicht zurück. Morsch betrachtete die Muschel. Komm mit mir heim. Sie rief ihn. Er spürte, dass sie seine Hilfe brauchte. Niemand sonst hatte den Ruf gehört. Wer sollte also sonst mit ihr gehen, wenn nicht er, Leopold Morsch? Morsch stand auf und ging zum Fenster. Dicke, weiße Flocken fielen vom Himmel. Morsch betrachtete die Muschel in seinen Händen und fasste einen Entschluss. Mit Anbruch des Frühlings würde er sein Tal verlassen und in die Welt zurückkehren. Durch den Wald bis zum Meer.

Als die Tage wieder länger und die Nächte kürzer wurden, als der Schnee schmolz, die ersten Blumen blühten und die Vögel zurückkehrten steckte Morsch die Muschel in seinen Rucksack, legte frische Unterwäsche, ein kleines Buch mit leeren Seiten, ein paar Bleistifte, eine kleine Klinge zum Anspitzen und zwei Kerzen dazu, schmierte sich Butterbrote und füllte Wasser in eine Flasche. Zu guter Letzt nahm er ein Blatt Papier und schrieb eine Notiz: „Lieber Landrich, ich bin unterwegs und nicht so bald zurück. Fühl Dich wie zu Hause. Leopold.“ Er stellte die Notiz in eines der beiden Fenster, machte das Bett, ließ den Blick ein letztes Mal durch den Raum gleiten, schlüpfte in Mantel und Schuhe und trat hinaus. Den Schlüssel legte er unter einen blauen Blumentopf und nickte kurz zum Abschied. Dann drehte er sich um und ging zum Gartentor, hinter dem der alte Weg lag – nach Süden, in die Richtung, aus der Landrich mit der Muschel gekommen war. Als Morsch sich dem Waldrand näherte, entdeckte er Hainwart, der am Fluss stand und dem Schilf beim Wachsen half.
„Hallo Hainwart. Ich wollte auf Wiedersehen sagen“, sagte Morsch stockend. „Würdest du dich um meinen Garten kümmern? Ich weiß nicht, wie lange ich unterwegs sein werde.“
Hainwart sah ihn ernst an und schwieg. Dann legte er seine Astarme auf Morschs Schultern und knarzte: „Ich sorge für deine Verwurzelten, deine Blumen und Büsche. Wenn du zurückkehrst, ist alles als wärest du nicht fort gewesen.“
Morsch bedankte sich und umarmte den wandelnden Baum.
Auch wenn er es den ganzen Winter versucht hatte, er verstand immer nur die Worte „komm mit mir heim … ganz allein“, aber das reichte ihm. Also gut, ich komme, dachte er. Ich geh jetzt los, hörst du, Muschel? Und dann wandte er sich um und folgte dem Weg in den Wald, zurück in die Welt, die er nie mehr hatte betreten wollen.


Gruß,
Bunt

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Muskat
Eselsohr


Beiträge: 343



Beitrag27.08.2016 10:43
Morsch
von Muskat
Antworten mit Zitat

Lieber Bunt Speck,

auch der Teil der Geschichte liest sich angenehm und gefällt mir.

Einige Vorschläge habe ich:


Zitat:
Der Morgen war grau und nebelig und atmete den nahen Winter als Morsch zusah, wie Landrich den Esel anspannte, auf den Kutschbock stieg und Esel und Wagen sich schnaufend und klappernd in Bewegung setzten. Morsch sah ihnen lange nach, dann kehrte er in sein Haus zurück.


den Winter zu atmen finde ich schön.

dass Morsch beim Anspannen zusah, braucht es nicht. Also:

und atmete den Winter. Landrich spannte den Esel an, stieg ...

Dann ist das erneute "sehen" , also als Morsch nachsah nicht doppelt.

Zitat:
Immer wieder


Vorschlag: Wieder und Wieder ..

Zitat:
Morsch hielt inne.


Er hielt inne.

Zitat:
Er erzählte Hainwart


er erzählte ihm ...

Zitat:
Wie sollte er auch wissen, was ein Meer und was Muscheln sind.


Woher weiß Morsch denn, wie das Meer aussieht? Weiter unten erzählst du, dass er noch nie dort war. Vielleicht stellt er es sich vor, nachdem Landrich es beschrieb? Sowas gehört noch hinein.

Zitat:
Hainwart nahm sie in seine Armäste und umschloss sie fest mit seinen feinen Zweigen mit den immergrünen Knospen.


die immergrünen Knospen ließe ich weg. Der Satz ist zu lang und sie lenken von dem Umschließen ab.

Zitat:
Bald war das kleine Tal mit dem Bach und dem Weg ganz weiß.


Den Satz kannst du bestimmt schöner formulieren.


Zitat:
kochte ein


Macht man das nicht im Sommer?

Zitat:
Niemand sonst hatte den Ruf gehört. Wer sollte also sonst mit ihr gehen,


Kein anderer hatte den Ruf gehört. ...

Zitat:
Morsch stand auf


Er stand auf...

Zitat:
Morsch betrachtete die Muschel in seinen Händen und fasste einen Entschluss.


Vielleicht hier: Er hielt die Muschel in den Händen ...

Denn Morsch betrachtet und schaut häufig in dem Teil der Geschichte.

Zitat:
und in die Welt zurückkehren


Das finde ich nicht gut, denn da frage ich mich, wo lebte er zuvor und das stört. Vielleicht die Welt durchqueren ?


Zitat:
zurück in die Welt, die er nie mehr hatte betreten wollen.


Demzufolge ließe ich auch das weg.

Ich hoffe, dass die Geschichte weitergeht.

Liebe Grüße

Muskat
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Bunt Speck
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 436
Wohnort: Brimm


Beitrag27.08.2016 13:47

von Bunt Speck
Antworten mit Zitat

Liebe Muskat,

danke für die Anmerkungen ...

ja, das Einkochen ... natürlich dann, wenn die Früchte geerntet sind ... das ist sozusagen der Überarbeitungsblindheit geschuldet ... jetzt stopft er Socken.

Und ja, es geht natürlich weiter, aber nicht hier. Ich werde das bald unter "Veröffentlichungen" posten mit einem Link zu einer wordpress-Seite, wo ich weitere Kapitel gerade unterbringen ... solange keine Verlagsrückmeldung kommt will ich die Geschichte sozusagen als Online-Buch anbieten. Ich freue mich dann doch mehr über Leser, und für die soll es zugänglich sein.

Wenn alles soweit ist poste ich hier den Link zur Veröffentlichungsseite.

Gruß,
Bunt
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Muskat
Eselsohr


Beiträge: 343



Beitrag27.08.2016 13:53
Morsch
von Muskat
Antworten mit Zitat

Lieber Bunt Speck,

Socken zu stopfen, das passt gut in den Winter.

Gut, dann werde ich also dem link folgend die Geschichte weiterlesen.


Liebe Grüße

Muskat
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