strandlieder (zyklus)

[HerbertH]

XVII

nach langen nächten voller wachen
und in den himmel starren
mit immer neuen sternen
tief im süden

und in die nebel lauschen
wo große pötte dunkel tuten
wo gaukelbilder lichter
im hirn erzeugen

und man die kurse prüft
die feuer leuchten &
satelliten orte senden
nur dank der ART

erfrischt den blick das land
im ersten sonnenlicht
jetzt endlich taucht man ein
in das türkis der papageienbucht

so etwa hier
28°51′50″N 13°49′43″W

[HerbertH]

maddalenen archipel

im tosendkalten wasser gefangen
stirbst du in zwei minuten schon
bevor dich die kurzen meterhohen
wellen gegen die vom götterkind
beim umstürzen des spielzeugturms
verstreuten steinklötze klatschen
bis deine eisigen arme brechen und
die spitzharten nussknackerzähne
deine schädelschalen aufmeisseln

der türkisklare wasserspiegel
am morgen danach täuscht alle
welche die gedenktafel bald über all
die schon früher hier tödlich
gescheiterten für wahr nehmen
werden über die macht dieses ortes
bei sturm aus der straße von bonifacio
in die bucht von lavezzi

[HerbertH]

XIX

nicht mehr

liegt das wrack
vor giglio
an der costa concordia
verdienen
heisst sie ausschlachten

capitano rovinato
imprigionato en futuro

inzwischen ziehen sie
die armen seelen
von den schlauchbooten
in meterhohem seegang

an land
gibt es hilfe
nicht
überall
mehr

[HerbertH]

XX

von mu und mo

du liegst auf ausläufern
der moränen gletschergewellt
feingemahlen vom wind
auf deine hände gehäufelt

und träumst tief
in spalten lauern muränen auf
korallenbewohner leuchten
in sols restlicht schillernd

[HerbertH]

Ich habe eine Rezitation der ersten neun Strandlieder sowie das zwanzigste Strandlied hinzugefügt....

Kommentare sind wie immer willkommen.

[HerbertH]

XXI

wo riffe

delfinenrücken gleich in weißer gischt zu gleiten scheinen
und brandungsrauschen unablässig ohren füllt
von manchen vogelschreien schrill durchgellt

dort lässt ein sinnen gern sich nieder
und fühlt sich nah
der einstmals heilen welt

[HerbertH]

XXII

verloren

am ufer des sees
bis zu den waden
im wasser vermisst

brandung und blick
frei bis zum horizont

steife brisen
tangduft in der nase

[HerbertH]

XXIII

im nebel tuten gro0e pötte
in der düse von gibraltar lastet
die nacht ringsum

nur an der küste ankern
hilft - doch wie weit ist es

die topplampe strahlt
nur wenige meter
hellt  die schwaden

alle starren hinaus
in die schemen

und hinter dem licht
schlagen wellen
an rümpfe oder felsen

nachtgeister erscheinen
und kurz brechen sterne auf

motorengeräusche
ein fischer? eine fähre?
ein kurzer blick auf lichterketten

und aus dem nebel taucht
ein motorrad auf der küstenstraße

wir werfen anker und warten
bis tatsächlich ein fischerboot
in die wolkenfetzen sticht

[purpur]

Guten Morgen HerbertH,

ui... da hab ich heut noch viel zu tun
Wunderbar!

hier ist mir aufgefallen.
1Z 4W
im nebel tuten gro0/?ße pötte
nur kurz, später mehr... .
 
Herzliche
PpGrüße
Pia

[HerbertH]

Hi Pia,

Du hast recht, es muss "große pötte" - ein dummer Tippfehler... Aber ändern kann ich XXIII wohl nicht mehr: Denn ich vermute, dass sich Fortsetzung und Neue Version beissen könnten.

Vielleicht liest da ja jemand, der sich mit dieser Feinheit auskennt...

Ich hänge jetzt die korrigierte Version unten ein.

Viel Spass beim "Schmökern"

Herbert

--------------------------------------

XXIII

im nebel tuten große pötte
in der düse von gibraltar lastet
die nacht ringsum

nur an der küste ankern
hilft - doch wie weit ist es

die topplampe strahlt
nur wenige meter
hellt die schwaden

alle starren hinaus
in die schemen

und hinter dem licht
schlagen wellen
an rümpfe oder felsen

nachtgeister erscheinen
und kurz brechen sterne auf

motorengeräusche
ein fischer? eine fähre?
ein kurzer blick auf lichterketten

und aus dem nebel taucht
ein motorrad auf der küstenstraße

wir werfen anker und warten
bis tatsächlich ein fischerboot
in die wolkenfetzen sticht

[purpur]

Pn

[Quadratschädel]

Hallo Herbert H

ich gestehe, ich bin fern aller Exotik. Ich habe die erste Strophe mal laut gesprochen und bin dahintergekommen, dass sie sich anhört wie der Gesang eines Schamanen, der seine Zuhörer mittels einer Gebetsmühle so langsam in die Besinnungslosigkeit, oder um es mit deinen Worten zu sagen: in die vierte Dimension versetzen will. Es gibt keine Höhen und Tiefen, alles befindet sich auf demselben Niveau des Singsangs, und der nimmt kein Ende.

Nun weiß ich nicht, ob du in eigener Person jemals an einem Strand irgendwo bei Miami oder in Brasilien geweilt hast, dass du mit diesem Zyklus genau die Seele dieser Welt triffst, was dich zu diesem Zyklus angespornt haben könnte. Es ist Naturbeschreibung, erbarmungslos, ohne Wenn und Aber. Viele Worte, und am Ende frage ich mich, was bleibt eigentlich von ihnen? Und ich frage dich auch: Was bezweckst du mit diesem Zyklus? Ein bisschen auch kommt mir der Zyklus wie eine Story von Karl May vor, nur da passiert wenigstens was.

Du siehst, ich bin ein völlig unlyrischer Mensch, noch dazu ohne jeden exotischen Hang. Du musst meinen Kommentar nicht ernstnehmen, ich will deine Heidenarbeit nicht verkleinern, aber mit diesem Zyklus wanderst du wie ein Prediger durch alle mir bekannten Lyrikforen. Also ich empfinde das als etwas peinlich. Aber mach dir nichts draus, es ist nur meine Ansicht.

Gruß, Quadratschädel

[HerbertH]

Hallo Quadratschädel, wenn Du hier nur Singsang und Naturbeschreibung liest, oder Karl May ohne Handlung, sei es Dir unbenommen. Allerdings hast Du dann aus meiner Sicht nicht grùndlich genug gelesen und wenig verstanden. Immerhin hast Du Dich trotzdem zu einem Kommentar aufgerafft.  Ob mir ähnliches zu Deinen Texten einfallen sollte? Wer will das schon wissen...  "ad hominem" Kommentare ohne wirklichen inhalt kann ich nicht leiden.

[HerbertH]

XXIV

sturm wirf stilette
durch die wolkenhaufen
schlitz auf die tumben flanken

und heul dich aus
und brüll und schrei
uns um die wir uns ducken

du quetschst die wellen
berge fest in unsichtbaren pranken
und presst sie aus wie grünliche limonen

sie würgen gischt und brechen
in die täler sieh wie sie jetzt zucken
wie sie auf deine böen höhnend blasen spucken

und lachend deiner kraft entlaufen
magst du auch noch so schnaufen

[HerbertH]

XXV

Tiden im Lenz

er geht wie die uhr befiehlt
die er nicht gestellt hat
sondern sie und der andere
haben es geplant

im mantel immer weiter
geradeaus hinein
in die auflaufende flut
und schwimmt sogar

bis nässe in die nase beißt
und salz die augen rötet
langsam gewinnt erschöpfung
kopfunter ins graugrün

er hat sie noch zurückgestellt
denn er wollte sie schützen
warum nur? bleiben wir
fern dem watt ist sicherer

[HerbertH]

XXVI

Gesang am Eismeer




Brüder im Meere
ich schlage die Trommel für Euch
Ich hänge Eure Silberschwestern
in den Rauch meines Feuers

Mein Gesang hallt von den Eiswänden um die Bucht

Geschwister im Meere
ich danke Euch dass ihr
Euch meinem Speer zeigtet
Euch unsren Netzen schenktet

Mein Gesang hallt von den Eiswänden um die Bucht

Schwestern im Meere
seht mich mit Euren Brüdern im Bauch tanzen
wie ich Eure Schatten
unten schwärmen sehe

Mein Gesang hallt von den Eiswänden um die Bucht

Ahnen des Meeres
nehmt an unsere toten Leiber
verzeiht die Schmach der Schleppnetze
unseren gierigen Verwandten

Mein Gesang hallt von den Eiswänden um die Bucht

Vettern im Meere
bleibt reich um unsretwillen
und tanzt und singt mit mir
im Takt meiner Trommel

Mein Gesang hallt von den Eiswänden um die Bucht

[HerbertH]

XXVII

Tief im Norden

nichts wärmte mich

mehr als der speck
mantel unter meiner haut

ich kratzte am rand
des atemlochs

und tauchte wieder
unter das ostseeeis

[HerbertH]

XXVIII

Pico

lavaköpfe riesiger reptilien ragen
fragend ins meer und wellen
brechen an ungeschliffenem
gestein und rollen über
rundgeschliffenes

doch das gebiss des krokodils ist
groß und mächtig und kaum
zu toppen von den wurzelungetümen
unter grünem laubdach hochgetürmt
auf den eltern der felsen

ein schwarzer labrador
legt sein steiniges maul
über salzige wogen
und beschaut regungslos
den horizont

[HerbertH]

XXIX

strandgedanken

Gedanken
      Verarmen
Gedanken
      Versterben

Einer schaukelt
      Über den Wellen
Und wiegt sich
      Im Kutter zu Bette

Gedanken
     Verarmen
Doch einer
     Erbarmt sich
Und lächelt

Und stirbt
     In Deinen Armen

[HerbertH]

XXX

mehr wege

erhoffen sich die im nordosten
wo winters noch ein wenig
schollen über schollen türmt
und unter nordlicht wabern
blizzards heulen

und mehr gas öl etcetera

das früher nur die funzeln
brennen liess im eishaus
und in lappen zelten
und bald nur neue rubel
dollar bitcoins binär gezählt
in höchste wolkenkratzer
spülen soll

und schnelle fahrt

von japans pötten und andern
aus der südsee zu den nordmann
burgen water kanten und hafen
kränen für container frachten
für stetig ältre die an
schläuchen hängen und am tropf
und trauern um motoren dröhnen
und gummi räder rollen

bis dann doch endlich
gar zu starke stürme orkane
und taifune plaste fluten
über aussenborde in den bauch
der schiffs giganten spülen und container
aus dem bauch hoch übern bord
mit monsterwellen

bis dass der letzte eisbär
keine eine robbe mehr zu schlagen weiss

die letzten schollen
warten schon und schmelzen