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ArtFaulII
Wortedrechsler


Beiträge: 95
Wohnort: Baumhaus


Beitrag12.06.2016 10:16
Verschoben
von ArtFaulII
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Hallo!

Dann möchte ich mich doch gleich einmal vorstellen, indem ich hier meinen Einstand gebe! Ich habe den Text extra für diesen Anlass verfasst, das heißt, ich habe weniger Augenmerk auf den Inhalt als vielmehr auf den Stil gelegt.
Über viele Leser, Rückmeldungen und Kritiken würde ich mich natürlich total freuen!

Und wer möchte, kann gerne hierauf achten:

1) Werden durch den Text klare Vorstellungen/Bilder in euren Köpfen erzeugt?

2) Wird einen Atmosphäre transportiert und wenn ja, welche? Wie fühlt ihr euch, wenn ihr das lest?

3) Was stört euch? Wo hakt der Lesefluss? Was kann man stilistisch verbessern? Wo sollte man unbedingt etwas verbessern?

Kritik, Herummäkeleien und Verrisse werden sehr gerne angenommen!! smile smile

Liebe Grüße,
Arty


Verschoben

Es ist 19:17, als ich die Bürotür zuziehe und den Schlüssel zweimal im Schloss drehe. Klack. Klack. Zur Sicherheit rüttel ich noch einmal prüfend an der Klinke. Im Treppenhaus hinter mir springt das Neonlicht an. Um vier Sekunden verzögert. Wie immer.
Es ist 19:23, als ich auf der Straße stehe. Siebzehn Minuten später als sonst. Siebzehn Minuten und die Dämmerung ist der Nacht gewichen, der Imbiss hat den Rollladen heruntergelassen, die Lichter in den Lagerhallen sind gelöscht und meine Bahn ist abgefahren. Siebzehn Minuten und ich fühle mich wie aus meiner eigenen Zeit gefallen.
Meine Haltestelle ist links, ich drehe mich nach rechts. Zwanzig Minuten bis zur nächsten Station.
Im Licht der Straßenlaternen verfängt sich ein leichter Nieselregen. Ich suche Schutz unter den Dachvorsprüngen und laufe vorbei an Absperrbändern, einem ehemaligen Massagestudio, einem Wettbüro. Die Straßenschlucht öffnet sich zu einer Kreuzung mit einer Hauptstraße, hinter der eine Trasse für den Güterverkehr verläuft. Ein Windstoß fährt unter meinen Rock, als ich aus dem Häuserschatten trete. Ich halte ihn mit einer Hand fest und klappe mit der anderen den Mantelkragen hoch. Von links und rechts rasen Autos mit aufgeblendeten Scheinwerfen vorbei. Ich warte. Auf dem Bahndamm gegenüber biegen sich Gräser und Unkraut im Wind. Dazwischen grenzen Büsche eine Straße ab, die im Orangelicht der Unterführung verschwindet.

Die Ampel springt um. Ich überquere die Hauptstraße, folge dem Weg, der sich langsam unter mir senkt, während neben mir vollgeschmierte Betonwände aus den Büschen wachsen. Sie heben sich weiter und weiter, bis sie über mir zu einer Decke verschmelzen und ihre Schatten unter mir zu einem Boden. Runde, orangefarbene Lampen glotzen mich an. Eine flackert. An. Aus. Ein Luftzug trägt das leise Rauschen der Straße in den Tunnel und raschelt in den gefangenen Laubgerippen. Meine Absätze knallen auf den Beton und hallen verzerrt von den Wänden wider. Sauerer Gestank hängt in der trockenen Luft und sammelt sich in dunklen Pfützen am Boden. Mein Schatten taucht neben mir auf, dick und kurz, huscht an mir vorbei, wird länger und dünner und blasser, noch einer neben mir, dick und kurz, huscht an mir vorbei, wird länger und dünner und blasser, noch einer, wie Uhrzeiger laufen sie um mich herum, noch einer, rundherum und rundherum. Zehn Minuten bis zur nächsten Station. Die Wände beginnen dumpf zu vibrieren, ein Zug donnert über mich hinweg. Es klackt in der Decke, wenn die Räder in eine Fuge stoßen. Klack klack. Klack klack. Klack klack. Ich verschränke die Arme vor der Brust, gehe schneller. Die Lampe flackert, an, aus. Die Schatten flackern über die Wände, huschen über die Decke, sausen über den Boden auf mich zu, strecken sich davon, ziehen sich zusammen und tanzen im Liniengewirr der Graffitti. Ihre Schritte knallen auf den Beton, schnell und langsam, laut und leise. Manchmal hallen sie verzerrt in meinen Schritten wider. Dabei rascheln sie, aber atmen tun sie nicht. Mein Atem ist der einzige, den ich höre, dahinter ein Brummen in den Wänden, plötzlich rasen die Schatten davon, schrumpfen zusammen, zwei Scheinwerfer jagen in den Tunnel. Dann bremsen sie ab. Beobachten. Neben mir tuckert ein Motor. Ich senke den Blick, gehe schneller. Nicht hinsehen. Eine Fensterscheibe wird surrend heruntergelassen. Einfach weitergehen. Rauschen, aus dem nur ein leises Piepen dringt, mein Herzpochen, mein Atem. Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Nicht hinsehen. Dann schwillt das Brummen wieder an, das Auto beschleunigt, fährt vorbei. Die Schatten kehren zurück, werden länger und länger, reichen bis zur Tunnelöffnung und lösen sich gestaltlos im Nachthimmel auf.
Die Wände senken sich, öffnen den Blick auf einen Anwohnerparkplatz. Dahinter, in den Fenstern der Familienwohnhäuser, brennen warme Lichter. Der Boden steigt wieder an. In den Büschen wispert der Wind. Sanft und kühl legt sich ein Schleier vom Nieselregen auf meine Haut. Ich schließe die Augen und sauge die frische Luft ein. Jemand packt mich am Arm.

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Stefanie
Reißwolf


Beiträge: 1741



Beitrag12.06.2016 10:48

von Stefanie
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Was mir als erstes auffällt: Die klacks würde ich weglassen. Du hast ja schon beschrieben, welche Geräusche der Schlüssel bzw die Absätze machen.
Dadurch, dass alles darauf ausgelegt ist, Stimmung zu erzeugen, werden die Beschreibungen etwas langatmig. Wie zB ihr Schatten sich bewegt, als sie durch die Unterführung geht, muss man nicht zweimal lesen. Wieso sie dann auf einmal sausen, erschließt sich mir nicht. Durch solche Unklarheiten wird das Bild, das bisher sehr gut in meinem Kopf erzeugt wurde, wieder unscharf.
Auch der Spannung täte eine leichte Kürzung gut.

Der Schreckmoment am Ende ist gut gelungen!
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MoL
Geschlecht:weiblichQuelle


Beiträge: 1838
Wohnort: NRW
Das bronzene Stundenglas


Beitrag12.06.2016 11:04

von MoL
Antworten mit Zitat

Hey Arty und willkommen! Smile

Mich irritiert "Meine Haltestelle ist links, ich drehe mich nach rechts."

Außerdem dachte ich anfangs irgendwie, der Ich-Erzähler sei ein Mann. Keine Ahnung, warum, Very Happy


"Ich verschränke die Arme vor der Brust, gehe schneller."
Hier vermisse ich eine störend hin- und her-schwingende bzw. gerne auch von der Schulter rutschende oder mit den Händen festgehaltene Handtasche.

"Ich senke den Blick, gehe schneller."
Den Blick hält sie schon gesenkt, sie beobachtet ja ihre Schatten auf der Erde. Oder hebt sie den Blick wieder, um all die anderen Dinge zu sehen? Hebt ("Sie heben sich weiter und weiter, bis sie über mir zu einer Decke verschmelzen") und senkt sie den Kopf andauernd? Oder schaut nur runter, wenn sie Menschen bemerkt? Wie denn nun?
Ich denke, ich verstehe, was du meinst. Vielleicht solltest du sie dann lieber stur geradeaus schauen lassen? Dann könnte sie auch Bewegungen aus den Augenwinkeln wahrnehmen ...

Ich mag deine Beschreibungen der Atmosphäre, allerdings bin ich mir gegen Ende etwas Uneins, was das Wetter betrifft:
"In den Büschen wispert der Wind. Sanft und kühl legt sich ein Schleier vom Nieselregen auf meine Haut."
Wenn es um 19:23 Uhr schon Nacht ist, bedeutet das, dass die Geschichte etwas Mitte September spielt - oder Ende März. Irgendwie hatte ich es mir eher kalt und ungemütlich vorgestellt. Wispernder Wind und sanfter Nieselregen klingt aber eher nach einem milden, goldenen Herbstabend. Dazu passt allerdings nicht, dass der Regen kalt sein soll. Außerdem wären da noch "Ein Windstoß fährt unter meinen Rock" und "in den Fenstern der Familienwohnhäuser, brennen warme Lichter", was wieder eher kalt und stürmisch klingt. Ich denke, Du solltest dich ganz genau einigen, was die Wetterlage/Außentemperatur angeht.

Ich finde Deinen Text sehr schön, voll detailllerter, feiner Beobachtungen. Allerdings geht dem Text mMn langsam die Puste aus, so dass ich mich ab der Mitte des zweiten Absatzes beginne zu fragen, worauf das Ganze hinauslaufen soll, ungeduldig werde.

Liebe Grüße,
MoL
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ArtFaulII
Wortedrechsler


Beiträge: 95
Wohnort: Baumhaus


Beitrag12.06.2016 17:48

von ArtFaulII
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Vielen Dank für die Antworten, das ging aber schnell! smile

@Stefanie:

Zitat:
Was mir als erstes auffällt: Die klacks würde ich weglassen. Du hast ja schon beschrieben, welche Geräusche der Schlüssel bzw die Absätze machen.


Das war ein Experiment, von dem ich mir auch nicht sicher war, ob es mehr Rhythmus in den Text oder eher den Lesefluss stören würde - vielen Dank für die Rückmeldung! smile

Zitat:
Dadurch, dass alles darauf ausgelegt ist, Stimmung zu erzeugen, werden die Beschreibungen etwas langatmig. Wie zB ihr Schatten sich bewegt, als sie durch die Unterführung geht, muss man nicht zweimal lesen. Wieso sie dann auf einmal sausen, erschließt sich mir nicht. Durch solche Unklarheiten wird das Bild, das bisher sehr gut in meinem Kopf erzeugt wurde, wieder unscharf.


Meine Intention war, sie zunächst nur "ihren" Schatten und dann immer mehr Schatten sehen zu lassen, die sie zunehmend als eigene, von ihr unabhängige Existenzen wahrnimmt. Die Bewegungen der Schatten werden durch ihre immer schneller werdende Bewegung an den kleinen Lampen in der Unterführung vorbei und natürlich gehörig durch ihre Fantasie verursacht! Das Ziel war den Tunnel selbst schon als lebendiges Wesen, im starken Kontrast zu ihrer nüchternen Realität davor darzustellen, quasi ihren eigenen Abstieg in die Unterwelt/das Unbewusste.

Hast du vielleicht eine Idee, wie ich das besser umsetzten könnte? smile

Zitat:
Der Schreckmoment am Ende ist gut gelungen!


Danke! smile Twisted Evil


@MoL

Zitat:
Mich irritiert "Meine Haltestelle ist links, ich drehe mich nach rechts."


Da habe ich versucht, neben ihrer zeitlichen Verschiebung zu ihrer Routine auch noch die Räumliche rauszustreichen…das muss ich wohl nochmal überarbeiten! lol2

Zitat:
Außerdem dachte ich anfangs irgendwie, der Ich-Erzähler sei ein Mann. Keine Ahnung, warum


Ja, die Befürchtung hatte ich beim Schreiben auch schon! Aber ich wusste nicht genau, wie ich das schon zu Beginn elegant einfügen kann…hast du eine Idee? smile

Zitat:
"Ich verschränke die Arme vor der Brust, gehe schneller."
Hier vermisse ich eine störend hin- und her-schwingende bzw. gerne auch von der Schulter rutschende oder mit den Händen festgehaltene Handtasche.


Schönes Detail! smile

Zitat:
"Ich senke den Blick, gehe schneller."
Den Blick hält sie schon gesenkt, sie beobachtet ja ihre Schatten auf der Erde. Oder hebt sie den Blick wieder, um all die anderen Dinge zu sehen? Hebt ("Sie heben sich weiter und weiter, bis sie über mir zu einer Decke verschmelzen") und senkt sie den Kopf andauernd? Oder schaut nur runter, wenn sie Menschen bemerkt? Wie denn nun?
Ich denke, ich verstehe, was du meinst. Vielleicht solltest du sie dann lieber stur geradeaus schauen lassen? Dann könnte sie auch Bewegungen aus den Augenwinkeln wahrnehmen ...


Da hatte ich mir vorgestellt, dass sie sich mit einem unheimlichen Gefühl in der Magengrube umsieht und ihre Fantasie ein bisschen mit ihr durchgeht…bis sie sich dann stark darauf konzentriert, nur keine "falsche" Bewegung zu machen, als das Auto neben ihr fährt und nur noch zu Boden starrt…gucke ich mir nochmal an! wink

Zitat:
Ich mag deine Beschreibungen der Atmosphäre, allerdings bin ich mir gegen Ende etwas Uneins, was das Wetter betrifft:
"In den Büschen wispert der Wind. Sanft und kühl legt sich ein Schleier vom Nieselregen auf meine Haut."
Wenn es um 19:23 Uhr schon Nacht ist, bedeutet das, dass die Geschichte etwas Mitte September spielt - oder Ende März. Irgendwie hatte ich es mir eher kalt und ungemütlich vorgestellt. Wispernder Wind und sanfter Nieselregen klingt aber eher nach einem milden, goldenen Herbstabend. Dazu passt allerdings nicht, dass der Regen kalt sein soll. Außerdem wären da noch "Ein Windstoß fährt unter meinen Rock" und "in den Fenstern der Familienwohnhäuser, brennen warme Lichter", was wieder eher kalt und stürmisch klingt. Ich denke, Du solltest dich ganz genau einigen, was die Wetterlage/Außentemperatur angeht.


Erwischt! lol2 Da war ich mir auch ein wenig uneins…bis sich mein Kopf dann auf einen diesigen Herbstabend nach einem der letzten recht warmen Tage im Jahr geeinigt hat, an dem kleine Windstöße von einem bevorstehenden Gewitter künden…oder so ähnlich! lol2

Zitat:
Ich finde Deinen Text sehr schön, voll detailllerter, feiner Beobachtungen. Allerdings geht dem Text mMn langsam die Puste aus, so dass ich mich ab der Mitte des zweiten Absatzes beginne zu fragen, worauf das Ganze hinauslaufen soll, ungeduldig werde.


Vielen Dank, das freut mich! smile
Hm, wenn das eine kleine Ungeduld nach dem Motto "wann-kommt-sie-endlich-irgendwo-an" ist, ist das durchaus beabsichtigt, um den Leser noch ein bisschen einzuschläfern vor der Überraschung an Ende.
Anscheinend mündet das Experiment "Leser einschläfern" hier aber eher in einem "ich-überblätter-mal-ein-paar-Absätze-oder-leg-es-weg"-Gefühl, was natürlich nicht gut ist! Werde ich mir noch einmal angucken!


Also Danke euch beiden für die Rückmeldung und noch einen schönen Sonntag!
Und wenn jemand Ideen hat, wie ich meine Absichten besser umsetzen kann, immer raus damit!

Arty
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TheMandalakind
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T
Beitrag12.06.2016 21:14

von TheMandalakind
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Huhu smile
Also mich persönlich stört dieses Klack Klack zwar nicht, weil ich die Szene so wirklich gut nachempfinden kann, inneres Kino.Im Gegenzug mag ich Personifikationen nicht. wink
Meine erste Idee war ist, dass sie die ganze Zeit in vertrauten Stereotypen verharrt, die ihr Sicherheit geben. Wie du schreibst, etwas rhythmisches. Es sind immer 17/20 Minuten bzw 4 Sekunden mit dem Licht.
Frage: Weshalb achtet sie so darauf? Hat sie tatsächlich Angst? Ist sie zwanghaft?
Zitat:
Das Ziel war den Tunnel selbst schon als lebendiges Wesen, im starken Kontrast zu ihrer nüchternen Realität davor darzustellen, quasi ihren eigenen Abstieg in die Unterwelt/das Unbewusste.

Darauf wäre ich jetzt nicht gekommen. Vielleicht etwas in der Art wie:
Zitat:
Die Wände beginnen dumpf zu vibrieren, ein Zug donnert über mich hinweg. Es klackt in der Decke, wenn die Räder in eine Fuge stoßen. Klack klack. Klack klack. Klack klack. Ich verschränke die Arme vor der Brust, gehe schneller.
Ich höre meinen eigenen keuchenden Atem und erkenne ihn doch nicht. Er scheint zum bedrohlichen Luftzug zu gehören."
Oder so. wink
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V.K.B.
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Beitrag13.06.2016 05:16

von V.K.B.
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Hallo und willkommen im Forum

Die Idee mit dem Tunnel als Wesen, als ihr die Fantasie durchgeht, finde ich schön. Leider konnte ich sie in der Geschichte nur erahnen. Dass sie die Schatten nicht mehr als Teil ihrer selbst wahrnimmt, kommt etwas rüber, aber nicht ganz so deutlich, wie es könnte.

Zitat:
Ihre Schritte knallen auf den Beton, schnell und langsam, laut und leise. Manchmal hallen sie verzerrt in meinen Schritten wider. Dabei rascheln sie, aber atmen tun sie nicht.

Wessen Schritte? Die der Schatten? Dann macht "knallen" keinen Sinn, und wieso Schatten (oder Schritte) rascheln sollten, erschließt sich mir auch nicht.
Nach dem Lesen deiner Antwort ist mir klar, dass das wohl die Passage sein soll, wo der Tunnel und ihre Schatten in ihrer Fantasie zum Leben erwachen, aber in der Geschichte selbst hat mich das nur ratlos gemacht.

Die Textpassagen im Tunnel fand ich zu lang und zu viele Wiederholungen. Zuerst erzeugt das gut Atmosphäre, doch dann wird es zu monoton.
 
Das Ende finde ich zu abrupt und offen. Ich habe nichts gegen offene Enden, aber man sollte schon eine vage Vorstellung haben, was wohl passieren wird. Hier könnte es wirklich alles sein.

LG,
Veith


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Oh changelings, thou art so very wrong. T’is not banality that brings us downe. It's fantasy that kills …
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Municat
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Beiträge: 353
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Beitrag13.06.2016 08:32

von Municat
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Moin Arty!

Die Stimmung, die Du erzeugen willst, kann ich gut nachvollziehen.

Die ständigen Wiederholungen, was die Schatten und Schritte betrifft, wirken zwar auf eine gewisse Weise überflüssig, zeichnen aber auch die Änderung der Grundstimmung nach. Die ersten Beschreibungen kommen noch gelassen an, die Wiederholung werden dann immer gehetzter. Die aufkommende Panik kann ich an dieser Stelle gut herauslesen.

Die Schatten, die sich immer wieder verändern, waren für mich von Anfang an logisch, da Dein Charakter ja in einem Tunnel ständig von einem Lichtkegel in den nächsten wechselt. Dort, wo sich mehrere Lichtquellen überlagern, kann man durchaus auch mal mehrere Schatten gleichzeitig sehen.

Das "Eigenleben" des Tunnels könntest Du vielleicht noch zusätzlich  transportieren, wenn Du mit dem Echo ihrer eigenen Schritte arbeitest, das sich verselbständigt. Indirekt tust Du das ja schon, da sie andere Schritte zu hören glaubt, aber wohl (zumindest interpretiere ich das so) bis auf das Auto alleine bleibt. Ausformuliert ist es vielleicht ein zusätzlicher Kick.

An einer Formulierung bin ich hängen geblieben:

 
Zitat:
... während neben mir vollgeschmierte Betonwände aus den Büschen wachsen.

Normalerweise wachsen die Büsche, während die Betonwände bleiben, wie sie sind. Wenn das ein bewusst als Stilmittel gewählt ist, um das Bild an der Stelle mit Leuchtstift zu markieren, ist es Dir gelungen. Wenn sich die Stelle einfach nur in den Lesefluss einfügen soll, hat die Formulierung (zumindest bei mir) einen kleinen Cut verursacht.

Was mir sehr gut gefällt, ist der Spannungsaufbau.

Natürlich wüsste ich nu gerne, wer sie nu am Arm packt: Die Insassen des Autos aus dem Tunnel, die ihr Übles wollen, ein Stalker, der von Anfang an am Tunnelende auf sie wartet, oder der nette Nachbar, der ihr anbietet, sie den Rest des Weges nach Hause mitzunehmen.


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Gräme dich nicht, weil der Rosenbusch Dornen hat, sondern freue dich, weil der Dornbusch Rosen trägt smile
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ArtFaulII
Wortedrechsler


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Beitrag13.06.2016 23:17

von ArtFaulII
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Hallo,

das funktioniert ja gut mit den Rückmeldungen hier, ich bin echt positiv überrascht! smile

@Mandalakind

Zitat:
Meine erste Idee war ist, dass sie die ganze Zeit in vertrauten Stereotypen verharrt, die ihr Sicherheit geben. Wie du schreibst, etwas rhythmisches. Es sind immer 17/20 Minuten bzw 4 Sekunden mit dem Licht.
Frage: Weshalb achtet sie so darauf? Hat sie tatsächlich Angst? Ist sie zwanghaft?


An dieser Stelle hat sie noch keine Angst, sie ist vom Typ her eher ein nüchterner Mensch, Typ Buchhalter in einer noch neuen, kleinen Speditionsfirma, deswegen hat sie auch den Schlüssel zum Büro. Sie nimmt alles sehr genau und analytisch wahr und dass sie mal um Siebzehn Minuten aus ihrem Alltag gerissen wird, ist für sie schon ungeheuer ungewöhnlich! lol2

Zitat:
Darauf wäre ich jetzt nicht gekommen. Vielleicht etwas in der Art wie:
Zitat:
Die Wände beginnen dumpf zu vibrieren, ein Zug donnert über mich hinweg. Es klackt in der Decke, wenn die Räder in eine Fuge stoßen. Klack klack. Klack klack. Klack klack. Ich verschränke die Arme vor der Brust, gehe schneller.
Ich höre meinen eigenen keuchenden Atem und erkenne ihn doch nicht. Er scheint zum bedrohlichen Luftzug zu gehören."


Da stimme ich dir absolut zu! Beim erneuten Durchlesen ist mir aufgefallen, dass das so nicht wirklich funktioniert! Ich werde die Tunnelszene noch einmal ein wenig umschreiben und hoffe, dass das dann besser transportiert wird! smile


@Veith

Zitat:
Die Idee mit dem Tunnel als Wesen, als ihr die Fantasie durchgeht, finde ich schön. Leider konnte ich sie in der Geschichte nur erahnen. Dass sie die Schatten nicht mehr als Teil ihrer selbst wahrnimmt, kommt etwas rüber, aber nicht ganz so deutlich, wie es könnte.

Zitat:
Ihre Schritte knallen auf den Beton, schnell und langsam, laut und leise. Manchmal hallen sie verzerrt in meinen Schritten wider. Dabei rascheln sie, aber atmen tun sie nicht.

Wessen Schritte? Die der Schatten? Dann macht "knallen" keinen Sinn, und wieso Schatten (oder Schritte) rascheln sollten, erschließt sich mir auch nicht.
Nach dem Lesen deiner Antwort ist mir klar, dass das wohl die Passage sein soll, wo der Tunnel und ihre Schatten in ihrer Fantasie zum Leben erwachen, aber in der Geschichte selbst hat mich das nur ratlos gemacht.


Danke! Ich sehe ein, dass die Umsetzung ein wenig missglückt ist! smile Das mit den Geräuschen, die die Schatten verursachen, sollte eine Umkehrung der vorherigen Wahrnehmung sein…erst verursachen ihre Schritte die Geräusche und der Tunnel reflektiert sie, dann verursachen plötzlich die Schatten/der Tunnel die Geräusche und sie ist nur die "Reflexion".
Erst raschelt das Laub und der Tunnel reflektiert ist, dann scheint auch dieses Geräusch durch die Verstärkung und den Halleffekt eher vom Tunnel selbst auszugehen…
Wird überarbeitet!

Zitat:
Die Textpassagen im Tunnel fand ich zu lang und zu viele Wiederholungen. Zuerst erzeugt das gut Atmosphäre, doch dann wird es zu monoton.


Hat beim erneuten drüberlesen für mich stellenweise auch ein bisschen gehakt…stimme zu!

Zitat:
Das Ende finde ich zu abrupt und offen. Ich habe nichts gegen offene Enden, aber man sollte schon eine vage Vorstellung haben, was wohl passieren wird. Hier könnte es wirklich alles sein.


Hm, ich dagegen mag offene Enden sehr! Very Happy
Der Aufbau sollte etwa so sein: Nüchternheit - sich langsam aufbauende eingebildete Bedrohung und als die sich gerade wieder entspannt - die reale Gefahr!
Aber eben auch nur das: die Gefahr/die Bedrohung…denn erstmal nimmt man jemanden, der einen im dunkeln plötzlich packt, grundsätzlich eine solche wahr…
Was danach folgt, hatte ich bewusst offengelassen, weil es mir im Kontext dieses Aufbaus nicht substanziell erschien…hm, wie sehen die anderen das Ende? Offen oder lieber nicht?


@Municat

Zitat:
Die Schatten, die sich immer wieder verändern, waren für mich von Anfang an logisch, da Dein Charakter ja in einem Tunnel ständig von einem Lichtkegel in den nächsten wechselt. Dort, wo sich mehrere Lichtquellen überlagern, kann man durchaus auch mal mehrere Schatten gleichzeitig sehen.

Das "Eigenleben" des Tunnels könntest Du vielleicht noch zusätzlich  transportieren, wenn Du mit dem Echo ihrer eigenen Schritte arbeitest, das sich verselbständigt. Indirekt tust Du das ja schon, da sie andere Schritte zu hören glaubt, aber wohl (zumindest interpretiere ich das so) bis auf das Auto alleine bleibt. Ausformuliert ist es vielleicht ein zusätzlicher Kick.


Danke für deine Darstellung, wie die Tunnelszene auf dich gewirkt hat! smile
Und das mit dem Ausformulieren werde ich mir auf jeden Fall noch mal vorknöpfen wink

Zitat:
Normalerweise wachsen die Büsche, während die Betonwände bleiben, wie sie sind. Wenn das ein bewusst als Stilmittel gewählt ist, um das Bild an der Stelle mit Leuchtstift zu markieren, ist es Dir gelungen. Wenn sich die Stelle einfach nur in den Lesefluss einfügen soll, hat die Formulierung (zumindest bei mir) einen kleinen Cut verursacht.


Ich hatte an dieser Stelle eine Unterführung im Kopf, die anfängt wie ein, hm, schräg angeschnittenes Rohr lol2 Das wachsen der Wände sollte also gleichzeitig darstellen, wie die Wände, die neben ihr klein anfangen, während sie daran vorbeigeht, immer höher werden und gleichzeitig das "Verschlucken" des Tunnels von ihr andeuten! Lässt sich vielleicht nochmal geschickter darstellen wink

Zitat:
Was mir sehr gut gefällt, ist der Spannungsaufbau.

Natürlich wüsste ich nu gerne, wer sie nu am Arm packt: Die Insassen des Autos aus dem Tunnel, die ihr Übles wollen, ein Stalker, der von Anfang an am Tunnelende auf sie wartet, oder der nette Nachbar, der ihr anbietet, sie den Rest des Weges nach Hause mitzunehmen.


Danke! smile

Und ja, das Ende, das Ende (s.o)…was gibt es da noch für Meinungen zu? Wie hättet ihrs denn lieber? Oder eher, was passt euer Meinung nach am Besten zur Story?

Danke für die Rückmeldungen, die sind alle wirklich hilfreich! smile

Liebe Grüße,

Arty
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Beitrag13.06.2016 23:29

von V.K.B.
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Nochmal zum Ende, ich meinte nicht, dass es nicht offen sein darf. Ich sagte auch, ich habe NICHTS gegen offene Enden. Ich möchte nur eine Ahnung, was es sein könnte, aber eben nicht alles. Verstehst du, was ich meine?
"Jemand packt in der Dunkelheit plötzlich eine Frau am Arm" ist keine Geschichte, sondern eher ein Anfang. Und dein letzter Satz steht irgendwie fast so alleine, weil die ganze Tunnel-Geschichte vorher zwar schön stimmungsvoll ist, uns aber keinerlei wirklichen Hinweis auf den Angreifer(?) oder seine(ihre?) Absicht am Ende liefert.


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Beitrag14.06.2016 01:08

von ArtFaulII
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Es ist 19:17, als ich die Bürotür hinter mir zuziehe. Das Schloss klackt zweimal, den Schlüssel verstaue ich in meiner Handtasche. Zur Sicherheit rüttel ich noch einmal prüfend an der Klinke. Im Treppenhaus springt das Neonlicht an. Vier Sekunden verzögert, wie immer.
Es ist 19:23, als ich auf der Straße stehe. Siebzehn Minuten später als sonst. Siebzehn Minuten und die Dämmerung ist der Nacht gewichen, der Imbiss hat den Rollladen heruntergelassen, die Lichter in den Lagerhallen sind gelöscht und meine Bahn ist abgefahren. Siebzehn Minuten und ich fühle mich wie aus meiner eigenen Zeit gefallen.
Die nächste Bahn fährt erst in einer knappen Stunde. Die Zeit kann ich genauso gut nutzen und ein Stück zu Fuß gehen. Meine Haltestelle ist links, ich drehe mich nach rechts. Zwanzig Minuten bis zur nächsten Station.
Im Licht der Straßenlaternen verfängt sich ein leichter Nieselregen. Ich suche Schutz unter den Dachvorsprüngen und laufe vorbei an Absperrbändern, einem ehemaligen Massagestudio, einem Wettbüro. Die Straßenschlucht öffnet sich zu einer Kreuzung mit einer Hauptstraße, hinter der eine Trasse für den Güterverkehr verläuft. Ein Windstoß fährt unter meinen Rock, als ich aus dem Häuserschatten trete. Ich halte ihn mit einer Hand fest und klappe mit der anderen den Mantelkragen hoch. Von links und rechts rasen Autos mit aufgeblendeten Scheinwerfen vorbei. Ich warte. Auf dem Bahndamm gegenüber biegen sich Gräser und Unkraut im Wind. Dazwischen grenzen Büsche eine Straße ab, die im Orangelicht der Unterführung verschwindet.

Die Ampel springt um. Ich überquere die Hauptstraße, folge dem Weg, der langsam absinkt, während sich neben mir vollgeschmierte Betonwände aus den Büschen heben. Sie wachsen hoch, verschmelzen über mir zu einer Decke und ihre Schatten unter mir zu einem Boden. Runde, orangefarbene Lampen glotzen mich an. Eine flackert. Ein Luftzug trägt das leise Rauschen der Straße in den Tunnel und raschelt in den gefangenen Laubgerippen. Meine Absätze knallen auf den Beton und hallen verzerrt von den Wänden wider. Sauerer Gestank hängt in der trockenen Luft und sammelt sich in dunklen Pfützen am Boden. Mein Schatten taucht neben mir auf, dick und kurz, huscht an mir vorbei, wird länger und dünner und blasser, ein Neuer erscheint, wie Uhrzeiger drehen sie sich um mich herum. Zehn Minuten bis zur nächsten Station. Die Wände beginnen dumpf zu vibrieren, ein Zug donnert über mich hinweg. Es klackt in der Decke, wenn die Räder in eine Fuge stoßen. Klack klack. Klack klack. Klack klack. Ich gehe schneller und verschränke die Arme vor der Brust, die Tasche rutscht baumelnd in meine Ellbeuge. Die Lampe flackert, Schatten tauchen aus dem Nichts neben mir auf, huschen über die Wände und verstecken sich wieder da, wo ich sie nicht sehen kann. Sie tanzen im Liniengewirr der Graffitti. Um mich herum hallen ihre Schritte, aus jeder Ecke, sie sind überall. Das Rascheln wie geflüsterte Worte. Nur Atmen tun sie nicht. Mein Atem ist der einzige, den ich höre, dahinter ein Brummen in den Wänden, plötzlich sausen die Schatten davon, schrumpfen zusammen, zwei Scheinwerfer jagen in den Tunnel. Dann bremsen sie ab. Beobachten. Neben mir tuckert ein Motor. Ich senke den Blick, umklammere die Handtasche, gehe schneller. Nicht hinsehen. Eine Fensterscheibe wird surrend heruntergelassen. Einfach weitergehen. Rauschen, aus dem nur ein leises Piepen dringt, mein Herzpochen, mein Atem. Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Nicht hinsehen. Dann schwillt das Brummen wieder an, das Auto beschleunigt, fährt vorbei. Die Schatten kehren zurück, werden länger und länger, reichen bis zur Tunnelöffnung und lösen sich gestaltlos im Nachthimmel auf. Die Wände senken sich, öffnen den Blick auf einen Anwohnerparkplatz. Dahinter, in den Fenstern der Familienwohnhäuser, brennen warme Lichter. Der Boden steigt wieder an. In den Büschen raunt der Wind. Der kühle Nieselregen legt sich in einem sanften Film auf meine Haut. Ich fröstel, schließe die Augen und sauge die Luft ein. Jemand packt mich am Arm. Augen leuchten im Orangelicht auf. Hinter ihm, im Baumschatten, das Auto, die Lichter gelöscht, der Motor noch warm, eine Tür steht offen…
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Beitrag14.06.2016 01:09

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Ich habe mal versucht, die ganzen Verbesserungsvorschläge umzusetzen!
Was haltet ihr von dieser Version? smile
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Beitrag14.06.2016 01:23

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Es ist 19:17, als ich die Bürotür hinter mir zuziehe. Das Schloss klackt zweimal, den Schlüssel verstaue ich in meiner Handtasche. Zur Sicherheit rüttel ich noch einmal prüfend an der Klinke. Im Treppenhaus springt das Neonlicht an. Vier Sekunden verzögert, wie immer.
Es ist 19:23, als ich auf der Straße stehe. Siebzehn Minuten später als sonst. Siebzehn Minuten und die Dämmerung ist der Nacht gewichen, der Imbiss hat den Rollladen heruntergelassen, die Lichter in den Lagerhallen sind gelöscht und meine Bahn ist abgefahren. Siebzehn Minuten und ich fühle mich wie aus meiner eigenen Zeit gefallen.
Die nächste Bahn fährt erst in einer knappen Stunde. Die Zeit kann ich genauso gut nutzen und ein Stück zu Fuß gehen. Meine Haltestelle ist links, ich drehe mich nach rechts. Zwanzig Minuten bis zur nächsten Station.
Im Licht der Straßenlaternen verfängt sich ein leichter Nieselregen. Ich suche Schutz unter den Dachvorsprüngen und laufe vorbei an Absperrbändern, einem ehemaligen Massagestudio, einem Wettbüro. Die Straßenschlucht öffnet sich zu einer Kreuzung mit einer Hauptstraße, hinter der eine Trasse für den Güterverkehr verläuft. Ein Windstoß fährt unter meinen Rock, als ich aus dem Häuserschatten trete. Ich halte ihn mit einer Hand fest und klappe mit der anderen den Mantelkragen hoch. Von links und rechts rasen Autos mit aufgeblendeten Scheinwerfen vorbei. Ich warte. Auf dem Bahndamm gegenüber biegen sich Gräser und Unkraut im Wind. Dazwischen grenzen Büsche eine Straße ab, die im Orangelicht der Unterführung verschwindet.

Die Ampel springt um. Ich überquere die Hauptstraße, folge dem Weg, der langsam absinkt, während sich neben mir vollgeschmierte Betonwände aus den Büschen heben. Sie wachsen hoch, verschmelzen über mir zu einer Decke und ihre Schatten unter mir zu einem Boden. Runde, orangefarbene Lampen glotzen mich an. Eine flackert. Ein Luftzug trägt das leise Rauschen der Straße in den Tunnel und raschelt in den gefangenen Laubgerippen. Meine Absätze knallen auf den Beton und hallen verzerrt von den Wänden wider. Sauerer Gestank hängt in der trockenen Luft und sammelt sich in dunklen Pfützen am Boden. Mein Schatten taucht neben mir auf, dick und kurz, huscht an mir vorbei, wird länger und dünner und blasser, ein Neuer erscheint, sie umkreisen mich wie Uhrzeiger. Zehn Minuten bis zur nächsten Station. Die Wände beginnen dumpf zu vibrieren, ein Zug donnert über mich hinweg. Die Räder stoßen in die Lücken, rhythmisch klackend. Ich gehe schneller und verschränke die Arme vor der Brust, die Tasche rutscht baumelnd in meine Ellbeuge. Die Lampe flackert, Schatten tauchen aus dem Nichts neben mir auf, huschen über die Wände und verstecken sich wieder da, wo ich sie nicht sehen kann. Sie tanzen im Liniengewirr der Graffitti. Um mich herum hallen ihre Schritte, aus jeder Ecke, sie sind überall. Das Rascheln wie geflüsterte Worte. Nur Atmen tun sie nicht. Mein Atem ist der einzige, den ich höre, dahinter ein Brummen in den Wänden, plötzlich sausen die Schatten davon, schrumpfen zusammen, zwei Scheinwerfer jagen in den Tunnel. Dann bremsen sie ab. Beobachten. Neben mir tuckert ein Motor. Ich senke den Blick, umklammere die Handtasche, gehe schneller. Nicht hinsehen. Eine Fensterscheibe wird surrend heruntergelassen. Einfach weitergehen. Rauschen, aus dem nur ein leises Piepen dringt, mein Herzpochen, mein Atem. Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Nicht hinsehen. Dann schwillt das Brummen wieder an, das Auto beschleunigt, fährt vorbei. Die Schatten kehren zurück, werden länger und länger, reichen bis zur Tunnelöffnung und lösen sich gestaltlos im Nachthimmel auf. Die Wände senken sich, öffnen den Blick auf einen Anwohnerparkplatz. Dahinter, in den Fenstern der Familienwohnhäuser, brennen warme Lichter. Der Boden steigt wieder an. In den Büschen raunt der Wind. Der kühle Nieselregen legt sich in einem sanften Film auf meine Haut. Ich fröstel, schließe die Augen und sauge die Luft ein. Jemand packt mich am Arm. Augen leuchten im Orangelicht auf. Hinter ihm, im Baumschatten, das Auto, die Lichter gelöscht, der Motor noch warm, eine Tür steht offen…
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TheMandalakind
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T
Beitrag14.06.2016 18:57

von TheMandalakind
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Gefällt mir gut smile
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ArtFaulII
Wortedrechsler


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Wohnort: Baumhaus


Beitrag14.06.2016 21:33

von ArtFaulII
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Danke! smile
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Municat
Geschlecht:weiblichEselsohr

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Beitrag15.06.2016 16:54

von Municat
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Hallo Arty,

Die Spannung baut sich auch in der korrigierten Version gut auf. Das war vorher schon Deine Stärke und ist jetzt noch besser heraus gearbeitet. Beim zweiten Lesen sind mir allerdings einige Stellen aufgefallen, die - zumindest bei mir - den Lesefluss unterbrechen oder unrund klingen.

Zitat:
Zur Sicherheit rüttel ich noch einmal prüfend an der Klinke.

Wenn Du bewusst umgangssprachlich sein willst, ok - ansonsten "rüttle" satt "rüttel".

Zitat:
Im Licht der Straßenlaternen verfängt sich ein leichter Nieselregen.

Vielleicht eher: "Im Licht der Straßenlaternen verfängt sich der Nieselregen." Ist aber rein subjetiv.

Zitat:
die im Orangelicht der Unterführung verschwindet.

Das "Orangelicht" kommt öfter vor. Ich kann mit dem Begriff nichts anfangen. Kann aber sein, dass das ein regional-typischer Ausdruck ist. Da die orangen Scheinwerfer 2 Sätze später erneut erwähnt werden, kannst Du sie hier einfach weg lassen.

Zitat:
Sie wachsen hoch, verschmelzen über mir zu einer Decke und ihre Schatten unter mir zu einem Boden.

Ich denke, ich weiß, was Du damit sagen willst. Aber bei Schatten, die unter mir zu einem Boden verschmelzen, bekomme ich kein richtiges Bild. OK, die Erzählerin hat wohl eine Vorgeschichte in Richtung Zwänge und Ängste ... vielleicht enstehen da wirklich solche Bilder im Kopf.

Zitat:
Meine Absätze knallen auf den Beton und hallen verzerrt von den Wänden wider.

Es sind nicht die Absätze, die hallen. Die Idee an sich ist aber gut. Vielleicht in die Richtung: "Meine Absätze knallen auf den Beton. Die Wände werfen das Geräusch verzerrt zurück.

Zitat:
Sauerer Gestank hängt in der trockenen Luft und sammelt sich in dunklen Pfützen am Boden.

Ich grüble gerade ... ist die Luft im Tunnel trocken, wenn es draußen nieselt? ich würde "trocken" einfach weg lassen. EIn Gestank, der sich in den Pfützen sammelt, ist auch schräg. Aber wie vorhin schon mal erwähnt: wenn Deine Erzählerin eine Angst-Patientin ist, kann ich mir solche Empfindungen schon vorstellen.

Die Beschreibung der Schatten ist klasse smile

Zitat:
die Tasche rutscht baumelnd in meine Ellbeuge.

Vielleicht eher: "Die Tasche rutscht mir von der Schulter."

Zitat:
Mein Atem ist der einzige, den ich höre, dahinter ein Brummen in den Wänden, plötzlich sausen die Schatten davon, schrumpfen zusammen, zwei Scheinwerfer jagen in den Tunnel.

Statt "Mein Atem ist der einzige, den ich höre" fällt mir spontan ein: "Ich höre nur meinen eigenen Atem." Ist aber auch wieder subjektiv. Vor dem "Plötzlich" würde ich einen neuen Satz anfangen. Schließlich ist das Auto ja eine entscheidende Veränderung der Situation.

 
Zitat:
Ich fröstel,

wie oben beim rütteln ... Gesprochen wird es so, geschrieben nur dann, wenn es wirklich bewusst so sein soll.

Hier stört das Ornagelicht auch, finde ich.

Bitte lass Dich von den vielen zitierten Stellen nicht entmutigen. Erstens sind solche Dinge immer subjektiv, zweitens kommt es in in Deiner GEschichte auf die Spannung, die wachsende Bedrohung und die Darstellung der Angst an - und genau das kommt wirklich auch an.


_________________
Gräme dich nicht, weil der Rosenbusch Dornen hat, sondern freue dich, weil der Dornbusch Rosen trägt smile
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ArtFaulII
Wortedrechsler


Beiträge: 95
Wohnort: Baumhaus


Beitrag18.06.2016 02:24

von ArtFaulII
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Hallo Municat,

vielen vielen Dank für die ausführlichen Anmerkungen! smile

Zitat:
Zitat:
Zur Sicherheit rüttel ich noch einmal prüfend an der Klinke.

Wenn Du bewusst umgangssprachlich sein willst, ok - ansonsten "rüttle" satt "rüttel".


Nein, das war keine Absicht, peinlicherweise weiß ich das tatsächlich nicht…ich erinnere mich, dass ich das mal nachgeschaut habe, wie man die Verben auf -eln wie würfeln, rütteln etc. korrekt konjugiert, weil ich mal ehrenamtlich deutsch unterrichtet habe - und habe im Internet mehr Antworten gefunden, als ich dachte. Seitdem bin ich mal salopp davon ausgegangen, dass das wohl frei wählbar wäre…schön, dass endlich doch nochmal gelernt zu haben lol2

Zitat:
Zitat:
die im Orangelicht der Unterführung verschwindet.

Das "Orangelicht" kommt öfter vor. Ich kann mit dem Begriff nichts anfangen. Kann aber sein, dass das ein regional-typischer Ausdruck ist. Da die orangen Scheinwerfer 2 Sätze später erneut erwähnt werden, kannst Du sie hier einfach weg lassen.


Das "Orangelicht" war ein (halgarer) Versuch das Wort "orangefarben" zu umgehen, weil ich das einfach furchtbar finde! War mir auch nicht sicher, ob das gut funktionieren würde…muss ich mir nochmal Alternativen einfallen lassen wink

Zitat:
Zitat:
Sie wachsen hoch, verschmelzen über mir zu einer Decke und ihre Schatten unter mir zu einem Boden.

Ich denke, ich weiß, was Du damit sagen willst. Aber bei Schatten, die unter mir zu einem Boden verschmelzen, bekomme ich kein richtiges Bild. OK, die Erzählerin hat wohl eine Vorgeschichte in Richtung Zwänge und Ängste ... vielleicht enstehen da wirklich solche Bilder im Kopf.


Der Versuch darzustellen, dass der Tunnel sie von allen Seiten, also seitlich, oben und unten umschließt…nicht der Eleganteste, vermutlich lol2

Zitat:
Zitat:
Meine Absätze knallen auf den Beton und hallen verzerrt von den Wänden wider.

Es sind nicht die Absätze, die hallen. Die Idee an sich ist aber gut. Vielleicht in die Richtung: "Meine Absätze knallen auf den Beton. Die Wände werfen das Geräusch verzerrt zurück.


Stimmt natürlich! lol2

Allgemein kann ich sagen, dass fast alle Stellen, die hier und in den Kommentaren allgemein angemerkt wurden, mir auch selbst beim schreiben aufgefallen sind und ich mir unsicher war, ob man das so machen kann/sollte…dann dachte ich, wo ausprobieren, wenn nicht hier? Also bin ich absolut froh über Rückmeldungen, so subjektiv sie auch sind smile
Und eine wichtige Lektion gelernt: wenn man beim Schreiben einer Formulierung ein ungutes Gefühl hat, sollte man besser darauf hören! lol2

Außerdem hatte ich bisher noch nicht viele Testleser, sodass ich entsprechend viele Zweifel an meinem Schreibstil hege…einfach schön, dazu mal professionelle Meinungen zu bekommen wink

Liebe Grüße,

Arty
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Muskat
Eselsohr


Beiträge: 343



Beitrag30.06.2016 15:47
ArtFaull
von Muskat
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Hallo ArtFaull,

du verfügst über einen angenehmen Wortschatz und erzählst auch aktiv.
Nun las ich deinen Einstieg, die Überarbeitung, empfinde eben das aktive Erzählen als angenehm, aber die Beschreibungen erschlagen mich. Ich dachte während des Lesens, dass die Protagonistin doch endlich ankommen möge. Verzeih, aber mir sind die Wegbeschreibungen zuviel.
Schau: Es geschieht in den zwei Absätzen nicht mehr, als dass die Prota ihre Arbeitsstätte verlässt und zur nächsten Haltestelle geht. Ihren Namen erfahre ich nicht, aber eine endlose Beschreibung des Weges. Ist der wichtig? Auch, ob ihr Schatten um sie tanzt? Es sind schöne Bilder, das ja, aber sind sie wichtig für den Fortlauf der Geschichte? Wird später der Weg, ihre Stadt zerstört? Ist das der Grund, warum der Leser all die Details erfahren muss? Erfährt er sie nur der Bilder wegen, dann ist das mMn zuviel.

Erst als die Prota am Arm gepackt wird, wird es spannend.
Daher rate ich zum Kürzen.


Ich hoffe, meine Hinweise sind nützlich.

Liebe Grüße

Muskat
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Yvo
Wortedrechsler

Alter: 42
Beiträge: 64
Wohnort: Bremen


Beitrag30.06.2016 20:28

von Yvo
Antworten mit Zitat

Moin Arty,

ich schließe mich Muskat an: Guter Text, aber zu lang.
Vor allem im ersten Abschnitt sind viele Sätze, die weder zur Handlung noch zur Atmosphäre beitragen.

Dann finde ich den Text an einigen Stellen zu "poetisch", bzw. "gewollt experimentell". Das "Klack Klack Klack" und "ein aus ein aus" hast du schon rausgenommen, aber "Einatmen. Ausatmen. Einatmen" ist noch drin.
Da sind eine Fülle von Personifikationen (Lampen glotzen, Schatten tanzen, Scheinwerfer jagen in den Tunnel...), Vergleiche (wie geflüsterte Worte, wie Uhrzeiger), Wiederholungen / Anaphern (Es ist 19:17, Es ist 19:23...) und teilweise etwas pathetische Sätze. (Siebzehn Minuten und ich fühle mich wie aus meiner eigenen Zeit gefallen.)
Vereinzelt finde ich das gut, jedoch hier ist es etwas übertrieben. Die ganzen Stilmittel lenken irgendwie von der Handlung ab und lassen den Text etwas "gewollt" und "künstlich" wirken. Da wäre meiner Meinung nach weniger mehr gewesen.

Richtig gelungen finde ich deinen Wortschaft. Und diesen Abschnitt, wo du fast nur mit Satzfragmenten, teilweise nur "Ein-Wort-Sätzen" arbeitest:
"...plötzlich sausen die Schatten davon, schrumpfen zusammen, zwei Scheinwerfer jagen in den Tunnel. Dann bremsen sie ab. Beobachten. Neben mir tuckert ein Motor. Ich senke den Blick, umklammere die Handtasche, gehe schneller. Nicht hinsehen. Eine Fensterscheibe wird surrend heruntergelassen. Einfach weitergehen. Rauschen, aus dem nur ein leises Piepen dringt, mein Herzpochen, mein Atem. Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Nicht hinsehen. Dann schwillt das Brummen wieder an, das Auto beschleunigt, fährt vorbei."

Der Abschnitt ist richtig gut gelungen!

Als Ende fand ich "Jemand packt mich am Arm" besser als die letzte Version, wo noch etwas erklärt wird.

Yvo
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ArtFaulII
Wortedrechsler


Beiträge: 95
Wohnort: Baumhaus


Beitrag01.07.2016 17:41

von ArtFaulII
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Moin Muskat und Yvo,

vielen Dank für die Rückmeldungen! smile

Ja, das mit den endlos langen Beschreibungen, die nur dazu dienen im Kopf des Lesers bestimmte Bilder oder eine gewisse Atmosphäre zu erzeugen, sind eine Krankheit von mir. Für diesen Text habe ich mir ein paar mehr experimentelle Freiheiten rausgenommen, um zu sehen, wie das so wirkt.
Deswegen sind grundsätzlich alle Hinweise sehr nützlich für mich smile

Zitat:
Es sind schöne Bilder, das ja, aber sind sie wichtig für den Fortlauf der Geschichte? Wird später der Weg, ihre Stadt zerstört? Ist das der Grund, warum der Leser all die Details erfahren muss? Erfährt er sie nur der Bilder wegen, dann ist das mMn zuviel.

Erst als die Prota am Arm gepackt wird, wird es spannend.
Daher rate ich zum Kürzen.


Tatsächlich gibt es keinen Fortlauf der Geschichte. In einem Roman oder längeren Erzählung würde ich auch glaube/hoffe ich, nicht so detailliert schreiben…
Die Idee war, mich in eine Frau hinein zu versetzen, deren Tagesrhythmus immer gleich abläuft und die plötzlich später Schluss macht als sonst (zwar nur 17 Minuten), aber die Stadt plötzlich ganz anders auf sie wirkt. Der ungewohnte Umweg zieht sich für sie immer mehr in die Länge, als die Umgebung durch ihre plötzlich durchgehende Phantasie immer unheimlicher wird. Und dann - tritt das ein, was man vielleicht erwartet oder auch nicht und es bleibt offen, ob all die Bedrohungen real und berechtigt waren oder nur auf ihre Phantasie zurückzuführen sind.
Diese Stimmung habe ich versucht, mit den Bilder einzufangen.
Wenn du kürzen würdest, oder Bilder ändern, hast du vielleicht konkrete Vorschläge oder Beispiele für mich? smile

Zitat:
Dann finde ich den Text an einigen Stellen zu "poetisch", bzw. "gewollt experimentell". Das "Klack Klack Klack" und "ein aus ein aus" hast du schon rausgenommen, aber "Einatmen. Ausatmen. Einatmen" ist noch drin.
Da sind eine Fülle von Personifikationen (Lampen glotzen, Schatten tanzen, Scheinwerfer jagen in den Tunnel...), Vergleiche (wie geflüsterte Worte, wie Uhrzeiger), Wiederholungen / Anaphern (Es ist 19:17, Es ist 19:23...) und teilweise etwas pathetische Sätze. (Siebzehn Minuten und ich fühle mich wie aus meiner eigenen Zeit gefallen.)
Vereinzelt finde ich das gut, jedoch hier ist es etwas übertrieben. Die ganzen Stilmittel lenken irgendwie von der Handlung ab und lassen den Text etwas "gewollt" und "künstlich" wirken.


Das glaube ich, dass einen das schnell mal erschlagen oder abschrecken kann! Wobei ich das nicht mit Absicht, sondern unterbewusst mache, was es vermutlich nicht besser macht. Vielleicht kommen da die Kurzgeschichtenanalysen aus der Schulzeit wieder hoch, wo man aus jedem Buchstaben ein Stilmittel herbeianalysiert hat lol2

Inzwischen bin ich aber ehrlich an einem Punkt, an dem es mir schwer fällt zu entscheiden, was von der Geschichte weggestrichen/geändert werden kann, ohne dass die Atmosphäre beeinträchtigt wird.
Deswegen bin ich für konkrete Umsetzungsvorschläge sehr dankbar! Du nennst ja schon ein paar Stellen, aber welche davon würdest du ändern? Alle? Und wie? smile

Und ein wenig erleichtert bin ich auch, deine Meinung zum Ende zu hören, Yvo, das geht mir nämlich genauso und ich dachte schon ich stünde mit der Ansicht alleine da!

Liebe Grüße,
Arty
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Muskat
Eselsohr


Beiträge: 343



Beitrag01.07.2016 18:28
...
von Muskat
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Hallo Arty,

tatsächlich nahm ich an, es sei ein Einstieg zu einem längeren Werk. So oder so lässt sich da einiges kürzen, ohne dass sich inhaltlich etwas ändert, meine ich. Ich bin auf die Schnelle mit dem Rotstift dran gegangen, schau mal, wie es dir zusagt. Bestimmt kannst du manches glätten, was eben der Eile geschuldet noch holpert:


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Siebzehn Minuten später als sonst stehe ich auf der Straße. Siebzehn Minuten und die Dämmerung ist der Nacht gewichen, der Imbiss hat den Rollladen heruntergelassen, die Lichter in den Lagerhallen sind gelöscht und meine Bahn ist abgefahren. Die nächste fährt erst in einer knappen Stunde. Die Zeit kann ich nutzen und ein Stück zu Fuß gehen.

Im Licht der Straßenlaternen verfängt sich ein leichter Nieselregen. Ich suche Schutz unter den Dachvorsprüngen und laufe vorbei an Absperrbändern, einem ehemaligen Massagestudio, einem Wettbüro. Ein Windstoß fährt unter meinen Rock, als ich aus dem Häuserschatten trete. Ich halte ihn mit einer Hand fest und klappe mit der anderen den Mantelkragen hoch.

Ich überquere die Hauptstraße, folge dem Weg, der langsam absinkt. Neben mir heben sich vollgeschmierte Betonwände aus den Büschen. Ein Luftzug trägt das leise Rauschen der Straße in den Tunnel und raschelt in den gefangenen Laubgerippen. Meine Absätze knallen auf den Beton und hallen verzerrt von den Wänden wider.
(Hier besser: Das Klackern/Knallen meiner Absütze hallt verzerrt von den Wänden wieder. -Ist klar, dass sie auf dem Beton klackern)
Sauerer Gestank hängt in der trockenen Luft und sammelt sich in dunklen Pfützen am Boden. Eine Lampe flackert, Schatten tauchen aus dem Nichts neben mir auf, huschen über die Wände und verstecken sich wieder.

Ich gehe schneller und verschränke die Arme vor der Brust.
Zwei Scheinwerfer jagen in den Tunnel. Dann bremsen sie ab. Beobachten. Neben mir tuckert ein Motor.
Nicht hinsehen.
Eine Fensterscheibe wird surrend heruntergelassen.
Einfach weitergehen.
Dann schwillt das Brummen wieder an, das Auto beschleunigt, fährt vorbei.

Die Wände senken sich, öffnen den Blick auf einen Anwohnerparkplatz. Dahinter, in den Fenstern der Familienwohnhäuser, brennen warme Lichter.

Ich fröstel, schließe die Augen und sauge die Luft ein.
Da packt mich jemand am Arm.


Es ist nur ein Vorschlag, vielleicht ist er von Nutzen, vielleicht nicht.

Liebe Grüße

Muskat
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ArtFaulII
Wortedrechsler


Beiträge: 95
Wohnort: Baumhaus


Beitrag02.07.2016 01:36

von ArtFaulII
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Hallo Muskat,

das ist eine interessante neue Herangehensweise an die Geschichte!
Danke dafür!
Ich werde mich damit mal näher beschäftigen…

Liebe Grüße,
Arty
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Muskat
Eselsohr


Beiträge: 343



Beitrag02.07.2016 09:27
Verschoben
von Muskat
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Hallo Arty,


gerne! Viel Freude beim Experimentieren.



Liebe Grüße

Muskat
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