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Diese Werke sind ihren Autoren besonders wichtig Virtuelles Jugendbuch 'Corsso Chroniken'


 
 
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Fhenael
Geschlecht:weiblichErklärbär
F


Beiträge: 3
Wohnort: Straßburg


F
Beitrag25.04.2016 23:23
Virtuelles Jugendbuch 'Corsso Chroniken'
von Fhenael
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo und guten Abend,
nach einem etwas holprigen Start meinerseits im Vorstellungsforum möchte ich jetzt gerne einmal das (leider doch recht lange und verbesserungswürdige) Erste Kapitel meines Jugenbuchprojekts hier veröffentlichen. Eigentlich war das ursprünglich nicht so angedacht, da es mich viel mehr interessieren würde, wie vor allem die Inszenierung des Blogs wirkt, auf dem die Geschichte von der Protagonistin Jin veröffentlich wird.
Aber vielleicht gibt es ja die ein oder andere gute Seele, die mir dabei später noch helfen kann.

Kurz zu meinem Projekt: Corsso Chroniken ist ein Jugendbuch das aus der Erzählperspektive der Protagonistin Jin geschrieben ist. Ich plane, das Projekt als eine Art Alternate Reality Game (finde keine deutsche Übersetzung) zu gestalten. D.h mit Illustrationen, kleinen Rätseln die das Weiterlesen motivieren sollen und hoffentlich früher oder später auch Audiodatein.
Aktuell geht es mir allerdings erstmal um den Text, der besonders am Anfang stellenweise noch etwas holprig verfasst ist. (Ich hab recht jung damit begonnen an Jins Geschichte zu schreiben und ich befürchte, mein Schreibstil hat sich in der Zwischenzeit geändert). Die Geschichte ist im weitesten Sinne eine Coming of Age Story, spielt allerdings in einer Realität, die nicht ganz der unseren entspricht.

Outline: Die junge Jin beschließt nach einer heftigen Auseinandersetzung mit ihrer Mutter Sun von zu Hause abzuhauen. Völlig überstürzt macht sie sich auf den Weg zu ihrem besten Freund Ray. Doch ihre Nacht entwickelt sich anders, als sie es erwartet hätte. Gemeinsam mit Ray und zwei anderen jugendlichen Ausreißern wird sie unfreiwillig Zeugin eines Mordes und als sei das nicht schon schlimm genug, sieht sie sich plötzlich mit der Tatsache konfrontiert, dass die Realität, die bisher zu kennen glaubte, wenig mit der Tatsächlichen zu tun hat. Schritt für Schritt beginnt sie nun, das Geheimnis um eine mysteriöse Gruppe, die sich selbst "Zeitschieber" nennt, zu lüften und entdeckt dabei eine Wahrheit, die vielleicht doch besser verborgen hätte bleiben sollen.
---

Hier nun der erste Leseabschnitt aus Jins Blog mit einem kurzen Vorwort von ihr selbst (ich hoffe, ich sprenge den Wordcount nicht):

Ich hab’ es geschafft. Nachdem ich mich nun schon viel zu lange in meilenweiter Entfernung zur Zivilisation aufgehalten habe, bin ich endlich einen Schritt voran gekommen!
Wahrscheinlich fragst du dich gerade, warum du das hier überhaupt liest und wie du überhaupt auf dieser Seite gelandet bist. Das ist natürlich eine berechtigte Frage!
Dir alles zu erklären würde allerdings viel zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Zeit, die ich momentan einfach nicht habe. Für’s erste musst du mir deshalb wohl einfach vertrauen, wenn ich dir sage, dass ich bis zum Hals in der Scheiße sitze, und du meine einzige Hoffnung darauf bist, hier lebend wieder rauszukommen. Vertrau mir, dass das ganze hier seinen Sinn hat. So wie ich darauf vertraue, dass du mich nicht im Stich lassen wirst…

Wenn mein Plan aufgegangen ist, dann müssten wir noch genug Zeit haben, um diesem ganzen Schlamassel entgegenzuwirken. Ich baue darauf, dass dich meine Nachrichten rechtzeitig erreichen und, dass du deinen Weg zu mir unbeschadet findest. Allerdings arbeite ich noch immer daran, Ordnung in das scheinbar unendliche Chaos, das meine Gedankenstränge darstellt, zu bringen. Glaub mir, es ist alles andere als leicht.
Ich habe auch noch nicht alle meine Aufzeichnungen zurück und alle Beweise, die ich bisher sammeln konnte, sind hoffentlich noch immer da, wo ich sie zurücklassen musste. Ich gebe mein Bestes, sie so schnell wie nur irgendwie möglich aufzutreiben und sie dir zu übermitteln, aber bis dahin musst du wohl erstmal verstehen, was genau ich dir eigentlich zu erklären versuche.  Und genau dafür müssen wir zuerst zurück zum Anfang:

17. 12. | 20:00 Uhr – “Hi, ich bin Jin.”

– Ich bring’ sie um!
Dies war der erste Gedanke, der mir kam, nachdem ich meine Zimmertür geräuschvoll hinter mir ins Schloss fallen ließ. Meine Augen brannten unangenehm und schon bahnten sich die ersten Tränen ihren Weg über meine heißen Wangen. Natürlich wusste ich, dass ich sie nicht umbringen würde, doch der Gedanke an ein Leben ohne sie, half mir dennoch normalerweise über jeden Streit hinweg. Aber nicht dieses Mal. Nein, dieses Mal war es eben anders. Ich schlug mir die Hände vor das Gesicht und verspürte, wie schon so oft zuvor, ein unangenehm vertrautes, und dennoch flaues Gefühl in der Magengegend. Wie der Stich einer rostigen Messerklinge hatten mich die Worte, die sie mir während unseres Streits ins Gesicht geworfen hatte, ins Herz getroffen. In meinem Inneren wütete ein stürmendes Chaos aus Wut, Trauer und Verzweiflung. Mir schien, als würden sich all diese Gefühle zu einem Wirbelsturm in meinem Kopf vereinen. Das Universum hatte sich mal wieder gegen mich gewendet, und ließ all seinen Ärger und seine Verachtung einzig und allein an mir aus. Ich schniefte laut und zitterte vor Wut. Meine Lippen bebten unaufhörlich und so presste ich sie energisch zu einem dünnen Strich zusammen, bis es schmerzte. Wahrscheinlich gab ich ein absolut klägliches Bild ab.
Für einen scheinbar unendlich langen Moment stand ich so, den Kopf an die Tür gedrückt, zitternd und die Hände verzweifelt vor das höchstwahrscheinlich aufgedunsene Gesicht geschlagen. Ich kann nicht mehr sagen, wie lange genau ich dort ausgeharrt hatte, während die Dunkelheit über mich hineingebrochen war und mich in ihrer schieren Ewigkeit zu verschlingen drohte.
– Scheiße! dachte ich und entriss mich ihrer unbarmherzigen Umklammerung mit dem heißen Gefühl von lodernder Wut in meinem Brustkorb. Ich stieß mich von der Tür ab, dann wischte ich mir Tränen und Rotz aus dem Gesicht und betrachtete missmutig den Ärmel meines Pullovers. Er glänzte schleimig. Angewidert wandte ich meinen Blick ab und zog laut die Nase hoch. Mein Kopf schmerzte unnachgiebig und in meinen Ohren rauschte das Blut so stark, dass mich für die Länge einiger Herzschläge, ein unangenehmer Schwindel ergriff.
– Verdammt..
Schließlich drehte ich mich mit einer steifen Bewegung um und betrachtete verdrossen mein klägliches Spiegelbild in dem verdreckten Spiegel, den Sun vor einigen Jahren unbeholfen an meiner Schranktür angebracht hatte. Meine langen schwarzen Haare fielen mir wirr ins Gesicht und wellten sich an manchen Stellen willkürlich. Den Versuch, sie in einer vernünftigen Frisur zu tragen, hatte ich daher schon vor einiger Zeit aufgegeben.
Ich hatte mich irgendwann mit dem Gedanken, dass ich einfach nur Haare hatte, abgefunden. Zusammengesunken und mit hängenden Schultern stand ich vor dem Spiegel und betrachtete mich selbst, in meinem Elend. Mein Gesicht brannte nach wie vor heiß, während mir das Mascara inzwischen zu einem schwarzen Schatten unter den schmalen Augen verlaufen war. Meine kleine Nase glomm rötlich, so wie sie es auch dann immer tat, wenn ich gerade kurz vor dem Ausbruch einer dicken Erkältung stand. Äußerlich spiegelte ich das Gefühlschaos, welches in meinem Kopf herrschte also nahezu perfekt wieder. Meine Augenlider waren geschwollen und kleine rote Äderchen zeichneten sich dünn auf ihnen ab. Selbst meine Kleidung wirkte irgendwie trist – (vielleicht lag das aber auch eher am fehlende Zusammenspiel zwischen ihr und meiner Figur) – denn mein magerer Körper schien sich unter meiner weißen Bluse zu verlieren und mein Jeans saß etwas zu locker um die Hüfte. Ich ärgerte mich und fluchte.
– Scheiße siehst du aus, Jin.. Dann seufzte ich missmutig, strich mir einige lose gewordenen Strähnen aus dem blassen Gesicht und öffnete die knarrende Tür meines alten Mahagoni Schranks. Der Metallgriff lag kalt in meiner Hand und fühlte sich an jenen Stellen, an der seine dunkle Lackierung abgeblättert war, unangenehm rau an. Wintermantel, drei Hosen, einen schlichten schwarzen Rock, zwei Leggins, zwei Kapuzenpullover, eine graue Strickjacke, drei T-Shirts, ein kariertes Hemd, Unterwäsche sowie sechs Paar Socken. Das musste reichen.
Achtlos warf ich alles auf mein Bett, dann kniete ich mich hin, wobei meine Kniegelenke laut knackten, und robbte auf allen Vieren auf mein Bett zu. Entnervt tastete ich in der Lücke zwischen Bett und Boden herum, erfühlte Staubhasen, Chips-Tüten und sogar ein Ohrenstäbchen. Ich stieß ein angewidertes Stöhnen aus und tastete nun mit der flachen Hand in die entgegengesetzte Richtung. Ich konnte mich nicht daran erinnern, jemals unter meinem Bett gesaugt zu haben, dem entsprechend dreckig war.. oder besser gesagt, ist es dort unten wahrscheinlich auch noch immer. Ich konnte auch nicht mit Sicherheit sagen, was genau ich dort alles ertastete und entschied, dass es besser war, wenn diese Geheimnisse für immer im Verborgenen blieben.
Plötzlich streifte meine Hand etwas, das sich wie rauer Stoff anfühle. Zögerlich tastete ich den Stoff ab, griff nach ihm und zog ihn anschließend triumphierend unter meinem Bett hervor. Sehr zu meinem Leidwesen stellte ich fest, dass es sich bei besagtem Stoff nur um eine dreckige alte Socke handelte, die ich bei Anblick des staubigen Haarbüschels, welches an ihr haftete, sofort wieder von mir warf.
– „Verdammt..“, murmelte ich und wagte einen erneuten Versuch. Es dauerte eine Weile, bis ich fand, wonach ich suchte: Einen alten Stoffhasen. Ebenfalls staubig, doch abgesehen davon, völlig intakt. Ich hatte ihn auf einem Flug nach Atlanta von einer liebenswürdigen Fluglotsin in die Hand gedrückt bekommen und seitdem fungierte er sowohl als mein ständiger Begleiter, als auch nächtlicher Beschützer vor den unzähligen Monstern, die unter meinem Bett lauerten. Ich war damals gerade sechs Jahre alt geworden und hatte mich auf dem langen Flug furchtbar gelangweilt, also hatte Sun, meine, für meinen Geschmack viel zu traditionell koreanische Mutter, ihn mir in der Hoffnung, mich damit für eine Weile ruhig stellen zu können, gekauft. Ihr Plan ging natürlich auf und ich verschlief den gesamten Flug, während der Hase über meine Träume gewacht hatte. Das Faszinierendste an ihm war wohl die Tatsache, dass er bereits beim Kauf und auch noch nach zwölf anstrengenden Jahren voller Krankheitserreger, Speichel und kurzweiligen Aufenthalten unter meinem Bett immer noch nach Schokolade roch. Gedankenverloren klopfte ich den Staub großzügig von ihm ab, dann setzte ich ihn liebevoll auf mein Bett und warf einen flüchtigen Blick auf meinen Wecker. Inzwischen war es 20.13 Uhr. Als nächstes suchte ich nach meinem Handy und meinem Portemonnaie, welche ich, zu meiner Erleichterung, zum Glück auf dem Schreibtisch fand. Dann beeilte ich mich und schnappte mir im Vorbeigehen meinen Rucksack, den ich irgendwann einmal auf den Namen Bigbag getauft hatte. Die Erinnerung ließ ein schwaches Lächeln meine trockenen Lippen umspielen, während ich meine herangetragenen Habseligkeiten in Bigbags Innentaschen verstaute. Schnell schnappte ich mir noch meinen liebsten Zeichenblock und ein paar Stifte, sowie einen Radiergummi.
Anschließend schulterte ich Bigbag und öffnete dann langsam, bedacht darauf keinen unnötigen Lärm zu verursachen, meine Zimmertür, trat hinaus auf den unbeleuchteten Flur und zog die Tür ebenso langsam wieder hinter mir zu. Beinahe lautlos rastete das Schloss ein. Einen Herzschlag lang horchte ich in die Stille hinein, während sich jeder einzelne Muskel in meinem Körper unwillkürlich anspannte, dann erlaubte ich mir, tief durchzuatmen. Die Luft, die meine Lungen füllte, ließ mich eine Woge der Entschlossenheit verspüren. Auf Zehenspitzen schlich ich quer über den langen Flur, bis in die gegenüberliegende Küche, während ich die ganze Zeit über Suns gedämpfte Stimme aus dem Schlafzimmer vernehmen konnte. Da ich wusste, dass um diese Uhrzeit niemand zu Besuch sein könnte, schloss ich daraus, dass sie telefonierte.
– Gut, dachte ich, ich kann mir also Zeit lassen.
Vorsichtig öffnete ich den Kühlschrank und entnahm zwei kleine Flaschen Mineralwasser, eine ungeöffnete Packung Käse und ein Nutella Glas an mich. Nutella in den Kühlschrank zu stellen, war eine von Suns Angewohnheiten, die ich auf den Tod nicht ausstehen konnte, wobei es bei weitem noch nicht ihre Schlimmste war. Dennoch, es war bereits mehr als einmal vorgekommen, dass gerade diese kleine Angewohnheit zu heftigsten Auseinandersetzungen zwischen uns geführt hatte. Ich schüttelte den Gedanken ab und schloss den Kühlschrank wieder. Dann griff mir noch eine Tüte Kartoffelchips aus dem Vorratsschrank, zwei übrig gebliebene Brötchen vom Frühstück, sowie eine kleine Dose gesalzener Erdnüsse. Ich öffnete Bigbag und verstaute meinen gesamten Nahrungsvorrat in einer seiner größeren Seitentaschen. Danach schaute ich mich noch einmal genau um, wanderte daraufhin um unsere Kücheninsel und fand noch zwei grüne Äpfel. Neben der Obstschale stand außerdem eine neue Flasche Scotch. SINGLE MALT stand in großer Schrift auf dem Etikett, doch das sagte mir nichts. Ich kannte mich mit Alkohol nicht das geringste bisschen aus und alles was ich wusste, war, dass ich kotzen musste, wenn ich zu viel getrunken hatte. Ich nahm die Flasche in die Hand und versuchte den restlichen Text auf ihrem Etikett auszumachen, doch das spärliche Licht, das von draußen durch die Küchenfenster hineinschien, reichte dazu nicht aus. Ich überlegte kurz, dann ließ ich auch die Flasche in Bigbags Innerem verschwinden, sah mich anschließend noch ein letztes Mal um und entdeckte dabei eine zweite, bereits geöffnete Chipstüte neben der Spüle, welche ich einfach in die Hand nahm. Bigbag hing ich mir locker über die Schulter, wodurch ich unter seinem plötzliches Gewicht leicht schräg laufen musste. Anschließend verließ ich die Küche ebenso lautlos, wie ich sie erst wenige Minuten zuvor betreten hatte. Auf Zehenspitzen schlich ich an Suns Schlafzimmertür vorbei. Dort hielt ich für einen Moment inne um ihrem Telefonat zu lauschen. Zunächst schien ihre Stimme vom anderen Ende des Zimmers zu kommen, und ich musste mein Ohr vorsichtig gegen die Tür pressen, um überhaupt etwas zu verstehen. Sie sprach auf Englisch.
– „..anstrengend..” , “..aber ich kann nicht..-Ja, ich weiß..” , “..wäre Perry doch nie gewesen..”
– Perry!
Beim Namen meines Vaters wurde ich hellhörig. Percival Charles Corsso. Plötzlich vernahm ich Schritte auf mich zukommen, hielt erschrocken den Atem an und verharrte augenblicklich. Natürlich erwarte ich, dass Sun jeden Moment aus ihrem Zimmer stürzen, und mich anschreien würde, doch es rührte sich nichts mehr hinter der Tür.
Stille.
– „Ich schaffe das nicht. Wenn das so weiter geht, muss sie zu meinen Eltern oder .. ach ich weiß es doch auch nicht.“
Erleichtert atmete ich aus, als sich ihre Stimme wieder ein Stück von der Tür entfernte. Gerade als ich mich von ihr lösen wollte, drang ein unterdrücktes Schluchzen an meine Ohren.
– „Verdammt, sie macht mich einfach einfach kaputt”, ihre Stimme klang hysterisch und aufgebracht und überschlug sich fast bei den folgenden Worten, doch ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern, was sie danach noch alles sagte. Mit einem mal hatten sich die Chips aus meinem Griff gelöst und ich war erschrocken zusammengezuckt, jedoch völlig regungslos in meiner Position verharrt, während sie knisternd zu Boden gefallen waren. Ich wollte fluchen, doch stattdessen biss ich mir nur verärgert auf die Zunge. Schnell sammelte ich ein paar  der Krümel vom Boden, hob die knisternde Tüte auf und lauschte dann ein weiteres Mal an Suns Tür. Nichts regte sich mehr, weshalb ich mich beeilte in meinem Zimmer zu verschwinden. Sie war anscheinend zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass sie von dem Vorfall auch nur das Geringste mitbekommen hätte.
– Besser so!
Hastig stopfte ich die offene Tüte in Bigbags Seitentasche, dann schloss ich seinen Reißverschluss und schulterte ihn erneut. Ein letztes Mal sah ich mich in meinem Zimmer um, dann trat ich hinaus und bahnte mir meinen Weg durch den dunklen Flur. (Irgendwie kam ich mir vor wie ein Einbrecher, der gerade die Beute des Tages ergattert hatte, und nun versuchte, sie schnellstmöglich in Sicherheit zu bringen.) Lautlos tastete ich mich durch den Flur, setzte aufmerksam einen Fuß vor den anderen und konzentrierte mich ausschließlich darauf, keinen unnötigen Lärm zu verursachen. Im Vorbeigehen griff ich mir meinen braunen Wintermantel, verschwand damit im Badezimmer, schloss die Tür und schaltete das Licht an. Meine Augen brauchten zunächst einen Moment, um sich an die plötzliche Helligkeit zu gewöhnen. Ich blinzelte ein paar Mal schnell hintereinander und wartete mit pochendem Herzen darauf, dass meine Sicht sich wieder schärfte. Gleichzeitig versuchte ich mich auf meine Atmung zu konzentrieren und legte mir eine glaubhafte Ausrede zurecht, für den Fall, dass Sun mich doch noch erwischen sollte. Als ich mich schließlich ein bisschen beruhigt hatte, griff ich mir meine Zahnbürste und Zahnpasta, welche umgehend in Bigbags vorderer Tasche landeten. (Auch ein Ausreißer muss Wert auf seine Zahnhygiene legen!) Prüfend sah ich mich um und vergewisserte mich, dass ich nichts vergessen hatte und wollte das Bad bereits verlassen, als mir plötzlich die alte Fellmütze, die achtlos auf der Waschmaschine zusammengeknüllt lag, ins Auge fiel. Beccs hatte sie mir vor einem Jahr als Geschenk aus Schweden mitgebracht. Sie sah aus wie ein riesiger toter Waschbär, aber zumindest hielt sie meinen Kopf angenehm warm. Ich überlegte kurz und kam schließlich zu dem Entschluss, dass es zumindest keine schlechte Idee wäre, sie mitzunehmen, da sie mir bisher immer gute Dienste geleistet hatte. Mit flinken Fingern stülpte ich sie mir über den Kopf und rückte sie eilig zurecht, danach betrachtete ich mich erneut im Spiegel. Seufzend schnappte ich mir das vollste Deo, das ich finden konnte, sowie Duschgel und ein angebrochenes Shampoo und stopfte alles achtlos in die selbe Tasche, in der schon Zahnbürste und Zahnpasta verschwunden waren. Meine Kopfhaut begann unter der Wärme der Mütze bereits zu schwitzen, was ich als ein Zeichen dafür interpretierte, dass es langsam Zeit wurde, aufzubrechen. Als letztes griff ich mir auch noch meine Make-Up Tasche, welche ebenfalls in Bigbag Platz fand. Ich löschte das Licht, tastete nach der Türklinke und kurz danach verließ ich das Bad auch schon und schlich mit unsicheren Schritten hinüber zum Schuhregal. Meine Wahl fiel mir nicht weiter schwer, da es das einzig Paar Schuhe war, das ich nicht extra ertasten musste. Ich hatte sie damals durch eine glückliche Fügung in einem Secondhand Laden gefunden und mich sofort in sie verliebt. Dunkelbraune Armeestiefel aus echtem Leder, innen gefüttert und durch dicke Schnürsenkel am Schaft zusammengehalten. Ich sah mich erneut um, konnte allerdings nach wie vor nichts erkennen. Schnell schlüpfte ich in meine Schuhe und vernahm plötzlich ein erneutes, lautes Schluchzen. Es war sicher besser, wenn sie mich los war.
Andererseits… Es war kalt draußen. Ziemlich kalt sogar. 0° C und stetig sinkend. Die ersten Bedenken regten sich in meinem Inneren und ich überlegte, ob es nicht besser sei, meinen Plan über den Haufen zu werfen, doch dann schüttelte ich mit einer abrupten Bewegung den Kopf, um die Gedanken schnell wieder zu vertreiben.
– Nein, es ist bereits beschlossene Sache, dachte ich und streifte mir kurzerhand meinen Mantel über. Ich knöpfte ihn bis über den Hals zu. Ein Knopf fehlte zwar, doch das ignorierte ich. Anschließend ertastete und öffnete ich die hölzerne Kommode, die neben dem Schuhschrank stand und entnahm die wärmsten Handschuhe, die ich finden konnte sowie einen dicken grauen Schal, welchen ich mir zügig mehrmals um den dünnen Hals wickelte. Anschließend stopfte ich seine Zipfel in meinen Mantel und verstaute meine Handschuhe in den Jackentaschen.
– Hab’ ich alles?
Im Kopf ging ich alles noch einmal schrittweise durch (Sicherlich, ich hätte eigentlich mehr mitnehmen müssen, aber erstens war der Entschluss zu kurzfristig gewesen, um an alles zu denken und zweitens war nie die Rede von richtigem Weglaufen. Ich wollte lediglich umziehen. Ohne Sun versteht sich. Natürlich auch ohne ihr Wissen. Sie würde das wahrscheinlich eh gutheißen. Sie wäre froh, wenn sie mich los wäre, dann würde sie nichts mehr daran hindern, endlich ihren Wünschen nachzugehen.) und kam zu dem Schluss, dass ich alles Nötige bei mir hatte. Dann schloss ich für einen kurzen Augenblick meine Augen und atmete tief durch. Als ich die Augen wieder öffnete, lag die Haustür noch immer unverändert vor mir, doch aus irgendeinem Grund wusste ich, dass es, sobald ich sie geöffnet hatte, kein zurück mehr geben würde. Für einen weiteren Herzschlag lang verharrte ich zögerlich, doch dann verbannte ich schließlich jeglichen Rest des Zweifels aus meinem Inneren, öffnete vorsichtig die Haustür und trat hinaus in die Kälte.
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Federfarbenfee
Geschlecht:weiblichWortedrechsler

Alter: 47
Beiträge: 94
Wohnort: Bayern


Beitrag26.04.2016 00:00

von Federfarbenfee
Antworten mit Zitat

Dein Projekt klingt interessant und originell und ich bin mir sicher, dass es sein Publikum findet.

Du schreibst routiniert und sicher.

Das Vorwort von Jin finde ich klasse und so authentisch, dass ich mich unwillkürlich fragen musste, ob Du Deine Leser hoffentlich darüber aufklärst, dass es sich hier um eine fiktive Geschichte handelt.

Der Eintrag vom 17.12. dagegen liest sich für mich wie der - gute - Anfang eines Jugendbuches.

Jedoch nicht wie ein Blogeintrag.

Soll die Inszenierung so wirken? Wie ein echter Blogeintrag? Dann müsstest Du das Ganze eher im Stil des Vorwortes schreiben, denke ich.

Das Vorwort schafft Nähe zu Jin.  Der Eintrag vom 17.12. eher Distanz. Obwohl er per se gut geschrieben ist, wie gesagt.

Soviel zu meinem persönlichen Eindruck.

Viele Grüße
Mary
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Mermaid
Geschlecht:weiblichLeseratte


Beiträge: 143

Pokapro 2015


Beitrag26.04.2016 21:01

von Mermaid
Antworten mit Zitat

Hallo Fhenael,

die Grundidee, die Du in Deiner "Outline" darstellst, klingt ganz gut. Auch der Gedanke, mit Illustrationen und kleinen Rätseln zu arbeiten, gefällt mir. Am Text allerdings solltest Du noch arbeiten. Vor allem: kürzen. Du findest ja selbst, dass das erste Kapitel recht lang und verbesserungswürdig ist.

Ich schreibe meine Anmerkungen in blau in Deinen Text.

Fhenael hat Folgendes geschrieben:


Hier nun der erste Leseabschnitt aus Jins Blog mit einem kurzen Vorwort von ihr selbst (ich hoffe, ich sprenge den Wordcount nicht) Vorwort zu was? Dem Buch? Ihrem Blog? Es sieht eher danach aus, als sei es an eine bestimmte Person gerichtet. Ist dann ein Vorwort/Blog das richtige Medium?:

Ich hab’ es geschafft. Nachdem ich mich nun schon viel zu lange in meilenweiter Entfernung zur Zivilisation aufgehalten habe, bin ich endlich einen Schritt voran gekommen!
Wahrscheinlich fragst du dich gerade, warum du das hier überhaupt liest und wie du überhaupt auf dieser Seite gelandet bist. Das ist natürlich eine berechtigte Frage!
Dir alles zu erklären würde allerdings viel zu viel Zeit in Anspruch nehmen.  Zeit, die ich momentan einfach nicht habe. Für’s erste musst du mir deshalb wohl einfach vertrauen, wenn ich dir sage, dass ich bis zum Hals in der Scheiße sitze, und du meine einzige Hoffnung darauf bist, hier lebend wieder rauszukommen. Vertrau mir, dass das ganze hier seinen Sinn hat. So wie ich darauf vertraue, dass du mich nicht im Stich lassen wirst…

Wenn mein Plan aufgegangen ist, dann müssten wir noch genug Zeit haben, um diesem ganzen Schlamassel entgegenzuwirken. Ich baue darauf, dass dich meine Nachrichten rechtzeitig erreichen und, dass du deinen Weg zu mir unbeschadet findest. Allerdings arbeite ich noch immer daran, Ordnung in das scheinbar unendliche Chaos, das meine Gedankenstränge darstellt, zu bringen. Glaub mir, es ist alles andere als leicht.
Ich habe auch noch nicht alle meine Aufzeichnungen zurück und alle Beweise, die ich bisher sammeln konnte, sind hoffentlich noch immer da, wo ich sie zurücklassen musste. Ich gebe mein Bestes, sie so schnell wie nur irgendwie möglich aufzutreiben und sie dir zu übermitteln, aber bis dahin musst du wohl erstmal verstehen, was genau ich dir eigentlich zu erklären versuche.  Und genau dafür müssen wir zuerst zurück zum Anfang Die Funktion des "Vorworts" verstehe ich nicht ganz. Auf mich wirkt es so, als ob es mit den nebulösen Andeutungen unbedingt Spannung erzeugen soll. Das gelingt Dir in meinen Augen nicht. Es fehlt etwas Handfestes, das mich fesseln könnte.:

17. 12. | 20:00 Uhr – “Hi, ich bin Jin.” Soll das ein Blogeintrag sein? Jin stellt sich der Welt vor - auf diese Weise?

– Ich bring’ sie um!
Dies war der erste Gedanke, der mir kam, nachdem ich meine Zimmertür geräuschvoll hinter mir ins Schloss fallen ließ. Meine Augen brannten unangenehm und schon bahnten sich die ersten Tränen ihren Weg über meine heißen Wangen. Natürlich wusste ich, dass ich sie nicht umbringen würde, doch der Gedanke an ein Leben ohne sie, half mir dennoch normalerweise über jeden Streit hinweg. Aber nicht dieses Mal. Nein, dieses Mal war es eben anders. Ich schlug mir die Hände vor das Gesicht und verspürte, wie schon so oft zuvor, ein unangenehm vertrautes, und dennoch flaues Gefühl in der Magengegend. Wie der Stich einer rostigen Messerklinge hatten mich die Worte, die sie mir während unseres Streits ins Gesicht geworfen hatte, ins Herz getroffen. In meinem Inneren wütete ein stürmendes Chaos aus Wut, Trauer und Verzweiflung. Mir schien, als würden sich all diese Gefühle zu einem Wirbelsturm in meinem Kopf vereinen. Das Universum hatte sich mal wieder gegen mich gewendet, und ließ all seinen Ärger und seine Verachtung einzig und allein an mir aus. Ich schniefte laut und zitterte vor Wut. Meine Lippen bebten unaufhörlich und so presste ich sie energisch zu einem dünnen Strich zusammen, bis es schmerzte. Wahrscheinlich gab ich ein absolut klägliches Bild ab. Immer noch alles nebulös. Was ist passiert? Du beschreibst Jins Gefühle, aber bei mir kommt nichts an, weil sie eben nur beschrieben sind. Ich kann mich nicht in Jin hineinversetzen, weil ich nicht weiß, was passiert ist. Manche Passagen wirken leicht übertrieben. "Wie der Stich einer rostigen Messerklinge …"
Für einen scheinbar unendlich langen Moment stand ich so, den Kopf an die Tür gedrückt, zitternd und die Hände verzweifelt vor das höchstwahrscheinlich aufgedunsene Gesicht geschlagen. Ich kann nicht mehr sagen, wie lange genau ich dort ausgeharrt hatte, während die Dunkelheit über mich hineingebrochen war und mich in ihrer schieren Ewigkeit zu verschlingen drohte. Ist dieser Absatz nötig? Dass Jin wütend und verzweifelt ist, hast Du schon erzählt. Es wird nicht glaubwürdiger, je länger es ist.
– Scheiße! dachte ich und entriss mich ihrer unbarmherzigen Umklammerung mit dem heißen Gefühl von lodernder Wut in meinem Brustkorb. Du wirfst mit ziemlich vielen Adjektiven/Adverbien um Dich. Nicht nur hier, aber in dem Satz fällt es mir besonders auf: unbarmherzig, heiß, lodernd. Das wirkt schnell überladen.Ich stieß mich von der Tür ab, dann wischte ich mir Tränen und Rotz aus dem Gesicht und betrachtete missmutig den Ärmel meines Pullovers. Er glänzte schleimig. Sind diese Einzelheiten wichtig für die Geschichte? Also, der Rotz? Wirklich?Angewidert wandte ich meinen Blick ab und zog laut die Nase hoch. Mein Kopf schmerzte unnachgiebig und in meinen Ohren rauschte das Blut so stark, dass mich für die Länge einiger Herzschläge, ein unangenehmer Schwindel ergriff. Und ich weiß immer noch nicht, was Jin so aus der Bahn geworfen hat.
– Verdammt..
Schließlich drehte ich mich mit einer steifen Bewegung um und betrachtete verdrossen mein klägliches Spiegelbild in dem verdreckten Spiegel, den Sun vor einigen Jahren unbeholfen an meiner Schranktür angebracht hatte. Meine langen schwarzen Haare fielen mir wirr ins Gesicht und wellten sich an manchen Stellen willkürlich. Adjektive/Adverbien, siehe oben.Den Versuch, sie in einer vernünftigen Frisur zu tragen, hatte ich daher schon vor einiger Zeit aufgegeben.
Ich hatte mich irgendwann mit dem Gedanken, dass ich einfach nur Haare hatte, abgefunden. Zusammengesunken und mit hängenden Schultern stand ich vor dem Spiegel und betrachtete mich selbst, in meinem Elend. Mein Gesicht brannte nach wie vor heiß, während mir das Mascara inzwischen zu einem schwarzen Schatten unter den schmalen Augen verlaufen war. Meine Nase glomm rötlich, so wie sie es auch dann immer tat, wenn ich gerade kurz vor dem Ausbruch einer dicken Erkältung stand. Äußerlich spiegelte ich das Gefühlschaos, welches in meinem Kopf herrschte also nahezu perfekt wieder. Meine Augenlider waren geschwollen und kleine rote Äderchen zeichneten sich dünn auf ihnen ab. Selbst meine Kleidung wirkte irgendwie trist – (vielleicht lag das aber auch eher am fehlende Zusammenspiel zwischen ihr und meiner Figur) – denn mein magerer Körper schien sich unter meiner weißen Bluse zu verlieren und mein Jeans saß etwas zu locker um die Hüfte. Ich ärgerte mich und fluchte. Viel zu ausschweifend. Ist Jins Äußeres an der Stelle so wichtig? Die Idee, dass sie ihr Spiegelbild betrachtet und sich dem Leser so beschreibt, ist … na ja, nicht gerade umwerfend. Da fällt Dir doch bestimmt etwas Besseres ein. Wenn das Aussehen wichtig ist!
– Scheiße siehst du aus, Jin.. Dann seufzte ich missmutig, strich mir einige lose gewordenen Strähnen aus dem blassen Gesicht und öffnete die knarrende Tür meines alten Mahagoni Schranks. Der Metallgriff lag kalt in meiner Hand und fühlte sich an jenen Stellen, an der seine dunkle Lackierung abgeblättert war, unangenehm rau an. Spielt der Metallgriff keine Rolle in der Geschichte? Wenn nicht, wäre hier Potenzial zum Kürzen. Wintermantel, drei Hosen, einen schlichten schwarzen Rock, zwei Leggins, zwei Kapuzenpullover, eine graue Strickjacke, drei T-Shirts, ein kariertes Hemd, Unterwäsche sowie sechs Paar Socken. Das musste reichen.
Achtlos warf ich alles auf mein Bett, dann kniete ich mich hin, wobei meine Kniegelenke laut knackten Diese Einzelheiten wie die Kniegelenke … Ich warte darauf, dass etwas passiert!, und robbte auf allen Vieren auf mein Bett zu. Entnervt tastete ich in der Lücke zwischen Bett und Boden herum, erfühlte Staubhasen, Chips-Tüten und sogar ein Ohrenstäbchen. Ich stieß ein angewidertes Stöhnen aus und tastete nun mit der flachen Hand in die entgegengesetzte Richtung. Ich konnte mich nicht daran erinnern, jemals unter meinem Bett gesaugt zu haben, dem entsprechend dreckig war.. oder besser gesagt, ist es dort unten wahrscheinlich auch noch immer. Ich konnte auch nicht mit Sicherheit sagen, was genau ich dort alles ertastete und entschied, dass es besser war, wenn diese Geheimnisse für immer im Verborgenen blieben. Möchtest Du, dass Jin so schmuddelig wirkt? Bäh.
Plötzlich streifte meine Hand etwas, das sich wie rauer Stoff anfühle. Zögerlich tastete ich den Stoff ab, griff nach ihm und zog ihn anschließend triumphierend unter meinem Bett hervor. Sehr zu meinem Leidwesen stellte ich fest, dass es sich bei besagtem Stoff nur um eine dreckige alte Socke handelte, die ich bei Anblick des staubigen Haarbüschels, welches an ihr haftete, sofort wieder von mir warf. Und noch schmuddeliger? Ist der Absatz nötig?
– „Verdammt..“, murmelte ich und wagte einen erneuten Versuch. Es dauerte eine Weile, bis ich fand, wonach ich suchte: Einen alten Stoffhasen. Ebenfalls staubig, doch abgesehen davon, völlig intakt. Ich hatte ihn auf einem Flug nach Atlanta von einer liebenswürdigen Fluglotsin in die Hand gedrückt bekommen und seitdem fungierte er sowohl als mein ständiger Begleiter, als auch nächtlicher Beschützer vor den unzähligen Monstern, die unter meinem Bett lauerten. Achtung, Logik. Warum muss Jin den Hasen erst unterm Bett suchen, wenn er ihr ständiger Begleiter ist? Dann hat sie ihn doch immer irgendwo bei sich, oder?Ich war damals gerade sechs Jahre alt geworden und hatte mich auf dem langen Flug furchtbar gelangweilt, also hatte Sun, meine, für meinen Geschmack viel zu traditionell ? Was meinst Du damit? Zeige es mir, anstatt einfach diese Behauptung aufzustellen. Falls es wichtig ist! koreanische Mutter, ihn mir in der Hoffnung, mich damit für eine Weile ruhig stellen zu können, gekauft. Ihr Plan ging natürlich auf und ich verschlief den gesamten Flug, während der Hase über meine Träume gewacht hatte. Das Faszinierendste an ihm war wohl die Tatsache, dass er bereits beim Kauf und auch noch nach zwölf anstrengenden Jahren voller Krankheitserreger, Speichel und kurzweiligen Aufenthalten unter meinem Bett immer noch nach Schokolade roch. Gedankenverloren klopfte ich den Staub großzügig von ihm ab, dann setzte ich ihn liebevoll auf mein Bett und warf einen flüchtigen Blick auf meinen Wecker. Inzwischen war es 20.13 Uhr. Als nächstes suchte ich nach meinem Handy und meinem Portemonnaie, welche ich, zu meiner Erleichterung, zum Glück auf dem Schreibtisch fand. Dann beeilte ich mich und schnappte mir im Vorbeigehen meinen Rucksack, den ich irgendwann einmal auf den Namen Bigbag getauft hatte. An der Stelle gebe ich vorläufig auf. Ich fasse zusammen: Jin hatte eine Auseinandersetzung mit ihrer Mutter, ist stinksauer und will abhauen. Den Grund kenne ich nicht. Ansonsten ist bislang nichts passiert. Ich denke, Du kannst Deinen Text ziemlich straffen und auf die eine oder andere unwesentliche Einzelheit verzichten.


Meergrüße
Mermaid
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Fhenael
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Beitrag26.04.2016 23:56

von Fhenael
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Guten Abend, vielen Dank für die bisherigen zwei Reaktionen. Ich würde mich natürlich über weitere freuen.
Um vielleicht auf einige der genannten Punkte einzugehen.
Der Text lässt sich erst richtig verstehen, wenn man ihn tatsächlich auf dem dafür vorgesehenen Blog liest. Das Vorwort von Jin z.B. macht mehr Sinn, wenn man versteht, dass sie es schreibt, nach dem die Ereignisse aus ihrer Erzählung passiert sind. Sie sendet den Blog an eine Person, von der sie glaubt, dass sie ihr weiterhelfen kann und veröffentlicht dort die Aufzeichnungen, die einige Zeit, nach dem sich die Geschichte zugetragen hat, angefertigt hat.
Natürlich soll das Vorwort in erster Linie fragen aufwerfen, es wird aber im Laufe der Geschichte noch klar gestellt.
Der Titel des Kapitels ist keine Vorstellung sondern bezieht sich auf eine Handlung die sich noch viel später während des ersten Kapitels ereignet, also nicht zu sehr wundern.
Mir war es auch wichtig, dass bereits im ersten Kapitel ganz klar wird, wer Jin ist. Das sollte sich unter anderem auch an ihrem Schreibstil ändern, der natürlich im Verlaufe der Geschichte mit ihrer Person wächst. Ihr Worte werden dann weniger ausschweifend, sie beschreibt nur das Essentielle etc. Aber natürlich werde ich den Ratschlag berücksichtigen und einige Textstellen etwas kürzen.
Ja, Jin ist schmuddelig und auch gerne etwas vulgär! (:
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Mermaid
Geschlecht:weiblichLeseratte


Beiträge: 143

Pokapro 2015


Beitrag29.04.2016 20:45

von Mermaid
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Hallo Fhenael,

das, was Du in Deinem Post erklärst, sollte aus dem Text selbst hervorgehen und nicht erklärungsbedürftig sein.

Fhenael hat Folgendes geschrieben:
Das Vorwort von Jin z.B. macht mehr Sinn, wenn man versteht, dass sie es schreibt, nach dem die Ereignisse aus ihrer Erzählung passiert sind. Sie sendet den Blog an eine Person, von der sie glaubt, dass sie ihr weiterhelfen kann


Ist ein Blog nicht meist öffentlich?

Fhenael hat Folgendes geschrieben:
und veröffentlicht dort die Aufzeichnungen, die einige Zeit, nach dem sich die Geschichte zugetragen hat, angefertigt hat.


Das sind doch bristante Aufzeichnungen, oder? Und die macht sie öffentlich?

Fhenael hat Folgendes geschrieben:
Natürlich soll das Vorwort in erster Linie fragen aufwerfen, es wird aber im Laufe der Geschichte noch klar gestellt.


Tut mir leid, bis dahin bin ich längst aus der Geschichte draußen. Ich bin nicht Deine Zielgruppe (viel zu alt), ob jüngere Leserinnen geduldiger mit der Geschichte sind, kann ich nicht beurteilen.

Aus meiner Sicht reicht es nicht, "einige Textstellen etwas zu kürzen". Bitte setze Dich noch einmal kritisch mit dem Text auseinander.

Meergrüße
Mermaid
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