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Am Anfang war Lila (Auszug)


 
 
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Federfarbenfee
Geschlecht:weiblichWortedrechsler

Alter: 47
Beiträge: 94
Wohnort: Bayern


Beitrag24.04.2016 20:47
Am Anfang war Lila (Auszug)
von Federfarbenfee
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Nun fasse ich mir also auch ein Herz und stelle Euch hier einen Auszug aus meinem Romanerstling "Am Anfang war Lila" vor. Wie ich in meiner Vorstellung erwähnt hatte, veröffentliche ich die Geschichte derzeit Kapitel für Kapitel auf meinem Blog. Ein Grund hierfür ist u.a., dass ich an fundierter Kritik interessiert bin. Diese erhoffe ich mir auch an dieser Stelle und ich danke Euch schon mal vorweg für Eure Mühe!

Ich habe mich für den Anfang des siebten Kapitels entschieden, da es, so glaube ich, ein Gespür für die Geschichte vermittelt.

Einige meiner Schwächen kenne ich selbst: So neige ich zu opulenten Ausschmückungen. Daher wimmelt es in meinen Texten manchmal vor Adjektiven. Nicht so gut. Außerdem habe ich gerade zu Anfang meines Romans den Fehler gemacht, dass ich durch die spannenden Szenen quasi durchgerast bin. Inzwischen gehe ich da schon etwas gemäßigter vor.

Klappentext - bedarf dringend einer Überarbeitung:

Chronische Schlaflosigkeit und nächtliche Panikattacken bringen Priska, eine neurotische Mittdreißigerin, an ihre physischen und psychischen Grenzen. Mit Hilfe eines Besuchers aus vergangenen Tagen und ihrer vierjährigen Tochter stößt sie auf eine Spur, die sie zu den Ursprüngen ihrer Insomnie und sehr schnell an die Schwelle des Unvorstellbaren führt. Was sie in der sagen- und mythenumwobenen Bergwelt der Dolomiten, einem der Orte ihrer Kindheit, findet, ist nur der Anfang einer langen, abenteuerlichen und bisweilen verstörenden Reise.

Auszug Kapitel 7: Antermoia

Der beschönigende Filter ist verschwunden. Und mit ihm all die lärmenden, lachenden Menschen – bunte Luftballons in der einen und ihre Kinder an der anderen Hand. Verflogen, der köstliche Duft von gebrannten Mandeln. Die Musik hat längst aufgehört zu spielen. Nur der Nebel ist geblieben und sogar noch dichter geworden. Priska sieht kaum mehr die Hand vor Augen.

Einzelne verwaiste Fahrgeschäfte tauchen, düsteren Skulpturen gleich, erst dann unvermittelt aus dem grauen Nichts an die sichtbare Oberfläche, wenn Priska schon fast mit ihnen kollidiert.

Wie eine fremdartige Kreatur aus einer anderen Welt reckt ihr der Krake seine Fangarme entgegen. Die Gondeln sind leer und doch hallen in Priskas Ohren die kreischenden Schreie vom vergangenen Tage nach.

»Wie lange willst Du da noch rumstehen und versuchen, Löcher in den Nebel zu starren«, hört sie auf einmal eine leise Stimme hinter sich. Sie klingt seltsam vertraut und zugleich so, als würde ihr Besitzer sich an einem fernab gelegenen Ort befinden und durch die Sprechmuschel eines altersschwachen Telefons mit ihr kommunizieren.

Priska fährt herum. Er wartet im Kettenkarussell auf sie. Seine flackernde Gestalt wird von einem eigenartig lumineszierenden Schein umspielt.

»Was ist mit Dir? Du flimmerst wie ein schlecht übertragenes Fernsehbild.« Priska schwirren unzählige Fragen im Kopf umher. Dies ist die erste, die den Weg auf ihre Zunge findet, welche sich eigenartig fremd anfühlt.

»Es ist alles so unwirklich«, murmelt sie. »Bin ich wach oder träume ich?«

»Du kannst auch in Träumen wach sein«, antwortet Ranieri. Sein Lächeln spürt sie mehr, als dass sie es mit den Augen wahrnimmt. »Und zu Deiner ersten Frage: Du siehst mich in meiner jetzigen Gestalt. Im Traum vom alten Haus hast Du nur eine Erinnerung von mir mit eingeflochten. Gerade begegnen wir uns wirklich. Du träumst, aber ich bin echt.«

»Das verstehe ich nicht.« Ranieri spricht in Rätseln. Statt ihre Fragen zu beantworten, wirft er neue auf. Sie fühlt sich furchtbar müde und ausgelaugt. Es ist ihr, als stehe sie am Eingang eines mit unzähligen Fallen gespickten Labyrinths. Der Boden schwankt unter ihren Füßen und sie hat kaum die Kraft, sich aufrecht zu halten. Woher soll sie die Energie nehmen, sich durch diesen Irrgarten zu kämpfen?

»Wenn Du leben willst, bleibt Dir keine Wahl.« Ranieri klingt ungeduldig. »Komm endlich. Wir haben nicht mehr viel Zeit. Du wirst bald aufwachen.«

Er streckt ihr seine durchscheinende Hand entgegen. Eine Geste, die nur symbolisch gemeint sein kann. Priska ist sich sicher, dass ihre Finger ins Leere greifen, wenn sie tatsächlich versucht, ihn zu berühren.

»Wer ist Eleonore?« Priska macht ein paar Schritte auf ihn zu, doch sie scheint durch zähen Morast zu waten. Es dauert eine Ewigkeit, auch nur in seine Nähe zu kommen.

»Du wirst es herausfinden, wenn Du mich begleitest. Erklärungen kosten zuviel Zeit. Besser, ich zeige es Dir.«

»Was willst Du mir zeigen?« Priska kann ihre Ungeduld kaum verbergen.

»Alles. Aber dazu bedarf es mehr als diesen einen Traum.«

»Ich kann mich nicht erinnern, dass Du Dich früher je so kryptisch ausgedrückt hättest.« Priska flüchtet sich in ihren Alltagssarkasmus. Er hilft ihr, bei Verstand zu bleiben. Es spielt keine Rolle, ob sie schläft. Nicht nur der siebte Sinn, sondern auch alle übrigen signalisieren ihr, dass real ist, was sie gerade erlebt. Eine andere Wirklichkeit als ihre gewohnte, aber nicht weniger echt.

Inzwischen hat sie Ranieri erreicht. Noch immer hält er ihr seine Rechte entgegen und provoziert Priskas Berührung nahezu. Nun denn. Forsch taucht sie mit ihren Fingern in das flackernde Abbild von Ranieris Hand ein und hat im selben Augenblick das Gefühl, als würde er sie mit einem Defibrillator attackieren. Zusammen mit dem elektrischen Schlag jagt eine Welle von Liebe und Schmerz durch ihren Körper. Sie weiß nicht, ob es sich hierbei um ihre eigenen Gefühle oder die ihres ehemaligen Geliebten handelt. Sein durchdringender Blick geht ihr durch Mark und Bein und es dauert einen Moment, bis sie erkennt, warum er plötzlich so präsent ist: Ranieris Gestalt wirkt nicht länger wie eine lose zusammenhängende Masse unzähliger flimmernder Partikel. Die Konturen werden von Sekunde zu Sekunde klarer und die transparente Nachbildung seines Körpers weicht zunehmend einem Menschen aus Fleisch und Blut. Zumindest scheint es so. Ranieri ist tot und seine Leib längst zu Knochen und Staub zerfallen. Eine diffuse Traurigkeit erfasst sie.

Zugleich registriert sie erstaunt, dass er nicht jünger wirkt als sie selbst. »Können Geister altern?« Die letzten Worte hat sie laut ausgesprochen. Wobei auch das nebensächlich sein muss. Sie träumt und all dies spielt sich in ihrem Kopf ab. Ranieri entspringt und sitzt in ihrem Unterbewusstsein. Oder nicht?

»Eine Seele hält nichts von Chronologie. Mal bin ich 20, dann 5 und kurz darauf 80. Und bisweilen entsprechen mein Alter und mein Erscheinungsbild tatsächlich den Jahren, die ich auf dieser Erde weile. Lebendig und tot.«

Priska schüttelt verwirrt den Kopf. Ihre Gedanken sind laut und wirr und verschmelzen zu einer grässlichen Kakophonie.

Sie fühlt sich seltsam schwach und beinahe bewegungsunfähig. Als hätte sie eine Überdosis Schlaftabletten geschluckt. Und sie wundert sich, dass Ranieris Anblick ihr Herz nicht hüpfen lässt. Vielmehr stolpert es orientierungslos vor sich hin. In den letzten Minuten hat eine eigenartige Umkehrung stattgefunden. Inzwischen hat Priska mehr mit einem ätherischen Wesen gemein als der Geist ihr gegenüber. Lediglich das lumineszierende Leuchten, das ihn nach wie vor umgibt, verrät, was er ist.

»Ich habe mir ein wenig Energie von Dir geborgt. So kann ich mich manifestieren.« Ranieris spitzbübisches Lächeln erinnert sie an früher und verleitet ihr Herz jetzt doch zu einem kleinen Hopser.

»Da hast Du Dir genau die Richtige ausgesucht. Ich weiß ja sonst gar nicht, wohin mit meiner ganzen Kraft.« Kaum haben die Worte ihren Mund verlassen, fängt sie schon an zu straucheln. Ranieri ergreift ihren Ellenbogen und stützt sie. Nun vermag er es. Mit ihrer eigenen Energie, die er ihr entzogen hat. Irgendwie absurd. Strenggenommen hält sie sich selbst. Seine Berührung ist nicht menschlich. Sie gleicht eher einer tosenden Welle, die ihren Arm emporhebt.

»Wir müssen jetzt wirklich aufbrechen.« Er führt sie zum Kettenkarusell. Priska kann sich seinem energetischen Sog kaum widersetzen. Trotzdem versucht sie es:

»Mich bringen keine zehn Pferde mehr in dieses Höllending!«

»Nein, aber ich.« Mit Hilfe ihrer Lebenskraft scheint er seinen Humor wiedergefunden zu haben.

Dann aber bemerkt er offenbar die Panik in Priskas Augen:

»Im Traum wirst Du nicht sterben. Im Gegenteil: Die Träume sind der Schlüssel zu Deiner Macht.«

»Du könntest auch chinesisch sprechen. Ich verstehe immer weniger.«

»Herrgott nochmal. Jetzt steig endlich ein!«

Widerstrebend nimmt Priska neben ihm Platz. Sie kann nicht verhindern, dass ihre Gedanken zum vergangenen Nachmittag zurückkehren.

»Ist Elena ebenfalls in Gefahr?« Sie muss diese Frage stellen. Auch wenn sie fast erwartet, dass Ranieris Antwort keine sein wird.

»Vorerst nicht. Sie will Dich.« Rainieris Miene wirkt undurchdringlich.

»Die schwarze Frau.« Priska ist sich sicher, obgleich diese Schlussfolgerung jeglicher Logik entbehrt. Außer in ihren Träumen ist sie jener ominösen, furchteinflößenden Person, beziehungsweise dem, was von ihr übrig ist, noch nie begegnet.

»Ja,« entgegnet Ranieri schlicht. »Dennoch ist sie nur ein kleiner Bauer im Schachspiel Deines Lebens.«

»Und welche Figur steckt in Dir? Ein Springer?« Priskas Geduldsfaden ist kurz vorm Reißen. Wer denkt Ranieri, dass er ist? Das Orakel von Delphi?

»Könnte hinkommen.« Er lächelt schief und Priska weiß nicht, ob seine Erwiderung sich auf ihre Worte oder ihre Gedanken bezieht.

Das Karussell beginnt, sich zu drehen. Priska schließt die Augen und versucht krampfhaft, das Déjà-Vu, welches sich ihr buchstäblich aufzwingt, ebenso gewaltsam aus ihren Gedanken zu verbannen.

Bald verliert sie die Bodenhaftung und schwebt mit Ranieri durch endloses, graues Nichts. So viele Fragen liegen ihr auf der Zunge. Doch es macht keinen Sinn, sie zu stellen. Sie muss die Antworten offensichtlich selbst finden. Ranieri vergrößert ihre Verwirrung nur. Die Gedanken in ihrem Kopf drängeln, schubsen und stapeln sich. Ihr Hirn ist so voll, dass es genauso gut gähnend leer sein könnte. Der Schlüssel zu ihrer Macht muss wahrlich gut versteckt sein. Sie lacht leise auf. Bisher fühlt sie sich mehr als hilflos. Kurz zuckt sie zusammen, als sie an ihrer linken Hand einen leichten, elektrischen Schlag verspürt. Es ist Ranieri, der sie mit seinen Fingern gestreift hat. Seine Augen erinnern sie in diesem Moment nicht an den Karer-, sondern an einen viel entlegeneren Bergsee. Das Wasser klar und von einem atemberaubenden Blau, doch ohne Leben. Kein einziger Fisch wohnt im Antermoia See.

Es wird kälter und die Luft dünner. Priska muss sich anstrengen, um ausreichend Sauerstoff in ihre Lungen zu pumpen. Und das, obwohl sie träumt. Grotesk. Ranieri beobachtet sie. Auf seiner Stirn zeigt sich die altbekannte Sorgenfalte.

»Wir müssen uns beeilen.« Die Stimme ihres Begleiters klingt angespannt.

Der Nebel lichtet sich und Priska erkennt, dass sie über einer bleichen Mondlandschaft schweben. Zackige Felsen drohen ihr die Fußsohlen aufzuschneiden, als das Karussell allmählich langsamer wird und sie sich dem Boden nähern. Instinktiv zieht sie ihre Beine an. Neben ihr ertönt leises Lachen.

»Deine Träume sind derzeit der einzige sichere Ort für Dich, Priska. Vertrau mir!« Ranieri klingt wie sie selbst, wenn sie versucht, ihrer Tochter klar zu machen, dass sie auch ohne Aufsatz nicht in die Kloschüssel fallen wird.

Ihr ist ein wenig schwindelig zumute, als sie aus dem Sitz gleitet. Sie steht auf weißem Geröll. Kalkgestein. Sie hebt ihren Blick und ihre Vermutung wird zur Gewissheit. Sie befinden sich in den Hinterhöfen des Rosengartens. Wilde, ungezähmte Gebirgsschönheit, die nichts gemein hat mit den sanften grünen Hügeln im bayerischen Voralpenland. Hinter den schroffen Felstürmen erheben sich unzählige weitere Bergkuppen und inmitten dieses überwältigenden Panoramas ragt der schneebedeckte Gipfel der Marmolata in den hellblauen Himmel.

Priska spürt, wie eine Träne über ihre Wange rinnt und sie fängt den salzigen Tropfen mit der Zunge auf. Zu Hause. Das Summen in ihrem Kopf ist verstummt. Ihre Gedanken haben sich gebündelt und die Botschaft ist eindeutig: Hier hat die Reise begonnen und hier wird sie enden.

...

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Rodge
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Beitrag25.04.2016 08:51

von Rodge
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Moin, moin,

liest sich alles ganz gut, aber am Anfang fehlt der Lesefluß. Ich meine damit, dass die Sätze etwas zu verbindungslos sind (vielleicht wird das auch unterstützt durch die zahlreichen Absätze, die du machst).

Zum Inhalt kann ich nicht viel sagen, scheint so irgendwo zwischen Phantasy und Heldenreise angesiedelt zu sein, ich bin mir aber nicht sicher, ob deine Protagonistin nicht zu schwach rüberkommt. Jedenfalls scheint sie mir mehr Gezogene als Handelnde zu sein, etwas, was bei Lesern häufig schlecht ankommt (mir bekannte Ausnahme: Carlos Castaneda).

Grüße
Rodge
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Federfarbenfee
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Beitrag25.04.2016 11:07

von Federfarbenfee
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Guten Morgen Rodge,

vielen Dank für Dein Feedback!

Du hast recht, was den Lesefluss angeht. Mein Problem ist, dass ich immer etwas Zeit brauche, um mich warm zu schreiben, obwohl ich oft nur 1-2h zur Verfügung habe. Der Anfang wirkt daher meist etwas stockend und holprig. Andere schaffen es, sofort präsent zu sein und auch aus fünfzehn Minuten Schreibzeit das Beste rauszuholen. Ich bin davon aber leider noch weit entfernt. Das Plotten hilft mir dabei, die Zeit effizienter zu nutzen, aber sofort "da" bin ich trotzdem nicht.

Ja, dieses Kapitel hat definitiv zu viele Absätze. Ein paar andere auch. Zuerst habe ich eher mit Absätzen gespart. Bis mich eine Leserin darauf aufmerksam machte. Und nun habe ich es offensichtlich damit übertrieben. Wink

Apropos Heldenreise: Meinst Du das entsprechende Plotschema? Damit habe ich mich noch nicht intensiv befasst, aber könnte hinkommen.

Mir fällt es selbst schwer, meine Geschichte zu klassifizieren. Im Grunde ist es ein Familienroman mit übersinnlichen und phantastischen Elementen.

Es stimmt, dass die Protagonistin etwas schwach wirkt. Bis zu einem gewissen Grad ist das auch Absicht. Zu Anfang der Geschichte ist sie ein psychisches und physisches Wrack und schon mit ihrem Alltag überfordert. Im Laufe der Zeit erkennt sie, was wirklich in ihr steckt. Das klingt jetzt abgedroschen, aber zu meiner Entschuldigung muss ich sagen, dass mir meine Einjährige gerade am Bein hängt und ich geringfügig abgelenkt bin. Wink

Ich bin oft ein wenig am Hadern mit mir und der Geschichte. Ich habe das Gefühl, dass da zwar Potential da ist, aber ich es nicht schaffe, dieses auszureizen. Irgendwie springt noch nicht der Funke über.

Vielen Dank nochmal für Deine hilfreichen Anmerkungen!

LG
Mary
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Rodge
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Beitrag25.04.2016 15:13

von Rodge
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Ja, Heldenreise ist ein feststehender Begriff (kannst du ja mal googeln). Generell ist es eher so, dass Leser sich starke Persönlichkeiten wünschen (schwach sind schon wir Leser), d. h. nicht, dass es nur Superman und Supergirl geben muss, aber die Personen sollten das Heft in die Hand nehmen und sich nicht treiben lassen.

Das mit dem Warmmachen kennen wir - glaube ich - alle. Schreib einfach weiter und überarbeite irgendwann die nicht so gelungenen Stellen. Aber der Plot ist wichtig: Du solltest vor dem Schreiben wissen, wo die Reise hingeht.

Grüße
Rodge
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Federfarbenfee
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Beitrag25.04.2016 17:04

von Federfarbenfee
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Mir sagt die "Heldenreise" schon etwas. Ebenso wie die "Schneeflocken-" und andere Methoden. Meine Geschichte ist von Anfang bis Ende durchgeplottet. Allerdings habe ich mich dabei nicht an einem der bekannten Schemata orientiert. Die einzelnen Kapitel plane ich jedoch nicht detailliert. Das killt bei mir die Inspiration.

Da ich die Story derzeit als Blogroman veröffentliche, müssen die Kapitel schon in sich stimmig sein. Anschließendes, nochmaliges Überarbeiten ist zwar möglich und nötig, aber ich muss dabei etwas Rücksicht auf die Leser nehmen. Wink Komplett umwerfen und neu machen ist in dieser speziellen Konstellation leider ein No-Go.
 ;--)

Priskas Charakter ist recht komplex. Sie ist keine Heldin im üblichen Sinne, aber durchaus eine starke Frau, auch wenn dies zu Anfang nur erahnt werden kann. Da ich hier nur einen Auszug eingestellt habe, fehlt natürlich der Kontext.

Viele Grüße,
Mary
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Federfarbenfee
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Beitrag25.04.2016 21:27

von Federfarbenfee
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Der Vollständigkeit halber möchte ich an dieser Stelle noch den zweiten Teils des siebten Kapitels hochladen. Damit ist dann das Kontingent mit den zwei Texten in diesem Bereich wahrscheinlich ausgeschöpft. Wink

-------------------------------

Ranieri steht neben ihr. Die Umgebung hat ihn noch weiter aufblühen lassen. Er wirkt lebendig. Sein Blick schwelgt wie ihrer in der hinreißenden Bergkulisse. Bittersüße Schwermut liegt über ihnen wie zuvor der Nebelschleier. Schweigend nehmen sie zur Kenntnis, wo sie sich befinden. An der Schwelle zwischen Traum und Wirklichkeit, Leben und Tod.

»Du weißt, was hinter uns ist«, durchbricht Ranieri schließlich die Stille.

»Ja.« Priska sieht den magischen See vor ihrem inneren Auge und ein Abbild davon in Ranieris Augen.

»Wir müssen dorthin. Wenn es wahr ist, was sie sich erzählen, kann sie uns helfen.«

»Wer?« Der Zauber, von dem Priska sich soeben noch umhüllt fühlte, ist verflogen. Willkommen in Runde zwei von »munteres Rätselraten mit dem Gespensterfreund.«

Ranieri schmunzelt, doch sie ist sich noch immer nicht sicher, ob er über telepathische Fähigkeiten verfügt. »Kennst Du die Sage, die sich um dieses Gewässer rankt?«

Priska überlegt: »Meinst Du die Geschichte mit Oskar von Wolkenstein und dem Wasserwesen, das eins mit dem See wurde, nachdem er es laut beim Namen genannt hatte?«

»Ja, so ähnlich, aber ohne Oskar von Wolkenstein.«

Sie schnaubt. »Hättest Du die Güte, mir zu erklären, worauf Du hinauswillst?«

»Die alte ladinische Legende besagt, dass die Gana, die in diesem See wohnt, all jene, die sie verraten, mit einem schrecklichen Fluch belegt. Ist sie einem jedoch wohlgesonnen, erhält man Gaben von unendlichem Wert. Sie war schon da, als es begonnen hat. Gut möglich, dass sie etwas weiß.«

»Du denkst, dass die Sage wahr ist? Dass es wirklich eine Gana gibt, die in diesem See lebt?« In den vergangenen Tagen ist Priska mit so vielen Ungeheuerlichkeiten konfrontiert worden, dass sie bereits eine gewisse Routine im Umgang mit fantastischen Neuigkeiten entwickelt hat. Dennoch fragt sie sich zum wiederholten Male, ob ihr nun endgültig die Sicherungen durchbrennen. Geister, fliegende Karusselle, Wassernymphen. Hat sie die langfristigen Nebenwirkungen der Schlaftabletten unterschätzt oder sind es die Entzugserscheinungen, die sie jetzt auf einen psychedelischen Trip durch ihre Traumwelt schicken?

»Ja, in allen Legenden steckt zumindest ein Körnchen Wahrheit. Welches, werden wir herausfinden müssen.« Mit diesen Worten macht sich Ranieri auf in Richtung See.

Priska folgt im widerstrebend. »Und wie willst Du sie herbeirufen? Dürfen wir sie überhaupt mit ihrem Namen ansprechen oder werden wir dann sofort verflucht?«

»Sich über sie lustig zu machen, ist sicherlich nicht die richtige Herangehensweise, soviel kann ich Dir versichern.«

»Mag sein, aber das ist keine Antwort auf meine Frage. Heißt sie tatsächlich so wie der See? Dessen Name ist aber doch in aller Munde und schon seit Ewigkeiten kein Geheimnis mehr.«

In diesem Moment wird Priska bewusst, dass sie den Namen zuletzt »gedacht« hat, kurz, nachdem sie vom Rummelplatz aufgebrochen sind. Ausgesprochen haben ihn bisher weder sie noch Ranieri. Als hätten sie ein stilles Abkommen getroffen.

»Sie wird uns hoffentlich erklären, was es mit dem Verrat auf sich hat, bevor wir ihn versehentlich begangen haben. Einstweilen passen wir einfach auf, dass uns der Name nicht herausrutscht, obwohl ich, genau wie Du, denke, dass es keine Rolle spielt.« Für einen Geist legt Ranieri einen erstaunlichen Pragmatismus an den Tag.

Sie befinden sich an der letzten Biegung. Noch ein paar Schritte und der verwunschene See wird, wie aus dem Nichts, vor ihnen auftauchen. Obwohl Priska der Anblick wohlvertraut ist, überwältigt er sie jedes Mal von Neuem. Einem riesigen Aquamarin gleich liegt das kristallblaue Gewässer in der kargen Landschaft. Umgeben von schroffen, bleichen Felsen, die sich in der glatten Oberfläche spiegeln. Ein zauberhaftes Schatten- und Farbenspiel. Von Weitem hat es den Anschein, als sei der See von weißem Sand eingerahmt. Tatsächlich aber handelt es sich um hartes, spitzes Geröll. Sie sind zu einem Zeitpunkt gekommen, da der See reich an Wasser ist. In den Sommermonaten zieht er sich zu einer überdimensionalen Pfütze zusammen.

»Keine Wassernymphe weit und breit. Ich bin schon gespannt auf Deine Beschwörungsformel.« Priska lässt sich am Ufer nieder und malt mit dem Zeigefinger Kreise in das eiskalte Wasser.

Ranieri setzt sich neben sie. »Da muss ich Dich enttäuschen, Priska. Nicht ich werde sie herbeirufen, sondern Du.«

»Und wie soll ich das anstellen? Ich weiß noch nicht einmal, ob ich daran glauben soll, dass sie existiert.« Priskas Wasserringe werden wilder. Sie ist völlig überfordert. Ranieri verlangt eindeutig zu viel von ihr.

»Für den Anfang wäre es sicherlich nicht verkehrt, wenn Du Deinem Hirn eine Sendepause erteilst und Dich auf Dein Herz konzentrierst. Du bist ja noch verkrampfter als früher.«

»Na, schönen Dank auch,« knurrt Priska. Ihr Zeigefinger, der weiterhin wie ferngesteuert im aufgewühlten Nass rührt, ist inzwischen stark gerötet. Bald wird er blau werden. Trotzdem kann sie nicht aufhören mit dieser sinnfreien Betätigung. Auch ohne die Kälte des Wassers würde sie frieren. Hier oben, auf 2.700 Höhenmetern, weht ein eisiger Wind. An die reine, aber dünne Luft hat sie sich allerdings wieder rasch gewöhnt. Sie atmet tief ein. Erinnerungen an frühere Aufenthalte hier oben streifen sie. Doch das Gefühl von Freiheit, welches sie in dieser märchenhaften Einöde immer verspürte, bleibt aus.

Eine leise Melodie bahnt sich hartnäckig ihren Weg aus dem Verborgenen, hinein in Priskas Herz und Bewusstsein. Ein Lied, das ihr die Mutter häufig vor dem Zubettgehen vorgesungen hat. Einmal mussten sie, nicht weit von hier, in einer Schutzhütte übernachten, weil sie es nicht mehr vor Einbruch der Dunkelheit ins Tal geschafft hätten. An jenem Abend sangen sie das Lied zusammen in Endlosschleife. Noch heute wundert sie sich darüber, dass gerade dieses düstere, wenig kindgerechte Gesangsstück im Gute-Nacht-Lieder-Repertoire ihrer Mutter ganz oben rangierte.

»Tilil kommt mit der Nacht,

nimm dich in Acht,

vor ihrer dunklen Macht.

Wen sie auserwählt,

dessen Tage sind gezählt

Hör auf die Gespenster

dort draußen,

am verborgenen Fenster

Schlaf ein, mein Kind,

schlaf ein,

denn Träume können Deine Rettung sein.«

Erst jetzt bemerkt sie, dass sie laut gesungen hat. Ranieri beobachtet sie aufmerksam und ein wenig verwundert, wie ihr scheint. Doch er sagt nichts.

Kleine Wellen schwappen gegen Priskas Zeigefinger, der schon beinahe taub ist. Überrascht blickt Priska auf. In der Mitte des Sees hat sich ein eigenartiger Wirbel gebildet. Ein mannshoher Tornado aus Wasser. So sieht es jedenfalls aus. Gerade eben noch war der See ein glatter Spiegel. Nun aber ist alles in Bewegung und jeder einzelne Wassertropfen hat offenbar ein Eigenleben entwickelt.

Verblüfft sehen Priska und Ranieri zu, wie sich aus der wirbelnden Wassersäule, die rasch näherkommt, allmählich eine weibliche Gestalt herauskristallisiert. Ihr langes Haar ist von so hellem Blond, das es fast weiß wirkt. Einem Schleier gleich umweht es ihr schmales, blasses Antlitz. Hüftabwärts bauschen sich weite Röcke, die mit den wogenden Wellen verschmelzen. Eisblaue Augen richten sich auf Priska:

»Klänge, die ich schon lange nicht mehr vernommen habe. Der alte Pakt ist noch nicht erfüllt, wie es scheint.« Ihre Stimme klingt und schwingt wie klirrendes Glas.

»Es gibt die Nixe also wirklich,« flüstert Priska ungläubig.

»Ich bin keine Nixe.« Das dunkle Lachen, das aus dem tiefsten Inneren des Wasserwesens zu dringen scheint, passt nicht zu der feingliedrigen Gestalt, welcher, nüchtern betrachtet, der Resonanzkörper fehlt, um ihre Stimme derart dröhnen zu lassen.

»Sie ist ein Dämon,« ergänzt Ranieri in seltsam ruhigem Tonfall. Falls er durch ihre Erscheinung eingeschüchtert ist, lässt er es sich zumindest nicht anmerken.

Nun ist sie so nah, dass Priska sie berühren könnte, würde sie den Arm nach ihr ausstrecken. Stattdessen hat sie ihre halb erfrorene Hand längst aus dem kalten Nass zurückgezogen. Waren die Augen nicht eben noch blau wie der See? Jetzt sind sie so schwarz, dass nicht einmal mehr die Pupillen zu erkennen sind. Ihre Haare bündeln sich zu Strängen und erinnern an die Schlangen am Haupt der Medusa. Ihre mädchenhafte Anmut weicht einer furchterregenden, düsteren Schönheit.

»Wir brauchen Deine Hilfe,« wendet sich Ranieri abermals an das seltsame Geschöpf.

»Wieso sollte ich Euch helfen wollen?«

»Vielleicht können wir etwas gegen Deinen Bann unternehmen. Ich glaube, wir kämpfen auf der gleichen Seite.«

Dass sie sich im Krieg befinden, ist an Priska völlig vorbeigegangen. Doch dies scheint weder der richtige Ort, noch der richtige Zeitpunkt zu sein, um Ranieri wegen seiner lapidar geäußerten Feststellung, die deshalb nicht weniger ungeheuerlich wirkt, zur Rede zu stellen.

»Bist Du Tilil?« Sie stellt der Dämonin die erstbeste Frage, die ihr in den Sinn kommt. Ranieris warnenden Blick ignoriert sie geflissentlich.

»Nein.« Der Groll in ihrer Stimme ist nicht zu überhören. «Auch nicht Antermoia. Mein Name tut nichts zur Sache. Besser, Ihr erfahrt ihn nicht.«

Die Gana dreht derweilen den Kopf in die Richtung, aus der sie gekommen sind. Ein einsamer Wanderer steigt humpelnd den Pfad zum See hinab. Als sei das ganze Szenario nicht bereits surrealistisch genug. Noch kann er sie nicht sehen.

»Zunächst müsst ihr die Wahnsinnige und ihre Schergen loswerden. Dann sucht Ihr mich erneut auf. Aber nicht im Traum.« Die Dämonin hat es plötzlich eilig. Offensichtlich ist sie nicht erpicht auf ein größeres Publikum. Während ihre grazile Gestalt mit den tosenden Wassermassen verschmilzt, ruft sie Priska und Ranieri zu: »Erzählt niemandem von mir! Ihr wisst, was dann geschieht.«

Ihre Worte hallen noch nach, doch der See ist wieder ruhig. Nicht die kleinste Welle kräuselt seine ebene Oberfläche.

»Bitte hilf mir,« hört Priska da den Wanderer flehen. »Ich habe mir den Fuß verletzt. Kannst Du mich bis zur nächsten Schutzhütte begleiten?« Der Mann ist unscheinbar und seine Kluft altmodisch. Er steuert direkt auf Priska zu. Von Ranieri nimmt er keine Notiz. Die Gana konnte ihn sehen, dieser Geselle aber offensichtlich nicht. Als Priska Ranieri betrachtet, fällt ihr auf, dass sein Erscheinungsbild transparenter geworden ist.

»Bitte!« Der Mann hat Priska inzwischen erreicht. »Mein Bein schmerzt sehr. Trägst Du meine Kraxen* für mich?«

Priska fühlt sich überrumpelt. Sie erinnert sich daran, dass dies ein Traum ist und sie keinen Dienst an einem anderen Menschen verweigert, wenn sie dem Mann nicht hilft. Außerdem war er erstaunlich schnell bei ihnen angelangt – trotz seines verletzten Fußes.

Priska blickt hilfesuchend zu Ranieri hinüber, doch der scheint nur gespannt abzuwarten.

Unvermittelt legt der Wanderer Priska eine Hand auf die Schulter. »Bitte, gute Frau!« Der Arm des Mannes ist seltsam schwer und scheint sekündlich an Gewicht zuzunehmen. Die Last drückt Priska förmlich nieder. Außerdem steht er viel zu dicht bei ihr. Seine Präsenz ist lähmend und beklemmend. Priska ringt nach Luft und ihrer Fassung.

Der Wanderer verzieht den Mund zu einem Lächeln. Doch es ist kein freundliches Lächeln. Vielmehr ein hämisches Grinsen. Seine braunen Augen funkeln. Hinter den Fenstern zur Seele lodert ein wildes Feuer, das nur darauf wartet, sie zu verschlingen.

Priskas Herz rast. Ihr wird schwindelig und die Umgebung verschwimmt vor ihren Augen. Der eigenartige Wandersmann und Ranieri scheinen mit einem Mal sehr weit weg zu sein.

»Priska! Du kannst ihn hier und jetzt besiegen,« hört sie Ranieri rufen. »Du darfst noch nicht aufwachen!«

Und doch tut sie genau das.

Kurz, bevor sie zu sich kommt, spürt sie, dass der Druck auf ihrer Brust nachlässt. Als sie die Augen aufschlägt, sieht sie einen gekrümmten, dunklen Schatten an der Zimmerdecke. Mit spinnenartigen Bewegungen huscht er davon.

*Rückentrage
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Saraa
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S
Beitrag26.04.2016 16:00

von Saraa
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Hi,
den zweiten Teil habe ich jetzt nicht mehr gelesen, aber der erste hat mir gut gefallen. Ich sehe aber auch noch Optimierungsbedarf, weil ich die Geschichte zwar mag, aber nicht so richtig gefesselt bin.
Ich kann dir leider nicht genau sagen woran es liegt. Vor allem bräuchte ich glaub ich mehr Beschreibungen der Umgebung und der Atmosphäre, ich glaub dann kommt man besser rein. Gerade wenn du so phantastische Szenenbilder nutzt, musst du sie genauer beschreiben. Dazu gehören für mich auch Details, die die Figuren betreffen, z.B. jemand hebt die Augenbraue, runzelt die Stirn und ähnliches. Meine Meinung.

Eine Sache hab ich noch gesehen:
Zitat:
Was ist mit Dir? Du flimmerst wie ein schlecht übertragenes Fernsehbild


Das sagt niemand, schon gar nicht in einer Situation in der er geschockt oder erschrocken ist. Sich dann so ein lyrisches Bild auszudenken ist unrealistisch. Pack das lieber in die Beschreibung, den Vergleich find ich nämlich sehr gut.

Den Meinungen bzgl. eines starken Charakters kann ich nicht zustimmen, ich als Leser möchte sehen wie sich eine Person entwickelt und im Laufe der Geschichte und der Konflikte daran wächst und stark wird. Deswegen mag ich, dass sie hier schwach ist und im letzten Satz angedeutet wird, dass sie die Reise beenden bzw. durchstehen wird. Also daran wächst.


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"Ein Ausrufezeichen ist wie über seinen eigenen Witz zu lachen" - M.Twain
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Federfarbenfee
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Beitrag26.04.2016 22:02

von Federfarbenfee
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Liebe Saraa,

es freut mich, dass Dir die Geschichte grundsätzlich gefällt! Smile

Ja, ich denke auch, dass ich teils noch intensiver auf die Umgebung, die jeweilige Situation und die Charaktere eingehen muss. Gerade dort, wo es spannend wird / werden könnte. jage ich oft mit einem Affenzahn durch die Szenerie, statt sie gebührend auszuleuchten. Dahinter steht wahrscheinlich meine Sorge, ich könne zu sehr in Blabla abdriften und den Leser langweilen.

An einigen Stellen wirkt das Ganze vielleicht auch etwas abgehackt und es ist dem Text anzumerken, dass er nicht "in einem Rutsch" geschrieben wurde, sondern manchmal größere Zeitintervalle zwischen den Kapiteln und einzelnen Passagen liegen.

Ich werde versuchen, das alles bei den kommenden Kapiteln und der Überarbeitung zu beherzigen.

Den Vergleich mit dem Fernsehbild werde ich wie von Dir empfohlen aus der wörtlichen Rede heraus- und in die Beschreibung übernehmen.

Ja, was Du zur Charakterentwicklung schreibst, ist genau meine Intention. Smile

Viele Grüße,
Mary
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MoL
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Beitrag27.04.2016 23:31

von MoL
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Entschuldige bitte, liebe Federfarbenfee, ganz ehrlich, aber als ich  das hier las:

"Ich habe mich für den Anfang des siebten Kapitels entschieden, da es, so glaube ich, ein Gespür für die Geschichte vermittelt."

war ich schon raus.
Mal ehrlich und ganz simpel nachgefragt: Sollte das nicht schon das erste Kapitel tun?
Ich verstehe durchaus, was Du meinst. Und ich sage Dir, was mir in einer ähnlichen Situation gesagt wurde: So geht das nicht!

Schau: Ich sitze hier und schau in der Kategorie "Einstand" rum, wo ich was lesen und evtl. Tipps geben und/oder loben kann. Und dann lese ich diesen Satz von Dir. Und frage mich: "Warum dann die vorherigen 6 Kapitel?"
Verstehst Du?

Wenn ich ein Buch aufschlage und es vermittelt mir nicht auf den ersten Seiten ein "Gespür für die Geschichte", dann lese ich nicht bis Kapitel 7, sondern klappe es zu und lege es weg.

Sorry, wenn das jetzt hart klingt. Ist aber so.
Ich habe hier schon einige Kommentare von Dir gelesen und gehe anhand derer davon aus, dass Du nicht schlecht schreiben kannst. Aber so ... Sorry, das geht nicht.
Oder anders gesagt: Wenn Dein Romananfang nicht das Beste ist, was Du zur Vorstellung zu  bieten hast, dann ... solltest Du Deinen Plot noch einmal gründlich überarbeiten. Das erste Kapitel muss sitzen, nicht das 7.!

LG, MoL
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Federfarbenfee
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Beitrag28.04.2016 00:31

von Federfarbenfee
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Liebe MoL,

Du musst Dich nicht entschuldigen. Du hast absolut recht: Eine Geschichte muss einen von Anfang an packen. Sonst ist der Leser schneller weg, als man "Buh" rufen kann. Ich bin da selbst sehr rigide und lege ein Buch schon oft zur Seite, wenn mir die erste Seite nicht gefallen hat. (Ist vielleicht auch nicht die beste Herangehensweise, aber Zeit ist kostbar.)

Lass mich bitte erklären, was ich mit dem von Dir zitierten und von mir wohl unglücklich formulierten Satz gemeint habe:

Kapitel 7 ist bisher das einzige Kapitel, das nahezu alle Facetten der Geschichte anspricht. Und dies ist mir wichtig, damit die Autoren hier im Forum meine Geschichte zügig einordnen können.

Der Plot ist genres-übergreifend. Bisher habe ich es noch nicht geschafft, dem Ganzen einen eindeutigen Stempel aufzudrücken.

Nach Lektüre des siebten Kapitels steht jedoch fest: Die Psyche der Hauptprotagonistin ist angeknackst. Sie leidet unter massiven Schlafproblemen und fühlt sich bereits jetzt am Ende ihrer Kräfte. Es gibt einen toten Exfreund, der ihr nun als Geist wieder begegnet. Träume spielen offensichtlich eine Schlüsselrolle. Es handelt sich jedoch nicht um eine klassische Schauermär, da auch andere phantastische Wesen wie etwa Dämonen fleißig mitmischen. Der Grundstein der Geschichte wurde vor langer Zeit gelegt und die schroffe und sagenumworbene Bergwelt der Dolomiten scheint ein zentraler Schauplatz zu sein. Eine Prise bissiger Humor darf überdies auch nicht fehlen. Wink "Nahezu" alle Aspekte, weil leider ein paar entscheidende fehlen: Das Verhältnis zu Priskas Mann und ihrer gemeinsamen Tochter und eine Darstellung von Elena (der Tochter) selbst, die ebenfalls einen tragenden Part in der Geschichte hat. Auch die Konstellation Priska - Luis (ihr Mann) - Ranieri wird noch für ordentlich Zunder sorgen. Ein wesentlicher Punkt, der in anderen Kapiteln bereits angedeutet wird, den ich im siebten Kapitel jedoch nicht eingebracht habe.

Was meinen Prolog betrifft, hege ich tatsächlich ambivalente Gefühle. Er spielt im 18. Jahrhundert und reisst das Ereignis an, das Priskas eigene Geschichte und die ihrer Familie seit Generationen nachhaltig beeinflusst. Hier wird sie anknüpfen müssen, wenn sie sich und ihre Tochter retten will.

Nun könnte aber beim Lesen des Prologs der Eindruck entstehen, dass es sich um einen historisch angehauchten Roman handelt und diesen Eindruck will ich gerade nicht erwecken. Der Großteil der Geschichte spielt in der Gegenwart. Deshalb denke ich schon seit einer Weile darüber nach, den Prolog zu streichen. Wahrscheinlich wäre er bereits in Akte P gelandet, hätten nicht einige Leser ihr Veto eingelegt. Wink

Jedenfalls wurde der Prolog aus den genannten Gründen nicht mein Einstandstext.

Das erste Kapitel hätte ich wohl nehmen können, aber es beleuchtet nur einen minimalen Ausschnitt des großen Ganzen, ebenso wie die übrigen Kapitel.

Sobald ich meine kryptische Kurzbeschreibung in einen anständigen Klappentext umgemodelt habe, muss ich hoffentlich nicht mehr krampfhaft überlegen, welches Kapitel einem "Neueinsteiger" den besten Überblick gibt.

Bitte verzeih mir meine ausschweifende Erläuterung. Aber ich hoffe, meine Motivation ist nun klar geworden.

Jedenfalls würde ich mich sehr freuen, wenn Du Dir den Text vielleicht doch antust. Wink

Viele Grüße
Mary
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MoL
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Beitrag28.04.2016 20:17

von MoL
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Sooo, liebe Mary-Federfarbenfee!

Also: Ich mag den Namen "Ranieri" sehr! Smile

Deine Geschichte fasziniert mich. Allerdings nur ein wenig, denn ganz ehrlich: Ich verstehe kaum etwas! Das ist der Nachteil, wenn man was von mittendrin nimmt. Razz
Aber irgendwie ... die Stimmung gefällt mir.

Ich denke, Den Text würde an Authentizität gewinnen, wenn Du Dir diese ganze Situation auf dem Rummel? Jahrmarkt? mal so vor Augen führst, als würde sie tatsächlich und Dir passieren. An manchen Stellen wirkt die Sprache zu gewollt "mystisch" (Z.B. "Auch wenn sie fast erwartet, dass Ranieris Antwort keine sein wird. "), dann schwappst Du wieder ins Gegenteil um. Finde Deinen einheitlichen Stil! Am besten arbeitest Du Dir dafür Priskas Charakter noch etwas weiter aus, schließlich orientierst Du Dich an ihren Wahrnehmungen.
Mehr kann ich zu dem Text leider nicht sagen, weil ich eh nicht durchblicke, Very Happy

Zum Klappentext) Uff. Kenne ich: Man versucht, möglichst viel Info in einen Satz zu packen. Mache ich auch immer erst so, klingt aber leider scheußlich, Very Happy

Also, mal schauen:
Wenn ich alles wegnehme, was Priska unsymphatsich amcht („neurotisch“) oder zu viel Info ist … Bandwurmsätze zerstückele …  Einfach mal völlig ignoriere, dass ich das Buch nicht kenne ... Wie wäre es ungefähr so:

„Vor 30 Jahren kehrte Priska ihrer Heimat, der mythenumwogenen Bergwelt der Dolomiten, den Rücken. Doch nun scheint sie ihre Vergangenheit einzuholen: In ihren Träumen erscheint ihr ein Freund aus alten Tagen, Ranieri, der sie um Hilfe anfleht. Doch schnell merkt Priska, dass mehr hinter den Träumen steckt – und hinter ihren Albträumen.“

Oder sowas hier:

„Immer öfter wird die alleinerziehenden Priska von nächtlichen Panikattacken und Albträumen geplagt. Aber es gibt auch gute Träume, in denen ihr alter Freund aus Kindertagen zu ihr spricht. Noch ahnt sie nicht, dass ihr eine lange Reise bevorsteht – und dass ihre Träume nicht nur Träume sind ...“

Oder:

„Jede Nacht wälzt sich Priska stundenlang umher, bis sie in unruhigen Träume fällt. Immer wieder fleht sie ein alter Freund darin an, ihr zu helfen. Erst, als ihre kleine Tochter in Gefahr gerät, begreift Priska, dass nichts ist, wie es scheint und ihre Träume der Schlüssel zu einem dunklen Geheimnis sind ...“

Liebe Grüße, MoL[/s]
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Federfarbenfee
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Beitrag29.04.2016 10:18

von Federfarbenfee
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Liebe MoL,

vielen Dank, dass Du Dir die Mühe gemacht hast, Dich so intensiv mit meinem Text auseinanderzusetzen! Smile

Mir gefällt der Name Ranieri auch sehr. Schon immer. Allerdings gehen bereits da die Geschmäcker auseinander. Eine andere Leserin meinte, die Namen der Hauptcharaktere seien allesamt sehr gewöhnungsbedürftig. Wink

Ja, ich kann mir vorstellen, dass es verwirrend ist, mittendrin einzusteigen. Vielleicht wäre das erste Kapitel doch die bessere Wahl gewesen. Gegebenenfalls kann ich es hier, in diesem Strang noch einstellen. Falls Interesse besteht. Im Grunde gibt es an jedem der bisher erschienenen Kapitel noch eine Menge zu feilen und Feedback dazu würde mich natürlich interessieren.

Zwar bekomme ich auch eine Reihe Rückmeldungen von meinen Bloglesern, aber die fassen mich größtenteils mit Samthandschuhen an. Hier arbeiten die meisten ohne Weichspüler, was ich so mitbekommen habe.

Es freut mich, dass Dir die Geschichte grundsätzlich zusagt.

In die Situation auf dem Jahrmarkt habe ich mich schon eingefühlt. Ich kann erst schreiben, wenn ich direkt "vor Ort" bin. Allerdings haben wir hier wieder das Kapitelproblem. Das sechste Kapitel handelt von dem tatsächlichen Besuch eben dieses Jahrmarktes und darauf bezieht sich nun Priskas Traum.

Ich gebe Dir recht, dass manche Sätze ziemlich gestelzt wirken und diese verschnörkselte Ausdrucksweise im Kontrast zu den Passagen steht, die eher locker-flockig daherkommen. Letztere zeigen wohl am ehesten meinen Stil, aber ich kann nicht leugnen, dass ich auch immer wieder zu blumigen Metaphern tendiere. In den Kapiteln, die im 18. Jahrhundert spielen, halte ich die flapsigere Ausdrucksweise allerdings für unpassend. Innerhalb der übrigen Kapiteln mische ich bisher frei Schnauze, aber kann gut sein, dass manche Leser das nicht als stimmig empfinden. Ist aber unter Anderem auch Geschmackssache. Deshalb bin ich etwas zurückhaltend, wenn es darum geht, meinem Schreibstil ein komplettes Make-Over zu verpassen. Wink

Danke für Deine Anregungen, den Klappentext betreffend! Es ist auf jeden Fall sehr hilfreich zu sehen, welche Formulierungen dazu motivieren können, meinen Roman zu lesen. Das ein oder andere werde ich sicherlich mit einbauen.

Alleinerziehend ist Priska nicht. Sie ist mit Luis, dem Vater ihrer Tochter, verheiratet. Deshalb hatte ich in meinem Kommentar weiter oben die Dreieckskonstellation erwähnt, die ebenfalls ordentlich Konfliktpotential in sich birgt.

Mir ist wichtig, dass Priska weiterhin als neurotische Person dargestellt wird, auch wenn manche den Roman aus diesem Grund nicht lesen werden. Damit muss ich leben. Priska hat eine Menge durch. Das macht sie zwar nicht zu einer strahlenden Heldin, aber hoffentlich glaubwürdig. Sie leidet unter Insomnie - ein Thema, das mich selbst betrifft und das ich in meiner Geschichte näher beleuchten will. Auf diesem "Handicap" bauen auch viele Handlungen auf. Oft bewegt sie sich an der Grenze zum Wahnsinn oder meint es zumindest. Realität und Traum werden sich in der Geschichte des Öfteren vermischen.

Dein letztes Beispiel für den Klappentext gefällt mir am besten! Smile Das werde ich im Hinterkopf behalten!

Liebe Grüße zurück und vielen Dank nochmal!
Mary
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Federfarbenfee
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Beitrag29.04.2016 10:32
Insomnia
von Federfarbenfee
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Hoffentlich verstößt es nicht gegen irgendwelche Regeln, wenn ich in diesem Strang einen persönlichen Text zum Thema Insomnie mit anfüge.

Zum Einen lässt sich anhand dieses Beitrags besser nachvollziehen, warum mir dieses "Krankheitsbild" so am Herzen liegt. Zum Anderen spiegelt er meinen gewohnten Schreibstil wider. Wink Stilfindung war ja weiter oben ein Punkt.

Bezüglich der wörtlichen Rede: Doch, ich rede tatsächlich so verdreht. Ich war schon immer etwas sonderbar. Wink

----------------------------

Wahrscheinlich werde ich irgendwann von chronischer Insomnie zu seniler Bettflucht überwechseln.

„Warum schläfst Du nicht einfach, wenn Du müde bist?“
 –  „Ja – und warum hältst Du nicht einfach die Klappe, wenn Du keinen blassen Dunst hast?“

„Der Körper holt sich schon, was er braucht. Keine Sorge.“
 – „Aha. Dann ist es also völlig normal, im Durchschnitt mit 1-3 Stunden Schlaf auszukommen und auf Dauersparflamme dahin zu röcheln – äh – zu köcheln.“

„Power Dich mit Sport aus, bis Du kurz vorm Umfallen bist. Dann schläfst Du wie ein Baby.“
 – „Umfallen ist kein Problem. Schlafen schon. Und wieso sind immer alle der irrigen Ansicht, Babys würden so gut schlafen?“

„Nimm Baldrian.“
 – „Ach Schnuckelchen.  Selbst, wenn die Hardcore-Schlafpille versagt – Baldrian hilft bestimmt. Habe ich aber tatsächlich lange Zeit versucht. Damals, vor fast 10 Jahren.“

„Du hast aber gar keine Augenringe.“
 – „Wozu gibt es Make-up?“

„Vielleicht glaubst Du nur, dass Du so wenig schläfst. Oft merkt man gar nicht, dass man doch eingenickt ist.“
 –  „Ich bin erst um 4 ins Bett und um 6 wieder aufgestanden. Wie sollen dabei mehr als 2 Stunden Schlaf rumgekommen sein, selbst wenn ich mich in diesen 120 Minuten nicht fast ausschließlich herumgewälzt hätte?“

„Bist Du nicht ausgelastet genug?“
 – „Als Mutter einer knapp Einjährigen und einer Dreijährigen? Das kann echt nur jemand sagen, der selbst keine Kinder hat. PS: Ich erwürg Dich gleich.“

„Du wirkst so aufgeweckt?“
 - "Das ist das Adrenalin, Baby.“

Was es heißt, ständig todmüde und gleichzeitig hellwach zu sein, jedoch nicht auf eine angenehme, sondern völlig überdrehte Art und Weise, kann nur nachvollziehen, wer selbst ernsthafte Schlafprobleme hat.

Sogar mir erscheint dieser desolate Zustand weit weg und unwirklich, sobald ich alle heiligen Zeiten doch mal 5 Stunden Schlaf intus habe.

Darum schreibe ich diesen Beitrag heute. Nach einer Nacht, die wie so häufig nur 1,5 Stunden Schlaf für mich bereithielt – und nach dem Tag, der dieser  Nacht folgte. Maximale Authentizität.

Wie ich mich fühle? Krank. Schwach. Müde. Traurig. Latent aggressiv.

Eine milchig-beschlagene Glaskuppel wölbt sich über meine Wenigkeit und irgend jemand war so freundlich, mein Haupt mit weicher Watte auszustopfen. Kopfschmerzen habe ich trotzdem oder vielleicht deswegen.

Meine Gedanken fahren Achterbahn. Das Hirn arbeitet auf Hochtouren, produziert aber nur (Sonder-)Müll.

Die fehlende Regeneration lässt die angespannten Muskeln schmerzen.

Das Herz rast und ich frage mich, wann es mir aus der Brust hüpft und sich auf und davon macht.

Was ich oder andere sagen, vergesse ich binnen Millisekunden.

Ich verdrehe die Worte. Alles ist anstrengend. Auch sprechen.

Verloren stehe ich auf der Treppe und kann mich nicht erinnern, was ich im ersten Stock wollte.

Ich tauche den Breilöffel in meinen Kaffeebecher, rühre um und will das Baby dann auch konsequenterweise mit der schwarzen Brühe füttern.

Schlaftee
 Feste Rituale
 Lesen
 Autogenes Training
 Progressive Muskelentspannung
 Selbsthypnose
 Schlaftabletten
 Andere Tabletten
 Schlaflabor
 Homöopathie
 Osteopathie
 Schlafrestriktion

Ich habe vieles ausprobiert.

Am besten geholfen hat mir das Stillen. Doch leider hat das Ämmale so ganz allmählich die Schnauze voll von Muttermilch. Nuckeln taugt ihr schon noch, trinken nicht mehr so sehr.

Und ich merke deutlich die hormonelle Umstellung. Prolaktin und Oxytocin, die meine innere Unruhe so wunderbar zu dämpfen wussten, erweisen mir immer seltener die Ehre.

Um mich einigermaßen zuverlässig herunter zu regeln, bedürfte es folgender Maßnahmen: Abends kein Internet, kein Telefon – generell keine Gespräche, keine aufregende Lektüre.  Nichts Aktives . Aber auch dieser „Verhaltenskodex“ ist keine Garantie, lediglich eine Option.

Und wenig sozial- und ich-verträglich.

Meinem Mann und mir bleibt nur der Abend, um unseren eigenen Interessen nachzugehen.

Spannende Bücher pushen mich, doch ich hasse langweilige Bücher.

Schreiben pusht mich, doch tagsüber ist dafür keine Zeit.

Die Flimmerkiste pusht mich kaum, trotz der bewegten Bilder.  Deshalb fläzen M. und ich uns jetzt aufs Sofa und schauen „Lost“ (auf DVD). Zumindest so lange, bis eines der Kinder nach uns ruft oder mir doch endlich die Augenlider schwer werden.

PS:  Ich bin ernsthaft am Überlegen, ob ich das heutige Beitragsbild zu einem neuen Cover für meinen Blogroman umfunktionieren soll.  Warum nicht, wenn man selbst mehr als gruselig genug ist?

PPS: Auch solche Tage haben ihre schönen Momente. Und nicht einmal die dichten, grauen Wolken, mit denen Insomnia mich umhüllt, können die hellsten Sonnen in meinem Universum verdecken. Meine Kinder.

-------------------------------------------------------

(Das genannte Bild werde ich kurzfristig zu meinem Avatar machen. Mir ist gerade danach. Smile
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Moonbow
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Beitrag29.04.2016 13:24

von Moonbow
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Hallo Federfarbenfee,

Zitat:
»Es ist alles so unwirklich«, murmelt sie.


Zitat:
»Priska! Du kannst ihn hier und jetzt besiegen hört sie Ranieri rufen.


Im oberen Beispiel ist deine Zeichensetzung richtig, im unteren falsch.
Wenns kein Flüchtigkeitsfehler war, es wird immer:

»...«, blabla.   
»...!«, blabla.   
»...!?«, blabla.

gemacht.
Das Komma, das den Begleitsatz einleitet, gehört nie in die wörtliche Rede.

LG

Moonbow


_________________
Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.
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Federfarbenfee
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Beitrag29.04.2016 15:37

von Federfarbenfee
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Hallo Moonbow,

danke für den berechtigten Hinweis!

Ja, das ist ein Flüchtigkeitsfehler. Leider einer, den ich verdammt häufig mache, muss ich zugeben.

Und beim Korrekturlesen gaukeln mir meine Augen vor, dass das Komma an der richtigen Stelle steht.

Viele Grüße
Mary
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Wolfin
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Beitrag29.04.2016 15:50

von Wolfin
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Ganz ehrlich gesagt, gefällt mir deine Geschichte bisher. Zwar ist sie Anfangs etwas holprig, aber ausbaufähig. Ich würde gerne mehr lesen. Ich fand die Gana faszinierend.

_________________
Mir reicht, dass ich weiß, dass ich könnte, wenn ich möchte.
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Federfarbenfee
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Beitrag29.04.2016 17:04

von Federfarbenfee
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Liebe Wolfin,

es freut mich, dass Dir die Geschichte gefällt! Smile

Du hast recht: Zu Anfang habe ich teils mit den Worten gerungen. Ist der "Flow" beim Schreiben gestört, hemmt das auch den Lesefluss. Da kann ich niemandem etwas vormachen.

Danke für Deinen Zuspruch! Gerne werde ich in den kommenden Wochen diesen Textfaden um die restlichen, bisher fertiggestellten, Kapitel erweitern. Diesmal in chronologischer Reihenfolge. Wink

Viele Grüße,
Mary
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Federfarbenfee
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Beitrag04.05.2016 23:16

von Federfarbenfee
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Wie versprochen bzw. angedroht, stelle ich nun sukzessive die vorangegangen Kapitel ein.

Jedwede Kritik ist willkommen. Auch auf die Gefahr hin, dass sie den seidenen Faden, an dem meine Motivation derzeit hängt, zum Reissen bringt. Wink

Intensiv überarbeiten möchte ich die Kapitel am liebsten erst, sobald ich den ersten Teil meines Romans fertiggestellt habe. (Noch ca. 200 Seiten. Wink) Ich kenne mich: Wenn ich jetzt von vorne anfange, komme ich nie hinten an. Grobe Fehler werde ich allerdings umgehend auszubügeln versuchen.

Für das aktuelle und die nachfolgenden Kapitel werde ich euer Feedback natürlich schon beim Schreiben beherzigen.

Genug geschwafelt - es folgen der Prolog (, mit dem ich am Hadern bin) und das erste Kapitel:


Prolog


»Nun geh! Und denke stets daran: Was ich ersehne, ist bereits mein. Brich diesen Pakt und ich werde Dich und die Deinen heimsuchen. Ich werde nicht ruhen, ehe Ihr alle der Dunkelheit anheimgefallen seid.«

Ihre betörende Stimme, die ihn eben noch schmeichelnd umhüllte wie kostbare Seide, rauschte in seinen Ohren. Binnen Augenblicken schwoll sie zu einem gewaltigen Tosen an. Er taumelte und stolperte unbeholfen einige Schritte zurück. War dies dasselbe Weib, welches sich kurz zuvor warm in seine Arme geschmiegt und ihn in einen nie gekannten Garten Eden entführt hatte? Vergeblich suchte er nach einem Rest von Güte in den amethystfarbenen Augen. Doch ihr Blick war hart und bohrte sich einem Eiszapfen gleich in sein schutzloses Herz.

Der frostige Wind gewann an Stärke. Wie abertausend winzige Klingen schnitten die umherwirbelnden Schneekristalle in Johanns Wangen. Atemberaubend schön und tödlich zugleich. Wie die anmutige Gestalt vor ihm, die allmählich hinter dem dichten, weißen Vorhang verschwand. Das Brausen in seinen Gehörgängen verebbte. Allgegenwärtig war nun stattdessen das Heulen des Sturmes, der drohend an Johanns Kleidern riss. Er meinte, sie noch leise lachen zu hören. Dann war sie fort.

Er schüttelte sich und versuchte krampfhaft, nicht weiter über ihre verstörenden Worte nachzusinnen. Er musste zusehen, dass er vom Berg herunterkam. Der Abstieg führte über einige ausgesetzte Stellen und schon jetzt konnte er kaum noch erkennen, wohin er seinen nächsten Schritt setzen sollte.

Der Wald wurde lichter. Johann wappnete sich und trat hinaus auf die freie Fläche. Ungebremst donnerte die Sturmwand auf ihn zu und hob ihn fast von den Füßen. Mit all seiner Kraft stemmte sich Johann ihr entgegen. Nur wenige Handbreit trennten ihn von dem todbringenden Abgrund, der ihm, verborgen im Schneegestöber, auflauerte. Unwillkürlich fragte er sich, ob sie ihn wohl ein weiteres Mal aus einer misslichen Lage befreien würde.

In diesem Moment spürte er, dass er nicht länger allein war. Er hob den Kopf und versuchte, durch den Flockenwirbel hindurchzublicken. Der Wind peitschte ihm jäh ins Gesicht. Eilig zog er seinen wollenen Umhanges fester um sich und bemühte sich, seine Augen zu schützen, so gut es ging. Wenn er zu allem Übel auch noch schneeblind würde, wäre er verloren. Als er wieder aufblickte, setzte sein Herzschlag aus. Ein Stück vor ihm stand ein junges Mädchen. Fast noch ein Kind. Ihr Antlitz war jedoch kaum zu erkennen. Langes, strähniges Haar, seltsam unberührt vom wütenden Sturm, umhüllte ihr Haupt wie ein dunkler Schleier. Sie war lediglich mit einem dünnen, weißen Hemd bekleidet, welches ihre fahlen Extremitäten nur unzureichend bedeckte und wie ein weiter Sack an ihrem ausgemergelten Körper hing.

Sie machte einen Schritt auf Johann zu und streckte dabei ihre blassen Arme nach ihm aus. Panisch versuchte er, ihr auszuweichen und verlor kurz den Halt. Der Schnee gab nach und sein rechter Fuß rutschte auf den Abhang zu. In letzter Sekunde fand er sein Gleichgewicht wieder.

»Wer bist Du«, krächzte er.

Sein Herz hämmerte gegen seine Brust, als wolle es herausspringen.

Das Mädchen antwortete nicht. Doch nun, da es näher gekommen war, konnte er einen Blick auf ihr Gesicht erhaschen. Trotz ihres jugendlichen Alters war die Haut ohne jegliche Farbe und spannte über den Wangenknochen. Die schwarzen Augen lagen in tiefen Höhlen und blickten starr durch ihn hindurch. Obwohl sie sich in seine Richtung bewegte, schien sie ihn nicht wahrzunehmen. Barfuß tappte sie über die Schneedecke. Entweder verwehte der Wind ihre Spuren augenblicklich oder sie hinterließ keine.

In diesem Moment bemerkte Johann, dass noch etwas Anderes nicht stimmte: Während er selbst unablässig nebelige Rauchwolken ausstieß, die kurze Zeit später vom Wind davon getragen wurden, kondensierte ihr Atem nicht an der kalten Luft.

Wie war das möglich?

Im Grunde gab es nur eine einzige Erklärung:

Sie atmete nicht.

Johann wurde flau im Magen. War er dabei, den Verstand zu verlieren? Er hatte nie an Geister geglaubt. Auch die unzähligen Mythen, die sich um die Dolomiten rankten, entlockten ihm höchstens ein abfälliges Lächeln. Solche Märchen waren etwas für Narren und geschwätzige Weibsbilder. Doch er konnte nicht leugnen, dass das Kind, das sich gerade stoisch auf ihn zubewegte, mehr einem Gespenst glich denn einem Menschen aus Fleisch und Blut. Zitternd wich er abermals einige Schritte zurück und fragte sich, ob sein letztes Stündlein geschlagen habe. Hier, auf dem Berg. Bedroht von einem gewaltigen Schneesturm und fremdartigen Mächten, die er nicht zu greifen vermochte. Johann wusste nicht, ob es an dem Schneegestöber lag, doch er hatte den Eindruck, dass die Mädchengestalt hin und wieder flackerte - wie eine Kerzenflamme auf der Suche nach neuer Nahrung. Zudem wirkte ihr Gang stockend und sprunghaft. Im einen Moment war sie noch einen halben Meter entfernt, im nächsten stand sie direkt vor ihm.

Kaum hatte er dies gedacht, da machte sie wieder einen Satz auf ihn zu. Nun trennten sie nur noch wenige Zentimeter von Johann. Ihre unheimliche Präsenz lähmte ihn. Ein unsichtbarer Sog schien von ihr auszugehen. Er spürte, wie er schwächer wurde. Als entziehe ihm das bleiche Kind seine ganze Lebenskraft. Wie festgewurzelt stand er da und blickte entsetzt auf das flimmernde Antlitz, dessen leblose Konturen mit jeder Sekunde klarer wurden. Dennoch verschwammen ihre Gesichtszüge vor Johanns Augen. Ein eigenartiger Schwindel erfasste ihn und er spürte, wie ihm das Gefühl für Raum und Zeit und seinen eigenen Körper entglitt. Nicht einmal die Kälte nahm er noch wahr. Es gab nur ihn und das seltsame Mädchen. Der Schneesturm schien sich mit dem Geisterwesen verbündet zu haben. Sie befanden sich inmitten eines weißen Wirbels, der sich mit rasender Geschwindigkeit um sie drehte. Johann merkte, wie sich eine bleierne Schwere und Gleichgültigkeit auf ihn herabsenkte und er wollte nur noch eines: In einen tiefen, traumlosen Schlaf fallen.

»Jetzt hat es endlich ein Ende.«

Die Worte waren nur ein Wispern. Sie schwebten von den blassen Lippen des Mädchens und blieben in der Luft hängen. Von allen Seiten schienen sie Johann einzukreisen. Der Sog verstärkte sich - und er dachte, sein Innerstes würde in zwei Hälften geteilt, als das Mädchen durch ihn hindurchglitt, um sich, begleitet vom hallenden Echo eines gellenden Schreis, den Abhang hinunter zu stürzen. Völlig orientierungslos und starr vor Angst blickte Johann auf die Stelle, an der das Mädchen soeben verschwunden war.

»Nur eine Erscheinung. Der klägliche Schatten einer Erinnerung. Gefangen im Augenblick eines tragischen Todes. Weitaus weniger gefährlich als SIE, die der Grund hierfür ist.«

Johann wandte sich ruckartig um, doch da war niemand.

»Dies traurige Mädchen soll Dir eine Warnung sein«, fuhr die unsichtbare Stimme eindringlich fort. Obgleich sie körperlos zu sein schien, übertönte sie das Heulen des Windes. »Du kannst IHR nicht entrinnen. Hat SIE erst einmal ihre Klauen in Dich geschlagen, gehörst Du ihr. Besser Du tust, was sie verlangt. Denn glaube mir: Es gibt Schlimmeres als den Tod.«

Die letzten Worte ließen Johanns Kopf dröhnen. Heerscharen von Nerven schienen zu vibrieren, als sich jene Drohung unauslöschlich in seinem Gehirn verankerte.

Dann war es still.

Johann lauschte angespannt, doch die Stimme war verstummt. Er wunderte sich, dass er noch am Leben war. Die Erlebnisse des heutigen Tages reichten weit über das Fassungsvermögen seines menschlichen Verstandes hinaus. Angst und Verwirrung machten es ihm schwer, sich zu konzentrieren. Doch sein Überlebensinstinkt trieb ihn dazu, den Abstieg fortzusetzen.

Kurz bevor er das Ende der Lichtung erreicht hatte, löste sich ein Schatten aus der Dunkelheit des Fichtenwaldes vor ihm.

Das tote Mädchen schritt langsam auf ihn zu.

Johann schauderte und er fragte sich, wie oft sie diesen, ihren letzten Weg, wohl bereits hinter sich gebracht hatte.

« Was vorher geschah12345678910
1112131415161718Wie es weitergeht »

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Beitrag04.05.2016 23:20

von Federfarbenfee
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1. Kapitel: Nächtlicher Besuch

»Siehst Du die winzigen, leuchtenden Punkte, die dort herumwirbeln? Das sind kleine Elfen. Sie spielen Fangen. Schau, da gehen ein paar auf der Bettkante spazieren. Sie bewachen Deinen Schlaf. Du musst keine Angst haben.« Luis und Priska, Elenas Eltern, deuten auf das neue Babyphone, dessen aktivierte Infrarotlichtkamera gnadenlos die unzähligen Staubkörner einfängt, die vorhin beim Bettenmachen aufgewirbelt wurden. Sie tanzen einen magisch anmutenden Reigen.

Die Vierjährige runzelt die Stirn. »Das sind keine Elfen. Das ist Dreck.«

Es ist die Zeit der Herbststürme. Der Wind fährt tosend und heulend ums Haus, rüttelt an den altersschwachen Jalousien und beschert selbst nicht schlafgestörten Erwachsenen unruhige Nächte.

Der heutige Abend schreit förmlich nach der harmlosesten aller Gute-Nacht-Geschichten. Als Charlotte das fünfte Mal bei ihrer Oma geklingelt hat, um mit ihr heißen Kakao zu trinken, klappt Priska das Buch zu. Sie streicht ihrer Tochter eine widerspenstige Haarsträhne aus dem blassen Gesichtchen und küsst sie sanft auf die Stirn. Im Hintergrund ertönen die leisen Melodien der abgenutzten Traumreise-CD. Die vereinzelten Kratzer tun den beruhigenden Klängen keinen Abbruch.

»Bitte schlaf jetzt, mein Schatz. Du kannst kaum noch geradeaus schauen vor lauter Müdigkeit.« Elenas Augen, die im gleichen Violettton schimmern wie die ihrer Mutter, spiegeln deren Zweifel wider.

»Wir sind hier. Wie die kleinen Elfen, an die Du nicht glaubst.«

»Doch, ich glaube an die Elfen«, widerspricht ihr das Kind. »Aber nicht, dass sie aus Dreck sind.«

»Vielleicht ist es Feenstaub«, schlägt Priska vor. Elena lacht glockenhell auf. Halb belustigt, halb empört. »Jedenfalls sehen und hören wir Dich durch das Babyphone. Du bist in Sicherheit. Draußen pfeift nur der Wind. Denk daran, dass wir ihn zum Drachensteigen brauchen.« Das Mädchen blickt noch immer skeptisch drein. Sie will einen Schluck trinken, anschließend auf die Toilette und danach ein weiteres Mal »Weißt Du, wie viel Sternlein stehen?« anstimmen. Aber irgendwann gewinnt die Erschöpfung Oberhand. Die Kleine rollt sich ein wie ein Embryo und ist binnen weniger Minuten eingeschlafen. Priska betrachtet ihr von haselnussbraunen Locken umrahmtes Antlitz. Die Gesichtszüge sind nun weich und entspannt. Die Halbmonde aus dichten, dunklen Wimpern bilden einen interessanten Kontrast zu ihrem milchweißen Teint. Priskas Herz ist zum Bersten angefüllt mit zärtlicher Zuneigung. Die bedingungslose Liebe zu ihrem Kind geht mit einer Verwundbarkeit einher, die ihr Angst macht.

Mit den Hausschuhen in der Rechten schleicht sie die Treppe hinunter. Wohlweislich lässt sie die eine knarzen Stufe aus. Als sie die Wohnzimmertüre leise hinter sich geschlossen hat, kommt Luis auf sie zu. Er nimmt seine übernächtigte Frau in die Arme und raunt ihr ins Ohr: »Jetzt sieh zu, dass Du zur Ruhe kommst. Wenn sie ruft, gehe ich zu ihr.«

Priska seufzt. Es wird so ablaufen wie nahezu jeden Abend. Spätestens um Mitternacht siedelt Elena ins Elternbett über, in dem seit langer Zeit schon mehr als ausreichend Platz ist. Priska wird die Nacht wie immer auf der Gästematratze in dem kleinen Nebenraum verbringen. Wenn sie nicht gerade im Erdgeschoss herumwandert, in einem stummen Ringkampf mit der Panik, die mit aller Macht von der Brust aus nach oben drängt. Ist sie erst im Kopf angelangt, entzieht sie dem Schlaf jede Möglichkeit, sich zu entfalten.

Sie gibt Luis einen sanften Kuss auf die empfindliche Kuhle in seinem Nacken. Dann geht sie zum Tisch und schenkt sich großzügig von dem köstlichen Negroamaro ein, der dort schon auf sie wartet. Mit dem Glas in der Hand lässt sie sich neben Luis auf der Couch nieder und legt die Beine über Kreuz auf dem Beistelltisch ab. Wie flüssiger Samt streichelt der Wein ihren Gaumen. Sie holt Luft, atmet tief durch. An die Nachtsichtfunktion des neuen Babyphones muss sie sich erst gewöhnen. Sie taucht das Schlafzimmer in ein merkwürdiges Licht. Menschliche Bewegungen wirken oft verzerrt, was vielleicht an der verzögerten Übertragung liegt. Wenn Elena die Augen offen hat, lässt die Kamera sie gespenstisch leuchten. Zum Glück sind sie gerade geschlossen. Ihr Kind schläft ruhig. Zu lange möchte Priska nicht auf den kleinen Bildschirm starren. Irgendwie ist da immer dieser abstruse Gedanke, dass plötzlich eine hässliche Fratze direkt vor der Kameralinse auftaucht. Elena darf von diesen Hirngespinsten natürlich nichts wissen. Jetzt dreht sie sich gerade auf die andere Seite. Die Bettdecke hat sie bis zum Kinn hochgezogen. Lediglich ihr dunkler Haarschopf ist nun noch auszumachen.

Luis krault seiner Frau den Kopf. Während seine Fingerspitzen sie mit Nachdruck massieren, muss Priska schmunzeln. In diesem Moment können sie ihre Abstammung kaum leugnen. Vor ihrem inneren Augen pflücken sich gerade zwei Schimpansen voll liebevoller Hingabe gegenseitig die Läuse von den dicht behaarten Häuptern. Sie streichelt währenddessen Luis über sein linkes Bein. Er gibt einen zufriedenen Laut von sich. Priska lehnt sich ein wenig zurück und lässt zu, dass endlich eine wohlige Schwere ihre Glieder erfasst. Mehr Sinnlichkeit wird der heutige Abend nicht bereithalten. Ihrer Beiden Energiereserven sind erschöpft. Leider ist dies die Regel, nicht die Ausnahme.

Luis schaltet den Fernseher ein, zappt sich durch die Programme und bleibt schließlich bei einer Dokumentation über aktive Vulkane hängen. Gerade zeigen sie den Stromboli. Eine gewaltige Farbenpracht. Das Wohnzimmer wird in gelb-orange-rotes Licht getaucht. Priska glotzt wie ein hypnotisiertes Kaninchen in das Leuchtfeuer des Mittelmeers. Bis sie sich in den Flammen verliert und langsam abdriftet. Fast hört sie das Prasseln. Nun werden auch ihre Augenlider schwer und die Intervalle, in denen sie immer wieder zufallen, kürzer.

»Mama! Papa!« Plötzlich durchdringt Elenas helle Kinderstimme den Raum und beide Eltern sind mit einem Schlag hellwach. Elena sitzt aufrecht im Bett. Ihre Augen flackern weiß und blicken unverwandt in die Kamera. Priska schämt sich, dass sie einen Moment lang vor ihrem eigenen Kind erschrocken ist.

In Windeseile stürmen Vater und Mutter die Treppe hoch. Elena empfängt sie mit den Worten: »Er sagt auch, dass ich mich nicht fürchten soll. Aber Mama schon.« »Wer sagt das?« Priska hat das Gefühl, jemand habe sie in eine Wanne mit Eiswasser getaucht. »Der Mann da drüben.« Elena deutet auf die Balkontür. »Ich sehe niemanden.« Priska und Louis antworten fast synchron. Sie schauen angespannt dorthin, wo ihre Tochter den nächtlichen Besucher zu sehen glaubt. Die Fensterrahmen dichten nach 40 Jahren nicht mehr zur Genüge ab. Ein leichter Luftzug fährt durch die Ritzen und spielt mit den Vorhängen. Das Licht von der Deckenlampe im Gang erhellt das Zimmer ausreichend. Niemand steht dort am Zugang zum Balkon. Just in diesem Moment gewinnt der Sturm wieder an Stärke. Die Rollläden klappern und durch die Schlitze sind schemenhaft die blätterlosen Äste der Goldrenette zu eahnen. Hagere, überlange Arme, die durch die Sturmböen zum Leben erweckt werden und an der hölzernen Balkonbrüstung kratzen.

 »Das ist nur der Wind, der Dir einen Streich spielt, mein Spatz.« Luis streicht der Kleinen beruhigend über die verschwitzten Locken. »Das ist nicht der Wind. Ich bin doch nicht blöd.« Elena funkelt ihren Vater wütend an. Priska weiß nicht, was sie sagen soll. Sie selbst ist um einiges verängstigter, als ihre Tochter gerade aussieht. »Er weiss, warum Du nicht schlafen kannst, Mami. Und warum Du oft keine Luft bekommst, wenn Du im Bett liegst. Er will mit Dir darüber reden.« »Wie soll das gehen, wenn ich ihn nicht einmal sehe?« Luis wirft seiner Frau warnende Blicke zu. Sie kann sich denken, was er ihr signalisieren möchte: Elena in ihrer Phantasie noch zu bestärken, ist vielleicht keine so gute Idee.

Immerhin macht das Kind keinen verstörten Eindruck. Im Plauderton fährt es fort: »Du darfst nicht zumachen, Mama.« »Was? Die Tür?« Priska versteht nicht. Ihr Mann dreht Elena den Rücken zu und verdreht entnervt die Augen. «Dich selbst.« Normalerweise neigt das Kind nicht zu solchen esoterischen Anwandlungen. »Jetzt ist aber Schluss.« Luis nimmt Elenas Kinn in die Hand und dreht ihren Kopf sanft in seine Richtung. »Willst Du mit ins Elternschlafzimmer kommen? Ich gehe jetzt auch schlafen. Dann bist Du nicht allein.« Zu ihrer beider Erstaunen schüttelt das Mädchen den Kopf. »Nein. Ist schon ok. Ich bleibe hier.« Bevor sie sich wieder in ihrer Bettenburg einigelt, schaut Elena ihre Mutter noch einmal beschwörend an. »Das ist echt wichtig, Mami.« »Ich werde darüber nachdenken, mein Schatz. Jetzt schlaf weiter und träume von Deinem Zauberwald.« Noch ein letzter Gutenachtkuss und die Eltern verlassen den Raum. Priska mit einem unguten Gefühl im Bauch. Luis dagegen steht in übergroßer Schrift das Wort »Schlafen« auf die Stirn tätowiert. »Ich hüpfe jetzt auch in die Falle. Bitte sei mir nicht böse, mein Liebling.« Kurz berühren sich ihre Lippen. Dann steuert Luis auf das Zimmer neben Elenas zu.

Priska tappt erneut die Treppe hinunter. Das metallisch Klingeln des an der Haustüre angebrachten Windspiels lässt sie kurz zusammenzucken. Sie wird heute kein Auge zu tun. Schon weitaus weniger aufwühlende Begebenheiten vermögen es, ihre Adrenalinausschüttung in Sekundenbruchteilen auf ein unerträgliches Maß zu erhöhen. Das eben reicht für mindestens fünf schlaflose Nächte.

Sie geht zum Bücherregal und greift nach einem ausgewählt langweiligen Schmöker, der dem geneigten Leser die Kraft des positiven Denkens nahebringen soll. Zurück auf dem Sofa zieht sie sich die warme Decke bis über die Schultern. In ihrem Kopf fahren die Gedanken Achterbahn. Die Worte tanzen und verschwimmen vor ihren Augen. Sie ist todmüde und gleichzeitig hellwach. Dass ihre Tochter sich einen imaginären Freund ausgedacht hat, kann sie sich nicht vorstellen. Was aber, wenn der geheimnisvolle Mann nicht ihrer Phantasie entspringt? Himmel, wie kann sie das nur im Entferntesten in Erwägung ziehen? »Ich tick ja nicht mehr ganz sauber«, murmelt sie und genehmigt sich noch einen Schluck Rotwein. In dem Moment meint sie eine Bewegung wahrzunehmen. Draußen vor der Tür. Mit klopfendem Herzen starrt sie durch den Glaseinsatz und versucht, aus dem wabernden Schattenmeer die vertrauten Konturen herauszulösen. »Das ist die Treppe, dort das Geländer und da an der Seite die Garderobe. Keine unheimliche Gestalt, nur Luis Wintermantel, der da am Haken hängt. »Deine überreizten Nerven treiben Spielchen mit Dir«, versucht sie, sich selbst zu beruhigen.

Zum mindestens zehnten Mal an diesem Abend atmet sie tief durch. Dann widmet sie sich wieder ihrer Einschlaflektüre. Doch über den ersten Absatz kommt sie nicht hinaus. Krampfhaft reiht sie die Buchstaben aneinander, aber sie ergeben keinen Sinn. Gerade, als sie aufstehen und zu ihrem Matratzenlager gehen will, springt rauschend das Babyphone an. Das Kinderzimmer erscheint auf dem Bildschirm. Ihr erster Blick gilt Elena, die ruhig zu schlafen scheint. Erleichtert will sich Priska wieder abwenden. Da verdunkelt sich die Kamera. Nur für einen Wimpernschlag. Dann ist der Schemen vorbeigelitten.

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purpur
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Beitrag05.05.2016 06:13

von purpur
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Guten Morgen Very Happy liebe Federfarbenfee,

ich bin von deinem Prolog sehr angetan, besonders der Anfang hat mich Laughing violett erobert..positiv besonders die Umarmung des Paares:-) aber Unheimliches umgibt viele andere Textstellen, mag es nicht weiter ausführen.
Doch:-)  ich liebe love die Gestalt des Smile Johannes:-) könnt ihn umarmen und küssen:-)
Allerdings lese ich solche Texte ungern, weil es mich zu sehr berührt und aufwühlt.
Ich bekomme dann tausende Gedanken in Kopf und Herz, die Bilder klingen gleich einer Händel Rolling Eyes Oper-Imeneo z.B. lassen mich nicht mehr los und der Blutdruck steigt.

 Kommt noch was?
Ich wünsche dir ein schönes
Christi Himmelfahrt Fest
Herzlich
PpPia


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Federfarbenfee
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Beiträge: 94
Wohnort: Bayern


Beitrag06.05.2016 13:05

von Federfarbenfee
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Liebe Pia,

vielen Dank für Dein freundliches Feedback! Smile

Ja, die teils unheimliche Atmosphäre ist beabsichtigt. Wobei meine Geschichte kein Horror-Schocker wird. Wink Das würde meine eigene Psyche nicht so gut verkraften.

Ich hoffe, Du hattest auch einen schönen Feiertag gestern. Wir waren am bayerischen Meer und haben uns die Seeluft um die Nase wehen lassen.

Ein schönes und sonniges WE!
Herzlichst
Mary
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purpur
Klammeraffe


Beiträge: 964



Beitrag06.05.2016 23:35

von purpur
Antworten mit Zitat

Guten Abend Very Happy liebe Mary Federfarbenfee,

hab lieben Dank für deine guten Worte und Wünsche!
Sicherlich habt ihr am Chiemsee(?)eine gute und
erholsame Zeit verbracht, die Gegend ist ja auch
traumhaft schön! Laughing
Ich hab eine Freundin, die dort lebt und mich im Mai
zu sich eingeladen hat. Na ja, der Mai ist ja noch Laughing jung.
Nun, leider hat mich derzeit die Arbeit völlig unter Kontrolle,
einige unvorhersehbare Crying or Very sad Ereignisse halten mich zusätzlich
gefangen, so habe ich beschlossen, mich in meine Kemenate
zurückzuziehen und mal ordentlich Schlafen auszuschlafen. Es war
ganz erholsam, aber mich reut es ein wenig, ob des herrlichen Wetters.
Hoffentlich läßt die Überempfindlichkeit bald nach, unter der ich momentan
etwas leide -s' wird wohl der Frühling sein Cool
 Kommt noch was?
Liebe Grüße, bis bald,
Herzlichst
PpPia


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