Allein unter Einzelgängern

[Ich_bin_Bielefeld]

Die Häuser sind voll von Einzelgängern
sie wühlen überall rum
man sieht es
an ihren Gesichtern
und in ihren Taschen

Wenn man auf der Straße langgeht
warten sie schon auf einen
auf der Jagd sind sie
nach Zuneigung
nach Aufmerksamkeit
ganz alleine

Schlimme Menschen sind das
ohne Gewissen
aber mit scharfen Zähnen
keine Gnade kennen sie
mit dem Zurückhaltenden
mit dem Nachdenklichen
voller Zorn schreien sie einem ins Gesicht
Hast du mich denn nicht gesehen?
Du gingst an mir vorüber!
Du hättest mich anschauen sollen!

Gehe lieber zu Seite
wenn du sie triffst
lache lieber nicht
über ihre Witze

Bleib alleine
unter diesen Einzelgängern

[Quadratschädel]

Hallo Bielefeld

das Gedicht spricht die Vereinzelung des heutigen Menschen an, dieses "Jeder ist seines Glückes Schmied" der neoliberalen Zeit, in die wir gestürzt wurden. Ein wichtiges Thema. Du beschreibst sie, wenn man ihnen auf der Straße begegnet, ohne Erbarmen dafür, dass sie Opfer sind, sie sind "schlimm", und die Konsequenz ist: Bei aller Kritik, das Ich ist selbst schlimm, denn es eines von ihnen.

Ein gut gebauter Plot. Sprachliches Normaldeutsch, methaphernlos, keine bemerkenswerten lyrischen Wendungen. Aber gerade diese "kahle" Sprache gehört zu diesem Gedicht.

Mir gefällt es in seiner konsequenten Kritik, da schmückt kein Schleifchen, kein Röschen, kein Mitleid. So sind wir.

Quadratschädel

[Ich_bin_Bielefeld]

danke danke Schaedel!

so aehnlich ist es gemeint, wie du es beschreibst. Neoliberal ist ein politischer Begriff, philosophisch wuerde man sagen: Alles Individualisten... noch besser... gescheiterte Individuen. Das ist zumindest mein Eindruck, dass man es heute meistens mit Ungluecklichen zu tun hat. Das Zeichen der Zeit heist Depression...

vielen dank fuer die zusammenfassung und schoene gruesse nach |Berlin!