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Phi


 
 
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Ithanea
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 34
Beiträge: 1062

Ei 3 Pokapro 2017


Beitrag05.04.2016 22:45
Phi
von Ithanea
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Der Tag, an dem er wieder vor meiner Tür stand, war grau. Es regnete seit Wochen und der Himmel veränderte sich nicht mehr. Wie sich über die grauen Schwaden immer noch grauere schoben, sah es danach aus, die Sonne würde gar nicht mehr scheinen.
Er stand in einer Lache vor meinem Fußabstreifer, von seinen Fingerspitzen tropfte weiteres Wasser auf die Fliesen im Hausflur.
"Was willst du hier?", war das erste, was mir einfiel. Jedes einzelne Wort kam mir verkehrt vor, nicht, weil es unfreundlich klang, das spielte keine Rolle, sondern weil sie wie eine Lüge daherkam, die Frage, als ginge es um Informationsbeschaffung oder Anklage, und nicht um meine Erschütterung, meine Unfähigkeit, auf die Situation zu reagieren, dass er tatsächlich vor mir stand.
Er sah mich an, etwas zu hoch, er schaute mir nichts ins Gesicht, sondern in die Haare. In zerzauste Strähnen, in weiße und blaue Streifen getrockneter Farbe darin.
"Kann ich ne Nacht bei dir pennen?", fragte Phi und setzte alles auf eine Karte. Hundeblick, gebrochener Kerl, kleiner Bruder, verlorenes Kind.
Ich drehte um und ließ die Tür offen stehen. Er schlich hinter mir her.
Ich ging ins Wohnzimmer, setzte mich aufs Sofa und beobachtete ihn, wie er den Flur entlanglief und sich umschaute.
"Bist du jetzt Künstlerin, oder was?"
Ich begann, die Plastikschalen mit den Farbresten und die Pinsel auf dem Boden vor mir zusammen zu räumen. Steckte die Pinsel in das Wasserglas, lehnte das Bild an die Wand zum Trocknen und rollte die Papierunterlage, auf der ich gemalt hatte, zusammen.
"Du kennst mich ja verdammt gut", sagte ich bitter.
Phi zog die Nase hoch und sagte nichts. Er war vor dem Bild angekommen, das ich eben aufgestellt hatte und betrachtete es ohne ein Wort. Ich weiß nicht, was er erkannte. Mir war immer egal, was die Leute darin sahen. Manche sahen Gesichter in Himmeln, Tiere in brennenden Bäumen, Zeichen an den Wänden. Wirklich, war mir scheißegal, wer was mitbrachte, um in meinen Bildern das zu sehen, was ihm passte. Aber was Phi jetzt sah, wollte ich wissen. Sah er eine Figur, ganz weit weg, ganz hinten in diesem Fenster, im obersten Stockwerk des Gebäudes, ganz am Ende einer langen Straße, bevor dahinter der Horizont begann, so schmal, dass seine Linie kaum eine Horizontale darstellte, eher einen etwas breiten Punkt? Sah er, was geschah, hinter der Figur, im schwach erleuchteten Zimmer, in dem sie nicht alleine war? Fand er, dass sie aussah, als würde sie was Dummes machen?
Nichts. Er wandte sich ab, und ließ sich neben mir aufs Sofa sacken, stuppste mich leicht an der Schulter an. "Ey, Schwesterchen, sei nicht angefressen. Ich weiß doch, dass du schon immer eine Künstlerin warst. Aber das hier ist echt großartig."
Ich fing an, zu heulen. Er nahm mich in den Arm.
"Was ist los? Mann, was ist denn los?" Er klang, als wäre er wirklich überrascht.
"Wo bist du gewesen? Wieso kann man dich nie erreichen? Und was zum Teufel willst du jetzt?" Ich schüttelte ihn ab und griff mir ein Küchenpapier, das noch bei den Malsachen herumlag. Phi stand auf, setzte sich auf den Boden und zündete sich eine Zigarette an.
Er zupfte am Teppich herum, formte kleine Kugeln aus den Fusseln.
Als wir klein waren, war ich mir sicher: Wir werden ein Leben lang zusammen sein. Phi und ich, zusammen gegen die ganze Scheiße, die dir hinter jeder Ecke auflauert. Ich pass auf dich auf, Prinz Phi, du wirst sehen. Wenn alle weg sind, bin ich immer noch da. Seit ich ausgezogen war, hatte sich abgezeichnet: Er wollte keinen Aufpasser, er wollte niemanden. Nicht er brauchte mich, sondern ich hatte ihn gebraucht. Er war weg, ab dem Moment, an dem ich weg war. Obwohl ich es versprochen hatte. Nicht weg, in dem Sinne von weg, so wie die letzten Monate. Aber einfach nicht mehr richtig da. Nicht mehr zuhause, nicht mehr am Telefon, nicht mehr bei mir. Ich sagte so oft zu ihm: Komm doch zu mir. Ich hab zwei Zimmer, das eine ist zwar klein, aber das reicht für ein Bett und deine Klamotten. Besser als zuhause, bei diesem Wahnsinnigen.
Er sagte: Ja, klar. Werd ich machen. Ich muss nur noch paar Tage was erledigen. Sonntag komm ich dann. Er sagte nie: Und was ist mit ihr? Soll ich sie etwa mit ihm alleine lassen? Soll ich mich aus dem Staub machen, wie du?
Aber er kam auch nie.
"Malst du mich mal?" fragte Phi in die Stille.
Ich schaute ihn an. Irgendwas verwirrte mich. Alles ändert sich, schoss mir durch den Kopf.
"Klar. Mach ich."

Wir hatten Asiatisch bestellt. Das passte rein äußerlich schon gut, da wir im Schneidersitz am flachen Couchtisch aßen. Mein großer Tisch ächzte in der Zimmerecke unter Rechner, Drucker, Papierkram und Geschirr. Nach dem Essen holte ich dickes Papier und lehnte es auf einem Holzbrett gegen den Couchtisch. Setzte mich davor auf den Boden und begann, Phis Umrisse vom Sofa, auf dem er saß, aufs Papier zu stehlen. Klaute die Schatten aus den Augen, seinen Ausdruck vom Gesicht. Als mein ganzer Bruder abgeschrieben war, nahm ich die Farben. Dreckbraunes Haar, müdeblaue Augenränder, krankbeige Haut. Erschöpftgraue Stirnfalten, leergemustertes Shirt. Die Farben waren zu schwer für ihn, er wurde von ihnen erdrückt. Ich malte trotzdem weiter, es würde ohnehin verblassen. Und es sah sogar ein bisschen aus wie er, fand ich, als ich hinter ihm stand, und er sich freute wie ein kleines Kind über die billige Kopie. Nachdem ich den Kram weggeräumt und die Pinsel ausgespült hatte, war es trocken genug. Ich drehte es um, schrieb "für Phi" und das Datum auf die Rückseite. Als ich ihm das Bild geben wollte, schüttelte er den Kopf. "Nee, behalt‘s. Zur Erinnerung."

Ich wachte nachts auf, weil ich Lärm hörte. Phi war vor Stunden gegangen. Was erledigen. Jetzt knallten in der Küche die Schubladen in ihre Rahmen, schepperte Besteck gegeneinander, klirrten Gläser auf Holz. Ich drehte mich um, zog die Decke über den Kopf. Wie immer, verdammte Scheiße. Dreht sich alles im Kreis? Er knallte gegen einen Stuhl, es schepperte. Er fluchte.
Ich fluchte. Schlug die Bettdecke zurück und ging in die Küche. Ich blinzelte ins helle Licht und sah ihn am Herd stehen. Eier in der Pfanne. Neben ihm stand ein riesiges Glas, Klares darin. Er sah zu mir her. Ich lachte, aber mehr aus Fassungslosigkeit. "Das ist doch nicht dein Ernst."
Er grinste mich an und schwankte. "Entspann dich. Alles gut."
Die Lider zu müde, die Ränder zu rot. Das Grinsen zu breit.  
"Von wegen gut. Schau dich mal an!"
Aber er schaute nicht, sondern machte eine Dose Bohnen in Tomatensoße auf und goss sie einfach zu den Eiern. "Aber jetzt ist wirklich alles gut. Wirst du sehen." Phi kippte seinen Pfanneninhalt in einen flachen Teller. Dicke rote Tropfen platschten auf den Boden. In seinen Augen zuviel Schwarz.
Er setzte sich und fing demonstrativ laut an, zu essen. Also wurde ich auch lauter. "Glaubst du, ich schau mir jetzt die nächsten Jahre an, wie du dich zuknallst? Wenn du dazu gekommen bist, kannst du auch gleich wieder gehen."
"Sagt die richtige." Er nickte nur kurz mit dem Kopf Richtung Kühlschrank. Daneben standen sechs leere Flaschen.
Es hatte keinen Zweck mit dem Arschloch. Ich ging zurück ins Bett.

Um sieben Uhr klingelte das Telefon. Weiß irgendjemand auf der Welt, warum um sieben? Warum nicht um fünf, als Phi noch da war? Warum nicht um elf, als sie ihn gefunden hatten? Um drei, als sie meine Mutter ausfindig gemacht hatten? Ich wusste schon beim Klingeln, dass es irgendwas mit dem Scheißkerl war. Wusste ichs? Oder bilde ich mir das ein? Ich muss es gewusst haben. Alles an den letzten Tagen war anders, alles zeigte unverhohlen darauf, dass alles anders werden würde. Phi und sein Auftauchen und das Bild und die Küche. Sein halbleeres Glas, seine halbschwarzen Augen. Die getrockneten Bohnenflecken am Boden. In jedem anderen Leben hätte ich sie weggemacht. Aber sie waren immer noch da.
Ich zog mich um, ich weiß nicht warum. Die alten Klamotten gehörten zu diesem anderen Leben. Dann ging ich los, ganz langsam. Keine Eile. Da läuft jetzt keiner mehr davon.
Am Fluss standen endsviele Leute herum. Viel mehr, als sonst jemals am Fluss zu sehen waren. Sonst hätte man ihn ja früher gefunden. Von der Absperrung aus war natürlich nichts zu sehen. Ich weiß auch nicht, warum ich dort hingegangen war. Ich sollte zur Mutter. Die Polizisten und Mediziner ignorierten uns. Die fremden Leute, die gekommen waren, um meinen toten Vater anzuglotzen, eine Familientragödie zu wittern und widerliche Handyfotos von seinem Fluss und seinen Bäumen am Wegesrand zu schießen, redeten. Zu schnell, zu laut. Ich wollte mich abwenden, sah ganz kurz nur auf und da stand Phi, gegenüber, auf der anderen Seite der Absperrung zwischen anderen fremden Leuten, die ihn nicht kannten, mich nicht kannten, nicht begriffen, worum es ging. Er hatte seine Kapuze ins Gesicht gezogen, aber ich konnte ihm in die Augen sehen, als er herüber schaute, nur ganz kurz. Nicht müde, nicht zu, sondern klar wie eh und je. Ich weiß nicht mehr, wer sich zuerst abwandte, oder war es gleichzeitig?




Wieso Trash? Das ist weder ein Feedback- noch Werkstatttext. Fürs Feedback ist er mir nicht wichtig genug, für die Werkstatt ist mein Überarbeitungswunsch zu gering. Warum poste ich ihn dann überhaupt? Ich drehe mich im Kreis mit dem Schreiben. Versumpfe in meinen Themen, komm nicht von meinen Charakteren los, will nichts anderes schreiben. Wo kann ich schreiberisch noch hin? Jede längere Geschichte kann ich meinen Schreibstil nicht durchhalten. Wenn mehr Handlung dazukommt, verlauf ich mich im Banalen. Gibt es Leute, die nur Kurz- und Kürzesttexte schreiben können? Kommt man da nicht mehr raus? Gibt es Romane, die sich nicht von Handlungsabfolge zu Handlungsabfolge hangeln? Gibt es große Geschichten, in denen die Dinge passieren, indem sie nicht passieren? Hat irgendjemand auf der Welt die Ausdauer, sie zu schreiben? Und woher kriegt man die? Oder geht sowieso nur entweder-oder (außer man ist Klemens)? Vielleicht kennt das jemand oder es fällt einem irgendwas dazu ein. Gerne natürlich auch zum Text, denn ich will was lernen. Am liebsten alles, aber die Leute sagen ja immer, man soll nicht so ungeduldig sein. -.-



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Lissasgeschreibsel
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Alter: 43
Beiträge: 28
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Beitrag06.04.2016 11:43

von Lissasgeschreibsel
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Hey Ithanea,
die Geschichte hat mir richtig gut gefallen - die Sprache, die Charaktere, die Dialoge!
Über ein paar sprachliche Kleinigkeiten bin ich gestolpert beim Lesen, z.B. gleich der dritte Satz:
Zitat:
Wie sich über die grauen Schwaden immer noch grauere schoben, sah es danach aus, die Sonne würde gar nicht mehr scheinen.

Viele Grüße,
Lissa
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rieka
Geschlecht:weiblichSucher und Seiteneinsteiger


Beiträge: 816



Beitrag06.04.2016 12:37

von rieka
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Hallo Ithanea
Mir gefällt der emotionale Inhalt, der in deinem Text steckt. Die Art der Geschwisterbeziehung, der Familienkonflikt, die verschlüsselte Gefahr. Die subtile Beziehungsebene halt.
Ursprünglich wollte ich mich an deinem Text versuchen. Er interessiert mich.
Dann aber sah ich die Menge Fragen, die über den Text hinausgehen.
Weil ich an chronischem Zeitmangel leide, konzentriere ich mich erst einmal auf diese Fragen.
Ich habe kein Wissen, kann dir nur meine Überlegungen dazu sagen.

Ithanea hat Folgendes geschrieben:

Wieso Trash? Das ist weder ein Feedback- noch Werkstatttext. Fürs Feedback ist er mir nicht wichtig genug, für die Werkstatt ist mein Überarbeitungswunsch zu gering. Warum poste ich ihn dann überhaupt? Ich drehe mich im Kreis mit dem Schreiben. Versumpfe in meinen Themen, komm nicht von meinen Charakteren los, will nichts anderes schreiben.
Bist du vielleicht noch nicht zu dem eigentlichen Punkt, um den es dir geht, vorgedrungen?
Ich weiß nicht was du vorhast. Ob du eine schriftstellerische Größe werden, dein Geld mit Schreiben verdienen, deinen Fragen, Eindrücken und Empfindungen Bilder verleihen möchtest, ob du Genre-Schreiberin oder ein reales Geschehen umsetzen möchtest, Gelegenheitsschreiberin werden willst oder, oder.
Egal! Wie du selbst sagst, beschäftigst du dich mit ‚deinen‘ Charakteren. Nach meinem Eindruck durchdringst, bzw. vertiefst du mit deinen Texten bestimmte Inhalte aus dem Innenleben von Menschen, weniger das äußere Geschehen, das in deinen Texten mehr der Rahmen zu sein scheint.. Das wird dir, wenn du es irgendwann mal brauchst, zur Verfügung stehen. Es kann doch nur gut sein.  

Wo kann ich schreiberisch noch hin?
Mein Gott, so jung wie du bist, steht dir noch alles offen. Deine Texte und dein Kreisen werden dir den Weg zeigen. Betrachte es als ‚Schwangerschaft‘.
Jede längere Geschichte kann ich meinen Schreibstil nicht durchhalten. Wenn mehr Handlung dazukommt, verlauf ich mich im Banalen.
Vielleicht, weil dich Romanhandlung gar nicht so interessiert, weil du mehr an dem Transport emotionaler Inhalte interessiert bist?
Gibt es Leute, die nur Kurz- und Kürzesttexte schreiben können? Kommt man da nicht mehr raus?
Ich komme über Geschichten nicht hinaus. Ich bin allerdings auch wesentlich kürzer als du im Lernmodus und ohnehin kein Maßstab. Ich glaube es ist ein Entwicklungsprozess.
Ich weiß allerdings aus dem Antiquariat, dass eine Menge Schriftsteller lange „lediglich“ Erzählungen, Novellen, Kurzgeschichte etc. geschrieben haben, bis sich dann in ihnen ein ROMAN formiert hat.
Dann kommt es vielleicht auch auf den Anspruch nach Perfektion an????

Gibt es Romane, die sich nicht von Handlungsabfolge zu Handlungsabfolge hangeln? Gibt es große Geschichten, in denen die Dinge passieren, indem sie nicht passieren?
Ganz bestimmt. Und das ist dann große Kunst. Ich meine, im Antiquariat einige Male solchen Texten begegnet zu sein, erinnere mich aber an keinen Titel mehr.
Aus der neueren Zeit ging für mich der Roman „Alles, was wir geben mussten“ von Kazuo Ishiguro in diese Richtung, obwohl darin ja sogar viel, also Ungeheuerliches, geschah. Und er schrieb dazu noch in einem Stil, der auch einfache Leser erreichte. Doppelte Kunst.

Hat irgendjemand auf der Welt die Ausdauer, sie zu schreiben? Und woher kriegt man die? Oder geht sowieso nur entweder-oder (außer man ist Klemens)? Vielleicht kennt das jemand oder es fällt einem irgendwas dazu ein. Gerne natürlich auch zum Text, denn ich will was lernen. Am liebsten alles, aber die Leute sagen ja immer, man soll nicht so ungeduldig sein. -.-


Blöd, dass ich jetzt nicht so recht weiß, wie ich mit dem Spoiler umgehen soll.
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hobbes
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Beitrag06.04.2016 16:47

von hobbes
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Fast hätte ich ja schon wieder den Fehler gemacht und nach den ersten Sätzen weggeklickt. Aber nein, dieses Mal habe ich dazugelernt.

Ich mag das so grundsätzlich. Das (fast) Wegklicken hat hier mit der Sprache zu tun, die finde ich noch überarbeitungswürdig.
Davon abgesehen schätze ich, der Text könnte noch einiges gewinnen, wenn du ihm noch ordentlich was wegnimmst. Vielleicht komme ich allerdings auch nur deshalb auf die Idee, weil das im Normalfall sowieso nie etwas schadet.

Beim ersten Lesen war ich auch noch etwas verwirrt ob der Inhalte, ein bisschen bleibt das auch nach mehrmaligem Lesen, dann geht es allerdings mehr in Richtung offene Fragen über und offene Fragen sind gut smile
Vielleicht trotzdem noch mal, was ich meine, verstanden zu haben:

Zwei Geschwister, der Vater Alkoholiker, die Geschwister auch auf bestem Weg dahin. Die Schwester von zu Hause weg, der Bruder bleibt (unter anderem?) aus Loyalität und/oder Beschützerinstinkt zur Mutter. Dann fällt der Vater in den Fluss und ist tot.

Die ganzen Zwischentöne habe ich jetzt natürlich ausgelassen.

Zum Spoiler: Tja, was soll man da sagen? Schreib doch einfach, was du willst? Wer sagt, dass es unbedingt ein Roman sein muss?
Aber gut, das kommt natürlich immer höchst auf das Warum und das Wohin des eigenen Schreibens an. Keine Ahnung, was du da für Pläne hast.
Und was soll gerade mir dazu einfallen, wo es mir doch quasi genauso geht: Figuren, von denen ich nicht loskomme, keine Ahnung, ob die Fragmente, die ich schreibe, überhaupt jemals eine Geschichte werden bzw. ob und wohin das führt.
Mittlerweile habe ich mich damit abgefunden und schreibe eben einfach das, was da ist. Wobei das momentan wohl eher schreibe ich einfach gar nichts heißen müsste Embarassed

Von daher belasse ich es einfach mal bei einem "ich will das lesen, was du schreibst", vielleicht hilt das ja smile
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Akiragirl
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Beitrag06.04.2016 17:16

von Akiragirl
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Hallo Ithanea,

ich mag das. Sehr sogar. Liegt sicher auch daran, dass es in so eine Richtung/Thema geht, was auch bei mir oft im Kopf herumspukt; die Zwischentöne, die Art, wie du dich den Figuren näherst. Du hattest mir das ja schon geschrieben aber ich sehe jetzt umso mehr, was du meinst. Wir haben da anscheinend eine ähnliche Sichtweise. Jedenfalls konnte ich mich sehr gut einfühlen in deine Figuren und habe ein bisschen eine meine Figuren in Phi wiedererkannt (du weißt ja wen ^^).
Ich liebe den Stil, da sind Feinheiten drin, da bin ich ein wenig neidisch. So präzise Formulierungen; Bilder, die du findest, die ich direkt klauen möchte für meine Geschichte.

Ich zitiere mal eine Stelle, exemplarisch herausgegriffen, um zu verdeutlichen, was ich meine:
Zitat:

Setzte mich davor auf den Boden und begann, Phis Umrisse vom Sofa, auf dem er saß, aufs Papier zu stehlen. Klaute die Schatten aus den Augen, seinen Ausdruck vom Gesicht. Als mein ganzer Bruder abgeschrieben war, nahm ich die Farben. Dreckbraunes Haar, müdeblaue Augenränder, krankbeige Haut. Erschöpftgraue Stirnfalten, leergemustertes Shirt. Die Farben waren zu schwer für ihn, er wurde von ihnen erdrückt.

Ja, sie malt ihn, aber du beschreibst hier soviel mehr. Ihre eigenen Gefühle beim Malen, ihre Gefühle dem Bruder gegenüber. Zugleich charakterisierst du Phi. Und alles ohne Phrasen und „die üblichen Sätze“, die man immer wieder liest.
Das ist toll, das ist einzig, aber das ist sicher auch anstrengend zu schreiben, kostet Zeit.
Letztlich musst du wissen, wohin du mit deinem Schreiben willst; niemand kann und sollte dir da reinreden. Aber da du ja explizit danach gefragt hattest mal mein Senf dazu:

Zitat:

Jede längere Geschichte kann ich meinen Schreibstil nicht durchhalten. Wenn mehr Handlung dazukommt, verlauf ich mich im Banalen. Gibt es Leute, die nur Kurz- und Kürzesttexte schreiben können? Kommt man da nicht mehr raus? Gibt es Romane, die sich nicht von Handlungsabfolge zu Handlungsabfolge hangeln? Gibt es große Geschichten, in denen die Dinge passieren, indem sie nicht passieren?

Eventuell kannst du mir ja mal einen Ausschnitt zukommen lassen, der für dich „Handlung“ beschreibt, und etwas umreißen, was genau daran dir banal vorkommt?
Weil, so richtig klar wird mir die Unterscheidung zwischen „Innensicht“ und „handlungsgetrieben“ hier nicht; ich finde, dieses Stück, das du eingestellt hast, das hat doch Handlung? Wie definierst du Handlung? Man hat 2 Personen, die treffen sich, es ereignet sich etwas zwischen ihnen auf einer emotionalen Ebene. Am Ende wird der Vater tot gefunden; es bleibt unklar, ob Phi mit dem Tod etwas zu tun hatte.

Zum zweiten Teil deiner Frage: Es gibt auch Romane, die eher Einzelgeschichten bzw. einzelne „Momente“ erzählen, es kommt auf die Konstruktion an. Man kann eine Rahmenhandlung entwerfen und in diese alles Mögliche packen. Da du ja nicht so sehr mit der Veröffentlichung liebäugelst, könntest du ja ruhig auch mal experimentelle Ansätze ausprobieren. Es muss ja nicht immer die „klassische Romanhandlung“ sein – oder?
Was spricht gegen … (nur ein paar Brainstorming-Ideen): Parallele Einzelgeschichten verschiedener Figuren, die am Ende (oder Anfang) zusammengeführt werden. A la „A long way down“ - einige Figuren treffen sich am Anfang (oder Ende) des Buches, um etwas zu tun, jede einzelne Geschichte wird aufgerollt, die Motive zeigen Parallelen. Oder, was ich neulich in einem Anime gesehen habe und auch extrem faszinierend fand: Dieselbe Geschichte wird als eine Art Murmeltier-Tag-Zeitschleife immer wieder erzählt, nur eine Figur hat Einfluss und verändert jedes Mal etwas, um dem scheinbar zwangsläufig katastrophalen Ende zu entkommen. Selbst erfolgreiche Bücher wie z.B. „Zusammen ist man weniger allein“ haben eigentlich sehr wenig übergreifende äußere Handlung (sie zieht bei ihm ein, kümmert sich um seine Mutter – das war's). Das Buch lebt von einzelnen, kleineren Geschichten, von Momenten zwischen den Figuren. „Geschichten, in denen die Dinge passieren, indem sie nicht passieren“ - ja, natürlich gibt es das. Vielleicht noch nicht soviel, aber wer sollte dich hindern, es auszuprobieren? smile Ich finde, man darf und sollte sich ruhig auch mal von den klassischen Erzählmustern lösen.

So, ich hoffe, das hat jetzt in irgendeiner Weise irgendetwas gestreift, was du meintest.

LG
Anne


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rieka
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Beiträge: 816



Beitrag06.04.2016 18:36

von rieka
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Hallo Ithanea
Rückmeldung zweiter Teil:

Ich finde dies einen gelungenen Text, der komplizierte, verschlungene Gefühlsmomente transportiert, dabei mehr ahnen lässt als klar darstellt. Einen Text, auf dessen Hintergründe man sich einstellen und einlassen muss. Ich mag das.


Ithanea hat Folgendes geschrieben:
Der Tag, an dem er wieder vor meiner Tür stand, war grau. Es regnete seit Wochen und der Himmel veränderte sich nicht mehr. Wie sich über die grauen Schwaden immer noch grauere schoben, sah es danach aus, die Sonne würde gar nicht mehr scheinen.
Ist die Wiederholung von GRAU hier beabsichtigt? Als Stilelement? Ich dachte, man sollte die Intensivierung der Stimmung mit vielfältigeren Wortmalereien ausdrücken, bin mir da aber keineswegs sicher.
Deshalb ist dies hier eine FRAGE.

Er stand in einer Lache vor meinem Fußabstreifer, von seinen Fingerspitzen tropfte weiteres Wasser auf die Fliesen im Hausflur.
Er stand in der Lache vor dem Fußabstreifer, also draußen, das Wasser tropft im Flur. Ich habe in meinem Kopf beim Lesen das Eintreten verpasst. Mir würde helfen: „DRINNEN tropfte weiteres …..“
"Was willst du hier?", war das erste, was mir einfiel. Jedes einzelne Wort kam mir verkehrt vor, nicht, weil es unfreundlich klang, das spielte keine Rolle, sondern weil sie wie eine Lüge daherkam, die Frage, als ginge es um Informationsbeschaffung oder Anklage, und nicht um meine Erschütterung, meine Unfähigkeit, auf die Situation zu reagieren, dass er tatsächlich vor mir stand.
Ein Stimmungsbild, das mir gefällt.
Er sah mich an, etwas zu hoch, er schaute mir nichts ins Gesicht, sondern in die Haare. In zerzauste Strähnen, in weiße und blaue Streifen getrockneter Farbe darin.
Ein Stimmungsbild, das mir gefällt.
"Kann ich ne Nacht bei dir pennen?", fragte Phi und setzte alles auf eine Karte. Hundeblick, gebrochener Kerl, kleiner Bruder, verlorenes Kind.
Ich drehte um und ließ die Tür offen stehen. Er schlich hinter mir her.
Ein Stimmungsbild, das mir gefällt.
Ich ging ins Wohnzimmer, setzte mich aufs Sofa und beobachtete ihn, wie er den Flur entlanglief und sich umschaute.
"Bist du jetzt Künstlerin, oder was?"
Ich begann, die Plastikschalen mit den Farbresten und die Pinsel auf dem Boden vor mir zusammen zu räumen. Steckte die Pinsel in das Wasserglas, lehnte das Bild an die Wand zum Trocknen und rollte die Papierunterlage, auf der ich gemalt hatte, zusammen.
"Du kennst mich ja verdammt gut", sagte ich bitter.
Ein Stimmungsbild, das mir gefällt.
Phi zog die Nase hoch und sagte nichts. Er war vor dem Bild angekommen, das ich eben aufgestellt hatte und betrachtete es ohne ein Wort. Ich weiß nicht, was er erkannte. Mir war immer egal, was die Leute darin sahen. Manche sahen Gesichter in Himmeln, Tiere in brennenden Bäumen, Zeichen an den Wänden. Wirklich, war mir scheißegal, wer was mitbrachte, um in meinen Bildern das zu sehen, was ihm passte. Aber was Phi jetzt sah, wollte ich wissen. Sah er eine Figur, ganz weit weg, ganz hinten in diesem Fenster, im obersten Stockwerk des Gebäudes, ganz am Ende einer langen Straße, bevor dahinter der Horizont begann, so schmal, dass seine Linie kaum eine Horizontale darstellte, eher einen etwas breiten Punkt? Sah er, was geschah, hinter der Figur, im schwach erleuchteten Zimmer, in dem sie nicht alleine war? Fand er, dass sie aussah, als würde sie was Dummes machen?
Die Geschwister(ver)bindung zeigt du mir hier schön subtil und doch mit kräftiger Aussage.
Nichts. Er wandte sich ab, und ließ sich neben mir aufs Sofa sacken, stuppste mich leicht an der Schulter an. "Ey, Schwesterchen, sei nicht angefressen. Ich weiß doch, dass du schon immer eine Künstlerin warst. Aber das hier ist echt großartig."
Ich fing an, zu heulen. Er nahm mich in den Arm.
Und hier löst du bei in endgültig einen Roman aus. Eine Geschichte über eine hochproblematische Familienkonstellation aus der die Prota versucht sich zu retten und es doch nur äußerlich schafft. Sie lebt ein eigenes Leben. Eigene Wohnung, eigene Interessen, eigener Lebensausdruck und doch wühlen die emotional belastenden Bindungen in ihr, haben sie fest im Griff.
"Was ist los? Mann, was ist denn los?" Er klang, als wäre er wirklich überrascht.
Ich kann’s mir so richtig vorstellen. Er WAR bestimmt auch überrascht. Hat vielleicht der Meinung, sie hat ihn, des Vaters wegen, verlassen. Auch wenn sie ihm anbot, zu ihr zu kommen.
"Wo bist du gewesen? Wieso kann man dich nie erreichen? Und was zum Teufel willst du jetzt?" Ich schüttelte ihn ab und griff mir ein Küchenpapier, das noch bei den Malsachen herumlag. Phi stand auf, setzte sich auf den Boden und zündete sich eine Zigarette an.
Er zupfte am Teppich herum, formte kleine Kugeln aus den Fusseln.
Das ist gelungen. So viel Spannung in dieser kleinen Geste.
Als wir klein waren, war ich mir sicher: Wir werden ein Leben lang zusammen sein. Phi und ich, zusammen gegen die ganze Scheiße, die dir hinter jeder Ecke auflauert. Ich pass auf dich auf, Prinz Phi, du wirst sehen. Wenn alle weg sind, bin ich immer noch da. Die alte Geschichte von Hänsel und Gretel neu interpretiert und immer wieder wahr.  Geschwisterbindung, Geschwisterabhängingkeit, Geschwisterschutz.
Seit ich ausgezogen war, hatte sich abgezeichnet: Er wollte keinen Aufpasser, er wollte niemanden. Nicht er brauchte mich, sondern ich hatte ihn gebraucht.
Sowas meinte ich oben in meinem ersten Teil, mit dem Herausarbeiten von emotionalen Momenten.
Er war weg, ab dem Moment, an dem ich weg war. Obwohl ich es versprochen hatte. Hier stimmt glaube ich, irgendetwas nicht, fehlt. Mir ist schon klar, dass dieses ES sich auf das obige Versprechen, immer für ihn da zu sein bezieht, aber muss das nicht doch etwas anders formuliert werden?
  Nicht weg, in dem Sinne von weg, so wie die letzten Monate. Aber einfach nicht mehr richtig da. Nicht mehr zuhause, nicht mehr am Telefon, nicht mehr bei mir. Ein Verselbständigungsbemühen. Solche Passage meine ich mit ‚innerem Geschehen‘. Und erkennbar ist, dass er die Verselbständigung ebenso wenig schafft wie sie, trotz seiner Coolness.
Ich sagte so oft zu ihm: Komm doch zu mir. Ich hab zwei Zimmer, das eine ist zwar klein, aber das reicht für ein Bett und deine Klamotten. Besser als zuhause, bei diesem Wahnsinnigen.
Er sagte: Ja, klar. Werd ich machen. Ich muss nur noch paar Tage was erledigen. Sonntag komm ich dann. Er sagte nie: Und was ist mit ihr? Soll ich sie etwa mit ihm alleine lassen? Soll ich mich aus dem Staub machen, wie du?
Aber er kam auch nie.
"Malst du mich mal?" fragte Phi in die Stille.
Ich schaute ihn an. Irgendwas verwirrte mich. Alles ändert sich, schoss mir durch den Kopf.
"Klar. Mach ich."
Ab hier packt mich ein Hauch Unheimlichkeit, Unberechenbarkeit. Und vielleicht, ganz schwach zu ahnen, ein Hauch von Schuld, sich-schuldig-fühlen?
Wir hatten Asiatisch bestellt. Das passte rein äußerlich schon gut, da wir im Schneidersitz am flachen Couchtisch aßen. Mein großer Tisch ächzte in der Zimmerecke unter Rechner, Drucker, Papierkram und Geschirr. Nach dem Essen holte ich dickes Papier und lehnte es auf einem Holzbrett gegen den Couchtisch. Setzte mich davor auf den Boden und begann, Phis Umrisse vom Sofa, auf dem er saß, aufs Papier zu stehlen. Klaute die Schatten aus den Augen, seinen Ausdruck vom Gesicht. Als mein ganzer Bruder abgeschrieben war, nahm ich die Farben. Dreckbraunes Haar, müdeblaue Augenränder, krankbeige Haut. Erschöpftgraue Stirnfalten, leergemustertes Shirt. Die Farben waren zu schwer für ihn, er wurde von ihnen erdrückt. Ich malte trotzdem weiter, es würde ohnehin verblassen. Und es sah sogar ein bisschen aus wie er, fand ich, als ich hinter ihm stand, und er sich freute wie ein kleines Kind über die billige Kopie. Nachdem ich den Kram weggeräumt und die Pinsel ausgespült hatte, war es trocken genug. Ich drehte es um, schrieb "für Phi" und das Datum auf die Rückseite. Als ich ihm das Bild geben wollte, schüttelte er den Kopf. "Nee, behalt‘s. Zur Erinnerung."
Auch hier wieder der Hauch von Unheimlichem, Traurigem, Ängstlichem.
Ich wachte nachts auf, weil ich Lärm hörte. Phi war vor Stunden gegangen. Was erledigen. Jetzt knallten in der Küche die Schubladen in ihre Rahmen, schepperte Besteck gegeneinander, klirrten Gläser auf Holz. Ich drehte mich um, zog die Decke über den Kopf. Wie immer, verdammte Scheiße. Dreht sich alles im Kreis? Er knallte gegen einen Stuhl, es schepperte. Er fluchte.
Wie immer!!! Bei ihm? beim Vater? bei beiden? Hier verwischt es sich. Gewollt oder unbeabsichtigt? Egal, es passt.
Ich fluchte. Schlug die Bettdecke zurück und ging in die Küche. Ich blinzelte ins helle Licht und sah ihn am Herd stehen. Eier in der Pfanne. Neben ihm stand ein riesiges Glas, Klares darin. Er sah zu mir her. Ich lachte, aber mehr aus Fassungslosigkeit. "Das ist doch nicht dein Ernst."
Er grinste mich an und schwankte. "Entspann dich. Alles gut."
Die Lider zu müde, die Ränder zu rot. Das Grinsen zu breit.  
"Von wegen gut. Schau dich mal an!"
Aber er schaute nicht, sondern machte eine Dose Bohnen in Tomatensoße auf und goss sie einfach zu den Eiern. "Aber jetzt ist wirklich alles gut. Wirst du sehen." Phi kippte seinen Pfanneninhalt in einen flachen Teller. Dicke rote Tropfen platschten auf den Boden. In seinen Augen zuviel Schwarz.
Dieser Satz. Fast könnte er untergehen. "Aber jetzt ist wirklich alles gut. Wirst du sehen." Tut er aber nicht. Wieder diese Stimmung.
Er setzte sich und fing demonstrativ laut an, zu essen. Also wurde ich auch lauter. "Glaubst du, ich schau mir jetzt die nächsten Jahre an, wie du dich zuknallst? Wenn du dazu gekommen bist, kannst du auch gleich wieder gehen."
"Sagt die richtige." Er nickte nur kurz mit dem Kopf Richtung Kühlschrank. Daneben standen sechs leere Flaschen.
Es hatte keinen Zweck mit dem Arschloch. Ich ging zurück ins Bett.

Um sieben Uhr klingelte das Telefon. Weiß irgendjemand auf der Welt, warum um sieben? Warum nicht um fünf, als Phi noch da war? Warum nicht um elf, als sie ihn gefunden hatten? Um drei, als sie meine Mutter ausfindig gemacht hatten? Ich wusste schon beim Klingeln, dass es irgendwas mit dem Scheißkerl war. Auch hier wieder die Verwischung: Bruder oder Vater
Wusste ichs? Oder bilde ich mir das ein? Ich muss es gewusst haben.
Alles an den letzten Tagen war anders, alles zeigte unverhohlen darauf, dass alles anders werden würde. Phi und sein Auftauchen und das Bild und die Küche. Sein halbleeres Glas, seine halbschwarzen Augen. Die getrockneten Bohnenflecken am Boden.   
Bei diesem Teil frage ich mich, gibst du nun zu viel Erklärung oder ist diese Auflistung nötig? Etwas, womit ich mich selbst grade sehr beschäftige und selbst noch ziemlich ratlos bin.
In jedem anderen Leben hätte ich sie weggemacht. Aber sie waren immer noch da.
Ich zog mich um, ich weiß nicht warum. Die alten Klamotten gehörten zu diesem anderen Leben. Dann ging ich los, ganz langsam. Keine Eile. Da läuft jetzt keiner mehr davon.
Am Fluss standen endsviele Leute herum. Viel mehr, als sonst jemals am Fluss zu sehen waren. Sonst hätte man ihn ja früher gefunden. Von der Absperrung aus war natürlich nichts zu sehen. Ich weiß auch nicht, warum ich dort hingegangen war. Ich sollte zur Mutter. Die Polizisten und Mediziner ignorierten uns. Die fremden Leute, die gekommen waren, um meinen toten Vater anzuglotzen, eine Familientragödie zu wittern und widerliche Handyfotos von seinem Fluss und seinen Bäumen am Wegesrand zu schießen, redeten. Zu schnell, zu laut. Ich wollte mich abwenden, sah ganz kurz nur auf und da stand Phi, gegenüber, auf der anderen Seite der Absperrung zwischen anderen fremden Leuten, die ihn nicht kannten, mich nicht kannten, nicht begriffen, worum es ging. Er hatte seine Kapuze ins Gesicht gezogen, aber ich konnte ihm in die Augen sehen, als er herüber schaute, nur ganz kurz. Nicht müde, nicht zu, sondern klar wie eh und je. Ich weiß nicht mehr, wer sich zuerst abwandte, oder war es gleichzeitig?
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Ithanea
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Beitrag06.04.2016 22:06

von Ithanea
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Hallo Lissa,

ja, mit diesem Satz stimmt irgendwas nicht. Ich hab ihn auch dauernd geändert, von "hatte es den Anschein" bis "kam es mir vor" und eigentlich hätte es dann wohl "..., als würde die Sonne gar nicht mehr..." heißen müssen(oder? War es was anderes, was dich zum Stolpern gebracht hat?), aber das passte mir nicht. Muss ich wohl anders machen. Wenn du noch weitere Sachen findest, die unrund sind - gerne her damit. Danke für deine Rückmeldung!


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Ithanea
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Beitrag06.04.2016 22:07

von Ithanea
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Hey rieka,

doppeltes Danke für deine doppelte Mühe.
Erstmal der Textteil.

Zitat:
Ist die Wiederholung von GRAU hier beabsichtigt? Als Stilelement? Ich dachte, man sollte die Intensivierung der Stimmung mit vielfältigeren Wortmalereien ausdrücken, bin mir da aber keineswegs sicher.
Deshalb ist dies hier eine FRAGE.

Ja, die war beabsichtigt, weniger als Stilelement, sondern um aufs "grau" aus dem ersten Satz zu sprechen zu kommen. Wenn das eher blöd statt gut kommt, änder ich das.  
Zitat:
Er stand in der Lache vor dem Fußabstreifer, also draußen, das Wasser tropft im Flur. Ich habe in meinem Kopf beim Lesen das Eintreten verpasst. Mir würde helfen: „DRINNEN tropfte weiteres …..“

Das sind so Haus- vs. Mietwohnungswohner-Missverständnisse, hatt ich schonmal irgendwo. Er steht im Hausflur, also innen im Haus, "draußen" vor ihrer Wohnung. Ich hatte versucht, das durch den Hausflur (im Gegensatz zu Wohnungs- oder einfach nur Flur) deutlich zu machen. Gibt es da vielleicht ein klareres Wort? Treppenhaus vielleicht.
Zitat:
Und hier löst du bei in endgültig einen Roman aus. Eine Geschichte über eine hochproblematische Familienkonstellation aus der die Prota versucht sich zu retten und es doch nur äußerlich schafft. Sie lebt ein eigenes Leben. Eigene Wohnung, eigene Interessen, eigener Lebensausdruck und doch wühlen die emotional belastenden Bindungen in ihr, haben sie fest im Griff.
...
Ich kann’s mir so richtig vorstellen. Er WAR bestimmt auch überrascht. Hat vielleicht der Meinung, sie hat ihn, des Vaters wegen, verlassen. Auch wenn sie ihm anbot, zu ihr zu kommen.

Gut zusammengefasst. Klar ist er überrascht, denkt doch gar nicht über so komplizierten Emotionskram nach. Und wenn er diese Meinung hätte (kann ich mir gut vorstellen), wüsste er es nicht.
Zitat:
Hier stimmt glaube ich, irgendetwas nicht, fehlt. Mir ist schon klar, dass dieses ES sich auf das obige Versprechen, immer für ihn da zu sein bezieht, aber muss das nicht doch etwas anders formuliert werden?

Gut, dass du das sagst. Sowas passiert mir dauernd. Ich schätze, sowas ist es auch, wenn Lissa und hobbes sagen, es gibt noch Sprachliches zu tun? Ich habe so gedacht: "Er war weg, ab dem Moment, an dem ich weg war. (Ich war weg, )Obwohl ich es versprochen hatte." Geht nicht? Oder klingt komisch, ja?
Zitat:
Wie immer!!! Bei ihm? beim Vater? bei beiden? Hier verwischt es sich. Gewollt oder unbeabsichtigt? Egal, es passt.

Das war sehr beabsichtigt. Schön, dass dir das aufgefallen ist (und passt).
Zitat:
Bei diesem Teil frage ich mich, gibst du nun zu viel Erklärung oder ist diese Auflistung nötig? Etwas, womit ich mich selbst grade sehr beschäftige und selbst noch ziemlich ratlos bin.

Ich bin da der Meinung: Wenn jemand diese Frage stellt, ist sie schon beantwortet. Dann ist es zu viel. Hier ist auch was passiert, was ich nicht so vorhatte und das hat vor allem mit dem Glas zu tun. Durch das blöde Glas weiter oben ist man vor allem auf Alkohol gepolt und gerade der spielt bei dem Phi in meinem Kopf eine geringe Rolle (zumindest geringer als bei seiner Schwester). Und wenn das Glas jetzt hier wieder erwähnt wird, kriegt es anscheinend den Anstrich von Erklärung (also im Sinne von: die haben doch alle ein Alkoholproblem und das ist hier los), was so überhaupt nicht gedacht war.* Dieser Abschnitt sollte mehr in Richtung einer Wahrnehmungsfokussierung nochmal diese Bilder holen, die ihr so im Kopf hingen, weil das manchmal so ist, dass einem Bilder einfach im Kopf hängen und man im Nachhinein denkt: Ja, da hätte ich es eigentlich schon wissen müssen. Das konnte ja nur verkehrt sein. (Zumindest mir geht das so). Aber so "nichtssagend" wie diese Erinnerungen tatsächlich sind, kommt die Auflistung hier nicht rüber, sondern klingt nach Erklärung. Also nehme ich was raus. Das Glas? Kannst du nochmal genauer sagen, was bei dir nach "zu viel Erklärung" klingt?

Ich freu mich, dass du trotz Zeit und deiner ersten, bereits ziemlich hilfreichen Nachricht nochmal zum Text zurück gekommen bist. Deine zeilenweisen Gedanken geben viel her.



Und das andere?
Zitat:
Bist du vielleicht noch nicht zu dem eigentlichen Punkt, um den es dir geht, vorgedrungen?
Ich weiß nicht was du vorhast. Ob du eine schriftstellerische Größe werden, dein Geld mit Schreiben verdienen, deinen Fragen, Eindrücken und Empfindungen Bilder verleihen möchtest, ob du Genre-Schreiberin oder ein reales Geschehen umsetzen möchtest, Gelegenheitsschreiberin werden willst oder, oder.

Ja, das ist es wohl, dass ich noch nicht dahin vorgedrungen bin, worum es geht. Wobei - ich kann schon so ungefähr sagen, worum es mir geht (oder nicht geht). Das zu schreiben, was ich schreiben will (ist ja klar), Geld und Größe sind da wurscht, aber etwas längeres (und zumindest teilweise zusammenhängendes) würde ich schon gerne schreiben. Und es ist nicht so, dass die Idee(n) dafür fehlt/fehlen, sondern dass ich schlicht das Gefühl habe, dass ich es nicht kann, zumindest nicht so, wie ich normalerweise schreibe, wie ich gern schreibe und schreiben will.
Zitat:
Egal! Wie du selbst sagst, beschäftigst du dich mit ‚deinen‘ Charakteren. Nach meinem Eindruck durchdringst, bzw. vertiefst du mit deinen Texten bestimmte Inhalte aus dem Innenleben von Menschen, weniger das äußere Geschehen, das in deinen Texten mehr der Rahmen zu sein scheint.. Das wird dir, wenn du es irgendwann mal brauchst, zur Verfügung stehen. Es kann doch nur gut sein.

Ja, das ist es schon, was mir wichtig ist und vielleicht gelingt. Mir kommt es so vor, als ob es etwas anderes gibt, das fehlt und ich weiß noch nichtmal was.
Zitat:
Mein Gott, so jung wie du bist, steht dir noch alles offen. Deine Texte und dein Kreisen werden dir den Weg zeigen. Betrachte es als ‚Schwangerschaft‘.
... Ich glaube es ist ein Entwicklungsprozess.
Ich weiß allerdings aus dem Antiquariat, dass eine Menge Schriftsteller lange „lediglich“ Erzählungen, Novellen, Kurzgeschichte etc. geschrieben haben, bis sich dann in ihnen ein ROMAN formiert hat.
Dann kommt es vielleicht auch auf den Anspruch nach Perfektion an????

Da wären wir bei der Sache mit der Geduld. Und der Ausdauer. Die waren beide schon immer mein Problem. Aber klar - du hast Recht. Es gibt wohl keinen Trick, den ich bisher nicht begriffen habe. Es ist einfach mit Lernen und Ausdauer und Zeit und Warten aufs "in sich formieren" verbunden. Das ist doch zum Kotzen. Was alles ginge, wenn man könnte, wie man gern würde!

Vielen Dank, rieka, für deine ganzen Gedanken hierzu. War mir wirklich hilfreich, auch (und gerade) Teil eins.
Und danke für den Buchtipp.
LG Lara


*was nicht heißt, dass diese Interpretation falsch wäre, @hobbes, aber dazu komm ich dann ja noch.


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Klemens_Fitte
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Beitrag07.04.2016 08:24

von Klemens_Fitte
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Guten Morgen, Lara.

Ithanea hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Er stand in der Lache vor dem Fußabstreifer, also draußen, das Wasser tropft im Flur. Ich habe in meinem Kopf beim Lesen das Eintreten verpasst. Mir würde helfen: „DRINNEN tropfte weiteres …..“

Das sind so Haus- vs. Mietwohnungswohner-Missverständnisse, hatt ich schonmal irgendwo. Er steht im Hausflur, also innen im Haus, "draußen" vor ihrer Wohnung. Ich hatte versucht, das durch den Hausflur (im Gegensatz zu Wohnungs- oder einfach nur Flur) deutlich zu machen. Gibt es da vielleicht ein klareres Wort? Treppenhaus vielleicht.


Lustigerweise habe ich an der Stelle auch erst mal gestutzt, und das, obwohl ich selbst in einer Wohnung wohne (wobei wir keine Fußabstreifer vor den Türen haben dürfen wegen irgendwelcher Brandschutzbestimmungen). Nach einer Sekunde war mir klar, wie’s gemeint ist. Treppenhaus wäre aber definitiv eindeutiger.

Zum Text: ja, gefällt mir, wobei ich am Ende – ab dem klingelnden Telefon – mehr und mehr ausgestiegen bin. Was wohl zum einen daran liegt, dass ich die Abfolge der Geschehnisse nicht mit den Uhrzeiten synchronisiert bekomme, zum anderen, weil mich die Geheimnistuerei um "ihn" stört; da hätte ich mir gewünscht, einfach lesen zu dürfen, was Sache ist.
Aber gut, ist sicher eine Geschmacksfrage. Das Ende gefällt mir allerdings wieder. Anfang und Mittelteil auch. Sprachlich gäbe es noch ein paar Sachen auszubügeln, aber darum geht’s ja vorerst nicht.

Eigentlich wollte ich nur in den Faden, um ein paar unhaltbare Thesen aufzustellen:

Ich denke nicht, dass "Handlung" per se (d)ein Problem ist; sondern Verknüpfung, sprich: all das, wo jemand etwas tut/sieht/denkt, damit man in der Handlung weiterkommt. Wo Figuren nicht mehr autonome Figuren sind, sondern sich begegnen müssen, Fäden spinnen und zusammenführen und das Gewebe der Romanform herstellen müssen. Der Roman – als kaum mehr hinterfragter logischer Zielpunkt jedes Textes/jeder Geschichte – hat eine immense Dominanz. Er fordert, dass Entwicklungen stattfinden, eine Dramaturgie eingehalten wird, Neben- und Haupthandlungen eingeflochten, zusammengeführt werden und ihre dramaturgisch-logische Auflösung finden.

Klar, man kann sich dem widersetzen. Einer der tollsten Romane, den ich in diesem Jahr gelesen habe, ist ein kompletter Flickenteppich. Wenn man aber nicht aufpasst, erdrückt die Romanform den Text.
Mein liebster – und unhaltbarster – Beweis für diese These ist Norbert Gstrein. Dessen Erzählungen Einer und Selbstporträt mit einer Toten gehören zu den Büchern, die ich immer wieder lesen kann, weil sie mir so echt erscheinen. Seinen Roman Die Winter im Süden habe ich nach ein paar Seiten abgebrochen, weil ich mir als Leser manipuliert vorkam: Ständig tauchten Figuren mit dramatischen Hintergrundgeschichten auf, wurden diesen Figuren Gegenstände in die Hand gedrückt oder sie in Situationen gebracht, anhand derer sie rückblenden durften, sie mussten dies und jenes denken oder fühlen, damit das Gewebe des Romans gewirkt werden konnte … und nichts an ihnen oder ihrem Handeln war autonom.
Man muss das, denke ich, schon sehr subtil oder charmant machen, damit ich als Leser nicht sofort den Verdacht habe, die Bestandteile der Geschichte würden zu Instrumenten der Romanform herabgewürdigt.

Wie gesagt: unhaltbare Thesen. Was das für deine Texte oder dein Schreiben bedeutet … keine Ahnung.


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nebenfluss
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Beitrag07.04.2016 20:09
Re: Phi
von nebenfluss
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Hallo Ithanea,

zunächst ein paar Gedanken zum Text, auch wenn sie so oder ähnlich schon angesprochen wurden.
Das Auswalzen des "grauen Tages" am Anfang hätte mich - wüsste ich nicht, dass der Text von dir ist - leicht abschrecken können. Eine Zeitlang dachte ich, Regen, bzw. Nässe (noch nicht trockenes Portrait des Bruders, "nicht-trockene" Alkoholiker) sei ein durchgängiges Motiv im Text, aber letztlich kam mir das doch über-interpretiert vor. Für die Atmosphäre empfinde ich die Witterung als wenig relevant, wo die Geschichte bis kurz vor Schluss in der Wohnung spielt. Die Erwähnung des Wetters trägt auch zu der Verwirrung bei, ob Phi (ein Kosename - Abkürzung für Philipp?) am Anfang im Freien vor einer Haustür oder im Flur vor einer Wohnungstür steht.

Dann kann ich mich Klemens anschließen: Über weite Strecken gefällt mir das - sowohl was passiert als auch die sprachliche Umsetzung, winzige Straffungen/Umformulierungen, die ich vorschlagen könnte, mal geschenkt. Am Ende erscheint mir das Herumlavieren um "ihn" ebenfalls etwas gewollt geheimnisvoll. Zwar kann es sich eigentlich nicht um Phi handeln, aber da man

Ithanea hat Folgendes geschrieben:

Es hatte keinen Zweck mit dem Arschloch. Ich ging zurück ins Bett.

Um sieben Uhr klingelte das Telefon. Weiß irgendjemand auf der Welt, warum um sieben? Warum nicht um fünf, als Phi noch da war? Warum nicht um elf, als sie ihn gefunden hatten? Um drei, als sie meine Mutter ausfindig gemacht hatten? Ich wusste schon beim Klingeln, dass es irgendwas mit dem Scheißkerl war.

noch im Phi = Arschloch-Modus ist, finde ich mich vorsätzlich verwirrt. Dieses nachträglich Vorhersehende, dieses "ich-hätte-es-wissen-müssen" war mir etwas zu dick aufgetragen - auch wenn klar ist, dass Menschen in solchen Situationen besonders dem Irrtum zuneigen, Zufälle bzw. subjektive Eindrücke zu objektiv erklärbarer Geschichte rekonstruieren zu können.
Das Wort "endsviel" gibt es meines Wissens nicht - und warum steht Phi auf der anderen Seite der Absperrung, wo deine Prota offenbar nicht hin darf?

Im Übriges habe ich die Geschichte gerne und engagiert gelesen. Angenehm unaufdringlicher Stil, aber auch nicht zu flach. Trash ist das in keiner Hinsicht - auch, wenn ich deine Ausrede Motivation, es in dieser Kategorie einzustellen, irgendwo nachvollziehen kann.


Zum Spoiler:
Ich empfinde Klemens' (ich fürchte, durchaus haltbare, auch morgen noch gültige) These von der "immensen Dominanz" der Romanform oft als eine Forderung der Leserschaft dem Schreiber gegenüber. Ich denke manchmal: Selbst Lyriker haben es da noch "besser", bei ihnen ist die Nicht-Affinität zum Roman wenigstens Programm. Der Kurzprosa-Autor aber ist in vielen Augen einer, dem der große Wurf noch nicht geglückt ist.
Den Selbstvorwurf der mangelnden Geduld würde ich versuchen abzulegen. Soweit ich das aus der Ferne beurteilen kann, halte ich dich nicht für undiszipliniert o. ä. Ich denke eher, dass du vielleicht den Stoff noch nicht gefunden hast, der für einen Roman nach deinen Vorstellungen taugt, also einen, der sich nicht - wie du schreibst - "von Handlungsabfolge zu Handlungsabfolge" hangelt, der sich vielleicht sogar dem (Master)Plotting verweigert, das ja oft in das mündet, was Klemens vermutlich mit "Herabwürdigung von Bestandteilen zu Instrumenten der Romanform" meint. Ein Stoff, der zu den Charakteren (oder DEM Charakter?) passt, von denen du nicht loskommst, sein/ihr eigentliches Wesen offenbart.
Diese "anderen" Romane gibt es natürlich - lies Ulysses, um mal ein ganz plakatives Beispiel zu nennen. Romane, die sich nicht der sattsam bekannten Dramaturgie bedienen, sondern nach alternativen Wegen suchen etwas zu zeigen, denen es auch um das Wie des Erzählens geht. Joyce hat mal sinngemäß gesagt, die eigentliche Intention bei 'Ulysses' sei nicht die Analogie zu Odysseus gewesen, sondern dass man Dublin anhand des Romans wiederaufbauen könnte, wenn eines Tages alle anderen Hinweise auf die Existenz der Stadt verschwunden wären. Vielleicht brauchen manche Autoren eine solche Meta-Idee, einen solchen Subtext, um sich für die Mühe eines Romans motivieren zu können; um sich auch die Freiheit zu erlauben, dafür eine ganz eigene Sprache und einen ganz eigenen Blickwinkel zu finden. Ich z. B. kann mir kaum vorstellen, einen Roman von der ersten bis letzten Zeile aus der personalen Perspektive unter Berücksichtigung von 'Show don't tell' zu erzählen. Es gibt vieles, was man landauf, landab als moderne Güteindikatoren vermittelt bekommt, die aber der eigenen Intention zuwiderlaufen.
Kann natürlich sein, dass ich hier völlig an dir vorbei schreibe. Ich klaue mir deshalb mal den "Trick" des Herrn Fitte und definiere dies alles - gerade, wo es sich auf deine Person bezieht - als unhaltbare These Cool


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rieka
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Beitrag07.04.2016 23:04

von rieka
Antworten mit Zitat

Hallo Ithanea,
Ich versuche mal, deine Fragen an mich zu beantworten.

Ithanea hat Folgendes geschrieben:
Hey rieka,

doppeltes Danke für deine doppelte Mühe.
Erstmal der Textteil.

Zitat:
Ist die Wiederholung von GRAU hier beabsichtigt? Als Stilelement? Ich dachte, man sollte die Intensivierung der Stimmung mit vielfältigeren Wortmalereien ausdrücken, bin mir da aber keineswegs sicher.
Deshalb ist dies hier eine FRAGE.

Ja, die war beabsichtigt, weniger als Stilelement, sondern um aufs "grau" aus dem ersten Satz zu sprechen zu kommen. Wenn das eher blöd statt gut kommt, änder ich das.  
Nicht so schnell.
BLÖD kommt das ganz bestimmt nicht rüber. Ich verstehe deine Formulierung sehr wohl als Verstärkung der Beschreibung des GRAU. Nur – was ich als bis vor etlichen Monaten unbedarfter Leser nicht registriert hätte, tickt nun in meinem Kopf als noch unausgegorene Regel, wonach Worte sich nur zielgerichtet, oder in dringendem Notfall, wiederholen sollten. Ansonsten sollte der Lebendigkeit wegen die Bedeutung des Gesagten in unterschiedlichen, evtl. auch malerischen Bildern, also anderen Worten eingesetzt werden.
Deshalb meine Frage, ob du das überlegt zielgerichtet eingesetzt hast. Denn ich setze voraus: Keine Regel ohne Ausnahme.
Hör doch erst mal von Anderen, was sie dazu sagen.

.
.
Zitat:
Hier stimmt, glaube ich, irgendetwas nicht, fehlt. Mir ist schon klar, dass dieses ES sich auf das obige Versprechen, immer für ihn da zu sein bezieht, aber muss das nicht doch etwas anders formuliert werden?

Gut, dass du das sagst. Sowas passiert mir dauernd. Ich schätze, sowas ist es auch, wenn Lissa und hobbes sagen, es gibt noch Sprachliches zu tun? Ich habe so gedacht: "Er war weg, ab dem Moment, an dem ich weg war. (Ich war weg, )Obwohl ich es versprochen hatte." Geht nicht? Oder klingt komisch, ja?
Für mich klingt es etwas holperig, ja. Obwohl ich genau verstehe was gemeint ist.
>>>Ich war weg – obwohl ich ES versprochen hatte.<<<
Ich MUSS mir denken, und denke mir ja auch, dass dieses ES sich auf diesen Satz
>>>> Wir werden ein Leben lang zusammen sein. Phi und ich, zusammen gegen die ganze Scheiße, die dir hinter jeder Ecke auflauert. Ich pass auf dich auf, Prinz Phi, du wirst sehen. Wenn alle weg sind, bin ich immer noch da.<<<<
bezieht. Aber da zwischen diesem Satz und diesem ES, das sich darauf bezieht eine neue emotionale Information steckt, die über die Abgrenzung und den Verselbständigungsversuch des Bruders, holpert es für mich etwas. Obwohl mir andererseits auch doch wieder klar ist, worauf sich das ES bezieht.
Auch komisch, was?
Also, da kommt das Versprechen,
dann der Hinweis auf das Verhalten von Phi, und
dann der Bezug auf das Versprechen.

.
.
Zitat:
Alles an den letzten Tagen war anders,
alles zeigte unverhohlen darauf, dass alles anders werden würde.
Phi und sein Auftauchen
und das Bild
und die Küche. Sein halbleeres Glas,
seine halbschwarzen Augen.
Die getrockneten Bohnenflecken am Boden.

Zitat:
Bei diesem Teil frage ich mich, gibst du nun zu viel Erklärung oder ist diese Auflistung nötig? Etwas, womit ich mich selbst grade sehr beschäftige und selbst noch ziemlich ratlos bin.

Ich bin da der Meinung: Wenn jemand diese Frage stellt, ist sie schon beantwortet. Dann ist es zu viel.
Der Meinung, dass die Frage damit beantwortet ist, bin ich nicht. Ich habe inzwischen so viele unterschiedliche Wahrnehmungen auf unterschiedliche Formulierungen gelesen, dass mir klar ist, dass natürlich ein großer Teil des Gelingen des Textes beim Schreibenden liegt, dass aber auch die dem Lesenden zur Verfügung stehenden Bilder nicht unerheblich beteiligt sind. Und DEN Leser gibt es nicht.
Aber speziell zu diesem Textteil von dir:  

Hier ist auch was passiert, was ich nicht so vorhatte und das hat vor allem mit dem Glas zu tun. Durch das blöde Glas weiter oben ist man vor allem auf Alkohol gepolt und gerade der spielt bei dem Phi in meinem Kopf eine geringe Rolle (zumindest geringer als bei seiner Schwester). Und wenn das Glas jetzt hier wieder erwähnt wird, kriegt es anscheinend den Anstrich von Erklärung (also im Sinne von: die haben doch alle ein Alkoholproblem und das ist hier los), was so überhaupt nicht gedacht war.* Dieser Abschnitt sollte mehr in Richtung einer Wahrnehmungsfokussierung nochmal diese Bilder holen, die ihr so im Kopf hingen, weil das manchmal so ist, dass einem Bilder einfach im Kopf hängen und man im Nachhinein denkt: Ja, da hätte ich es eigentlich schon wissen müssen. Das konnte ja nur verkehrt sein. (Zumindest mir geht das so). Aber so „nichtssagend“ wie diese Erinnerungen tatsächlich sind, kommt die Auflistung hier nicht rüber, sondern klingt nach Erklärung. Also nehme ich was raus. Das Glas? Kannst du nochmal genauer sagen, was bei dir nach „zu viel Erklärung“ klingt?
An das Glas habe ich dabei gar nicht besonders geachtet.
Ich bin mir im Nachhinein auch gar nicht mehr so sicher, ob ich diese Auflistung noch als zu viel empfinde.
Die gesamte verdichtete Atmosphäre, das extreme Verhalten Phis, die Information, die Prota dann am Telefon bekam, dies alles deutet für mich darauf hin, dass Phi am Tod des Vaters beteiligt sein kann, nicht muss, aber kann. Und dass die Prota das denkt, fürchtet, ahnt, was auch immer. Die gesamte Atmosphäre läuft darauf hinaus. Und da dachte ich, es braucht diese Zusammenfassung nicht noch mal.
Aber es ist richtig. In der Prota kann/muss es in einem solchen Moment eine solche Zusammenfassung geben. So wie man das macht, wen man plötzlich vor einer Situation steht, wo Teile sich zusammenzufügen scheinen.  
Und eine solche Zusammenfassung kann den Text noch mal verdichten.
Dazu kommt auch, dass offenbar nicht jeder der bisherigen Leser diese Möglichkeit, die für mich grausig im Raum steht, aus dem Text herausgelesen hat.  

Phi stand ja nun in der Menschenmenge gegenüber. Das kann alles Mögliche bedeuten. Eben auch, dass er mehr darüber weiß, als jeder andere.
Also ist alles weiter offen. Sehr offen.
Gelungen quälend offen.
Für mich


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BlueNote
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Beitrag08.04.2016 07:09

von BlueNote
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Hallo Ithanea,

deine Geschichte, dein Schreibstil, deine Protagonisten, deine Sprache, dein Thema ... gefallen mir außerordentlich gut. Es wird nicht einfach irgendwas irgendwie dahin erzählt. Du verstehst es, allein mit Sprache dem Text jede Menge Leben einzuhauchen. Auf mich wirkt er sehr sorgfältig und überlegt geschrieben, trotzdem aber auch sehr locker. Leicht, obwohl das Thema schwer ist, authentisch, obwohl die Protagonisten am Rande der Gesellschaft stehen (d.h. nicht irgendwelche Durchschnittsmenschen sind). Es wird mit einer Selbstverständlichkeit von ihnen erzählt, die einerseits Einfühlungsvermögen zeigt, aber auch (Menschen-)Kenntnis und die Bereitschaft des Autors, über den eigenen Tellerrand hinauszusehen. Auf mich wirken die Personen nicht irgendwie künstlich für einen Roman konstruiert, wie Hilfsgesellen für irgend eine Handlung, sondern es kommt mir vor, dass die Geschichte gerade wegen ihnen erzählt werden musste.

Einzig die Sache mit dem Vater erschien mir ein bisschen zu laut, zu plötzlich, zu überdramatisch, zu ... hmmmm ... (dann doch) konstruiert. Aber ich nehme das dem Text letztendlich ab, weil der Rest so gut ist und am Ende ja auch alles irgendwie zusammenpasst. Obwohl, ein bisschen "schade" denke ich mir auch, dass der Autor doch noch zu diesem dramatischen Schlussakkord greifen musste.

Aber insgesamt: Tolle Schreibe!
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Ithanea
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Ei 3 Pokapro 2017


Beitrag08.04.2016 14:02

von Ithanea
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Alle,

echt. Großartig, euer Feedback hier zu meinen Unsicherheiten. Ich bin auch erleichtert, dass das bis jetzt so gut funktioniert, hier einerseits Text und andererseits so Fragestellungen zum Schreiben überhaupt zu diskutieren, denn das läuft ja leicht Gefahr, durcheinander zu gehen. Ich habe darüber mit der Moderation gesprochen und es wurde überlegt, die Teile zu trennen. Aber das ist vorerst nicht nötig, weil ihr so gut auf beides eingegangen seid. Danke! Und es hat für mich natürlich einen Hintergrund, warum ich die Fragen an diesen Text dran klatsche und nicht extra in der Selbsthilfe poste. (Und zusätzlich in Ermangelung einer ordentlichen Zielsetzung das ganze dann in den Trash haue, wo es natürlich falsch ist, @nebenfluss. Ich habe auch nichts dagegen, wenn der Text im Feedback landet, auch nicht gegen Werkstatt. Falls das jemand also verschieben will - ich bin da vollständig unemotional). Meine Fragen sind ja (für mich) mit meiner Art zu schreiben verbunden, vielleicht hätte ich das Problem nicht, wenn ich anders schreiben würde/könnte/wollte, aber es ist ja so, dass ich "so"* schreiben will und damit bislang nur kurze Texte hinkriege, wobei ich durchaus lange schreiben will. Insofern schaffe ich das einerseits, was @hobbes vorschlägt (der ich da ohnhe Einschränkung zustimme), zu schreiben was ich will, und andererseits nicht.
"Was langes" heißt nicht, dass ich einen Roman mit Spannungskurve und Twist und Plot und was sonst noch ales dazu gehört schreiben will oder muss, heißt auch nicht, dass ich aus Gründen, ein "richtiger" Schriftsteller zu sein, Texte, die eine bestimmte Wortanzahl überschreiten, schreiben will. Es gibt ja viele Kurz-und Kürzesttexte, die genausoviel/mehr bewegen, eine genausogroße/größere Herausforderung sind, wie lange Erzählungen und Romane, das sehe ich schon auch so.
Trotzdem will ich etwas anderes, längeres aus dem einfachen Grund, dass ich merke, mit diesen (vielen) kurzen Texten, die sich letztendlich immer um ähnliches drehen, ist es nicht getan. Ich komm nicht los und ich bin aber auch nicht zufrieden, "jeden" nach tausend Worten wieder gehen zu lassen. Ich will mehr über die Geschichten wissen. Und ich weiß auch mehr / erfahre auch mehr, wenn ich weiterschreibe, aber jedes Mal verzettel ich mich. Es ist schwer, festzustellen, woran oder wieso, aber ich glaube, @Klemens und @nebenfluss, ihr habt Recht mit euren unhaltbaren Thesen, die sowieso niemals meine Person betreffen, dass ich einerseits Probleme mit der Verknüpfung verschiedener Flicken habe (gegen Flickenteppichgeschichten hätte ich übrigens überhaupt nichts, aber ein Flickenteppich ist ja immer noch ein Teppich und keine Flickensammlung) und/oder mit der falschen Idee/Herangehensweise rummache. Ich dachte zwar, ich hätte eine/mehrere Ideen, aber womöglich gehe ich, auch wenn es unbeabsichtigt ist, immer noch verkehrt an die Sache heran.
Ich glaube, ich habe in meinem Leben zu wenig gelesen, zu wenig geschrieben, zu wenig über Literatur kapiert, als dass ich jetzt das überspringen könnte, woran ich gerade hänge. (Auch wenn nebenfluss mir das nicht glaubt, halte ich aufgrund des bisherigen Lebens mit mir die Thesen Undiszipliniert und vor allem Ungeduldig zumindest für auch zutreffend) Darum bin ich dankbar für eure Beispiele und Vorschläge, Anne, rieka, Klemens, Nebenfluss. Vor allem, @hobbes, wie du mit Sams Geschichte verfährst oder vielleicht, wie er mit dir verfährt, hilft mir schon die ganze Zeit extrem weiter. Das ist so ungefähr das, wie ich mir das ganze vorstellen könnte.

Zur Geschichte nochmal:
hobbes hat Folgendes geschrieben:
Zwei Geschwister, der Vater Alkoholiker, die Geschwister auch auf bestem Weg dahin. Die Schwester von zu Hause weg, der Bruder bleibt (unter anderem?) aus Loyalität und/oder Beschützerinstinkt zur Mutter. Dann fällt der Vater in den Fluss und ist tot.

Ja, wieso eigentlich nicht. Über die Trinkgewohnheiten des Vaters habe ich mir eigentlich gar keine Gedanken gemacht, aber gewalttätig schien er auf jeden Fall zu sein. Die Schwester ist auf gutem Weg dahin, ja, Phi(llip) habe ich mir hauptsächlich als "anderen" Konsumenten gedacht, aber eigentlich spielt es keine Rolle.

Wie gut, dass sich bei einigen diese Möglichkeit mit dem Fluss auftat und für manche nicht eindeutig ist, ob Phi nun seine Hände im Spiel hat oder nicht. Habe ich überhaupt nicht drangedacht, gefällt mir aber umso besser.
rieka hat Folgendes geschrieben:
Die gesamte verdichtete Atmosphäre, das extreme Verhalten Phis, die Information, die Prota dann am Telefon bekam, dies alles deutet für mich darauf hin, dass Phi am Tod des Vaters beteiligt sein kann, nicht muss, aber kann. Und dass die Prota das denkt, fürchtet, ahnt, was auch immer. Die gesamte Atmosphäre läuft darauf hinaus. Und da dachte ich, es braucht diese Zusammenfassung nicht noch mal.

So war ich da auch rangegangen.

Verwirrt habe ich nebenfluss mit dem Rumreiten auf dem völlig belanglosen Wetter. Ja, das ist wohl ziemlich abgegriffen, das Wetter zur Einleitung der Stimmung zu benutzen und da ehrt es mich fast schon, dass du im Regen nach mehr gesucht hast, als letztendlich drin war. Ich gehe mal auf die Suche, ob es etwas gibt, womit ich einsteigen könnte, denn das mag ich im Moment gern, dass nach dem ersten Satz kurz was anderes kommt, bevor es dort weitergeht, wo es hin soll. (Könnte ich auch mal versuchen, zu verstehen, was ich damit will).

nebenfluss und Klemens ist der mysteriöse "er" zu mysteriös und gewollt verschleiert (und ist es auch das, was bei dir überdramatisch ankommt, @BlueNote? Oder hast du dich auf den Tod bezogen?). War nicht so nicht beabsichtigt, kann ich jetzt aber verstehen. Da werd ich mir was einfallen lassen müssen, denn ich möchte keine aufmerksamkeiterregende Geheimniskrämerei oder Verschleierung betreiben, sondern gerade im Gegenteil, das Da-Sein des Vaters über den ganzen Text hinweg trotz des Nichtauftretens im ganzen Text, wie beiläufig einfließen lassen, sodass man erst irgendwann denkt: Ach, darum gehts. Das habe ich wohl nicht hingekriegt, denn das unbestimmte "er" von dem ich dachte, da wird erstmal so drüber weggelesen, sticht gerade ins Auge, weil es mysteriös/geheimnisvoll daherkommt. Das soll so nicht.  



*wie ist das so überhaupt? Vielleicht kann man das reduziert, aber bei bestimmten, bildhaften Stellen ausgedehnt nennen? Nicht, dass das jetzt wasbesonderes wäre, aber es ist schon das, worum es mir geht, ein Stück weit.


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Ithanea
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Ei 3 Pokapro 2017


Beitrag08.04.2016 14:03

von Ithanea
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Danke, BlueNote, für deine Rückmeldung.
Zitat:
Auf mich wirken die Personen nicht irgendwie künstlich für einen Roman konstruiert, wie Hilfsgesellen für irgend eine Handlung, sondern es kommt mir vor, dass die Geschichte gerade wegen ihnen erzählt werden musste.

Da bin ich sehr froh drüber, denn so kommt es mir auch vor.
Zitat:
Obwohl, ein bisschen "schade" denke ich mir auch, dass der Autor doch noch zu diesem dramatischen Schlussakkord greifen musste.

Und ganz im Ernst: Das find ich selbst ein bisschen schade. Ich komm sehr gerne ohne Mord und Totschlag aus und habe auch immer so ein bisschen das ungute Gefühl: Ach, da hat's jetzt nocht ein bisschen Drama für die Story gebraucht. Aber irgendwie ist es jetzt darauf hinaus gelaufen. Werde aber bei der nächsten Sache wieder weniger dick auftragen, was tatsächliches "Geschehen" betrifft.

LG
Lara


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hobbes
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Beiträge: 4292

Das goldene Aufbruchstück Das goldene Gleis
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Beitrag09.04.2016 11:14

von hobbes
Antworten mit Zitat

Ich kann das total verstehen, dass es dich wahnsinnig macht, die Geschichte nicht erzählt zu bekommen bzw. dass der Geschichte mit den "üblichen" Mitteln nicht beizukommen ist.

Ithanea hat Folgendes geschrieben:
Vor allem, @hobbes, wie du mit Sams Geschichte verfährst oder vielleicht, wie er mit dir verfährt, hilft mir schon die ganze Zeit extrem weiter.

Falls es dich irgendwie tröstet: Das ist - glaube ich - die vierte ernsthafte Version. Davor habe ich versucht, auf "normalem" Weg zu erzählen, erst aus dieser, dann aus jener Perspektive. Ging eine Weile ganz gut, dann ging gar nichts mehr.
Keine Ahnung, ob das jetzt der richtige Weg ist. Bisher "funktioniert" er.

Noch mal zum Text: Was ich ja mal wieder völlig unterschlagen hatte bei meiner ersten Antwort: Gerade die Stelle, an der sie ihren Bruder malt, mag ich auch total gern. Anne hat ja praktischerweise schon gesagt, warum smile
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