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Ein Leben in nur einer Minute


 
 
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Mic000
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Beiträge: 166



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Beitrag14.01.2016 00:55
Ein Leben in nur einer Minute
von Mic000
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Hallo zusammen! Im Folgenden findet ihr den Beginn einer Kurzgeschichte. Sie ist schon seit einem Jahr fertig, daher werde ich jetzt auch keine Details mehr daran ändern, ich bin aber an Meinungen sehr interessiert. Gefällt euch der Anfang und würdet ihr gerne mehr lesen? Mir fehlt irgendwie irgendwas...


Ein Leben in nur einer Minute


Es fällt mir schwer, das Gefühl der Unruhe zu beschreiben, das mich durch und durch gepackt hatte, als ich mich im Krankenhaus befand. Das Wartezimmer, in dem ich erst stand, saß, dann wieder aufstand, wirr umherblickte, war in dieser Nacht vollkommen leer, und nur das künstliche Licht, das selbst den kleinsten Winkel grell ausleuchtete, erinnerte mich in seiner sterilen, leblosen Art daran, dass ich nicht allein war. Ich streckte meine Hand aus. Sie zitterte erbärmlich, ohne dass ich in der Lage gewesen wäre, dies zu verhindern.

Um ganz ehrlich zu sein, bin ich einer jener Bürger, die ein geregeltes Einkommen haben, in die Rentenversicherung einzahlen, sich um ihre Krankenversicherung kümmern, das Leben planen, morgens zur Arbeit gehen, abends darüber seufzen, fernsehen, mal ein Bier trinken, Pauschalurlaub, mal keinen Stress, bodenständig, was denken die Leute sonst von mir, vielleicht einen Baum pflanzen, eine Frau zu Hause-

Aber dann irgendwann trat ein Problem in mein Leben und hob es aus den Angeln. Ich nenne dieses Problem Romantik. Damit meine ich nicht, rote Rosen an Valentinstag zu kaufen und sie meiner Frau zu schenken. Im Grunde geht an diesem Tag sowieso einer aus dem Büro los und bringt fünf Sträuße mit. Wo bitte ist denn da Romantik? Ich spreche von einer tiefgehenden Lebenseinstellung, von einem inneren Traum wie das Leben hätte sein müssen! Aber ein Jahr vergeht und obwohl am Tag der Liebe ein paar Blumen in eine Vase kommen, wird die panische innere Stimme, die alles realisiert, immer lauter. Was sie sagt, ist ganz einfach: etwas fehlt. Es ist die sinnliche Vorstellung, dass das wirkliche Glück nichts Geruhsames ist, sondern ein aufschäumendes, wildes Becken voller unvorhergesehener Wunder. Ich finde, diese Idee hat etwas sehr weibliches, beinahe weibisches, aber vielleicht haftet sie sich auch einfach an alle Seelen, deren Sehnsüchte schon überreif gegärt sind, und dies alles steht mir bald selbst bevor.

Alles fing damit an, dass ich das Gefühl bekam, meine Frau nicht mehr zu verstehen, oder besser gesagt: ich hatte das Gefühl, meine Frau zu verstehen, aber ich hatte kein Verständnis für sie. Ihre noch unterschwellige Lebensunlust war für mich ein Symptom selbstverschuldeter Langeweile. Na, dann mach’ doch irgendwas Interessantes! Wenn ich von der Arbeit komme, will ich nicht darüber philosophieren, wie man das Leben leben muss. Sie muss sich ja wohl keine Sorgen machen! Wo ist denn dieser erdrückende Mantel, der sich über sie legt und ihr die Luft zum Atmen nimmt? Etwa die zu geringe Gehaltsabrechnung? Aber dann wird nur die Tür zugeschlagen, geweint und meine Entschuldigungen, die ich vorbringe, um sie zu beruhigen, werden abgeblockt. Ich wollte nur, dass alles so bleibt, wie es vorher gewesen war. Da war doch alles gut!

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MortiferSanguis
Geschlecht:männlichSchneckenpost
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Alter: 34
Beiträge: 5
Wohnort: Ostfriesland


M
Beitrag17.01.2016 13:45

von MortiferSanguis
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Hallo Inkognito.

da du keine Vorschläge zur Verbesserung haben möchtest lass ich dir nur meine reine Meinung hier.

Ich finde den Anfang recht interessant und mich würde wirklich interessieren warum diese Person im Krankenhaus sitzt, steht, wandert.

Beim Lesen hat mich eine leichte Melancholie ergriffen was wohl durchaus für deine Schreibkünste spricht.

Ich würde mich sehr freuen, mehr davon lesen zu dürfen.

Liebe Grüße

Eike
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Oktoberkatze
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 58
Beiträge: 314

Ei 1 Ei 9


Beitrag17.01.2016 17:45

von Oktoberkatze
Antworten mit Zitat

Hallo Ingoknito,

du schreibst, dir fehlt irgendetwas. Mir geht es ähnlich. Ich finde den Zusammenhang zum dritten Absatz nicht, der mir nicht zum Rest des Textes zu gehören scheint oder eine zweite Schiene betrifft, die aber nicht weiterverfolgt wird. Im Grunde genommen würde der Text für mich auch ohne diesen Absatz funktionieren.
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Mic000
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Beiträge: 166



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Beitrag17.01.2016 18:21

von Mic000
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Hallo zusammen und Danke fürs Lesen und Kommentieren!

@mortifersanguis
Vorschläge zur Verbesserung kannst du mir gerne geben! Nur, da der Text eben doch schon älter ist, werde ich deine Hinweise nur bedenken, wahrscheinlich nicht aber den Text danach abändern. Ich begrüße aber ausdrücklich alle Vorschläge!

Ich stelle den Rest des Textes dann mal rein für alle Interessierten, gerne auch zum Kommentieren.

@oberkatze
Hm, ja, vielleicht könnte man das so formulieren, dass die Struktur des Textes irritierend wirkt? Oder wie würdest du das genauer sehen? Du kannst auch gerne den ganzen Text lesen, vielleicht wird es dann klarer, was fehlt.
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Mic000
Leseratte
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Beiträge: 166



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Beitrag17.01.2016 18:24

von Mic000
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Eine Schwester ging in schnellen Schritten am Wartezimmer vorbei, ohne mich zu beachten. Ich fand sie hübsch. Vor ein paar Tagen hätte ich ihr nicht nachgesehen, doch wenn ich diese Handlung beurteile, sehe ich darin keine Schwäche mehr und ich empfinde auch keine innere Scham, dass ich etwas Ungehöriges getan hätte, obwohl meine Frau nur wenige Meter entfernt höllische Qualen erlitt. Es ist seltsam, dass dieser klitzekleine Moment, Entschlüsse in mir reifen ließ, die den Rest meines Lebens bestimmen könnten. Es mag nur ein plötzliches Verlangen nach Unabhängigkeit gewesen sein, aber für mich ist es mehr als das kurze Aufblitzen einer sonst schlummernden Leidenschaft. Wenn richtig leben bedeutet, dass man den gesellschaftlichen Zwang und die kleinbürgerliche Routine verneint, bleibt nur die volle Konzentration auf das eigene Ich. Dieser zugegebenermaßen furchterregende Gedanke, der mein Ego bis zum Hals pulsieren lässt, steht bei aller Beteuerung der guten Absichten im Gegensatz zur Gemeinschaft und bringt einen gewissen Fäulnisgeruch in den Garten der Nächstenliebe. Ich befinde mich an einem Ort, auf den ich zuvor nicht einmal einen schnellen Blick riskiert hätte.

Wenn ich meine Geschichte erzähle, darf der Leser mich aber nicht als einen traurigen Clown betrachten, der in einem tristen Wartezimmer ausharrt, das eine tragische Metapher für sein Leben darstellt. Ich sehe einen Mann, der grundlegend erschüttert ist.

Die Frage, ob ich meine Frau liebe, habe ich mir nie gestellt, nicht als ich sie das erste Mal traf, noch als ich sie heiratete. Es war für mich einfach klar, dass es eine für die Ewigkeit bestimmte Zugehörigkeit zwischen uns gab; schließlich waren wir ja zusammen. Die letzten Ereignisse eröffneten mir aber ein Tor in eine bisher unbekannte Gefühlswelt und ich muss gestehen, dass die Gefühle für meine Frau darin nicht auf einem hohen Berg thronten.

Eine Minute hatte mich verändert. Man sagt, dass es bei den meisten der Augenblick ist, in dem sie ihr erstes Kind zu Gesicht bekommen. Ich sah es nicht, sondern stand allein in einem Wartezimmer. Aber es gab diesen Moment, an dem mir bewusst wurde, das es von nun an existierte. Das war mein Augenblick. Eine Minute verstreicht so schnell für einen Mann meines Alters, es ist immerhin nur eine Minute. Diese ganz spezielle Minute war anders. Aus der Sicht meines Sohnes, der vielleicht auch erst seit einer Minute lebte, entsprach eine weitere Minute seiner gesamten bisher gelebten Lebensspanne. In dieser Zeit war er in der Lage, alle Gefühle und Gedanken, die sich jemals in seinem Köpfchen gebildet hatten, erneut in voller Gänze zu erfahren. Mir ging es genauso. In jeder Sekunde durchzuckte so viel Herz meine Adern, so viel pures Sein, dass die Leidenschaft in mir schlussendlich doch entflammte. Ich war wie ein vollkommen ausgeflippter Irrer, der gleichzeitig stoische Ruhe bewahrt.

Ich wusste, dass ich meinen Sohn liebte und dass ich meine Frau nicht liebte. Trotzdem stellte ich mir die entscheidende Frage, ob sich irgendetwas ändern würde, und wenn ja, wann? Könnte es sein, dass wir erneut in den lethargischen Schlaf verfielen, dass wir noch zwanzig Jahre zusammen leben würden und dann erst, wenn unser Sohnemann das Nest verlassen würde, erneut wie durch einen elektrischen Schock wachgerüttelt, zu dem Schluss kämen, dass das Leben nicht schön war? Es wäre dann vielleicht in einem gewissen Maß erfüllt gewesen, schließlich hätten wir einen Sohn groß gezogen, aber diese wahre Schönheit, die in ganz direkter Weise unsere Sinne anspricht, die hätte es doch vermisst.

Was aber ist diese sagenumwobene wahre Schönheit des Lebens? Ich habe sie bisher bei keinem erwachsenen Menschen gesehen, nur bei Kindern. Irgendwann ist man eben nicht mehr glücklich, jedenfalls nicht in dieser naiven Einfachheit. Man zeige mir nur einen glücklichen Mann und ich werde zum Gläubigen!

Ich sah auf, als eine Ärztin mir erklärte, mein Sohn sei eine halbe Stunde nach der Geburt gestorben. Es täte ihr schrecklich leid, aber die Risiken für eine Frühgeburt seien groß. Sie hätten alles getan, was in ihrer Macht stand. Ich lächelte traurig und ging zu meiner Frau, die stumm weinte. Man ließ uns allein und ich hielt lange ihre Hand. Viele meiner Gedanken waren belanglos geworden und als ich sie ansah, wusste ich, dass es ihr genauso ging. Sie hätte mich verlassen. Ich hätte sie verlassen.

‘Es spielt keine Rolle mehr, ob wir jetzt noch zusammen bleiben oder nicht’, sagte sie trocken. Ich blieb weiter bei ihr und streichelte sie liebevoll.

Ich hasse den Gedanken, dass der Tod unseres Kindes unserer Beziehung neuen Halt verlieh. Vielmehr hat das Leben dieses kleinen Jungen, und wenn es auch nur so kurz war und ich ihn nie gesehen habe, etwas in mir ausgelöst, dass über das hinaus geht, was man beiläufig als Erkenntnis bezeichnen kann.

Und was? Aber dann? Und jetzt? Fernsehen, zum Italiener gehen, Hautcreme verwenden, genügend Vitamine, Sport, Fitness, einen Wohnwagen mieten, Kontostand überprüfen, Kugelschreiber suchen, Werbezettel durchsehen, Kaffee am Morgen, sonntags gibt’s Brötchen, die selben Leute, die selben Gespräche, das selbe Leben-

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Oktoberkatze
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Alter: 58
Beiträge: 314

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Beitrag19.01.2016 22:28

von Oktoberkatze
Antworten mit Zitat

Hallo Inkognito,

mit dem zweiten Teil wird dein Text für mich rund. Jetzt bekommt auch der dritte Absatz für mich eine wesentliche Bedeutung. Vielleicht ist der Titel etwas unglücklich gewählt, da eine halbe Stunde ja doch wesentlich länger als eine Minute ist und auch zu erkennen ist, dass dein Prota deutlich länger als eine Minute dort auf dem Krankenhausflur mit sich, seiner Beziehung und dem Leben überhaupt hadert.

Inkognito hat Folgendes geschrieben:
Fernsehen, zum Italiener gehen, Hautcreme verwenden, genügend Vitamine, Sport, Fitness, einen Wohnwagen mieten, Kontostand überprüfen, Kugelschreiber suchen, Werbezettel durchsehen, Kaffee am Morgen, sonntags gibt’s Brötchen, die selben Leute, die selben Gespräche, das selbe Leben-

Ich hoffe für deinen Prota und seine Frau, dass die letzten drei Punkte der Aufzählung nicht den Anfang zum erneuten, immer gleichen Trott einläuten sollen.
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Mic000
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Beiträge: 166



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Beitrag24.01.2016 12:07

von Mic000
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@oberkatze
Danke für deine Antwort. Mit dem Titel magst du recht haben, aber "Ein Leben in einer halben Stunde" klingt auch nicht so eingänglich, da müsste ich mir dann schon was ganz anderes überlegen. Das Ende weist leider wirklich nicht auf ein Happyend hin...
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Sue Rovia
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

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Beiträge: 586
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Das bronzene Floß Silbernes Licht


Beitrag24.01.2016 13:48

von Sue Rovia
Antworten mit Zitat

Hallo Inkognito,

dein Werk hat mich sehr berührt, obgleich ich "diese Art von Geschichten" eigentlich fast schon verabscheue. Die Rückbesinnung auf das Eigentliche angesichts einer Tragödie ist ein Konstrukt, das bei mir zumeist auf Ablehnung stößt.
In der Hinsicht  ein großes Lob an dich. Du hast es geschafft, ausgeschöpfte, oft künstlich dramatisierte Emotionen echt werden zu lassen. Ich weiß nicht, ob man sagen kann, dass du ein vorgefertigtes Schema genutzt hast, um es tatsächlich mit Leben zu füllen, oder ob du über dieses Schema hinausgegangen bist.

Ich habe nur so ein Gefühl, dass die Geschichte unfertig ist. Dass da mehr Potential wäre, und du etwas Wesentliches herausholen könntest, das dem Leser jetzt noch verborgen ist.
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Mic000
Leseratte
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Beiträge: 166



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Beitrag24.01.2016 19:26

von Mic000
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@sue ulmer
Erstmal danke fürs Lesen und das nette Lob. Dieses Gefühl, das du mit der Geschichte hast, habe ich ja in ähnlicher Weise, nur konnte ich nicht genau herausfinden, woran es liegt. Kannst du das weiter spezifizieren oder ist es "nur" das nicht genutzte Potential, das dem Leser auffällt?
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Sue Rovia
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Beiträge: 586
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Das bronzene Floß Silbernes Licht


Beitrag25.01.2016 19:04

von Sue Rovia
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@Inkognito:
Ich habe ein bisschen darüber nachgedacht. Meine Anmerkungen erfassen das Problem nicht, aber vielleicht sind sie als Gedankenanstoß ganz nützlich.

1.
Zitat:
Eine Schwester ging in schnellen Schritten am Wartezimmer vorbei, ohne mich zu beachten. Ich fand sie hübsch.


Die Szene ist sehr fesselnd. Eine erste Erlaubnis, sich jenseits der gesellschaftlichen Norm zu bewegen. Dieser Blick auf die Krankenschwester hat mich am längsten beschäftigt, weil er sehr gegenwärtig ist. Hier liegt der Schwerpunkt tatsächlich auf dem Augenblick, nicht auf die Rückbesinnung und nicht auf die Vorwegnahme möglicher Geschehnisse.
Was ich sagen will: Du packst sehr viel Vergangenheit in die Geschichte, viele philosophische Überlegungen, und am schlussendlich auch noch eine Erwartungshaltung bezüglich der Zukunft. Dabei verlierst du aber den Moment aus den Augen.

2.
Zitat:
Vielmehr hat das Leben dieses kleinen Jungen, und wenn es auch nur so kurz war und ich ihn nie gesehen habe, etwas in mir ausgelöst


Dazu eine kleine psychologische Anmerkung: Normalerweise (und ich weiß, dass man im Krankenhaus so einiges verpfuscht) wird das tote Kind gewaschen und den Eltern gegeben, damit sie sich verabschieden können.
Das hat einen sehr wichtigen Hintergrund: Der Mensch kann den Tod eines Geliebten nicht glauben, solange er die Möglichkeit zur Leugnung hat. Wer seinen toten Angehörigen nicht visuell sieht und sich so verabschiedet, verleugnet innerlich die Tatsächlichkeit des Todes. Damit wird der anfängliche Schockzustand zwar ausgespart, aber der Mensch kann nicht "loslassen", also nicht angemessen über den Verlust trauern, weil er ihn innerlich leugnet. Er wird zum Sklaven der verdrängten Trauer.

Du musst das natürlich nicht in die Geschichte einbauen, aber vielleicht hilft es dir weiter -wiegesagt als Gedankenanstoß. Schließlich ist das Sterben des Kindes der "Handlungskern" dieser Geschichte.
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Mic000
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Beiträge: 166



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Beitrag26.01.2016 09:45

von Mic000
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@sue ulmer
Danke nochmal fürs intensive Befassen mit dem Text. Ich finde deine beiden Punkte zutreffend. Besonders deine zweite Anmerkung hat mich etwas wachgerüttelt und mir das offenbart, was du vorher eigentlich schon als verschenktes Potential bezeichnet hast. Ich hätte vielleicht noch eine halbe Seite bis Seite mehr schreiben und die Auseinandersetzung der Eltern mit dem Kind dabei herausheben sollen. Dadurch würde das ganze auch "mehr in den Moment gerückt" und vielleicht eingängiger und interessanter. Ich denke, ich werde mich dem Text jetzt doch nochmal mehr widmen und einige Änderungen vornehmen. Vielen Dank für deine Kommentare!
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Sue Rovia
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 30
Beiträge: 586
Wohnort: Metronom
Das bronzene Floß Silbernes Licht


Beitrag26.01.2016 16:51

von Sue Rovia
Antworten mit Zitat

@Inkognito:
Ich glaube in jedem Fall, dass sich die Arbeit lohnen wird.
Gerne gelesen und kommentiert
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Zantje
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Z


Beiträge: 3
Wohnort: Ire Lande


Z
Beitrag11.02.2016 00:18

von Zantje
Antworten mit Zitat

Ich mochte die Geschichte wirklich sehr. Thematik, Sprache, Aufbau, alles super. Den oben genannten Hinweis, dass die Gegenwart evtl. etwas zu kurz kommt, finde ich richtig. Auch wenn es mir selbst nicht so aufgefallen ist.
LG


_________________
Alles kann, nix muss.
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weltensegler
Geschlecht:weiblichWortedrechsler


Beiträge: 85
Wohnort: Nürnberg


Beitrag03.03.2016 22:58

von weltensegler
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Hallo Mic000,

ich bin ganz neu hier und dies ist meine erste Antwort zu einem Thema, daher bitte ich um Nachsicht, wenn die Form nicht ganz passen sollte.

Dein Text hat mich sehr berührt. Ich konnte zwar erst mit Hilfe des zweiten Teils das Ausmaß der bitteren Selbstreflektion deines Protas erfassen, wollte aber nach dem ersten Teil unbedingt wissen wie es weiter geht.

Mir ging es auch so, dass die Episode mit der vorbeirauschenden Krankenschwester große Spannung erzeugt hat. Der fast schon anarchische Widerstand gegenüber der anerzogenen Moral. Der Wendepunkt. Das "ich" verdrängt das falsche "wir" - und ist doch mehr eine verantwortungsvolle Hinwendung zum eigenen Bedürfnis nach Tiefe und Erfüllung als ein egoistisches Wegstoßen der langjährigen Partnerin...

Das Ende ist fatal. Glaubwürdig und unversöhnlich, wenngleich mein romantisches Herz sich eine Trennung der Beiden in friedlicher Übereinkunft wünschen würde. Dann dürfte der Prota allein in den Sonnenuntergang reiten, statt im Hamsterrad mit einer Tüte Chips auf dem Bauch sein Leben zu verschlafen wink

Mir gefällt der Ansatz, dem Abschied vom Kind Raum zu geben. Daraus könnte eine größere Dynamik entstehen. Die Frau hätte unter Umständen einen größeren "Auftritt", woraus sich eine noch deutlichere Spannung (oder auch das Fehlen einer solchen) zwischen den beiden Eltern entwickeln könnte...

Liebe Grüße vom weltensegler
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Mic000
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Beiträge: 166



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Beitrag05.03.2016 11:13

von Mic000
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Hallo weltensegler.

Toll, dass du dir die Mühe gemacht hast, deine Gedanken über den Text so umfangreich zu formulieren. Vielen Dank dafür! Dass dir der Text gefallen hat, freut mich natürlich sehr.

Wie schon deine Vorredner merkst du auch an, dass ich die Auseinandersetzung mit dem Kind hätte ausbauen sollen. Ich denke, dieser Hinweis ist richtig und ich bin froh, dass du das nochmal heraushebst. Das ist auf jeden Fall der Ansatzpunkt, von dem aus ich die Geschichte etwas ändern möchte.

Viele Grüße!
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