18 Jahre Schriftstellerforum!
 
Suchen
Suchabfrage:
erweiterte Suche

Login

Jetzt erhältlich! Eine Anthologie von und mit unseren Usern. Jetzt bestellen! Die erste, offizielle DSFo-Anthologie! Lyrikwerkstatt Das DSFo.de DSFopedia


Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Was suchst Du in Madagaskar?
Teil 16 Malaria


 
 
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
 Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  « | »  
Autor Nachricht
teccla
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 66
Beiträge: 160
Wohnort: Costa Blanca


Was suchst Du in Madagaskar?
Beitrag09.04.2008 20:47
Teil 16 Malaria
von teccla
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Stunden später saßen wir beim Mittagstisch. Jan und Sebastian erzählten von den Häusern, die sie angesehen hatten. Sebastian schwärmte von einem Haus, das ihm besonders gefiel..
“Okay, dann sehen wir es uns an.“
“So einfach geht das nicht. Wir brauchen die Deutschlehrerin. Am besten wir fahren zu ihr und fragen, wann sie Zeit hat.“ sagte Jan.

Als wir endlich in dem madagassischen Viertel vor ihrer Tür standen, war sie nicht zu Hause. Ihre kleine Schwester öffnete uns, erklärte auf Englisch, dass sie ihr den Treffpunkt ausrichten würde.
Dieses Viertel bestand aus vielen kleinen einfachen Häuschen, die wohl weniger als zwei Räume hatten. Alles sah baufällig aus und herunter gekommen. Links führt ein stinkender Abwassergraben vorbei. In den kleinen Vorgärten Plätzen und Nischen zwischen Häusern, Hütten und Marktständen wuchsen üppige tropische Pflanzen. Umrahmt wurde der Anblick von hohen Palmenhainen. Die Luft war heiß und der Schweiß trieb aus allen Poren. Treibhausklima. Ohne sich zu bewegen, war die Kleidung schnell durchnässt von Schweiß.

Am Nachmittag trafen wir, wie verabredet, Rondro, die Deutschlehrerin, sie war zurückhaltend. Sagte nicht viel, aber übersetzte. In einem Taxi fuhren wir zum Maklerbüro. Der Makler war ein großer breiter Mann, der viel lachte und seine wenigen verbliebenen Zähne zeigte. Ein schmieriger Typ.
Das Haus, das wir mieten wollten, war vergeben. In dieser Gegend wurde auch so schnell nichts frei, sagte der Makler. Schade, Sebastian hätte sich gefreut.
Alfred, der Makler, zeigte uns noch einige Wohnungen.
Nach mehreren Stunden Besichtigungstour sagte ich: "Nein, er versteht nicht, was ich unter Wohnung verstehe. Bezugsfertig ist für mich etwas anderes". Alfred machte nun einen letzten Versuch, und das Haus war akzeptabel.

Inzwischen hatte es angefangen zu regnen. Wir patschten durch aufgeweichte Straßen. Das Haus lag auf einem Grundstück, dass sehr begrünt war. In einem wilden Garten standen Palmen, tropischen Pflanzen und blühende Bäume. Das Haus hatte vier Räume, wurde renoviert, hatte aber keine Glasscheiben in den Fenstern, keine Ventilatoren, keine Steckdose im Bad, kein warmes Wasser. Die Zimmerdecke war mit Leinen bespannt. Die Türen waren weder dicht noch einbruchssicher. Der Wäscheplatz nicht abgegrenzt und das Grundstück offen, es gab keinen Zaun. Es gab auch keine elektrischen Sicherungen.
Egal, es war gut gelegen, nur fünf Minuten zu Fuß zur City und das Meer direkt vor der Tür. Wir mieteten es für 250 Euro (durch die Kursentwicklung waren es später nur knapp 80 Euro). Von der Terrasse aus konnte man die See rauschen hören und stellen weise auch zwischen den Blättern der Kokospalmen und exotischen rot und gelb blühenden Pflanzen sehen. Das Grundstück war groß. Hunde, Katzen und Hühner lebten einträglich neben einander.
Wir verabredeten einen Termin, um den Mietvertrag abzuschließen.

Mit Rondro ging ich am nächsten Abend zur Vermieterin. Sie hatte zwei kleine Mädchen. Das Haus war einfach aber gemütlich eingerichtet. Mir fielen Spitzendeckchen auf, Sofakissen und Schwere massive Holzmöbel. Die „gute Stube“ hatte neben dem Sofa, Couchtisch auch einen großen schweren Esstisch mit sechs Stühlen. Alles sah gut bürgerlich aus. Für meine Begriffe zu sehr nach Omas Wohnstube.
Wir besprachen den Mietvertrag. Ich freute mich über die nette Nachbarschaft und auf ein eigenes Heim. Vielleicht kam nun wieder etwas Normalität in unser Leben.

Noch bevor wir aus dem Hotel aus-checkten, erwischte mich die Malaria. Ich lag mit Fieberschüben im Bett und bekam wenig mit. Jan und Sebastian tauchten ab und zu auf, verschwanden wieder. Jan ließ mir das Handy am Bett. Irgendwann rief er an. Ich träumte gerade von meinem Elternhaus.
Meine Mutter, die vier Jahre zuvor verstorben war, wollte das Haus verlassen. Mein Vater war auch da. Ich wollte mit meiner Mutter mitgehen, doch sie wollte allein zur Tür hinaus.
Mein Klagen „Mutti nimm mich mit“ weinte ich nun im Halbschlaf ins Telefon.
Jan fragte:“ Was ist denn los?“
„Mutti will ohne mich gehen. Sie dreht sich nicht mal um. Sie soll mich mitnehmen“ wimmerte ich. „Ich komme, du hast Fieber, das ist nur ein Traum. Ich komme sofort.“
Wenige Minuten später war Jan an meinem Bett. Er redete auf mich ein und beruhigte mich.
Ich kann mich noch erinnern, wie nass geschwitzt, kraftlos ich dahin dämmerte und ihn nur schemenhaft wahr nahm.

Am anderen Tag checkten wir aus dem Hotel aus. Jan räumte das Hotelzimmer. Mit dem Taxi fuhren wir in unser neues Heim. Ich wurde sofort ins Schlafzimmer verfrachtet. Jan hatte Möbel, Betten, Tisch und Stühle gekauft.
Da lag ich in dem Bett, schaute durch das offene Fenster nach draußen und sah nur kräftiges Grün, hörte Vögel zwitschern und die Sonne lugte durch die Blätter herein. Das war wirklich schön. Doch ich lag im eigenen Saft und schlief vor Schwäche immer wieder ein.
Jan war ständig mit Gunter unterwegs. Er kam selten zu mir herein. Er kümmerte sich weiter um die Zollpapiere.

Mein Fieber kam in Schüben. Ich hatte kein Zeitgefühl mehr und verbrachte diese Tage in einer Art Trance. Zwischen Realität und Traum konnte ich nicht unterscheiden. Öffnete ich die Augen, sah ich Menschen vor mir, die in der Kindheit eine Rolle spielten oder schon lange verstorben waren. So schloss mal mein Vater die Fenster, weil sich die Gardine auf bäumte.
Doch mein Fenster hatte keine Flügel, die man schließen konnte...
Mein Vater war zu dieser Zeit 8700 km entfernt in einem Pflegeheim.

Wenn ich die Zimmerdecke anschaute, so bewegte sich der gespannte Stoff und vermittelte den Eindruck, etwas würde dahinter tanzen.
Irgendwann standen alle drei, Jan, Gunter und Sebastian vor meinem Bett und schauten mich komisch an. Dann sagte Gunter „Ich denke, es ist besser einen Arzt zu rufen. Wir können doch mal losfahren und fragen. Hier soll in der Nähe eine Ärztin sein. Die kann doch mal herkommen.“
“Na dann fahren wir los.“ sagten sie und weg waren sie. Ich schlief wieder ein.
Kurze Zeit später standen sie erneut vor meinem Bett.
“Angela, die Ärztin haben wir gefunden“ sagte Gunter, „sie wird gleich hier sein.“
Ich schlief wieder ein.

Jemand schlug mir leicht ins Gesicht, ich erwachte. Sie war da. Eine kleine untersetzte Person. Nettes Gesicht, sehr freundlich. Sie sprach mich auf Englisch an. Ich bekam eine Spritze und verschiedene Medikamente. Die Spritze selbst war eine steril verpackte Einwegspritze. Das fand ich gut.
Hatte ich doch gelesen, dass in Afrika viele Infektionen mit dem AIDS-Virus durch unsaubere Injektionsnadeln zustande kommen.
Erst nach einigen Spritzen ging es mir besser und ich rappelte mich wieder auf. Mein Kreislauf kam nur langsam in Schwung. Das ungewohnte Klima machte mir zu schaffen. Ein böser Husten quälte mich noch die folgenden Wochen.



_________________
Wenn du immer nur tust, was du schon kannst, bleibst du, was du bist.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Gabi
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 53
Beiträge: 1216
Wohnort: Köln


Beitrag09.04.2008 21:38

von Gabi
Antworten mit Zitat

Oh, je! Angela, den Fieberwahn hast du toll beschrieben. Hoffentlich wird es bald besser.

L.G.
Gabi


_________________
"Das hier ist mein Dach und mein Tag!" (Oma Thea macht die Fliege)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
Seite 1 von 1

Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Was suchst Du in Madagaskar?
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen.
In diesem Forum darfst Du keine Ereignisse posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten
Du kannst Dateien in diesem Forum herunterladen
 Foren-Übersicht Gehe zu:  


Ähnliche Beiträge
Thema Autor Forum Antworten Verfasst am
Keine neuen Beiträge Werkstatt
Neumond, Teil 1
von jcl
jcl Werkstatt 13 22.03.2024 15:39 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Roter Teppich & Check-In
Teil des Schiffs, Teil der Crew
von NIKSTK
NIKSTK Roter Teppich & Check-In 8 19.07.2023 01:07 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Trash
Der Mann der es kann - Teil 1
von Günter Wendt
Günter Wendt Trash 13 21.05.2023 16:29 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Einstand
Ein erster Teil meines Textes
von Willi60
Willi60 Einstand 4 26.07.2022 14:41 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Redlight District
Ein ganz normaler Mann (Teil 1)
von Hera Klit
Hera Klit Redlight District 6 12.06.2022 20:04 Letzten Beitrag anzeigen

EmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungBuchEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungBuchEmpfehlung

von Boro

von Boro

von Mogmeier

von preusse

von MShadow

von MShadow

von Mogmeier

von EdgarAllanPoe

von MDK

von Rike

Impressum Datenschutz Marketing AGBs Links
Du hast noch keinen Account? Klicke hier um Dich jetzt kostenlos zu registrieren!