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yad vashem


 
 
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jim-knopf
Geschlecht:männlichDichter und Trinker

Alter: 35
Beiträge: 3974
Wohnort: München
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Goldene Feder Lyrik


Beitrag23.12.2015 20:58
yad vashem
von jim-knopf
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

yad vashem

ghanaische reisegruppe

mehr erstaunt als wütend eine alte rückt sich
verwirrt
das bunte kopftuch zurecht spuckt aus aber
das bedeutet nichts

sie denkt vielleicht nach
gerade über sich selbst oder an die blumen auf der veranda in
kumasi und wie pflichtbewusst die nachbarn
diese blumen wohl gießen dort

auf der veranda überhaupt
sie mag ihre nachbarn nicht der mann mit dem besten fufu der stadt angeblich
steigt manchmal nachts über den zaun und beobachtet sie
durchs fenster das weiß sie seine
schwarze haut fast gelb im mondlicht
schimmernd eine kipa
segelt zu boden jemand
übergibt sich

tagsüber riecht die hitze über den hupenden autos am central market nach
brennendem müll und irgendewie so als
würde man erde abkochen das ist es denkt sie das ist der geruch
gekochte rote erde wie es sie
an den stadtränden gibt von kumasi und unten am lake bosumtwi warum
ist sie darauf noch nie gekommen und unter den steinstufen der
altstadt von jerusalem vielleicht

abgekochte erde

ist das der grund warum die leichenberge auf den übergroßen
schwarz-weiß fotos nur machen dass sie
sich stumpf anfühlt (ganz taub so alt könnte man sie
kneifen wieder und wieder und sie würde nichts davon mitbekommen) weil
sie keinen geruch haben die fotos (sie riechen nicht einmal nach
papier) oder ist es ihre
hautfarbe die so anders ist als die der gelben leichen gespannt über
knochen ganz verwittert und ledrig das
fragt sie sich

und es kommt ihr ganz eigenartig vor dass
sie sich das fragt

die kotze auf dem boden sagt ihr da schon mehr
eine kipa schwimmt darin
vielleicht falafel denkt sie oder banku und
der mann der daneben kniet wie ein heiliger röchelt noch ganz sanft ein
paar wärter kommen helfen ihm hoch er geht weg

ich werde ihn nie mehr wieder sehen denkt sie

der lake bosumtwi
ein paar palmen am strand nicht mehr dem
wasser zugeneigt weil der boden langsam abgleitet sie werden
hier nicht mehr lange stehen sie gibt ihnen noch ein jahr oder zwei
bevor sie herausbrechen abknicken aus dem
schlammigen untergrund dahinter viel grün und dahinter
ist auch grün wie sehr sie diesen see liebt mit den
süßwasserparasiten wie sehr sie ihn liebt und

die kinder kohle in den erdlöchern
den roten erdlöchern am lake bosumtwi sie spielen

das wort

ganz plötzlich und gar nicht an sie
gerichtet der es gesagt hat (sie sieht noch einen moment seinen hinterkopf blond) verschwindet
schon wieder hinter einer installation sie meint
es könnte deutsch gewesen sein aber das ist nur
ein wirrer eindruck sie kennt niemanden der deutsch
spricht (sie hat noch nie ein deutsches
wort gehört) und dann da plötzlich dieses

wort ganz irrsinnig plötzlich ganz vereinzelt hinter ihr aber es
war dieses wort und verstanden hat sie nichts davon und das wort und
jemand wischt die kotze weg mit einem tuch aber das
sieht sie nicht sie fühlt nur plötzlich das
grauen wie es sich um sie drängt

der see
die sonne über dem see

sie fragt sich wo dieser see liegt eigentlich wo er
sein zentrum hat und
es kommt ihr ganz eigenartig vor dass
sie sich das fragt

der der die kotze wegwischt ist nicht sonderlich geschickt er
verteilt die kotze viel eher auf dem fußboden dabei
sieht er angewidert aus und er hält nur
einen kurzen moment inne höchstens die zeit in der man blinzelt oder
in der einer stirbt während
die alte schwarze neben ihm das grauen packt taumelt im

zentrum in das

zentrum



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Mettbrötchen
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 35
Beiträge: 490
Wohnort: Rheinland
Ei 1


Beitrag23.12.2015 23:12

von Mettbrötchen
Antworten mit Zitat

Roman, das ist wahnsinnig geschwätzig und dümpelt mit zunehmender Dauer nur noch vor sich hin. Filter doch erstmal die Ideen und Eindrücke und streich den Kram raus, der redundant und nichtssagend ist. Dann die Versarbeit: Da sehe ich kein Konzept. Wieso sind manche ellenlang und andere normal lang?

Ich warte mal ab, was von anderen Lesern noch kommt.

LG David


_________________
I read somewhere how important it is in life not necessarily to be strong... but to feel strong.
(Christopher McCandless
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jim-knopf
Geschlecht:männlichDichter und Trinker

Alter: 35
Beiträge: 3974
Wohnort: München
Das Goldene Pfand DSFo-Sponsor
Goldene Feder Lyrik


Beitrag24.12.2015 01:51

von jim-knopf
pdf-Datei Antworten mit Zitat

guten abend david,

schön von dir zu hören.
vielleicht warten wir wirklich noch bis morgen, ob sich noch was tut hier.
dann können wir vielleicht ein bisschen tiefer einsteigen.

vielen dank und gute nacht,
roman


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firstoffertio
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Beitrag25.12.2015 00:48

von firstoffertio
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Ich musste mich auch bemühen, weiter, zu Ende, zu lesen. Das ist lang, und irgendwie öde, aber auch beliebig, und da fehlt etwas, was mich mitreißt. In Form von Lyrik zumindest. Vielleicht wäre das tatsächlich mehr kurzprosageeignet, wie es ist?
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Eredor
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Beiträge: 3416
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Traumtagebuch
Beitrag25.12.2015 16:07

von Eredor
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Mir geht es da nicht ganz so: Wenn der Roman über einen Ort schreibt, versetzt man sich während des Lesens an diesen Ort. Die Sprache muss taumeln und gerade diese scheinbaren Redundanzen geben mir in deinen Texten dann doch mehr als gedacht (hat mich schon immer an Sachen von Hubert Fichte erinnert, die wirken bei mir ähnlich); weil die ganz intuitiv etwas auslösen und das macht die Gedichte auch so empfindsam. Firstoffertio und David haben aber recht, wenn sie sagen, dass der Text gestrafft werden kann. Man merkt schon, dass das Gedicht sich in den letzten paar Zeilen entladen will, aber als es das tut, hat es schon zu viel aufgenommen, wie ein Schwamm, der so vollgesogen ist dass er schon auf die Wischfläsche tropft, bevor er sie überhaupt berührt; und das macht das Ende zwar stark, aber ich glaube nicht so stark wie es sein könnte. Irgendwie kann mich nur noch das Abstrakte "Zentrum in das / Zentrum"  festhalten und ich sitze da und denke und denke und weiß gar nicht, warum mich der Schluss so berührt - und wenn ich an den Rest des Textes denk, weiß ich, dass er eine Atmosphäre transportiert, aber auch, dass er zielgenauer ausgerichtet sein könnte.
Die unterschiedlichen Verslängen finde ich sehr interessant, die geben dem Text erst seine Wirkung, finde ich.

Ich les mir das jetzt noch paar mal durch, ich glaube nämlich, ich übersehe etwas.

Schön, dass du wieder da bist!

LG Dennis


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"vielleicht ist der mensch das was man in den/ ersten sekunden in ihm sieht/ die umwege könnte man sich sparen/ auch bei sich selbst"
- Lütfiye Güzel
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Quadratschädel
Geschlecht:männlichLeseratte
Q

Alter: 70
Beiträge: 159
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Q
Beitrag26.12.2015 17:53

von Quadratschädel
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Jim Knopf, mein Eindruck: So wie du das Gedicht aufbaust mit allen Nebensträngen, die für mich kaum einen Hauptstrang ergeben, und auch durch seine Länge scheint mir das Gedicht eher ein lyrischer Prosatext zu sein. Ist ja nichts Neues: Ein Gedicht verdichtet Gedanken. Im Prosatext kann man schon mal abschweifen, wie du das tust. Nimm den Hauptteil, und du hast dein Gedicht über Yad Vashem. Nebenbei, vielleicht nicht so wichtig, aber mich stört das Wort "Kotze" bei diesem Thema.

Quadratschädel
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Strichpunkt
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S


Beiträge: 166

Bronzene Neonzeit


S
Beitrag27.12.2015 02:43

von Strichpunkt
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Ich schleiche schon einige Zeit um diesen Text herum, habe aber noch keinen sicheren Tritt gefunden.

Viele Bilder gefallen mir und ich sehe in dieser angelegten Geschwätzigkeit durchaus Struktur. Ich empfinde es jedoch auch als etwas zu lang, aber keineswegs als öde.

Es scheint mir, als suche der Text (s)ein Zentrum (das er vielleicht nicht hat?!).
Bin gespannt auf deine Antworten, jim-knopf.

Liebe Grüsse
Strichpunkt
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Lorraine
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Wohnort: France
Das goldene Stundenglas Ei 10
Lezepo 2017 Pokapro 2016


Beitrag27.12.2015 11:19

von Lorraine
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Es ist: ein Prosagedicht. Allein, weil so vieles von dem, was du grafisch abgesetzt hast, was hervorgehoben wird im Gesamtbild des Textes, in einem KurzprosaStück, in einem Fliesstext unterginge. Und - lyrische Prosa könnte, dürfte es schon gar nicht sein.

Für mich war es zunächst schwierig, damit umzugehen, wie sich hier einer anzumassen scheint, in eine fremde Haut zu schlüpfen und jetzt, nach vielmaligem Lesen, erscheint es mir immer selbstverständlicher, wie versucht wird, durch dieses ganz nahe, ungefilterte, auch unzensierte (im Sinne von: nicht Schönreden) Dabei-Sein an genau diesem Ort darzustellen, wie jede/r sich selbst im Gepäck hat, wie Eindrücke auftreffen, wie zufällige Ereignisse während des Aufenthalts, Begegnungen (einmalige, flüchtige) und auch: Klang zu Gedankenketten führen, zum eigenen Zentrum, zu Vergleichen, zum Abgleichen, zu Heimat (und was mit ihr geschieht, was uns geschieht durch Verletzung eines Ortes).

Immer, wenn ich an einen Text herantrete (vielleicht gerade, wenn es sich um ein recht langes Gedicht handelt), gehe ich erstmal davon aus, dass der Verfasser all das, was dasteht, für notwendig befunden hat. Ob ich das nun sofort oder erst später (oder gar nicht) nachvollziehen kann, bleibt erstmal im Hintergrund.

Was geschähe denn, wenn etwas aussortiert würde? Ich kann es nicht mehr sagen, denn die Schatten des Verschwundenen würden ja, bei einem solchen Text (zumindest bei mir) bleiben.

Ich möchte jetzt abwarten, aber noch anmerken, dass ich mit dem Schluss am meisten Probleme hatte, sprachlicher Natur und er sich mir erst heute erschlossen hat, soviel zu schnellschüssigen Kommentaren, die mir immer seltener heraus wollen, manches, denke ich, verträgt keine Spontanreaktion, auch wenn solche Reaktionen für den Verfasser bestimmt interessant sind.

Grüsse von hier,
L.
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Skarabäus
Eselsohr


Beiträge: 227



Beitrag04.02.2023 12:25

von Skarabäus
Antworten mit Zitat

Für mich gibt dieses Prosagedicht auf gelungene Weise wieder, wie das Grauen der Shoah unseren Schutzpanzer aus Alltäglichem durchschlagen kann und uns bis ins Innerste erschüttert im Angesicht dessen, was Menschen im Stande sind sich einander anzutun.

Viele Grüße
Skarabäus

Edit: Nach einem zweiten Blick sind mir Dinge aufgefallen, die ich anmerken möchte. Wie bereits geschrieben, würde ein wenig Straffung dem Text gut tun. Die Ausführlichkeit stört mich aber nicht, unterstreicht sie den Aspekt des repetitiv-Alltäglichen. Was mir nicht zusagt ist der Auslöser für die Realisierung des Grauens: eine blonde Person, die ein deutsch klingendes Wort spricht. Hier wird der Holzhammer ausgepackt, den es meiner Meinung nicht bräuchte oder den man durch etwas anderes ersetzen könnte.
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