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Akiragirl Dünnhäuterin
Alter: 33 Beiträge: 3632 Wohnort: Leipzig
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15.11.2015 20:00 Ghost in the attic von Akiragirl
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Ghost in the attic
Habe auf dem Dachboden nach Umzugskartons gesucht und dabei zufällig dich gefunden. In dem Plastiksack mit Elektronik, zwischen Steckern, Kabeln, Netzteilen. Eine graue Box, von Resten aufgeweichter Fußballsticker verklebt.
Ein Blick auf die Uhr. Nur noch eine Stunde. Wiege die Box in den Händen. Ich könnte … Ich könnte und ich will. Schleife den Sack hinter mir her. Staub wirbelt auf, kitzelt in der Nase. Die Treppe hinunter, zum Fernseher. Das Kabelgeflecht ist rasch entwirrt, meine Handgriffe sitzen. Stecker in Buchse, Power – Start.
Erleichtert atme ich auf. Ein Wunder: Sie läuft noch. Nach all den Jahren. Blecherne Musik strömt aus der Flimmerkiste, dazwischen das Heulen von Motoren, Zuschauergekreisch, Reifenschlittern auf Asphalt. Pixel wimmeln über den Bildschirm, fügen sich zu unendlichen Straßen, Hochhäusern, grellem Neonlicht in Großstadtnächten.
Erinnerungen drängen wie tausend wild tanzende Luftblasen zur Oberfläche: Heiße Sommertage, du und ich bäuchlings liegend; Hände an Controllern; Daumen an Joysticks. Auf dem Tisch zwei Gläser voll zuckriger Limonade, eine Tüte geriffelter Kartoffelchips mit Paprikageschmack. Durchs Fenster dröhnt ein Rasenmäher. Endlose Ferientage, vereint im Rausch der Geschwindigkeit.
Du warst Roy, der Rochen, der Funke. Hatten wir in der Schule gelernt. Roy in dem nachtblauen Ferrari; mit Stufenheck und blitzenden Chromfelgen. Roy, der jede Kurve schnitt und mich unendlich oft im Windschatten überholte. Mich, Fahrer des roten Mercedes mit dem schwarzen Blitz quer über der Kühlerhaube. Allrad, überlegen auf vereisten und verregneten Straßen.
Wir kannten jede Strecke; leisteten uns wilde Verfolgungsjagten durch Dschungelruinen (weicher Lehmboden, Geröll und Steine), Mexiko City (leuchtende Reklameschilder, glatter Asphalt, ohrenbetäubendes Heulen von Polizeisirenen), verschneite Bergpässe (glatt, steile Abhänge, Aussicht auf Gipfel und Wolkenformationen). Wir kannten jede Abkürzung, die engsten Kurven und dunkelsten Abgründe.
Oft habe ich dich beim Fahren beobachtet. Du hast den Blick keine Sekunde vom Bildschirm abgewandt. Nicht die kleinste Unachtsamkeit, kaum je ein Blinzeln. Dieser Fokus: die Augen in höchster Konzentration verkniffen, der Mund nur einen Spalt weit offen. Das schwarze Käppi schräg auf dem Kopf, über dem Tanggewirr deiner Haare. Du warst der Herr der Straße. In dem schweißfleckigen Billigshirt vom Flohmarkt, den löchrigen Jeans, die Aufschläge schlammverkrustet.
Mutter sagte immer: Ihr verschwendet eure Kindheit, geht raus in die echte Welt! Für mich waren das Zimmer, der Fernseher, das Spiel und du Welt genug. Wenn ich die Macht gehabt hätte, den Lauf der Welt anzuhalten, dann in diesem Sommer. Nichts was danach kam reichte je an dieses Gefühl heran. Abenteuer, Freiheit. Die Gewissheit, dich immer an meiner Seite zu haben. Alles zu teilen, alles zu verstehen.
Starte ein Rennen im Karrieremodus – das heißt fahren auf Zeit, ohne Gegner. Wähle den roten Mercedes, den Blitz, natürlich. Die Wüstenstrecke. Ein kurzer Einspieler rauscht über den Fernseher; Bilder, so vertraut noch nach all der Zeit. Der Countdown wird abgezählt, wie von selbst führen meine Finger die Tastenkombination für den Turbo-Start aus. Rase ein Stück geradeaus, über Holzplanken am Rande eines Sandtrichters. Da beginnt der Wagen plötzlich zu flackern und ganz langsam schält sich die Silhouette eines zweiten Autos aus dem Mercedes, fährt nur eine Winzigkeit weiter rechts als ich. Denke kurz an einen Bug, dann lösen sich die beiden Fahrzeuge voneinander. Der Rochen rauscht neben mir her. Nachtblau war er, nun ist er farblos, flimmert durchsichtig in der heißen Wüstenluft. Ein Geist*.
Erkenntnis durchzuckt mich, lähmt jeden Muskel. Der Controller entgleitet meinen Händen, fällt polternd auf das Laminat. Ungerührt fährt der Geist weiter; verschwindet am Horizont hinter Wogen aufgewirbelten Sandes. Glutheiße Wüstensonne brennt auf den Asphalt, der nun ausgestorben vor mir liegt und im Flirren der Hitze verschwimmt, als wäre er mit Wasser besprenkelt.
Greife den Controller. Pause. Abbruch. Hände zittern. Kälte in meinem Bauch. Ich starte das Rennen neu. Diesmal kein Turbo-Start. Erneut der Countdown. Ready, steady, go.
Fahre langsam an. Der Geist schießt von der Startlinie aus vor mich. Folge ihm im Abstand weniger Meter. Imitiere den Fahrstil, deinen Fahrstil. Jetzt leicht rechts, Beschleunigung. Vor der Kurve weit ausholen, dann schneiden. Du. Du, du, du, schreit es in mir. Dein Echo aus einer anderen Zeit.
Ist das alles was du drauf hast? Deine Stimme. Hier, in diesem Raum. Du sitzt neben mir, den zweiten Controller in Händen. Schneidersitzposition, den Rücken verkrümmt, nach vorn gebeugt. Die Haare fallen dir wirr ins Gesicht. Mann, fahr doch nicht wie ne Memme!
Der Ferrari beschleunigt, als die Straße sich in Serpentinen einen Wüstenfels hinauf schlängelt. Versuche mitzuhalten, gebe Gas, gerate ins Schlingern. Wie schaffst du es, so durch die Kurven zu gleiten? Der Abstand vergrößert sich. Du grinst mich an, dieses überlegene Grinsen, das so typisch für dich war. Hast sogar Zeit, dir eine Strähne aus der Stirn zu pusten. Bin ich so aus der Übung, dass du dich nicht einmal mehr anstrengen musst?
Wir erreichen einen Abschnitt, auf dem die Strecke von Sand überweht ist. Hier bin ich im Vorteil, die Reifen des Mercedes greifen besser. Gebe Vollgas, hole auf, der Abstand schwindet. Deine Finger umklammern den Controller fester; du grinst nicht mehr. Oho, das wird ja doch noch spannend! Schön. Dachte schon, du hättest alles vergessen.
Vergessen? Nein, niemals. Ich hole alles aus dem Wagen heraus, jetzt bin ich direkt neben dir. So nah.
Ein kurzer Blick. Du hast den Mund leicht geöffnet, die Lippen bilden lautlos Worte. Am Horizont schält sich aus der sandgeschwängerten Luft ein Zielbanner. Wir rasen nebeneinander her, du und ich, wie damals, in diesem Legendensommer. Ein Mensch und ein Geist – eine Erinnerung, gebannt im Speicher einer Maschine.
Ich überhole dich, nur eine Winzigkeit, dann noch ein wenig mehr. Ich werde gewinnen, das Ziel kommt näher. Höre dein anschwellendes, unwilliges Summen.
Ich zucke zusammen. Schrecken durchfährt mich wie ein Stromschlag.
Drücke den Knopf für die Bremse so fest ich kann. Der Mercedes verlangsamt sich, bleibt wenige Meter vor der Ziellinie stehen. Du rauschst vorbei; wieder erster, immer erster. Mein Atem geht schnell, im Mund der bittere Geschmack von Galle. Was hat mich gepackt, mich mitgerissen? Eine Sekunde später und ich hätte dich ausgelöscht, dich verloren. Noch einmal.
* in vielen Rennspielen wird bei Zeitrennen die Fahrt des Rekordhalters auf jeder Strecke visuell gespeichert. Dieses Abbild des realen Fahrers bezeichnet man als ghost.
Weitere Werke von Akiragirl:
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holg Exposéadler
Moderator
Beiträge: 2396 Wohnort: knapp rechts von links
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16.11.2015 07:21
von holg
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Warmherziges, schön geschriebenes Stück voller Sehnsucht und Wehmut. Einsamer jagt die Erinnerung an lieben Menschen in Form einer Rekordfahrt auf Spielkonsole. Zweifelhaft nur, ob die Konsole eine Maschine ist und ob das projizierte Speicherbild einer Rennfahrt so durch meinen inneren Schiedsrichter kommt. Der Text bewegt sich etwas unscharf am Thema. Ist mehr geschlossene Geschihchte als Fragment, vor allem wegen dem einleitenden Absatz, der gerne hätte fehlen können. Am Ende entscheiden aber Gesamteindruck unnd persönlicher Geschmack.
Rochen ist Ray ist (Licht)Strahl, nicht Roy, nicht Funken. Rechtscheibkorrektur?
_________________ Why so testerical? |
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Schreibhand Leseratte
Beiträge: 105
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16.11.2015 23:56
von Schreibhand
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Schöne darstellung...
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Literättin Reißwolf
Alter: 58 Beiträge: 1836 Wohnort: im Diesseits
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17.11.2015 10:15
von Literättin
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Nicht wirklich fragmentarisch aber spannend, gefällt mir diese Geschichte gut. Der Geist des Freundes: in der Maschine, hier in der Spielekonsole, gespeichert.
Das Rennen mit dem auftauchenden Geist liest sich mitreißend und gleichzeitig berührend. Es wird nicht eindeutig klar, ob der Freund verstorben ist, oder ob einfach die gemeinsame Vergangenheit als verronnen betrauert wird. Das ist im Grunde auch nicht wichtig zu wissen, denn der Text, wie er hier verfasst ist, schafft es, mich allein schon damit zu berühren, dass das was vom Freund geblieben ist, in diesem gespeicherten Spiel herumgeistert.
Der Freund und die Beziehung der beiden wird in der Erinnerung sehr sichtbar und mir als Leser lebendig nahe gebracht.
Schöne Geschichte, die bei mir in den Punkten landen wird.
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Ithanea Reißwolf
Alter: 34 Beiträge: 1062
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19.11.2015 16:02 Re: Ghost in the attic von Ithanea
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Mir gefällt der Text sehr gut. Irgendsoeine Magie der verzockten Sommertage, eine ganz besondere Stimmung, wenn man zu zweit stundenlang da hockt, immer und immer wieder dieselbe Stelle, bis man endlich weiterkommt, Chips und Limo Eis und Eistee, bin sofort drin.
Zitat: | Für mich waren das Zimmer, der Fernseher, das Spiel und du Welt genug. |
An manchen Stellen ist mir die Nostalgie oder die Beschreibung dieser etwas zu viel. Hin und wieder frage ich mich auch, was für ein Paar das ist: Gute Kumpels oder zwei, die verknallt sind?
Zitat: | Abenteuer, Freiheit. Die Gewissheit, dich immer an meiner Seite zu haben. Alles zu teilen, alles zu verstehen. |
Zitat: | Du. Du, du, du, schreit es in mir. Dein Echo aus einer anderen Zeit.
Ist das alles was du drauf hast? Deine Stimme. Hier, in diesem Raum. |
Insgesamt ist es aber egal, welche zwei das sind, man muss nicht alles wissen. Das Ende war unausweichlich, ich wollte schon beim Aufholen den/die Prota warnen: Was machst du da?
Zuletzt bleibt die Frage, ob das Fragment ist, trotz dieses Endes, das sich meiner Meinung nach schon konsequent hinentwickelt hat und irgendwie auch was pointenartiges hat. Aber ich denke schon, denn hier ist keine Geschichte zu Ende erzählt, hier bleiben Fragen, das ganze bleibt irgendwie ein Augenblick, ein Ausschnitt eines Lebens, in dem dieser Freund, dieser Sommer, dieses Spiel eine Rolle spielen. So gesehen ist natürlich jeder Text Fragment. Ich weiß auch nicht so recht. Ich denke nochmal nach. Wobei es bleibt: Dein Text hat mir gut gefallen.
Edit: Vom Schreibstil her gefallen mir manche andren Texte besser, dein Text gewinnt aber durch das spannende Thema. Das ist wirklich eine so geniale Idee mit dem Weiterleben in der ghost-Spur.
_________________ Verschrieben. Verzettelt. |
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Vanir7777 Wortedrechsler
V
Beiträge: 96
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V 20.11.2015 09:56
von Vanir7777
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Bei meinen Bewertungen gehe ich nach folgendem Schema vor:
Inhalt/Hat es zum Denken angeregt?
Sprache/Stil (Ich bin kein Germanist! Ich finde ein guter Schreibstil schlägt sich darin nieder, dass man den Text liest und nicht über Sätze, seltsame Metaphern o.Ä. stolpert.)
Subjektiver Eindruck
Am Ende entscheidet mein Eindruck, da ich der Meinung bin, dass Texte schwer objektiv bewertet werden können. Ich versuche aber bei Inhalt und Stil auf die Gründe einzugehen.
Eine wirklich sehr schöne und trotz all der Technik sehr menschliche und emotionale Geschichte. Hat mich wirklich berührt. Die Geschichte arbeitet auf eine sehr schöne Art und Weise heraus, dass Technik nicht nur „böse“ ist und dass es unsere Menschlichkeit ist, die uns manchmal zu Fehlentscheidungen nötigt. Oder sagt sie, dass es doch nur ein Geist ist, den ich wegen der Technik nicht loslassen kann? Super! Nach dem zweiten und dritten Lesen gefällt mir der Text noch besser als zuvor.
Die ersten drei Sätze habe ich mich an dem doch „seltsamen“ Stil gestört, das hat sich danach gelegt.
Es gab Texte, die mein Bauchgefühl noch ansprechender fand, deshalb "nur" 6 Punkte.
Kurze Frage: Hattest du ein bestimmtes Rennspiel vor Augen, als du den Text geschrieben hast?
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Babella Klammeraffe
Alter: 61 Beiträge: 890
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22.11.2015 09:37
von Babella
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Sentimentale Erinnerung an ein Rennspiel aus Jugendzeiten - schön geschrieben. Du und ich - das ist sonst die Jugendliebe, hier ist es eine Maschine, und sie wird vermenschlicht, indem sie angeredet wird. Man liebt sie, irgendwie.
Nun ist das aber nichts Spezifisches für elektronisches Gerät - Menschen vermenschlichen auch ihre Blumen, Gartenvögel, Hunde oder Klaviere, und sie geben ihren Autos Vornamen.
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Tjana Reißwolf
Alter: 63 Beiträge: 1786 Wohnort: Inne Peerle
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24.11.2015 02:33
von Tjana
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Eine gut, sehr lebhaft geschriebene Geschichte im Grunde.
Allerdings scheint mir die Einhaltung des Themas Menschmaschine grenzwertig, was ohne die "*"-Erläuterung anders gewesen wäre. Schade.
Eine Kurzgeschichte mit Anfang, Handlung und Ende.
Fragment?
_________________ Wir sehnen uns nicht nach bestimmten Plätzen zurück, sondern nach Gefühlen, die sie ins uns auslösen
In der Mitte von Schwierigkeiten liegen die Möglichkeiten (Albert Einstein) |
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rieka Sucher und Seiteneinsteiger
Beiträge: 816
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24.11.2015 13:00
von rieka
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Hallo Inco.
Es ist ziemlich schwierig für mich, den Texten dieses Wettbewerbs gerecht zu werden. Ich versuche es:
Ein Rennfahrerspiel.
Logisch aufgebaut, sprachlich lebendig, man kann gut folgen.
Mit seinem Inhalt ist der Text mir etwas fremd, was sicher mit meinen Vorlieben zu tun hat. Vielleicht reißt er mich deshalb nicht so mit.
Vielleicht ist es auch ein Männer/Frauen-Problem.
Ich hoffe, andere Kritiker wissen dir mehr dazu zu sagen.
Da ich mich zwischen vielen guten Texten entscheiden muss, bleibt für deinen Text leider kein Punkt.
LG rieka
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Gießkanne Volle Kanne ungeduldig
Alter: 21 Beiträge: 655 Wohnort: Nicht mehr in deiner Welt
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24.11.2015 17:16
von Gießkanne
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Hallo unbekannter Scheiberling,
ich beurteile Zehntausend-Texte mach Gefühlen, da die Texte für mich ein bisschen zu hoch sind, generell.
Das hat mich umgehauen! Allein die Idee hat einen Orden verdient, dazu noch die exzellente Ausführung! Alter Schwede, sag ich nur.
Gießkanne
_________________ Die Schlacke einer verbrannten Liebe im Hochofen des Herzens ist ein Nebenprodukt, das man so schnell leider nicht loswird.
Mogmeier |
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Michel Bücherwurm
Alter: 52 Beiträge: 3379 Wohnort: bei Freiburg
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25.11.2015 14:09
von Michel
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Liest Du die Süddeutsche?
In deren Freitagsmagazin tauchte genau dieses Thema vor einiger Zeit auf; damals war es der verstorbene Vater, dessen "Ghost" der Schreiber beim Wiedererwecken der Playstation sieht. Vielleicht bin ich vorbelastet, aber damit war mir die Geschichte zu unoriginell. Das gilt nicht für die Überschrift, die ich sehr gelungen finde.
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Jenni Bücherwurm
Beiträge: 3310
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25.11.2015 20:45
von Jenni
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Ghost in the attic, schöner Titel (das Englische verzeihlich, weil „Ghost“ hier als fester Begriff verwendet wird) - und angelehnt an „Ghost in a Shell“?
Schöne Geschichte auch. Mir gefällt die Idee, dass der Freund als „Geist“ in dem Spiel konserviert weiterlebt. Erzählt hast du das auch schön (und ohne in Kitsch oder Pathos zu verfallen), wie durch das Spiel Erinnerungen geweckt werden, und die Überraschung, das Begreifen, als der lang verstorbene Freund in dem Spiel auftaucht als Speicherstand, fast als wäre er wirklich da, das ist dir gut gelungen. Nichts bleibt rätselhaft und dennoch wirkt der Text nicht übererklärend. Auch die Sprache ist passend gewählt.
Wirklich gerne gelesen.
Über die Geschichte hinaus erzählt sie mir allerdings wenig (bis nichts), im Sinne des 10.000-Wettbewerbs und der Vorgaben in diesem Jahr. Das fehlt mir, spätestens wenn es an die Bewertung geht. Werde ich im Vergleich mit den anderen Texten dann sehen, wie ich das löse. Für sich gefällt mir die Geschichte sehr gut.
-> 2 Punkte
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Flotte Schreibefeder Gänsefüßchen
Beiträge: 30 Wohnort: Bayern
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25.11.2015 22:50
von Flotte Schreibefeder
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Mir hat dein Text sehr gut gefallen. Er hat mich irgendwie in meine Kindheit und die Nachmittag mit der Konsole zurückversetzt. Besonders gelungen finde ich die knappen Beschreibungen, die eigentlich nur aus Stichpunkten bestehen und doch eine ganze Welt wieder auferstehen lassen.
Das einzige, was mich etwas irritiert hat, war die Perspektive. Anfangs dachte ich, dass "du" beschreibt die Konsole, dann beschrieb es aber den verlorenen Freund, den "Ghost". Im Nachhinein wird das natürlich klar, aber im ersten Moment hat es mich iritiert.
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tronde Klammeraffe
T
Beiträge: 522
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T 26.11.2015 00:20
von tronde
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Hallo!
Fragment: hat eine Art Ende
MenschMaschine: ja, tolle Idee
sprachlich gut, meine Lieblingsgeschichte, aber das Fragmentarische fehlt mir so ein wenig.
trotzdem oben dabei
Grüße
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Eredor Dichter und dichter
Moderator Alter: 32 Beiträge: 3416 Wohnort: Heidelberg
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26.11.2015 11:32
von Eredor
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Berührender Text, der mir einen Schauer über den Rücken jagt wenn ich an die vielen Ghost-Aufzeichnungen denke und wie wenig Erinnerungen ich bisher mit Ihnen verbunden habe. Das ist auch sprachlich ganz große Klasse. Leider ist der Titel absolut für die Tonne (ich hätte diesen Text nicht mal angeklickt, wenn ich nicht gemusst hätte), leider ist das für mich kein Fragment.
Aber trotzdem viele Punkte!
LG Dennis
_________________ "vielleicht ist der mensch das was man in den/ ersten sekunden in ihm sieht/ die umwege könnte man sich sparen/ auch bei sich selbst"
- Lütfiye Güzel |
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lupus Bücherwurm
Alter: 56 Beiträge: 3914 Wohnort: wien
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26.11.2015 16:58 Re: Ghost in the attic von lupus
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Guten Abend,
das ist gar nicht schlecht, gefällt mir an sich gut. Das Problem nur: fast jeder Text in diesem Wettbewerb ist handwerklich auf hohem Niveau.
sprachlich ist das gut, routiniert und variantenreich geschrieben.
Als Minuspunkte würde ich anmerken:
- die Beschreibungen der einzelnen Strecken geht über das Nötige hinaus
- diese Beziehung der beiden wird fast liebesdramatisch dargestellt
- einige kleine sprachliche Hacker sind schon drin - aber das ist mir wurscht, dafür gäbe es ja ein Lektorat
- das eine oder andee Sprachelement erinnert mich sehr stark an Literatur, die eben nicht im A-Z-Regal zu finden ist.
- der ich-Erzähler hat dieses Ding jahre- vielleicht jahrzehntelang nicht in der Hand, dennoch soll ich glauben, dass er die Bestzeit aus zeiten ind denen die beiden 'Profis' waren, schlägt??
Die Idee und die Umsetzung allerdings ist - bis auf die o.e. Punkte - ziemlich gut.
Das Ende ist wirklich gut gemacht.
Das ist einer der Texte, den ich mag, wo ich aber keinen Bezug zu E herstellen kann, wo ich auch kein Fragment finde. Zugegebenermaßen hat mich der Text allerdings über weite Strecken gefangen genommen und ich hab vergessen darauf zu achten - erst bei mehrmaligem Lesen hab ich wieder daran gedacht.
lgl
_________________ lg Wolfgang
gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben
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"Ich bin leicht zu verführen. Da muss nur ein fremder Mann herkommen, mir eine Eiskugel kaufen und schon liebe ich ihn, da bin ich recht naiv. " (c) by Hubi |
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Lilly_Winter Eselsohr
Alter: 43 Beiträge: 250 Wohnort: Dortmund
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26.11.2015 21:51
von Lilly_Winter
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Hallo Inko,
ein neutraler Kommentar, um zu Bepunkten.
lg Lilly
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Nihil { }
Moderator Alter: 34 Beiträge: 6039
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27.11.2015 00:23
von Nihil
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Acht Punkte für Ghost in the Attic
NES In Peace
Da spukt's im Oberstübchen. In einem Rennspiel trifft der Erzähler seinen verstorbenen besten Freund wieder, in Form seiner gespeicherten Fahrkünste. Ein reizvoller, aber pathetischer Text über die Interaktion mit dem Tod.
Eigentlich wollte der Erzähler nur einen Umzugskarton suchen. Stattdessen findet er ein Andenken aus seiner Kindheit. Nein, dieser Text ist Gott sei Dank keiner derer, bei denen verschollen geglaubte Briefe des Großvaters auf die finstere Spur in die NS-Zeit führen – oder einem vergleichbaren Drama. Der Erzähler findet eine alte Spielkonsole, und mehr noch. Während er ein Rennspiel zockt, bei dem er sich in Kindertagen mit seinem besten Freund duelliert hat, taucht dieser plötzlich im Spiel auf. Als Geist, als gespeicherte Erinnerung seines Strecken-Highscores, der in Echtzeit mit dem Erzähler um die Wette fährt. Eine seltsame, bedeutsame Begegnung. Denn der beste Freund, das erfahren wir am Ende, ist bereits verstorben. Auch wenn der Geist des „nachtblauen Ferrari“ nur eine gespeicherte Aufzeichnung auf dem Memory Chip der Konsole ist, besteht durch ihn wieder eine Möglichkeit, mit dem Toten in Kontakt zu treten.
Diese Art der Interaktion ist es, die den Text besonders macht. Tagebücher, Porträts und Fotos sind Medien, die Erinnerungen an Verstorbene beinhalten können. Bei alten Filmen mag man sich manchmal fühlen, als ob sie nie gealtert, die Zeit nie vergangen wäre. Nun bieten Videospiele die Möglichkeit noch einmal live dabei zu sein. Live aber virtuell. Dabei bei einer sehr abstrakten Sache. Man muss der Idee des Textes Respekt zollen, da sie ein viel größeres Gebiet anreißt, als der Ausschnitt der Erzählung zeigen kann. Zwar ist es wahr, dass ein solcher Geist-Pilot wie im Rennspiel nicht reagieren kann, aber die Gaming-Landschaft ist längst komplexer geworden. Die Möglichkeiten, die etwa „Die Sims“ bieten würden, mit dem Abbild eines Toten zu interagieren, sind spannend und noch unbeachtet.
So sehr es allerdings Spaß macht, sich von diesem Text auf derartige Themen führen zu lassen, so steht ihm auf sprachlicher und Charakterebene das Pathos und die Übertreibung im Weg. So ruhig und sachlich und damit auch nachvollziehbar wir vom Tode des besten Freundes unterrichtet werden, so übertrieben werden die Reaktionen beschrieben, wenn der Erzähler begreift, mit wem er hier spielt. Natürlich wird das Spiel sofort „Du“. Natürlich fällt ihm der Controller gleich komplett aus der Hand. Natürlich steigert er sich fast in die Ekstase. Diesen Pomp hätte die Geschichte nun wirklich nicht nötig gehabt.
Insgesamt ein gelungenes Fragment, das Fragen anstößt und einen interessanten Aspekt des Themas beleuchtet: den in einer Maschine gespeicherten Menschen.
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anderswolf Reißwolf
Beiträge: 1069
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27.11.2015 01:41
von anderswolf
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Ein Bravourstück der Sentimentalität, bei dem man sogar noch was lernen kann. Sprachlich mitreißend und lebendig, dabei nicht überladen. Schöner Einstieg und überraschendes Ende, allerdings fehlt ein bisschen das Fragmentige.
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nebenfluss Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5994 Wohnort: mittendrin, ganz weit draußen
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27.11.2015 02:02
von nebenfluss
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Dazu müsste man The Police hören: Ghost in the machine ...
Dieser 10K-Beitrag punktet mich vor allem durch die Grundidee in der Umsetzung des Themas "Menschmaschine", die ich spontan genial fand. Etwas großzügiger muss man wohl bei den sonstigen Vorgaben sein. Als Fragment kann man den Text m. E. nur dann verstehen, wenn man alles "Ausschnitthafte" bzw. in nur einer Szene passierende als solches begreift, wodurch sich dann doch eine große Schnittmenge mit der Kategeorie Kurzgeschichte ergibt.
Wie einige Beiträge in diesem Wettbewerb, versucht auch dieser der E-Anforderung des "über sich hinausweisen" bzw. "Fragen offen lassen" durch einen überraschenden letzten Satz gerecht zu werden. In diesem Fall fand ich das ganz passabel gelöst, weil es die bisherige Lesart nicht hinterrücks in Frage stellt, sondern vielmehr in ihrer Relevanz für den Prota vertieft und auch dem Titel eine weitere Bedeutung hinzufügt.
Stillistisch ist das für mich, der gerade in E-angehauchten Texten tendenziell geschliffene Sätze erwartet, kein besonderes Lesevergüngen gewesen. Allerdings hätte hier ein Mehr an Sprachakrobatik auch leicht der Authentizität schaden können. Der Prota wird ja wieder zum Jugendlichen, er spielt ein Autorennen und dafür gehen irgendwie auch etwas abgenutzte Formulierungen wie "Erkenntnis durchzuckt mich" und "Schrecken durchfährt mich wie ein Stromschlag." in Ordnung.
_________________ "You can't use reason to convince anyone out of an argument that they didn't use reason to get into" (Neil deGrasse Tyson) |
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MaryShelley Schneckenpost
M Alter: 36 Beiträge: 10
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M 27.11.2015 15:58
von MaryShelley
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Ernste Literatur: Jein
Fragment: Jein
Lesequalität: Sehr gut
Habe dieses Fragment zu Ende gelesen, obwohl mir das "Spielkonsolenthema " völlig fremd ist. Sehr schöner Lesefluss!
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wwwave Gänsefüßchen
W
Beiträge: 27 Wohnort: Hinterm Mond
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W 27.11.2015 17:11
von wwwave
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Schnüff, das ist aber eine traurige Geschichte. Aber sie hat mir gut gefallen.
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Seite 1 von 2 |
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