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Ruskoni Gänsefüßchen
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Beiträge: 23
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R 24.11.2015 06:53 Hinterlassenschaften von Ruskoni
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Die ersten 1000 Jahre ereignete sich nichts. Er blickte auf ein weites Tal, umgeben von steil aufragenden Felsen. Wie das Gebiss eines Raubtieres umschlangen sie die Ebene mit ihren zugespitzten Gipfeln und zerklüfteten Kämmen und griffen nach dem Himmel, als wollten sie die Sterne verschlingen.
Ein roter Zwerg tauchte die Landschaft in ein unwirkliches, dumpfes Licht, das nie erlosch. Es erschien KE 122, als hätte sich dieses Bild mit den Jahrhunderten unauslöschbar in seinen Speicher eingebrannt. Die Konturen der unregelmäßigen, stechend scharf zulaufenden Gesteinsformationen, die sich schemenhaft gegen den zwielichten Hintergrund abhoben, die Unzahl an Gestirnen darüber, die im Laufe der Jahre erneut und erneut ihre immer gleichen Kreisbahnen zogen, und eine blutrote Scheibe, die wie unverrückbar der Mittelpunkt des bizarren Anblicks zu sein schien.
In den nächsten 1000 Jahren begann der rote Zwerg zu pulsieren und unregelmäßig aufzuflammen. Leuchtend gelbe, kreisrunde Flecken erschienen auf seiner Oberfläche und verschwanden. Schattierungen von blutigem Rot vermischten sich ineinander wie Farben, die man miteinander verrührt. Manchmal warf er gewaltige Schwaden an Materie in den Raum, die in langen Schweifen dahinzogen und den Himmel mit blasser Farbgewalt erfüllten.
Dann kamen die Stürme. KE 122 vernahm das schaurige Heulen der aufgepeitschten Atmosphäre und das Prasseln von Sandkörnern und kleinen Steinen auf seiner Titanhülle. Schließlich hüllte ihn wieder vollkommene Stille ein, als wäre er in der endlosen Leere zwischen zwei Galaxien erstarrt.
Nach 3000 Jahren überprüfte er seinen sekundären Reaktor, der den Kern seines metallischen Schädels bildete und Sensoren und Prozessoren mit einem Kraftfeld abschirmte. Seine Leistung hatte sich um dreißig Prozent verringert, was deutlich unter den vorgegebenen Werksparametern lag. Der Energieverbrauch lag im unteren Bereich. Er berechnete seine zu erwartende Existenzdauer, analysierte die aktuelle Gefahrenstufe und verringerte die Leistung des Schutzschirmes. Die Strahlung auf Atair 5 war kaum messbar und nicht bedrohlich für seine Komponenten.
Im Jahr 4230 kollidierte der rote Zwerg mit einem massiven Himmelskörper, der schon seit Jahrhunderten einen wandernden, dunklen Punkt auf seiner Oberfläche hinterließ, welcher stetig an Ausdehnung zunahm. In einer gigantischen Explosion blähte er sich auf zu einem riesigen Feuerball, der Atair einzuverleiben schien und fiel wieder in sich zusammen. Doch seine Leuchtkraft blieb erhalten.
Zum ersten Mal konnte KE 122 seine Umgebung detailliert betrachten. Die Ebene war von einem schillernden, blassblauen Eisfeld überzogen, gerade und glatt wie ein ruhiges Meer. Die rötlichen Felsen erschienen wie eine Anhäufung aus bröckeligem Gestein mit bizarren Vorsprüngen, das bei der geringsten Berührung zusammen zu stürzen drohte. Einhundert Meter vor ihm hatte sich ein Flügel seines Jägers in die bläuliche Fläche gebohrt und ragte wie ein pechschwarzer Dorn einsam aus dem flachen, spiegelnden Untergrund. Mit dem Schmelzen des Eises verlagerte sich der Flügel mehr und mehr zur Seite, um eines Tages mit zähem metallischen Schaben zu Boden zu stürzen. Die getaute Flüssigkeit sammelte sich in einem Kessel am Horizont und gab einen braunsandigen Untergrund frei.
Jahrhunderte zogen regentreibende Stürme wie schwarze Fäuste über das Tal hinweg. KE 122 erhöhte die Leistung seines Kraftfeldes auf das Maximum. Die Atmosphäre war aufgeladen und in regelmäßigen Abständen entfachte die Spannung gleißende Entladungen, die wie wirre Netze über die Ebene zogen und wütend brüllend in den Boden stachen.
(3 von 6 Seiten)
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Graven Eselsohr
Beiträge: 281
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24.11.2015 09:31
von Graven
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Hallo Norbert,
es ist nur meine persönliche Meinung. Nimm, was Dir nützlich erscheint und vergiss den Rest.
Warum stellst Du nicht den Anfang deiner Geschichte ein? (Oder ist das der Anfang?) Ich möchte Protagonisten kennenlernen, mit dem ich mitfiebern kann. Ihn in Aktion sehen, seine Gefühle und Taten nachvollziehen.
Mit Beschreibungen, von denen ich nicht einmal weiß, wozu sie gut sind, kannst Du mich als Leser nicht fangen. MMn kannst Du mit Wörtern umgehen, trotzdem würde eine Straffung diesem Teil gut tun.
Stell doch eine Szene ein, wo wir den Protagonisten kennenlernen können.
Grüße
Graven
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Dolge Schneckenpost
D Alter: 39 Beiträge: 14 Wohnort: Leipzig
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D 24.11.2015 10:52
von Dolge
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Handlung: Dabei tun Protagonisten etwas. Im Augenblick besteht dein Text aus recht nüchternen Naturbeschreibungen. Mal als Anregung, um die Idee auszufleischen und künstlerische Fallhöhe hinzuzufügen: Wie wäre es, wenn du die Natur zum Protagonisten machst? Mit eigenen Absichten, Gefühlen, Wahrnehmungsebene? Das beißt sich ziemlich mit der Sichtweise des jetzigen Protagonisten (Roboters?), aber vielleicht gab es ja eine nette Fehlfunktion in seinem Elektrohirn, die ihn die Dinge anders sehen lässt (kann man dann z.B. auch graduell verschärfen - am Anfang alles neutral und dann eine Veränderung hin zu einer bösartigen, ihn bedrohenden Umgebung, die personifiziert ist, vielleicht sogar mir ihm spricht).
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Rainer Prem Reißwolf
R Alter: 66 Beiträge: 1271 Wohnort: Wiesbaden
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R 24.11.2015 12:23
von Rainer Prem
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Hallo,
Das ist gut geschrieben, aber leider nur eine ausformulierte Materialsammlung, also die Informationen, die ich mir in einem extra Dokument sammle, damit sich der Hintergrund, den ich in die Geschichte einflechte, nicht widerspricht.
"Die ersten 1000 Jahre ereignete sich nichts." ist das Todesurteil für eine Geschichte. Mich interessiert der eine Tag, an dem sich etwas ereignet, was dein Roboter zum Handeln zwingt, nicht die tausende von Jahren davor.
Grüße
Rainer
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Ruskoni Gänsefüßchen
R
Beiträge: 23
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Zettelhexe Leseratte
Alter: 53 Beiträge: 136
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24.11.2015 14:53
von Zettelhexe
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Hier wird erklärt, wie es geht: http://www.dsfo.de/fo/viewtopic.php?t=26882
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Ruskoni Gänsefüßchen
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Beiträge: 23
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R 24.11.2015 16:56
von Ruskoni
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Als die Stürme vergingen stieg wallender Nebel vom Boden empor. Mal rollte er in Wellen über das Tal hinweg, dann wieder schien er sich ineinander zu verschlingen, um sich wieder auszuspucken.
Im 5000sten Jahr lichtete sich der Nebel. Eine Sonne erschien wärmend über der Bergkette, die langgezogene, spitze Schatten über die Ebene warf. KE 122 stellte eine gewisse Faszination an sich fest. Er überprüfte seine Protokolle, fand aber keine Abweichungen von seiner Programmierung und ordnete es als Anpassungsleistung an nicht vorhersehbare Ereignisse ein.
Ganz allmählich kroch grüner Bewuchs über den Erdboden und eroberte selbst die schattigen Steilhänge der Felsen. Die flechtenartige Pflanze veränderte sich ständig und immer neue Formen hoben sich dem Himmel entgegen. KE 122 registrierte, das sie ihm schon in wenigen Jahren die Sicht über das Tal nehmen würden. Dann sah er das Raumschiff.
Seine silberne Außenhaut reflektierte das Sonnenlicht wie ein Spiegel. Lautlos glitt es in die Ebene hinab, fuhr die Landestützen aus und setzte keine 200 Meter von ihm entfernt auf. Die Bauart war nicht in der Datenbank von KE 122 enthalten, doch es schien sich aufgrund der Abmessungen um eine Art Shuttle zu handeln. Er überprüfte den Chronometer. Es war sein 5790stes Jahr auf Atair. Seine Datenbanken waren veraltet.
Eine Rampe schwang seitlich am Schiff herunter und drückte die Gewächse nieder. Die Schleuse öffnete sich und drei Gestalten traten heraus. Eine von ihnen überragte die beiden anderen um eine halbe Körperhälfte. Es waren Menschen.
KE 122 schaltete in den Kombatmodus und fuhr den Reaktor auf Volllast hinauf. Seine Kampfprotokolle wurden aufgerufen und in die Recheneinheit gespeist. Angriff, Verteidigung, Tarnung, Rückzug.... Keine der taktischen Vorgaben war für ihn ausführbar. Das Ende der Liste bildeten Beobachtung, Sabotage und Schutz der Technologie.
Die beiden kleineren Einheiten rannten scheinbar vollkommen ziellos umher, wobei die eine der anderen folgte. Die Größere richtete ein dreibeiniges Gestell auf, auf dem es einen schwarzen, rechteckigen Kasten positionierte. Mehrfach stülpte es seinen behaarten Kopf dagegen. Die beiden kleinen Einheiten waren unbewaffnet und rannten hechelnd die grün überwucherte Anhöhe hinauf. Sie kamen direkt auf ihn zu.
"Ich krieg dich, Sally", konnte KE 122 eine dünne und helle Stimme vernehmen. Die zweite Einheit stieß stakkatoartige Geräusche hervor. Abrupt blieb die kurzhaarige Einheit vor KE 122 stehen und blickte mit offenem Mund auf ihn herab.
"Schau mal, Sally. Ein Kopf", sprach sie schnaufend.
Die zweite Einheit stellte sich geräuschvoll atmend daneben und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
"Er ist ganz schmutzig."
"Wie lange der wohl schon hier liegt?"
Die kurzhaarige Einheit bückte sich und wollte KE 122 mit beiden Händen fassen.
"Lass ihn liegen. Er sieht böse aus."
Die blonde, langhaarige Einheit schüttelte den Kopf, drehte sich herum und rief:
"Papa, Papa."
KE 122 überlastete seinen Antimateriereaktor. Die eigene Technologie durfte auf keinen Fall in die Hände des Feindes fallen. Er registrierte das Sirren der Überladung, die zu einem Kreischen anschwoll. Mit weit geöffneten Augen pressten die Einheiten die Hände gegen ihre Köpfe.
Die Explosion verwandelte das sonnenüberflutete Tal in eine glutgefüllte Schüssel aus geschmolzenem Gestein. KE 122 hatte seine Programmierung bis zum letzten Elektron erfüllt. Was er nicht wusste: die Menschheit und die Nga-voy lebten seit 5200 Jahren in Frieden miteinander.
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Jack Burns Reißwolf
Alter: 54 Beiträge: 1444
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24.11.2015 22:54
von Jack Burns
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Hallo Norbert Söhl,
Gut geschrieben.
Bei der Kürze, wird die Perspektive auch nicht langweilig.
Inhaltlich, eine pazifistische Botschaft, wie ich sie aus SF-stories der 70er, 80er kenne. Angesichts des Zustands der Welt immer noch aktuell.
Willkommen im Forum
Jack
_________________ Monster.
How should I feel?
Creatures lie here, looking through the windows. |
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Dave Gänsefüßchen
D Alter: 36 Beiträge: 29
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D 27.11.2015 06:45
von Dave
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Hallo Norbert,
ich dachte, ich geb auch mal meinen Senf dazu.
Nur zur Erklärung: Ich habe mir die anderen Antworten nicht angesehen.
Mein Eindruck ist durchaus positiv. Ich mag Science Fiction und ich mag es, wenn ich Geschichten lese, die "anders" sind. Das liegt vielleicht daran, dass sich die Verlage ja kaum trauen, eine Geschichte zu verlegen, die auch nur im mindesten von irgendeiner Norm abweicht, was dazu führt, dass man oftmals Romane liest, die wie Versionen bereits vorhandener Romane anmuten.
Die Geschichte ist ungewöhnlich, da sie aus der Perspektive eines Roboters stattfindet, der gleich mal einen gigantischen Zeitraum von mehreren tausend Jahren abdeckt. Das finde ich nicht schlimm, da du die Dinge, die auf dem Planeten geschehen bildgewaltig beschreibst. Nur manchmal habe ich das Gefühl, dass du es ein wenig mit den Vergleichen übertreibst. Gerade in diesem Genre ist es zwar verführerisch, die zu verwenden, allerdings ist weniger manchmal mehr. Ab und an einen Vergleich zu streichen, kann dem Textkorpus durchaus gut tun.
Ich weiß natürlich nicht, ob es sich bei dem Textausschnitt um den Anfang oder das Ende handelt oder doch ein Teil in Mitten einer größeren Geschichte darstellt.
Natürlich fehlt die emotionale Komponente, doch der Textausschnitt ist recht kurz und wenn ein Charakter zu einem nicht ganz so späten Zeitpunkt vorgestellt wird, sehe ich da kein Problem.
Also, ich bin angetan. Hat mir gut gefallen. Weiter so!
Gruß,
Dave
_________________ “Write the book the way it should be written, then give it to somebody to put in the commas and shit.”
Elmore Leonard |
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Ruskoni Gänsefüßchen
R
Beiträge: 23
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R 27.11.2015 13:27
von Ruskoni
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Hallo Dave,
interessanter Kommentar. Ich habe tatsächlich nicht immer im Blick, Texte kommerziell auszurichten. Das Ganze war auch eine Schreibübung, da ich festgestellt habe, das meine letzten Geschichten dialoglastig waren und dem gleichen Schema folgten.
Es handelt sich um eine abgeschlossene Geschichte. Die Überlegung war da, noch etwas davor zu setzen, zB wie kommt der Kopf dort hin. Ein wenig Aktion als Leseanreiz. Allerdings erst, nachdem Rainer mich mit der Nase drauf gestoßen hat. Im Nachhinein glaube ich aber, es könnte das Thema zerstören. Eine Landmine liegt nunmal dreißig Jahre irgendwo rum, bis einer drauftritt.
Um das zu Vermitteln musste ein wenig Bild- oder Sprachgewalt herhalten, denn es passiert ja nicht viel. Wie du richtig bemerkst, ich habs erst beim Überprüfen festgestellt, führt das zu einer Reihe von Vergleichen. Aber sie fallen mir beim Lesen nicht ins Auge. Müsste man noch andere Eindrücke einholen.
Emotionslos, ja. Ich habe mir an manchen Stellen auch Gedanken darüber gemacht, bin dann aber bei der Logik geblieben. Es ist eine Maschine. Davon abzuweichen passt nicht in das Thema.
Den Einstieg eines anderen Charakters finde ich auch ein wenig spät. Ergibt sich aber leider zwangsläufig aus dem Thema. Der Kopf liegt ja so lange dort, weil der Planet bisher unbewohnbar war. Und erst als sich das ändert, wird er entdeckt. Deshalb auch die vorherige Entwicklung.
Ich muss meine Geschichten zum Glück nicht am allgemeinen Leserinteresse ausrichten, dehalb fröne ich einer gewissen Freiheit.
Norbert
_________________ NS |
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