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Erare machinam est

 
 
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nebenfluss
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Beitrag15.11.2015 20:00
Erare machinam est
von nebenfluss
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Mitten auf der Bahn wechselt Golo den Schwimmstil von Brust in Freistil. Kraulend pflügt er durch das Wasser und aus meinem Blickfeld.
Robert und ich sitzen, wie jeden Nachmittag seit geraumer Zeit, in der Cafeteria des Sportbades, ich vor einem schwarzen Tee, Robert vor einem Latte Macchiato und zwei großzügigen Stück Kuchen, von denen er in sich hineinschaufelt, während auf seinem ypad eine Echtzeit-Animation der wechselseitigen Armschläge unseres Probanden abläuft. Irgendetwas stört ihn noch, wirkt zu „mechanisch“, wie er sagt. Ich sehe nicht, was er meint. Stattdessen frage ich mich (wie gestern und die Tage davor auch), welchem Sinn dieses große Fenster zur Schwimmhalle dienen soll, und ob dem Personal schon unser permanentes Durch-die-Scheibe-Starren aufgefallen ist. Möglicherweise hält man uns für Spanner, traut sich aber nicht, es anzusprechen. Man kommt sich ein wenig vor wie auf der Panoramaterrasse des Frankfurter Flughafens. Trotzdem ist dieses Fenster ein Glücksfall für uns, denn so brauchen wir weder das Schwimmbad zu betreten noch kann man uns von der anderen Seite aus sehen.
Langsam bekomme ich auch meine kleinen Panikattacken in Griff, wenn Golo für seine Rolle am linken Beckenende aus dem gläsernen Ausschnitt verschwindet. Beim ersten Mal bin ich, ungeschickt an das Tischbein rumpelnd, aufgesprungen und an der Scheibe entlanggelaufen. Robert hat nur gelacht, während ich mein ypad aus einer Teelache fischte. Es gibt natürlich nichts zu befürchten, eigentlich. Was sollte Golo schon tun? In den Saunabereich abhauen oder in Badehose über den Außenbereich das Weite suchen?

Roberts ypad zischelt. Aktualisierte Datenübertragung von Golos Pulsmesser, den er im Wasser am Handgelenk trägt. Puls recht ruhig, verglichen mit der plötzlichen Beschleunigung, die während der ersten Bahnen Schmetterling aufgezeichnet wurde. Das Gerät übermittelt noch weitere Werte, etwa die Schwimmgeschwindigkeit, und so ahnen wir bereits, dass Golo auch heute sein Trainingsziel nicht erreichen wird. Er schafft nicht einmal im Freistil einen Meter pro Sekunde. Der Kalorienverbrauch entspricht ebenfalls eher dem eines Spaziergängers. Die Atemgasanalyse der Spiromergometrie dagegen bleibt im akzeptablen Bereich.
Die Zahlen bestätigen: Golos Technik ist angesichts seiner kurzen Erfahrung mehr als in Ordnung. Es fehlt ihm einfach an geeigneter „windschlüfriger“ Anatomie. Sein Körper stieße selbst in schlankem Zustand auf zu viel Wasserwiderstand.
Wobei Golo Wettbewerbsfähigkeit nicht beim Schwimmen selbst anstrebt. Er träumt nicht von Olympia. Fasziniert haben ihn in den Medien die attraktiven Körper aktiver Schwimmer. Golo möchte eine Frau finden und eine Familie gründen, leidet aber unter dem Komplex seines Bauchspecks. Loswerden wird er den mit seiner Wassergymnastik nicht. Für uns eine beruhigende Aussicht. Dank der Minikamera in seinem Schlafzimmer konnten wir uns schon zu Genüge davon überzeugen, dass Golo erektions- und ejakulationsfähig ist. Was dabei herauskommt, ist mit bloßem Auge nicht von menschlichem Sperma zu unterscheiden, doch nicht einmal Robert möchte erleben, was passiert, wenn sich etwas von der unausgereiften Mixtur in einer Gebärmutter einnistet.
Sobald sich eine Romanze abzeichnet, müssten wir unsere Deckung verlassen und ihn aus dem Verkehr ziehen, bevor es zu einem solchen kommt. In diesem Punkt versteht Robert meine Befürchtungen und versucht mich zu beruhigen: Es sei doch höchst unwahrscheinlich, dass sich eine Frau für einen weitgehend geruchlosen Körper erwärmt, in dem es gelegentlich leise piept und brummt. Doch was, wenn die beiden bei ihrer Annäherung Musik hören, in der diese Geräusche untergehen? Außerdem verkürzen sich die Intervalle zwischen Golos Masturbationen, und es geht ziemlich ungeduldig dabei zu. Was, wenn er zum Triebtäter wird? Des weiteren sind die Fitnessmagazine voller Werbung für Aftershaves und Duftmittel.
„Was für ein Idiot.“ Robert ist noch mit der Analyse der Daten beschäftigt. „Drei Wochen macht er jetzt schon den Quatsch. Er müsste doch längst begriffen haben, dass es so nichts wird mit dem Luxuskörper. Er verhält sich völlig unlogisch.“
„Aber menschlich. An so etwas glaubt man eben in seiner Situation. Vor allem, wenn einem Sportjournalisten etwas von harmonischer Kräftigung der gesamten Muskulatur erzählt haben.“
„Ich nicht.“
„Du entsprichst auch nicht der mentalen Konfiguration eines Durchschnittsbürgers, sondern er. Wir können zufrieden sein.“
Denn darum geht es doch, laut Projektbeschreibung. Was unsere pensionierten Vorgänger Newming und Turmann in dem Probanden erschaffen haben, folgte keiner Ratio außer dem Bedürfnis, die Grenzen der Simulation auszuloten. Golos Konstruktion ist weder als ein „Überding“ im kraftwerkschen Sinn gedacht noch etwa von Asimovs Vorstellungen eines durch Robotergesetze optimierten Sklaven inspiriert. Golo soll eine Menschmaschine sein, Emotionen und Denkfehler inklusive.
Meine zunächst wortreichen Versuche, Robert dieses Ziel näher zu bringen, sind zu knappen, resignierten, gelegentlich zynischen Bemerkungen verkommen. Die Fähigkeiten meines Kollegen auf dem Gebiet der Informatik sind brilliant, doch fehlt ihm jedes Verständnis, warum das Institut jahrzehntelang in dieses Vorhaben investiert. Von Zeit zu Zeit versucht er auszurechnen, wie viele Millionen dieser „Unfug“ bereits verschlungen hat und welche Fortschritte er in seinem vorherigem, abgesetzten Projekt – der Substitution von Silizium in Signalprozessoren durch eine DNA-Basis – mit diesem Budget hätte erzielen können.

Ich wende meine Aufmerksamkeit wieder dem Geschehen in der Schwimmhalle zu, denn Golo müht sich über die seitliche Treppe aus dem Becken und klickt auf seinem Pulsmesser herum. Erwartungsgemäß zieht er ein enttäuschtes Gesicht und schaut auf den Wulst über seiner Badehose hinunter. Eine Zeitlang (4,26 Sekunden, vermeldet Roberts ypad) verharrt er in dieser Position. Dann straffen sich die synthetischen Muskeln, er hebt den Kopf, das Deprimierte weicht aus seiner Mine. Er marschiert Richtung Duschräume.
Zeit, zu bezahlen.
 
Draußen nimmt Golo den Bus. Wir haben Glück und können hinten einsteigen, während Golo sich im vorderen Bereich in Fahrtrichtung neben eine Frau gesetzt hat, die etwas jünger ist als er. Wir sind unauffällig gekleidet, und ich sorge mich weniger, dass er uns sieht – das ist nicht immer zu vermeiden -, sondern dass er irgendwann meinen lauernden Blick auf sich spürt und mich tatsächlich bemerkt. Gerade ist er aber selbst mit verstohlenem Taxieren beschäftigt, wenn ich die leichten Kopfbewegungen zu seiner Nachbarin richtig deute.  
Eine Station vor dem Hauptbahnhof steigt er aus, überquert die Straße und öffnet die Tür zu einer Musikalienhandlung, während wir gegenüber vor einem türkischen Restaurant stehen bleiben und staunen. Ich schließe die Kopfhörer an mein ypad an, um die Signale des Mikrofons abzuhören, das in Golos Stirnhöhle implementiert ist.
„Was hat er denn nun vor“, fragt Robert auf seine typische Art: ohne wirklich zu fragen.
„Plan B“, vermute ich, „Rockstar werden. Und sich dann bei den weiblichen Fans bedienen. Er hat viel Musik gehört in letzter Zeit.“
„Rockstar! Mit Mitte 30 und Wampe!“
„Sei doch froh. Vielleicht gibt er nun das Schwimmtraining auf. Das wolltest du doch.“
„Den will doch niemand auf der Bühne sehen!“
„Survivorship Bias. Die Gescheiterten sind unsichtbar. Abgesehen davon suchen Casting-Shows  immer wieder nach Exoten, und sei es nur, um dem Fernsehpublikum etwas zum Auslachen zu bieten. Durchaus denkbar, dass er bei so etwas mitmischt. Und sich bei einer Dame fürsorgliche Gefühle regen.“
Robert brummt unbestimmt. Bei dem Begriff Fürsorglichkeit versagt in seinem Denkapparat die Dekodierung. Dafür studiert er nun die Speisekarte des Restaurants. Döner als Nachtisch zum Kuchen. Manchmal ist er mir suspekter als die Kreatur, die wir beaufsichtigen. Ich ertappe mich bei dem Gedanken, wie es wäre, Golo als Kollegen zu haben statt ihn.
„Geh ruhig rein. Die stecken noch mitten im Beratungsgespräch.“
Die Dämmerung setzt langsam ein. Robert hat seine Mahlzeit längst verzehrt, als Golo aus dem Geschäft tritt, einen Koffer mit dem Schriftzug „Ovation“ in der einen, eine Tüte in der anderen Hand.
„Ovation. Möglicherweise eine Westerngitarre. Nicht gerade eine Billigmarke“, informiert sich Robert über sein ypad. „So ein Verschwender.“
Ich habe keine Lust zu streiten. Ich bin viel mehr darauf gespannt, was wir an diesen Abend zu hören bekommen werden.

Zurück im Institut aktivieren wir Bildschirme und Lautsprecher und schalten durch die sechs Kameras in Golos Wohnung. Wir erwischen ihn im Wohnzimmer, wo er seine Einkäufe auspackt. Aus der Tüte taucht ein Übungsbuch für Gitarre auf, das er sofort aufschlägt. Kurz darauf fluten die ersten Akkorde durch das Büro. Mir fällt die Kinnlade hinunter. Es ist zwar keine große Überraschung, dass Golo das Übersetzen der Tabulaturen in Griffe keine Probleme bereitet. Für eine Menschmaschine seines Entwicklungsgrades benötigt so etwas keine nennenswerte Prozessorleistung. Er entspricht in dieser Hinsicht einem talentierten und intelligenten Schüler. Doch etwas ist speziell, ohne dass ich es konkret benennen könnte; eine besondere Präzision des Anschlags vielleicht. Da liegt ein Gefühl in diesem Streichen der Finger über die Saiten, wie man es nur einem Profi zutrauen würde und das unmöglich in dem Lehrbuch beschrieben sein kann. Doch es kommt noch mehr. Ohne jede Vorwarnung beginnt Golo zu singen.   
Eines ist schnell klar: Es wird eine lange Nacht für Robert. Wir benötigen dringend ein Firmware-Update, und das kann er nur aufspielen, wenn Golo schläft.
Während ich noch versuche, meine Faszination zurück in rationale Bahnen zu lenken, kippt Roberts Kopf plötzlich auf die Tastatur. Eine Zeitlang (jedenfalls mehrere Minuten) verharrt er in dieser Position. Dann rappelt er sich auf und wählt die Privatnummer von Professor Turmann.

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nebenfluss
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Beitrag15.11.2015 21:07

von nebenfluss
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Tja. Ist das nun E? Vom thematischen Ansatz wohl schon, aber die Umsetzung ist dann doch ziemlich auf Unterhaltung ausgelegt. Zu viele Sätze, die nur Handlung fortschreiben, aber ohne Relevanz für die Fragestellung. Da fehlt es schon deutlich an Verdichtung und/oder Tiefe. Du hättest früher anfangen sollen zu schreiben, so dass Zeit für einen entsprechenden Durchgang bleibt.
Hier und da geht's Richtung Kalauer. "ihn aus dem Verkehr ziehen, bevor es zu einem solchen kommt" ... du meine Güte. Muss das sein, immer diese naheliegenden Wortspiele? Aber vielleicht lacht ja jemand.
Und du kannst ja nichts dafür, was dir spontan noch so einfällt. Oder reinrutscht. So schreibste halt. So biste vielleicht sogar. Öfter mal ein bisschen albern.
Tippfehler hab ich auch noch gefunden. Es heißt "Spiroergometrie", ohne m. Aber wer weiß schon, was das ist. Wussteste ja selbst nicht bis vorgestern, Klugscheißer. Außerdem hast du "Miene" (Gesicht) mit Bleistiftmine verwechselt, und irgendwo stimmt ein Fall nicht.

Und ist das ein Fragment? Reicht es dafür, die Pointe zu vertuscheln? Disqualifiziert wurde der Text jedenfalls schon mal nicht. Günstige Auslegung, vermutlich.

Erinnert mich beim Nochmals-lesen in mehrerer Hinsicht an diesen Erich. Stilistisch vor allem, aber nicht nur. Ob dich daran jemand identifizieren wird? Schade jedenfalls, dass du den Satz mit der Bewunderung und dem "charmanten Antrieb" rausgekürzt hast, der doch wunderbar zum Thema passte. Da hätte sich auch was anderes zum Zeichensparen gefunden.

Aber egal. Wahrscheinlich machste dir jetzt wieder voll die unnötigen Gedanken. Für deinen ersten 10K bin ich damit zufrieden. Harte Konkurrenz zeichnet sich ab, klar, aber es gibt zumindest Hoffnung, dass der Beitrag nicht ganz hinten landen wird.


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holg
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Beitrag16.11.2015 07:31

von holg
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erster eindruck: golo ist ein android, der von aussen nicht als solcher erkennbar ist. zwei laboranten beobachten ihn. die maschine glaubt, sie sein ein mensch und verhält sich wie ein solcher, junger, strebt nach anerkennung und will sich paaren. entdeckt am ende ein verborgenes talent: gitarrist. ob er besonders gut singen kann, oder besonders schlecht bleibt der phantasie des lesers überlassen (ich denke, gut). sonst wenig. jedenfalls soll durch softwareupdate gegengesteuert werden. amüsant und mit einem schrägen blick auf das allzu menschliche wesen. eher geschlossene geschichte als fragment.
Errare schreibt sich so.

war eine enge kiste, in den punkten. am ende habe ich nach gesamteindruck und persönlichem geschmack entschieden.


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Literättin
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Beitrag16.11.2015 10:34

von Literättin
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Golo gefällt mir: Eine raffiniert eingefädelte, intelligente und amüsante Geschichte, der ich gerne folge. MenschMaschine überholt Mensch in Sachen Feinfühligkeit und musischem Talent. In origineller Umkehrung handelt es sich hierbei weder um eine Beweihräucherung der menschlich-technischen Möglichkeiten, noch um eine dystopische Kritik, sondern um eine feine Spiegelung menschlicher Schwächen – und Stärken, ganz unabhängig von technischem Fortschritt.

Viel mehr brauche ich hier eigentlich nicht zu sagen. Handwerklich ist es eine runde Sache. Spannend geschrieben hat es leider auch Hand und Fuß. Um ein Fragment handelt es sich wohl eher nicht, trotzdem schafft es dieser Text bei mir in die oberen Punkteränge.
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Schreibhand
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Beitrag16.11.2015 23:59

von Schreibhand
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Hmm...
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Vanir7777
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V
Beitrag20.11.2015 09:51

von Vanir7777
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Bei meinen Bewertungen gehe ich nach folgendem Schema vor:
Inhalt/Hat es zum Denken angeregt?
Sprache/Stil (Ich bin kein Germanist! Ich finde ein guter Schreibstil schlägt sich darin nieder, dass man den Text liest und nicht über Sätze, seltsame Metaphern o.Ä. stolpert.)
Subjektiver Eindruck
Am Ende entscheidet mein Eindruck, da ich der Meinung bin, dass Texte schwer objektiv bewertet werden können. Ich versuche aber bei Inhalt und Stil auf die Gründe einzugehen.

Der Titel gefällt mir gut. Hab zwar kein Latein und mit Sprichwörtern stehe ich auf Kriegsfuß, aber schnell mal gegoogelt 
Es fiel mir schwer in den Text hineinzufinden. Aber er wurde immer besser, als die Geschichte „Fahrt aufnahm“ nämlich als deutlich wird, was Golo ist und das er einen Sinn oder ein Ziel sucht. Das Ende ist mir zu wenig fragmentarisch. Schön finde ich das Ende in dem Sinn, dass es ein Rätsel aufgibt, das nicht zu lösen ist: Warum kann er das so gut? -> „Daumen hoch“
Zu Beginn störten mich die teilweise sehr langen Sätze. Richtung Ende habe ich nichts auffälliges mehr bemerkt, bei erneutem Lesen fällt mir aber auf, dass einige Punkte mehr und einige Kommata weniger gut getan hätten.
Schöner Text, dessen kleine Unzulänglichkeiten ihn letztendlich mehr als einen Punkt absprechen.
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Tjana
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Beitrag21.11.2015 13:43

von Tjana
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Interessante Idee.
Ein künstlicher Mensch, Emotionen und Denkfehler inklusive. Gelungen dargestellt, wenn ich manchen Realitätszweifel (zwei Wissenschaftler drücken sich die Nase an der Glasscheibe eines öffentlichen Schwimmbades platt, um ihr Experiment zu beobachten) mal nicht hinterfrage.

Lebendig geschrieben.

Der Titel wirkt zu gewollt. Er lässt einen philosophischen Text vermuten. Das enttäuscht dann.


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Wir sehnen uns nicht nach bestimmten Plätzen zurück, sondern nach Gefühlen, die sie ins uns auslösen
In der Mitte von Schwierigkeiten liegen die Möglichkeiten (Albert Einstein)
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Babella
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Beiträge: 889

Das goldene Aufbruchstück Der bronzene Roboter


Beitrag22.11.2015 09:21

von Babella
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Das ist gut zu lesen. Golo versucht sich erst im Schwimmen, dann beginnt er das Gitarrespielen. Zwei Programmierer überwachen ihn und wundern sich. So weit, so lustig. Das Thema "Menschmaschine" ist umgesetzt, der Text ist flüssig und anschaulich. Nicht mehr Techniksprech als nötig. Auch wenn die Anspielung auf Alan Turing und John von Neumann mir etwas zu plump ist.

Bei mir erzeugt das nur mehr Amüsement als Nachdenklichkeit, nichts, worüber ich dringend noch mal nachsinnen müsste. Hm.
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rieka
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Beiträge: 816



Beitrag24.11.2015 12:52

von rieka
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Hallo Inco.
Es ist ziemlich schwierig für mich, den Texten dieses Wettbewerbs gerecht zu werden. Ich versuche es.
GOLO der sich verselbständigende Androide.
Eine interessante Idee. Eine Persiflage?
Ich finde deinen Text durchaus interessant. Dazu hast du einen schönen klaren Schreibstil und den Handlungsstrang finde ich flüssig. Auch die Szenen sind logisch aufgebaut. Einige kleine Rechtschreibfehler, Flüchtigkeitsfehler, gibt es.
Der Begriff ypad war mir fremd. Wiki sagte mir: Der Lebensweg Zahl von YPAD ist 1. Die Schicksalszahl 1 ist eine der wichtigsten Figuren in der Numerologie, weil sie den Ursprung des Lebens symbolisiert.
Was bedeutet der Begriff nun wirklich?
Du hast das Mensch-Maschine-Thema schon deutlich in eine Sciencefiction-Szenerie gepackt, sehr weit weg von unserer Realität mit unserem Umgang mit Maschinen und deren Auswirkung auf uns.
Da ich mich zwischen vielen guten Texten entscheiden muss, bleibt für deinen Text leider kein Punkt.
LG rieka
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wwwave
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W


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W
Beitrag24.11.2015 14:53

von wwwave
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Zuerst war ich etwas irritiert, weil die erzählende Figur genau wusste, was Golo für Wünsche und Ziele hat: "Das kann sie doch gar nicht wissen." Nach der Lektüre des folgenden Textes wurde es mir dann natürlich klar.

Ein paar Kleinigkeiten haben mich immer wieder aus dem Text gerissen:
Zitat:
Mitten auf der Bahn wechselt Golo den Schwimmstil von Brust in Freistil.

Erstens kann man nicht in Freistil wechseln. Er kann von Brust- zu Freistil wechseln. Zweitens braucht Brust ein "-", wenn du dich auf Bruststil beziehst. Drittens kann man nicht zu Freistil wechseln. Freistil ist eine Disziplin in der man antreten kann. Es ist egal mit welchem Stil man antritt. Wenn man aber jemanden beobachtet, sieht man zu welchem Stil er wechselt und kann ihn benennen.

Zitat:
Sobald sich eine Romanze abzeichnet, müssten wir unsere Deckung verlassen und ihn aus dem Verkehr ziehen, bevor es zu einem solchen kommt.

Worauf bezieht sich "solchen"? Falls es ein Wortspiel sein soll und sich auf Verkehr bezieht, hätte ich geschrieben: ... ihn aus dem Verkehr ziehen, bevor es zu eben diesem kommt.

Zitat:
Was unsere pensionierten Vorgänger Newming und Turmann in dem Probanden erschaffen haben

Was interessieren mich die Namen der Vorgänger. Treten diese Personen auf? Sind sie wichtig? Muss ich mir ihre Namen merken? (Nein wink)

Abgesehen davon war der Text sehr interessant und angenehm zu lesen. Ich habe mich zu keiner Sekunde gelangweilt und würde weiterlesen, wenn es weitergehen würde. Die Figuren fand ich auch sehr interessant. Ebenso die Umsetzung des Themas.
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lupus
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Beitrag24.11.2015 19:54
Re: Erare machinam est
von lupus
Antworten mit Zitat

Guten Abend,

Gesamteindruck: das ist eine nette, gut geschriebene Geschichte. Aber: kein Fragment, kein E-Text.

Im normalen DSFO-Modus wäre das alles kein Problem. Ein paar Griffe, die die Längen streichen, die sprachlichen Redundanzen und die sprachlichen Ungenauigkeiten beheben - fertig. aber E würde dennoch nicht daraus werden.

So etwas sollte nicht passieren:

Zitat:
Sobald sich eine Romanze abzeichnet, müssten wir unsere Deckung verlassen und ihn aus dem Verkehr ziehen, bevor es zu einem solchen kommt.


Sprache: siehe oben - unnötige Längen und Ungenauigkeiten, zwar bisweilen recht ausgefeilt, aber irgendwie dann doch wenig innovativ. Ich rede nicht davon, hier Jandl nach zu schreiben, aber das hier ist einfach zu gerade gestrickt.

Inhalt: zu vordergründig und oberflächlich, nichts, was mich dazu anregen würde, den Text weiter zu denken.

Naja - es ist nicht schlecht geschrieben, routiniert (v.a. in der Mitte), aber es fehlt mir das gewisse Etwas.

Die Idee, die gesamte Geschichte mehr oder weniger an 2 Gedanken (Sex und Musik) dingfest zu machen ist dann doch ein bisserl dürftig.

Der Anfang allerdings ... da ist mir zu viel Fenster im Spiel.
Freistil bedeutet, dass jeder Stil geschwommen werden darf. Man kann also vom Wechsel Brust zu Kraul nicht feststellen, ob in den Freistil gewechselt wurde, sondern lediglich, dass jetzt gekrault wird.

Panikattacke? Welche Panikattacke?

Das Ende ist unspektakulär. ich brauch keinen Hammer am Ende, aber du walkst das Ende aus.

Ganz schlimm: der Titel. Errare. Ob machinam stimmt ist auch fraglich.

schade irgendwie, dass du die 10000 Zeichen fast zur Gänze genutzt hast, weniger wäre mehr gewesen.

lgl


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lg Wolfgang

gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben

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Michel
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Das bronzene Bühnenlicht Das goldene Niemandsland
Der silberne Durchblick Der silberne Spiegel - Prosa
Silberne Neonzeit


Beitrag25.11.2015 11:40

von Michel
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Golo schwimmt. Golo singt. Und die beiden Freaks, die ihn im Feldversuch betreuen, sind selbst nicht ganz von dieser Welt.
Für mich ist das Beste an diesem Text die Selbstverständlichkeit, mit der die MenschMaschine in den Alltag eingebaut ist. Die kleinen Beobachtungen: Wechseln des Schwimmstils, die Tüte aus dem Geschäft. Die abgearbeiteten Mittelbau-Ameisen. Die selbstverständliche Unterhaltung. Das fügt sich zu einem Ganzen zusammen, dem ich gerne Punkte gebe.
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Jenni
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Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag25.11.2015 20:39

von Jenni
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Zwei Menschen beaufsichtigen einen Androiden, der auf Durchschnittlichkeit ausgelegt ist. Diese  Idee (Simulation von Durchschnittlichkeit um ihrer selbst willen) mag ich schon mal. Golo scheint den Menschen so ähnlich, dass er einer von ihnen sein könnte - oder umgekehrt jeder von ihnen die Maschine. Dann überrascht er sie mit einer seiner Programmierung zuwiderlaufenden Begabung für Musik und Gefühlsausdruck. Das muss offenbar sofort korrigiert werden (deshalb das FirmWare-Update?).

Eine unterhaltsame Geschichte - allerdings als solche auch ziemlich abgeschlossen erzählt, will sagen: für mich wirft sie keine Fragen auf, die über die Geschichte selbst (wer ist hier der Mensch) hinausweisen würden.
Sprachlich scheint mir der Text etwas unausgegoren, teilweise umständlich formuliert und dann unvermittelt durch Fremdworte „aufgewertet“. Und ein Rechtschreibfehler im Titel, aber da kannst du dich ja noch auf Absicht hinausreden: Irren ist halt auch menschlich. wink

Meine Bewertung habe ich nach mehrmaligem Lesen aller Texte im Vergleich und unter Berücksichtigung von Thema und Vorgaben vorgenommen. Dein Text hat es am Ende leider nicht in meine Top 10 geschafft.
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Akiragirl
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Beitrag25.11.2015 22:39

von Akiragirl
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Hallo Inko,

in diesem Text geht es, soviel ich verstanden habe, um einen künstlichen Menschen namens Golo, der von zwei Wissenschaftlern beobachtet und überwacht wird, um festzustellen, wie er sich verhält und wie ähnlich oder unterschiedlich er sich im Vergleich zu „echten“ Menschen benimmt.

Den Ansatz eines wirklichen „künstlichen Menschen“ finde ich bei der Themenvorgabe nicht besonders originell und wurde ja auch von mehreren anderen Autoren im Wettbewerb gewählt. Das Fragmentarische ist für mein Empfinden zufriedenstellend umgesetzt.

Mein Hauptproblem mit der Geschichte ist, dass ich zwar allerlei erfahre über Gordon und die Forscher, aber keine Gefühle transportiert werden. Ja, er verhält sich menschlich und macht menschliche Denkfehler. Letztlich könnte er auch tatsächlich einfach ein Mensch sein. Dass er es faktisch nicht ist, wird mir zwar mitgeteilt, aber es hat für die Geschichte eigentlich gar keine Relevanz.

Der einzige Moment, an dem die Geschichte etwas in mir ausgelöst hat, war das Ende. Das fand ich tatsächlich berührend.

Ich weiß, mein Kommentar klingt jetzt wahrscheinlich negativer als ich wirklich über den Text denke. Er ist gut geschrieben, er hält sich an alle Kriterien und das Ende kriegt einen guten Dreh. Insgesamt aber zu wenig originell, zu wenig „besonders“, um Punkte zu bekommen – vor allem, da in diesem Wettbewerb die Konkurrenz sehr stark ist.

LG
Anne


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Beitrag25.11.2015 23:45

von tronde
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Hallo!

Fragment: ja
MenschMaschine: ja, naheliegende Umsetzung
Netter Twist, macht Kultur, Schöpferisches Tätigsein Menschlichkeit aus.
Und ob Robert wohl auch …? Also doch eine Pointe?

Trotzdem im Vergleich wahrscheinlich keine Punkte.

Grüße
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Flotte Schreibefeder
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Beitrag26.11.2015 00:35

von Flotte Schreibefeder
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Deinen Text habe ich nach dem Zufallsprinzip zuerst gelesen und war sofort begeistert. Der Schwimmer und die beiden Wissenschaftler sind wirklich toll beschrieben und das Bild von der Schwimmhalle fand ich toll beschrieben (vielleicht weil ich selbst auch gerne schwimmen gehe).

Über das Wort "ypad" bin ich dann allerdings gestolpert. Es erinnert ein bisschen an die Disney-Serien, die auf allen Laptops eine angebissene Birne statt des berühmten Apfels zeigen.

Wirklich enttäuscht hat mich dann allerdings das Ende und ich kann nicht wirklich ausmachen warum. Zum einen finde ich, dass du die Musik viel weniger plastisch beschreibst als das Schwimmen. Der Zauber ist bei mir einfach nicht übergesprungen.

Ich würde aber auch sagen, es ist eine sehr persönliche Sache. Warum muss der stinknormale Durchschnittsbürger jetzt plötzlich etwas ganz toll können? Für mich hätte er lieber stinknormal, langweilig und glücklich bleiben sollen. Das ist aber wahrscheinlich vor allem eine sehr persönliche Geschmacksfrage.
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Eredor
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Traumtagebuch
Beitrag26.11.2015 15:12

von Eredor
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Am Anfang holperts hier, auch hat mich der Titel sehr abgeschreckt. Ich meine...naja...Irren ist...äh - was ist irren? Maschinisch? Confused Wenn schon Latein her muss, um den Titel pseudointelektuell aufzuwerten, ist das nie ein gutes Zeichen.

Ich sag's ja nur. Rolling Eyes

Zwischenfrage: Warum yPad? Why-Pad? Oder einfach nur eine Namensänderung, damit da nicht iPad steht? Wenn's letzteres ist: Bitte schreib iPad. Jeder weiß, was gemeint ist.

Den Plot halte ich für sehr gelungen. Erzähler stimmt auch, meiner Meinung nach ist das aber kein Fragment wie ich es verstehe - sondern eine klassische Kurzgeschichte.

Und bei mir war's gerade der Titel, der dich aus der Punkteverteilung rausgeworfen hat. Tut mir Leid. Trotzdem hab ich das gern gelesen!

LG Dennis


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anderswolf
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Beitrag27.11.2015 00:52

von anderswolf
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[Das offensichtliche lassen wir aus. Ist ja nur menschlich. Evtl. Absicht?]

In der Kürze des Textes Sympathie für einen unorganischen Menschen zu evozieren, ist durchaus eine erstaunliche Leistung. Sprachlich solide, nur selten fällt der Ton der Geschichte. Erzählfluß gut, Rein- und Rauswurf funktioniert.

Offene Fragen gibt es kaum (außer vielleicht nach Golos Bauplan, der offensichtlich ein Stirnhöhlenmikrofon vorsah, aber keine interne Ortung), Nachhall eigentlich auch nicht, aber immerhin das Gefühl, eine gute Geschichte gelesen zu haben, die souverän, aber nicht außergewöhnlich die Anforderungen des Wettbewerbs erfüllt.
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Nihil
{ }

Moderator
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Beitrag27.11.2015 16:57

von Nihil
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    Zwei Punkte für Erare machinam est

    „Moppel-Ich“ als Menschmaschine
    Auch Roboter quält die Waage. Auf der Suche nach dem Traumkörper findet ein synthetischer Mensch aus Versehen seine Bestimmung. „Erare machinam est“ beweist, dass auch in Schaltkreisen Genie verborgen liegt.

    Golo weiß nichts von seinem Schicksal. Er weiß nichts davon, dass er ein synthetischer Mensch ist, der zwar mit den gleichen Körperfunktionen ausgestattet ist, die aber keiner Veränderung unterliegen. Alles an ihm ist fix, so wie auch das Gehäuse einer Taschenuhr nicht schmaler wird, wenn der große Zeiger schneller läuft. Dabei möchte Golo doch nur seinen Marktwert in der Welt der Liebe erhöhen, um endlich eine glückliche Beziehung zu führen. Also etwas vollkommen Menschliches. Leider kann ihm das nicht erlaubt werden, denn zwei Agenten, vermutlich angestellt in der Firma, die Golo „produziert“ hat, überwachen jeden seiner Schritte, vereiteln notfalls unauffällig jede Gelegenheit, die ihren Plänen nicht entspricht. Frustriert von seinem Leben greift Golo schließlich zur Gitarre. Und zeigt zum Erstaunen der Agenten ein beeindruckendes Takt- und Musikgefühl.
       Vermutlich ist es gerade Golos Mittelmäßigkeit, die ihn dem Leser sympathisch macht. Er ist um die Dreißig, hat einen kleinen Bauch, zeigt Willensstärke und steht zunächst doch wie der bemitleidenswerte Loser da. Gerade dadurch wirkt er menschlich. Ob es nun realistisch ist, dass man jemals eine exakte menschliche Kopie künstlich erschaffen kann – geschenkt. Die technologischen Details interessieren weniger als die Implikationen, die das Thema bietet. Hier greift ein Roboter zum Instrument und macht Musik. Aufgrund der Ähnlichkeit des Themas drängt sich der Vergleich zu „Vita detestabilis“ auf, wo eine ähnliche Situation beschrieben wird. Der Aspekt, dass eine Maschine Kunst ersinnen kann, eine der Eigenschaften schlechthin, die den Menschen zum Menschen machen, wird in „Erare machinam est“ weniger eindringlich behandelt.
       Aber wie der Titel bereits sagt, wenn auch mit unschönem Rechtschreibfehler, geht es hier weniger um die innere Verarbeitung mit Kunst oder Musik, sondern um das Erkennen. Golo erkennt, dass er mit dem Schwimmen nicht weiterkommt. Die Agenten erkennen, dass Golo eine Begabung hat, obwohl sie das nicht für möglich gehalten haben. Hier soll wohl der Titel eine gewisse Doppeldeutigkeit entfalten, indem nicht klar sein soll, wer hier jetzt die Maschine ist. Nur geht diese Idee nicht auf. Welche maschinellen Eigenschaften zeichnen denn die Agenten aus? Auf die Frage, was wir mit diesem Titel anfangen sollen, bleibt der Text uns eine Antwort schuldig.
       Andererseits bietet er aber auch keine wirklich neuen Fragen, stößt keine Diskurse an. Golos Musikalität überrascht nicht wirklich, da er ja Gefühle hat wie eine normale Person, das Schwimmen beherrscht, lernfähig ist. Es geht leider auch weniger darum, wie sich das Zusammenleben von synthetischen und organischen Menschen auswirken würde. „Erare machinam est“ bleibt also eine ordentlich geschriebene Alltagsgeschichte über einen künstlichen Menschen. Aber nicht mehr.

     
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Ithanea
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 34
Beiträge: 1062

Ei 3 Pokapro 2017


Beitrag27.11.2015 17:30

von Ithanea
Antworten mit Zitat

Ein schöner Text und einer meiner Favoriten. Die Protagonisten sind mir alle so sympathisch, Robert mit seiner Lässigkeit, der Ich-Erzähler mit seiner Aufregung und natürlich Golo, der alles neu zu entdecken scheint. Ich kann gerade bei der inhaltlichen Richtung deiner Geschichte so gut mitgehen. Das waren die Themen, die auch mich bei meinem 10K-Beitrag beschäftigt haben und ich finde (inhaltlich) viele Ähnlichkeiten wieder (Musik, Emotion, Frage, worin sich Menschlichkeit zeigt...)
Toller Text.


_________________
Verschrieben. Verzettelt.
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nebenfluss
Geschlecht:männlichShow-don't-Tellefant


Beiträge: 5994
Wohnort: mittendrin, ganz weit draußen
Podcast-Sonderpreis


Beitrag28.11.2015 14:02

von nebenfluss
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Liebe Leser, liebe/r holg, Literättin, Schreibhand, Vanir7777, Tjana, Babella, rieka, wwwave, lupus, Michel, Jenni, Akiragirl, tronde, Flotte Schreibfeder, Eredor, anderswolf, Nihil, Ithanea,

für den Moment nur einen kurzen aber dafür um so herzlicheren Dank für Lesen, eure Kommentare und Punkte. Mein eigener Blick auf den Text war - wer mag, kann meinen 'Selbstkommentar' dazu lesen - schon nach Überfliegen der anderen Beiträge ziemlich kritisch, gegen Ende der Bewertungsphase konnte ich ihn mir nur noch im unteren Viertel vorstellen. Ihn jetzt im Mittelfeld zu finden, hat mich sehr positiv überrascht, zumal auch die Kommentare zeigen, dass ein ähnlich vernichtendes Urteil (wie mein eigenes) höchstens bei Babella und lupus herauszulesen ist.

Ich werde auf die einzelnen Punkte noch eingehen, weiß aber noch nicht genau, in welcher Form.
Deshalb schaffe ich mir zunächst nur das Peinlichste vom Hals: den Rechtschreibfehler im Titel. Weiß gerade nicht, wen ich dafür verantwortlich machen könnte: meinen Latein-Lehrer? Gab es in meiner Kindheit eine Serie von Asterix-Fehldrucken? Oder später eine Rechtschreibreform des Lateinischen?
Aber wie das so ist: Wenn man nicht auf die Idee kommt, dass etwas falsch sein könnte, überprüft man es nicht.


_________________
"You can't use reason to convince anyone out of an argument that they didn't use reason to get into" (Neil deGrasse Tyson)
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lupus
Geschlecht:männlichBücherwurm

Alter: 56
Beiträge: 3914
Wohnort: wien



Beitrag28.11.2015 14:51
Re: Erare machinam est
von lupus
Antworten mit Zitat

Hallo Nebenfluss,
weil du geschrieben hast, du würdest noch genauer auf die Kommentare eingehen:

Das sollte nicht passieren - nämlich nicht genau zu lesen.

lupus hat Folgendes geschrieben:

So etwas sollte nicht passieren:

Zitat:
Sobald sich eine Romanze abzeichnet, müssten wir unsere Deckung verlassen und ihn aus dem Verkehr ziehen, bevor es zu einem solchen kommt.




Der Satz ist natürlich korrekt, sogar mit Stilfigur. Er gefällt mir zwar wirklich nicht, weil er mir ein bisserl zu sehr kalauert, aber es ist korrekt, korrekt, korrekt. Sorry.

lgl


_________________
lg Wolfgang

gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben

-------------------------------------------------------
"Ich bin leicht zu verführen. Da muss nur ein fremder Mann herkommen, mir eine Eiskugel kaufen und schon liebe ich ihn, da bin ich recht naiv. " (c) by Hubi
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