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Jack Burns Reißwolf
Alter: 54 Beiträge: 1444
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10.10.2015 11:33 Re: Warten auf Rose von Jack Burns
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Hallo werte Kollegin,
Seit Tagen ringe ich mit der Entscheidung, zu schweigen oder meine Pflicht als Kritiker zu erfüllen. Nun; wir sind nicht im Mädchenpensionat und die Samthandschuhe haben mir noch nie gepasst.
Bei mir geht der Text voll nach hinten los: Nach dem Lesen habe ich ein Gefühl, wie nach fettigen, süßen Keksen. Jetzt will ich nicht einfach Kitsch! rufen, sondern Dir auch an einigen Beispielen verdeutlichen, warum dieser Effekt bei mir eintritt.
Auf den Punkt gebracht: Stilmittel sind etwas Feines, wenn man sie an passenden Stellen verwendet und - noch wichtiger - in Maßen verwendet. Was hier an Wiederholungen, Ellipsen, verschnöselten Konjunktivverwendungen durch diesen relativ kurzen Text geistert, sprengt alle Grenzen. Ein echtes Empfinden für die Gefühlslage der Protagonistin wird mir nicht möglich, weil die Autorin mir alles Leid und Schmerz der Welt überhilft, wodurch sich bei mir eine innere Abwehr aufbaut. Zynismus bricht sich seine Bahn und flüstert mir böse Worte ins Ohr.
Ich habe sie durch die Zensur geschickt und das ist dabei herausgekommen:
hobbes hat Folgendes geschrieben: | Die Tür fällt hinter ihr ins Schloss. Regelmäßig erwache ich von ihrem Türenschlagen. Wenn ich nicht längst schon wach liege, ihren Geräuschen lausche. Nie macht sie Licht, immer sucht sie im Dunkeln nach ihrer Wäsche, ihrer Kleidung. Sogar die Klospülung ist leiser, wenn sie es ist, die den Drücker betätigt. Der Widerspruch des regelmäßigen Türenschlagens und ihrer leisen Art irritiert mich. Also lese ich rückwärts, um meinen Lesefehler zu verstehen.
Nie kommt sie ein letztes Mal ans Bett, noch nicht einmal an die Tür kommt sie. Kein letzter Blick auf mich, kein Kuss, keine Berührung. Das ist mir zu ausgewalzt
Sie geht und lässt die Tür hinter sich ins Schloss fallen.
Ich habe keinen Anspruch auf sie, habe keinen Anspruch darauf, dass sie wiederkommt. Vielleicht war diese Nacht die letzte, vielleicht wird sie nie mehr wiederkommen. Ein Beispiel für Redundanzen, die sich durch den Text ziehen.
Du dumme Kuh, will ich ihr hinterher schreien. Bleib fort, bleib doch einfach fort.
Aber es wäre nur meine Verzweiflung, die sich Gehör verschafft. Wo liegt die Grenze zwischen Eindringlichkeit und dem Leser aufgedrückter Erklärung? Für mich, wird sie hier überschritten Würde ich schreien, müsste ich weinen. Ich will nicht weinen.
Ich liege in der Dunkelheit des Schlafzimmers, trauere ihrem Geruch hinterher, ihrer Haut, ihrer Wärme – so lange sie noch da ist, Wärme ist flüchtig und wenn sie geht, bleibt nicht mehr als eins ihrer Haare auf dem Kissen. Das kratzt hart am Kitsch entlang. Übrigens hatte ich das "sie" anfangs auf die Geliebte bezogen, statt uf die Wärme. Weiß nicht ob es an mir liegt.
Schon ein Jahr lang geht das nun so. Ein Jahr, in dem ich kleiner und kleiner werde; ich verschwinde, wenn sie geht, mit jedem Türenschlagen verschwinde ich ein Stück mehr, irgendwann wird nichts mehr von mir übrig bleiben, schon jetzt glaube ich, ich bestehe nur noch aus Sehnsucht, Sehnsucht nach ihr. Sogar, wenn sie da ist, denn ich weiß, sie wird gehen. Irgendwann wird sie gehen, vielleicht für immer. Das wurde bereits deutlich bejammert. Bei einem kurzen Text, wie diesem, gerät es zu einer anstrengenden Litanei.
Sie hat einen Schlüssel. So lange sie einen Schlüssel hat, wenn ich es recht verstehe, müssten Auslassungszeichen rein. denke ich und warte den ganzen Tag lang auf das Geräusch dieses Schlüssels in der Tür.
Ich schreibe nicht mehr, sitze nur noch am Monitor und starre auf leere Dokumente. Gehe nur noch in aller Hast einkaufen, will nicht die Wohnung verlassen, was, die Konjunktion wandelt sich während des Lesens in ein Fragewort. Das entsprechende Satzschlusszeichen fehlt - Verwirrend. wenn sie früher kommt, denke ich, als ich im Supermarkt nach den Karotten greife.
Einmal drehte sich ihr Schlüssel zwei Wochen lang nicht in der Tür, zwei endlose, lange Wochen. Sie war auf Korsika, mit ihrem Mann.
Ich habe ihn gegoogelt, er ist Arzt am Klinikum. Einmal war ich dort, Hier wäre ein Satzende angebracht. ich wollte ihn sehen, seine Stimme hören, wer ist das, habe ich mich gefragt.
Ich wollte ihn hassen. Hier wäre ein Komma angebracht. Das Subjekt bezieht sich auf den nächsten Satz.
Fand ihn in der Kantine, am Mittagstisch mit seinen Kollegen. Lachend, sympathisch, herzlich. Er hat in den Präsens gehoppst. freundliche Augen, sicher ist er ein guter Arzt, sicher fühlt man sich als Patient bei ihm gut aufgehoben.
Kurz streifte mich sein Blick, ich hielt den Atem an, dachte, er müsse Hier gehört Konjunktiv II hin. es bemerken, ihre Berührung, die Spuren, die sie hinterlassen hat.
Aber sein Blick schweifte nahtlos weiter.
Said sagt, ich müsse es beenden. Ach Marlene, sagt er und sieht mich an mit besorgten Augen. Jetzt rutscht es immer mehr in einen Doktorroman-Stil ab. Es tut dir nicht gut.
Nein, es tut mir nicht gut. Das weiß ich selbst.
Ja, ich müsste es beenden. Auch das weiß ich.
Aber ich kann nicht, kann sie nicht loslassen. Meine Rose.
Rose, so nenne ich sie, Rose auf englisch.
Dabei heißt sie Christine. Christine, ausgerechnet. Ein belangloser Allerweltsname.
So so. Der abgedroschenste Name der romantischen Literatur ist also besser? Nee!
Christine und Erik Mannsberger.
Ein schönes Paar.
Du schaffst dir dein eigenes Melodram, sagt Said.
Wie immer hat er recht.
Dieser Tag.
Nass vom Regen und außer Atem hatte ich gerade noch die U-Bahn erreicht. Auch hier: Für die gewollte Satzellipse, müsste der Satz weitergehen. Stand schwer atmend an der Tür, sah sie. Sie saß mit ihrer Tasche auf dem Schoß, lächelte mich an.
Und ging mit mir nach Hause, einfach so. Ich dachte, so etwas passiere Konjunktiv II nur in Büchern.
Ich reichte ihr ein Glas Wein, stellte mich unter die heiße Dusche und dachte an sie. Da schlug die Tür zum ersten Mal. Damals verspürte ich noch so etwas wie Erleichterung. Es ist an mir vorbeigegangen, dachte ich.
Auf dem Tisch, neben ihrem Weinglas, ein Zettel: Ich musste nach Hause.
Da hätte ich es schon wissen müssen. Und doch fing ich an zu hoffen.
Die Rückblende könnte eleganter eingeleitet werden. Orientierungprobleme bei mir.
Heute ist Hoffnung das einzige, was ich habe. Komm, denke ich, wenn sie nicht da ist. Komm zu mir.
Bleib, denke ich, sobald sie kommt; bleib, denke ich, sobald die Tür hinter ihr ins Schloss fällt. Bleib bei mir. Für immer.
Der Absatz schmalzt so richtig.
Sie ist gegangen und ich wache in der Dunkelheit des Schlafzimmer, so lange, bis die Vögel anfangen zu singen. Wenn Vögel anfangen zu "singen", dann befinden wir uns endgültig in der trivialen Welt der Groschenromane.Zuerst die Rotschwänze, später die Amseln. Für sie beginnt der Tag.
Für mich ist er zu Ende. |
Schönen Gruß
Martin
_________________ Monster.
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Rainer Zufall Klammeraffe
Alter: 70 Beiträge: 801
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10.10.2015 12:00
von Rainer Zufall
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Nebenfluss, das kommt überhaupt nicht besserwisserisch rüber. Im Gegenteil. Ich finde das gut, dass du das so machst, ich finde es manchmal für einen Autor leichter, gerade zu ganz best. Punkten die Eindrücke mehrerer Autoren zu hören.
Zitat: | Oder sie lernt, Eifersucht und Angst zu besiegen und einfach die gemeinsame Zeit zu genießen. Wäre auch eine Lösung. | Das stimmt. Klappt ja auch, häufiger jedenfalls, als man so denkt. Nur glaub ich das bei dieser Icherzählerin nicht. Aber der Teufel ist ein Eichhörnchen.
Und: Ich bin total erstaunt, doch so viele Kommentar jetzt noch zu lesen. Und solch unterschiedliche Eindrücke.
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hobbes Tretbootliteratin & Verkaufsgenie
Moderatorin
Beiträge: 4279
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10.10.2015 12:02
von hobbes
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Ui, hier ist ja was los. Vielen Dank euch allen schon mal. Ausführlichere Antworten verschiebe ich auf später, mir mangelt es momentan an den passenden Hilfsmitteln, das macht das Antworten ein wenig mühsam.
Aber das ist vielleicht ganz gut so, bis dahin kann ich Eure Anmerkungen noch auf mich wirken lassen.
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hobbes Tretbootliteratin & Verkaufsgenie
Moderatorin
Beiträge: 4279
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11.10.2015 23:44
von hobbes
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So, jetzt noch einmal ausführlicher.
Der Anfang. Da wurde einiges mehrfach angesprochen - die Diskrepanz zwischen (lautem) Türenschlagen und dem sonstigen leisen Auftreten, zum Beispiel. Auch die Frage, ob Marlene tatsächlich davon erwacht, noch dazu regelmäßig, wo man doch vielleicht eher erwarten würde, dass sie gar nicht erst einschläft.
Das sind solche Dinge, wegen denen ich wohl dieses vage "es gibt noch etwas zu tun"-Gefühl hatte. Jetzt, wo ihr das ansprecht, erinnere ich mich nämlich auch wieder daran, dass ich beim Schreiben bzw. Überarbeiten schon darüber nachgedacht hatte, also über das oben genannte, die Gedanken dann aber aus irgendwelchen Gründen wieder zur Seite geschoben habe. Zu Unrecht, wie ich jetzt finde, das passt so tatsächlich nicht zusammen.
Dann - das wurde auch mehrmals genannt - die Bezugsverwirrungen mit Türen, Wärme, sie, ihren, etc.
Ja. Gerade bei der Wärme schon wieder das Phänomen des weggeschobenen "hier ist noch etwas zu tun"-Gedankens. Ich glaube, das ist die Faulheit, also meine. Da brauche ich dann tatsächlich jemanden, der mich noch mal mit der Nase drauf stößt.
Dann die ebenfalls mehrfach angesprochenen Wiederholungen. Tja. Da werde ich jetzt latent uneinsichtig Das kommt natürlich immer darauf an, an dem von Frau Zufall angesprochenem "geht" hänge ich zum Beispiel wirklich nicht, da lässt sich sicher etwas anderes finden. Auch das "habe" beim Anspruch: kann weg, kein Thema.
Dagegen das von Jack Burns angesprochene "Vielleicht war diese Nacht die letzte, vielleicht wird sie nie mehr wiederkommen." Nee, das kann ich nicht streichen. Wie denn? Einen der beiden Satzteile weglassen? Wäre für mich ein anderer Text. Also was heißt anderer Text - eine andere Sprache, ein anderes wasWeißIch, jedenfalls nicht mehr die Art, wie Marlene diese Geschichte erzählt.
Dann die Stelle, auch mehrfach angesprochen.
"So lange sie einen Schlüssel hat, denke ich"
Zum einen zu viel Schlüssel darin bzw. drumherum. Ok. Das wäre jetzt eine Stelle, bei der ich es schon schwieriger finde, auf einen der Schlüssel zu verzichten, aber gut, wäre wohl durchaus machbar.
Noch schwieriger, die von diesem Zitat verursachte Verwirrung aufzulösen. Jack Burns versteht schon richtig, zumindest, wenn ich ihn seine Forderung nach Auslassungszeichen richtig verstehe. Denn ja, hier fehlt natürlich etwas, sie denkt ja noch mehr/weiter, will das Weitergedachte aber nicht (schon wieder) aussprechen.
(Ich frage mich außerdem gerade, ob ich das "So lange" nicht hätte zusammenschreiben müssen)
Auslassungszeichen mag ich aber auch keine machen, ich finde, die passen hier nicht. Hm. Schwieriger Fall.
So, jetzt habe ich, glaube ich, alles mehrfach angesprochene durch.
Mal sehen, was noch so übrig bleibt.
BlueNote, zum Beispiel. Ob du wohl der gleiche BlueNote bist, der irgendwann (sinngemäß) "in AGs wird nicht konstruktiv gearbeitet, da sind alle nur lieb und nett zueinander" beanstandet hat?
Ich werde dich garantiert nicht zu einer ausführlichen Kritik zwingen (wie auch?), aber vielleicht traust du dich ja jetzt, wo das Lob nicht mehr ganz so übereinstimmend ausfällt, ebenfalls aus dem Mauseloch.
Lorraine, spannend, dass du Said ansprichst. In einer ersten Version des Ganzen gab es tatsächlich einen Absatz, in dem es hauptsächlich um ihn ging. Den habe ich dann aber wieder gestrichen, weil ich fand, dass es von der eigentlichen Geschichte ablenkt bzw. ein viel zu großes anderes Fenster aufmacht.
Das heißt jetzt aber nicht, dass ich mir nicht grundsätzlich vorstellen könnte, ihn ein bisschen mehr einzubinden, das kann ich sogar sehr gut. Nur eben nicht in der Form, wie es in diesem gestrichenen Absatz passiert ist.
Und die Vogelarten - die kamen hauptsächlich deshalb vor, weil ich dadurch noch ein bisschen vom Verlauf der Zeit hineinbringen wollte. Die fangen ja nicht alle gleichzeitig an - es gibt da tatsächlich eine Reihenfolge, so dass man, wenn man den Vogel am Gesang erkennt, auf die Uhrzeit schließen kann.
Aber klar, das ist jetzt wieder so etwas, das steht nicht unbedingt im Text, sondern findet mehr in meinem Kopf statt.
Jack Burns - nach der Einleitung habe ich schlimme Dinge erwartet.
Und wurde enttäuscht
Ich kann dein Kitsch!-Rufen durchaus nachvollziehen. Tatsächlich weiß ich selbst noch nicht so genau, was ich von meiner Protagonistin halten soll. (Als ich den Said-Absatz gestrichen habe, kam ich zum Beispiel ins Überlegen, ob ich nicht lieber seine Geschichte schreiben will.)
Jetzt das Aber: Tja, so ist sie, also Marlene. Ich könnte sie anders machen, ich könnte ihre Geschichte anders erzählen, aber im Grunde könnte ich das auch wieder nicht, denn dann wäre es nicht mehr ihre Geschichte.
Daher fürchte ich, dass du in diesem Fall wohl einfach nicht zu meinen Lesern gehörst.
Was jetzt nicht heißt, dass ich mit deinen Anmerkungen nichts anfangen kann - ich merke nur gerade, ich bin zu müde, um noch genauer darauf einzugehen. Das muss noch ein bisschen warten.
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BlueNote Stimme der Vernunft
Beiträge: 7304 Wohnort: NBY
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12.10.2015 06:07
von BlueNote
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Zitat: |
Ob du wohl der gleiche BlueNote bist, der irgendwann (sinngemäß) "in AGs wird nicht konstruktiv gearbeitet, da sind alle nur lieb und nett zueinander" beanstandet hat?
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Ich denke eher, das hast du nicht mehr so ganz richtig in Erinnerung. Wenn nicht konstruktiv gearbeitet werden würde, würde ja kein Buch am Ende herauskommen.
Trotzdestonichts: Irgendwann muss man sich im Leben (oder im DSFo) entscheiden - Nett sein oder schonungslose Kritik. Dann schon lieber nett sein, oder? So ein kleiner Text ist am Ende ja auch nicht so wichtig, um gleich eine Freundschaft aufs Spiel zu setzen.
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hobbes Tretbootliteratin & Verkaufsgenie
Moderatorin
Beiträge: 4279
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12.10.2015 08:41
von hobbes
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@BlueNote
Da ließe sich jetzt über einiges diskutieren - aber nun ja, das würde ich ungern in diesem Faden tun.
Vielleicht einigen wir uns bis dahin darauf, dass wir unterschiedlicher Meinung sind, vor allem was nett sein und/oder schonungslose Kritik betrifft.
Jetzt aber noch mal @Jack Burns
Zu einigem, das du angsprochen hast, hatte ich ja gestern schon was geschrieben.
Zu anderem nicht, das werde ich jetzt noch tun.
Beispielsweise die Verzweiflung. rieka hatte sie auch schon erwähnt und das ist jetzt so eine Stelle, an der ich das "zu viel!" verstehe und durchaus über eine zurückgenommenere Alternative nachdenke.
Beim Haar auf dem Kissen verstehe ich es im Grunde auch, allerdings mag ich in dem Fall nicht über Alternativen nachdenken.
Erwähnte ich schon mal, dass ich mich immer recht unbeholfen fühle, wenn ich dann doch auf etwas bestehe? Ich kann es nämlich fast nie in irgendeiner Form begründen, abgesehen von "das muss aber so!"
Genauso bei "was, wenn sie früher kommt" - klar, ist tendenziell verwirrend, trotzdem mag ich es genauso, mag diesen Klang, den es erzeugt.
Überhaupt scheinen wir, was die Zeichensetzung betrifft, tendenziell anderer Meinung zu sein.
Den Konkunktiv II werde ich mir jedenfalls auch noch einmal genauer ansehen.
Die Einleitung der Rückblende wurde auch schon mal angesprochen, ja, auch darüber denke ich noch mal nach.
Ansonsten frage ich mich gerade, ob ich in deinem Fall nicht vielleicht noch ein bisschen mehr "Kitsch" hineinbringen müsste, eventuell würde es für dich dann ja schon als Satire durchgehen?
Jedenfalls musste ich über deine "bösen Worte" doch eher schmunzeln, vermutlich, weil ich sie zum einen gut nachvollziehen kann. Zum anderen aber eben nicht glaube, wirklich etwas daran ändern zu können, ohne aus dem Text etwas ganz anderes zu machen.
Noch mal Danke an alle! Ich hoffe, ich habe nichts und niemanden vergessen.
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nebenfluss Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5976 Wohnort: mittendrin, ganz weit draußen
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12.10.2015 10:45 Re: Warten auf Rose von nebenfluss
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hobbes hat Folgendes geschrieben: |
Beim Haar auf dem Kissen verstehe ich es im Grunde auch, allerdings mag ich in dem Fall nicht über Alternativen nachdenken.
Erwähnte ich schon mal, dass ich mich immer recht unbeholfen fühle, wenn ich dann doch auf etwas bestehe? Ich kann es nämlich fast nie in irgendeiner Form begründen, abgesehen von "das muss aber so!"
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Ich sehe das so:
Jack Burns hat Folgendes geschrieben: | bleibt nicht mehr als eins ihrer Haare auf dem Kissen. Das kratzt hart am Kitsch entlang.
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Was ist Kitsch? Für mich: Perfekte Harmonie, wie etwa die Silhouette eines model-hübschen Paares vor einem Sonnenuntergang, durch keinerlei Individualität oder sonstige "Makel" gestört - in der Wirklichkeit so gut wie nie anzutreffen, und deshalb hochgradig künstlich.
Auf Haare auf einem Kissen kann ich das nicht übertragen. Zurückgebliebene Haare auf Kopfkissen sind allmorgendliche Realität (vielleicht nicht genau eins - da könnte man eine herbei-geschriebene Künstlichkeit attestieren - einfach "Haare auf dem Kissen" wäre vielleicht die natürlichere Variante).
Darf man nun dieses Bild nicht mehr verwenden, weil es schon so viele vor einem getan haben? Muss, kann Literatur eine solche Szene überhaupt immer wieder neu veranschaulichen?
Ich wäre ja mal auf alternative Vorschläge gespannt, die auch den beschränkten Blickwinkel der Prota (ihre Optionslosigkeit) berücksichtigen.
Klar, der Vorwurf des Kitsches, des Makellosen, passt auf diesen Text, wenn man ihn in seine Bilder seziert - man nehme nur diesen Arzt! Klischee bis zum Abwinken. Oder Said, den väterlichen Freund. Für mich geht das aber so, weil die Prota durch ihn den eigenen Makel reflektiert. Auch die Redundanzen stützen das, ihr ergebnisloses Kopfkarussel zu zeigen, das den Makel nicht beseitigen kann, so lange sie ihn als solchen wahrnimmt.
_________________ "You can't use reason to convince anyone out of an argument that they didn't use reason to get into" (Neil deGrasse Tyson) |
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Jack Burns Reißwolf
Alter: 54 Beiträge: 1444
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13.10.2015 04:16
von Jack Burns
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Hallo Hobbes,
meine Anmerkungen waren nur als Begründung meines ablehnendes Gefühls gedacht. Wo kämen wir denn hin, wenn man wegen eines Meckerkopps seine Geschichte ändern müsste?
Bei dem Haar hatte ich, passend zum Ton der Geschichte, die berühmte Locke der Geliebten vor Augen. In Texten aus der Romantik von mir schmunzelnd gelesen. In einem modernen Text , na ja ...
Der Konjunktiv I wird gern verwendet, wenn es poetisch klingen soll, ist aber im Grunde reserviert für indirekte Rede und eine weitere, schwammig erklärte Funktion.
Übrigens hatte ich auch inhaltlich mein Problem damit, Sympathie oder Mitgefühl zu entwickeln. Am ehesten mit dem schamlos hintergangenen, ahnungslosen Ehemann.
Aber so sind sie die Frauen ... schluchz!
Grüße
Jack
_________________ Monster.
How should I feel?
Creatures lie here, looking through the windows. |
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BlueNote Stimme der Vernunft
Beiträge: 7304 Wohnort: NBY
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13.10.2015 05:33
von BlueNote
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Zitat: |
Erwähnte ich schon mal, dass ich mich immer recht unbeholfen fühle, wenn ich dann doch auf etwas bestehe? Ich kann es nämlich fast nie in irgendeiner Form begründen, abgesehen von "das muss aber so!"
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Wozu dann noch konstruktive Kritik üben, d.h. eine Kritik, die sich in Verbesserungsvorschlägen ergeht? Und warum keine Kritik, die einfach nur Kritik ist (so wie jede andere Literaturkritik auch), ohne dass der Kritiker wie eine Deutschlehrerin in der Grundschule die Hälfte des Text rot anstreicht bzw. den Text gleich nach seinen eigenen Vorstellungen umschreibt? Dass du ein Umschreiben nicht möchtest, ist legitim. Zu wissen, warum deine Form die beste ist, wäre allerdings nicht schlecht, vor allem dann, wenn sie dies gar nicht ist. Wozu setzen wir uns sonst mit deinem Text auseinander, wenn du sowieso der Meinung bist, "das müsse alles so sein" (ohne das begründen zu können). Zu irgend etwas sollte das Autor/Kritiker-Spiel letztendlich schon führen - und sei es, dass du uns überzeugende Argumente lieferst, dass deine Form der literarischen Umsetzung die richtige ist.
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holg Exposéadler
Moderator
Beiträge: 2394 Wohnort: knapp rechts von links
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13.10.2015 08:17
von holg
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Weil dann am Ende so etwas da steht wie:
Marlene leidet, weil Christine, ihre heimliche Geliebte sich immer wieder aus der Wohnung schleicht, um zu ihrem Mann zurück zu kehren, der leider (aus Marlenes Sicht) sympathisch wirkt.
_________________ Why so testerical? |
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hobbes Tretbootliteratin & Verkaufsgenie
Moderatorin
Beiträge: 4279
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13.10.2015 09:47
von hobbes
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Jack Burns hat Folgendes geschrieben: | Am ehesten mit dem schamlos hintergangenen, ahnungslosen Ehemann. |
Hm. Der Schein könnte natürlich auch trügen und alles könnte ganz anders sein. Schade eigentlich, dass ich keine Lust habe, seine Geschichte ebenfalls aufzuschreiben und dir damit die Augen zu öffen, was seine wahre Natur betrifft
(In Wahrheit befürchte ich wohl eher, dass er schrecklich langweilig ist und wer will schon eine Geschichte über einen sterbenslangweiligen Mann schreiben/lesen.)
@BlueNote
Ich verstehe leider nicht, was dein Anliegen ist und ob du überhaupt eins hast.
Die Art und Weise, wie man Texte kritisiert? Die Art und Weise, wie ich mit Kritik umgehe?
Falls es darum gehen sollte, wäre es mir lieb, du würdest eine solche Diskussion nicht gerade in diesem Faden hier aufmachen, denn hier soll es doch eigentlich um den Text gehen.
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