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Bitterer Kaffee, Honig Blues

 
 
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holg
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Moderator

Beiträge: 2395
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Bronzenes Licht Der bronzene Roboter


Beitrag13.09.2015 19:00
Bitterer Kaffee, Honig Blues
von holg
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Mein Tag beginnt mit dem Schlagen der Nachbartür. Oder der daneben. Ist auch egal. Jedenfalls wird sie satt und dumpf ins Türgummi gesogen, der Riegel schnappt mit dem massiven Geräusch geschmiedeten Metalls ins Schloss. Die Gläser auf meiner Anrichte klirren. Ich bin wach. Ich höre sie lachen, reden, die Stimmen vor meiner Tür. Idioten, die glauben, sie wären allein auf der Welt. Wer ist schon allein. Wer außer mir in diesem Mikrokosmos serotonininduzierter Wattigkeit, blutarmer Schwere zwischen viel zu vielen Kissen auf doppeltdicken Boxspring-Matratzen. Die nächste Tür schlägt und während ich noch mit geschlossenen Augen darüber nachdenke, ob es sich lohnt, auf die Uhr zu sehen, wieder eine. Niemand schließt seine Tür leise, alle tun so, als seien sie es gewohnt, dass dieser Federarm oben an der Zarge das Blatt gegen die Blende zieht, als hätten sie zuhause Hotelzimmertüren verbaut. Niemand schließt die Tür leise, nimmt Rücksicht.

Kopf dröhnt. Zu wenig Schlaf, brauche Kaffee. Bin spät dran. Zuerst die U-Bahn kriegen. Jemand hat so ein Ding mal mit Odins achthufigem Pferd verglichen. Sehr poetisch, aber das hier ist ein kreischendes Stahlungetüm mit quietschenden Türen, drängelnden Menschen, wahren Massen, die sich durch die Wartenden hinaus quetschen, ebensolchen Massen, die hineindrängen. Riechen nach Parfüm, Zigaretten, Restalkohol, drängeln, schieben. Irres Piepen, mein Unterschenkel gefangen zwischen den Gummilippen, ich ziehe, die Tür öffnet und schließt, graue Streifen auf meiner Chino.

Jaja, sehr schön, abgemacht, tolles Team. Kunden können Speichellecker sein, im Besprechungsraum, wenn sie auf wichtig machen und mehr wollen, als gekauft. Auch der cholerische Chef (hab ihn schon anders erlebt, als es nicht so lief, wie er dachte, fluchte, Türen zu donnerte). Ich lächle gegen das Kopfweh an, der Kaffee ist bitter, altbitter, abgestanden, mit Milch wird er grau. Ich muss hier raus.

Aber es gibt mehr Meetings. Mit dem Projektteam (kein Ergebnis) und dem Krisenstab (Problem vertagt) und nachmittags am anderen Ende der Stadt bei Kunde B. Schwieriger Fall, Frau Honig kommt als Unterstützung, sie halten ihr die Tür auf. Mir nicht. Im Gegenteil (Oh, Verzeihung, ich habe sie gar nicht). Sie lachen mit ihr, plaudern, fragen, wie ihr Tag ist, wie die Anreise war, in welchem Hotel sie heute Nacht. Mir bieten sie nicht einmal Kaffee an.

Abendessen. Frau Honig (nennen sie mich Uschi) und ich beim Italiener. Sie isst Salat, ich Nudeln, hätte lieber ein Steak, aber sie so: Fleisch ist Mord und schlechter Mundgeruch und macht ein Gesicht, als glaube sie, da ginge noch was, heute Abend. Trinkt drei Gläser Wein, und dann, wohin jetzt, wir beiden Hübschen.

Ich sage: ins Bett. Sie lacht. Noch nicht. Guckt wie Dolce Vita oder Paris Blues. Dann sitzen wir in einer Bar und tatsächlich läuft Duke Ellington Musik.

Sie lacht und erzählt und ich will nur schlafen, weil mein Tag schon im Arsch war, als ich heute Morgen vom Türenschlagen erwachte. Auch jetzt, wir sitzen in der Nähe des Eingangs, und jedes Mal, wenn einer rein oder rausgeht, schlägt er die Tür zu. Jedes Mal drehe ich mich um, muss ich sehen, wer das ist. Weiß nicht wieso, vielleicht weil mein Vater früher, wenn er blau war und zornig und jedes Mal Gefahr, wenn die Tür schlug. Und jedes Mal scheint Uschi ein neues Glas Wein vor sich zu haben.

Sie steigt im gleichen Stock aus wie ich, so ein Zufall, und hakt sich unter, weil sie einen Schwips hat. Ich frage, ob ich sie zu ihrem Zimmer bringen soll, denn meins ist gleich hier. Sie lacht und sagt geht schon und lehnt sich an mich. Ihre Brüste sind fest und ich spüre ihren Schenkel an meinem Bein und meine Augen fallen zu. Ich fummle nach der Schlüsselkarte. Brauche drei Versuche, die verdammte Tür aufzuschließen, schiebe mich durch den kleinstmöglichen Spalt, streife Frau Honig ab wie mit einem Spatel, drücke gegen ihr Gewicht die Tür ins Schloss, sehe zuletzt ihr erschrecktes Gesicht. Hübsch ist sie. Aber ich bin müde, so müde.

Ich liege im Bett, zwischen zu vielen Kissen, auf doppeltdicker Boxspring-Matratze in überhitztem Melatoninrausch. Bin beinahe weg, die Augen so fest geschlossen, dass sie schmerzen. Da kommen sie wieder. Lachen und plaudern vor meiner Tür, als wären sie allein auf der Welt. Will rufen, haltet die Fresse, aber ich kann nur noch grunzen. Dann schlagen Türen, weiter den Flur runter, direkt nebenan und dann noch einmal, irgendwo anders und schließlich weit weg.

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Jack Burns
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 54
Beiträge: 1444



Beitrag14.09.2015 04:43

von Jack Burns
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Sorry, ich kriege keine guten Kommentare hin. Deshalb von mir nur die Wertung. Ich hab mich an den Vorgaben und meinem Geschmack orientiert. Wenn beides passt gibt es Punkte.
Viel Glück!


_________________
Monster.
How should I feel?
Creatures lie here, looking through the windows.
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hobbes
Geschlecht:weiblichTretbootliteratin & Verkaufsgenie

Moderatorin

Beiträge: 4292

Das goldene Aufbruchstück Das goldene Gleis
Der silberne Scheinwerfer Ei 4
Podcast-Sonderpreis


Beitrag14.09.2015 13:31

von hobbes
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Was mich bei jedem Lesen aufs Neue stört, ist dieser unnötige Zusatz:
Zitat:
Dann sitzen wir in einer Bar und tatsächlich läuft Duke Ellington Musik.

Aber gut, das ist jetzt schon ziemlich kleinkariert und noch dazu vielleicht Geschmackssache.

Ich mag den Typ. Es ist doch ein Er? Ich mag, wie er erzählt, in diesem abgehackten Stil, der zum fehlenden Kaffee und zur allgemeinen Bitterkeit passt.

Ein, zwei Mal erzählt er mir dann doch ein wenig zu verwirrend, eigentlich genau zwei Mal, nämlich hier:
Zitat:
Niemand schließt seine Tür leise, alle tun so, als seien sie es gewohnt, dass dieser Federarm oben an der Zarge das Blatt gegen die Blende zieht, als hätten sie zuhause Hotelzimmertüren verbaut.

Das finde ich einmal von der Vorstellung her kompliziert, also dieser ganze Mechanismus, ich versuche zu verstehe, scheitere daran und weiß am Ende nicht, was gemeint ist, also schon, Türen schließen, aber tun sie es nun leise oder laut bzw. wofür stünde leise wofür laut, oder ist doch etwas anderes gemeint. Am Ende weiß ich vor allem nicht, ob er nun im Hotel ist oder eben nicht.

und dann hier:
Zitat:
Jaja, sehr schön, abgemacht, tolles Team. Kunden können Speichellecker sein, im Besprechungsraum, wenn sie auf wichtig machen und mehr wollen, als gekauft.

Das hängt im Grunde mit dem ersten Nicht-Verstehen zusammen, ich hätte ihn spontan als Mitglied des Teams eingeordnet, aber er ist ja der Kunde (nicht wahr?). Wäre ich vielleicht nicht passiert (dieses falsche Einordnen) hätte ich vorher schon verstanden, dass er im Hotel aufwacht.

Den Honig Blues kann ich auch nicht einordnen, also klar, Frau Honig, die Uschi, aber was hat der Blues mit dem Prota zu tun? Vielleicht hab ich eine falsche Vorstellung von Blues, ich assoziiere das mit Verlust, nicht eingelösten Sehnsüchten, überhaupt Sehnen nach irgendwas, aber der Prota sehnt sich doch gar nicht, jedenfalls nicht nach Uschi?
Uschi sehnt sich schon eher, aber das interessiert den Prota doch eigentlich gar nicht? Ist schließlich Uschis Problem, nicht seins?

Aber na ja, das ist alles halb so schlimm, denn wie schon gesagt, mag ich den Prota, daher verzeihe ich dem Text auch das eine oder andere, wie das dann am Ende bzw. für die Bewertung aussieht, wird sich anhand der Konkurrenz zeigen.
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Rübenach
Geschlecht:männlichExposéadler
R


Beiträge: 2836



R
Beitrag14.09.2015 17:48

von Rübenach
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Unschlüssig. Der Einäugige ist der König unter denn Blinden? Aber warum die Klammern?

Edit:
Naja, König war wohl etwas übertrieben, Blinde untertrieben. Ein Text, zu dem ich keine klare Position finde. Was nicht am Text, sondern durchaus am Kritiker liegen kann.

Punkte: am Ende hat es für vier Punkte gereicht.


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"Vielleicht sollten mehr Leute Schreibblockaden haben." Joy Williams
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Literättin
Geschlecht:weiblichReißwolf

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Beiträge: 1836
Wohnort: im Diesseits
Das silberne Stundenglas Der goldene Roboter
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Beitrag14.09.2015 18:48

von Literättin
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Diese Geschichte ist - zumal für diesen Zeitdruck - sehr solide gearbeitet. In sich stimmig, sprachlich angenehm zu lesen und ohne Holperer, bleibe ich von Anfang bis Ende in der Geschichte und beim vom kalten und entfremdeten Leben frustrierten Protagonisten.

Die Geschichte fällt für meinen Geschmack etwas dadurch ab, dass Frau Honigs Ambitionen und des Protagonisten Abwehr zu viel Raum gegeben werden und die nachfühlbare Tristesse im Leben des Protagonisten durch diese eingebaute, zum Scheitern verurteilte, Hotel-Kontakt-Geschichte in flachere Fahrwasser abgleitet.

Die Melancholie verliert dadurch etwas an Tiefe und Dichte an dieses leicht klischierte Hin- und Her zwischen der aufdrignlich-sehnsüchtigen Hübschen, auf die er aber schlichtweg keine Lust hat.

Von mir gibt es acht Punkte.
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Seraiya
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Beiträge: 924



Beitrag14.09.2015 23:03

von Seraiya
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Hallo Inko,


Der Text gefällt mir sehr, sehr gut. Der Titel auch. (Obwohl mir am Anfang zu viele Adjektive drin sind)
Die Erzählweise mit fehlenden Satzzeichen/Anführungszeichen und so manch fehlenden Wörtern ist interessant und für mich ansprechend. Bin beim Lesen gut durchgekommen und nirgendwo hängengeblieben.
I Like!


LG,
Seraiya


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"Some people leave footprints on our hearts. Others make us want to leave footprints on their faces."
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Tjana
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 63
Beiträge: 1786
Wohnort: Inne Peerle


Beitrag15.09.2015 00:50

von Tjana
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Was bleibt hängen?
Fehlende Rücksichtnahme, Hotel, harter Arbeitstag.

Hmm, irgendwie zu seicht, zu wenig. Er ist einfach nur müde, hmm


_________________
Wir sehnen uns nicht nach bestimmten Plätzen zurück, sondern nach Gefühlen, die sie ins uns auslösen
In der Mitte von Schwierigkeiten liegen die Möglichkeiten (Albert Einstein)
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Lilly_Winter
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 43
Beiträge: 250
Wohnort: Dortmund


Beitrag16.09.2015 15:44

von Lilly_Winter
Antworten mit Zitat

Hallo Inko,

ich werde meine Punkte erst verteilen, nachdem ich jeden Text gelesen habe. Ich versuche jeden Text unabhängig voneinander zu bewerten, wobei ich die Kriterien des Wettbewerbs beachten werde.
Negative Punkte bei meiner Kritik bedeuten also nicht automatisch, dass der Text von mir keine Punkte bekommt.^^


Zum Text:

Der arme Protagonist kriegt im Hotel kein Auge zu, ständig schlagen die Türen zu. Das Resultat, ein total verschlafener Prota. Er leidet unter Kopfschmerzen und auch läuft am Tag nicht alles glatt. Mir gefällt die Art und Weise, wie ich seinen Tag verfolge, kann mich in ihn hineinversetzen, wenn er im Meeting sitzt und seinen Kaffee trinkt.

Zitat:
Ich lächle gegen das Kopfweh an, der Kaffee ist bitter, altbitter, abgestanden, mit Milch wird er grau. Ich muss hier raus.


Den Satz finde ich schön.

Dann kommt Frau Honig hinzu, die ihm auch noch ein Steak vermiest, kann es denn wirklich schlimmer werden?

Zitat:
Weiß nicht wieso, vielleicht weil mein Vater früher, wenn er blau war und zornig und jedes Mal Gefahr, wenn die Tür schlug.


Diesen Satz finde ich zuviel. Ich habe mich schon darauf eingestellt mit ihm zu leiden auf Grund des Schlafmangels, ich möchte ihn einfach ins Bett schicken und sagen: Ruh dich mal aus. Dann kommt der Satz mit dem Vater. Ich möchte hier bei diesem Tag bleiben und nicht noch in seiner Vergangenheit rumwühlen.

Ich lese weiter. Da bekommt Prota auch noch ein eindeutiges Angebot von Frau Honig. Die gönnt ihm auch keinen Schlaf^^.
Aber ich bin froh, dass es doch noch ein gutes Ende nimmt und er in seinen verdienten Schlaf fällt, und das trotz Türenknallen.

Die Geschichte gefällt mir. Man findet den Bezug zum Titel während des Lesens. Der Titel ist interessant und mMn gelungen. Der Kaffee, der ihn durch den Tag bringt und dann noch Frau Honig. Der Titel verrät nicht zuviel, wenn man die Geschichte gelesen hat verrät er alles.^^

Mir sind keine großartigen Fehler aufgefallen.

Zwei Stunden? Hut ab.

Lg Lilly
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Merope
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 716
Wohnort: Am Ende des Tals
Der Goldene Käse


Beitrag17.09.2015 18:23

von Merope
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- Thema erfüllt: Ja.
- Originalität: Nicht zu kreativ, aber gutes Handwerk.
- Form: Gut lesbar.
- Fehler: Einige Kommata mehr wären nicht schlecht. Großschreibung beim 'Sie. Aber insgesamt ok.
- Passt der Titel: Ja, doch.
- Bleibt etwas davon im Gedächtnis: Ein wenig. Der Satz:
Zitat:
streife Frau Honig ab wie mit einem Spatel,
hat mir besonders gut gefallen. Zusammen mit dem "serotoningetränkt' scheint hier bei Autor/Autorin ein medizinischer Hintergrund vorhanden. Wink
- Wie hat's mir gefallen: Ganz nett zu lesen.
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Drakenheim
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 44
Beiträge: 386
NaNoWriMo: 50166
Wohnort: Burg Drakenheim Gelehrtenturm


Beitrag19.09.2015 20:17

von Drakenheim
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Nein, der arme Kerl hat keinen schönen Tag. Oder die Arme? Erwarten manche Männer wirklich, dass auch ihnen die Tür aufgehalten wird?
Schade, dass er/sie zu müde ist für Frau Honig. Das wäre wenigstens EIN Erfolgserlebins gewesen nach diesem Tag.

Themenvorgabe eingehalten, Präsens, passender Titel.
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Nina
Geschlecht:weiblichDichterin


Beiträge: 4998
Wohnort: Berlin


Beitrag19.09.2015 23:07

von Nina
Antworten mit Zitat

Schöner, dynamischer Einstieg:

Zitat:
Mein Tag beginnt mit dem Schlagen der Nachbartür. Oder der daneben. Ist auch egal. Jedenfalls wird sie satt und dumpf ins Türgummi gesogen, der Riegel schnappt mit dem massiven Geräusch geschmiedeten Metalls ins Schloss. Die Gläser auf meiner Anrichte klirren. Ich bin wach. Ich höre sie lachen, reden, die Stimmen vor meiner Tür. Idioten, die glauben, sie wären allein auf der Welt.


Ich mag die Geschichte. Ich mag die Atmosphäre. Ich mag die Sätze hier. Eine der Geschichten, die mir besser gefällt als andere. Schöner, dynamischer Stil. Alles drin: Türen, Stimmung, Stil.


_________________
Liebe tut der Seele gut.
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Constantine
Geschlecht:männlichBücherwurm


Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag20.09.2015 16:28

von Constantine
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Bonjour!

Der Tag fängt mit zugeschlagenen Türen aus den Nachbarzimmern und dem Reden und Lachen der Nachbarn an, die deinen Prota aus dem Schlaf reißen und Kopfschmerzen bereiten. Und der bereits bescheiden beginnende Tag, wird nicht besser, weder auf dem Weg zur Arbeit noch auf der Arbeit und auch nicht mit einer anderen Mitarbeiterin, Frau Honig, beim Kunden. Am Abend schleicht sich beim Abendessen mit der Kollegin ein Abenteuer an, doch der Tag war bereit seit Beginn mistig, dass dein Prota seine Ruhe haben möchte, in sein Zimmer "flüchtet" und der Kollegin die Tür vor der Nase zuschlägt.
Insgesamt eine gelungene Geschichte, die die Aufgabenstellungen erfüllt und das Thema der zugeschlagenen Türen (und der Rücksichtnahme auf seine Mitmenschen) am Ende noch selbst persifliert, weil dein Prota der Kollegin regelrecht die Tür vor der Nase zuschlägt.

Dein gekonnt ausgewählter Titel deutet ein wenig an, in welche Richtung deine Geschichte gehen wird und stimmt mich als Leser gut ein.
In der kurzen Zeit hast du eine sehr runde Geschichte verfasst, vom Aufwachen bis zum Schlafengehen deines gestressten Protas, und bist in meiner Top Ten:
cinq points.

Merci beaucoup.

Constantine
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tronde
Klammeraffe
T


Beiträge: 522

Das goldene Aufbruchstück Das silberne Niemandsland


T
Beitrag21.09.2015 23:17

von tronde
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Hallo!
Gefällt mir, die lakonische Sprache, das Gequältsein, wenn der Morgen wie jeden Morgen beschisssen beginnt.

Titel/Text: ja
Zitat: ja

Unter den Favoriten

Grüße
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Michel
Geschlecht:männlichBücherwurm

Alter: 52
Beiträge: 3376
Wohnort: bei Freiburg
Das bronzene Bühnenlicht Das goldene Niemandsland
Der silberne Durchblick Der silberne Spiegel - Prosa
Silberne Neonzeit


Beitrag22.09.2015 13:09

von Michel
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Hotel? Oder zu Hause?

Beim ersten Durchlesen bleibt mir das unklar, die Frage löst sich auch nicht im zweiten Durchgang. "Meine Anrichte" klingt nach zu Hause, der Rest nach Hotel. Die Frage, wo ich mich in der Geschichte befinde, lenkt mich beim Lesen ab.
Aber das ist eine Kleinigkeit. Ich mag den knappen Stil, der die Müdigkeit/Erschöpfung/Depression? der Hauptfigur einfängt. Die unvollendeten Sätze misslungener Kommunikation zergehen auf der Zunge wie ... Honig?
Die Figur: Endlich ein männlicher Protagonist, der ein sexuelles Angebot ausschlägt! Für das Anti-Klischee punkte ich extra. Ansonsten hat die Figur außer ironisch-depressiven Kommentaren eher wenig, das mich ihr folgen lässt, bleibt trotz der ganz eigenen Sprache noch etwas blass. Diesen Text trägt sie, einen längeren eher nicht.
Ganz großartig: Die Überschrift, die in ihrer Rätselhaftigkeit neugierig macht. Und das Verebben der Geschichte, die wie das Schlagen der Türen in der Ferne verschwindet.
Sehr gern gelesen.
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Jenni
Geschlecht:weiblichBücherwurm


Beiträge: 3310

Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag23.09.2015 13:37

von Jenni
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Das Türenschlagen im Hotel schafft den Erzähler so, dass er nach dem nur mühsam überstandenen Tag selbst die Tür zuschlägt, der Frau Honig vor der Nase nämlich, und das, obwohl sie ganz hübsch ist.

Was mir gut gefällt, das ist die Selbsterfüllung seiner schlechten Einstellung: Er hasst den Tag, und der Tag hasst ihn zurück. Keine freundlichen Worte, kein Kaffee. Keine Frau Honig, obwohl ganz hübsch, denn der Tag ist eh schon versaut.

Das ist auch unterhaltsam erzählt, das ist rund, verarbeitet das Zitat sinnvoll, und der Titel passt.

Gibt ... 10 Punkte.
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shatgloom
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Beiträge: 372
NaNoWriMo: 27985
Wohnort: ja, gelegentlich


Beitrag23.09.2015 15:23

von shatgloom
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Mir gefällt hier die Sprache. Die Gefühle eines Geschäftsreisenden?  sind sehr authentisch beschrieben. Ich kann mich da gut hineinversetzen.
So ganz klar komme ich nicht mit dem Schlagen der Türen. Eine Tür, die satt und dumpf ins Türgummi gesogen wird, schlägt meiner Meinung nach nicht.
Kann aber natürlich durchaus ebenso störend sein.
Anfangs war ich mir deshalb nicht ganz klar darüber, ob Prota zu Hause oder im Hotel ist.
Insgesamt gefällt mir die Art des Schreibens, dieses "gleich auf den Punkt kommen" und das Transportieren der Emotionen.
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Nihil
{ }

Moderator
Alter: 34
Beiträge: 6039



Beitrag23.09.2015 17:42

von Nihil
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Durchaus, durchaus! Ich bin recht entzückt. In einer hellhörigen Großstadtwohnung wird ein armseliger Mensch in die Schlaflosigkeit getrieben und Tag um Tag um schlaflose Nacht zermürbt. Da hilft es nicht, mit dem cholerischen Chef, der diese Tradition gründlicher Raumtrennung nur zum Einschleimen in der Hierarchie nach oben unterbricht. Das Verhältnis zur Kollegin Frau Honig, die zwar nicht Speichel, aber sich über die Lippen leckt, weil sie gerne mehr von ihrem gestressten Mitarbeiter will und höchstvermutlich über einen ausgebildeten Augenringfetisch verfügt. Alltagssexismus, unter dem hier vor allem der Mann zu leiden hat, indem er übersehen wird. Am Ende schließt sich die Tagesroutine, wenn das EI ins Bett fällt und wieder die Türen geschlagen werden.
Das alles wird in einer sehr angenehmen, sicheren Sprache erzählt, die sich angenehm von manchen anderen (Anfänger-)Texten abhebt. Selbstbewusst finde ich auch die Handlung, die beim Alltäglichen, aber deshalb sofort Nachvollziehbaren bleibt und nicht versucht, in zwei Stunden das Rad neu zu erfinden.

Einer von sehr wenigen Beiträgen übrigens, wo der Titel mal positiv auffällt. Eine gelungene Zusammenfassung des Plots mit der Schlaflosigkeit, dem bitteren Geschmack des Alltags und dieser Sex-/Liebesbeziehung, die fortzuführen das EI aber eigentlich viel zu frustriert ist. Die Türen schlagen ständig, auch das ist wichtig und wird längst nicht von jedem Beitrag beachtet, und der Tag ist für den Protagonisten damit eigentlich schon am Vorabend versaut. Jo. Ich schieße sicher ein paar Punkte-Pucks gegen seine Tür.
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Nathan Pascal
Geschlecht:männlichGänsefüßchen
N

Alter: 30
Beiträge: 39



N
Beitrag25.09.2015 06:12

von Nathan Pascal
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Okay, schreiben wir einen Kommentar, machen wir es kurz und subjektiv, viel zu bewerten und wenig Zeit:

1. Inhalt und Sprache

Ich bin bei diesem Text sehr zwiegespalten, einerseits finde ich einige sehr schöne, sprachliche Wendungen:
"Der Kaffee ist bitter, altbitter, abgestanden, mit Milch wird er grau" ist wohl mein Favorit.
Andererseits wirken viele Sätze abgehackt oder schlicht fehlerhaft unvollendet und dann doch wieder recht umgangssprachlich.

Inhaltlich ist es eine runde Beschreibung eines Tagesablaufes, wobei mir die Symetrie zwischen Anfang und Ende des Textes sehr zusagt, aber insgesamt fehlt es mir ein wenig an einer greifbaren Aussage, abgesehen davon, dass der Erzähler einen miesen Tag hat.

2. Thema und Titel

Themenvorgabe soweit erfüllt, das Türenknallen wird als stete leidvolle Erfahrung erwähnt, wobei ich fast unerstellen wollte, dass der Erzähler auch ohne die Türen einen ruinierten Tag gehabt hätte und das Problem nicht viel weiter angeschnitten wird, als das Türenknallen eben unangenehm ist. [Nachtrag: Wird doch weiter angeschnitten, hab den Satz mit dem Vater übersehen.]
Recht unterhaltsam, dass der genannten Frau Honig letztlich vom Protagonisten die Tür vor der Nase zugeschlagen wird. Frage mich, ob das Zufall oder Absicht vom Verfasser / von der Verfasserin war.

Der Titel hat mir zuerst nicht wirklich zugesagt, beim erneuten Lesen stellte ich aber fest, dass diese beiden Faktoren (Kaffee und Frau Honig) sich als verbindende Elemente durch den Text ziehen und es sich insgesamt stimmig anfühlt.
Als würde jemand den Protagonisten fragen: "Wie war dein Tag?"
Antwort: "Bitterer Kaffee, Honig Blues"

Das funktioniert nicht mit jedem Text und seinem Titel. Wirklich nicht.

Wertung:
Außerhalb der Konkurrenz gesehen im weiten mittleren Punktebereich, innerhalb betrachtet wird es sich zeigen unabhängig davon würdige ich die Mühe und Leistung des Verfassers / der Verfasserin unter dem Zeitdruck dieses Wettbewerbs.

Worte von
Nathan Pascal
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nebenfluss
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Beitrag25.09.2015 13:54

von nebenfluss
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Ich habe mir wirklich Mühe gegeben, diesen Text irgendwie vom zweiten Platz zu degradieren. Doch er haftete da wie einer dieser Griffe mit den riesigen Saugnäpfen, mit denen man Fensterscheiben transportiert.
Ich mag die Geschichte nicht wirklich, rein gefühlsmäßig. Vielleicht, weil sie mir nirgends einen Ausweg lässt, keine Hintertür szs. Vielleicht aber musste sie auch genau aus diesem Grund geschrieben werden. Da ist jemand einerseits seiner Körperchemie, dem Serotonin/Melatonin-Rhythmus, andererseits dem Räderwerk des globalen Spiels ausgeliefert, hat eine Art permanenten Jetlag mit den Zutaten Kopfweh und Koffeinsucht (wenn nicht ungesünderes); Zusammenbruch und Burnout scheinen ständig zwischen den Zeilen zu lauern, ist der Prota bei all dem doch schon so unkonzentriert, dass er seine Sätze kaum noch zu Ende denkt. Nicht einmal Avancen von hübschen Frauen helfen noch.
Das Motiv der schlagenden Türen ist sehr schön mehrfach verarbeitet, sie scheinen den Prota geradezu zu verfolgen. Nur am Anfang, mit dieser Beschreibung der Hoteltüren bin ich nicht klargekommen. Das wirkt als hättest du das Geräusch/den Vorgang des Schließens genau zu erklären und dich dann selbst darin verheddert. Das soll jetzt aber keine Kritik sein. Für einen FFF ist das ein sehr respektabler Text.
Also doch Platz 2. Kann man nichts machen wink


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halcyonzocalo
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Beitrag26.09.2015 14:45

von halcyonzocalo
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Noch so ein schicker, kleiner Text. Ich bin ehrlich gesagt verwundert, wie viele Leute sich hier für einen "Miesepeter" als Erzähler entschieden haben. Der Text kommt sehr authentisch rüber, sprachlich passt das sehr gut für mein Empfinden. Was mir hier auch besonders gefällt, ist die Tatsache, dass die Geschichte keinen richtigen Höhepunkt hat und alles mehr oder weniger "dahinplätschert". Keine Dramatisierungen, kein Firlefanz, sondern einfach "gedanklicher Tacheles", der da geredet wird. Sehr kurzweilig zu lesen und ein gelungener Beitrag.

Edit: Mein persönlicher Sieger stand direkt nach dem Lesen fest. Bei den weiteren Platzierungen habe ich mich erwartungsgemäß wieder sehr schwer getan. Letztendlich habe ich mich dafür entschieden, deinem Text 6 Punkte zu geben. smile


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Die minimaldeterministische Metaphernstruktur mit ihrer mytophoben Phrasierung spiegelt den ideeimmanent abwesenden Bedeutungsraum.
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Olifant
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Beitrag26.09.2015 15:08

von Olifant
Antworten mit Zitat

Das Zitat ist deutlich, aber m.E. sehr raffiniert in die Story integriert. Es bildet vordergründig den Rahmen durch die Platzierung am Anfang und Ende der Geschichte, zieht sich aber auch thematisch und subtil durch den Text.

Zu Beginn der Geschichte bin ich ein wenig über die Detaildichte auf engstem Raum erschrocken.
Zitat:
…in diesem Mikrokosmos serotonininduzierter Wattigkeit, blutarmer Schwere zwischen viel zu vielen Kissen auf doppeltdicken Boxspring-Matratzen.
Da dachte ich schon, oha, das wird schwierig. Wurde es zum Glück aber nicht.
Denn sprachlich ist die Story 1A.

Die Form begeistert mich sogar einigermaßen. Der Autor beherrscht es, die Geschwindigkeit der Erzählung anzupassen, wie es gerade notwendig ist. Ich werde da immer schnell neidisch, weil ich selbst oft langatmig werde und vergesse, bei unwichtigen Handlungen die Geschwindigkeit zu erhöhen.
Zitat:
Kopf dröhnt. Zu wenig Schlaf, brauche Kaffee. Bin spät dran. Zuerst die U-Bahn kriegen.


Meinen Kopfkino-Anschalt-Button hat der Autor auch gefunden, was vielleicht am Thema liegt, das ich beruflich irgendwie wiedererkenne.
Zitat:
Aber es gibt mehr Meetings. Mit dem Projektteam (kein Ergebnis) und dem Krisenstab (Problem vertagt) und nachmittags am anderen Ende der Stadt bei Kunde B. Schwieriger Fall, Frau Honig kommt als Unterstützung, sie halten ihr die Tür auf. Mir nicht.
Also ich brauche für so viel Information eine halbe Seite. Minimum. Shocked

Auch in dieser Geschichte geht es eigentlich bloß um einen größtenteils durchschnittlichen Arbeitstag. Trotzdem ist die Story weder langweilig, noch langatmig und auf angenehme Weise nicht moralisierend. Auch ohne erhobenen Zeigefinger regt mich der Text zum Nachdenken an. Nicht über die großen Probleme der Welt, sondern über ganz normalen Herausforderungen des Alltagslebens.


_________________
Liebe Grüße,

Olifant
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holg
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Bronzenes Licht Der bronzene Roboter


Beitrag02.10.2015 13:19

von holg
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Hobbes stört sich an Duke Ellington „Musik“ (ich auch), an der Türmechanik, daran, dass nicht sofort klar, wird, dass der Typ (den sie mag) im Hotel aufwacht.
Das mit dem Blues ist so eine Sache. Und darauf will ich hauptsächlich eingehen. Denn mit der etwas zu verschränkten und in der Abfolge tatsächlich falsch betbeschriebenen Türmechanik (erst Klack, dann saugen wäre richtig) hab ich das etwas zu gut gemeint. Dabei sollte dadurch nur klargestellt werden, dass Prota in einem Hotel erwacht - hat aber nicht so super funktioniert, weil zu kompliziert und gerade davon ablenkend. Zurück zum Blues:

Literättin sieht einen "vom kalten und entfremdeten Leben frustrierten Protagonisten“, Melancholie, zum Scheitern verurteilte, Hotel-Kontakt-Geschichte, die aber abflacht.

Lilly findet den Vater-Satz zu viel (ist er eigentlich auch, obwohl er nicht ohne Absicht da steht). "Der Titel verrät nicht zuviel, wenn man die Geschichte gelesen hat verrät er alles.“

Nina sagt: Schöner, dynamischer Stil.

tronde mag "die lakonische Sprache, das Gequältsein, wenn der Morgen wie jeden Morgen beschissen beginnt.“

Michel schreibt: Die Überschrift, die in ihrer Rätselhaftigkeit neugierig macht. Und das Verebben der Geschichte, die wie das Schlagen der Türen in der Ferne verschwindet.

Olifant meint: Der Autor beherrscht es, die Geschwindigkeit der Erzählung anzupassen, wie es gerade notwendig ist.

Nebenfluss fasst zusammen: weil sie mir nirgends einen Ausweg lässt, keine Hintertür szs. Vielleicht aber musste sie auch genau aus diesem Grund geschrieben werden. Da ist jemand einerseits seiner Körperchemie, dem Serotonin/Melatonin-Rhythmus, andererseits dem Räderwerk des globalen Spiels ausgeliefert, hat eine Art permanenten Jetlag mit den Zutaten Kopfweh und Koffeinsucht (wenn nicht ungesünderes); Zusammenbruch und Burnout scheinen ständig zwischen den Zeilen zu lauern, ist der Prota bei all dem doch schon so unkonzentriert, dass er seine Sätze kaum noch zu Ende denkt.


All das zeigt ganz gut, worauf ich mit dem Blues im Titel (und dem Satz im Text) anspielen wollte. Klar, aus dem Sklaven, später dem Working Class Hero des frühen 20. Jahrhunderts, sind inzwischen die Dienstleister geworden, aber die Tretmühle, Frustration, Melancholie, unterbrochen von wunderbaren, aber letztlich hoffnungslosen und von quälenden Unterströmungen durchzogenen Momenten (die Verlockung der Frau Honig) ist letztlich die gleiche.
Und ich wollte im Gegensatz zum klassischen Gitarren- und Mundharmonika Blues und viel eher am Jazzblues an der Grenze zum Bebop (dem erstaunlich viele Titel mit ‚Blues' drin entspringen) angelehnt sehr ausgeprägte Rhythmenwechsel reinbringen. Halbe Sätze, Andeutungen, Plakate (Dolce Vita, Paris Blues - wunderbarer Film mit Paul Newman und Sidney Poitier als Jazzmusiker in Paris), ein paar schrille Töne und ein langsames Auslaufen.

Noch so ein Versuch, Musik in die Story zu bringen. Ganz anderer Ansatz als BlueNote bei Lola, weil viel weniger konkret oder auf nur einen Song bezogen. Statt mit den Lyrics mit dem Gefühl gespielt, mit Mustern, soweit das in den zwei Stunden bewusst überhaupt möglich war - das Meiste war reine Intuition und ich bin ehrlich überrascht, wie gut mir selbst die Story immer noch gefällt. Klar würde ich gerne die Türmechanik überarbeiten, Duke Ellington im Hintergrund laufen lassen (ohne ‚Musik‘) und vielleicht den Satz wieder vervollständigen (Hübsch ist sie, und ich hab nen Ständer. Aber ich bin müde, so müde).

Bin jetzt nicht auf alle Kommentare eingegangen. Kann noch kommen, aber ich verspreche nichts. Ich danke euch allen fürs Lesen, fürs Kommentieren (20x) und Bewerten (17x Top Ten, davon 7 mal 10 Punkte, 11x Top Five).
Danke.


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